Neue Entwicklungen in der Wettervorhersage: Potential und Anforderungen für Anwender
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Forum für Wissen 2007: 19–23 19 Neue Entwicklungen in der Wettervorhersage: Potential und Anforderungen für Anwender Mathias W. Rotach Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie, MeteoSchweiz, Krähbühlstrasse 58, CH-8044 Zürich mathias.rotach@meteoswiss.ch Der Artikel erklärt Ansätze und Methoden der modernen Wettervorhersage, ins- betreffen Wettersysteme, die zum Pro- besondere die Veredelung der numerischen Wetterprognosen durch die Progno- gnosezeitpunkt möglicherweise in ei- stiker. Seit einiger Zeit wird die Unsicherheit, die jeder Prognose für ein natürli- ner Entfernung von mehreren hundert ches System anhaftet, mit so genannten Ensemble-Vorhersagen quantifiziert. Kilometern entstehen. Das Vorher- Diese liefern neben dem eigentlichen Prognosewert («Morgen wird das Wetter- sagegebiet umfasst damit ganze Konti- element X den Wert Y annehmen») zusätzlich die Zuverlässigkeit der Prognose nente und allenfalls Ozeane. Die («Der Wert trifft mit einer Wahrscheinlichkeit von Z Prozent ein»). Dieses neue Mittelfristprognose schliesslich bedarf Element erfordert nicht nur eine neue Arbeitsmethodik auf Seiten der Prognosti- direkt globaler Information1, da sich ker. Auch die Anwender müssen lernen, die Methode und ihre Resultate zu ver- die relevanten Luftmassen für das stehen sowie mit diesen Zusatzinformationen in der Praxis umzugehen. Wettergeschehen in 5 bis 10 Tagen noch weit weg befinden und lange ent- wickeln können. Das Vorhersagegebiet umfasst deswegen immer den ganzen Globus. 1 Einführung sondern zum Beispiel, dass «der Folge- monat statistisch signifikant kälter als Naturgefahren / Naturkatastrophen – die Klimatologie (der Durchschnitt) 2 Wettervorhersage mit Ausnahme der Erdbeben – stehen sein wird». praktisch immer im direkten Zusam- Auf der anderen Seite der Zeitskala Seit dem Beginn der wissenschaft- menhang mit aussergewöhnlichen Wet- steht das so genannte Nowcasting mit lichen Wetterprognose zu Beginn des ter- oder Klimasituationen. Sei es die einer Vorhersagedauer von maximal 20. Jahrhunderts (BJERKNES 1904) gibt Wetterlage selbst, die zum Ereignis sechs Stunden. Im Gegensatz zu den es eine fundamentale Zweiteilung für wird (Stürme wie Lothar oder Kyrill), Kurz- und Mittelfristprognosen, die die Wettervorhersage: sei es das Auftreten seltener klima- sich im Wesentlichen auf die gross- 1. Analyse des gegenwärtigen Zu- tischer Ereignisse (die Hitzewelle im räumige synoptische Situation abstüt- stands der Atmosphäre Sommer 2003, siehe z. B. BADER 2004; zen («Wie entwickeln sich Hoch- und 2. Vorhersage der Entwicklung SCHÄR et al. 2004) oder sei es eines der Tiefdruckgebiete?, wie bewegen sich «nachgelagerten Elemente» (Wasser – Fronten, wo entstehen neue?», usw.), Die Analyse basiert auf Beobachtun- Überschwemmungen; Feuer – Wald- geht es beim Nowcasting vor allem gen und Messungen – weltweit führen brände; Erde – Rutschungen, Luft – darum, die kurzzeitige Entwicklung unzählige so genannte synoptische Aufwirbelung von Sand in einem Sand- bereits bestehender Wetter-Systeme Stationen ein vorgeschriebenes Mess- sturm, Schneeverfrachtung etc.), das in vorauszusagen. Typische Fragen sind: programm für die Meteorologie durch. aussergewöhnlicher Weise reagiert und «Wie wird sich eine Gewitterzelle in Zu vorgegebenen Zeiten speisen sie damit zum Naturereignis wird. Die den nächsten Stunden entwickeln ihre Information ins Global Telecom- Warnung vor Naturgefahren ist damit (Wachstum, Zugbahn)?» oder «Gibt es munication System (GTS) – ein globa- immer direkt mit der Wettervorhersa- lokal starke Böen im Zusammenhang les Datennetz, auf das alle nationalen ge verknüpft. mit dem Eintreffen einer bestimmten Wetterdienste zugreifen können. In Wetterprognosen unterscheiden sich Störung?» Abbildung 1 ist die Analyse der grundsätzlich nach deren Zeithorizont: Abhängig vom Zeithorizont der Vor- MeteoSchweiz für den europäischen Kurzfristprognose (1 bis 3 Tage) und hersage betrachten die Meteorologen Raum wiedergegeben, wobei jede der Mittelfristprognose (4 bis 10 Tage). unterschiedliche geographische Gebie- kleinen Zahlengruppen die Meldung Längere Vorhersagen wie die Monats- te. Nowcasting beruht wie erwähnt im prognose oder die saisonale Prognose Wesentlichen auf der Beobachtung be- gelten bereits als «klimatologische stehender Wettersysteme. Damit liegt Vorhersagen». Diese prognostizieren das Gebiet des Nowcasting in der Nähe 1 Das gilt, streng genommen, natürlich nicht, dass in 30 Tagen nachmittags in des Gebiets des interessierenden auch für die kürzeren Prognosezeiträume, Zürich starke Schneefälle zu erwarten Wettersystems und ist in der Regel da die globalen Prozesse die lokalen be- sind (dies ist theoretisch unmöglich), eher kleinräumig. Kurzfristprognosen stimmen.
