Natural Stupidity vs. Artificial Intelligence Wie KI und Datenschutzrecht zusammenspielen
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Natural Stupidity vs. Artificial Intelligence Wie KI und Datenschutzrecht zusammenspielen Fritz-Ulli Pieper, LL.M. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Informationstechnologierecht Taylor Wessing, Düsseldorf Private and Confidential BvD-Verbandstage, 6. Juni 2019, Berlin
) Social Media Fritz-Ulli Pieper, LL.M. (Medienrecht und Medienwirtschaft Rechtsanwalt, Fachanwalt für Informationstechnologierecht www.xing.com/profile/Fritz_Pieper3 www.linkedin.com/in/fupieper @fupieper 2
) Inhalt 1 Einleitung 4 2 Grundlegendes zu KI 8 3 KI und Datenschutzrecht 12 4 Zusammenfassung 22 Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 3
) Einleitung „Das Entstehen einer technischen Superintelligenz ist vermutlich die wichtigste und zugleich einschüchterndste Herausforderung, der sich die Menschheit jemals stellen musste.“ — Nick Bostrom, Philosoph, Oxford University We are on the edge of change comparable to the rise of human life on Earth. — Vernor Vinge, amerikanischer Mathematiker, Informatiker und Science-Fiction-Autor Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 5
) Einleitung Grundannahmen Geräte (inter)agieren zunehmend „autonom“, Geräte werden zunehmend „intelligent“ Steuerungssoftware ist auf immer weniger Benutzereingriffe angewiesen und komplexe(re) Abläufe werden „selbst“ gesteuert „Eigene“ Entscheidungen & „eigene“ rechtserhebliche Handlungen 1996: Kasparow verliert gegen „Deep Blue“ 2011: „Watson“ gewinnt in „Jeopardy!“ März 2016: „AlphaGo“ besiegt Lee Sedol März 2016: Google-Auto rammt Bus („Softwarefehler“) September 2016: Nvidia Selfdriving Car mit autark selbstlernendem Algorithmus Juli 2017: Künstliche Intelligenz entwickelt Geheimsprache – Facebook zieht den Stecker Verfügbarkeit fortschrittlicher Computer und schneller und großer Massenspeicher + Big Data Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 6
) Einleitung Herausforderungen für das Recht Technik entwickelt sich rasant fort Akzeptanzprobleme, technische Komplexität, rechtliche Unsicherheit Recht muss faktenbasiert arbeiten Recht muss also Algorithmen und Künstliche Intelligenz „verstehen“, um schlüssige und nachvollziehbare Wertungen ableiten zu können Zusammenspiel von Technik und Rechtsanwendung Problem: Was ist überhaupt „Künstliche Intelligenz“ Wie funktionieren Algorithmen? Was ist mit selbstlernenden algorithmen, „starker KI“? Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 7
) 2 Einleitung – Digitalisierung Zeitlicher Abriss 1970er-Jahre: Mikrochiptechnologie, „Computerisierung“ 2007: 94 % der weltweiten technologischen Informationskapazität digital (1986: 0,8 %) 2008: 76 % der Haushalte und 84 % der Unternehmen nutzen Computertechnik 2013: 100 % der der 14- bis 19-jährigen Deutschen nutzen das Internet (97,5 % der 20- bis 29-jährigen) 2014: Internetnutzung Europa: 73,5 %, Nordamerika: 87,9 % 2014: Industrie 4.0 201X: Autonome Systeme → Künstliche Intelligenz Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 9
) 2 Grundlegendes zu KI Was ist überhaupt KI - Technischer Hintergrund KI ist ein Teilgebiet der Informatik – keine einheitliche Definition des Terminus „Künstlicher Intelligenz“ Autos (gr.) = „selbst“, nomos (gr.) = „Regel“ oder „Gesetz“ 10 Autonomiegrade reine menschliche Autonomie, keine Unterstützung durch Rechner verschiedene Entscheidungsvarianten allein aus der Computersphäre, mit Benachrichtigungs-, Zustimmungs- und Vetorechten des Menschen vollständig autonome, ohne jede Beteiligung des Menschen durchgeführte Entscheidungsfindung und Ausführung einer Aktion Intelligenz: reaktiv, proaktiv, interaktionsfähig, lernfähig Autonomie = Grad der Eigenständigkeit einer Entscheidung, Intelligenz = Qualität der möglichen Lösungsalternativen 10
