Modellierung elektrischer Schnittstellen und Kabel mit AutomationML
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Peer-Review: 18.02.2021 Modellierung elektrischer Schnittstellen und Kabel mit AutomationML Modellierungsmethodik und Bibliotheken Prof. Dr.-Ing. Rainer Drath, Hochschule Pforzheim; Markus Rentschler, Balluff GmbH Elektrische Verbindungen sind wesentliche Bestandteile jedes Automatisierungssystems. Dieser Beitrag stellt eine Modellie- rungsmethodik und erste Bibliotheken elektrischer Schnittstellen für Automatisierungsgeräte vor, die mit dieser Methodik entlang vorhandener Standards für elektrischer Schnittstellen entwickelt wurden. Diese Bibliotheken können als digitale Repräsen- tationen der zugehörigen Standards verstanden werden, d.h. sie bilden die zugrundeliegenden Normen als elektronisches Datenmodell ab, eine Lösung für die künftige Einbindung von Normen und Standards in Industrie 4.0 Verwaltungsschalen. Die dabei entwickelte Methodik ist generisch, herstellerneutral und kann für weitere elektrische Schnittstellen fortgesetzt werden. Interessenten sind eingeladen, die Ergebnisse anzuwenden, zu kommentieren und zu ergänzen. #AutomationML #elektrische Schnittstellen #AutomationML Editor Modelling of electrical interface and cables via AutomationML Modeling methodology and libraries Electrical interconnections are essential components of any automation system. This paper presents a modeling methodology and first libraries of electrical interfaces for automation devices developed with this methodology along existing standards for electrical interfaces. These libraries can be understood as digital representations of the associated standards, i.e. they repre- sent the underlying standards as an electronic data model, a solution for the future integration of standards into Industrie 4.0 asset administration shells. The methodology developed is generic, vendor-neutral and can be continued for further electronic interfaces. Interested parties are invited to apply, comment on and supplement the results. #AutomationML #electrical interfaces #AutomationML Editor Einleitung und Zielstellung Abbildung 2 zeigt industrielle Anwendungen von derartigen Motivation elektrischen Schnittstellen: einerseits als Schnittstellen am Elektrische Schnittstellen bilden die Anschlusspunkte von Automatisierungsgerät (a), andererseits als Endstücke von Kabeln und sind die Grundlage für die Interaktion zwischen Kabeln (b), mit denen Automatisierungsgeräte verbunden Automatisierungskomponenten. Über elektrische Schnitt werden können. stellen wird die Energieversorgung für Geräte und der Daten Um einen standardisierten Austausch von Engineering- austausch zwischen Geräten sichergestellt. Abbildung 1 Informationen über Automatisierungsgeräte zu erreichen, zeigt einige typische Beispiele für elektrische Schnittstellen sind im Rahmen industrieller Digitalisierungsstrategien in der Automatisierungstechnik. bereits eine Reihe von Domänenmodellen für die elektro Elektrische Schnittstellen sind in vielen Fällen normiert. Aus nische Modellierung von Automatisierungsgeräten [5], leit der Office-Welt sind im täglichen Umgang eine Vielzahl von technisch relevanter Sensoren und Aktoren (PLT-Stellen) [6] USB Varianten bekannt, beispielsweise Stecker USB Typ A, [7] sowie zur elektronischen Abbildung prozesstechnischer Typ B, Mini-B und Micro-B sowohl für USB 2.0 als auch für Anlagen [8] u.v.m entstanden. Ein grundlegendes Element USB 3.0. IEC 60603-7 [1] definiert die bekannte Schnittstelle fehlte jedoch durchgängig: standardisierte elektronische In RJ45, IEC 60807-2 [2] den SubD9 Stecker, ANSI B93.55M [3] formationsmodelle für elektrische Schnittstellen sind nicht die 7/8” Schnittstellen. etabliert. Die Planung und Modellierung von Kabeln, Kabel Die für industrielle Automatisierungsgeräte häufig verwen bäumen oder Verkabelungstopologien ist die Domäne viel deten M12 Steckverbinder definiert die IEC61076 [4] mit fältiger proprietärer Engineering-Werkzeuge. Als Ursache dafür einer Vielzahl von Varianten, beispielsweise in den Codie lassen sich die hohe Vielfalt elektrischer Schnittstellen und rungsvarianten A, B, C, D und P mit unterschiedlichen Aus die damit verbundenen Aufwände ausmachen. Dabei wür prägungen mit 2 Pins, 3 Pins, 4 Pins bis zu 17 Pins. den solche Modelle viele Anschlusspunkte für bestehende 1
