Tumorbedingte Fatigue Fatigue in der S3 LL Palliativmedizin V 2.0, 2019

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Tumorbedingte Fatigue Fatigue in der S3 LL Palliativmedizin V 2.0, 2019
Netzwerk PsychoOnkologie 5- Seen-Land/Oberland“

            Tumorbedingte Fatigue
Fatigue in der S3 LL Palliativmedizin V 2.0, 2019
                             Pia Heußner
                    Onkologisches Zentrum Oberland
               Zentrum Innere Medizin an der BGU Murnau
                 Klinikum Garmisch-Partenkirchen GmbH

www.klinikum-gap.de
Tumorbedingte Fatigue Fatigue in der S3 LL Palliativmedizin V 2.0, 2019
Müdigkeit

            Müdigkeit stellt im gesunden Organismus ein
            schützendes Regulativ als Antwort auf
            körperliche, geistige und seelische
            Anstrengungen dar:

                                = Fatigue                 2
Dr. P. Heußner
Tumorbedingte Fatigue Fatigue in der S3 LL Palliativmedizin V 2.0, 2019
Vorurteile
          Fatigue ist mit Willenskraft zu überwinden.

          Gegen Fatigue kann man nichts machen und gehört
           zum Verlauf der Erkrankung.

          Fatigue ist ein Anzeichen für Krankheitsprogress.

          Das Eingeständnis von Fatigue gefährdet die
           Fortführung der Therapie.

          52 % der Patienten verschweigen Fatiguesymptome

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Dr. P. Heußner
Fatigue

Dr. P. Heußner             4
10.2 Differentialdiagnose
   EK 10.1: Bei Patienten mit einer nicht-heilbaren Krebserkrankung
    (nh KE) und Fatigue soll differentialdiagnostisch überprüft werden,
    ob die Symptomatik durch eine behandelbare Ursache (z.B. eine
    Depression oder Medikamentennebenwirkungen) verursacht wird.
 Ko-Morbiditäten            Parameter

 Anämie                     Hämoglobin

                            Transferrin, Ferritin, Eisen

                            Erythropoetin

 Elektrolyte                Kalzium (und Albumin), Magnesium, Phosphat

 Organische Dysfunktionen   Kreatinin, Harnstoff, Bilirubin, Cholinesterase

 Hypothyreose               TSH, freies T3 und T4

 Infektion                  C-reaktives Protein, Procalcitonin

 Hormone                    ACTH, Cortisol, Freies Testosteron

                            Melatonin

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 Vitaminmangel              Vitamin B1, Vitamin B6, Vitamin B12
Horneber Dr. Ärzteblatt 2014

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ICD-10 Kriterien-Entwurf: CRF 6/10
                                            nach: Cella D for the American Fatigue Coalition, JCO 19 (14), 2001:3385-3391

   A1: deutliche Müdigkeit,                   A9: müdigkeitsbedingte Schwierigkeiten
       Energieverlust oder verstärkter            den Alltag zu bewältigen
       Ruhebedarf inadäquat zur Aktivität
                                              A10: eingeschränktes Kurzzeitgedächtnis
   A2: Allgemeine Schwäche und
                                              A11: ausgeprägtes langanhaltendes
       Gliederschwere
                                                   Unwohlsein nach körperlicher
   A3: Eingeschränkte Konzentration                Anstrengung
   A4: Verminderte Motivation und
       Interesse an Alltagsaktivitäten
                                              B:        erheblicher Leidensdruck u. Beein-
   A5: Schlaflosigkeit oder -sucht
                                                         trächtigung in sozialen, beruflichen
   A6: Schlaf wirkt nicht erholsam
                                                         oder anderen wichtigen Bereichen
   A7: Inaktivität nur mit übermäßiger
       Anstrengung zu überwinden              C:        eindeutiger Bezug zu einer
                                                        Tumorerkrankung oder –behandlung
   A8: deutliche emotionale Reaktion mit
       Frustration, Traurigkeit,              D:         Die Symptomatik ist nicht Konse-
       Reizbarkeit                                       quenz psychischer Komorbiditäten
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Fatigue
                                * quälende Müdigkeit
                       * Mattigkeit       * Erschöpfung
                     * Schwäche             * Lustlosigkeit
                 * Schläfrigkeit              * angestrengt sein
                           *erhöhtes Ruhebedürfnis
                                  * Frustration

                          Anämie             Depression
                                          Antriebslosigkeit
                      Schwindel           Appetitlosigkeit
                    Kopfschmerzen        Konzentrations-
                       Atemnot              schwäche
                      Herzrasen           Schuldgefühle
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Dr. P. Heußner
                                              Isolation
Depression              Fatigue
► frühere Episoden von
     Depression
                             überwiegend
► frühere inadäquate         körperlich
     Müdigkeit               erlebte
                             Müdigkeit und
► Antriebslosigkeit          Erschöpfung
                             und Schwäche
► fehlende Motivation