20 Forum für Wissen 2007 einer synoptischen Station darstellt. Diese Zahlen enthalten neben meteo- rologischen Stationsdaten auch ausge- klügelte Parameter, die bestimmte Tendenzen der Atmosphäre beschrei- ben. Natürlich ist es eine gewaltige Aufgabe, all diese Informationen gleichzeitig zu verarbeiten. Deshalb nehmen die Meteorologen seit einigen Jahrzehnten vermehrt die numerische Wetterprognose, also die Unterstüt- zung durch Computer, zu Hilfe. Die Computer gestützten Wettermodelle überziehen die Erde (globale Modelle) oder die interessierende Region mit einem Modellgitter (Abb. 2) und lösen auf jedem der Gitterpunkte fundamen- tale physikalische Erhaltungsgleichun- gen (Erhaltung der Energie, des Impul- ses und der Masse). Damit sind Wetterprognosemodelle zumindest theoretisch korrekt – aller- dings ergeben sich durch die räumliche Auflösung (Abstand der Gitterpunkte) Abb. 1. Beispiel der synop- und durch die Anfangsbedingungen tischen Analyse der Me- (die Analyse) erhebliche Unsicherhei- teoSchweiz für den 9. ten. Globale Wettermodelle haben August 2007. heute eine horizontale Auflösung von ca. 25 km, während regionale Modelle ca. 10 km Auflösung aufweisen2. Die Schweizer Alpen jedoch sind komplex. Die Bahn brechenden Arbeiten von Das (regionale) Modell der Meteo- LORENZ (1963) haben dann gezeigt, Schweiz ist daher immer etwas höher dass kleinste Variationen in den aufgelöst als der weltweite Durch- Anfangsbedingungen dazu führen kön- schnitt – gegenwärtig sind es 7 km, ab nen, dass sich die Atmosphäre völlig Januar 2008 werden es 2,2 km sein. Die unterschiedlich entwickelt. Diese numerische Wetterprognose allein «Sensitivität auf die Anfangsbedingun- kann auch mit den besten Computern gen» ist eine zentrale Eigenschaft des die Prognostiker nicht ersetzen. Aber so genannten deterministischen Chaos. sie trägt dazu bei, die Arbeit der Eine Strategie in der numerischen Prognostiker zu optimieren und ihre Wettervorhersage war es deshalb in Erfahrung bestmöglich auszunutzen. der Folge, aus der Not eine Tugend zu Das Stichwort «Man Machine Mix» machen: Neben dem konventionellen beschreibt wohl am besten das gegen- Ziel, mit «möglichst genauen» An- wärtig optimale Zusammenspiel der fangsbedingungen eine «möglichst ge- Abb. 2. Modelgitter eines globalen atmo- verschiedenen Möglichkeiten in der naue» deterministische Vorhersage zu sphärischen Modells mit darin eingebette- Wetterprognose. tem regionalen Modell (am Beispiel des erreichen3, verfolgten die Meteorolo- COSMO Modells der MeteoSchweiz, das Europa abdeckt). Typischerweise hat ein 2 Für ein Gebiet von 10 × 10 km Ausdeh- 3 Die Atmosphäre – atmosphärisches Modell 40 bis 60 vertikale nung kann ein solches Modell also eine ein chaotisches System Schichten, die die Troposphäre («Wetter- Temperatur, eine Windgeschwindigkeit, schicht», ca. unterste 10 km der Atmosphä- etc. voraussagen. Man kann sich vorstel- re) sowie den untersten Teil der darüber lie- Wie bereits erwähnt, ist die Analyse len, dass dies eine drastische Limitierung genden Stratosphäre abdecken. (Bestimmung des gegenwärtigen Zu- in der Präzision der Vorhersage darstellt stands der Atmosphäre) eine wichtige – insbesondere wenn Oberflächennut- Grundlage für die Wetterprognose. Bis nen Zeitraum von ca. 14 Tagen vorher- zung und Topographie stark variieren. vor wenigen Jahrzehnten galt das Para- sagbar. Danach machen die zahl- 3 Dies wird selbstverständlich immer noch digma: «Die Atmosphäre ist unter reichen nicht-linearen Prozesse in der gemacht – je nach Anwendung ist die idealen Bedingungen (also bei optimal Atmosphäre eine Vorhersage unmög- deterministische oder die probabilistische bekanntem Anfangszustand) über ei- lich». Vorhersage besser.
