SOIS BELLE ET TAIS-TOI - Frauenzentrale Bern
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Frauenzentrale Bern Seit 100 Jahren engagiert sich die Frauenzentrale des Kantons Bern FZBE für die Gleichstellung von Frau und Mann in allen Lebensbereichen – mit politischem und sozialem Engagement. Das politische Engagement zielt vor allem auf eine Sozial- und Familienpolitik, die verschiedene Rollenvertei- lungen ermöglicht und unterschiedliche Lebensformen von Frauen und Män- nern zulässt. Das soziale Engagement umfasst Rechts-, Budget- und Vorsorgeberatung sowie Alimenteninkasso. Mehr unter www.frauenzentralebern.ch SOIS BELLE ET TAIS-TOI Filmhistorische Einblicke in die Emanzipations-Geschichte der Frauen: Zum Jubiläum der Frauenzentrale Bern, die 2020 ihr 100-jähriges Bestehen feiert, präsentieren Veronika Minder und Béatrice Stucki rund um den 8. März im REX Filme von und mit Frauen aus 100 Jahren Kinogeschichte. 13 Delphine et Carole, insoumuses
Veronika Minder, Béatrice Stucki Als Kuratorinnen blicken wir mit Filmen von und SOIS BELLE ET TAIS-TOI mit Frauen ebenfalls auf einen Zeitraum von ...es gurrt die Taube einem Jahrhundert zurück; wir stellen Pionierin- ...es gackert das Huhn... nen vor und aktuelle Regisseurinnen, zeigen ciné- und du du du phile Raritäten und kommerzielles Erzählkino. Mit sei schön und halt die Klappe einer Kurzfilmrolle streifen wir lustvoll durch die (Serge Gainsbourg 1959) Jahrzehnte und haben dazu Gäste eingeladen, die anschliessend zu einer Gesprächsrunde bleiben. 1968 und die neue Frauenbewegung bringen fri- schen Wind in die Kinosäle, Papas Kino ist tot, Bei unserer Auswahl an Spiel-, Dokumentar- und und androgyne Looks sind bei den 20-Jährigen in. Experimentalfilmen suchen wir nach einem weib- Frauen übernehmen wieder vermehrt Kameras, lichen Blick auf Themenbereiche, die uns per- Mikrofone oder Regiestühle. Trotzdem bleiben sönlich interessieren und beschäftigen: Beruf die meisten Schauspielerinnen fremdbestimmt oder Berufung, Familienleben und Beziehungen, in der weiterhin von Männern dominierten Filmin- Menopause, Emigration, Frauenbewegung, Gen- dustrie. Regisseurinnen sind selten, verfügen über dergerechtigkeit, junge Frauen, Frauen im Alter... kleinere Budgets – der sogenannte Gender Pay Mit «Sois belle et tais-toi» geben wir während Gap – und sind an den Festivals kaum vertreten. einer Woche einen kleinen filmhistorischen Ein- blick in die Emanzipations-Geschichte der Frauen «Haben Sie heute schon einen Film von einer Frau im Kino, vom Stummfilm bis ins Heute. Vollstän- gesehen?», fragten Filmarbeiterinnen noch in den digkeit ist weder angestrebt noch ist sie letzt- frühen 1990ern an den Festivals von Berlin und lich erreichbar. Locarno. Kontinuierliche Arbeitsmöglichkeiten für Regisseurinnen gibt es weiterhin kaum – und Das frühe Kino war massgeblich von eigenwilli- schon gar nicht in Hollywood. gen und selbständigen Frauen geprägt. Viele – wie beispielsweise Mary Pickford um 1920 – Heute, fast 30 Jahre später, ist vieles anders, waren nicht nur Schauspielerinnen, sondern jedenfalls in diesem Zeitfenster, hier im deutsch- häufig auch Unternehmerinnen: Produzentinnen sprachigen Raum. Die Berlinale 2019 widmete eigener Filme mit eigenen Studios. Nach dem ihre Retrospektive den Frauen hinter der Kamera. 