MEMORANDUM HOLZBAU-INITIATIVE POTSDAM Holzbau-Labor vom 22. August 2022 | Dokumentation

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MEMORANDUM HOLZBAU-INITIATIVE POTSDAM Holzbau-Labor vom 22. August 2022 | Dokumentation
MEMORANDUM
HOLZBAU-INITIATIVE POTSDAM
Holzbau-Labor vom 22. August 2022 | Dokumentation
MEMORANDUM HOLZBAU-INITIATIVE POTSDAM Holzbau-Labor vom 22. August 2022 | Dokumentation
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Memorandum zur Holzbau-Initiative Potsdam

Inhalt

Positionen
Mike Schubert                                                                      S. 4
Bert Nicke                                                                         S. 5
Dr. Denny Ohnesorge                                                                S. 6

Memorandum
Einführung – ein Memorandum für den Holzbau                                        S. 8
Präambel                                                                           S. 10
1. LOSLEGEN                                                                        S. 11
2. VERNETZEN                                                                       S. 12
3. VEREINFACHEN                                                                    S. 14
4. MITGESTALTEN                                                                    S. 15
5. INTEGRIEREN                                                                     S. 16
6. VORMACHEN                                                                       S. 17
7. ERPROBEN                                                                        S. 18
8. WEITERDENKEN                                                                    S. 19

Dokumentation
Rückblick – das Holzbau-Labor am 22. August 2022                                   S. 22
Wie können Holzbauprojekte aus Sicht der Politik künftig besser gelingen?          S. 24
Wie können Holzbauprojekte aus Sicht der Produktion künftig besser gelingen?       S. 26
Wie können Holzbauprojekte aus Sicht der Bauherrnschaft künftig besser gelingen?   S. 29
Wie können Holzbauprojekte aus Sicht der Planung künftig besser gelingen?          S. 31
Bauen in planetaren Grenzen                                                        S. 36
„Es ist unsere Aufgabe, Überzeugungsarbeit zu leisten.“                            S. 41

Anhang
Projektideen für Potsdam                                                           S. 44
Autorenschaft                                                                      S. 48
Expertenkreis                                                                      S. 51
Impressum

                                                                                           1
Positionen

22
Positionen
Positionen

Mike Schubert

Es gibt viel zu tun…

                                                           © Karoline Wolf

Es ist mittlerweile ein halbes Jahrhundert her, dass der   oder zum Schutz des Klimas beizutragen – ich möchte
„Club of Rome“ die Grenzen des Wachstums erkannt           auf politischer Ebene Anstoß dafür geben, Holzbaupro-
und zu einem nachhaltigen Wirtschaften, zu einem Den-      jekte in Potsdam und Brandenburg zu realisieren. Das
ken und Handeln in Kreisläufen aufgerufen hat. Es ist      ist allerdings kein Selbstgänger – das wissen wir aus
ernüchternd zu sehen, mit welcher Behäbigkeit unsere       vielen Beispielprojekten, aus vielen Erfahrungsberich-
Gesellschaft sich dieser Aufgabe angenommen hat –          ten.
obwohl sie es längst besser wusste. Umso wichtiger
wird es sein, jetzt auf das Tempo zu drücken und Kräfte    Um eine Grundlage dafür zu schaffen, Holzbauprojek-
zu mobilisieren. Dabei geht es gewiss nicht nur darum,     te künftig einfacher planen und umsetzen zu können,
im Bauwesen alles auf die Karte Holz zu setzen, son-       haben Expert*innen aus Planung und Bauherrnschaft,
dern sich weiterhin offen für die besten Technologien zu   aus Produktion und Technik, aus Politik und Verwaltung
zeigen und auch im konventionellen Bauen innovative        auf meine Einladung gemeinsam dieses Memoran-
Wege zu beschreiten.                                       dum für den Holzbau in Potsdam erarbeitet. Ich freue
                                                           mich, dass sich das Memorandum nicht auf abstrak-
Ich bin davon überzeugt, dass die konsequente CO2-Re-      te Feststellungen beschränkt, sondern realisierbare
duktion im Bauwesen – immerhin liegt in diesem Sektor      Projektvorschläge für unsere Stadt zusammenträgt und
das größte Einsparpotenzial zur Erreichung der Klima-      konkrete Handlungsempfehlungen für alle hier wirken-
ziele – auch ästhetisch zu neuen Ausdrucksformen in        den Akteur*innen formuliert. Ich verbinde damit die
Architektur und Städtebau führen wird. Dabei ist es gut    Hoffnung und Erwartung, dass die Holzbau-Initiative
und richtig, wenn man den Städten diesen Wandel an-        Potsdam eine Perspektive für und auf Potsdam eröffnet,
sieht. Weil dieser Wandel für eine Stadt der Baukultur,    die die kommenden Generationen in der Rückschau
wie Potsdam es ist, eine ganz besondere Herausforde-       als gelungenen Paradigmenwechsel unserer Baukultur
rung für alle Akteur*innen darstellt und mit Kontroverse   wahrnehmen wird!
und Stress verbunden ist, ist es notwendig, diesen Dis-
kurs offen und proaktiv zu führen.

Ich freue mich, dass wir durch die Holzbau-Initiative
Potsdam Projekte und Vorhaben zur Stärkung des Holz-
baus in Potsdam initiieren können. Dabei geht es nicht     Mike Schubert,
nur darum, die Schaffung von Wohnraum voranzutreiben       Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam

4
Positionen

Bert Nicke

Wir packen es an…

Die Metropolenregion Berlin wächst. Wir haben schon        © Karoline Wolf
                                                           Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Potsdam,
jetzt zu wenige Wohnungen in Berlin und im Berliner        Mike Schubert, Vertreter*innen der Politik, der Produk-
Umland, einschließlich Potsdam. Allein aufgrund der        tion von Holzbausystemen, der Bauherrnschaft, der
Immigration von ukrainischen Kriegsflüchtlingen, dem       Architektenschaft, der Baukonstruktion und -technik
notwendigen Zuzug von ausländischen Fachkräften und        und der verantwortlichen Genehmigungsbehörden ein-
der demografiebedingt stark wachsenden Zahl von Pfle-      geladen, einen ganzen Tag im Rahmen eines Workshops
gebedürftigen wird der Bedarf an neuem Wohnraum und        unterschiedliche Aspekte rund um das Thema Holzbau
neuer sozialer Infrastruktur trotz gestiegener Baukosten   zu diskutieren, Expertisen auszutauschen und sich
und Zinsen weiter zunehmen. Das bedeutet, dass wir in      gegenseitig zu inspirieren. Am Ende eines sehr offenen,
Potsdam auch künftig Neubau brauchen!                      interessanten und höchst produktiven Meinungsaus-
                                                           tauschs entwickelten die Teilnehmenden der Holzbau-
Der ProPotsdam GmbH als kommunaler Wohnungsbau-            Initiative Potsdam gemeinsam ein Memorandum, um
gesellschaft der Landeshauptstadt Potsdam kommt da-        über die abstrakte Diskussion hinaus möglichst konkre-
bei die wichtige Aufgabe zu, vor allem für einkommens-     te Projekte in Potsdam durchaus vorbildhaft für andere
schwächere Haushalte Wohnungsangebote zu schaffen.         Kommunen anzustoßen und Handlungsempfehlungen
Neben dem daraus resultierenden Kostendruck ist es         für am Holzbau Beteiligte zu geben.
aufgrund des menschgemachten Klimawandels unab-
weislich, die mit den Investitionstätigkeiten verbunde-    Ich danke allen Mitwirkenden der Holzbau-Initiative
nen Umwelt- und Klimabelastungen zu reduzieren, wenn       Potsdam für den konstruktiven Austausch im Rahmen
möglich auf Null!                                          unseres Workshops. Ich bin überzeugt davon, dass mit
                                                           dem erarbeiteten Memorandum der Holzbau in Potsdam
Das sich verschlechternde Marktumfeld hat die Erfül-       neue Impulse bekommt und an Bedeutung und Dynamik
lung dieser Aufgabe im Jahr 2022 nicht leichter ge-        künftig deutlich gewinnt!
macht. Kostenreduziertes Bauen unter Einhaltung von
hohen ökologischen Standards bedarf deshalb darauf
abgestimmter gesetzlicher Rahmenbedingungen und
kreativer Ideen bzw. des Zusammenwirkens aller am
Bau Beteiligten.
                                                           Bert Nicke,
Die ProPotsdam GmbH hat deshalb auf Initiative des         Geschäftsführer der ProPotsdam GmbH

                                                                                                                 5
Positionen

Dr. Denny Ohnesorge

Bauen mit Holz: Ins Handeln kommen!