Digitalisierungsstrategien bieten und erhebliche Wertschöp fungspotentiale eröffnen, die im Folgenden aufgeführt werden. Anwendungspotentiale Herstellerübergreifend standardisierte maschinenlesbare Informationsmodelle für elektrische Schnittstellen würden eine Vielzahl spannender technischer und kommerzieller Anwendungsfälle mit erheblichen Vorteilen ermöglichen: M12 (IEC61076-2) RJ45 (IEC60603-7) 7/8’’ (ANSIB93.55M) Abbildung 1: Beispiele elektrischer Schnittstellen » Anlagenbetreiber könnten ihre Anforderungsspezifika tionen für Stecker, Buchsen, Kabel, Kabelbäume und kombinierte elektrische Schnittstellen maschinenlesbar modellieren und an Hersteller von Kabeln übersenden. Dies erfolgt heute proprietär, z.B. mit Hilfe von Listen, Tabellen oder Gesprächen. » Kabelhersteller könnten den Auftragsverkehr vereinfa chen, indem sie Bestellungen in Form maschinenlesbarer Anforderungsspezifikationen entgegennehmen und ihre a) b) Produktion damit automatisiert betreiben. Typische Abbildung 2: Elektr. Schnittstellen in Automatisierungsgeräten und Kabeln Fehler und Missverständnisse durch klassische Anforde rungsbeschreibungen (Telefonate, Texte, Tabellen) ent fallen, die produzierten Kabel können beim Hersteller » Es soll ein Modellierungssprache ausgewählt werden, gegen die Spezifikation geprüft und anschließend direkt die eine herstellerneutrale, flexible und erweiterbare In auf die Baustelle geliefert werden. formationsmodellierung elektrischer Schnittstellen auf Basis verfügbarer Semantiken unter Verwendung objekt » System-Integratoren könnten geprüfte Bibliotheken be orientierter Prinzipien ermöglicht. währter wiederverwendbarer Lösungen inklusive Ver kabelungen speichern oder Musterlösungen für typische » Es soll eine Methodik entwickelt werden, die ein einfa Anwendungen entwickeln und kommerzialisieren. ches Vorgehensmodell zur Modellierung definiert. » Komponentenhersteller könnten digitale Produktkata » Die Methodik ist anhand ausgewählter Beipiele zu eva loge für Automatisierungskomponenten mit elektrische luieren. Schnittstellen und ggf. vorverkabelte Systeme oder Lö sungen anbieten und damit auch die Verbindungsviel » Es soll eine Bibliothek elektrischer Schnittstellen ent falt ihrer Geräte maschinenlesbar, nachvollziehbar und wickelt und im industriellen Kontext erprobt werden. algorithmisch prüfbar ablegen. Dies vereinfacht die in [9] beschriebene Idee einer automatischen Geräteauswahl » Die Bibliotheken und die Methodik sollen frei verfügbar auf Basis digitaler Anforderungsx-spezifix-kationen von sein. Automatisierungssystemen ganz erheblich. » Die herstellerneutralen Bibliotheken sollen weitgehend » ECAD-Toolhersteller könnten neue Funktionen zur Ana kompatibel zu bestehenden Normen und Standards sein. lyse und Prüfung der Anforderungsspezifikationen, zur Verkabelungsoptimierung, zum Ausführen automati » Die Entwicklungsmethodik soll die Modellierung prop scher Tests und Testprotokollen anbieten. rietärer Ausprägungen elektrischer Schnittstellen sowie ihre Einbettung in proprietäre Produktkataloge und » Die Wissenschaft könnte neue Methoden und Algorith Musterlösungen erlauben. men zur Auswertung von elektronischen Anforderungs spezifikationen, zur Planungsoptimierung, zum Generie » Die Methodik soll verständlich und praktikabel sein. ren von Teststrategien, zur KI basierten Erkennung von projektübergreifenden Musterlösungen oder zur auto matischen Fehlersuche entwickeln. Begriffe und Modellierungsprinzipien Elektrische Schnittstellen können komplex aufgebaut sein. Ziele und Anforderungen Die Autoren schlagen die Separation von drei Dimensionen Ziel der hier vorgestellten Arbeit war, elektrische Schnittstel vor. Eine Dimension ist die physikalische Ausprägung des len herstellerneutral, maschinenlesbar und erweiterbar zu Steckverbinders, eine zweite die Ausprägung der elektri modellieren. Um dieses Ziel zu erreichen, haben sich die schen verbindbaren Kontakte, eine dritte ist die logische Autoren im Sinne einer systematischen und praxistauglichen Schnittstellenfunktion. Ein elektrischer Steckverbinder mit Vorgehensweise folgende Anforderungen gestellt: seinen elektrischen Schnittstellen (Kontakten) mit einer 2
