Neurodermitis Ursachen und Behandlung mittels Phytotherapie - Uni Graz
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Neurodermitis Ursachen und Behandlung mittels Phytotherapie Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Naturwissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz vorgelegt von Anja STURMANN am Institut für Biologie/Pflanzenwissenschaften Begutachterin Ao. Univ.-Prof. Dr. phil. Maria Müller Graz, 2020
Danksagung Bedanken möchte ich mich bei meinen Eltern, insbesondere bei meiner Mutter, die mich nicht nur während der gesamten Studienzeit, sondern auch bei der Verfassung meiner Dip- lomarbeit unterstützt hat. Außerdem gilt ein großer Dank der Betreuerin dieser Arbeit, Frau Univ.- Prof. Dr. phil. Maria Müller, die mich mit ihrer besonderen, warmherzigen und hilfsbereiten Art ermutigt und motiviert hat. Zusätzlich möchte ich mich bei meinen Freun- dinnen und Studienkolleginnen bedanken, die mir mit hilfreichen Tipps zur Seite gestanden sind. I
Kurzzusammenfassung Die Hauterkrankung Neurodermitis ist heutzutage weit verbreitet und verursacht bei den Betroffenen oft schlaflose Nächte mit juckender, trockener und empfindlicher Haut, was häufig zu einer verminderten Lebensqualität führt. Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich einleitend mit dem Aufbau und den Aufgaben der Haut sowie verschiedenen, in Europa häufigen Hauterkrankungen. Im Fokus steht Neu- rodermitis, eine meist erblich bedingte Dermatitis. Es wird ein Überblick über die Symptome sowie die vielen verschiedenen Auslösefaktoren gegeben, um danach auf die Therapiemög- lichkeiten einzugehen. Einen Großteil dieser Arbeit umfasst die Behandlung mittels Phytopharmaka – die Phyto- therapie. Heilpflanzen wurden schon tausende Jahre vor Christus entdeckt und verwendet und bilden auch heute noch eine wichtige Möglichkeit zur Minderung der Beschwerden. Zuerst wird ein Einblick in die Entstehung der Phytotherapie sowie in die Verarbeitung und Verwendung von Arzneipflanzen gegeben, bevor einige ausgewählte, welche bei Neuroder- mitis eingesetzt werden können, angeführt und beschrieben werden. Zuletzt wird auch auf Methoden anderer Kulturen wie z. B. die der traditionellen chinesi- schen Medizin eingegangen. Ziel dieser Arbeit ist es, die Ursachen sowie Behandlungsmethoden von Neurodermitis auf- zuzeigen und die Therapie mittels Arzneipflanzen mithilfe verschiedener Werke zu untersu- chen. II
Abstract Nowadays, the skin disease atopic dermatitis is widespread and causes sleepless nights and itchy, touchy and dry skin for the patients. As a result, the quality of life of those affected might be reduced. The first part of this diploma thesis elucidates the structure and the main tasks of the skin as well as skin diseases, which are frequent in Europe. The focus of this paper is on atopic dermatitis, which is usually hereditary. Not only the symptoms of the disease and the trigger factors, also possible therapy options to reduce suffering will be explained. Furthermore, this thesis deals with one particular way of medical treatment – the use of herbal medicines. Medicinal plants were discovered and utilized thousands of years BC and even today, there are numerous ways to use them to reduce itching and other symptoms of skin diseases. First of all, to get an overview, the development of phytotherapy and the pro- cessing and usage of the plants are explained. Afterwards, selected examples, which can be used to treat atopic dermatitis, are further explained and analysed. Finally, possible methods for treatments from different countries and cultures are presented and discussed. The aim of this thesis is to analyse and discuss potential causes and treatments for atopic dermatitis and to further investigate phytotheraphy by using various publications. III
Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG 1 2 AUFBAU DER HAUT 2 2.1 EPIDERMIS (OBERHAUT) 3 2.2 DERMIS (LEDERHAUT) 4 2.3 SUBKUTIS (UNTERHAUT) 4 3 FUNKTIONEN DER HAUT 5 3.1 SCHUTZFUNKTION 5 3.2 SPEICHERFUNKTION SOWIE AUFNAHME- UND ABGABEFUNKTION 6 3.3 FUNKTION ALS SINNESORGAN 6 4 ERKRANKUNGEN DER HAUT 7 4.1 ANGEBORENE HAUTKRANKHEITEN 7 4.1.1 VERHORNUNGSSTÖRUNGEN 7 4.1.2 BULLÖSE KRANKHEITEN 9 4.2 ERWORBENE HAUTKRANKHEITEN 9 4.2.1 ERKRANKUNGEN DURCH BAKTERIEN 9 4.2.2 ERKRANKUNGEN DURCH VIREN 10 4.2.3 ERKRANKUNGEN DURCH PILZE 12 4.2.4 ERKRANKUNGEN DURCH TIERE 15 4.2.5 ERKRANKUNGEN DURCH THERMISCHE EINWIRKUNGEN 17 4.2.6 HAUTGESCHWULSTE 18 4.2.7 ALLERGISCHE REAKTIONEN DER HAUT 21 5 NEURODERMITIS 24 5.1 DEFINITION, PATHOGENESE, KRANKHEITSBILD 24 5.2 URSACHEN FÜR NEURODERMITIS 27 5.2.1 ALLERGENE UND FALSCHE HAUTPFLEGE 27 5.2.2 FEHLER IN DER ERNÄHRUNG 28 5.2.3 PSYCHISCHE PROBLEME 28 IV
5.3 THERAPIE VON NEURODERMITIS MIT SCHULMEDIZINISCHEN METHODEN 29 5.3.1 HAUTPFLEGE 29 5.3.2 MEDIKAMENTE UND ANTIBIOTIKA 29 5.3.3 WEITERE SUBSTANZEN 30 5.3.4 ANPASSUNG DER ERNÄHRUNG 31 5.4 ALTERNATIVE BEHANDLUNGSMETHODEN 32 5.4.1 STRESSVERMEIDUNG BZW. -BEWÄLTIGUNG 32 5.4.2 KLIMATHERAPIE 32 5.4.3 LICHT- BZW. PHOTOTHERAPIE 33 5.4.4 HOMÖOPATHIE 33 6 PHYTOTHERAPIE 34 6.1 GESCHICHTLICHE HINTERGRÜNDE UND DEFINITION 34 6.2 INHALTSSTOFFE 36 6.2.1 ÄTHERISCHE ÖLE 37 6.2.2 ALKALOIDE 37 6.2.3 BITTERSTOFFE 37 6.2.4 SENFÖLVERBINDUNGEN 38 6.2.5 PHENOLISCHE VERBINDUNGEN 38 6.2.6 GLYKOSIDE 39 6.2.7 SAPONINE 39 6.2.8 SCHLEIMSTOFFE 39 6.3 ZUBEREITUNG VON PHYTOPHARMAKA IN DER MEDIZIN 40 6.3.1 ERNTE UND TROCKNUNG 40 6.3.2 VERARBEITUNG ZU FLÜSSIGEN MITTELN 40 6.3.3 VERARBEITUNG ZU HALBFESTEN MITTELN 42 6.3.4 VERARBEITUNG ZU TROCKENEN MITTELN 42 6.4 PRIVATE ZUBEREITUNG VON PHYTOPHARMAKA 43 6.4.1 ERNTE 43 6.4.2 WEITERVERARBEITUNG 43 6.5 ANWENDUNG UND WIRKUNG VON PHYTOPHARMAKA BEI NEURODERMITIS UND ÄHNLICHEN HAUTERKRANKUNGEN 44 6.5.1 MATRICARIA CHAMOMILLA (KAMILLE) 45 6.5.2 BORAGO OFFICINALIS (BORRETSCH) 47 6.5.3 OENOTHERA BIENNIS (NACHTKERZE) 48 6.5.4 QUERCUS ROBUR (STIEL-EICHE) 49 6.5.5 HAMAMELIS VIRGINIANA (VIRGINISCHE ZAUBERNUSS) 51 6.5.6 CARDIOSPERMUM HALICACABUM (BALLONREBE) 52 6.5.7 SOLANUM DULCAMARA (BITTERSÜßER NACHTSCHATTEN) 53 6.5.8 CAMELLIA SINENSIS (TEE) 55 6.5.9 HYPERICUM PERFORATUM (JOHANNISKRAUT) 56 V
6.5.10 VIOLA TRICOLOR (STIEFMÜTTERCHEN) 57 6.5.11 CORIANDRUM SATIVUM (KORIANDER) 58 6.5.12 JUGLANS REGIA (WALNUSSBAUM) 59 6.5.13 BETULA PENDULA (HÄNGE-BIRKE) 60 6.5.14 AVENA SATIVA (SAATHAFER) 61 6.5.15 HYDROCOTYLIDIS HERBA (WASSERNABELKRAUT) 62 6.5.16 JUNIPERUS COMMUNIS (WACHOLDER), BETULA-ARTEN (BIRKE), FAGUS-ARTEN (BUCHE) 63 7 AUSGEWÄHLTE BEHANDLUNGSMETHODEN ANDERER LÄNDER 64 7.1 CHINESISCHE MEDIZIN 64 7.1.1 YIN UND YANG 64 7.1.2 QI UND XUE 65 7.1.3 DIE FÜNF WANDLUNGSPHASEN 65 7.1.4 KRANKHEITSAUSLÖSER, DIAGNOSE UND THERAPIE 66 7.2 AYURVEDA – DIE MEDIZIN INDIENS 69 7.2.1 DIAGNOSE UND THERAPIE 69 7.3 DIE JAPANISCHE KAMPO-MEDIZIN 70 7.3.1 DIAGNOSE UND THERAPIE 70 8 CONCLUSIO 71 9 LITERATURVERZEICHNIS 72 10 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 75 VI