Der Gebäudebereich trägt derzeit mit bis zu 35% zu den     ist bereits einen Schritt weiter und mit ihrem ganzheit-
Kohlendioxidemissionen bei, weshalb das Bauen nach-        lichen Ansatz unter Beteiligung aller Akteur*innen bei-
haltiger und klimafreundlicher werden muss. Das Bauen      spielgebend für weitere Kommunen in Brandenburg.
mit Holz ist einer der großen Hoffnungsträger für eine
klimafreundliche Zukunft. Zu Recht: Durch die Substitu-    Um eine Bauwende einzuleiten, braucht es Kommunen
tion von ressourcen- und energieintensiven Baustoffen      und Landkreise, die eine Vorbildfunktion beim nach-
durch Holz und die damit einhergehende langfristige        haltigen Bauen übernehmen. Vorurteile und Vorbehalte
Speicherung von Kohlenstoff werden Holzgebäude             gegenüber alternativen und nachhaltigen Bauweisen
zu CO2-Senken. Auf mehr als 100 Milliarden Tonnen          wie die Holzbauweise halten sich hartnäckig. Hinzu
Kohlendioxid schätzt das Potsdam-Institut für Klima-       kommen die planerischen Herausforderungen dieser
folgenforschung (PIK) in einer aktuellen Studie das Ein-   Bauweise, welche mit ihrem hohen Grad an serieller
sparpotenzial weltweit durch das Bauen mit Holz. Das       Vorfertigung besondere Kompetenzen und eine frühe
entspricht etwa 10% des verbleibenden Kohlenstoffbud-      Einbeziehung der Bau ausführenden Unternehmen ver-
gets, um das 2°C-Klima-Limit einzuhalten.                  langt. Der anfängliche planerische Mehraufwand zahlt
                                                           sich am Ende vielfach aus: eine hohe Fertigungsquali-
Was global als übergeordnete Zielmarke ausgegeben          tät, witterungsunabhängiges Bauen, geringere Bauzei-
wird, muss in nationalen und regionalen Vorhaben in        ten und damit viel kürzere Störungen der Nachbarschaft
erfolgreichen Projekten vor Ort realisiert werden. Denn    und des Straßenverkehrs, aber auch die hohen Ener-
durch eine Konstruktion aus Holz können gegenüber          giestandards sind neben den ökologischen Aspekten
einer konventionellen Bauweise mehr als 50 Prozent der     weitere Argumente für diese Bauweise.
Treibhausgase eingespart werden.
                                                           Während sich der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäu-
Brandenburg hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2045 klima-     ser in Holzbauweise von gerade einmal 6% zu Beginn
neutral zu werden und setzt wie die Hauptstadt Berlin      der 1990er Jahre auf mittlerweile 23% mehr als verdrei-
dafür auch auf den Holzbau. Beide Landesregierungen        facht hat, beginnt die Revolution beim städtischen Woh-
verankerten die Absicht zur Förderung des Holzbaus in      nungsneubau gerade erst. Der Anteil von Mehrfamilien-
den jeweiligen Koalitionsverträgen. Die Brandenburger      häusern in Holzbauweise liegt in Brandenburg aktuell
Regierung plant dazu eine Holzbauoffensive, um die         bei rund 2%. Dabei bietet die Leichtbauweise gerade
regionale Wertschöpfung zu steigern und damit mehr         auch in der städtischen Nachverdichtung durch die
Kohlendioxid zu binden. Die Holzbau-Initiative Potsdam     Aufstockung von Bestandsgebäuden viel Potenzial, um

6
Positionen

                                                         © Angelika Aschenbach
so ohne zusätzlichen Flächenverbrauch Wohnraum und
attraktive und lebenswerte Quartiere zu schaffen. Die
Ressourcenregion Brandenburg verfügt über die Holz-
rohstoffe und eine moderne Holzbe- und -verarbeitungs-
industrie. Nicht ohne Grund baut die Bauwirtschaft die
Kapazitäten derzeit massiv aus, und Ingenieur*innen
und Architekt*innen eignen sich fehlende Holzbau-
kompetenz an, um auf diese Entwicklung reagieren zu
können.

Aber es braucht mehr als nur Kapazität und Kompetenz
bei den Planer*innen. Für eine erfolgreiche Bauwen-
de hin zu mehr nachhaltigem und klimafreundlichem
Bauen braucht es eine ganzheitliche Strategie, ein Zu-
sammenwirken der gesamten Wertschöpfungskette und
eine andere Baukultur. Es kommt nun darauf an, dass
Politik, Planer*innen sowie die Wohnungs- und Bauwirt-
schaft den begonnenen Dialog fortsetzen und konkrete
Projekte in die Umsetzung bringen. Nur so kann die
Holzbauweise ihren Beitrag leisten, die ambitionierten
Klimaziele der Stadt Potsdam und darüber hinaus zu
erreichen.

Dr. Denny Ohnesorge,
Vorsitzender des
Landesbeirats Holz Berlin-Brandenburg e.V.

                                                                                         7
Memorandum

Einführung

Ein Memorandum für den Holzbau

Holz ist aufgrund seiner technischen Eigenschaften ein       Um eine Grundlage dafür zu schaffen, Holzbauprojekte
hervorragendes Baumaterial: Es ist stabil und tragfähig,     künftig einfacher planen und umsetzen zu können, fand
leicht und wärmedämmend, darüber hinaus ist es fast          am 22. August 2022 in der Orangerie der Biosphäre
überall verfügbar. Als nachwachsender Baustoff, der          Potsdam das Holzbau-Labor Potsdam statt, zu dem
sich problemlos wiederverwerten lässt und zudem lang-        Oberbürgermeister Mike Schubert und die ProPots-
fristig Kohlendioxid bindet, bietet sich Holz als klima-     dam GmbH, stadteigenes Wohnungsunternehmen und
schonende Alternative zu Beton an, dessen Verwendung         führend in den Bereichen Wohnungsbau, Stadtsanie-
zu einem Großteil schädlicher Emissionen im Bausektor        rung und -entwicklung, einluden. Um unterschiedliche
führt. Trotz seiner vielen Vorteile spielt der Einsatz von   Aspekte rund um das Thema Holzbau zu diskutieren,
Holz als Baustoff jedoch eine untergeordnete Rolle, da       Expertisen auszutauschen und sich gegenseitig zu ins-
bereits geplante Projekte häufig an behördlichen Auf-        pirieren, kamen hierzu Expert*innen aus Politik, Verwal-
lagen zum Brandschutz scheitern.                             tung, Produktion, Technik, Planung und Bauherrnschaft
                                                             für einen Werkstatttag zusammen. Das Labor diente der
Im Rahmen der Berlin-Brandenburger Holzbauoffensive          Formulierung von aktuellen Schwachstellen im Holzbau
möchte der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt            und der Erarbeitung von Lösungsansätzen.
Potsdam Mike Schubert konkrete Projekte und Vorha-
ben zur Stärkung des Holzbaus in Potsdam initiieren.         Als Ergebnis des Holzbau-Labors liegt dieses Memo-
Damit will er nicht nur den Bau von Wohnraum voran-          randum vor, das Forderungen an die Politik sowohl auf
treiben und mit der Verwendung des nachwachsenden            kommunaler als auch auf Bundesebene enthält, damit
Rohstoffs zum Schutz des Klimas beitragen, sondern           sie die Umsetzung von Holzbauprojekten als Beitrag zur
vor allem auch auf politischer Ebene Anstoß geben für        Klimawende erleichtert und in die Gesetzgebung integ-
künftige Holzbauprojekte in Potsdam und Brandenburg.         riert. Zudem zeigt es realisierbare Projektvorschläge auf
Die Holzbau-Initiative Potsdam hat somit das Ziel, die       und gibt am Holzbau Beteiligten konkrete Handlungs-
Motivation zur Errichtung von Gebäuden in Holzbauwei-        empfehlungen mit.
se zu potenzieren und deren Realisierung hürdenfreier
zu gestalten. Darüber hinaus will sie als Plattform und
Netzwerk für interessierte Akteur*innen im Holzbau
dazu beitragen, den Wissenstransfer zu stärken, Fach-
kenntnisse zu bündeln und die Kooperation untereinan-
der zu verbessern.