2. Weltkrieg hat sich Hollywood als Geschäfts- Die Solothurner Filmtage verkündeten im Januar und stilbildendes Modell weitgehend etabliert. erfreut: «Die Hälfte der Kurzfilme ist von Frauen», Sein Starsystem beherrscht das Filmbusiness, gleichzeitig widmen sie die Retrospektive Heidi dessen Typecasting schränkt die künstlerische Specogna, einer engagierten Cinéastin. Endlich! Freiheit, vor allem von Frauen, radikal ein. Mann Kino von Frauen macht nämlich Spass. Regisseu- bedient mit den weiblichen Stars – Marilyn Mon- rinnen geben uns Mut, machen betroffen, sorgen roe, Brigitte Bardot oder Jane Fonda – die gängi- für Ärger und regen zum Denken an. Und des- gen Klischees von Frauen als Heilige oder Huren. halb sehen wir uns zwischen dem 5. und dem Sie müssen fast ausschliesslich Frauenfiguren 10. März jeden Tag mindestens einen Film von spielen, deren Leben sich nur um Männer dreht. einer Frau an! Intelligente Frauen sind nicht gefragt. Offen frau- enfeindliches Verhalten ist in der Unterhaltungs- SOIS BELLE ET TAIS-TOI war einmal – heute branche in den 1950er- und frühen 1960er-Jahren heisst es: SILENCE! ELLES TOURNENT! auch diesseits des Atlantik gang und gäbe. Veronika Minder ist Regisseurin und Kulturtäterin, Béatrice Stucki ist Grossrätin und ehemaliges Vorstandsmitglied der Frauenzentrale 14 Sois belle et tais-toi
Delphine et Born in Flames Das Fräulein Carole, Fr. 6.3. 18:15 Sa. 7.3. 13:30 insoumuses Do. 5.3. 18:15 USA 1982, 81 Min., DCP, E/d Schweiz 2006, 81 Min., 35mm, Regie, Drehbuch: Lizzie Borden OV/df Mit: Honey, Jeanne Satterfield, Regie: Andrea Staka Einführung: Veronika Minder, Adele Bertei, Becky Johnston, Drehbuch: Andrea Staka, Béatrice Stucki Pat Murphy, Kathy Bigelow, Barbara Albert, Marie Kreutzer Flo Kennedy Mit: Mirjana Karanovic, Marija Frankreich/Schweiz 2019, Preserved by Anthology Film Archi- Skaricic, Ljubica Jovic, Andrea 70 Min., DCP, OV/e/d ves with restoration funding from Zogg, Pablo Aguilar Regie: Callisto Mc Nulty the Hollywood Foreign Press Asso- Drehbuch: Callisto Mc Nulty, ciation and The Film Foundation Ruza hat ihre Heimat Serbien vor Alexandra Roussopoulos, über dreissig Jahren verlassen und Géronimo Roussopoulos «Aus Wut über leere sozialistische lebt in Zürich. Ihr Alltag ist eine Mit: Delphine Seyrig, Carole Versprechungen nimmt eine Armee Reihe von sich wiederholenden Roussopoulos radikaler Frauen den Kampf gegen Momenten, bis Ana eines Tages Sexismus und Rassendiskriminie- auftaucht und die minutiös konst- Delphine Seyrig (1932–1990) war rung auf. Der zunächst gewaltfreie ruierte Welt ins Wanken bringt. Die eine der ikonischen Musen der Feldzug eskaliert, als eine der Leit- junge Frau aus Sarajevo ist schön, Nouvelle Vague. In den Filmen von figuren unter mysteriösen Umstän- lebenshungrig und irgendwie ver- François Truffaut und Alain Resnais den im Gefängnis umkommt. loren. Zwischen den beiden eigen- Anfang der 1960er-Jahre war sie Kathryn Bigelow, in ihrem einzigen willigen Frauen entwickelt sich eine es, die den Frauen Konturen gab, Auftritt als Schauspielerin, ist als zarte Freundschaft. Goldener Leo- sie brachte ein Gefühl der Moderne Redakteurin einer feministischen pard Filmfestival Locarno 2006. zum Ausdruck und zeigte das Brü- Zeitschrift zu sehen.» chige und Zerrissene heutiger weib- Arsenal – Institut für Film und «Es sind Varianten des Fremdseins, licher Identität. Sie spielte häufig in Videokunst die Stakas Film vor uns aufblättert, Filmen von Luis Buñuel, tauchte bei Möglichkeiten des Nicht-Ankom- Jacques Demy und sogar bei Harry «Lizzie Borden ist es gelungen, einen mens in einem