61 50 Jahre Aquakulturforschung in Born - Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei 61 50 Jahre Aquakulturforschung in Born Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei
IMPRESSUM Herausgeber Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern Dorfplatz 1/OT Gülzow • 18276 Gülzow-Prüzen Telefon: 03843/789-0 Fax: 03843/789-111 poststelle@lfa.mvnet.de www.lfamv.de Redaktionskollegium Dr. P. Sanftleben, Dr. K.-U. Katroschan, Dr. H. Heilmann, G.-M. Arndt Die Verantwortung für die Beiträge liegt bei den Autoren. Redaktionelle Betreuung Dr. Ralf Bochert Titelfoto LFA, Institut für Fischerei Gestaltung/Realisierung www.tangram.de, Rostock Druck Landesamt für innere Verwaltung Mecklenburg-Vorpommern, Druckerei der Landesregierung, Schwerin ISSN 1618-7938 Gülzow, Mai 2019 Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern unentgeltlich abgegeben. Sie ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerberinnen/Wahlwerbern oder Wahlhelferinnen/Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zweck der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen sowie für Wahlen zum Europäischen Parlament. Miss- bräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen und an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahl- werbung. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift der Empfängerin/dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landes- regierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Die Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei sind auch über die Internetseite www.lfamv.de erhältlich.
50 Jahre Aquakulturforschung in Born VORWORT Liebe Leserinnen und Leser, 50 Jahre lang liefert die Forschungsanlage Born nun schon Forschungsergebnisse für die Fischereipraxis. Wenn das kein Anlass ist, über ihre Arbeit in würdiger Weise in Form einer Sonderausgabe zu informieren! Im vorliegenden Sonderheft präsentiert die Landes- forschungsanstalt MV nun die historische Entwick- lung der Forschungsanlage auf dem Darß, gibt einen Überblick über die wissenschaftlichen Erfolge und beschreibt die aktuellen Forschungsschwerpunkte im Dienste einer nachhaltigen Fischproduktion. Mit 1,3 Mio. t Aquakulturerzeugnisse werden jährlich nach dem Betrieb in Born verbindet sich eine wechselvolle Deutschland eingeführt. Das ist ein riesiger Markt, an Geschichte. Als im Jahr 1968 die Entscheidung für dem Mecklenburg-Vorpommern partizipieren kann. eine Aquakulturforschung fiel, wurde der Grundstein In Mecklenburg-Vorpommern werden derzeit aber am Standort Born gelegt. Vorausgegangen waren seit lediglich 1.300 t Fisch pro Jahr in Aquakultur aufge- 1965 erfolgreiche Kleinversuche von Mitarbeitern des zogen. „Volkseigenen Betrieb Fischwirtschaft Bezirk Rostock“ mit Aalen. „Aal“ war damals ein Zauberwort, das in Es ist jedoch der erklärte Wille der Landesregierung, seinem Stellenwert fast mit „Devisen“ gleichzusetzen den Ausbau der nachhaltigen Aquakultur voran- war. Vom ursprünglichen Konzept wurde jedoch zutreiben und den Anteil der Eigenversorgung mit bereits zwei Jahre später Abstand genommen und Fisch zu erhöhen. Für Mecklenburg-Vorpommern die Forschung auf die Sicherung der zukünftigen als gewässerreichstes Bundesland ist die Aquakultur Brackwasserfischzucht fokussiert. Daraus ging bei- in meinen Augen eine zukunftsweisende Technolo- spielsweise die viel beachtete BORN-Forelle hervor. gie. Angesichts des steigenden Bedarfs an Fisch und Es gelang, regional heimische Fische mit einer hohen gleichzeitig weltweit zurückgehender Fischbestän- Anpassung an warme Wassertemperaturen zu selek- de in den Meeren und Binnenseen kommt ihr eine tieren. wachsende Bedeutung bei der Versorgung unserer Bevölkerung mit hochwertigen Lebensmitteln zu. Seit 1992 wird die Arbeit in der Landesforschungs- Die kontrollierte Aufzucht von Fischen oder Meeres- anstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklen- tieren bietet so unserer Fischerei zusätzliche wirt- burg-Vorpommern weitergeführt. Die zentrale Auf- schaftliche Entwicklungsmöglichkeiten. Die Zander- gabe, zukunftsfähige Produktionsverfahren im zucht in Hohen Wangelin oder die Garnelenfarm in Bereich Aquakultur zu entwickeln, ist geblieben. Die Grevesmühlen sind bereits hervorragende Beispiele angewandte Forschung beschäftigt sich intensiv mit für hochwertige Produkte aus der Aquakultur unseres regionalen Anpassungen und erarbeitet Empfehlungen Landes. für eine nachhaltige und tierwohlgerechte Praxis. Der Forschungsschwerpunkt zahlreicher Projekte liegt auf Ich bin mir sicher, die Anlage in Born wird ihren Bei- der nachhaltigen Kreislauftechnologie in der Aqua- trag leisten, dass wir auf diesem Weg weitergehen. kultur. Kreislaufanlagen schonen Wasserressourcen, sind witterungsunabhängig und kommen gänzlich ohne Antibiotika aus. Leider führt die Aquakultur in Deutschland immer noch ein Schattendasein. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Fisch liegt in Deutschland bei rund 15 kg im Dr. Till Backhaus Jahr. Die Aquakultur deckt davon etwa ein Vier- Minister für Landwirtschaft und Umwelt tel ab. Das erfolgt zum großen Teil durch Importe. Mecklenburg-Vorpommern Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019 3
50 Jahre Aquakulturforschung in Born INHALT Historie der Anlage Born ......................................................................................................................................................................................................6 Dr. Ralf Bochert, Dr. Eckhard Anders 50 Jahre Wissenschaft in Born .......................................................................................................................................................................................20 Dr. Eckhard Anders, Dr. Ralf Bochert Wiederherstellung der Bestände des Baltischen Störs ................................................................................................................................30 Gerd-Michael Arndt, Stefan Herper, Daniel Genz, Steffen Schulz, Lutz Krenkel, Dr. Ralf Bochert, Dr. Jörn Gessner, Dr. Eckard Anders Das Meerforellenprojekt des Landes Mecklenburg-Vorpommern .....................................................................................................44 Harry Hantke, Gerd-Michael Arndt Meilenstein