) 2 Grundlegendes zu KI Was ist überhaupt KI - Technischer Hintergrund Unterscheidung zwischen „schwacher KI“ und „starker KI“ • Die Behauptung, dass Maschinen agieren könnten, als ob sie intelligent wären, nennt man die schwache KI-Hypothese (auch „Artificial Narrow Intelligence“ (ANI) genannt), und die Behauptung, dass Maschinen, die das tun, wirklich denken (und nicht einfach Denken simulieren) die starke KI- Hypothese (auch „Artificial General Intelligence“ (AGI) genannt). Eine (starke) KI kann gegebenenfalls ihr Verhalten verändern, möglicherweise auch über die ursprünglich von Auftraggebern, Entwicklern und Nutzern intendierte Funktionalität hinaus. • Maschinelles Lernen • Artificial Neural Networks (ANN) • Deep Learning („Black Box“-Argument“) 11
3 KI und Datenschutzrecht
) 3.1 KI und Datenschutzrecht – Allgemeines Regulatorischer Rahmen bei KI? Rasante Entwicklungen im Bereich der KI hat auch die Auseinandersetzung mit den dazugehörigen rechtlichen Fragestellungen befördert Nutzung von KI-Systemen beinhaltet häufig Verarbeitung von personenbezogenen Daten Chatbots im Kunden-Support Einstellungsentscheidung im Bewerbungsprozess Robo Advisor (Bankkunde und Investitionsentscheidung) Zusammenspiel von Big Data und KI Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 13
) 3.1 KI und Datenschutzrecht – Allgemeines Regulatorischer Rahmen bei KI? Weder in der deutschen noch der europäischen Datenschutzgesetzgebung finden sich Vorschriften, die direkt auf KI Bezug nehmen oder spezifisch KI- Anwendungsfälle regeln Erwägungsgrund 15 DSGVO: Grundsatz der Technologieneutralität „Um ein ernsthaftes Risiko einer Umgehung der Vorschriften zu vermeiden, sollte der Schutz natürlicher Personen technologieneutral sein und nicht von den verwendeten Techniken abhängen.“ Derzeit: politische Positionspapiere und Expertenkommissionen Europäisches Parlament hat bereits 2015 einen „Bericht mit Empfehlungen an die Kommission zu zivilrechtlichen Regelungen im Bereich Robotik“ vorgelegt High Level Expert Group der EU Kommission Bundesregierung hat eine Strategie Künstliche Intelligenz“ verabschiedet „Datenethikkommission“ Bundestag: Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz“ Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 14
) 3.2 KI und Datenschutzrecht – DSGVO und KI Allgemeines DSGVO beinhaltet schon jetzt eine Vielzahl an Vorschriften, die beim Einsatz von KI unter Verwendung von personenbezogenen Daten unter Berücksichtigung der technischen Besonderheiten einschlägig sein können Technikneutralität! Erlaubnistatbestände Verarbeitungsgrundsätze Betroffenenrechte Automatisierte Einzelentscheidung im Einzelfall einschließlich Profiling, Scoring Datenschutzfolgeabschätzung Bestellung eines Datenschutzbeauftragten Privacy by design, insbesondere bei KI-Softwareentwicklung Privilegien für die Forschung Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 15
) 3.2 KI und Datenschutzrecht – DSGVO und KI Erlaubnistatbestände Einwilligung „bestimmt und informiert“ Betroffener muss sich ein Bild von den für ihn bestehenden Chancen und Risiken machen können Betroffener muss sich ein zutreffendes Bild der beabsichtigten Datenverarbeitung machen können, wobei es auf das Verständnis des Adressatenkreises des Einwilligungsersuchens ankommt Kunden, Verbrauchern oder Arbeitnehmern Interessenabwägung (Güterabwägung) Eingriffsintensität; Art und Weise, in der Informationen verarbeitet werden; Schweregrad potentieller Gefahrenquellen für den Betroffenen Machine Learning = potentiell undurchsichtige Mechanismen im Einsatz, ggf. unvorhergesehene Ergebnisse („Black Box“) (Zweckfremde Weiterverarbeitung, Vereinbarkeitsprüfung) Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 16