Forum für Wissen 2007 21 gen nun auch das Ziel, mehrere Vor- ten Zeitpunkt und ein bestimmtes lichkeitskarte» für den 72-Stunden- hersagen mit leicht veränderten An- Gebiet Niederschlag vorhersagen, be- Niederschlag während des Unwetters fangsbedingungen zu berechnen und deutet dies, dass sich dieses Nieder- vom August 2005 (MeteoSchweiz deren Ergebnisse zu analysieren. In schlagsereignis relativ zuverlässig vor- 2006). In einem Band entlang der Abbildung 3 stellt jeder Pfeil eine ein- hersagen lässt (das Vertrauen in die Alpen zeigt die Karte eine grosse zelne Vorhersage dar. Am Anfang Prognose ist gross). Wenn umgekehrt Wahrscheinlichkeit (60–90 %) für (kurzfrist) liegen die Prognosen eher ein einzelner oder nur wenige Läufe Niederschlagssummen grösser als nahe beisammen. Mit der Zeit begin- ein solches Ereignis vorhersagen, ist 100 mm/72 h und immer noch be- nen sie jedoch auseinanderzudriften. die Vorhersagbarkeit gering (das Er- trächtliche Wahrscheinlichkeiten für Wichtig ist festzustellen, dass die Vor- eignis aber trotzdem nicht unmöglich). Niederschlagssummen grösser als hersagen nach einer gewissen Zeit Abbildung 4 zeigt eine «Wahrschein- 150 mm/72 h. Dies entspricht recht ge- auch wieder grössere Übereinstim- mung aufweisen können (nicht müs- sen!). So kann zum Beispiel zwischen den meisten Modellläufen Einigkeit darüber herrschen, dass eine Störung in ca. fünf Tagen eintreffen wird (rela- tiv grosses Vertrauen in die Vorhersa- ge). Der Übergang in diese Phase kann dagegen ungewiss und mit vergleichs- weise grossen Unsicherheiten behaftet sein. Die Strategie, mehrere Vorhersagen mit unterschiedlichen Anfangsbedin- gungen zu rechnen, wird Ensemble Vorhersage oder auch probabilistische Vorhersage genannt. Das globale System des Europäischen Zentrums für Mittelfristprognose (ECMWF) be- Abb. 3. Schematische Darstellung der prognostizierten Entwicklung des «Wetterzustandes» als Funktion der Zeit in einem Ensemble-Vorhersagesystem. Jeder Pfeil entspricht einer rechnet täglich 50 Prognosen über 10 einzelnen Prognose. Wenn alle Pfeile übereinander liegen, sagen alle Modell-Läufe eine Tage (MOLTENI et al. 1996). Aufgrund ähnliche Entwicklung voraus – die Prognose gilt als relativ zuverlässig. Je weiter die Linien der enormen Computer-Ressourcen, von einander abweichen, desto grösser sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Pro- die für ein solches Unterfangen nötig gnosen. Die Zuverlässigkeit nimmt ab. sind, ist die Auflösung gegenüber der entsprechenden deterministischen Pro- gnose reduziert. Gegenwärtig wird das «EPS» (Ensemble Prediction System) des ECMWF um 00 und 12 UTC ge- startet und für jeweils 10 Tage in die Zukunft gerechnet. MeteoSchweiz beteiligt sich am Be- trieb bzw. der Weiterentwicklung eines regionalen Ensemble-Vorhersagesy- stems, COSMO-LEPS (MARSIGLI et al. 2005; MOLTENI et al. 2001; WALSER und ROTACH 2006), das mit 10 km horizon- taler Auflösung ein ähnliches Modell- gebiet abdeckt, wie in Abbildung 2 gezeigt. Als Randfelder benutzt es das globale System des ECMWF. Dieses System wird nur einmal täglich (00 UTC) für jeweils 5 Tage in die Zukunft gerechnet. Mit Hilfe der Ensemble-Vorhersage- technik lassen