BORN-Forelle..................................................................................................................................................................................................53 Dr. Eckhard Anders, Dr. Ralf Bochert Der Zander – eine Art zur Diversifizierung der Aquakulturproduktion in Kreislaufanlagen.............................................64 Dr. Tobias Rapp, Marcus Stüeken Regionale Fischproduktion aktuell – Ostseeschnäpel .................................................................................................................................73 Dr. Ralf Bochert Flussbarsch regional: Forschungen in der Versuchsanlage Born a. Darß........................................................................................79 Frederik Buhrke, Dr. Ralf Bochert, Andreas Tielebier Ein neues Forschungsprojekt für die Aquakultur: die Weissfußgarnele Penaeus vannamei .............................................91 Dr. Alexandra Segelken-Voigt Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019 5
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Historie der Anlage Born History of the research station in Born Dr. Ralf Bochert, Dr. Eckhard Anders Abstract: This article describes the development of the research station Born during its 50 years history from 1969 to 2019. The early history was described by historical documents and photographs. More than 100 employees are documented for the research station. The membership changed several times during built the history. During recent years a lot of EU financed projects were done. Several foreign sites were build and used for further practical research. Vor 50 Jahren, im Herbst 1969, wurde die Versuchsanlage Born feierlich eröffnet. Vorausgegangen waren er- folgreiche Kleinversuche seit 1965 von Mitarbeitern des „Volkseigenen Betrieb (VEB) Fischwirtschaft Bezirk Rostock“ mit untermaßigen Aalen, die in Käfigen innerhalb eines Sommers zu Speiseaalen herangezogen wer- den konnten. Das in Bau befindliche Kernkraftwerk in Lubmin ließ mit seinen anfallenden Kühlwässern eine günstige Überführung der Versuchsergebnisse in die Praxis erhoffen. Die Vorstellung dieses Projektplanes auf der Ostseemesse 1968 in Rostock weckte bei seinem Rundgang auf der Messe das Interesse von Walter Ulbricht. „Aal“ war ein Zauberwort, das in seinem Stellenwert fast mit „Devisen“ gleichzusetzen war. Beides zusammen setzte bürokratische Hürden außer Kraft, sodass zügig mit der Umsetzung des Planes begonnen werden konnte. Von der SED-Bezirksleitung Rostock wurde entschieden, bereits im Jahre 1969 zum großtechnischen Versuch überzugehen. Die technischen Voraussetzungen sollten durch den Bau einer Versuchsanlage geschaffen werden (SCHENK und SCHLUMPBERGER, 1970). Abb. 1: Originale Pläne der geplanten Versuchsanlage von 1968 mit geplantem Wirtschaftsgebäude (1) am heutigen Hafen, Steganlage (2) und 250 Gehegen (3). Hauptgebäude der Versuchsanlage (4) mit Störteich, Hafenkanal, KWA I-III, Pumpenhaus und Warmwasserhalle auf dem „Mikrostandort“ 6 Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Viele Fragen zum geplanten Verfahren waren noch offen und es waren insofern weitere Versuche in produktions- relevanten Größenordnungen erforderlich. Nach eingehenden Untersuchungen der See- und Küstengewässer durch den VEB Fischwirtschaft wurde das Gebiet am Koppelstrom zum Makrostandort erklärt und auf Grund der vorliegenden hydrobiologischen und hydrografischen Bedingungen für geeignet befunden. Da auch die Kleinversuche in Born durchgeführt worden waren, das Boddenwasser an diesem Standort den Lubminer Be- dingungen ähnelte und das Kraftwerk in Lubmin noch Jahre bis zur Fertigstellung benötigte, wurde der Bau der Versuchsanlage in Born beschlossen. Als einziges geeignetes Baugelände wurde die sogenannte „Borner Ablage“ befunden. Bereits 1968 lagen die Pläne für landseitig ein Wirtschaftsgebäude, einen Steg mit 20 Gehegen und seeseitig 25 Leinen mit jeweils 10 Käfigen im Bodden vor (Abb. 1). Jedoch sollte dann die „Borner Ablage“ als ein Hafen ausgebaut werden und ein Alternativstandort wurde gesucht. Am 23.11.1968 wurden die Flurstücke 132/2 und 143/3 als Mikrostandort wegen ihrer zentralen Lage zur seeseitigen Anlage erklärt (SCHENK und SCHLUMP- BERGER, 1970). Aufbaumaßnahme 1969 – Bau einer Aalmastanlage in Born Im Dezember 1968 stellte der VEB Fischwirtschaft den Antrag, gemäß § 1 Abs. 2 der Durchführungsverordnung zum Gesetz über den Aufbau der Städte in der DDR und der Hauptstadt Berlin (Aufbaugesetz vom 07.06.1951) das Gelände (Mikrostandort) in Rechtsträgerschaft zu übereignen. Am 06.12.1968 beschloss die Gemeindevertretung von Born mit der damaligen Bürgermeisterin Pingel, auf Grundlage des Aufbaugesetzes vom 06.09.1950 mehrere Grundstücke zum Aufbaugebiet zu erklären. Eigen- tümer der Grundstücke waren Herr Bruno Stark (Flurstück 143) und Herr Erich Michaelis und dessen Ehefrau (Flurstück 132, 133). Am 09.01.1969 befürwortete der Rat des Kreises Ribnitz-Damgarten die Übereignung des Flurstücks 143 in Volkseigentum. Die Grundstücke sollten nach Entschädigungsgesetz vergütet werden. Das Bezirksbauamt entsprach dem Antrag und erklärte am 17.02.1969 die Fläche zum Aufbaugebiet. Baubeginn war der 28.01.1969 mit dem Erstellen der Baustelleneinrichtung und den Vorbereitungen für das Fundament. Heute befindet sich die Anlage immer noch auf diesen Grundstücksteilen 132/8, 133/1 und 143/4. Die Erschließung des Aalmastbetriebes erfolgte im Januar 1969 durch die Kreisentwurfsgruppe Ribnitz-Dam- garten und wurde am 03.04.1969 von der Staatlichen Bauaufsicht im VEB Landbaukombinat Rostock geprüft. Landseitig war der Bau einer Kaufhalle Typ C III 30 (VEB Metallleichtbaukombinat Halle) angedacht. Dieser noch in der Nullserie befindliche Landkaufhallentyp in Leichtbauweise wurde aus der staatlichen Planung heraus- genommen und räumlich den geänderten Anforderungen einer Forschungsanlage angepasst. Dazu gehörten neben Büro- und Sanitärräumen ein Wasserlabor mit mehreren Kreisläufen für die Fischhaltung, ein Labor für Wasseruntersuchungen, ein großer Kühlraum für die Futterfischhälterung sowie eine Werkstatt. Ein extrem strenger und langanhaltender Winter verzögerte den Bau. Die Montage der Stahlbaukonstruktion erfolgte am 17.03.1969 und erst am 23.09.1969 waren die Dacharbeiten abgeschlossen. Der Innenausbau erfolgte parallel und wurde zur Eröffnung am 06.10.1969 fertiggestellt. Für die Durchführung der Aufzuchtversuche in schwim- menden Gehegen musste ein Hafenbecken ausgehoben werden. Der Kanal und das Hafenbecken als Verbin- dung der land- mit der seeseitigen Anlage wurden vom 30.05.–14.06.1969 gebaut. Die unbefestigte Böschung hielt aber der Belastung durch das laufende Fahren der Boote nicht stand. Um ein Versanden des Hafenbeckens zu vermeiden, wurde 1970 eine Spundwand aus 70 Pfählen eingespült. Die Anlage verfügte über 2 Tiefbrunnen zur Versorgung der sanitären Anlagen. Boddenwasser wurde mittels 2 Pumpen (SK32/3) aus der Boddensaugleitung gefördert. Der Ansaugpunkt im Hafenbecken war ungünstig und musste bereits 1970 wieder verlegt werden. Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019 7