anderen Land, einer Kümel auf. Als engagierte Feministin feministischen Science-Fiction- anderen Zeit oder in der eigenen, fühlte sie sich von männlichen Regis- Film zu drehen, der sämtliche Kri- von einer schweren Vergangenheit seuren bald unterfordert und spielte tikpunkte innerhalb und ausserhalb belasteten Biografie. Dabei werden ausschliesslich für Regisseurinnen: der Neuen Frauenbewegung behan- die drei Frauen in Stakas Drehbuch Marguerite Duras, Chantal Akerman delt. Es ist bemerkenswert, wie – das unter Mitarbeit der österrei- oder Ulrike Ottinger. Seyrig nahm in mit pointierten Dialogen und aus- chischen Filmemacherin Barbara den 1970er-Jahren selbst die Kamera sagekräftigen Bildern Rassismus, Albert entstand – einander zum in die Hand. Zusammen mit Carole Klassismus, Sexismus und Hete- Spiegel, der die geheimen Wün- Roussopoulos gehörte sie zu den rosexismus thematisiert werden, sche, die ungelebten Träume und ersten Videoaktivistinnen in Frank- ohne dass dabei nur an der Oberflä- verdrängten Ängste des jeweiligen reich, die nicht nur Demonstrationen che gekratzt wird. Die Low-Budget- Gegenübers unbewusst reflektiert: der französischen Frauenbewegung Produktion gibt Born in Flames den Alle drei Frauen tragen ein Geheim- dokumentierten, sondern das neue authentisch anmutenden Look eines nis in sich, das sich, wie überhaupt Medium auch nutzten, um die domi- Zeitdokuments, der durch seinen ihre Persönlichkeit, in kleinen insze- nante Darstellung von Frauen im TV dokumentarischen Stil weiter unter- natorischen Details und in einer und anderswo mit eigenen Bildern strichen wird. Das utopische Setting minimalen Körpersprache allmäh- und Kommentaren zu kontern. 2009 des Films ermutigt die Zuschauer- lich enthüllt.» beschloss Carole Roussopoulos, Innen, mit einem frischen Blick den Alexandra Stäheli, NZZ einen Film über Seyrig zu drehen. Stand der Gleichberechtigung in der Die Zeit reichte ihr aber nur, um das Gesellschaft, in der sie leben, neu Grundgerüst fertigzustellen. Ihre zu betrachten und zu überdenken.» Enkelin Callisto Mc Nulty hat die Stephanie Denkert, sissymag.de Arbeit mit dem Porträt der beiden radikal freien Frauen letztes Jahr beendet. 15
Kurzfilme So. 8.3. 11:00 In Anwesenheit von Lucienne Lanaz und Valentine Moser Rosa Luxemburg Anna Göldin – Sa. 7.3. 15:30 Letze Hexe Sa. 7.3. 18:15 Deutschland 1986, 123 Min., Digital HD, D In Anwesenheit von Regie, Drehbuch: Gertrud Pinkus Margarethe von Trotta Mit: Barbara Sukowa, El dia del Euro Schweiz 1991, 104 Min., DCP, D Daniel Olbrychski, Otto Sander, Regie: Gertrud Pinkus Adelheid Arndt, Jürgen Holtz, Drehbuch: Gertrud Pinkus, Schweiz 2009, 5 Min., Digital, OV Doris Schade, Hannes Jaenicke, Eveline Hasler Regie, Drehbuch: Claudia Lorenz, Karin Baal Mit: Cornelia Kempers, Ursula Cecilia Barriga Alles, was Rosa Luxemburg wollte, Andermatt, Peter Wyssbrod, Als in Madrid Rentnerinnen und war ein einfaches, glückliches Roger Jendly, Anne-Marie Blanc, Rentner dienstags für 1 Euro ins Leben. Doch die gesellschaftlichen Dominique Horwitz, Annemirl Kino dürfen, bilden sich schon am Zustände um 1900 fordern den Bierbichler, Luca Kurt, Stefan Nachmittag Warteschlangen. Men- Gerechtigkeitssinn der Pazifistin Gubser, Pinkas Braun, Dimitri schenmassen, vor allem ältere heraus. Sie mischt sich ein ins poli- Glarus, November 1781: Die Toch- Frauen, versuchen, eine Eintritts- tische Geschehen, verfasst Schrif- ter einer angesehenen Familie findet karte