8
Memorandum
PRÄAMBEL                                                  Werkstoffe im Blick zu haben. An Planerschaft,
                                                          Bauherrnschaft, Investorenschaft und Unter-
                                                          nehmen der Projektentwicklung ergeht der Ap-
                                                          pell, die Vorteile unterschiedlicher Werkstoffe

Memorandum der                                            im Sinne der Nachhaltigkeit zu kombinieren.
                                                          Lösungsansätze liegen in der integralen Pla-
Holzbau-Initiative Potsdam                                nung sowie im einfachen und robusten Bauen.
                                                          Dazu muss die Zusammenarbeit über die
                                                          gesamte Wertschöpfungskette gestärkt und
                                                          der Austausch sowie gegenseitiges Verständ-
        HOLZBAU ist Zukunft, denn Holzbau ist nach-       nis zwischen den Beteiligten untereinander
        haltig! Aber Holzbau ist auch unsere Geschich-    gesteigert werden.
        te, hat er doch das Bauen über Jahrhunderte
        geprägt. Leider sind die Erfahrungen und          Um den Holzbau zu etablieren, müssen bau-
        Werte des Holzbaus, gerade im Geschosswoh-        ordnungsrechtliche Vorschriften und DIN-Nor-
        nungsbau, in der Vergangenheit weitgehend         men auf deren Vereinfachung hin untersucht
        verschwunden, vielmehr wird das Thema von         und an einfache Bauweisen und Rückbaubar-
        vielen Bedenken und viel Vorsicht dominiert,      keit angepasst werden. Wie in allen Bereichen
        selbst wenn umfangreiche praktische Er-           des Bauens, hat sich auch im Holzbau die
        fahrungen schon das Gegenteil bewiesen            Normung verselbständigt und trägt zu über-
        haben. Entsprechend sind die gesetzlichen         mäßigem Ressourcenverbrauch und höheren
        Anforderungen und Rahmenbedingungen auf           CO2-Emissionen bei.
        den unterschiedlichen Länderebenen für den
        Holzbau eher umsetzungs- bzw. anwendungs-         Überhöhte Anforderungen an Brandschutz
        hemmend als fördernd. Um Holzbauprojekte          und Bauwerkssicherheit führen zu erhöhtem
        zukünftig voranzubringen, sind der Austausch      Einsatz von Material und Technik und stehen
        und die Zusammenarbeit von Politik und Praxis     so im Spannungsfeld mit dem Schutzziel
        beim Thema Holzbau von elementarer Bedeu-         „Klimaschutz“. Alle Forderungen aus Normung
        tung, um den Rechts- und Handlungsrahmen          und Gesetzen müssen in Zukunft auch auf ihre
        auf Basis der aktuellen Erkenntnisse anzupas-     Umwelteinflüsse geprüft und bewertet wer-
        sen und damit die vielfältigen Hürden sukzessi-   den, um die Klimaziele der Bundesregierung
        ve abzubauen.                                     erreichbar zu machen. Viele ökonomische Ak-
                                                          tivitäten sind von ihren Umwelteinflüssen ent-
        Der Einsatz von Holz beim Bauen besitzt großes    koppelt, darüber hinaus werden umweltschäd-
        Potenzial sowohl für die dringend notwendige      liche Systeme und Ressourcenverschwendung
        Dekarbonisierung des Bausektors und somit         durch die Gesetzgebung nicht nur erlaubt,
        auch für die Erreichung der Klimaziele der Bun-   sondern sogar gefördert.
        desregierung als auch für zukünftige Bauauf-
        gaben, wie beispielsweise die Nachverdichtung     Es gibt also viel zu tun, wenn man den Holz-
        bei der Innenentwicklung der Städte und An-       bau aus seiner Nische herausbewegen will. In
        und Aufbauten im Bestand.                         Potsdam wollen wir keine Zeit verlieren und
                                                          unseren Beitrag zur Veränderung leisten. Der
        Damit der Holzbau im Sinne des nachhaltigen       Wandel beginnt in den Köpfen und Kompe-
        Bauens erfolgreich durchgeführt wird, sind alle   tenzen. Die geringen Spielräume der gültigen
        Akteur*innen der Bau- und Immobilienbranche       rechtlichen Rahmenbedingungen sollen uns
        gefragt. Die Politik auf Bundes- und Landes-      nicht daran hindern, den Holzbau in Potsdam
        ebene wird dazu aufgerufen, den rechlichen        resp. Brandenburg mit der nötigen Wucht vo-
        Rahmen für die baustoffübergreifende Förde-       ranzutreiben. Die Holzbau-Initiative Potsdam
        rung innovativer Lösungen zu schaffen und         nimmt das Thema Holzbau auf die Agenda und
        die ganze Bandbreite alternativer biobasierter    verfolgt dabei einen 8-Punkte-Plan.
10
POTSDAM geht in Sachen Holzbau voran! Pots-
dam schickt sich an, die Herausforderungen im
Bauwesen zu meistern und seinen Beitrag zur
                                                               1.
Bauwende zu leisten. Know-how und Gestal-
tungswillen, Mut und Überzeugungskraft sind                    LOSLEGEN
zentrale Eigenschaften, die die dafür verant-
wortlichen Menschen mitbringen werden. Pots-
dam stellt sich auf, um der in der Gesellschaft                Potsdam
                                                               macht den Holzbau
weitverbreiteten Absicherungsmentalität etwas
entgegenzusetzen, die sich als große Hemm-
schwelle für den Holzbau erwiesen hat.
                                                               zur Chefsache
Die ganzheitliche Betrachtung und Bewertung
von Bauvorhaben sowie die breite Aufklärung
der Gesellschaft über die Notwendigkeit von
                                                               Task Force Holzbau
ressourcenschonendem und ökologischem                          mit Holzbaukoordinator
Bauen braucht Persönlichkeiten, die dazu bei-
tragen, Best-Practice-Projekte voranzubringen
und die Erfahrungen in den Rechts- und Hand-
lungsrahmen zu überführen. Potsdam richtet
eine Task Force Holzbau ein, die sowohl eine
beratende Funktion innehaben als sich auch
um die Entwicklung und Umsetzung konkreter
und zielorientierter Entwicklungs- und Hand-
lungskonzepte kümmern wird.
                                                      lösungen auf Basis von Best-Practice-Er-
Holzbaukoordinator und Team                           fahrungen
• Die Task Force wird vom Holzbaukoordi-          •   Nutzung der Holzbau-Initiative als Sogwir-
  nator geleitet (ggf. eine Person aus dem            kung für die Fachkräftesammlung
  Geschäftsbereich 4, Stadtentwicklung,           •   Aus- und Weiterbildungsangebote für die
  Bauen, Wirtschaft und Umwelt der Landes-            Verwaltung, den Kommunalen Immobilien-
  hauptstadt Potsdam) und durch ein Team,             service und kommunale Unternehmen
  bestehend aus zwei bis drei Personen unter-     •   Forcierung von Konzeptvergaben in öffent-
  stützt.                                             lichen Ausschreibungen
                                                  •   Begleitung der Reallabore „Schlaatz“ und
Ziele und Maßnahmen                                   „Krampnitz“
• Koordination des Kompetenzzentrums Holz-        •   Evaluierung von weiteren Holzbauprojekten
  bau Potsdam                                     •   Enge Zusammenarbeit mit dem Netzwerk
• Projekte der Stadt Potsdam und von privater         Landesbeirat Holz Berlin-Brandenburg
  Investorenschaft koordinieren und Hinder-       •   Wissenstransfer aus der Praxis in die
  nisse im Planungsprozess ausräumen                  Verwaltung und die Stadtverordnetenver-
• Entwicklung eines zielorientierten Entwi-           sammlung
  cklungs- und Handlungskonzepts                  •   Abgabe von Handlungsempfehlungen von
• Anwendung/Entwicklung eines lokalen/                kommunaler Ebene auf Landes- und Bun-
  kommunalen Bilanzierungstools für die               desebene
  nachhaltige Wirksamkeit des Holzbaus (auf
  Basis des Masterplans Klimaschutz) sowie        Ort
  eines darauf aufbauenden einheitlichen          • Im Rathaus Potsdam agierend, als Schnitt-
  Zertifizierungssystems                            stelle zwischen diversen Projektakteur*in-
• Festlegung von Regel-Details und Muster-          nen sowie Politik und Verwaltung
                                                                                                   11
2.
VERNETZEN
Potsdam fordert und fördert
Wissenstransfer zum nachhaltigen Bauen
Kompetenzzentrum Holzbau,
Runder Tisch „Nachhaltiges Bauen“,
ämterübergreifende Koordinierungsrunde
und Weiterbildungsprogramm