dienen. Mehrere physikalische Steckverbinder können zu verschachtelten, proprietären industriellen Schnittstellen zu sammengeschaltet werden. Steckverbinder haben durch ihre Normierung ebenfalls herstellerneutralen Charakter und wer den mit AutomationML als InterfaceClasses modelliert. Typische Beispiele für elektrische Steckverbinder sind M12, RJ45, 7/8‘‘, Sub-D, USB 3 und viele mehr. Das abgebildete Bei spiel (Abbildung 3) veranschaulicht diese Aspekte. Der M12-Stecker an einem Kabelende in Abbildung 3 ist ein physikalischer elektrischer Konnektor, der die physikalische Darstellung des Steckverbinders inklusive Gehäuse, elektri Abbildung 3: Steckverbinder, elektrische Schnittstelle und Schnittstellen sche Pins etc. modelliert. Seine Funktion ist jedoch noch nicht funktion definiert, er könnte in einen Energieanschluss oder einen Ethernet-Port gesteckt werden und daher im Betrieb (beim bestimmten physikalischen Ausprägung und zugehörigen Anschließen, Abziehen oder Wiederanschließen in eine kom Merkmalen erfüllt eine (oder mehrere) logische Funktion, patible M12-Buchse) seine Anwendung ändern. die sich teilweise erst im Betrieb entscheidet. Die hier vorgestellte Modellierungsmethodik bildet die er Zur Beherrschung dieser Mehrdimensionalität wird zwi forderliche Wandelbarkeit durch die separate Modellierung schen der abstrakten logischen Schnittstellenfunktion (z.B. der logischen Schnittstellenfunktion systematisch ab (siehe Ethernet), dem physikalischen Steckverbinder (z.B. in Form Anforderung b). Das ermöglicht folgende Anwendung: eine eines A codierten M12 Steckers mit 4 Pins) und den eigent M12-Buchse eines Automatisierungsgerätes kann durch eine lichen elektrischen Schnittstellen (den Pins) unterschieden, Beschaltung speziell als logischer IO-Link-Port ausgelegt sein. siehe Abbildung 3. Erst diese Separation ermöglicht das er Sobald ein von der Kodierung passender M12-Stecker eines forderliche Maß an Modellierungsflexibilität. Kabels mit dieser M12-IO-Link-Buchse verbunden wird, erhält Zur Erfüllung von Anforderung (a) wählen die Autoren die er sofort die Funktion eines IO-Link-Steckers, und das ange Datenmodellierungssprache AutomationML [10]. Automa schlossene Kabel wird zum IO-Link-Kabel. Die Anwendung tionML ist herstellerneutral, internationaler Standard und des Kabels ist in diesem Fall also eine dynamische Eigen bietet die erforderliche Modellierungsflexibilität, eine ausge schaft, die durch seine Verwendung definiert wird. prägte Methodik zur objektorientierten Informationsmodel Für die Modellierung relevanter Schnittstelleneigenschaften lierung und darüber hinaus eine standardisierte Persistenz, wurde auf Basis von Befragungen innerhalb des beteiligten die ein zügiges Modellieren und Erproben im Tool-Kontext Industrie-Konsortiums eine Reihe relevanter Attribute identi ermöglicht. Die vorgestellten Dimensionen werden dabei fiziert und in mehreren Attributtyp-Bibliotheken mit Automa wie folgt verstanden und modelliert: tionML abgebildet (siehe GenericIndustrialAttributeTypeLib Eine logische Schnittstellenfunktion gibt eine abstrakte in Abschnitt 3.3). Um die Semantik der Attribute zu beschrei Beschreibung der Zielanwendung des elektrischen Steck ben, referenzieren die Attribute auf verfügbare Wörterbücher, verbinders. Ein Steckverbinder kann z. B. als digitaler Ein beispielsweise das IEC Common Data Dictionary. Damit ist die gang, Ethernet-Schnittstelle oder der Energieversorgung Namensgebung der Attribute frei wählbar und die Semantik dienen. Diese abstrakte Funktion