zu ergattern. In der Warte- ten und avanciert zur populärsten in ihrer Frühstücksmilch Steck- schlange kommt keine Langeweile Verfechterin eines humanen Sozi- nadeln. Der Verdacht fällt auf die auf, denn es gibt viel zu sehen und alismus. Die Kompromisslosigkeit Dienstmagd Anna Göldin, von der viel zu erzählen. Hier wird die beste der couragierten Revolutionärin sowohl der Hausherr wie auch die Garderobe, die neue Frisur zur passt nicht ins Parteikonzept der Tochter fasziniert sind. Anna Göldin Schau getragen, lauthals über Poli- SPD, nach ihrem Ausschluss blei- wird davongejagt. Danach spuckt tik diskutiert, um Eintrittskarten ben Rosa nur noch ihre Mitstreiter das Kind über Wochen hinweg 106 gezankt, über Spaniens Vergangen- Clara Zetkin und Karl Liebknecht. Nadeln aus, sein linkes Bein erstarrt. heit sinniert, über Filme gestritten Gefängnisaufenthalte, Prozesse Anna Göldin wird beschuldigt, das und viel Kino-Vorfreude versprüht. und politische Unruhen bestimmen Kind verhext zu haben. Sie ist die ihre letzten Lebensjahre. 1919 wer- letzte Frau, die in Europa durch ein den die KPD-Begründer Luxemburg offizielles Gericht als Hexe verur- La fée aux choux und Liebknecht von der Reichswehr teilt wird. Am 18. Juni 1782 wird sie heimtückisch ermordet. hingerichtet. Frankreich 1896, 1 Min., Digital HD, stumm Margarethe von Trottas einfühlsa- Der Film von Gertrud Pinkus basiert Regie, Drehbuch: Alice Guy-Blaché mes Porträt der radikalen Friedens- auf dem gleichnamigen Roman von Mit: Alice Guy-Blaché, Yvonne kämpferin ist nicht nur ein Stück Eveline Hasler, der 1982 erschienen Serand, Germaine Serand deutscher Zeitgeschichte, sondern ist. Die Geschichte stützt sich auf widmet sich auch den Gefühlen Quellen und Aufzeichnungen aus Eine Blumenfee zaubert aus den und Motiven seiner Titelheldin. Das dieser Zeit und stellt Anna Göldin als Blumen eines Gartens einige Babys bewegende Biopic wurde mit dem starke Frau dar, die ihrer Zeit zum hervor und legt diese auf die Erde. Filmband in Gold ausgezeichnet. Opfer fällt. Wir zeigen die restau- La fée aux choux gilt als der erste Barbara Sukowa gewann mit ihrer rierte digitale Fassung des Films. Fantasyfilm der Filmgeschichte. eindrucksvollen Leistung 1986 in Alice Guy-Blaché (1873–1968), Cannes die Goldene Palme als beste die erste Filmregisseurin der Welt, Darstellerin. arbeitete auch als Drehbuchautorin und Produktionsleiterin und grün- dete die Produktionsgesellschaft Solax. Über 50 ihrer Filme wurden in den letzten Jahren in verschie- densten Archiven wiederentdeckt, identifiziert und zum grossen Teil auch restauriert. 16 Sois belle et tais-toi
A House Divided USA 1913, 13 Min., Digital HD, stumm Regie, Drehbuch: Alice Guy-Blaché Ein junges Ehepaar gerät durch ge- genseitige Verdächtigungen in eine Krise, die sich in Alice Guy-Blachés Komödie amüsant und radikal zu- spitzt und zu guter Letzt in einem Ciné-Journal Happy End auflöst. Als Kontrapunkt au féminin zur häuslichen Ehefrau inszeniert Guy-Blaché eine freche, rebellische, kaugummikauende Sekretärin. In Schweiz 1980, 75 Min. dieser Figur der berufstätigen Frau (Ausschnitt, 5 Min.), Digital, OV lässt sich ein Verweis auf die Ände- Regie, Drehbuch: Anne Cunéo, rung der Frauenrolle Mitte der zeh- Lucienne Lanaz, Erich Liebi, Urs ner Jahre finden.» Bolliger Madeleine Bernstorff in: 100 Jahre Die Schweizer Filmwochenschau Frauen & Kino entstand in ihrer neuen Form zu Beginn des Zweiten Weltkrieges. Es war ihr