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Als Kernstück wurde das Warmwasserlabor bezeichnet, in dem 8 Stahlbehälter standen (Abb. 2). Zur Hälterung von Fischen, sowohl im offenen als auch im geschlossenen System existierten 8 Stahl- behälter (ca. 3,4 × 1 m, ca. 2,4 m³) (Abb. 3) versorgt über vier Pumpen (WBJ 40/1). Ähnliche Behälter be- finden sich heute im Außenbereich und umfassen die Kaltwasseranlage (KWA) II. Weiterhin gab es einen Aquarienraum zur Hälterung und Beobachtung Abb. 2: Beckenanlage im Warmwasserlabor ca. 1971 mit 36 Aquarien (70 × 45 × 35 cm) und vier Aquarien mit 400 l. Parallel zum Bau der landseitigen Anlage gingen die Versuche im Koppelstrom der Darßer Boddenkette weiter. Geplant war eine Größenordnung von 10 bis 20 t Aale. Das Besatzmaterial wurde, wie auch in den darauffolgenden Jahren, aus den Fängen der Küstenfischereibetriebe zwischen der Wismarer Bucht und dem Achterwasser in Born zusammengeführt. Für die seeseitige Anlage wurde eine ca. 17 ha große Fläche zum Fischereischutzgebiet erklärt. Im Jahre 1969 wurden 250 Aalmastgehege 6 × 2 × 1 m gebaut, 220 kamen in der Mastphase zum Einsatz und 30 waren Reserve (Abb. 3). Den Bau der Gehege übernahmen die eingestellten Mitarbeiter selbst, teilweise in gut bezahlter Feierabendarbeit. Dabei erwies sich die Zusammensetzung der damals Beschäftigten als ein großer Vorteil. Es waren fast ausschließlich ortsansässige Handwerker aus unterschiedlichen Berufen, die zum großen Teil von der Seebaggerei übernommen wurden und über einen reichen, praktischen Erfahrungsschatz verfügten. Zum Betrieb der seeseitigen Anlage standen 6 Stahlboote (Typ Wels), 2 Plasteboote (Typ Hecht, Typ Anka) und 1 Arbeitsboot zur Verfügung. Die Besetzung der seeseitigen Anlage erfolgte vom 28.04.–18.07.1969 mit insgesamt 33,3 t Aal. Ca. 300 kg (30 kg/m³) wurden pro Gehege besetzt. Nach der ersten Sortierung wurde die Besatzmenge halbiert. Abfischung erfolgte zwischen dem 01.10. und 24.11.1969 mit insgesamt 26,6 t Aal (ca. –w25 %). Im Zeitraum von 1970 bis 10.06.1971 wurden weitere Arbeiten an der Außenanlage fertiggestellt. Dazu zählten ein Betonplattenweg, Lichtmasten und das Hafenbecken mit Kanal (Abb. 4). Die Wasserversorgung der Kreis- läufe übernahm ab 1970 ein kleines Pumpenhaus am Boddenrand (Abb. 3). Abb. 3: Blick vom Wachturm Richtung Bodden. Gestapelte Aalmastgehege, Pumpenhaus und die Einfahrt zum Hafenkanal sind zu erkennen, ca.1971. Der Betonplattenweg existiert in Teilen heute noch. Vor den Aalmastgehegen auf Höhe der Betonplatten befindet sich heute die KWA I/II. Auf dem Stellplatz der Aalmastgehege steht heute das Pumpenhaus. Die Stellplätze der Laternen sind noch heute so. 8 Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Thema 1971 „Glasaalaufzucht im Brackwasser“ Aus den Erkenntnissen der kleintechnischen Versuchsserien konnten in den Jahren 1969 und 1970 keine be- friedigenden Produktionsresultate gewonnen werden. Die Großversuche 1969 und in den folgenden Jahren gestalteten sich schwieriger als erwartet. Krankheiten, mangelndes Besatzmaterial und witterungsbedingte Be- treuungsausfälle ließen keine ökonomisch vertretbaren Aufzuchtergebnisse zu. Auch der Zukauf von Glasaalen als Ausgangsmaterial war keine Alternative. Eine Überführung des Verfahrens in die Produktion war noch nicht möglich. Hohe Verluste unter den Brackwasserbedingungen der Anlage in Born und kontinuierlich sinkende Fänge der Tiere an den europäischen Küsten bei explodierenden Weltmarktpreisen zwangen letztendlich zu der Einsicht, das Projekt Aalproduktion am Kernkraftwerk Lubmin aufzugeben. Das Konzept, dass die Anlage Born zugleich Forschungs- und Produktionsbasis sein sollte, musste geändert werden. Von der Produktion sollte gänz- lich Abstand genommen werden und eine Fokussierung auf die Forschung im Bereich der See- und Küstenfischerei erfolgen zur Sicherung der zukünftigen Brackwasserfischzucht. Ein Konzept über die funktionelle Umprofilie- rung der Anlage Born war in Arbeit. Mit der konzeptionellen Umstrukturierung 1971 stand die Frage im Raum: wie kann das Kühlwasser des Kraftwerkes trotzdem für eine Fischproduktion genutzt werden? Im Jahresverlauf war eine Temperaturerhöhung um 10 °C gegenüber dem Boddenwasser zu erwarten. Daraus ergab sich die Möglichkeit, das Winterhalbjahr für eine Forellenproduktion und das Sommerhalbjahr für karpfenartige Fische zu nutzen. Um der neuen Zielstellung gerecht zu werden, wurden zwei Rinnenanlagen (KWA I mit Erweiterung um KWA II) geplant und gebaut, in denen Aufzuchtversuche mit Forellen und verschiedenen Cyprinidenarten durch- geführt werden konnten (Abb. 6). Für die Selektionsarbeiten zur Züchtung eines robusten Forellenstammes, der mit den schwierigen hydrologischen Bedingungen der Küstengewässer besser fertig wurde, kam 1984 noch eine Rundbeckenanlage für die Laichfischhaltung hinzu. Abb. 4: Die letzten Meter für den Durchstich des neuen Abb. 5: In den Gehegeheber wird ein Aalmastgehege „einge- Hafenbeckens zum Bodden 1970 schwommen“. Dahinter befinden sich das errichtete Sortierbecken für Aale und ein Nebengebäude mit Wachturm (heute Standort des Stahllagers), ca.1970. Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019 9