ist unabhängig von seiner referenziert bewährte externe Standards. physikalischen Umsetzung. Diese werden mit AutomationML Die hier entwickelten Bibliotheken sind in Übereinstimmung als RoleClasses modelliert und haben aufgrund ihrer Her mit den existierenden Klassen der AutomationComponent stellerneutralität hohes Wiederverwendungspotential. Bibliotheken [5] entwickelt worden und integrieren sich in Eine elektrische Schnittstelle beschreibt die tatsächlich ver deren Modelle. bindbaren elektrischen Kontakte. Dies können einzelne Stifte Reale Steckverbinder sind wettbewerbliche Produkte kon (Pins) oder mechanische Anordnungen sein, die mehrere kreter Hersteller. Zur Erfüllung von Anforderung (g) wird Stifte mit einer bestimmten Geometrie enthalten (Steckver Mithilfe der hier vorgestellten herstellerneutralen Klassen binder). Diese werden mit AutomationML als InterfaceClasses ein Modellierungsbaukasten entwickelt, der die Beschrei modelliert und besitzen aufgrund ihrer Herstellerneutralität bung konkreter Steckverbinder in ihrer individuellen pro ebenfalls hohes Wiederverwendungspotential prietären Ausprägung ermöglicht. Diese Ausprägungen Ein Steckverbinder dient dazu, eine oder mehrere Schnitt werden mit AutomationML in Form von SystemUnitClasses stellenfunktionen physikalisch zu realisieren. Er ist eine modelliert (c). elektromechanische Einrichtung, die dazu dient, elektrische Anschlüsse zu verbinden und einen elektrischen Stromkreis herzustellen. Elektrische Konnektoren bestehen meist aus Überblick über die entwickelten Bibliotheken mechanischen Schnittstellen wie Steckern oder Buchsen, Abbildung 4 gibt einen Überblick über die Bibliotheken, die die mehrere elektrische Kontakte enthalten, und aus damit bei der Modellierung der elektrischen Schnittstellen ent verbundenen logischen Schaltungen, die Funktionen zum standen sind und in den folgenden Abschnitten skizziert Senden, Empfangen oder Verarbeiten elektrischer Signale werden, gefolgt von einer exemplarischen Anwendung an implementieren. Die Verbindung kann temporär sein oder hand Kabel-, Geräte und Topologie-Modellen. Dies adressiert als permanente elektrische Verbindung zwischen Geräten Anforderung (d). 3
Logische Schnittstellenfunktionen Abbildung 5 zeigt die Basisbibliothek logischer Schnittstellen funktionen ConnectorFunctionRCL. Diese Rollen können physischen elektrischen Schnittstellen flexibel zugeordnet werden. Elektrische Schnittstellen mit mehreren Funktio nen sind durch Zuordnung mehrere Rollen leicht abbildbar. Diese Klassenbibliothek umfasst typische Schnittstellen funktionen, aufgrund der Verwendung von AutomationML ist diese Bibliothek mit AutomationML-Bordmitteln jedoch erweiterbar, die Modellierungsregeln werden im Anschluss erläutert. Elektrische Steckverbinder Mit Hilfe von CAEX InterfaceClasses werden die physikali Abbildung 4: AML Bibliotheken zur Modellierung elektrischer Schnittstellen schen elektrischen Steckverbinder systematisch modelliert, dies wird am Beispiel der IEC 61076 gezeigt, diese Norm stan dardisiert unter anderem die bekannten industriellen M12-, M8- und M5-Steckverbinder in einer Vielzahl von Varianten mit unterschiedlichen Geometrien (Kodierungen), Polzah len, Anwendungsfällen und Eigenschaften. Die Kodierung benennt dabei eine bestimmte Geometrie, die dafür sorgt, dass nur Steckverbinder mit der kompatiblen Kodierung mechanisch zusammenpassen. Abbildung 6 zeigt die Schnittstellenklassenbibliothek Con nectorLib_IEC61076 und ihre ersten beiden Hierarchieebenen. Die ConnectorLib_IEC61076 ist die Schnittstellenklassen bibliothek für alle Steckverbinder-Klassen, die sich auf die IEC61076 beziehen. Abbildung 5: Rollenklassenbibliothek für typische Schnittstellenfunktionen » Die Klasse IEC61076-2 ist eine abstrakte Schnittstellen klasse für Teil 2 der IEC62076. » Die Klassen M12, M8 und M5 sind die Basisklasse für die jeweiligen abgeleiteten Steckverbinder-Klassen, abge leitet von ElectricInterface nach dem Automation Com ponent Model. » Die Klasse PinType ist die