sich nicht nur bestimmte Wetterentwicklungen prognostizieren, sondern auch die Wahrscheinlichkeit Abb. 4. Vorhersage der Niederschlags-Wahrscheinlichkeiten für das «August 2005 Ereignis» ihres Eintreffens, bzw. die Zuverlässig- mit dem COSMO-LEPS Modellsystem (MOLTENI et al. 2001; WALSER and ROTACH 2006). keit der Prognose. Wenn die meisten Vorhersage vom 19.8.2005 12 UTC für die 72 h-Periode 20.8.2005, 0600 – 23.8.2005 0600 der 50 Modellläufe für einen bestimm- (aus MeteoSchweiz 2006).
22 Forum für Wissen 2007 nau den Beobachtungen. Tatsächlich Prognose auch noch eine Informa- mm Niederschlag → Gefahrenstufe rot fielen örtlich sogar über 250 mm/72 h tion über die Zuverlässigkeit der In- → Handlungsanweisung» zu kennen. (MeteoSchweiz 2006). formation. Die Interpretation der probabilisti- Wichtig ist zu beachten, dass eine – Mit Hilfe der Ensemble-Vorhersage schen meteorologischen oder hydrolo- Prognose mit geringer Prognose- lassen sich schon einige Tage im Vor- gischen Information erfordert hohe Zuverlässigkeit keine schlechtere Pro- aus potentiell gefährdete Gebiete Prozesskenntnis, über die nur die Fach- gnose darstellt, sondern ein schwieri- ausmachen und entsprechende Vor- leute der entsprechenden Dienste ver- ger vorherzusagendes Ereignis zu bereitungen treffen. fügen. Entscheidungsträger müssen prognostizieren versucht. Vor dem tat- – Für die Lagebeurteilung im Kata- also auf Fachleute zurückgreifen kön- sächlichen Prognosezeitraum, d. h. vor strophenfall ist es äusserst wichtig zu nen, die sie in kritischen Situationen dem Eintreten des Ereignisses, ist auch wissen, wie genau sich die Situation unterstützen. Aber – und das ist wich- nicht bekannt, welche der 50 Progno- vorhersagen lässt: ist es klar, dass ein tig im Zusammenhang mit der weite- sen nun tatsächlich «die Richtige» ist: zeitlich und örtlich recht gut ein- ren Entwicklung der entsprechenden Alle Einzelprognosen sind gleich grenzbares Ereignis bevorsteht? Warnsysteme – auch die Entschei- wahrscheinlich. Und schliesslich ist die Oder müssen möglicherweise noch dungsträger müssen lernen «die proba- Prognostizierbarkeit nicht überall auf andere Gebiete / längere Zeiträume bilistische Sprache zu verstehen und zu der Welt gleich einfach4. in Betracht gezogen werden? sprechen». Ensemble-Vorhersagen sind wie – Eine Entscheidung kann auch – je Im Rahmen des internationalen For- oben erwähnt immer noch sehr auf- nach Art und Ort der Gefährdung – schungsprogramms MAP D-PHASE wändig herzustellen, und damit ist die von der prozentualen Überschrei- ist die MeteoSchweiz massgeblich an enorme Computerleistung nur von tung eines Grenzwerts abhängig der Entwicklung und dem Test von grossen Zentren zu bewältigen. Die gemacht werden. So mag die Regu- Systemen beteiligt, die zum Ziel haben, MeteoSchweiz benutzt die Produkte lierung eines Seebeckens bereits die Vielzahl an wissenschaftlichen und des «Europäischen Zentrums für Mit- sinnvoll sein, wenn die Wahrschein- technischen Informationen in die Spra- telfristprognose» (ECMWF) sowie die lichkeit, dass der entsprechende che der Anwender zu übersetzen. Dies Prognosen mit dem höher aufgelösten Grenzwert überschritten wird, 70 % umfasst