Ziel, «als Mittel der Geis- Sugarblues Pastry, Pain tigen Landesverteidigung eine and Politics objektive Bildinformation über das Schweiz 1990, 28 Min., DCP, OV Geschehen im eigenen Land zu Regie, Drehbuch: Nadia Fares Schweiz 1998, 30 Min., liefern». Während den 35 Jahren Mit: Marcia Loring Digital HD, OV/d ihres Bestehens erreichte die Film- Musik: Teddy Bärlocher Regie, Drehbuch: Stina Werenfels wochenschau den respektablen Mit: Jack Carter, Viola Harris, Umfang von 280’000 Metern in drei Eine zerrüttete Zweierbeziehung: Sprachen, aufgeteilt in etwa 9000 Im Luna Park von Coney Island, Neza Selbuz Sujets, die ein breites Spektrum Clint, der Diabetiker, betrügt seine Ein älteres jüdisches Ehepaar plant von Themen abdeckten. Frau und geht fremd, währenddem seine Sommerferien. Sie möchte seine Frau ihm ein kalorienreiches, nach Israel reisen und nicht in die In Ciné-Journal au féminin untersu- tödliches Essen vorbereitet. Ein Schweiz – das Land, das sie damals chen die Autorinnen, welche Rollen kaltes Buffet der Liebe. an der Grenze zurückgewiesen hat. die Filmwochenschau der Frau zu- Er weigert sich mit der Begründung, wies: Hausfrau? Star? Sportlerin? «Den Film habe ich in Coney Island es sei zu heiss in Israel und es gäbe Königin? Soldatin? Oder ist sie darin gedreht, während ich an der New zu viele Araber. Er erleidet einen eventuell gar nicht präsent? Wer York University in die Filmschule Herzanfall. Die Krankenschwes- zeigt sie? Wie? Und warum? Diese ging. Sugarblues ist eine Idee, die ter, die ihm das Leben rettet, ist Fragen versucht der Film zu beant- mir kam, als ich bei meinen Grossel- Palästinenserin. worten, sowohl auf Grund der Ori- tern in Zollikofen war… mein Gross- ginale selber als auch mit Hilfe von vater war Diabetiker. Er trank Sirup Statistiken und Nachforschungen direkt aus der Flasche, und ich Elise im Zusammenhang mit den behan- sah, wie meine Grossmutter sich delten Themen. abwendete. Das war der Moment, Der rund 5-minütige Ausschnitt, der Sugarblues inspirierte.» Schweiz 2018, 6 Min., Digital HD, OV den wir zeigen, bringt die – dem Nadia Fares damaligen Zeitgeist entsprechende Regie, Drehbuch: Valentine Moser – frauenfeindliche Haltung der Film- Der Animationsfilm von Valentine wochenschau auf den Punkt. Moser erzählt von Elise, die in einem Altersheim wohnt und merkt, dass sie immer weniger Kontrolle über ihr Leben hat. Alzheimer nimmt ihr das Verhältnis zur Realität und lässt ihr nur einige Bruchstücke ihrer Vergangenheit. Die Anwesenheit ihrer Tochter ist der einzige Anker, der Elise in der Realität festhält, aber diese Verbindung löst sich langsam auch. Rubriktitel 17
Antonia’s Line Einige Interviews Orlando So. 8.3. 14:00 zu persönlichen Mo. 9.3. 18:15 Fragen Niederlande/Belgien/GB 1995, So. 8.3. 18:15 GB/Russland/Frankreich/Italien/ 102 Min., 35mm, NL/d/f Niederlande 1992, 94 Min., Regie, Drehbuch: Marleen Gorris 35mm, E/d Mit: Willeke van Ammelrooy, Els UdSSR 1987, 95 Min., DCP, OV/e/d Regie, Drehbuch: Sally Potter Dottermans, Veerle van Overloop, Regie: Lana Gogoberidse Mit: Tilda Swinton, Billy Zane, Thyrza Ravesteijn, Mil Seghers, Drehbuch: Saira Arsenischwili, Lothaire Bluteau, Charlotte Jan Decleir, Jan Steen Erlom Achwlediani, Lana Valandrey, Heathcote Williams, Gogoberidse Quentin Crisp «Nach dem Ende des Zweiten Welt- Mit: Sofiko Tschiaureli, Gija krieges kehrt eine Holländerin mit Badridse, Katewan Ochachelaschwili, «Ein englischer Edelmann durchlebt