        ENTSCHEIDENDE Voraussetzung einer erfolgrei-       Am Runden Tisch der Landeshauptstadt
        chen Holzbau-Initiative sind die Bündelung des     Potsdam „Nachhaltiges Bauen“ , an dem vom
        Know-hows und der Wissenstransfer unter al-        Förster bis zum Modulfabrikanten, von der
        len Beteiligten. Die Landeshauptstadt Potsdam      Industrie- und Handelskammer über die Hand-
        richtet dazu ein (virtuelles) Kompetenzzentrum     werkskammer bis zur freien Innung, von er-
        Holzbau im Sinne eines Expertennetzwerks           fahrenen Architektur- und Ingenieurbüros bis
        ein und vereinbart mit dem Landesbeirat Holz       zur Unteren und Obersten Bauaufsicht sowie
        Berlin-Brandenburg e.V. eine enge Zusam-           der Feuerwehr Vertreter*innen Platz finden,
        menarbeit, um die Realisierung innovativer,        werden auf Augenhöhe Ziele, Leitlinien und
        ökologisch optimaler und wirtschaftlicher Holz-    andere Verabredungen für die Landeshaupt-
        bauten zu ermöglichen und Mitwirkende für          stadt Potsdam formuliert, die für alle bindend
        die konkrete Umsetzung von Bauvorhaben zu          und verlässlich sind. Die gesammelte Exper-
        finden. Das Kompetenzzentrum dient ferner als      tise über Holz, aber auch andere nachhaltige
        Forum eines schnellen und unbürokratischen         Baustoffe wie Flachs, Hanf oder Bambus sind
        Austausches, um die aktuell noch großen Un-        ebenso zu erörtern wie die Technik, die sie
        sicherheiten seitens der Hersteller, der Ge-       verarbeiten kann und die dafür weiterzuent-
        nehmigungsbehörden oder der Feuerwehr mit          wickeln ist. Es geht auch darum, eine Kreis-
        klugen Lösungen und Antworten abzubauen.           laufwirtschaft für Re- und Upcycling nutzbar
        Alle Beteiligten erhalten über das Kompetenz-      zu machen, die dennoch den strengen Mate-
        zentrum Kenntnis von Ansätzen, die die Risiken     rialanforderungen beim öffentlichen Bauen ge-
        im Holzbau beherrschbar machen (wie z. B.          recht wird. Es werden Wissen wie Verständnis
        die Stoffpreisgleitklausel – einer vertraglichen   über und für die technischen Anforderungen
        Vereinbarung im Falle schwer kalkulierbarer        vermittelt, die Holzbauprodukte beispiels-
        Einkaufspreise der Baustoffe und Materialien.      weise hinsichtlich des Brandschutzes, der
                                                           Nachhaltigkeit oder zu erfüllender Richtwerte
                                                           bei Raumluftmessungen erfüllen müssen.
                                                           In Bezug auf Bebauungspläne wird beraten,

12
wie der Holzbau als mögliche Bauart mit seinen      Behörden ebenso wie der Investor teilnehmen,
entsprechenden Geschosshöhen verankert              um frühestmöglich alle bauaufsichtlichen und
werden kann und damit leichter wie schneller        andere genehmigungsrechtlichen Fragen zu
realisierbar ist, nicht zuletzt, weil Holzbau als   klären und möglichem Zeitverlust im Projekt-
schlankere Bauweise zum flächeneffizienten          verlauf entgegenzuwirken.
Bauen beiträgt und dabei weniger Versiege-
lung nach sich zieht. Im Hinblick auf künftige      Kontinuierliche Information und Weiterbildung
Ausschreibungen werden am Runden Tisch die          werden in enger Kooperation mit den Kam-
Vergabekriterien der Landeshauptstadt sowie         mern den Wissenstransfer zwischen Herstel-
der rechtliche Rahmen zum besseren gegen-           lern, Aufsichtsbehörden, Bauherrnschaften
seitigen Verständnis erörtert und vermittelt,       Ingenieur- und Architekturbüros fördern.
damit Leistungsverzeichnisse auf der auftrag-       Potsdam strebt gemeinsam mit der Branden-
gebenden Seite zielgenauer formuliert werden        burgischen Architektenkammer und der Bran-
können.                                             denburgischen Ingenieurkammer ein Weiter-
                                                    bildungsprogramm zum nachhaltigen Bauen
Der Runde Tisch fördert die frühzeitige, enge       an, an dem sich die Potsdamer Verwaltung
und digitale Zusammenarbeit zwischen allen          aktiv mit dem Ziel einer fachlichen Zusam-
an Planung und Bau Beteiligten – ein Experten-      menarbeit auf Augenhöhe in den Projekten
Pool mit Leuchtturmcharakter, der zudem den         beteiligen wird.
Erfahrungsaustausch unter den Kommunen
unterstützt.                                        Die Weiterbildung zielt ebenso auf den Kom-
                                                    petenzzuwachs in den Planungsbüros ab, sie
Verknüpft mit dem Runden Tisch wird Potsdam         soll auch im Rahmen von Vergabeverfahren bei
regelhaft zum Start eines Bauvorhabens durch        der Präqualifikation, bei Lösungsvorschlägen
den Holzbaukoordinator eine ämterüber-              und bei Angeboten der teilnehmenden Büros
greifende Koordinierungsrunde einberufen,           ihren positiven Niederschlag finden.
an der die an der Genehmigung beteiligten

                                                                                                    13
3.
VEREINFACHEN
Potsdam definiert
einen einfachen
Planungsrahmen
für Holz- und                                                Holzbauten im Sinne der Holzbau-Initiative
Holzhybridbau                                                Potsdam sind Gebäude:
                                                             • die in ihrem Tragwerk, Rohbau und Raum-
                                                                abschluss und im Bereich der Dämmstoffe
                                                                jenseits der Gründung jeweils mindestens
                                                                zu 80% aus Holz und nachwachsenden
                                                                Rohstoffen oder Rezyklaten errichtet wer-
        EINFACHHEIT und Klarheit sind wesentliche               den
        Parameter nicht nur für die Architektur an sich,     • die für ihr Tragwerk und die gesamte Ge-
        sondern auch für den Umgang mit dem Mate-               bäudehülle – also die Kostengruppe 300
        rial Holz. In der Einfachheit, Einheitlichkeit und      ohne Innenausbau – klimaneutral in der
        Verlässlichkeit liegt ein wesentlicher Schlüssel        Errichtung sind (Ergebnis der LCA Phase A,
        für eine erfolgreiche Realisierung in signifi-          CO2 < 0, Basis E-LCA, Ökobaudat)
        kantem Umfang. Potsdam schickt sich an, die          • die in ihrer Konstruktion einen effizienten
        Holzbau- bzw. Holzhybridbauquote innerhalb              Einsatz von Holz berücksichtigen (Skelett
        der kommenden Jahre auf 50% zu erhöhen                  statt Massivholz)
        und verfolgt überdies das Ziel einer Quote an        • die möglichst diffusionsoffene, klima-
        nachwachsenden Rohstoffen (einschl. Holz)               steuernde Bauweisen umsetzen, um den
        und Kreislaufgerechtigkeit von 90% bis 2050.            Einsatz von Lüftungs- und Klimatechnik so
        In diesem Sinne werden Holz- und Holzhybrid-            gering wie möglich zu halten
        bauten wie folgt definiert:                          • die sichtbare Konstruktionen bevorzugen
                                                                und den Einsatz von Gipsbekleidungen
                                                                reduzieren

                                                              Holzhybridbauten können eine kostengünsti-
                                                             ge und resiliente Alternative zu reinen Holz-
                                                             bauten darstellen, insbesondere dann, wenn
                                                             hohe Anforderungen an die Flexibilität mehr-
                                                             stöckiger Gebäude und an zukünftige Umnut-
                                                             zungsmöglichkeiten gestellt werden. Die dann
                                                             erforderlichen großen Deckenspannweiten
                                                             und die flexible Tragstruktur als Skelettbau
                                                             lassen sich als Holzhybridbau sinnvoll um-
                                                             setzen.

14
4.
         MITGESTALTEN
         Potsdam wirkt aktiv
         an genehmigungsfähigen
         Holzbaulösungen mit

AUF der inhaltlichen Ebene strebt Potsdam ein      Potsdam entwickelt standardisierte Lösungen
einheitliches Genehmigungsverfahren für den        („Musterbrandschutzkonzepte“) und erstellt
Holzbau bei Standard- und Sonderbauten an.         eine Liste von genehmigungsfähigen Abwei-
Da dieses aber noch nicht vollends eingeführt      chungen. Im Sinne eines robusten Bauens
ist, wird jetzt umso wichtiger, dass die Potsda-   ermöglicht Potsdam ferner in den Gebäude-
mer Genehmigungsbehörden als aktive Partner        klassen 4 und 5 sichtbare Konstruktionen, um
der Holzbauunternehmen konstruktiv an Inno-        auf kosten- und ressourcenintensive Gipsbe-
vationen in der Produktentwicklung mitwirken,      kleidungen verzichten zu können. Ein durch
indem gemeinsam an genehmigungsfähigen             den Holzbaukoordinator eigens einberufener
spezifischen Lösungen gearbeitet und diese         „Expertenkreis Brandschutz im Holzbau“ wird
abgestimmt werden.                                 die Genehmigungsbehörden ergänzend fach-
                                                   lich beraten. Potsdam wird seine Erfahrungen
Ein Weg können die gemeinsame Entwicklung          mit der Obersten Landesbaubehörde teilen
von Typenprojekten mit Typenbaugenehmi-            und auf die Entwicklung eines praxisnahen
gungen sein, z. B. für Aufstockungen des WBS       bauordnungsrechtlichen Rahmens hinwirken.
70, die nur bei hoher Wiederholungsanzahl
wirtschaftlich werden.