1 Einleitung 1 Einleitung Die Haut ist nicht nur das flächenmäßig größte Organ des Körpers, das Reize aufnimmt und weiterleitet, sondern gleichzeitig auch unser Schutzschild, das das Körperinnere bewahrt. Ist dieser Schutz nicht intakt, können verschiedene Erkrankungen auftreten. In dieser Diplom- arbeit werden einige davon mithilfe wissenschaftlicher Werke behandelt, bevor ein Einblick in die erblich bedingte Krankheit Neurodermitis gegeben wird. Da nicht nur einige Personen meines Freundeskreises, sondern auch ich selbst schon mit juckender, empfindlicher Haut kämpfen mussten, war mein Interesse für dieses Thema groß. Da die Betroffenen verschie- dene Therapiemöglichkeiten gewählt hatten, die alle mehr oder weniger erfolgreich waren, wollte ich mich genauer damit beschäftigen. Viele Hauterkrankungen können mittels Medi- kamente geheilt werden, Neurodermitis aber nicht. Allein eine Linderung der Symptome ist durch die Vermeidung von Allergenen und bestimmten Nahrungsmitteln oder mithilfe ver- schiedener Therapien möglich. In dieser Arbeit soll die Behandlung mit Phytopharmaka, also Arzneimitteln, die aus Heilpflanzen hergestellt werden, untersucht werden. Nicht nur die Ernte und Verarbeitung dieser, auch die Anwendung unterscheidet sich. Diese Arbeit soll Aufschluss darüber geben, welche ausgewählten Pflanzen bei welchen Symptomen hel- fen können und wie diese verwendet werden. Um auch Heilmethoden aus anderen Kulturen kennenzulernen, wird abschließend ein Überblick über verschiedene, nicht europäische Ideen und Vorstellungen gegeben. Das Ziel ist, einen Rundumblick über Hauterkrankungen (insbesondere Neurodermitis) sowie über Therapiemöglichkeiten zu geben. Das Hauptau- genmerk liegt auf der Pflanzenheilkunde. 1
2 Aufbau der Haut 2 Aufbau der Haut Bevor auf die Hautkrankheit Neurodermitis näher eingegangen wird, muss man den Aufbau sowie die Aufgaben der Haut verstehen. Dieser Bereich wurde schon in etlichen Diplomar- beiten und Büchern behandelt, jedoch dient er als Grundlage für die Beschäftigung mit Neu- rodermitis und ist deshalb in dieser Arbeit erforderlich. Flächenmäßig (bis zu zwei Quadrat- meter) sowie gewichtsmäßig (bei Erwachsenen 15-20 Kilogramm) ist die Haut das größte Organ des Körpers, das Sinneszellen und Rezeptoren zur Aufnahme von Reizen wie z. B. Berührungen enthält. Auf einem Kubikmeter befinden sich bis zu 600 000 Zellen, 5000 Sin- neszellen, vier Millionen Rezeptoren, vier Meter Nervenbahnen, ein Meter Blutgefäße usw. (Schilcher, Kammerer, Wegener 2010, S. 941). Die Haut sorgt dafür, dass Krankheitserre- ger, Gifte oder physikalische Reize nicht in das Innere des Körpers gelangen können. Ein- geteilt wird sie in drei Schichten mit ihren unterschiedlichen Funktionen, die auch in Abbil- dung 1 ersichtlich sind (Grünwald, Jänicke 2015, S. 118), (Schilcher, Kammerer, Wegener 2010, S. 12, 941), (Steinmann 1995, S. 13). Abbildung 1: Aufbau der Haut (Achenbach 1986, S. 1) 2
