Nach Paris: Warum eine Energiewende für China schwierig wird
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KLIMA Nach Paris: Warum eine Energiewende für China schwierig wird Andreas Beyer Der Klimagipfel in Paris war ein diplomatischer Erfolg. Auch die beiden größten Volkswirtschaften der Welt, die Volksrepu- blik China und die Vereinigten Staaten, stellen ihre Energiepolitik um: Obamas Clean Power Plan ist seit August 2015 be- schlossen und sieht eine massive Reduktion von Emissionen vor. Die Volksrepublik investiert ebenfalls schon lange massiv in erneuerbare Energieträger. Ist das Klimaproblem damit gelöst? Wohl kaum: Ein genauer Blick darauf, wie Energieinfra- struktur in der Volksrepublik in politische und wirtschaftliche Institutionen eingebettet ist, stimmt eher skeptisch. Die Klimapolitik war bisher das Stillleben der internationalen Diplomatie: Verfahrene > > F L E X I B I L I TÄT E N Verhandlungen mit hunderten von Parteien und mageren Ergebnissen waren die Regel. Regalmeter von sozialwissenschaftlicher Literatur beschäftigten sich damit, wie Gip- feltreffen und Politikinhalte zugeschnitten werden müssten, um möglichst schnell zu einem verbindlichen Emissionsredukti- onsziel zu kommen. Als die größten Brem- ser galten dabei u. a. lange die USA und die Volksrepublik China. Die beiden weltweit größten Volkswirtschaf- ten und größten Emittenten wandten sich lange gegen verbindliche Klimaregeln. Den schwarzen Peter schoben sie sich dabei ge- genseitig zu: Wenn die reichen Amerikaner nicht ihre hohen Emissionen verbindlich Regelmäßige Überlastung und steigende Emissionen bei konstantem Ausbau der Kapazitäten sind reduzieren wollen, warum sollten ärmere ein wiederkehrendes Muster des Wachstumsmodells der Volksrepublik China Staaten wie China ihnen folgen? Umgekehrt war der Verweis auf die hohen und stetig steigenden CO2-Emissionen der Volksrepu- de ein internationaler Vertrag abgeschlos- und politische Institutionen – also gewisser- blik (Abb. 1) das Standardargument Wa- sen und die beiden größten Emittenten sind maßen in ein „Betriebssystem“ – eingebettet shingtons, möglichst ambitionierte und ver- mit an Bord – ist damit Rdas EGE L E N E R GKlima- Problem I E M A R K Tist, , Pstimmt O W E R -aber T O - Geher A S skeptisch. bindliche Ziele auch für Peking und andere wandel kollektiv gelöst? Schwellenländer zu fordern [1]. Energieinfrastruktur in der Nein. Zwar steht Peking nun eindeutig vor politischen Ökonomie Chinas Mit dem Erfolg des Klimagipfels von Paris der Aufgabe, die Emissionen zu reduzieren. scheint dieser gordische Knoten zerschla- Hauptangriffspunkt wird dabei die Ener- Wie ist nun die Energieinfrastruktur an den gen. Es existiert die Pflicht zu nationalen gieinfrastruktur sein, also die vorhandenen politischen und wirtschaftlichen Instituti- Emissionsreduktionszielen, diese werden Kraftwerke und Hochspannungsnetze. Aus onen der Volkrepublik aufgehängt – und international überprüft. Schon vor dem diesem Sektor stammen laut UNFCC etwa warum ist sie so emissionsintensiv und Gipfel einigten sich die Präsidenten Barack 70 % der Treibhausgase, er stellt mit Abstand ineffizient? Politikwissenschaftliche Mikro- Obama und Xi Jinping auf ein gemeinsames den größten Posten in dieser Statistik dar [3]. erklärungen konzentrieren sich hier auf die Reduktionsziel. Im August 2015 verkündete Für diesen Bereich müssen langfristige In- Steuerungsprobleme von Chinas Kommu- Obama seine neue Energiepolitik, den Clean vestitionsentscheidungen gefällt werden. Der nistischer Partei innerhalb von Ministerial- Power Plan. Auch in Peking unterstreicht Erfolg der nationalen Reduktionsziele hängt hierarchien. Korrupte Kader und ein schwa- man schon lange den politischen Willen, die also entscheidend davon ab, wie die Umset- ches Rechts- und Kontrollsystem seien der Emissionen zu reduzieren [2]. Die für die zung der politischen Vorgaben und Pläne ge- Grund für Umweltschäden und die Durch- Bevölkerung kaum noch erträgliche Luftver- nau in diesem Bereich gelingt. Ein genauer setzungsprobleme der Führungsebene im schmutzung in den Ballungsräumen erhöht Blick auf die Art und Weise, wie die chinesi- Allgemeinen und in der Energiepolitik im den Handlungsdruck hier massiv. Nun wur- sche Energieinfrastruktur in wirtschaftliche Besonderen [4]. 70 ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 66. Jg. (2016) Heft 5