) 3.2 KI und Datenschutzrecht – DSGVO und KI Betroffenenrechte Informationen Verantwortliche muss einem Betroffenen Informationen in „präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache“ zur Verfügung stellen KI-Systeme haben per se eine gewisse Komplexität inne Wie konkret muss die Information sein? Wie ausführlich muss sie sein, damit ein Laie sie versteht? Welches Vorwissen darf erwartet werden? Wie wirkt sich all dies auf den Einsatz von KI-Systemen aus, die generell erhöhte Anforderungen an den Grad der Detailliertheit und Verständlichkeit stellt? „zum Zeitpunkt der Erhebung“? wenn bestimmte Verarbeitungsvorgänge aufgrund des Einsatzes autonomer und selbstlernender Systeme bei der Information noch gar nicht absehbar oder konkret zu beschreiben sind Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 17
) 3.2 KI und Datenschutzrecht – DSGVO und KI Automatisierte Einzelentscheidung im Einzelfall einschließlich Profiling, Scoring Automatisierte Einzelentscheidungen Erwägungsgrund 71 nennt beispielhaft die Ablehnung eines „Online-Kreditantrags oder Online-Einstellungsverfahren ohne jegliches menschliche Eingreifen“ In der Tat dürfte KI insbesondere geeignet sein, auf Basis flexibler Datenbestände und eigener Deep Learning-Erfahrungen, bestimmte Entscheidungen autark herbeizuführen Verantwortlicher muss „angemessene Maßnahmen“ zum Betroffenenschutz ergreifen. Insbesondere muss der Betroffene „spezifisch unterrichtet“ werden und eine Entscheidung „erläutert“ werden können. In Bezug auf etwaiges Profiling muss der Verantwortliche „geeignete mathematische oder statistische Verfahren“ verwenden und Maßnahmen einsetzen, die Korrekturmaßnahmen und Fehlerminimierung vorsehen KI-Entscheidungen sind aber im Regelfall wenig bis gar nicht nachvollziehbar. Ende 2018 kam beispielsweise heraus, dass eine KI-basierte Bewerbungssoftware von Amazon systematisch Frauen diskriminierte. Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 18
) 3.2 KI und Datenschutzrecht – DSGVO und KI Automatisierte Einzelentscheidung im Einzelfall einschließlich Profiling, Scoring Automatisierte Einzelentscheidungen & Betroffenenrechte Verantwortlichen treffen Informationspflichten und der Betroffene hat Auskunftsrechte über „aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung“ Unterschiedliche Ansichten, wie weit dies zu verstehen ist von der Mitteilung des „Prinzips hinter der Entscheidung“ bis hin zur „Offenlegung des Algorithmus“. Diese Problematik verstärkt sich beim Einsatz von KI Häufig wird argumentiert, KI-Systeme können auf der Basis maschinellen Lernens ihr Verhalten verändern, möglicherweise auch über die ursprünglich von Auftraggebern, Entwicklern und Nutzern intendierte Funktionalität hinaus. Eher „starre“ Formulierungen in diesem Bereich „KI-spezifisch“ auszulegen? Entscheidung des BGH zur Auskunft über die SCHUFA-Scoreformel? Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 19
) 3.2 KI und Datenschutzrecht – DSGVO und KI Datenschutzfolgeabschätzung Immer bei der Verarbeitung personenbezogener Daten unter Einsatz von KI- Systemen? „Insbesondere bei Verwendung neuer Technologien“ (da hierbei regelmäßig ein hohes Risiko für die Betroffenen vorliegt) Einschränkung möglich(?): Wann ist Verarbeitung mit KI-System besonders risikobehaftet? Deep Learning-Ansätze „neuer als KI geht nicht“ Katalog mit Tätigkeiten gemäß Art. 35 Abs. 4 DS-GVO der Datenschutzkonferenz nennt beispielsweise den „Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Verarbeitung personenbezogener Daten zur Steuerung der Interaktion mit den Betroffenen oder zur Bewertung persönlicher Aspekte der betroffenen Person“. Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 20