2 Aufbau der Haut 2.1 Epidermis (Oberhaut) Die Epidermis, auch Oberhaut genannt, die mit einer Dicke von teilweise sogar nur 0,04 bis maximal 0,4 Millimetern sehr dünn ist, ist ein Oberflächenepithel. Sie besteht aus verschie- denen Zelltypen und -schichten, die von der Dermis durch die Basalmembran sowie die dar- überliegende Basalzellschicht, auch Stratum basale genannt, abgegrenzt sind. Letztere ist für die Zellteilung und das Zellwachstum zuständig. Diese produziert immer neue Zellen, die nach außen wandern, absterben und die Hornschicht bilden (Achenbach 1986, S. 2), (Rassner 1990, S. 4, 21-22), (Steinmann 1995, S. 13). Der äußerste Bereich der Haut – Stratum corneum – enthält abgestorbenes Keratin und Kor- neozyten. Diese Hornzellen ohne Zellkern und Organellen bilden die Hornschicht und schüt- zen unter anderem vor Schadstoffen. Diese Schicht ist, abhängig von der nicht nur mecha- nischen sondern auch chemischen Belastung, z. B. an den Fußsohlen und Händen der meis- ten Menschen dicker und wird jedes Monat erneuert. Bei Erkrankungen oder bei besonderer Belastung anderer Körperteile kann auch dort eine Verdickung der Hornschicht entstehen (Achenbach 1986, S. 2), (Rassner 1990, S. 4, 21-22). Darunter befindet sich das Stratum granulosum, die Körnerschicht. Diese ist verantwortlich dafür, die hornbildenden Keratinozyten zu Korneozyten umzubauen, die im Stratum cor- neum die Hornschicht bilden. Zusammen mit der Stachelschicht (Stratum spinosum) sorgt die Körnerschicht für die Zelldifferenzierung und Reifung sowie die Bereitstellung der Bau- steine für die Keratinbildung (Achenbach 1986, S. 2), (Rassner 1990, S. 4, 21-22). Außerdem enthält die Epidermis Melanozyten, Merkel-Zellen zur Druckwahrnehmung und Langerhans-Zellen zum Schutz des Immunsystems. Erstere befinden sich in der Basalzell- schicht, bilden Melanin und speichern dieses Pigment auch. Das dient als Schutzfunktion der Zellen, da die Melaninpigmente diese vor Schäden durch UV-Strahlung bewahren. Da- her kann man bei Menschen, die an Orten mit erhöhter Sonneneinstrahlung leben, eine dunk- lere Hautfärbung erkennen. Dies hat aber natürlich auch genetische Faktoren (Achenbach 1986, S. 2), (Rassner 1990, S. 4, 6). 3
2 Aufbau der Haut 2.2 Dermis (Lederhaut) Dieser Bereich befindet sich unter der Epidermis und ist für die Ernährung dieser zuständig, da die äußerste Hautschicht selbst keine Gefäße besitzt. Hauptbestandteil der Dermis sind Kollagen und Bindegewebsfasern, die für die Stabilität sowie Elastizität der Haut verant- wortlich sind. Da junge Menschen deutlich mehr dieser Fasern haben, wirkt die Haut straffer und weniger faltig. Außerdem beinhaltet die Lederhaut Haare, Blut- und Lymphgefäße, Schweißdrüsen, Drüsen zur Talgproduktion, Makrophagen, Mastzellen, Lymphozyten und Granulozyten (Rassner 1990, S. 22) sowie Nerven. Letztere sind auch dafür verantwortlich, dass man (wie z. B. bei diversen Hauterkrankungen) einen Juckreiz wahrnimmt (Achenbach 1986, S. 2-3), (Rassner 1990, S. 4, 22), (Steinmann 1995, S. 14-16). 2.3 Subkutis (Unterhaut) Die Subkutis, hauptsächlich bestehend aus Fettgewebe, ist der innerste Abschnitt der Haut und ist verantwortlich dafür, den Körper warm zu halten und Energie zu speichern. Nicht nur Blutgefäße, lockeres Bindegewebe und Nerven, auch Haarmuskeln, Haarwurzeln mit Pigmentzellen, Lymphknoten und verschiedene Drüsen befinden sich in diesem Bereich. Das Fettgewebe, bestehend aus Fettzellverbänden, ist in einzelne Fettläppchen unterteilt und dient als Isolator und Speicher. Die Blutgefäße sind zuständig für den Transport von Nähr- stoffen in die Lederhaut sowie – durch Verengung oder Erweiterung – für die Reaktion auf Kälte oder Wärme (Achenbach 1986, S. 3-6), (Rassner 1990, S. 4, 22), (Steinmann 1995, S. 16-18). 4