Basis-Schnittstellenklasse, die einen elektrischen Pin modelliert. Alle Pins werden von dieser Klasse abgeleitet. Die weiteren Klassen IEC61076-2-101...105 modellieren die Hierarchie der elektrischen Schnittstellen der verschiedenen Subspezifikationen der IEC61076-2, siehe Abbildung 6. Die weiteren vorhandenen Bibliotheken widmen sich der Modellierung von M7-8, RJ45, USB und Klemmenan schlüssen. Modellierung von Attributen In der GenericIndustrialAttributeTypeLib wurde eine Reihe von Attributtyp-Bibliotheken entwickelt (siehe Abbildung 4). Abbildung 7 zeigt dies anhand einiger Beipiel-Attributetypen. Diese Attributtypen werden über eine selbsterklärende Be schreibung und, wo möglich, über semantische Referenzen zu existierenden Semantikbibliotheken (z.B. IEC-CDD, eC lass) menschen- und maschinenlesbar definiert. Abbildung 8 zeigt die Anwendung der Attribut-Bibliotheken beispielhaft anhand der Attribute der Basis-Interface-Klasse Abbildung 6: Basisklassen und unterstützte Coding-Varianten gemäß M12. Alle M12-Varianten erben diese Attribute. IEC61076-2 4
Schnittstellentypen » Existierende Schnittstellenklassen für el. Schnittstellen sollen bestmöglich wiederverwendet werden. » Neue elektrische Schnittstellentypen müssen in einer CAEX InterfaceClass modelliert und direkt oder indirekt von der Schnittstellenklasse ElectricInterface aus der Bibliothek AutomationMLComponentBaseICL abgeleitet sein. » Gemeinsame Eigenschaften sollten in einer abstrakten InterfaceClass modelliert werden, Varianten eines Schnittstellentyps sollen durch Ableitung der abstrakten InterfaceClass gebildet werden: so erben sie die gemein Abbildung 7: GenericIndustrialAttributeTypeLib samen Eigenschaften und fügen variantenspezifische Daten hinzu. Modellierung von kabelbezogenen Rollen Pins Abbildung 9 zeigt die kleine Bibliothek CableRoleClassLib, » Pins sind immer als ExternalInterface modelliert. bestehend aus den Rollen Cable, Wire und Adapter. Sie mo dellieren die Semantik entsprechender Objekte und werden » Elektrische Pins sollen bestmöglich von existierenden verwendet, um Klassen oder Instanzen maschinell inter Klassen abgeleitet werden. pretieren zu können. Als Basis-Rolle wurde die AML Stan dardrollenklasse Resource gewählt, weil Kabel, Drähte und » Neue Pin-Typen müssen in einer CAEX InterfaceClass Adapter selbst noch keine spezifischen Funktionen besitzen, modelliert und direkt oder indirekt von der Schnittstel sondern abstrakte Produktionsressourcen sind. lenklasse ElectricInterface aus der Bibliothek Automa Eine spätere Erweiterung oder Spezialisierung dieser Rollen tionMLComponentBaseICL abgeleitet werden. ist mit Bordmitteln von AutomationML realisierbar. Die Nut zung eines konkreten Kabels z.B. später als PhysicalConnec » Gemeinsame Eigenschaften sollten in einer abstrakten tion aus AutomationML Teil 5 ist durch eine weitere Zuord InterfaceClass modelliert werden, Varianten eines Pins nung dieser Rolle möglich. sollen durch Ableitung der abstrakten InterfaceClass gebildet werden: so erben sie die gemeinsamen Eigen schaften und fügen variantenspezifische Daten hinzu. Generische Modellierungsregeln Die Modellierung von elektrischen Schnittstellen (Steckver Konkrete elektrische Schnittstellen bindern) in AutomationML folgt einfachen generischen » Elektrische Schnittstellen sind immer als ExternalInterface Regeln (siehe Anforderungen b und h), die die Weiterent modelliert. wicklung vereinfachen und vereinheitlichen. » Wenn elektrische Schnittstellentypen in einem konkreten Schnittstellenbibliotheken Komponentenmodell verwendet werden, sollen diese » Existierende Schnittstellenbibliotheken sollen bestmög durch Instanziierung der jeweils passenden Schnittstel lich wiederverwendet werden. len-Klassen aus der InterfaceClassLib modelliert werden. » Neue Schnittstellenbibliotheken sollten für eine eindeu » Die direkte Zuordnung des jeweiligen InternalElements tige Identifizierung nach der zugrundeliegenden Norm zur Rollenklasse ElectricConnector der Bibliothek Auto benannt werden, z.B. „IEC61076-2-101“. mationMLComponentStandardRCL identifiziert die Abbildung 8: Attribute der M12 Basisklasse 5