                                                                                                  15
5.
INTEGRIEREN
Potsdam fördert eine
spezifische Holzbau-
Vergabestrategie                                         liche Vergabeverfahren voneinander getrennt
                                                         werden. Ziel sollte es sein, den gesamten
                                                         Planungs- und Abwicklungsprozess zu syn-
                                                         chronisieren und Know-How Verluste während
                                                         der Planungs- und Bauphase zu vermeiden,
                                                         z. B. durch kompetente Planungsteams für
                                                         eine integrale Planung aus Tragwerk, Kon­
                                                         struktion, Technische Gebäudeausrüstung und
                                                         Architektur. Potsdam ist sich darüber bewusst,
                                                         dass aufgrund unterschiedlich ausgeprägter
                                                         Holzbaukompetenz der Architekturbüros die
                                                         ausführenden Firmen bereits ab Leistungs-
                                                         phase 3 eingebunden sein sollten und sich die
                                                         damit erforderliche Verlagerung von Planungs-
      DIE Landeshauptstadt Potsdam setzt sich für        leistungen in die frühen Leistungsphasen auch
      eine holzbaugerechte Planungskultur ein und        in der Honorierung wiederfinden muss.
      leistet einen aktiven Beitrag zu einem Para-
      digmenwechsel in Städtebau und Architektur.        Insbesondere bei serieller Vorfertigung in
      Daran wirkt sie als Bauherrin und Vergabestelle    Holzbauweise zieht Potsdam die General-
      aktiv mit und nutzt ihre Spielräume bei der Aus-   unternehmer/-übernehmer-Vergabe (GU-/
      schreibung und Vergabe.                            GÜ-Vergabe) in Erwägung um so noch mehr
                                                         Planungs-, Kosten- und Terminsicherheit zu er-
      Bei der Grundstücksvergabe nutzt die Lan-          langen. Bei dieser Vergabeart entwickeln Bie-
      deshauptstadt Potsdam das Instrument der           tergemeinschaften aus einem Architekturbüro,
      Konzeptvergabe und setzt bei der Auswahl der       einem Unternehmen der Projektentwicklung
      Konzepte einen Schwerpunkt auf den Beitrag         und einer Holzbaufirma als GU gemeinsam die
      zum klimagerechten Bauen und auf Nachhaltig-       Entwurfsplanung unter Nutzung eines digita-
      keitskriterien, um private Bauherrnschaften        len Planungstools (z. B. Building Information
      zum Bauen mit Holz oder anderen nachhaltigen       Modelling – BIM) und schaffen damit eine sehr
      Bauweisen zu motivieren.                           gute Grundlage für die Ausführungsplanung
                                                         des Projekts, da das Holzbausystem bereits
      Für den Holzbau ist die Zusammenarbeit von         ein wesentlicher Bestandteil der Entwurfs-
      Architektur, Technischer Ausrüstung und Bau-       planung ist. Architekturbüro und Holzbaufirma
      konstruktion von enormer Bedeutung. Somit          greifen damit von Beginn an auf ein abge-
      sind die Gewerke von der Wettbewerbsphase          stimmtes digitales Gebäudemodell zurück,
      bis zur Ausführungsphase integral miteinander      das verlustfrei in die Werkplanung überführt
      verbunden und sollten nicht durch unterschied-     wird.

16
6.
                                                                 VORMACHEN
DER Kommunale Immobilien Service (KIS)
und die ProPotsdam leisten bereits jetzt mit                     Potsdam schreitet bei
                                                                 eigenen Vorhaben mit
hybriden Bauformen einen Beitrag. Schon die
bewusste Auswahl von Materialien mit Blick auf
ihren ökologischen Fußabdruck, ihre Robust-
heit, ihre technischen Anforderungen und ihre                    gutem Beispiel voran
Nutzungsintensitäten ist nachhaltig. Holz in
Kombination mit modularer Bauweise und in
serieller Herstellung wirkt zudem material-
                                                                 Kommunaler Immobilien
reduzierend, zeitsparend und kosteneffizient.                    Service (KIS) und ProPotsdam
Die beiden Potsdamer Protagonisten schreiten
mit gutem Beispiel voran, indem sie nachhaltig
bauen und damit den Anspruch der Landes-
hauptstadt Potsdam höchst selbst einlösen.
Bei öffentlichen Bauten setzt Potsdam ver-
stärkt auf Holzbau und überprüft alle laufenden
Planungen auf Holzbaufähigkeit und Kreislauf-
gerechtigkeit.

Der KIS baut nachhaltig                               Die ProPotsdam baut nachhaltig
Der KIS baut zukünftig vorwiegend mit nach-          Der Neubau von Wohnungen und die Sanie-
haltigen Baustoffen, u. a. mit Holz. Dies gilt für   rung sind wichtig für Potsdam. Die ProPots-
den Neubau sowie für Bestandssanierungen.            dam baut zukünftig vorwiegend mit nachhal-
Ab 10 Mio. EUR Investitionssumme wird jedes          tigen Baustoffen, u. a. mit Holz. Anhand von
Projekt des KIS in einer Nachhaltigkeitsklasse       zwei bis drei durchgeführten Projekten wird
umgesetzt und z. B. nach den Richtlinien der         die Machbarkeit untersucht (Neubau und Auf-
Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen        stockungen von Bestandsgebäuden WBS70).
DGNB e.V. zertifiziert.                              Sollten die Rahmenbedingungen weitere
                                                     Projekte nur schwer umsetzbar machen, wird
Der Verwaltungscampus wird zum Pilotprojekt          dies transparent dargestellt. Überdies werden
für den Holzbau sowohl im Neubau als auch in         Vorschläge unterbreitet, mit denen die Voraus-
der Sanierung. Das Bauhaus der Erde gGmbH            setzungen für ein nachhaltiges Bauen geschaf-
begleitet das Projekt.                               fen werden.

                                                     Die ProPotsdam setzt sich gemeinsam mit
                                                     der Landeshauptstadt Potsdam beim Land
                                                     Brandenburg dafür ein, dass die Förderbedin-
                                                     gungen des sozialen Wohnungsbaus auch den
                                                     Holzbau und die Verwendung anderer nach-
                                                     haltiger Baustoffe ermöglichen, auch wenn
                                                     dadurch Mehrkosten entstehen.

                                                                                                      17
7.                                                      Das Quartier soll eine Kraft aus städtebau-
                                                        licher Setzung und qualitativ hochwertigen
                                                        Projekten erhalten und über mindestens eine

ERPROBEN                                                Generation als Vorbild wirken. Die Themen
                                                        „Kreislaufwirtschaft und Lebenszyklus“, „ein-
                                                        fach Bauen“ und „nutzungsneutrale Hülle“
                                                        sind Grundziele. Eine Kooperation mit der
Einfach machen –                                        Bauhaus der Erde gGmbH und eine EU-Förde-

der Schlaatz
                                                        rung als ein Zukunftsprojekt des New Euro-
                                                        pean Bauhaus könnten ergänzend Wirkung

und Krampnitz                                           entfalten. Der Wert des Bodens und die Eigen-
                                                        tumsverhältnisse werden einbezogen.

als Reallabore                                          Die Maßnahmen werden in einem Mix von
                                                        Akteuren umgesetzt (Kommunen, Genossen-
                                                        schaften, Baugruppen, Investorenschaften,
                                                        Bauindustrie). Die Umsetzung erster ausge-
                                                        wählter Holzbau-Wohnprojekte kann nach § 34
                                                        BauGB erfolgen, während parallel ein Be-
                                                        bauungsplanverfahren die weiteren Projekte
      VIELE reden vom Holzbau, und große Hoffnun-       baurechtlich ermöglicht.
      gen werden in Bezug auf CO2-Neutralität und
      Nachhaltigkeit in diese Technologie gesetzt.      Reallabor Entwicklungsgebiet
      Allerorten werden Gebäue in Holz geplant und      „Krampnitz“
      einzelne Bauten auch schon realisiert. Doch       Für das Entwicklungsgebiet „Krampnitz“ wird
      sind flächenhaft auf Holzbau ausgerichtete        bei weiteren Planungen der Holzbau ein-
      Vorhaben bislang nur vereinzelt anzutreffen.      geführt werden. Dies bietet die Möglichkeit,
      Potsdam macht zwei seiner Stadtquartiere zu       die Wirkungen des Holzbaus mit „konventio-
      Reallaboren des Holzbaus und entfaltet dort       nellen“ Planungen am gleichen Standort zu
      Vorbildwirkung für ähnlich gelagerte Heraus-      vergleichen. Die Einführung wird gezielt über
      forderungen andernorts. Die Reallabore sind       Grundstücksausschreibungen forciert, indem
      kollaborativ und transdisziplinär aufgesetzt      die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskri-
      und werden wissenschaftlich begleitet. Eine       terien technologische Aspekte und damit der
      Förderung durch das Bundesbauministerium,         Holzbau und andere nachhaltige Bauweisen
      z. B. im Rahmen des Programms Zukunft Bau,        zu einem wesentlichen Auswahlkriterium der
      wird angestrebt.                                  Grundstücksvergabe werden.