3 Funktionen der Haut 3 Funktionen der Haut Die Haut wirkt nicht nur wie ein Schutzmantel für unseren Körper, dessen äußerste Schicht, die Epidermis, sich monatlich erneuert, sondern erfüllt auch einige andere lebensnotwendige Funktionen, auf die in diesem Kapitel näher eingegangen wird. 3.1 Schutzfunktion Die Haut dient unter anderem als Barriere gegenüber Umwelteinflüssen, die mechanischer, chemischer, aber auch physikalischer Natur sein können. Um vor Verletzungen zu schützen, hat sie elastische Eigenschaften sowie die Möglichkeit, an betroffenen Stellen einen Horn- hautschutz, also eine Verdickung der Epidermis zu bilden. Die Subcutis mit dem Fettgewebe bewahrt vor stumpfer Gewalt, indem diese verringert oder verteilt wird (Achenbach 1986, S. 7-9), (Rassner 1990, S. 7). Chemische Schädigungen werden mithilfe des Stratum corneum sowie durch den Säure- und Fettmantel der Epidermis verhindert. Bei zu häufiger Verwendung von alkalischen Haut- pflegeprodukten, Desinfektionsmitteln oder Chemikalien kann es zu einer Schädigung kom- men, da diese den leicht sauren ph-Wert der Haut verändern. So kann die Epidermis nicht mehr als Schutzschild fungieren und Allergien oder Hautkrankheiten können entstehen (Achenbach 1986, S. 7-9), (Rassner 1990, S. 7). Physikalischen Einwirkungen wie z. B. UV-Strahlen kann die Haut mittels Lichtabsorption sowie mithilfe eines dickeren Stratum corneum und Melaninpigmenten entgegenwirken (Achenbach 1986, S. 7-9), (Rassner 1990, S. 7). Um Schädigungen durch extreme Wärme oder Kälte zu verhindern, können Gefäße erweitert oder verengt werden sowie die Durchblutung angepasst werden. Bei Überhitzung wird die Schweißsekretion erhöht. Außerdem wirken das Binde- und Fettgewebe der Subcutis als Wärmedämmung (Rassner 1990, S. 7). 5
3 Funktionen der Haut Bakterien, die sich auf unserer Haut befinden, beschädigen diese in der Regel nicht. Viralen oder bakteriellen Angriffen kann die Haut mithilfe des Stratum corneum sowie des Säure- und Fettmantels entgegenwirken. Ist die Epidermis durch Wunden oder Verletzungen ge- schwächt und wird Keimen und Bakterien der Eintritt erleichtert, reagiert der Körper und aktiviert die Langerhans-Zellen zum Schutz des Immunsystems (Achenbach 1986, S. 7-9), (Rassner 1990, S. 7). 3.2 Speicherfunktion sowie Aufnahme- und Abgabefunktion Die Haut kann nicht nur Fett in der Subcutis und Wasser in Form von Ödemen speichern (Rassner 1990, S. 8), sondern auch Stoffe aufnehmen. Die Wasserspeicherung soll vor Aus- trocknung schützen, angelegte „Fettpölster“ werden als Reserve genutzt, um, wenn notwen- dig, darauf zurückgreifen zu können. Zusätzlich sollen diese vor mechanischen Eingriffen wie z. B. Stößen schützen. Eine Verletzung der Hautoberfläche begünstigt das Eindringen bzw. die Aufnahme bestimmter Stoffe, die sich positiv oder negativ auf den Organismus auswirken können. Außerdem hat die Haut eine wichtige Abgabefunktion, da sie mit dem Schweiß, der zum Großteil aus Wasser besteht, auch andere Substanzen wie z. B. Medikamente und Giftstoffe ausscheiden kann (Achenbach 1986, S. 9), (Rassner 1990, S. 8), (Steinmann 1995, S. 16). 3.3 Funktion als Sinnesorgan In der Dermis befinden sich verschiedene Mechano-, Thermo- und Schmerzrezeptoren, die unterschiedliche Reize erkennen können. So kann man nicht nur Wärme und Kälte, sondern auch Schmerzen, Druck oder leichte Berührungen wahrnehmen. Jedoch empfindet man Reize an verschiedenen Körperstellen als unterschiedlich stark, da die Menge der Sinneszel- len variiert. So kann man nach eigenem Versuchen leicht feststellen, dass man an den Fin- gerkuppen Berührungen am ehesten erkennt, im Gegensatz zum Ellbogen oder zur Außen- seite des Unterarms (Achenbach 1986, S. 10), (Rassner 1990, S. 7). 6