optimale Kombinationen von COSMO-LEPS System für die eigenen ist. Im Gegensatz dazu sollte die Informationen und leicht verständliche Prognosen. Insbesondere wird in Bälde Evakuierung eines ganzen Stadtteils Darstellungsformen (ROTACH and ein Index für die Prognose-Zuverläs- vielleicht erst bei 90 % Eintretens- ARPAGAUS 2006). Das Kernstück des sigkeit für die allgemeinen Prognosen wahrscheinlichkeit angeordnet wer- Projekts, das «Demonstration of der MeteoSchweiz auf dem Internet den. Probabilistic Hydrological and Atmo- verfügbar sein. Dieser basiert dann na- – Schliesslich kann die probabilistische spheric Simulation of Flood Events in türlich auf solchen Ensemble-Vorher- Information aus der meteorolo- the Alpine Region» heisst, ist eine sagen. gischen Vorhersage auch an die Visualisierungsplattform, auf der eine nachgelagerten Systeme, z. B. die Vielzahl von deterministischen und hydrologische Vorhersage, weiterge- probabilistischen Vorhersagemodellen 4 Potential für Anwender geben werden. Erfahrungen mit pro- zusammen mit neuesten Messinforma- babilistischen Abflussvorhersagen tionen aus verschiedenen europäischen Die Anwendung meteorologischer (z. B. VERBUNT et al. 2006; JAUN et al. Messnetzen und weiteren Nowcasting- Prognosen im Zusammenhang mit 2006) sind äusserst viel verspre- Instrumenten zusammengestellt sind. Umweltrisiken ist in der Regel mit chend. Dieses Vorgehen erlaubt, die Während der DOP (D-PHASE Opera- Entscheidungsprozessen verbunden. kombinierte Unsicherheit der ver- tions Period) vom Juni bis November Dabei mag es auf den ersten Blick schiedenen Systeme (Atmosphäre 2007 nutzen unzählige «Endbenutzer» wenig sinnvoll erscheinen, eine Wahr- und Hydrosphäre, in diesem Fall), aus dem gesamten Alpenraum sowie scheinlichkeitsangabe («mit 80 % aber auch deren Interaktion in Be- meteorologische und hydrologische Wahrscheinlichkeit werden im Gebiet tracht zu ziehen. Letztendlich betrifft Prognostiker diese Plattform und ge- XY mehr als 120 mm in 24 h fallen») die Wahrscheinlichkeitsaussage dann ben ihr Feedback auf strukturierten statt einer deterministischen Aussage direkt die den Anwender interessie- Formularen – eine Evaluation, die («in den nächsten 24 h werden im Ge- rende Grösse («Der Abfluss an der dann mit der objektiven Modellverifi- biet XY 120 mm Niederschlag fallen») Messstelle XY wird mit 80 % Wahr- kation verglichen werden kann. Auf zu erhalten. Tatsächlich muss bei Um- scheinlichkeit einen bestimmten weltrisiken die letztendliche Entschei- Schwellenwert überschreiten»). dung immer eine eindeutige sein. Trotzdem bringt die probabilistische Für den Anwender bedeutet die pro- 4 Das banale Beispiel stellt hier die Pro- Prognose wertvolle Zusatzinforma- babilistische Information also einen gnose «morgen wird es im Gebiet der tion: Gewinn – aber auch eine Herausforde- Sahara heiss und trocken» dar, die mit – Während die deterministische Pro- rung. Die Ausbildung der Entschei- sehr grosser Zuverlässigkeit gemacht gnose «nur» die Vorhersage selbst dungsträger ist von grosser Bedeutung, werden kann – aber gerade deshalb von liefert, erhält man bei der Ensemble- da es nicht reicht, die Zuordnung «XX geringem Wert ist.