Funktion und stellt auf der Ebene des Steckverbinders das ExternalInterface bereit. » Falls ein physischer Steckverbinder aus zusammenge setzten Steckerverbindern besteht, werden diese ent Abbildung 9: Kabel-Rollenklassen sprechend geschachtelt modelliert. Die unterste Ebene sind dabei immer ElectricInterfaces, vorzugsweise Pins vom Typ PinType. » Kompatible elektrische Schnittstellen können über die als CAEX ExternalInterface deklarierte Knoten direkt miteinander über CAEX InternalLinks verbunden wer den. Optional können auch die einzelnen Pins direkt verbunden werden, allerdings sollte die Verbindung des übergeordneten physischen Steckverbinders meist aus reichend sein, weil dies auch die Verbindung der unterla gerten elektrischen Pins impliziert. Diese Vereinfachung sollte aber standardmäßig nur bei einer identischen An zahl von Pins auf beiden Seiten und 1:1-Verbindungen angewendet werden. Attribute Abbildung 10: SystemUnitClass eines Kabels mit 4 Adern » Bei der Definition von neuen Attributen sollten existierende Attributtypen bestmöglich wiederverwendet werden. » Neue Attributtypen werden als CAEX AttributType in einer zugehörigen CAEX AttributTypeLibrary modelliert. » Wenn verfügbar, sollen Attribute und Attributtypen Ver weise auf existierende semantische Standards (z.B. IEC- CDD, ECLASS) via RefSemantic erhalten. Logische Schnittstellenfunktionen » Neue logische Schnittstellenfunktionen sollen von vor handenen Schnittstellenfunktionsklassen, sofern ver fügbar, abgeleitet werden. » Neue Funktionen sollen in eigenen Rollenklassenbiblio theken modelliert und direkt oder indirekt von Automa tionMLBaseRoleClass aus der Standardbibliothek Auto mationMLBaseRoleClassLib abgeleitet werden, die Teil der IEC 62714-1 Spezifikationen ist. » Jede Schnittstellenfunktion und ihre Bedeutung soll do kumentiert und unter Stakeholdern verfügbar gemacht werden. Eine Publikation auf der Webseite des Automa Abbildung 11: M12 nach M12 Kabel tionML Vereins ist empfehlenswert, um sie öffentlich zu gänglich zu machen. einzelne Kabel durch Vererbung wiederum seine individuellen Enden P1 und P2 sowie individuelle Merkmalsausprägungen Anwendungsbeispiele besitzt, z.B. individuelle Farben. Dieses generische Kabel M12 nach M12 Kabel lässt sich nun vielfach wiederverwenden und mit konkreten Um Kabel abzubilden, soll zunächst in Abbildung 10 das elektrischen Schnittstellen ergänzen. grundsätzliche Modellierungsprinzip dargestellt werden. Abbildung 11 konkretisiert das Modellierungsprinzip und Ein Kabel besteht aus einzelnen Adern. Das dargestellte zeigt einen Ausschnitt eines konkreten Kabelmodells aus Klassenmodell modelliert diese mit Hilfe einer SystemUnit einem proprietären Kabelkatalog: ein M12 nach M12 Kabel, Class für eine einzelne Ader (SingleWire), die zwei Enden P1 das aus einer M12 Buchse, einem M12 Stecker sowie vier Ein und P2 besitzt. Eine weitere SystemUnitClass 4Wires kombi zeladern zusammengesetzt ist. Die Verschaltung der Adern niert vier dieser Adern zu einem 4-adrigen Kabel, wobei jedes mit den Pins der Stecker wurde dabei mit CAEX InternalLinks 6
explizit modelliert. Dies ermöglicht die Modellierung jeder Form der Verdrahtung, beispielsweise von Überkreuzver drahtung. Sogar Kabelbrüche oder Kontaktfehler lassen sich zu Testzwecken modellieren. Automatisierungskomponente Die elektrischen Schnittstellenmodelle lassen sich nun leicht in bestehende Modelle von Automatisierungskompo nenten, speziell hier in eine Modellierung gemäß der Auto mation Component [5], einbetten, womit Anforderung (g) erfüllt wird. In Abbildung 12 wird unter Verwendung der M12-Rollen-Klassenbibliothek exemplarisch eine Automa tisierungskomponente der Fa. Balluff vom Typ „BNI PNT- 507-005-Z040“ (IO-Link-Master-Gateway) mit einer Span nungsversorgung (7/8 5-polig), zwei Ethernet-Buchsen (M12 D-kodiert 4-polig) und vier IO-Link-Master-Ports (M12 A- kodiert 5-polig) abgebildet. Automatisierungstopologie Darauf aufbauend lässt sich nun eine vernetzte Automati sierungstopologie modellieren, d.h. ein System verkabelter Automatisierungskomponenten. Unter Verwendung der Schnittstellen-Bibliothek können Engineering.