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Ausstattung vor 1981 Einem Schreiben des VEB Fischwirtschaft vom 30.09.1976 ist zu entnehmen, dass die Wasserfassung der Anlage Born sich auf 2 Labore (III und IV) beschränkte. In Labor III gab es eine Kreislaufanlage mit 4 Becken von 1 m³ und eine Aquarienanlage mit 5 Becken von je 0,54 m³. In Labor IV gab es 1 Kreislaufanlage mit 1 Becken von 0,75 m³ und eine Modellkreislaufanlage mit zwei Becken von je 0,3 m³ (ANDERS, 1993). Abb. 6: Blick in die KWA I und KWA II mit den Langstrombecken. Diese wurden 2004/2005 durch neue ersetzt. Die Außenhülle wurde später neu verkleidet. Für die wissenschaftlich-technischen Forschungsaufgaben zur fischereilichen Bewirtschaftung der Küstenge- wässer standen 1981 dann 33 Haltungseinrichtungen mit insgesamt 43 m³ Haltungsvolumen zur Verfügung. Die Wasserversorgung erfolgte über 3 fest installierte Pumpen und 2 mobile Zusatzpumpen. Stündlich wurden ca. 225 m³ in den Durchlauf und in die Kreisläufe gefördert. 125 m³/h davon versorgte ein Brunnenschacht in einem Pumpenhaus über einen Rohrkanal mit Boddenwasser. Die restlichen 100 m³/h lieferten eine freistehende Pumpe und eine mobile Leitung direkt aus dem Bodden in die KWA II. Letztere konnte im Winter nicht betrieben werden. Mitte der 70er-Jahre wurde dann eine Kleinkreislauf- anlage für den Warmwasserbetrieb errichtet. Sie be- stand aus 18 Einzelaquarien (Abb. 7). Abb. 7: Aquarienanlage im Warmwasserlabor, ca. 1976 10 Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Aufbau eines mikrobiologischen Labors nach 1974 Die Erfahrungen mit Fischkrankheiten während der Versuche in Born haben gezeigt, dass die Beherr- schung dieses Problems eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Aquakultur darstellt. Auch das massive Auftreten von Bakteriosen bei der Forellenproduktion in Gehegeanlagen in den Küstengewässern bedurfte einer umfassenden Untersuchung. Im Bezirk Rostock gab es keine Institution, die sich dieses Problems in ausreichendem Maße angenommen hätte. Deshalb wurde durch Umbaumaßnahmen im Jahre 1974 und den Bau eines Nebengebäudes ein mikrobiologisches Labor eingerichtet, in dem bakteriologische Arbeiten möglich waren (Abb. 8). Das Labor verfügte über eine Abb. 8: Biologisch–hydrologisches Labor, ca. 1975 Nährbodenküche und eine Impfkammer (ANDERS, 1993). Wechsel der Zugehörigkeit 1977 Die Überführung des Direktorates Forschung und Entwicklung, zu dem die Versuchsanlage Born gehörte, aus dem VEB Fischwirtschaft Rostock zum Institut für Hochseefischerei im Jahre 1977 brachte durch Eingliederung neuer Kollegen die Möglichkeit, die neuen Aufgaben intensiver zu bearbeiten. Aufbau eines Erbrütungsraums 1978 1978 kam noch ein Erbrütungsraum für die Vermehrung von Regenbogenforellen und anderen Fischarten hin- zu. Dank des „Neuerervorschlags 08/80“ von E. Anders und Herrn Schubert aus dem Jahre 1980 konnten später auch Forelleneier getrennt nach Muttertieren in großer Stückzahl erbrütet werden. Dieses wurde durch den Einsatz von Weinflaschen als Brutgläser möglich (Abb. 9). Abb. 9: Blick in den Erbrütungsraum. Links Zugergläser, rechts Weinflaschen zur Erbrütung umgebaut nach dem „Neuerervorschlag 08/80“, ca.1981 Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019 11
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Versuchsanlage Laichfischhaltung Der Aufbau einer Versuchsanlage Laichfischhaltung war eine im Rahmen der Staatsplanforschung am Standort Born zu realisierende Aufgabe. Das geht aus einem Erläuterungsbericht des Leiters der Anlage Born, Roland Fitzka, vom 03.03.1982 hervor. Geplant waren eine Pumpstation mit einer entsprechenden technischen Ausrüs- tung zur Versorgung der gehälterten Laichfischbestände und zur Havariesicherung sowie eine Betonplatte zur Aufstellung von 20 Fischhältern mit einem Gesamtvolumen von 80 m³. Da die vorhandenen Haltungseinrichtungen für die laufenden Forschungsaufgaben ständig genutzt wurden, machte sich für die Laichfischhälterung der Aufbau zusätzlicher Haltungseinrichtungen erforderlich. Dies stand in engem Zusammenhang mit der Realisierung der am Kernkraftwerk Lubmin (KKW) anstehenden Forschungs- aufgaben. Ziel war u. a. der Aufbau eines herbstlaichenden Forellenlaichfischbestandes, angepasst an die Brack- wasserverhältnisse der Küstengewässer. Der Eibedarf an der Experimentalanlage am KKW wurde mit 2 Mio. kalkuliert, hinzu kamen 0,7 Mio. Eier für die Anlage in Born. In den Jahren 1981–1983 wurde der Bau einer Laichfischhaltung (heutige KWA III) mit 80 m³ Haltungsvolumen realisiert. Der VEB Schiffsanlagenbau Barth erklärte sich am 11.06.1981 bereit, dem Institut für Hochseefischerei und Fischverarbeitung, Außenstelle Born, 20 Rundbecken (Durchmesser 2,5 m, Volumen 4 m³) anzufertigen. Fertigstellung war für das 1. Quartal 1983 geplant. Ein Wirtschaftsvertrag zur Montage der Rohrleitungen für die fast fertige neue Laichfischhaltung wurde am 01.02.1984 geschlossen (Abb. 10). Projekt 5/81 – Aufbau Pumpstation Mit Aufbau einer Laichfischhaltung stieg der Wasser- bedarf um ungefähr das Dreifache auf ca. 750 m³/h an. 2 UPL Pumpen von je 400 m³/h Förderleistung waren bis dahin für den ständigen Betrieb vorgesehen, wäh- rend 2 Stück in Reserve vorgehalten werden sollten. Die bis dahin vorhandene Pumptechnik reichte nicht mehr aus und sollte ersetzt werden. Wesentlicher Teil der neuen Pumpstation war die Wasserzuführung. Hierfür wurde eine Zwillingsrohr- leitung in den Koppelstrom geplant. Jedes Rohr hatte eine Nennweite von 53 cm und konnte rechnerisch 1.235 m³/h transportieren. Die Gesamtlänge ist 35,5 m. Abb. 10: Blick in die erbaute Laichfischhaltung, ca. 1984, Der Rohreinlauf wurde mit einer Steinschüttung rea- heute KWA III. Im Hintergrund Nebengebäude mit lisiert. Das neue, größere Pumpenhaus gewährleistete heute Futter- und Laborlager die Bereitstellung der benötigten Wassermengen (Abb. 11). 12 Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Abb. 11: Blick vom Bodden auf die Anlage ca. 2001. Von links: Auslaufkanal, Nebengebäude Werkstatt (hinter Bäumen), Haupt- gebäude, Hafenkanal, Schleppdach für Hafenpumpen, Pumpenhaus klein, Betonplattenweg, Giebel KWA I, Pumpen- haus neu, KWA III. Im Vordergrund eine Boje als Markierung eines Ankersteins aus 1970 für Aalmastgehege. Die Boje ist noch heute in Funktion. Man beachte den freien Blick, heute versperrt durch Gehölze und Bäume. Das Institut für Hochseefischerei und Fischverarbeitung Rostock bestellte am 04.11.1980 beim VEB Kombinat Pumpen und Verdichter, Betrieb Pumpenfabrik Oschersleben, 3 UPL Pumpen mit einer Förderleistung von 250 m³/h. Fertigstellung war für das 4. Quartal 1982 geplant. Dazu wurde am 03.06.1981 ein Wirtschaftsvertrag geschlossen, in dessen Ergänzung für das 1. Quartal 1983 eine vierte UPL Pumpe bestellt wurde. Wechsel der Zugehörigkeit 1992 Die politischen Ereignisse im Jahre 1989 blieben auch für die Versuchsanlage Born nicht ohne Folgen. 