ihrer Tochter in ihr Heimatdorf Nuza Aleken-Mes’chischwili, wechselweise als Mann und Frau zurück, um nach dem Tod ihrer Mut- Lewan Abaschidse die vier Jahrhunderte zwischen der ter den Hof zu bewirtschaften. Als höfischen Zeit von Königin Elisabeth sie ein halbes Jahrhundert später ihr «Sopiko geht ganz in ihrem Beruf I. und dem London des 20. Jahrhun- Ende nahen fühlt, lässt sie wichtige auf. Als Journalistin interviewt sie derts. Seine geschlechtsgebunde- Ereignisse ihres bewegten Lebens unterschiedlichste Frauen zu ihren nen Erfahrungen sind ein ironisch- Revue passieren. Kraftvolle, vitale Lebensbedingungen und Wün- kritisches Spiegelbild der gesellschaf- Familiensaga über vier Generatio- schen. Dass ihr eigenes Glück und tlichen Vorherrschaft des Mannes nen, die Geschichte einer unabhän- ihre Familie dabei zu kurz kommen, und des wachsenden emanzipatori- gigen Frauendynastie, mythische bemerkt sie zu spät. Feinfühlig schen Bewusstseins der Frau.» Utopie und provozierendes Gegen- erzählt Lana Gogoberidse in doku- Lexikon des Internationalen Films bild in einem. Durch den märchen- mentarisch anmutendem Stil und haft-erzählerischen Charakter mit dynamischer Kameraführung «Als Virginia Woolf 1928 ‹Orlando› werden wichtige Grundanliegen der von der Verzahnung des Privaten herausbrachte, war sie in leiden- Emanzipationsbewegung anschau- und des Politischen, die sich auch schaftlicher Liebe zu Vita Sackville- lich ins Gedächtnis gerufen.» in den Erinnerungen Sopikos an die West entbrannt. Der aus einer alten Lexikon des Internationalen Films Mutter fortsetzen, die, für das Kind Adelsfamilie stammenden Garten- unverständlich, 10 Jahre in der gestalterin und Schriftstellerin wid- «Marleen Gorris selbst ist 1948 in Verbannung verschwand. Mit sei- mete die Autorin ‹Orlando› und einem solchen Dorf zur Welt gekom- nem Fokus auf die alltäglichen schrieb: ‹Ich hab all diese Monate in men. Sie erzählt Antonias Geschich- Kämpfe einer emanzipierten Frau Dir gelebt – wenn ich rauskomme, te kraftvoll, wissend und verträumt gilt der Film als einer der ersten wie bist Du dann wirklich? Habe zugleich. Obwohl die Frauensaga feministischen Filme der Sowjet- ich Dich erfunden?› 1992 verfilmte sich über ein halbes Jahrhundert union.» Sally Potter das Buch mit einem und fünf Generationen spannt, be- Arsenal – Institut für Film und Staraufgebot als schwelgerisches hält sie die Fäden in der Hand.» Videokunst Kostümdrama. Tilda Swinton bril- «Emma» liert darin als androgyner Orlando, Oscar 1996 Bester fremdsprachiger Quentin Crisp, die britische Ikone Film der frühen schwulen Emanzipa- tion, spielt in einer Paraderolle Eliza- beth I, und Jimmy Somerville (‹Don’t Leave Me This Way›) hat mit sei- ner Falsettstimme einen buchstäb- lich engelhaften Auftritt. Mit so viel leichtfüssiger Ironie und so viel poe- tischem Charme hat noch kaum ein Film den Genderdiskurs auf die Leinwand gebracht.» Pink Apple im Xenix 18 Sois belle et tais-toi