-Topologien in einem voll ECAD-fähigen Modell abgebildet werden. Ab bildung 12 zeigt dies mit Hilfe eines CAEX Modells einer ein Abbildung 12: CAEX SystemUnitClass einer Automatisierungskomponente fachen Topologie am Beispiel des IO-Link-Masters, der über mit elektrischen Schnittstellen ein M12-Kabel mit einem IO-Link-Hub und mit einem weiteren M12-Kabel mit einem binären Sensor verbunden ist. Verfügbarkeit Insgesamt umfassen die entwickelte Schnittstellenbiblio theken 245 elektrische Schnittstellenklassen für M12, M8, M5, M7-8, RJ45, einige USB-Derivate und Klemmenstecker. Diese sind in 6 Schnittstellenbibliotheken getrennt nach den zugehörigen Standards (falls vorhanden) modelliert, siehe Abbildung 4. Darüber hinaus umfasst das Domänenmodell vier Attribute bibliotheken. Eine Rollen-Bibliothek ConnectorFunctionRCL für logische Schnittstellenfunktionen erlaubt die getrennte Modellierung und nachträgliche Änderung der Funktion eines physischen Steckverbinders. Die Modellierung der Bibliotheken erfolgte bereits nach dem aktuellen AutomationML Standard Edition 2 basierend auf CAEX 3.0. Diese Bibliotheken werden vom AutomationML Verein frei zur Verfügung gestellt (siehe Anforderung e) und stehen sowohl auf der AutomationML Website als auch direkt im freien AutomationML Editor [13] zum Download zur Ver fügung. Dazu wird im AutomationML Editor im Menü File/ Import/From AutomationML ausgewählt. Dort erscheint eine Liste abrufbarer Bibliotheken, hier kann die Best Prac tice Recommendation Modelling of Electric Interfaces aus gewählt und heruntergeladen werden. Abbildung 13: CAEX InstanceHierarchy einer Automatisierungstopologie mit elektrischen Schnittstellen Zusammenfassung In diesem Beitrag wird eine Methodik zur Modellierung von elektrischen Schnittstellen mit AutomationML vorgestellt umgesetzt. Diese Bibliotheken bieten einen herstellerneut und anhand von 245 elektrischen Schnittstellen erstmals ralen Baukasten in Form standardisierter industrieller Steck 7
Abbildung 14: Verfügbarkeit der Bibliotheken im AML Editor verbinder. Am Beispiel eines Kabels, einer Automatisierungs e.V. und wurde in die dortigen Entwicklungen der Auto komponente und einer Gerätetopologie wird illustriert, wie mation Component im Whitepaper [5] aufgenommen. Da mit diesen herstellerneutralen Klassen die Modellierung mit erfüllt sie alle beschriebenen Anforderungen a) - h). konkreter proprietärer Produkte mit ihren individuellen Mit der hier vorgestellten Methodik wurde ein Modellie Ausprägungen gelingt. Dieser Beitrag bietet somit bei her rungsbaukasten entwickelt, mit dem sich zügig sowohl stellerneutraler Methodik einen realen und industriellen weitere herstellerneutrale elektrische Schnittstellen Praxisbezug und zeigt, dass die Vielfalt wettbewerblicher als auch proprietäre Produkte mit Anwendung dieser Produkte abbildbar ist. Die daraus hervorgehenden viel Schnittstellen modellieren lassen. Der hier vorgestell fältigen Anwendungspotentiale werden aufgezeigt. te Ansatz versteht sich als weiterer Schritt auf dem Weg Im Ergebnis wurde eine umfangreiche Bibliothek elektri zu elektronischen Produkt/Lösungskatalogen und der scher Schnittstellen entwickelt, die unter [11] zur freien fortschreitenden Digitalisierung von Geschäfts- und Pla Verfügung steht. Organisatorisch wurden die hier be nungsprozessen in der Industrie und versteht sich als Bei schriebenen Ansätze nach der Methode der Speed-Stan trag zur Vision der Verwaltungsschale der Industrie 4.0. dardisierung gemäß [12] innerhalb von 6 Monaten umge Interessierte Anwender sind eingeladen, Kontakt zu den setzt. Die Entwicklung erfolgte in enger Abstimmung mit der Autoren aufzunehmen und weitere Schnittstellen zu er Automation-Component-Arbeitsgruppe im AutomationML gänzen. Referenzen [7] VDI/VDE 3697-2: Recommendation for the