      Reallabor Quartier „Am Schlaatz“                  Epizentrum Bauwende
      Ein Pilotprojekt, das vorrangig im Wohnungs-      Die Bauhaus der Erde gGmbH realisiert im
      bau die Typen Neubau, Nachverdichtung, (se-       Jahr 2023 auf dem Gelände der Stiftung
      rielle) Sanierung und Aufstockung abdeckt, soll   Waisenhaus ein Informationszentrum, das
      „Am Schlaatz“ vorbildhaft umgesetzt werden.       selbst Prototyp für zukünftiges Bauen wird.
      Das Projekt erhält zusätzliche Wirksamkeit,       Im Sommer 2023 soll ein „Forschungspavil-
      indem aus dem gewachsenen Quartier die            lon“ als öffentliche Ausstellung für Fragen der
      hochbaulichen Maßnahmen in Holzbauweise           Bauwende eröffnet werden – er könnte früher
      zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten des           Pionier und Ort des Diskurses des Potsdamer
      Baustoffs aufzeigen und indem dem Stadt-          Holzbau-Memorandums werden.
      quartier zugleich behutsam eine neue Schicht
      zeitgenössischen Bauens hinzugefügt wird.

18
UM den Holzbau zu etablieren, sollen Ver-
ordnungen und DIN-Normen auf deren Verein-
fachung untersucht und an einfache Bauwei-
                                                               8.
sen und Rückbaubarkeit angepasst werden.
Viele Rahmenbedingungen können nicht auf                       WEITERDENKEN
kommunaler Ebene den Anforderungen für
einen zukunftsweisenden Holzbau angepasst
werden. Für einen signifikanten Wandel im                      Potsdam
                                                               ergreift Initiative
Holzbau sind Gesetze, Verordnungen und
Normen auf Landes- und Bundesebene anzu-
passen. Die Landeshauptstadt Potsdam wird
daher als Kommune die Initiative ergreifen, auf
Landes- und Bundesbehörden einzuwirken,
damit sie die Regelwerke überarbeiten. Dazu
werden die inhaltlichen Vorschläge anderer
Initiativen in Deutschland aufgegriffen und der
Schulterschluss mit dem Landesbeirat Holz          im Prozess, diese in der Landesbauordnung
Berlin-Brandenburg e.V. und weiteren Fach-         zu implementieren – ein Austausch ist hier
verbänden gesucht. Inhaltlich bilden die im        sinnvoll.
Rahmen des Workshops der Holzbau-Initiative
Potsdam erarbeiteten Ergebnisse Ansatzpunkte       Anregungen
für die Überwindung der bestehenden Hürden         • Aufnahme bzw. Besserstellung des Werk-
und der Maßnahmen zur Verbesserung der               stoffs Holz (nachhaltige Baustoffe) in den
planerischen und genehmigungsrelevanten              Förderrichtlinien – geringe/keine CO2-
Rahmenbedingungen – insbesondere mit Blick           Emissionen im Lebenszyklus (Basis ist die
auf Brandschutz und Schallschutz.                    Lebenszyklusbetrachtung mit Ökobaudat)
                                                     als Kriterium für zusätzliche Förderbaustei-
Holzwirtschaft sowie Architekt*innen und Inge-       ne machen
nieur*innen kritisieren die aktuell gültige Mus-   • Architekt*innen für mehr Baukultur und
ter-Holzbaurichtlinie (MHolzBauRL; 2021) als         Akzeptanz frühzeitig in die Prozesse ein-
unpraktikabel und nicht den Stand der Technik        binden
abbildend. So sind Anpassungen notwendig,          • Holzbau und Vorfertigung in die Aus-
um nachhaltigen ungekapselten Holzbau auch           bildung Stadtplanung, Architektur und
in den GK 4 und 5 realisieren zu können Neben        Ingenieurwesen integrieren
den gestalterischen, planerischen und brand-       • Honorarordnung an Holzbau/Vorfertigung
schutztechnischen Hemmnissen gibt es aus             anpassen, Planungsteams und Bauindus-
Sicht der Produktion von Holzbauelementen            trie früher zusammenführen, nicht immer
weitere regulatorische Hindernisse, die auf die      neu zusammenstellen
Realisierbarkeit der Holzbauweise wirken. Es       • Konstante Kommunikation und Wahr-
braucht ein einheitliches Genehmigungsver-           nehmbarkeit des Holzbaus: Aufzeigen
fahren: die MHolzBauRL gilt nur für Standard-        der Vorteile des Holzes in Bezug auf ESG,
bauten, Sonderbauten wie etwa Schulen haben          DGNB, CO2-Bilanz, Ökobilanz, Banken und
jedoch höhere Anforderungen zu erfüllen; die         Finanzierung
hier vorgenommenen Eingriffe sind anders zu        • Forschungsergebnisse und Praxiserfahrun-
kompensieren. Die MHolzBauRL sollte auch auf         gen zum Holz in Bezug auf Lebenszyklus-
Sonderbauten übertragen werden.                      berechnung, Materialeffizienz, CO2-Bin-
                                                     dung, schnelles Bauen, Wirtschaftlichkeit
Eine Lösung kann die Einführung der Gebäude-         und Bauqualität transparent zugängig
klasse E in der Landesbauordnung darstellen.         machen
Die Bayerische Architektenkammer ist derzeit
                                                                                                    19
HOLZBAU-INITIATIVE POTSDAM
                                                           ein fachlicher Diskurs für ein Holzbau-Memorandum

                   Ablauf

     Montag, 22.08.2022     LABOR

        08:45 - 09:30 Uhr   Einlass und Akkreditierung

               09:30 Uhr    Begrüßung und Moderation, Daniel Luchterhandt
                            „Potsdam baut in Holz - nachhaltig und effizient“, Mike Schubert,
                            Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam
                            Begrüßung Bert Nicke, Geschäftsführer ProPotsdam

       10:00 - 10:30 Uhr    Impulsreferate der Moderatorinnen und Moderatoren

                            „Memorandum für die Potsdamer Holzbau-Initiative“
                            Expertenkreise: 6 Thementische mit je einer zentralen Fragestellung aus
                            Politik, Produktion, Bauherrnschaft, Planung, Bautechnik und Verwaltung
                            zur Erörterung unterschiedlicher Aspekte / Herausforderungen an den
                            Holzbau
                            Einwerten der Perspektiven in ein Memorandum

       10:30 - 10:45 Uhr    Einführung in die Methodik und die Fragestellungen

       10:45 - 11:00 Uhr    kleines Frühstück

       11:00 - 11:45 Uhr    Arbeitsphase 1

       11:45 - 12:30 Uhr    Arbeitsphase 2

       12:30 - 13:15 Uhr    Arbeitsphase 3

       13:15 - 14:15 Uhr    Mittagessen

       14:15 - 14:45 Uhr    Arbeitsphase 4

       14:45 - 15:15 Uhr    Arbeitsphase 5

       15:15 - 15:45 Uhr    Arbeitsphase 6

       15:45 - 16:00 Uhr    Kaffee- und Kuchenpause

                            „Ideenbörse“

       16:00 - 17:00 Uhr    Präsentation der Ergebnisse / Erkenntnisse

       17:00 - 19:00 Uhr    Übertragen der Ergebnisse auf konkrete Potsdamer Pilotvorhaben

       19:00 - 19:30 Uhr    Vorstellung der Ideen und Handlungsvorhaben

               19:45 Uhr    Grußwort
                            Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und
                            Bauwesen

               20:00 Uhr    Abendessen

20
20
                                                                                                          2
Dokumentation

                21
Dokumentation

Rückblick

Das Holzbau-Labor am 22. August 2022

Für das Holzbau-Labor kamen etwa 65 Expert*innen in      Teil 2: Worldcafé
der Orangerie der Biosphäre Potsdam zusammen. An         Die Expert*innen diskutierten an den Thementischen
sechs Arbeitstischen zu den Themen Politik, Produk-      für rund 45 Minuten die von den jeweiligen Modera-
tion, Bauherrnschaft, Planung, Bautechnik und Ver-       tor*innen aufgestellten zentralen Fragestellungen zum
waltung und später auf einer 8x8 Meter großen Boden-     Holzbau. Nach dem Prinzip eines Worldcafés, rotierten
plane, die das Potsdamer Stadtgebiet abbildet, sollten   die Expertenkreise anschließend im Uhrzeigersinn von
sie in mehreren Arbeitsphasen eine Grundlage für das     Tisch zu Tisch, sodass alle Expert*innen im Laufe des
Memorandum erarbeiten und konkrete Projektvorschlä-      Werkstatttags Gelegenheit hatten, den Holzbau aus
ge entwickeln.                                           Perspektive aller sechs Themen zu beleuchten.