1992 wurde die Anlage als experimentelle Basis des Instituts für Fischerei in die neu gegründete Landesforschungs- anstalt für Landwirtschaft und Fischerei des Landes Mecklenburg-Vorpommern übernommen. Durch die tief- greifenden Veränderungen in der gesamten Wirtschaft, neue Umweltstandards und vor allem die Stilllegung des Kernkraftwerkes Lubmin waren die alten Zielsetzungen hinfällig geworden. Neue Aufgaben erforderten und erfordern weiterhin Umbaumaßnahmen, um die gestellten Ziele zu erreichen. Die Fischaufzucht in Gehegen in den Küsten- und Binnengewässern des Landes musste aus Gründen des Umwelt- schutzes weitestgehend aufgegeben werden. Damit rückte die Aquakultur in Kreislaufanlagen in den Mittelpunkt der Forschungsaufgaben. Die Bewilligung von EU-Geldern für ein Projekt zur Erforschung von Fragestellungen zur Kreislauftechnologie unter Brackwasserbedingungen ermöglichte ab 2005 einen umfassenden Umbau der Anlage. Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019 13
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Sanierung Hauptgebäude Im Rahmen des EU-Programms FIAF (2000–2006) erfolgten innerhalb eines Projektes (2004–2008) in den Jahren 2005/2006 der massive Umbau des Hauptgebäudes (Abb. 12) und die Schließung des Hafenbeckens zu einem Teich. Im Außenbereich existierten bis dato u. a. noch die Gebäude Holzlager, Tischlerei und ehemaliger Wach- turm (Abb. 13, 14). Diese wurden nach 2009 rückgebaut. Ein vorhandener Sauerstofftank wurde ebenfalls um- verlegt. Die Sanierung des Hauptgebäudes wurde in 2005 begonnen (Abb. 12). Nebengebäude, z. B. Wachturmgebäude, wurden abgerissen (Abb. 14). Im Ergebnis verfügt das Hauptgebäude im Sozialtrakt über nunmehr 4 moderne Büros, ausreichend sanitäre Einrichtungen und neben kleineren Funktionsräumen über einen Besprechungsraum. Heizung, Lüftung, Elektro und Notstromaggregat finden sich in den Technikräumen. Ein modernes Labor, ausge- stattet mit zahlreichen Geräten, ermöglicht auf 50 m² umfangreiche wissenschaftliche Arbeiten. Weitere 25 m² dienen als Lager und der Wissenschaft als Schlachtraum. In einem Kühlraum von 40 m² werden Eier bei unter- schiedlichen Temperaturen erbrütet. Fischhälterung ist in einem Kreislauf mit 6 Rinnen auf 40 m² möglich. Der größte Teil der Forschung findet auf 260 m² statt. Dieser Raum ist ausgestattet mit 6 kleineren Kreislaufmodulen für jeweils 9 36 l Aquarien oder 4 100 l Aquarien. Jeweils 3 dieser Kreislaufmodule können zu einer Einheit kom- biniert werden. Dieser Raum wurde in 2018 zur Zentralen Versuchstierhaltung (ZVTH) deklariert und mit einer Hälterungsgenehmigung nach § 11 Tierschutzgesetz registriert. Bis 2017 existierte auch noch das „Labor IV“ auf 25 m² Fläche. Diese Einheit wurde aufgelöst, die letzten Bodenfliesen aus 1969 kamen zum Vorschein. In 2018 erfolgte hier der Einbau von Reinigungstechnik (Trommelfilter, Biofilter) für 2 weitere Kreisläufe in der ZVTH mit 10 Becken von ca. 800 l bzw. 14 Becken von ca. 300 l für wissenschaftliche Forschungen. Abb. 12: Sanierung und Umbau Hauptgebäude, ca. 2005 Abb. 13: Blick von der KWA I zu den Nebengebäuden (Tischlerei, Lager) und dem Sauerstofftank, ca. Oktober 2009 Abb. 14: Blick auf das noch heute existierende Nebengebäude Abb. 15: Blick vom Hauptgebäude zum neuen Teich, ca. 2006. mit Stahl-, Futter- und Laborlager rechts. Die ande- Von links: Schleppdach für Hafenpumpen, Hafen- ren Gebäude existieren nicht mehr. Links das Neben- kanal, Nebengebäude (Tischlerei, Lager) gebäude (vgl. Abb. 5) mit dem bereits rückgebauten Wachturm, ca. 2005 14 Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Sanierung Hafenbecken Auf Initiative der Mitarbeiter des Instituts für Fischerei der LFA wurde ein Programm zur Wiedereinbürgerung des Störs in die Ostsee entwickelt, das in die Gründung der Gesellschaft zur Rettung des Störes mündete. Um eine für das Programm notwendige Haltungskapazität für Laichtiere zu schaffen, wurden das Hafenbecken der Anlage in einen Teich umgewandelt (Abb. 13, 15) und zwei neue Hälterteiche gebaut. Die Baugenehmigung für den Bauantrag zur Sanierung des Hafenbeckens vom 21.03.2006 wurde am 18.05.2006 erteilt. Ein Becken von 400 m² (22 × 18 m) wurde mit Spundwänden vom Kanal zum Bodden abgetrennt. Die ca. 800 m³ Wasser sind seither Hälterungsort für einen Elterntierbestand des Baltischen Störs. Eine Wasserver- sorgung erfolgt aus dem Pumpensumpf im Pumpenhaus über eine zusätzliche Tauchpumpe. In den Sommer- monaten reicht der Wasserdurchsatz jedoch nicht aus, um den Tierbestand mit ausreichend Sauerstoff zu ver- sorgen. Deshalb wird in diesen Monaten zusätzlich ein Sauerstoff-Jetsystem eingesetzt. Neubau Quarantäneteiche Im Zuge der Planung der Ankunft der Baltischen Störe aus Kanada war für die Anlage Born eine Quarantäne- einheit notwendig. Diese wurde durch den Bau von 2 Teichen im Jahre 2005 realisiert. Mit den Maßen von 8,7 × 3,6 m fassen die ca. 31 m² jeweils 40 m³ Wasser. Die Versorgung der Teiche erfolgt direkt aus einer Ableitung aus der zuführenden Rinne der KWA III. Mit bis zu 17 m³/h Durchfluss ist ein einmaliger Austausch nur alle 2,5 h zu gering bemessen. Jeweils ein Tropfkörper angeschlossen am Teich ermöglicht eine Wasserführung im Kreis- lauf mit Reinigung und Sauerstoff-Anreicherung. Für die Aufarbeitung des Ablaufwassers wurde ein Ozonfilter eingebaut. Neue Halle Im Rahmen der Entwicklung der Aquakultur in MV begannen in 2009 die Planungen für eine Warmwasserkreis- laufanlage. Das 23 × 29 m umfassende Gebäude wurde im Jahr 2012 im Rahmen des EU-Programms EFF realisiert. Drei Funktionsräume für Technik (Heizung, Kühlung, Elektro) sind integriert und drei klimagesteuerte Laichräume von jeweils 20 m² separiert. Kernstück der Warmwasseranlage sind zwei jeweils 50 m³ Module, ausgestattet mit je zehn 3 m³ Fischbecken (Abb. 16). Ergänzend sind zwei kleinere Einheiten, jeweils sechs sogenannte Räumer- becken a 750 l, für Jungfischaufzucht untergebracht. Zwei Aquarienwände mit jeweils zehn 300 l Becken wurden 2018 abgebaut und dafür drei weitere begehbare Kühlzellen ca. 1,8 × 2,8 m (10 m³) installiert. Abb. 16: Blick in die neue Warmwasser-Produktionshalle, ca. 2016 Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019 15