KLIMA Auch wenn diese Feststellungen nicht falsch sind, lassen sie doch entscheidende Faktoren außer Acht: Die Energieinfrastruktur folgt physikalischen Gesetzen und produziert ein Wirtschaftsgut – Elektrizität – mit Hilfe von Rohstoffen in Form der Energieträger. Politik ist also nur ein Teil der Gleichung, die Ana- lyse internationaler Vereinbarungen und po- litischer Statements alleine reicht nicht aus. Wie sieht also eine vollständigere Erklärung für die beständig steigenden Emissionen der Volksrepublik aus? Hier soll argumen- tiert werden, dass die anhaltende Ineffizienz und die hohen Emissionswerte aus der Ver- knüpfung der Energieinfrastruktur mit po- litischen und wirtschaftlichen Institutionen resultieren. Ein genauer Blick verrät, dass Abb. 1 CO2-Intensität der Volksrepublik China diese Einbettung überraschenderweise funk- tionell an die Rolle des Stromsektors in der Planwirtschaft sowjetischer Prägung erin- beheben, wurden die Investitionen in Indus- dieser der nachgefragten Last hinterher. nert. Pointierter formuliert: Mehr als dreißig triegüter teilweise wieder zurückgenommen Jeder neue „Konjunkturzyklus“ mit neuen Jahre Wirtschaftsreformen sind an diesem und in den Verbrauchsgütersektor gelenkt. Investitionen in energieintensive Schwer- Teil der chinesischen Volkswirtschaft teilwei- industrien verschlimmerte das Problem [6]. se vorbeigegangen. Und genau dies stimmt Daraus ergab sich ein recht eigentümlicher für zukünftige Reformen nicht gerade zuver- „Konjunkturzyklus“ der Planwirtschaft: Wirtschaftsreformen: Markt- sichtlich, da sich hier offensichtlich hartnä- Überinvestition in Schwerindustrie, Auf- wirtschaft mit Einschränkungen ckige Pfadabhängigkeiten eingenistet haben. laufen von industriellen Vorprodukten, Ver- schlechterung der Konsumgüterversorgung, Die Wirtschaftsreformen Deng Xiaopings Energieinfrastruktur in Rücknahme der ambitionierten Pläne, Ver- und seiner Nachfolger brachten die Markt- der Planwirtschaft besserung der Konsumgüterversorgung – wirtschaft in die Volksrepublik und mach- und wieder von vorn mit neuen Plänen und ten sie zu einer der erfolgreichsten Schwel- Während der planwirtschaftlichen Periode Investitionen. lenländer Ostasiens. Dabei musste die KP Chinas orientierte sich die Energieinfra- die Risiken eines Übergangs von der Plan- struktur an der Nachfrage durch die favo- Wie ist es nun um die Energieinfrastruktur zur Marktwirtschaft navigieren. Arbeitslo- risierte Schwer- und Rüstungsindustrie. in diesem System bestellt? Jeder neue Inves- sigkeit, Hyperinflation und der Kollaps der Als Priorität der Wirtschaftsstrategie der titionsschub produziert nicht nur ungenutz- Finanzbasis des Staates mitsamt seiner al- politischen Kader sollten sich diese Sekto- te Überkapazitäten in der Industrie, sondern ten Steuerungsinstrumente sind nur einige ren besonders schnell entwickeln und er- bringt auch die Energieinfrastruktur an die der Probleme, die dabei zu managen sind. hielten bevorzugt günstige Kredite von der Belastungsgrenze. Da es auch keinen echten Um die Kontrolle zu behalten, entschieden Monopolbank. Ein selbstständig handelnder Preismechanismus für Strom gibt, besteht sich die Reformer um Deng für eine gradu- Finanzsektor existierte nicht, Konsumgüter auch kein Anreiz zur Energieeffizienz. Der elle Strategie. Während die Kader die Land- wurden vernachlässigt. Da es einen funkti- Kraftwerkspark kann daher meistens die wirtschaft und Leichtindustrie schnell in die onierenden Preismechanismus weder für angeforderte Last nicht liefern. Damit führt Privatwirtschaft entließen, hielten sie zen- Zwischen- und