► schuldhafte Verarbeitung

► Suizidalität
Dr. P. Heußner                               9
Symptomlast im Alltag

                    61%        61%

           37%

                                           Onkologen
                                     19%   Patienten

             Fatigue          Schmerz

Dr. P. Heußner
Beeinträchtigung im Alltag
     Stone P. et al, Ann of Oncol 2000

                 60%
                 50%
                 40%
                 30%
                 20%
                 10%
                  0%                                  h
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                                                                        b
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                                                                     ga
                                        e

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                   Fa

                                     Üb

                                                                  An
                             Sc

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                                                           ke

Dr. P. Heußner
Symptomkontrolle        Stone P. et al, Ann of Oncol 2000

                     300

                     200

                     100

N = 576               0
                           Fatigue   Schmerz              Übelkeit
               schlecht     180          47                   37
               gut          176         289                  244

  Dr. P. Heußner
Patienten mit CrF fühlen sich vielfach unzureichend betreut

  Dr. P. Heußner
Fatigue –
                     in allen Phasen der Krankheit

                 ►Erste Symptomatik
                 ►Diagnostik
                 ►Therapie
                 ►Rehabilitation
                 ►Chronische Phase
                 ►Palliative Phase

                                                     14
Dr. P. Heußner
Rehabilitation

► Normalität wiederfinden
► Physische Kondition
                                     Fatigue -
► Abbau psychischer
  Belastungen                        Monate und Jahre
► Neuorientierung in:                nach Ende der
           - sozialem Umfeld         Therapie
           - Familie
           - Freundeskreis
           - Beruf

Dr. P. Heußner                                          15
Chronische Fatigue in der beruflichen Rehabilitation

   ► Einschränkung der körperlichen, psychischen und
     kognitiven Leistungsfähigkeit

   ► In Deutschland von den Sozialversicherungsträgern
     nicht anerkannt

                 - Rehabilitationsmaßnahmen
                 - Teilberentung
                 - Berufsunfähigkeit          ?
                                                         16
Dr. P. Heußner
Rehabilitation der Fatigue

   ► Unverständnis
   ► Enttäuschung
   ► Resignation
   ► emotionale Erschöpfung
   ► Isolation
   ► Depression

                                              17
Dr. P. Heußner
Behandlung von Fatigue

                           Angst

           Fatigue         Depression

                           Lebensqualität

Dr. P. Heußner                              18
Therapie-Optionen

                     ► Patientenaufklärung
                     ► Anämiebehandlung
                     ► Schmerztherapie
                     ► Medikations-Check
                     ► Schlaf-Regulierung
                     ► ausgewogene Ernährung
                     ► bilanzierte Nahrungsergänzungsmittel
                     ► Psychostimulantien
                     ► Psycho-Onkologie
                                                              19
Dr. P. Heußner
RCT: Modafinil bei Fatigue, Spathis et al JCO 2014
         ► Doppel-blind plazebo-kontrollierte Studie

         ► Patienten: NSCLC, ECOG 0-2, keine Chemo- oder Strahlentherapie in
           letzten 4 Wochen

         ► Intervention: Modafinil 100 mg tgl Tag 1-14, 200 mg Tag 15-28

         ► Kontrolle: Placebo

         ► Outcome: Änderung im Fatigue Score von Baseline zu Tag 28

         ► 208 Patienten eingeschlossen, 160 komplette Daten nach 28 Tagen
                                                                             20
Dr. P. Heußner
Dr. P. Heußner   Spathis et al JCO 2014
                                21
Methylphenidat

 Pharmakologie    Stimulans am Hirnstamm
                  Bioverfügbarkeit 11 - 52%
                  Metaboliten nicht relevant
                  HWZ 2,1 h

 Applikation      5 – 40 mg (morgens)
                  oder bei Bedarf

 Nebenwirkungen   Nervosität, Agitation,
                  extrapyramidale NW, Missbrauch,
                  Arrhythmie, Tachykardie

 Sonstiges        Auch als Antidepressivum

                                                    22
Dr. P. Heußner
Umgang mit Fatigue

                 ► dem Symptom einen Namen geben
                 ► bewußte Leistungsverweigerung
                 ► Fatiguekalender
                 ► Neustrukturierung des Alltags
                 ► Verteilung von Aktivitäten
                 ► regelmäßige Ruhephasen
                 ► Entspannungstechniken
                 ► dosiertes körperliches Training
                 ► Kraftquellen wahrnehmen

Dr. P. Heußner
                 ► Isolation verlassen               23
Hilflosigkeit

         Leistungs-
          fähigkeit                   Fatigue

  fehlende                              Vermeidung
Regeneration

                       Inaktivität
                                                24
Dr. P. Heußner
Erweiterte S3 Leitlinie
                 Palliativmedizin für Patienten
                 mit einer nicht heilbaren
                 Krebserkrankung
                 Langversion 2.0 – August 2019 AWMF-
                 Registernummer: 128/001-OL