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Gewächshaus Im Jahre 2012 wurde im Rahmen des EU-Programms EFF auf der Anlage ein Forschungsgewächshaus errichtet, um verschiedene Fragestellungen zum Austrag von Nährstoffen aus Abwässern von Fischproduktionsanlagen zu untersuchen. Das 5 × 5 m messende Gewächshaus umfasst ca. 80 m³ Volumen und kann wahlweise mit den Ab- wässern aus Fischkreisläufen des Haupthauses und der neuen Halle betrieben werden. Erweiterte Außenanlagen Anfang der 2000er Jahre zeigte sich, dass die Anlage in Born für großskalige Praxisversuche zu klein war. In Kooperation mit einem Tierhaltungsbetrieb entstanden in Hohen Wangelin (Müritzkreis) zwei Kreislaufproduk- tionsanlagen und wurden für die Aquakulturforschung benutzt. Von 2006–2015 wurde eine Kaltwasserkreis- laufanlage betrieben. Seit 2012 existiert eine Warmwasserproduktionsanlage für Zander auf dem Gelände. Mitarbeiter In der fünfzigjährigen Geschichte der Anlage Born sind mehr als 100 Beschäftigte dokumentiert (Tabelle 1). Tab. 1: Mitarbeiter der Anlage Born von 1969–2019 (alphabetisch) mit Angaben zum Beschäftigungszeitraum soweit bekannt. Daten nach E. Anders und R. Tielebier Fischbetreuung, 1 Ahrens, Wolfgang 1979–1993 Werkstattarbeiter 2 Anders, Annegret Biol. - techn. Assistentin 1975–1991 3 Anders, Eckhard Dr. Wiss. Mitarbeiter, Leiter 1969–2009 Laborantin, 4 Badendieck, Agnes 1979–2012 Fischbetreuung 5 Bartonitz, Berthold Werkstattarbeiter 1992–1993 6 Belke, Emmi Raumpflegerin 1969–1974 7 Behrens, Hermann Nachtwächter 1969–1970 8 Behrens, Joachim Wiss. Mitarbeiter 1973–unbekannt 9 Behrens, Siegrid Sekretärin 1985–1992 10 Biederstedt, Jörg Fischbetreuung 1987–1991 11 Bissa, Karl Versuchstechniker DRM 130 2015–2015 12 Blume, Walfried Wiss. Mitarbeiter unbekannt 13 Bochert, Ralf Dr. Wiss. Mitarbeiter, Leiter 2013– bis dato 14 Boening, Doris Raumpflegerin, Laborantin 1983–1984 15 Buck, Wolfgang Werkstattarbeiter 1990–1990 16 Buhrke, Frederik Wiss. Mitarbeiter DRM 142 2013–bis dato 17 Clasen, Richard Fischbetreuung 1969–1986 18 Drüding, Karin Raumpflegerin 1992–1993 19 Dynio, Heike Biol. - techn. Assistentin 1970–2011 20 Dynio, Wolfgang Werkstattarbeiter 1999–2002 21 Eggers, Ursel Sekretärin 1978–1985 22 Eggers, Willi Werkstattleiter, Leiter 1969–1976 16 Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019
50 Jahre Aquakulturforschung in Born 23 Eggert, Klaus Kraftfahrer 1978–unbekannt Werkstattarbeiter, 24 Ehlert, Ernst 1969–unbekannt Fischbetreuung 25 Ehlert, Gerd Versuchstechniker DRM 107 2009–2012 Werkstattarbeiter, 26 Eidam, Peter 1985–1991 Fischbetreuung 27 Falk, Günter Kraftfahrer unbekannt Werkstattarbeiter, 28 Finke, Werner 1987–1990 Fischbetreuung 29 Fitzka, Roland Elektriker, Leiter 1978–1990 30 Freudenhagen, Helga Sekretärin 1970–1972 31 Frost, Norbert Kraftfahrer unbekannt 32 Genz, Daniel Versuchstechniker 2009–bis dato 33 Gierer, Wolfgang Dr. Wiss. Mitarbeiter unbekannt–1990 Werkstattarbeiter, 34 Grolik, Gunnar 1986–1989 Fischbetreuung 35 Großmann, Holger technischer Mitarbeiter 2006–bis dato 36 Grube, Heiderose Wiss. Mitarbeiterin 1972–1981 37 Hahn, Wolfgang Leiter unbekannt 38 Hasse, Erwin Fischbetreuung 1969–1980 39 Hehl, Ullrich Werkstattarbeiter unbekannt–1975 40 Herper, Stefan Versuchstechniker 2011–bis dato 41 Horn, Theresa Wiss. Mitarbeiterin DRM 130 2014–2015 Fischbetreuung, 42 Hückstädt, Fred 1981–2010 Schichtleiter Werkstattarbeiter, 43 Jantzen, Kurt 1969–1971 Fischbetreuung 44 Jennerich, Hans Joachim Wiss. Mitarbeiter, Leiter 1971–2013 45 Jennerich, Sabine Wiss. Mitarbeiterin 1971–unbekannt 46 Kessel, Margarethe Raumpflegerin 1974–unbekannt Werkstattarbeiter, 47 Kewitz, Klaus 1987–2001 Fischbetreuung Werkstattarbeiter, 48 Klossowski, Kurt unbekannt–1990 Fischbetreuung 49 Kohlert, Elke Fischbetreuung 1978–1981 50 Kohlmorgen, Jürgen Leiter unbekannt 51 Koppelmann, Hermann Nachtwächter 1969–1970 Werkstattarbeiter, 52 Kreaft, Horst 1969–1990 Fischbetreuung Werkstattleiter, 53 Krämer, Günter Werkstattarbeiter, 1969–1990 Fischbetreuung 54 Krawczyk, Eduard Fischbetreuung 1985–1986 Werkstattarbeiter, 55 Krull, Reinhard 1979–1991 Fischbetreuung 56 Kühn, Carsten Wiss. Mitarbeiter, Leiter 2005–2013 57 Kühne, Helmut Dr. Wiss. Mitarbeiter, Leiter unbekannt–1978 58 Lange, Rolf - Peter Wiss. Mitarbeiter 1969–unbekannt Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019 17
50 Jahre Aquakulturforschung in Born 59 Lauterbach, Reinhard Leiter 1969–unbekannt 60 Lublow, Monika Raumpflegerin 1974–1975 61 Luft, Peter Wiss. Mitarbeiter DRM 143 2014–2019 Werkstattarbeiter, 62 Massow, Heinz 1973–1991 Fischbetreuung Werkstattarbeiter, 63 Mester, Fritz 1969–1986 Fischbetreuung 64 Moog, Naska Wiss. Mitarbeiterin DRM 130 2015–2015 65 Pagel, Uwe Fischbetreuung 1977–1981 66 Plenio, Elisa Sekretärin 1969–1978 67 Prohn, Hans Nachtwächter 1969–1970 Werkstattarbeiter, 68 Prohn, Karl 1969–1970 Fischbetreuung 69 Reiske, Dietlind Sekretärin 1972–1992 70 Reuter, Norman Wiss. Mitarbeiter DRM 125 2011–2015 71 Rieck, John Nachtwächter 1969–1970 72 Rose, Jurina Raumpflegerin 1975–1976 73 Röhner, Matthias Wiss. Mitarbeiter DRM 107 2009–2012 Werkstattarbeiter, 74 Scharmberg, Bruno 1969–unbekannt Fischbetreuung Werkstattarbeiter, 75 Scharmberg, Dirk unbekannt–1991 Fischbetreuung 76 Dr. Segelken-Voigt, Alexandra Wiss. Mitarbeiterin DRM 150 2018–bis dato 77 Schröder, Eugen Kraftfahrer 1978–1989 Werkstattleiter, 78 Schubert, Wolfgang 1971–2001 Fischbetreuung, Schichtleiter 79 Schütt, Dieter Kraftfahrer 1989–1991 80 Schuldt, Hans Nachtwächter 1969–1970 81 Schumacher, Marianne Wiss. Mitarbeiterin 1978–1982 82 Schumacher, Caroline Versuchstechnikerin DRM 130 2013–2015 83 Schumann, Kerstin Laborantin 1982–1990 84 Schurno, Mathias Fischbetreuung unbekannt 85 Segebarth, Ulf Elektriker 1983–unbekannt 86 Seidler, Manfred Fischbetreuung 1990–1991 87 Semmler, Dagmar Biol. - techn. Assistentin 1977–1991 88 Tezel, Reinhard Fischbetreuung unbekannt Fischbetreuung, 89 Thiele, Detlef unbekannt Fischereiingenieur Fischbetreuung, 90 Thiele, Martina unbekannt Fischereiingenieur 91 Thomas, Bärbel Wiss. Mittarbeiterin unbekannt 92 Tielebier, Andreas Versuchstechniker DRM 142 2015–bis dato 93 Tielebier, Rica Versuchstechnikerin 2012–bis dato 18 Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019