4 Erkrankungen der Haut 4 Erkrankungen der Haut Da die Hautkrankheit Neurodermitis in Kapitel 5 ausführlich erklärt wird und die Behand- lungsmöglichkeiten in den Folgekapiteln erläutert werden, beschäftigt sich dieser Teil mit anderen bekannten und in Europa häufig auftretenden Erkrankungen der Haut. Um den Um- fang der Arbeit nicht zu sprengen, werden nur ausgewählte Beschwerden behandelt, die für das Verständnis und die Hinführung zu Neurodermitis relevant sind. Auch Schwellungen oder Ausschläge durch Bienen, Mücken oder Wespen sowie im Normalfall bei Kindern nicht bedrohliche Krankheiten (z. B. Scharlach) werden nicht näher betrachtet. 4.1 Angeborene Hautkrankheiten Angeborene Hauterkrankungen definieren sich so, dass sie häufig ab der Geburt bzw. kurz danach sichtbar werden und ein Leben lang andauern. Meist ist nur eine Therapie der Symp- tome möglich. Zu unterscheiden sind einerseits Fehlbildungen oder Entwicklungsstörungen der Haut, die nicht erblich bedingt sind, andererseits Genodermatosen, also Erbkrankheiten sowie erbliche Dispositionskrankheiten. Die Ursachen für Erstgenannte sind nicht geklärt, da diese Erkrankungen sich nicht in der Familie häufen und nicht vererbt werden. Oft fehlt ein bestimmter Bestandteil der Haut oder ist im Überfluss vorhanden, was zu Fehlbildungen der Haut führt. Erbkrankheiten hingegen sind gehäuft bei Familienangehörigen ausgeprägt. Zu unterscheiden sind erbliche Störungen der Hornschicht (Verhornungsstörungen), erbli- che, bullöse Erkrankungen sowie erbliche Bindegewebskrankheiten (Rassner 1990, S. 23-24). 4.1.1 Verhornungsstörungen Eine der häufigsten, erblichen Verhornungsstörungen ist Ichthyosis vulgaris. Die Beschwer- den sind meist nicht schmerzhaft, aber psychologisch belastend. Die Haut ist an bestimmten Stellen grau-braun schuppig und trocken. Der Grund ist eine Störung der Keratinbildung mit darauf folgender Verhornungsstörung und veränderten Eigenschaften der Hornzellen. Ge- lenke, Gesicht sowie Hand- und Fußsohlen sind nur betroffen, wenn das für die Krankheit wichtige Gen am X-Chromosom sitzt (Rassner 1990, S. 24-26). Weitere, erbliche Verhornungsstörungen sind Palmoplantar-Keratosen. Die häufigste Form ist Keratosis palmoplantaris diffusa circumscripta. In diesem Fall sind auch Hand- und 7
4 Erkrankungen der Haut Fußsohlen von der übermäßigen Verhornung betroffen und beeinträchtigen das Leben der Patientinnen und Patienten maßgeblich. Erkennbar sind eine gelbliche Verdickung der Horn- schicht mit rötlichem Randsaum sowie Einrisse der Haut (Rassner 1990, S. 26). Zuletzt möchte ich noch auf die vererbbare, aber nicht ansteckende Erkrankung Psoriasis eingehen, welche in Abbildung 2 zu sehen ist. Schuppenflechten, speziell der Typ Psoriasis vulgaris, sind nicht selten. Dabei können nur einzelne Teile, häufig Ellbogen, Lendenbereich und Knie, oder der nahezu ganze Körper befallen sein, was sich auch immer wieder durch Krankheitsschübe ändern kann. Rote Entzündungsherde und weiße Schuppen sowie Verdi- ckungen sind charakteristisch für die Krankheit. Beim Abkratzen dieser kommt es zu einer