Vorprodukte noch für Kre- jeder neue Investitionszyklus zu einer mas- trale Sektoren unter ihrem direkten Zugriff. ditmittel gab, war es eine rationale Strate- siven Überlastung des Kraftwerksparks Dazu zählten insbesondere der Finanz- und gie für Betriebe, Vorprodukte zu horten und mit Stromausfällen. Neben den Bergen von Energiesektor. Weiterhin sollten subventio- möglichst viel Liquidität von der Zentrale Vorprodukten ohne Abnehmer steht also ein nierte Stromlieferungen und billige Kredite abzurufen. Damit stellten sie sicher, die Zie- Großteil der Produktionskapazität regelmä- soziale Härten abfedern und der Partei ei- le der Fünfjahrespläne zu erfüllen. ßig still [5]. nen Grad von Kontrolle erlauben. Während sich nun in der Industrie halbfer- Die Volksrepublik China entsprach vor den Dabei erkaufte Deng sich die Zustimmung tige Produkte und cash stapelten, war die Wirtschaftsreformen diesem Modell. Fab- der Kader zu seinen Wirtschaftsreformen schlechte Versorgung mit Konsumgütern riken standen mehrere Tage in der Woche mit Zugeständnissen gerade in diesen Sekto- Grund für Unzufriedenheit der Bürger mit ohne Strom still. Auch wenn die Kapazität ren: Zwar blieb die Kontrolle über die neuen der Kaderherrschaft. Um dies zeitweise zu des Kraftwerksparks konstant wuchs, lief Staatsbanken und die Energieinfrastruktur ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 66. Jg. (2016) Heft 5 71
KLIMA fest in den Händen der Partei, wanderte aber titionen, 1992 bis 2000 musste der faktisch Reformen greifen zu kurz von der Zentrale in Peking in die Provinzen bankrotte Staatsbankensektor von faulen ab. Dort konnten die Kader selbst über Inves- Krediten gesäubert werden. Danach begann An diesem eingefahrenen System haben titionsprogramme und die nötigen Kraftwer- der nächste Zyklus von 2001 bis 2006, da- die Kader der KP schon diverse Reformen ke entscheiden. Die Folge dieses Programms rauf folgte wieder verordnete Austerität. Der versucht – keine hat die oben beschriebene war zwar eine Erholung der Landwirtschaft letzte Zyklus begann 2008 mit einem Inves- Logik durchbrochen. Die vier großen Staats- und damit auch eine massive Verbesserung titionsprogramm der Staatsbanken als Re- banken, die sog. Big Four, sind 2005 nominell des Lebensstandards der Bevölkerung [7]. aktion auf die beginnende Weltfinanzkrise. privatisiert und an internationalen Aktien- märkten platziert worden – die Mehrheit hält Neben diesen bekannten Erfolgen produzier- Jeder Schub brachte zwar auf dem Papier aber immer noch die KP. Ferner sind dem te die neue Hybridwirtschaft aber auch ihren hohe Wachstumsraten, aber auch über- Bankensystem noch Aktien- und Anleihen- eigenen „Konjunkturzyklus“ von boom und mäßige Investitionen in energieintensive märkte beigeordnet worden – welche aber bust: Der Zugriff auf das Staatsbankensys- Sektoren, etwa für Zementherstellung, aufgrund diverser Konstruktionsfehler keine tem durch die Provinzkader befeuerte zwar Aluminium und ähnliches, die ohne die funtionierende Alternative zu dem gewachse- dort das regionale Wirtschaftswachstum, billigen Kredite der Staatsbanken und re- nen System sind: Auf beiden Märkten ist eine schaffte aber auch Berge von faulen Krediten gelmäßigen, verordneten Investitonszyklen echte Preisbildung für Kreditmittel mangels durch unrentable Investitionen und drohen- mit Überkapazitäten kämpften. Faktisch Transparenz und diverser Zugriffsrechte der de Hyperinflation. Erreichten Meldungen wurden damit jedesmal unrentable Projekte Kader nicht möglich. Verbindendes Element und Daten über diese volkswirtschaftlichen und faule Kredite in den Bankbilanzen auf- dieser bruchstückhaften Reformen ist daher, Ungleichgewichte die Zentrale, zog diese gehäuft, die dann in einer Austeritätsperio- dass westlich-marktwirtschaftliche Institu- zeitweise die Kontrolle wieder an sich. Der de mühsam abgeschrieben werden mussten tionen nominell übernommen werden, die- Zugriff auf die Neuvergabe von Krediten der [9]. Die