50 Jahre Aquakulturforschung in Born 94 Unger, Michael Fischbetreuung unbekannt–1981 95 Vogel, Hendrik Versuchstechniker DRM 101 2005–2008 96 Waak, Heinrich Fischbetreuung 1969–unbekannt 97 Wallis, Elli Raumpflegerin unbekannt–1987 Werkstattarbeiter, 98 Wendt, Karl 1969–1972 Fischbetreuung 99 Wilke, Kurt Kraftfahrer 1969–unbekannt 100 Wolff, Manfred Fischbetreuung 1981–1993 101 Wolff, Margarethe Raumpflegerin 1987–1990 Literatur ANDERS, E. (1993): Institut für Fischerei, Experimentalanlage Born – Standort und Partner fischereilicher Forschungs- arbeit und Produktion. Jahresheft 1992. Fisch und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern e. V.: 15–18 SCHENK, G. und SCHLUMPBERGER, W. (1970): Aalmast in Brackwasser. Unveröffentlichter Abschlussbericht zum F/E-Thema. Plan- Nr. 8100/9-001/1: 79 S Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019 19
50 Jahre Aquakulturforschung in Born 50 Jahre Wissenschaft in Born 50 years of research in Born Dr. Eckhard Anders, Dr. Ralf Bochert Abstract: This article describes the scientific research done in the 50 years history of the research station Born. About 30 different fish species were cultured during this period. Furthermore a significant part of the work dealt with the development and optimization of recirculation aquaculture systems. In der fünfzigjährigen Geschichte der Anlage Born sind Forschungsaufgaben zu unterschiedlichen Fragestel- lungen in der Aquakultur bearbeitet worden. In Zusammenarbeit mit anderen Forschungseinrichtungen im In- und Ausland wurden Fragen zur Reproduktion, Aufzucht, Krankheitsbekämpfung und Haltungstechnologie untersucht. Im Verlauf der Jahre wurden dabei unterschiedliche Fischarten berücksichtigt, die in der Aquakultur eine Rolle spielen können. Darüber hinaus wurden auch gefährdete Arten bearbeitet, die in den Ökosystemen unserer Küstengewässer eine Rolle spielen oder gespielt haben. Auf die Arbeiten zu den Fischarten Regen- bogenforelle, Ostseeschnäpel, Zander, Barsch, Meerforelle und Ostseestör sowie zur Weißfußgarnele wird in ge- sonderten Beiträgen eingegangen. Hier sollen nur die wesentlichen Aktivitäten aufgezeigt werden, denen kein eigener Beitrag gewidmet ist. Die ursprüngliche Aufgabenstellung für die Versuchsanlage Born war die Entwick- lung eines Verfahrens zur Aalmast, das in den Kühlwässern des im Bau befindlichen Kernkraftwerkes in Lubmin zur Anwendung kommen sollte (Abb. 1). Im Vordergrund standen anfänglich Fragen zur Haltungstechnologie von in den Küstengewässern gefangenen Aalen, die noch nicht eine vermarktungsfähige Größe erreicht hatten. Wie hoch darf die Besatzdichte sein? Wie oft muss ein Bestand nach Größengruppen der heranwachsenden Tiere sortiert werden? Welche Futtermittel sollten eingesetzt werden? Es gab noch kein Trockenfutter für Aale. Auf der Basis von Frischfisch unterschiedlicher Arten unter Zusatz von Futterhefe und Vitaminmischungen wurden Futter- varianten getestet und ihr Einfluss auf das Abwachsergebnis untersucht. Mit der Hinzuziehung von Glasaalen erweiterte sich das Aufgabenspektrum. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Universität Rostock und der Pädagogischen Hochschule Güstrow konnten physiologische Fragestellungen eingehender bearbeitet werden. So konnte nachgewiesen werden, dass der Einsatz von Fettfisch, der mehrere Tage im Kühlhaus gelagert wurde, für die Fütterung der Aale ungeeignet war. Durch die Bildung von Thiaminase in diesen Fischen kam es zu Ver- lusten bei den Aalen, die durch Vitamin B1-Mangel hervorgerufen wurden (LEHMITZ, 1975). Bei den Glasaalen wurde durch die Brackwasserhaltung die Pigmentierung und Umwandlung zum Steigaal verzögert, was zu er- höhter Sterblichkeit der Tiere führte. Abb. 1: Aalbestand im Gehege, ca. 1970 20 Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Rückläufige Fangmengen bei den Satzaalen in den Küstengewässern, auftretende bakterielle Infektionen, stark steigende Preise bei den Glasaalen und die gewonnenen Erkenntnisse aus den Versuchsabläufen führten zu der Einsicht, dass eine Aalproduktion unter den gegebenen Umständen zu diesem Zeitpunkt nicht möglich war. Die Versuche mit den Aalen, aber vor allem die Verluste bei der Forellenproduktion in Gehegeanlagen in den Küstengewässern hatten gezeigt, dass dem Krankheits- geschehen bei der Aquakultur eine viel größere Auf- merksamkeit gewidmet werden muss. Da es kein Labor im Bezirk Rostock gab, das sich diesem Thema mit der notwendigen Intensität widmen konnte, wurde der Bau eines Mikrobiologischen Labors in Born beschlossen (Abb. 2). Erste Untersuchungen hatten gezeigt, dass vor allem eine bakterielle Krankheit, die Vibriose, die Haupt- erkrankungsursache ist. Der Erreger Vibrio anguillarum verursachte große Verluste und war nur durch einen massiven Medikamenteneinsatz mit wenigen zur Ver- fügung stehenden Präparaten zu beherrschen. Parasi- Abb. 2: A. Anders bei der Arbeit im mikrobiologischen Labor tosen spielten eine untergeordnete, Virosen keine Rolle beim Krankheitsgeschehen. Ausgehend von diesen Gegebenheiten konzentrierten sich die Untersuchungen zunächst auf die Determi- nierung der Krankheitserreger und deren Resistenzstatus. Infolge des wiederholten Einsatzes der gleichen Medikamente war mit einer Resistenzsteigerung der Erreger zu rechnen und eine Suche nach neuen Präpa- raten notwendig (ANDERS, 1984). Das Hauptaugenmerk wurde dabei auf das Turimycin gelegt, das vom VEB Jenapharm speziell für den Gebrauch im Veterinärbereich entwickelt worden war. Darüber hinaus wurden acht weitere Substanzen (halbsynthetische Antibiotika, Sulfonamide und Nalidixinsäure) auf ihre Wirksamkeit gegen Vibrio anguillarum getestet. Die größte Wirkung gegenüber allen Erregerstämmen zeigte Nalidixinsäure. Für den Einsatz in der Aquakultur kam sie aber nicht in Frage, da sie als Reservepräparat für multiresistente Keime im Humanbereich vorgesehen war. Turimyzin hemmte das Wachstum aller Stämme, hätte aber mit einer doppelt so hohen Dosierung wie z. B. OTC verabreicht werden müssen. Alle übrigen Präparate zeigten nur eine mäßige bis gar keine Wirkung gegen die Vibrionen. Parallel zu