                                                         Teil 3: Präsentation der Ergebnisse
Teil 1: Begrüßung und Auftakt                            An der das Potsdamer Stadtgebiet abbildenden Bo-
Daniel Luchterhandt empfing die anwesenden Ex-           denplane präsentierten die sechs Moderatorenteams
pert*innen und führte in die Veranstaltung ein. Nach     im Rückblick auf das Worldcafé die Ergebnisse ihrer
einführenden Grußworten von Oberbürgermeister Mike       Thementische. Danach berichteten Sandra Jacob
Schubert und dem Geschäftsführer der ProPotsdam          (ProPotsdam GmbH) und Jeannette Hanko (Kommuna-
Bert Nicke stellten die sechs Moderatorenteams der       ler Immobilienservice KIS) über Projekte in Holz- oder
jeweiligen Thementische die aus ihrer Sicht bestehen-    Holzhybridbauweise, die bereits in Potsdam in Planung
den Hindernisse und Herausforderungen des Holzbaus       sind, und verorteten sie anhand von Fähnchen auf der
vor, bevor Daniel Luchterhandt die Vorgehensweise der    Bodenplane. Anschließend fanden sich die Experten-
Arbeitskreise erläuterte und die Expert*innen an ihre    kreise in durchmischter Zusammensetzung erneut an
Thementische entsandte.                                  den Arbeitstischen ein, wo sie anhand der Ergebnisse
                                                         konkrete Potsdamer Pilotvorhaben entwickelten und
Thementisch Politik:                                     diese an Fähnchen anbrachten. Diese fanden ebenfalls
Ricarda Budke und Dr. Jörg Lippert                       auf der Bodenplane Verortung, wo sie vorgestellt und er-
Thementisch Produktion:                                  läutert wurden. Die Projektvorschläge waren sowohl als
Hendrik Reichelt und Peter Münn                          Empfehlung an den Oberbürgermeister Mike Schubert
Thementisch Bauherrnschaft:                              als auch als Forderung an die Bundesregierung adres-
Sandra Jacob und Gregor Heilmann                         siert, die zum Ende der Veranstaltung von Bundesbau-
Thementisch Planung:                                     ministerin Klara Geywitz vertreten wurde. Ihr Grußwort
Prof. Amandus Samsøe Sattler und Michael Ziller          schloss letztlich das Holzbau-Labor ab, bevor Daniel
Thementisch Bautechnik:                                  Luchterhandt sich bei den Expert*innen für ihr reges
Prof. Eike Roswag-Klinge und Prof. Volker Schmid         Engagement bedankte und die Anwesenden verabschie-
Thementisch Verwaltung:                                  dete.
Petra Rinnenburger und Erik Wolfram

22
23
Dokumentation

Thementisch Politik

Wie können Holzbauprojekte
aus Sicht der Politik künftig besser gelingen?

Fachkompetenz & Vernetzung                                 Die Holzbaukonferenz hat gezeigt, dass gerade aus
Aufgrund der jahrzehntelangen Abkehr vom Holzbau im        Sicht der Politik Notwendigkeit einer ganzheitliche-
Geschosswohnungsbau sind die Fachkompetenz und             ren Betrachtung von Bauvorhaben sowie einer breiten
die Qualifikationen der Vielzahl von Akteur*innen stark    Aufklärung der Gesellschaft über die Notwendigkeit
optimierungsbedürftig. Dies betrifft nicht nur das Agie-   von ressourcenschonendem und ökologischem Bauen
ren im eigenen Arbeits- bzw. Verantwortungsbereich,        besteht. Zudem sollten folgende Aspekte besondere
sondern insbesondere auch das Zusammenwirken der           Beachtung finden:
Beteiligten auf Basis der Komplexität des Handelns und     • Kosten und Kostentragung (in Verbindung mit För-
der resultierenden Wirkungen.                                   derung bzw. deren Weiterentwicklung, Betrachtung
                                                                der gesamten Ökobilanz, Verbindung von sozialen
Neben dem Ausbau von Qualifikationsmöglichkeiten                und ökologischen Aspekten)
und Weiterbildungen ist auch der Aspekt der Vernet-        • Vergaberechtsanpassung
zung als Lösungsansatz zu beachten. Teils fehlen noch      • Materialverfügbarkeit
konkrete Orte, um den nötigen Know-How-Transfer            • Baurechtanpassung (insbesondere Genehmigungs-
gezielt voranzubringen, daher ist die Einrichtung eines         verfahren und Zulassungen)
Kompetenzzentrums oder einer Fachstelle für Holzbau        • Fachkräftemangel
in Brandenburg oder Potsdam denkbar, wenngleich sich       • Aus- und Weiterbildung
ein Spannungsfeld zwischen der nötigen Bündelung des       • Erfahrungsaustausch zu Praxiserfahrungen und Ver-
Wissens und der Schaffung weiterer (möglicherweise              netzung der Akteur*innen
doppelter) Strukturen auftut. Inwieweit bestehende         • objektive Entscheidungsabwägung sowie breite und
Strukturen, beispielsweise das sich gerade im Aufbau            intensive Kommunikation
befindende Bauhaus der Erde, einen Beitrag leisten         Die genannten Aspekte sind nicht allein auf kommuna-
können, muss an anderer Stelle weiterentwickelt wer-       ler Ebene zu bewältigen bzw. zielorientiert ausrichtbar.
den.                                                       Auch auf Bund- und Länderebene müssen die Rahmen-
                                                           bedingungen und Umsetzungsprozesse angepasst und
Absicherungsmentalität                                     dynamisiert werden, um den Holzbau wirklich voran-
Die in der Gesellschaft weit verbreitete Absicherungs-     zubringen. Hier ist es auch an der Stadt Potsdam, sich
mentalität stellt eine große Hemmschwelle für den          bei Bund und Land für bessere Rahmenbedingungen
Holzbau dar. Gerade bei relativ unkonventionellen          einzusetzen.
Bauweisen werden die Verantwortlichen durch Haftung
und mitunter auch durch Schuld in eine Art „Hosenträ-      Aktivitäten wie die Holzbau-Initiative Potsdam können
ger-Gürtel-Methode“ getrieben. Dadurch erfahren die        Musterbeispiele für Best Practice sein, die aus der
Schutzziele häufig Vorrang vor nachhaltigen Ansätzen.      Praxis Eingang in den Rechts- und Handlungsrahmen
Ein erheblich höherer Aufwand und höhere Kosten so-        finden können. Daher wird die Einführung einer Task
wie reduzierte Tätigkeiten sind die Folgen.                Force Holzbau Potsdam vorgeschlagen, die sowohl eine

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Dokumentation

beratende Funktion innehaben als auch in der Ent-       Nutzungen:
wicklung und Umsetzung konkreter und zielorientierter   Zuständig und nutzbar für das gesamte Stadtgebiet der
Entwicklungs- und Handlungskonzepte zum Einsatz         Landeshauptstadt Potsdam
kommen soll.
                                                        geplante Größe:
Steckbrief Task Force Holzbau Potsdam                   idealerweise bestehend aus einem Bürobereich für
                                                        mindestens 2-3 Personen plus ein Besprechungsraum
Ort:                                                    sowie ggf. auch eine Art Ausstellungsraum
Im Rathaus Potsdam agierend, als Schnittstelle zwi-
schen diversen Projektakteuren sowie Politik und Ver-   mögliche Projektführung:
waltung                                                 wählbar aus dem Geschäftsbereich 4, Stadtentwick-
                                                        lung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt, der Landeshaupt-
Ziele und Maßnahmen:                                    stadt Potsdam
• Entwicklung eines zielorientierten Entwicklungs-
    und Handlungskonzepts
• Anwendung/Entwicklung eines lokalen/kommu-            aufgezeichnet von
    nalen Bilanzierungstool für die nachhaltige Wirk-   Dr. Jörg Lippert und Ricarda Budke
    samkeit des Holzbaus (auf Basis des Masterplans
    Klimaschutz) sowie eines darauf aufbauenden
    einheitlichen Zertifizierungssystems
• Festlegung von Regel-Details und Musterlösungen
    auf Basis von Best-Practice-Erfahrungen
• Nutzung der Holzbau-Initiative als Sogwirkung für
    die Fachkräftesammlung
• Aus- und Weiterbildungsangebote für die Verwal-
    tung, den Kommunalen Immobilienservice und
    kommunale Unternehmen
• Forcierung von Konzeptvergaben in öffentlichen
    Ausschreibungen
• Musterprojekt: Integration des Holzbaus in den
    Masterplan Schlaatz 2030
• Evaluierung von weiteren Holzbauprojekten
• Wissenstransfer aus der Praxis in die Verwaltung
    und die Stadtverordnetenversammlung
• Abgabe von Handlungsempfehlungen von kommu-
    naler Ebene auf Landes- und Bundesebene

                                                                                                             25
Dokumentation

Thementisch Produktion

Wie können Holzbauprojekte
aus Sicht der Produktion künftig besser gelingen?