Energieinfrastruktur aus Kraftwer- se aber mit mehreren eingebauten Fehlern Staatsbanken wanderte dann von den Provin- ken und Hochspannungsnetzen war mit je- dysfunktional bleiben und zentrale Pfeiler zen zurück nach Peking – und dort drehte dem neuen Zyklus überfordert. des Finanzsystems nicht aus dem direkten man den Kredithahn abrupt zu. Nach einer Zugriff der KP entlassen werden [11]. Austeritätsperiode, in der die Inflation wieder In Berichten der Weltbank, der Internationa- stark fiel, begann der Zyklus von vorne [8]. len Energie-Agentur und der Presse finden Ähnliches findet sich auch in der Energiein- sich immer wieder Hinweise auf Stromaus- frastruktur. Die alte State Power Corporati- Energieinfrastruktur in fälle, wenn die KP den Kredithahn aufdreh- on of China wurde 2002 in konkurrierende der Hybridwirtschaft te [10]. Die technischen Eigenschaften von Kraftwerksbetreiber und separate Netzbe- Energieinfrastruktur – die geforderte Last treiber aufgespalten. Damit orientiert sich Neben den jahrelangen, bewundernden Er- muss geliefert werden, um Netze stabil zu das Regulierungsmodell auf den ersten Blick folgsmeldungen der deutschen und interna- halten – zwang die Netzsteuerung, auch die an westlichen Vorschlägen zu Konkurrenz tionalen Presse über den wirtschaftlichen ältesten, emissionsintensivsten und ineffizi- auf Strommärkten; gegenüber dem alten Mo- Aufstieg der Volksrepublik blieb lange ver- entesten Kraftwerke anzufahren. Jeder neue dell des vertikal voll integrierten Stromver- nachlässigt, dass der oben beschriebene Zy- Investitionsschub aus dem Staatsbanken- sorgers soll dies den Effizienzdruck erhöhen. klus nun schon mehrere Wellen hinter sich system brachte daher bisher neue Emissi- hatte. Von 1980 bis 1991 boomten die Inves- onsrekorde. Die neuen Kraftwerksbetreiber sind aber wie die Banken nur nominell privatisiert – analysiert man die Besitzerstruktur genau- er, verbleiben sie unter direktem Zugriff verschiedener Ebenen der KP. Diese Firmen stürzen sich seit 2005 in ein ambitioniertes Ausbauprogramm für neue, größere Kohle- kraftwerke. Diese Investitionen realisieren zwar endlich die Skaleneffekte größerer Kraftwerksblöcke, laufen aber weiterhin der Nachfrage hinterher [12]. In ihren Jahres- berichten räumen die Kraftwerksbetreiber ein, zwischen steigenden Rohstoffpreisen und immer noch zu geringen Einnahmen aus dem verkauften Strom zu leiden – sie überleben aber dank der günstigen Kredite der Staatsbanken (siehe Abb. 2) [13]. Die Abb. 2 Entwicklung hin zu größeren Kraftwerksblöcken am Beispiel des Kraftwerksparks Huadian Inter- Parallelen zu dem alten System in der Plan- national 1999-2014 wirtschaft werden jetzt mehr als deutlich. 72 ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 66. Jg. (2016) Heft 5
KLIMA In diesem Zusammenhang muss auch der Kern des Problems ist der Finanzsektor, Re- http://www.theguardian.com/environment/2015/ vielgelobte rasante Ausbau der erneuerba- formen sind hier am dringendsten – schließ- dec/02/china-says-it-will-cut-power-sector-emissions- ren Energieträger interpretiert werden. Zwar lich sind es die billigen Kredite, die die In- 60-by-2020 werden in einer atemberaubenden Geschwin- vestitionsschwemmen in energieintensive, [3] United Nations Climate Change Secretariat: Emissi- digkeit neue Kapazitäten in Windparks und aber unprofitable Projekte anheizen. Eine ons Summary for China. Solarindustrie geschaffen, diese sind aber wirkliche Privatisierung der Staatsbanken [4] Vgl. zum Überblick etwa Dröge, S.; Wacker, G.: Chi- nur schlecht in das Hochspannungsnetz ein- ist also ein zentraler Schritt. Allerdings sind na und die internationale Klimapolitik. SWP Aktuell gebunden. Windkraftfirmen klagen in ihren die Hürden hierfür besonders hoch: Neben 56, September 2014. Jahresberichten über “grid curtailment“ und den massiven Abschreibungen in Bankbi- [5] Kornai, J.: Das sozialistische System – Die politische geringe Lastfaktoren, werden aber mit Kre- lanzen und der damit fast