Forum für Wissen 2007 23 diese Art soll einerseits die objektive LORENZ, E.N., 1963: Deterministic Non- ROTACH, M.W.; BOUTTIER, F.; BUZZI, A.; Qualität der Modellvorhersagen über- periodic Flow. J. Atmos. Sci. 20, 2: 130–141. DORNINGER, M.; FRUSTACI, G.; MYLNE, prüft werden, andererseits Erkenntnis MARSIGLI, C.; BOCCANERA, F.; MONTANI, A.; K.; RANZI, R.; RICHARD, E.; SCHÄR, C.; darüber gewonnen werden, inwieweit PACCAGNELLA, T., 2005: The COSMO- STAUDINGER, M.; VOLKERT, H.; WULF- die objektive Modellqualität allein die LEPS mesoscale ensemble system: MEYER, V., 2005: MAP D-PHASE: A Nützlichkeit in der Anwendung be- Validation of the methodology and verifi- Forecast Demonstration Project in the stimmt. Die Weltorganisation für cation. Nonlinear Process. Geophys. 12: framework of MAP, Proposal to Scientific Meteorologie WMO (World Meteoro- 527–536. Steering Committee of World Weather logical Organisation) unterstützt das MeteoSchweiz, 2006: Starkniederschlagser- Research Programme (WWRP-SSC) of Projekt als Forecast and Demonstration eignis August 2005, Arbeitsberichte der WMO. Project (ROTACH et al. 2005). Erste MeteoSchweiz. 211: 63. Erhältlich auf SCHAER, C.; VIDALE, P.; LUETHI, D.; FREI, C.; konkrete Resultate der Auswertungen www.meteoschweiz.ch (> Forschung > HAEBERLI, C.; LINIGER, M.; APPENZEL- sind im Verlauf von 2008 zu erwarten. Publikationen). LER, C., 2004: The role of increasing MOLTENI, F.; BUIZZA, R.; PALMER, T.N.; temperature variability for European PETROLOAGIS, T., 1996: The ECMWF en- summer heat waves. Nature 427: 332–336. 5 Literatur semble prediction system: Methodology VERBUNT, M.; WALSER, A.; ZAPPA, M.; and validation, Q. J. R. Meteorol. Soc. AHRENS, B.; GURTZ, J.; SCHÄR, J., 2006: BADER, S., 2004: Die extreme Sommerhitze 122: 73–119. Ensemble Flood Forecasting in Switzer- im aussergewöhnlichen Witterungsjahr MOLTENI, F.; BUIZZA, R.; MARSIGLI, C.; land: Selected case studies of extreme 2003, Arbeitsberichte der MeteoSchweiz, MONTANI, A.; NEROZZI, F.; PACAGNELLA, events, Proceedings CHR Workshop 209: 25 S. T., 2001: A strategy for high-resolution “Ensemble Prediction and uncertainties BJERKNES, V., 1904: Das Problem der Wet- ensemble prediction. Part I: Definition of in flood forecasting”, Bern, March 30/31 tervorhersage, betrachtet von Stand- representative members and global- 2006. 61–64. punkte der Mechanik und der Physik. model experiments, Q. J. R. Meteorol. WALSER, A.; ROTACH, M.W., 2006: The Meteorol. Z. 21: 1–7. Soc. 127: 345–371. Benefit of a Limited-Area Ensemble JAUN, S.; WALSER, A.; ZAPPA, M.; AHRENS, ROTACH, M.W.; ARPAGAUS, M., 2006: Prediction System with Respect to flood B.; GURTZ, J.; SCHÄR, C., 2006: On Demonstration of Probabilistic Hydro- forecasting, Proceedings CHR Workshop Evaluation Strategies for a coupled logical and Atmospheric Simulation of “Ensemble Prediction and uncertainties atmospheric-hydrologic ensemble pre- flood Events in the Alpine region (D- in flood forecasting”, Bern, March 30/31 diction system, Procedings 1st D-PHASE PHASE), Proceedings Second THOR- 2006. 31–36. Scientific Meeting, 6–8 November 2006, PEX International Scientific Symposium, Vienna. S. 94. 4–8 December 2006 Landshut (D). 54–55. Abstract New developments in weather forecasting: potential and requirements for users In this contribution recent methods and approaches in weather prediction are presented and discussed. A particular focus is given to upgrading of products from Numerical Weather Prediction by the forecasters. For some years the uncertainty, which is intrinsically inherent in any forecast for a natural system, is being quantified using so-called Ensemble Predictions. These yield besides the usual forecast (“Tomorrow, weather element X will assume the value Y”) additional information concerning the reliability of this prediction (“This value can be expected with a probability of Z percent”). This new approach not only requires adaptations in the forecast methodology on the side of the forecasters themselves. End users as well will have to get familiar with the methodology and its potential, and they will have to find strategies on how to include this additional information in the context of their practical work. Keywords: weather prediction, ensemble prediction, reliability of forecast, natural hazards, deterministic chaos
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