Maßnahmen zur Optimierung von Ausschreibungsver-          schreibungsverfahren aufbauend auf den existierenden
fahren für Holzbauprojekte                                gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Bauwesen im
Der moderne Holzbau zeichnet sich durch die Produk-       Rahmen der gültigen nationalen Honorar- und Vergabe-
tion von Bauelementen im Werk des Holzbauunter-           ordnung anpassen lassen, untersuchte das europäische
nehmens mit einem hohem Vorfertigungsgrad aus. Die        Forschungsprojekt Leanwood (Ergebnisse unter www.
mit der Vorfertigung verbundenen Vorteile liegen in der   leanwood.eu). Danach wäre eine Variante, die Material-
Wirtschaftlichkeit und der gegenüber konventionellen      wahl Holz bei der Ausschreibung vorzugeben und die
Bauweisen höheren Qualität bei gleichzeitig geringeren    Systemwahl offen zu lassen, wobei der hohe Vorferti-
Maßtoleranzen. Diese vorgefertigte Bauweise erfordert     gungsgrad als Teil der Lösung in die Bewertung einflie-
aber bereits in der Planungsphase eine Berücksichti-      ßen sollte. Der Wettbewerb wird als interdisziplinärer
gung der Fertigung der Bauelemente, deren Transport-      Planungswettbewerb konzipiert, um das Planungsteam
logistik und deren Montage.                               aus Architekt*innen und Fach- und Sonderplaner*innen
                                                          von Beginn an zu vereinen und gleichzeitig alle für den
Die konventionellen Bauweisen, deren Kennzeichen vor      vorgefertigten Holzbau wichtigen Planungsthemen in
allem die Vor-Ort-Fertigung des Baukörpers ist, prägen    den frühen Entwurfsphasen zu klären.
seit Jahrzehnten Gesetzgebung, Ausschreibungen und
Projektablauf. Für einen störungsfreien Planungs- und     Digitale Lösungen etablieren
Bauablauf ist bei allen vorgefertigten Bauweisen die      Um dem Potential des Holzbaus gerecht zu werden,
übliche Projektorganisation mit den voneinander losge-    Gebäude aus Holz nachhaltig, Ressourcen schonend
lösten Schritten Planung, Ausschreibung, Fertigung und    und in höchster Qualität in kurzer Bauzeit zu errichten,
Montage eine große Herausforderung. Oft wird die Holz-    müssen die architektonische Planung und die Ausfüh-
baukompetenz zu spät oder gar nicht in den Planungs-      rungsplanung in einem digitalen aufeinander aufbauen-
prozess eingebunden. Den meisten Architekt*innen          den Planungsprozess erstellt werden. Derzeit zeigt die
und Ingenieur*innen fehlt relevantes Wissen für eine      Praxis, dass bei der Planung eines Holzbaus nach dem
holzbaugerechte Ausführungsplanung.                       bisherigen, klassischen Leistungsphasenmodell gemäß
                                                          HOAI bei jedem Übergang in die nächste Leistungspha-
Um diesem Umstand entgegenzuwirken, sollte eine           se ein erheblicher Datenverlust über die Schnittstellen
Person mit Holzbauexpertise frühzeitig in die Planung     passiert.
eingebunden werden. Dies ist in den gängigen Aus-
schreibungsmodellen jedoch nicht vorgesehen. Ein          Die Schnittstellen zwischen Architektur und Ingenieur-
öffentlicher Bauherr ist an die nationalen – bei größe-   programmen sind oft nicht ausreichend ausgebildet, ein
ren Vorhaben auch an die europäischen – Vergabericht-     Verlust an Daten ist daher häufig unvermeidbar. Diese
linien gebunden, denen die Grundsätze der Wirtschaft-     Datenverluste in den Schnittstellen verursachen unnö-
lichkeit, der Transparenz, des Wettbewerbs und der        tige Kosten und verzögern den gesamten Planungs- und
Gleichbehandlung zugrunde liegen. Wie sich Aus-           Abwicklungsprozess erheblich.

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Dokumentation

Eine Möglichkeit, diesen Verlust an Daten zu verhin-         Eine erhebliche Erschwernis für Holzbauunternehmen
dern, wäre die Ausschreibung eines Holzbauprojekts           ergab sich mit den Änderungen der Musterverwal-
als GU/ GÜ-Vergabe, während Bietergemeinschaften             tungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV
aus Architekt*innen, Projektentwickler*innen und             TB 2020-2). Hier vollzog die Bauministerkonferenz die
einer Holzbaufirma als GU für eine Entwurfsplanung           nicht begründete Streichung von Bauarten nach Kapitel
eingeladen und die Nutzung digitaler Planungstools           A 2, lfd. Nr. A 2.2.1.4 (also feuerwiderstandsfähige Bau-
(BIM) vorgegeben würden. Der aus dem Wettbewerb              teile in Massivholzbauweise, Außenwandbekleidungen
hervorgehende Gewinner mit dem besten Entwurf hätte          aus Holz und Holzwerkstoffen nach Muster-Richtlinie
dann eine sehr gute Grundlage für die Ausführungs-           über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile
planung des Projekts, da das Holzbausystem bereits           und Außenwandbekleidung in Holzbauweise – M-Holz-
ein wesentlicher Bestandteil der Entwurfsplanung wäre.       BauRL:2020-10) aus der Liste der Bauarten nach MVV
Architekt*innen und Holzbaufirma hätten somit von            TB, C 4, lfd. Nr. C 4.1 und C 4.2. Mit dieser Streichung
Beginn an ein abgestimmtes digitales Gebäudemo-              kann es für Bauteile nach MHolzbauRL keine allgemei-
dell entwickelt, das sie verlustfrei in die Werkplanung      nen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisse (abP) mehr geben.
überführen könnten. Das Gebäudemodell könnte in der          Die Inhaber solcher bislang anwendbaren abP müssen
Ausführungsplanung mit Informationen gefüttert wer-          die Umwandlung der abPs in allgemeine Bauartgeneh-
den, sodass weitere Leistungen wie die TGA- und Land-        migung (aBG) in die Wege leiten. Für die Erteilung einer
schaftsplanung über kollisionsprüfungsfähige Systeme         aBG veranschlagt das Deutsche Institut für Bautechnik
eingebunden würden. Zusätzlich wäre es möglich, die-         (DIBt) derzeit etwa drei Jahre. Mit zunehmender Zahl
ses Modell in eine As-built-Dokumentation mit Material-      von Anträgen könnte sich diese Zeitspanne u.U. auch
kataster überzuführen. Somit könnte auf einfache Weise       noch verlängern. Es entstehen zudem die bereits oben
ein digitaler Gebäuderessourcenpass erstellt werden.         genannten Probleme mit der Ausstellung von aBGs, die
                                                             auf nur in einigen Bundesländern gültigen Anforderun-
Weiteres Optimierungspotential liegt im digitalen            gen basieren.
Genehmigungsprozess. Dafür sollten in den Genehmi-
gungsbehörden die notwendige und leistungsfähige             In der Folge müssen für viele Bauvorhaben zwischen-
Infrastruktur aufgebaut sowie ein geeignetes digitales       zeitlich vorhabenbezogene Bauartgenehmigungen
Bauantragsverfahren entwickelt und eingeführt werden.        (vBG) erstellt werden. Die Erteilung zahlreicher vBGs
                                                             dürfte die Bauaufsichtsbehörden der Länder erheblich
Vereinfachungen von Verwaltungsvorschriften und              belasten und zu Verzögerungen bei der Planung sowie
Richtlinien für den Holzbau                                  nicht unerheblichen Mehrkosten bei den Unternehmen
Holzwirtschaft sowie Architekt*innen und Ingenieur*in-       führen. Den Prüfsachverständigen ist zudem oft nicht
nen kritisieren die aktuell gültige Muster-Holzbaurichtli-   klar, was sie im Falle einer vBG zu prüfen haben.
nie (MHolzbauRL; 2021) als unpraktikabel und nicht den
Stand der Technik abbildend (Hinweise zur MHolzbauRL         Die Lösung der aktuell verfahrenen Situation obliegt
siehe unten). Neben den gestalterischen, planerischen        der Bauministerkonferenz (ARGEBau) sowie dem DIBt.
und brandschutztechnischen Hemmnissen gibt es aus            Die ARGEBau sollte abPs als Ergänzung zur MHolzbauRL
Sicht der Produktion von Holzbauelementen weitere            zulassen und verfügen, dass Anwendbarkeitsnachweise
regulatorische Hindernisse, die auf die Realisierbarkeit     wie aBGs produktneutral für alle normierten Bauteile
der Holzbauweise wirken:                                     gelten. Das DIBt sollte die Verfahren für aBGs beschleu-
                                                             nigen. Die ARGEBau bzw. infolge die Bauministerien der

                                                                                                                    27
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