schon sicheren, Ökonomie des Kommunismus. Baden-Baden 1992. diten der Staatsbanken weiter gefördert [14]. massiven Wirtschafts- und Finanzkrise in [6] Smil, V.: Energy in China‘s Modernization – Advan- Damit ist also der Zustand der Energieinfra- der Volksrepublik steht einer Reform auch ces and Limitations. New York 1988. struktur auch in diesem Bereich charakteris- ein der KP eigentümliches Problem im Weg. [7] Naughton, B.: Growing out of the Plan – Chinese tisch für die oben dargestellten Fehlentwick- Economic Reform 1978 – 1993. New York 1995, sowie lungen: Kredite der Staatsbanken päppeln Der Zugriff auf das Finanzsystem und damit auch Lardy, N.: China‘s unfinished economic revoluti- Investitonen in faktisch unrentable Projekte die Kredite ist innerhalb der größtenteils on. Washington 1998. mit geringer Kapazitätsauslastung – hier in informell ausgehandelten Machtverteilung [8] Huang, Y.: Inflation and Investment Control in Chi- die Windparks mit sehr geringen Lastfak- der zentrale bargaining chip zur Stabilisie- na: The Political Economy of Central-Local Relations toren. Der konstante Stromhunger der chi- rung von Herrschaft und der dazu nötigen During the Reform Era. Cambridge 1998. nesischen Volkswirtschaft kann daher nur Seilschaften [15]. Favorisierte Zuteilung [9] Walter, C. E.; Howie, F. J. T.: Red Capitalism – The mit immer neuen Kohlekraftwerken mehr von Investitionsmitteln an Unterstützer fragile financial foundation of China‘s extraordinary schlecht als recht gedeckt werden. in niederen Rängen der Partei signalisiert rise. Singapur 2011. Einfluss und sichert Loyalität und damit [10] Vgl. International Energy Agency: China‘s Power Fazit – it’s not a bug, it’s Aufstieg im Kadernetzwerk. Würden nun Sector Reforms – Where to Next?. Paris 2006. a feature. Aber warum Reformen den Finanzsektor nun aus dem [11] Walter, C. E.; Howie F. J. T.: Privatizing China – In- der Pessimismus? Zugriff der Kader entfernen, fiele dieses side China‘s Stock Markets. Singapur 2006. Instrument für die KP weg. Faktisch sind [12] Zhang, C. / Heller, T. C.: Reform of the Chinese Regelmäßige Überlastung und steigende damit zentrale Stützpfeiler des Wirtschafts- Electric Power Market: Economics and Institutions. In: Emissionen der chinesischen Energieinfra- und Wachstumsmodells der Volksrepublik Victor, D.; Heller, T. C.: The Political Economy of Power struktur bei einem konstanten Ausbau der mit der politischen Herrschaft der Partei Sector Reform. Cambridge 2007, S. 76-102. Kapazitäten sind also ein wiederkehrendes verknüpft. Dies macht ein Ende des Arran- [13] Vgl. etwa Huaneng International: Annual audited Muster des investitionsgetriebenen Wachs- gements und damit eine wesentlich weni- reports and balance sheets. tumsmodells der Volksrepublik. Die vielen ger umweltschädliche Energieinfrastruktur [14] Deweaver, M. A.: Animal Spirits with Chinese Bekenntnisse zu Energieeffizienz und Emis- eher unwahrscheinlich. Characteristics – Investment Booms and Busts in the sionsreduktion sowie die massiven Investi- World‘s Emerging Economic Giant. New York 2012. tionen in Windparks mögen zwar durchaus Anmerkungen [15] Shi, V.: Factions and Finance in China – Elite Con- aufrichtig gemeint sein, ändern aber nichts flict and Inflation. New York 2008. an den oben beschriebenen eingefahrenen [1] Vgl. etwa Geden, O.: Bottom-up statt Top-down: Die in- Zusammenhängen. Es bleibt die Frage nach ternationale Klimapolitik vor dem Paradigmenwechsel. A. Beyer M.A., Institut für Sicherheitspolitik den Möglichkeiten einer Reform – warum Energiewirtschaftliche Tagesfragen 12/2011, S. 60-62. an der Universität Kiel, Christian-Albrechts- ist dieses System nun so schwierig abzu- [2] Reuters: China says it will cut power sector emis- Universität zu Kiel schütteln? sions 60 % by 2020. The Guardian online, 2.12.2015. abeyer@politik.uni-kiel.de ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 66. Jg. (2016) Heft 5 73
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