Für das Zustandekommen des Programmes danken wir: Premieren: Trigon Film, Ennetba- den / Xenix Filmdistribution, Zürich / Filmcoopi, Zürich / Cineworx, Basel / First Hand Films, Zürich Retrospektive Heidi Specogna: Heidi Specogna, Berlin / David Wegmüller, Solothurner Filmtage / The Piano Aurore Deutsche Film- und Fernsehakade- mie Berlin / Bundesarchiv Film- Di. 10.3. 18:15 Mi. 11.3. 18:15 archiv, Berlin / Cinémathèque suisse, Lausanne / Filmcoopi, Zürich / Australien/Neuseeland/Frankreich Frankreich 2017, 90 Min., DCP, F/d Filmbringer, Bern / PS Film, Zürich 1993, 115 Min., DCP, E/d Regie: Blandine Lenoir Filmgeschichte: Johannes Binotto, Regie, Drehbuch: Jane Campion Mit: Agnès Jaoui, Thibault de Winterthur / National Film Archive, Mit: Holly Hunter, Harvey Keitel, Montalembert, Pascale Arbillot, Prag / Park Circus, Glasgow / Sam Neill, Anna Paquin Sarah Suco, Lou Roy-Lecollinet Filmcoopi, Zürich Mitte des 19. Jahrhunderts: Die Agnès Jaoui glänzt mit gewohntem Sois belle et tais-toi: Alva Film, stumme Ada kommt mit ihrer klei- Witz und Wärme als Frau im bes- Genf / Arsenal – Institut für Film und nen Tochter nach Neuseeland, um ten Alter, die sich nicht unterkriegen Medienkunst, Berlin / Studiocanal eine arrangierte Ehe mit einem lässt. Ohne Mann und ohne Arbeit, Deutschland, Berlin / Adventure fremden Mann einzugehen. Ihr aber mit menopausalen Hitzewal- Pictures, London / TF1, Paris / Bard Gatte Stewart verkauft ihr geliebtes lungen und demnächst auch bereits Entertainments, London / Look Piano an den Arbeiter Baines, dem mit Enkelkind. Now!, Zürich / Frenetic Films, Zürich Ada Klavierunterricht geben soll. In einer von Jugend- und (Re-)Pro- / Claudia Lorenz, Zürich / Gaumont Während der Übungsstunden wan- duktivitätswahn geprägten Gesell- Pathé Archives, Paris / Lobster delt sich ihre anfängliche Abneigung schaft fühlt sich Aurore mehr und Films, Paris / Dschoint Ventschr, in verbotene Zuneigung. The Piano mehr auf das Abstellgleis gedrängt. Zürich / Nadia Fares, Genf / ist nicht nur ein tragischer Liebes- Doch sie verliert den Humor nicht, Lucienne Lannaz, Jura-Films, film in vielschichtigen Dimensionen, erlangt neues Selbstbewusst- Grandval / Valentine Moser, sondern zeigt auch einen weibli- sein und ihre Unternehmungslust Neuchâtel / Cinémathèque suisse, chen Blick auf die Abhängigkeits- kehrt zurück. Einer unverhofft wie- Lausanne verhältnisse der gesellschaftlichen dergetroffenen Jugendliebe öffnet Strukturen und die koloniale Wir- sie erneut ihr Herz. Aurore erzählt Hemmungslose Filme: kungsmacht jener Zeiten. Gerade die Geschichte einer geschiede- Ulrich Schenk, Museum für Kom- auch das Ende repräsentiert einen nen und alleinstehenden Fünfzige- munikation, Bern / Park Circus, optimistischen Gegenentwurf rin, die ihre Stelle verliert, auf dem Glasgow / Trust Nordisk, Hvidovre / zum engen Gerüst der sozialen Arbeitsmarkt diskriminiert wird, sich André Bonzel, Paris / Cinémathèque Schicklichkeiten. mit dem Auszug ihrer erwachsener suisse, Lausanne Töchter konfrontiert sieht und oben- drein erfährt, dass sie demnächst Kunst und Film: Paul Anton Smith, Grossmutter wird. Eine Phase des London Umsturzes, in welcher innere und Kunst und Film: Komplexe Bilder: äussere Umstände die Protagonistin Maia Gusberti, Bern zu Veränderungen in ihrem bislang ruhigen Leben zwingen. Blandine Specials: Thomas Ott, St. Gallen / Lenoir gelingt eine aussergewöhnli- Lucie Bader, Bern / Walter Stoffel, che Komödie voller Schwung, in wel- Freiburg / Frenetic Films, Zürich / cher auch die kleinste Nebenrolle Jazzwerkstatt Bern / FIFF Fribourg / Charme und Zärtlichkeit versprüht. Sister Distribution, Genf REXkids: Chinderbuechlade Bern / Filmcoopi, Zürich / Stamm Film, Zürich Uncut: Georges Pauchard und Uncut-Team, Bern Voller Leben: Palliative Bern / PZI Bern / ZePP Solothurn / Susan Gluth, Hamburg REXnuit: Jeremias Heppeler, DAIF, Jessica Jurassica 19
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