) 3.2 KI und Datenschutzrecht – DSGVO und KI Bestellung eines Datenschutzbeauftragten DSB, wenn Verarbeitung aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs oder ihrer Zwecke eine umfangreiche regelmäßige und systematische Überwachung von betroffenen Personen erforderlich macht Erwägungsgrund 89: insbesondere solche Verarbeitungsvorgänge, bei denen neue Technologien eingesetzt werden oder die neuartig sind und bei denen der Verantwortliche noch keine Datenschutz-Folgenabschätzung durchgeführt hat ARTIKEL-29-DATENSCHUTZGRUPPE, Leitlinien in Bezug auf Datenschutzbeauftragte: Hierunter fällt beispielhaft auch die Typisierung und Scoring (mittels KI) zu Zwecken der Risikobewertung, Formen der Verfolgung und Profilerstellung im Internet (auf Basis von KI) oder der Einsatz vernetzter KI-Geräte wie intelligente Stromzähler oder intelligente Autos Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 21
4 Zusammenfassung
) Zusammenfassung Es wird intelligente, autonome Systeme geben, die mit „Starker KI“ ausgestattet sind Treffen eigenverantwortliche Entscheidungen, die „außerhalb“ der eigenen Programmierung stattfinden Verständnis der Funktionalität der Technik von ausschlaggebender Bedeutung für rechtliche Bewertung DSGVO beinhaltet schon jetzt eine Vielzahl an Vorschriften, die beim Einsatz von KI unter Verwendung von personenbezogenen Daten unter Berücksichtigung der technischen Besonderheiten einschlägig sein können Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 23
) Sind Fragen offen? Was ist Ihre Meinung? Rechtsanwalt Fritz-Ulli Pieper 24
) Ihr Ansprechpartner Fritz-Ulli Pieper ist Rechtsanwalt und Mitglied der Practice Area Technologie, Medien und Telekommunikation bei Taylor Wessing in Düsseldorf. Er berät nationale und internationale Mandanten in allen operativen Belangen zum IT-, Telekommunikations- und Datenschutzrecht. Seine Beratungsschwerpunkte umfassen vor allem die Gestaltung von IT-Verträgen, Datenschutz, E-Commerce und die IT-rechtliche Begleitung von M&A- Transaktionen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der IT-rechtlichen Beratung von internationalen Rollout- Fritz-Ulli Pieper, LL.M Projekten. Sein besonderes Interesse gilt zukunftsträchtigen Fragen des IT- und Internetrechts, insbesondere dem Internet of Things, Industrie 4.0 sowie Künstlicher Intelligenz. Senior Associate Düsseldorf Er studierte Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen mit Schwerpunkt im privaten +49 211 8387-189 und öffentlichen Medienrecht. Sein Referendariat absolvierte er beim Oberlandesgericht Celle mit Stationen f.pieper@taylorwessing.com u.a. bei der Niedersächsischen Landesmedienanstalt in Hannover sowie dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in Berlin (Grundsatzreferat Informationsgesellschaft, IT-Wirtschaft) und er war Beratungsschwerpunkte wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Rechtsinformatik (IRI) der Leibniz Universität Hannover. Informationstechnologie/ Fritz-Ulli Pieper hat den Masterstudiengang "Medienrecht und Medienwirtschaft" der TH Köln 2016 als Telekommunikation Jahrgangsbester abgeschlossen. Er ist leitender Redakteur des Juraportals „Telemedicus – Recht der Datenschutz & Datensicherheit Informationsgesellschaft“ und Gründer des „Startup Grind Köln“. Seit 2018 ist er zudem Fachanwalt für Litigation & Dispute Resolution Informationstechnologierecht. Sprachen Deutsch, Englisch 25
) Europe > Middle East > Asia taylorwessing.com © Taylor Wessing 2018 This publication is intended for general guidance and to highlight issues. It is not intended to apply to specific circumstances or to constitute legal advice. Taylor Wessing’s International offices operate as one firm but are established as distinct legal entities. For further information about our offices and the regulatory regimes that apply to them, please refer to www.taylorwessing.com/regulatory.html 26
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