                                                       25
Dr. P. Heußner
Methodik in der S3 LL

      Kapitel 6: Fatigue, verantwortlich: Prof. L. Radbruch, Dr. P. Heußner

      14 Empfehlungen
       8 x Expertenkonsens (EK), 6 evidenzbasierte Empfehlungen (eE)

      Adaptation
       - der EAPC-Leitlinie zur medikamentösen und nicht-medikamentösen
       Behandlungsoptionen bei Fatigue

       - NCCN guideline mit SP nicht-medikamentöse Behandlungsoptionen
         (nicht nur palliativ!)

      Studienergebnisse

      Nicht berücksichtigt:
       Erschöpfungssyndrome ohne Assoziation zu Tumorerkrankungen
                                                                               26
    Dr. P. Heußner
Primäre Fatigue           Sekundäre Fatigue

   Teil des                 Tumor- und
       inflammatorischen     Therapiebegleitende/-
       Tumorsyndroms          folgende Symptome
   zytokinvermittelt
                             Komorbiditäten:
   Koinzidenz mit            Anämie
       primärem Anorexie-     Fieber
                              Infektion
       Kachexie-Syndrom       Depression
                              E´lyt-/Hormon-Dysbalancen

                             Medikamente

Dr. P. Heußner
10.3 Erfassung von Fatigue

 EK 10.4:
    Die Erfassung von Fatigue bei Patienten mit
    einer nh KE soll zu Beginn und im gesamten
    Erkrankungsverlauf wiederholt werden

                                                  28
Dr. P. Heußner
10.4 Haltungen, Strategien und
Behandlungsoptionen
EK 10.5: Pat. mit einer nh KE und mit einer Belastung oder
Beeinträchtigung durch Fatigue sollen spezifische Informationen und
therapeutische Unterstützungen angeboten werden.

EK 10.6: Bei Pat. mit einer nh KE und Fatigue sollten mögliche
Ursachen behandelt werden.

EK 10.7: Erythropoetin zur Behandlung von Fatigue bei Pat. mit einer
nh KE sollte aufgrund der ungünstigen Nutzen-Risiko-Abwägung nicht
zum Einsatz kommen.

EK 10.8: In den letzten Tagen und Wochen des Lebens sollte die
Indikation für die Behandlung von Fatigue überprüft werden, um
Belastungen durch diese Behandlung zu vermeiden.                       29
Dr. P. Heußner
10.5 Symptomatische nicht-
medikamentöse Verfahren

ebE 10.9: Pat. Mit einer nh KE und tumorbedingter Fatigue sollten ein
regelmäßiges aerobes Ausdauer- und Krafttraining durchführen.

ebE 10.10: Psychoedukative Verfahren, insbesondere kognitive
Verhaltenstherapien, sollten bei Pat. mit einer nh KE und Fatigue
angeboten werden.

ebE 10.11: Eine Beratung zu Strategien zum Energiemanagement und
zur energieadaptierten Tagesstruktur sollte Pat. mit einer nh KE und
Fatigue angeboten werden

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Dr. P. Heußner
10.6 Symptomatische
medikamentöse Therapien
ebE 10.12: Ein Therapieversuch mit Methylphenidat* und
Modafinil* kann bei Pat. mit einer nh KE und Fatigue
erwogen werden.

ebE 10.13: Ein Therapieversuch mit Kortikosteroiden* kann
bei Pat. mit einer nh KE und Fatigue erwogen werden.

ebE 10.14: Ein Therapieversuch mit Kortikosteroiden* bei
Pat. mit einer nh KE und Fatigue sollte aufgrund potentieller
Nebenwirkungen zeitlich begrenzt erfolgen.
                                                *Off-Label-Use
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Dr. P. Heußner
 Methylphenidat:
    HWZ: ca. 2 h, inaktive Metabolite
    initial 5-10 mg morgens, oral
    Steigerung auf 40-60 mg morgens – mittags
 oder 5 mg nach Bedarf, mind. 2 Std. Abstand

 Modafinil:
    bekannt aus der Behandlung der Fatigue bei MS, weitere
    neurolog. Erkrankungen, HIV
 Tagesdosierungen 200-400 mg,
    max. Plasmakonzentrationen 2-3 Std. nach Einnahme,
    HWZ 10-12 Std.
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Dr. P. Heußner
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Dr. med. Pia Heußner

Ltd. OÄ Psycho-Onkologie
Onkologisches Zentrum Oberland
Zentrum Innere Medizin an der BGU Murnau
Klinikum Garmisch-Partenkirchen GmbH
Tel: 08841/48-4742
Mail: pia.heussner@klinikum-gap.de

www.klinikum-gap.de                        33
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