diesen Arbeiten musste nach Alternativen zur Chemotherapie gesucht werden. Auf der Basis der Arbeiten von SCHRECKENBACH (1974) wurde unter Einbeziehung des Sächsischen Serumwerkes Dresden eine Vaccine entwickelt und in einem ersten Großversuch in einer Forellenanlage in der Wismarer Bucht eingesetzt. In Zusammenarbeit mit Fischereiinstituten in Riga, Gdynia und Burgas war das für die Vaccineproduktion ver- wendete Erregerspektrum um Stämme aus der Rigaer Bucht, der Pucker Bucht und dem Schwarzen Meer er- weitert und getestet worden (ANDERS, 1982). Der Impfstoff wurde intraperitoneal verabreicht. An allen vier Ver- suchsstandorten konnten die Verlustraten signifikant gesenkt und der Medikamenteneinsatz reduziert werden. Eine Weiterentwicklung sah die orale Verabreichung der Vaccine vor, um auch kleinere Fische immunisieren zu können (Abb. 3). Sowohl bei Forellen als auch bei Aalen konnten damit signifikante Verlustreduzierungen erreicht werden (ANDERS, 1984). Auch Tauchbäder wurden bei Regenbogenforellen in Versuchen erfolgreich eingesetzt (ANDERS, 1983). Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019 21
50 Jahre Aquakulturforschung in Born Im Zusammenhang mit den züchterischen Arbeiten an Regenbogenforellen (siehe Beitrag Meilenstein BORN-Forelle) wurden Untersuchungen zur Rolle des Lysozyms als eine Komponente des unspezifischen Immun- systems bei Fischen durchgeführt (ANDERS, 1981, 1984). Es konnte bei den Untersuchungen an unterschiedlichen Fischarten gezeigt werden, dass Stressfaktoren wie z. B. bakteriologische Erkrankungen, die Haltung unter ungüns- tigen Umweltbedingungen und ernährungsbedingte Mangelerscheinungen bei den meisten der untersuchten Fischarten zu erhöhten Lysozymwerten führen. Dadurch kann das Lysozym als ein Frühindikator für Stresssituatio- nen bei Fischen in Aquakulturanlagen eingesetzt werden. Die gefundenen signifikanten Unterschiede in der Ly- sozymproduktion bei der BORN-Forelle zu anderen Forellenstämmen legen nahe, dass das unspezifische Immun- system der einzelnen Individuen genetisch determiniert ist und nicht nur eine Rolle bei der Krankheitsabwehr spielt, sondern auch als Kriterium für eine gezielte Laichfischauswahl herangezogen werden kann (Abb. 4). Grube konnte in ersten Versuchen nachweisen, dass Bakteriophagen zur Typisierung von Vibriostämmen heran- gezogen werden können (GRUBE, 1978). Ein Einsatz von Phagen zur Krankheitsbekämpfung scheiterte an ihrer Empfindlichkeit gegenüber erhöhten pH-Werten. Nach 1990 wurden Forschungen zum Krankheitsgeschehen auf Grund veränderter rechtlicher Rahmenbedin- gungen und dem Verschwinden der Aquakultur in den Küstengewässern in der Anlage Born eingestellt. Die zu erwartenden Sommertemperaturen der Kühlwässer des Kernkraftwerkes Lubmin führten zu Überlegungen, wie die zu bauende Fischzuchtanlage in den Sommermonaten genutzt werden kann. Unter den gegebenen Umständen der damaligen Zeit kamen dafür in erster Linie Cypriniden in Frage. Geplant war die Produktion von Satzfischen, die im Herbst in die Boddengewässer ausgesetzt werden sollten. Im Blickpunkt standen neben dem Spiegelkarpfen (Cyprinus carpio) auch die beiden planktonfressenden Arten Silberkarpfen (Hypophthalmichthys molitrix) und Marmorkarpfen (Aristichthys nobilis) sowie Hybriden beider Arten. Neben der Optimierung der Fütterung (BÖTTCHER, 1986) wurden Fragen zur Temperaturabhängigkeit des Wachstums sowie die Eignung verschiedener Boddengewässer für den Freiwasserbesatz bearbeitet (Abb. 6). Großversuche zum Freiwasserbe- satz im Saaler und im Kleinen Jasmunder Bodden hatten gezeigt, dass die Planktonfresser sehr gute Abwachs- leistungen hatten und bei den Fischern und Konsumenten ihrer Fleischqualität wegen sehr beliebt waren. Die Stilllegung des Kernkraftwerkes Lubmin und auch eine veränderte Sichtweise zum Fischbesatz in freie Gewässer mit nicht heimischen Arten führten zur Beendigung der Arbeiten mit Cypriniden. Abb. 3: Fütterung der Aale im Gehege, ca. 1970 Abb. 4: E. Anders und H. Dynio beim Abstreifen eines Forellen-Rogners 22 Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019
50 Jahre Aquakulturforschung in Born In den 70er-Jahren wurde über mehrere Jahre Brut vom „Bester“, einem als Teichstör bezeichneten Hybriden aus den beiden Störarten Hausen (Huso huso) und Sterlet (Acipenser ruthenus), aus der Sowjetunion für Aufzuchtver- suche bezogen (KÜHNE und BEHRENS, 1978). Nach anfänglichen starken Verlusten in der Anfütterungsphase, die durch eine verlängerte Fütterung mit Naturnahrung reduziert werden konnten, zeigten die Fische ein sehr gutes Wachstum bis zur Speisefischgröße. Eine eigene Reproduktion der Störe wäre möglich gewesen, hätte aber in der F1-Generation zu Wachstumsdepressionen geführt. Eine Empfehlung von Wissenschaftlern unseres Partnerinstituts in Riga, mit dem Sibirischen Stör (Acipenser baeri) zu arbeiten, der vergleichbare Abwachsleistungen erzielen sollte, waren zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich, da man in der Sowjetunion nicht bereit war, uns Tiere dieser Art zu überlassen. Erst ca. 1992 konnten Brütlinge des Sibirischen Störs importiert werden. Sie erwiesen sich als für die Aquakultur sehr gut geeignete Fische mit einem hohen Wachstumspotential und waren unkompliziert in der Haltung. In der Anlage Born konnte aus diesem Ausgangsimport erstmals für Mecklenburg-Vorpommern eine Störreproduktion durchgeführt werden. Die Nachkommen dieser Tiere werden noch heute in Teichwirtschaften des Landes vermehrt und vermarktet. Die veränderten naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen in den 90er-Jahren brachten das Ende der Fisch- produktion in Gehegeanlagen. Auch der erfolgreich durchgeführte Versuch, mit Auffangtrichtern die anfallenden Feststoffe aus dem Gewässer zu entfernen, konnte diese Produktionsform nicht mehr retten. Da die Möglich- keiten des Ausbaus traditioneller Teichwirtschaften oder Durchflussanlagen in Mecklenburg-Vorpommern eher beschränkt sind, konzentrierten sich die weiteren Arbeiten schwerpunktmäßig auf die Aquakultur in teilge- schlossenen Kreislaufanlagen. Als geeignete Fischarten wurden hierbei Wels (Silurus glanis) und Kiemensack- welse (Clarias gariepinus) verwendet. Mitteilungen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei | Heft 61 | 2019 23
Sie können auch lesen