technical implementation of [1] IEC 60603-7: Connectors for electronic equipment - Part 7: Detail specifica- data exchange between engineering systems - Data exchange of process tion for 8-way, unshielded, free and fixed connectors. data in accordance with NE 159 using AutomationML [2] IEC 60807-2: Rectangular connectors for frequencies below 3 MHz - Part 2: De- [8] DEXPI: Data exchange with ISO 15926 – A way to improve doing business, tail specification for a range of connectors, with assessed quality, with trapez- 2012. oidal shaped metal shells and round contacts - Fixed solder contact types. [9] Drath R., Malakuti S., Grüner S., Grothoff J., Wagner C., Epple U., Hoffmeis- [3] ANSI B93.55M: Hydraulic Fluid Power - Solenoid Piloted Industrial Val- ter M., Zimmermann P.: Die Rolle der Industrie 4.0 „Verwaltungsschale“ ves - Interface Dimensions for Electrical Connectors; Appendix (NFPA und des „digitalen Zwillings“ im Lebenszyklus einer Anlage - Navigations- T3.5.29M-1980). hilfe, Begriffsbestimmung und Abgrenzung. In: Tagungsband zur Automa- [4] IEC 61076-1: Connectors for electronic equipment - Product requirements tion 2017. Langfassung auf Tagungs-CD (12 Seiten), VDI-Verlag, Baden-Ba- - Part 2-101: Circular connectors - Detail specification for M12 connectors den, 2017, ISBN ISBN 978-3-18-092293-5. with screw-locking. [10] IEC 62714 Ed. 2: Engineering data exchange format for use in industrial [5] Whitepaper Part 6 - Description of AutomationML Components, V1.0, Oct. automation systems engineering (AutomationML). International Electro- 2020, www.AutomationML.org technical Commission, IEC, 2018. [6] VDI/VDE 3697-1: Recommendation for the technical implementation of [11] AutomationML Best Practice Recommendations: Modelling of electric data exchange between engineering systems for PCE and PCS - Data ex- Interfaces (Draft, Request for Comments). Nov. 2019. Verfügbar unter change of process data in accordance with NE 150 using AutomationML www.automationml.org. 8
[12] Schüller A., Scholz A., Tauchnitz T., Drath R., Scherwietes T.: Speed-Stan- [13] AutomationML Editor. Frei verfügbar unter www.automationml.org. dardisierung am Beispiel der PLT-Stelle. In: atp edition 1-2/2015, S. 36-46, Oldenbourg-Verlag 2015. AUTOREN Prof. Dr.-Ing Rainer Drath (geb. 1970) lehrt seit 2017 Prof. Dr.-Ing Rainer Drath Mechatronisches System-Engineering, AutomationML, Hochschule Pforzheim, Funktionale Sicherheit und Messtechnik an der Tiefenbronner Straße 65 Hochschule Pforzheim. Er studierte von 1990 bis 75175 Pforzheim 1995 an der Technischen Universität Ilmenau rainer.drath@hs-pforzheim.de Automatisierungstechnik und promovierte von 1996 bis 1999. Anschließend war er für 17 Jahre im ABB Forschungszentrum als Projektleiter, Gruppenleiter, Program Manager und Senior Principal Scientist tätig. Sein Forschungsschwerpunkt ist das interdisziplinäre System-Engineering sowie Industrie 4.0. Er ist Architekt von AutomationML und einer der Väter von CAEX. Markus Rentschler (geb. 1965) hat ein Studium zum Dipl.- Markus Rentschler Ing.(FH) der Elektrischen Nachrichtentechnik an der FH Balluff GmbH Konstanz und zum Master of Science in „Digital Systems Schurwaldstr.9 Engineering“ an der Heriot-Watt-University in Edinburgh 73765 Neuhausen absolviert. Sein beruflicher Werdegang führte ihn seit markus.rentschler@balluff.de 1994 in der Entwicklung eingebetteter Software über ver schiedene Stationen, Ende 2013 wechselte er zur Balluff GmbH als Entwicklungsleiter für Networking-Produkte. Seit 2018 ist er mit seinem Team zuständig für die Stan dardisierung der Systemschnittstellen der Balluff-Produktfamilien. Das umfasst die Mitwirkung in den einschlägigen externen Standardisierungsgremien als auch die Bereitstellung von entsprechenden vorent wickelten Software-Modulen für die Produktentwick lungsabteilungen bei Balluff. Darüber hinaus unterrichtet er seit 2010 als nebenberuflicher Dozent an der DHBW Stuttgart das Fach „Software Engineering“. 9
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