tautropfenartigen, punktförmigen Blutung aus den Papillenspitzen der Lederhaut (Achen- bach 1986, S. 97). Diese Symptome werden durch eine Störung der Erzeugung von Prostag- landin, eine erhöhte Erzeugung kurzlebiger, überstürzt oder mangelhaft reifender Kera- tinozyten (Rassner 1990, S. 30) in der Oberhaut sowie eine Beeinträchtigung des Haut- wachstums und der Verhornung hervorgerufen. Neben der Tatsache, dass Psoriasis vulgaris vererbt wird, wirken folgende Umstände fördernd und können zum Ausbruch oder zur Ver- schlechterung der Krankheit führen: Verletzungen, starke Sonneneinstrahlung, übermäßiger Stress, psychische Probleme, starker Alkoholkonsum oder bestimmte Medikamente. Es kann eine Behandlung der Entzündung und des übermäßigen Zellwachstums erfolgen, Fotoche- motherapie, Medikamente, Strahlen-, Bäder- oder Klimatherapien können helfen. Bei harm- loseren Schuppenflechten wird diese lediglich äußerlich durch Entfernung der Schuppen und anschließender Bearbeitung mit bestimmten Präparaten behandelt (Achenbach 1986, S. 95-105), (Rassner 1990, S. 28-31). Abbildung 2: Psoriasis vulgaris (Rassner 1990, S. 28) 8
4 Erkrankungen der Haut 4.1.2 Bullöse Krankheiten Bei erblich bedingten, bullösen Krankheiten bilden sich Blasen bei Belastungen der Haut, die bei gesunden Menschen keine Reaktionen hervorrufen. Zu unterscheiden sind drei Ty- pen: Epidermale, junktionale und dermale Epidermolysen. Bei Erstgenannten bilden sich innerhalb der Epidermis Blasen, welche am ganzen Körper entstehen können. Meist ge- schieht aber eine Verheilung ohne Narbenrückstände. Bei junktionalen Epidermolysen, wel- che seltener sind, entstehen Blasen in der Basalschicht. Die Folgen können bei schweren Formen der Tod sein, bei leichteren Formen Haarausfall oder Störungen in der Bildung der Nägel. Kommen Blasen in der oberen Lederhaut vor, spricht man von einer dermalen Epi- dermolyse. Hier bleiben nach der Abheilung Narben zurück, auch die Schleimhaut kann be- troffen sein. Zusätzlich können Patientinnen und Patienten bei einer Verbesserung des Krankheitszustands von Zysten unter der Haut sowie Nagelbildungsstörungen und mögli- chen Mutilationen von Fingern und Zehen (Rassner 1990, S. 36) betroffen sein (Rassner 1990, S. 35-36). 4.2 Erworbene Hautkrankheiten Erworbene Krankheiten stehen in keinem Zusammenhang mit Familienmitgliedern und wer- den nicht vererbt, sondern entweder durch Auslösefaktoren (z. B. bei Folliculitis) oder An- steckung von anderen Lebewesen (z. B. bei Herpes simplex) ausgebildet. 4.2.1 Erkrankungen durch Bakterien Auf der Oberfläche der menschlichen Haut befinden sich verschiedene Bakterien, welche nur in bestimmten Fällen zu Erkrankungen führen. Residente Erreger befinden sich ständig, transiente nur zeitweise am Körper. Bei Erkrankungen gibt es entweder eine Schädigung der Haut wie z. B. ein nicht intakter Säuremantel, oder es befinden sich Wunden oder Verlet- zungen auf der Haut (insbesondere Verletzungen der Hornschicht) und ermöglichen so Bak- terien ein leichteres Eindringen in den Körper. Eine weitere Möglichkeit ist, dass sich die Anzahl oder Aggressivität der Bakterien auf der Haut, die bis dato nicht negativ gewirkt haben, erhöht und so Beschwerden auftreten (Achenbach 1986, S. 22), (Rassner 1990, S. 48-49). 9
4 Erkrankungen der Haut Als Beispiel bekannter und gar nicht so seltener Krankheiten, die durch Bakterien verursacht werden, sind die Folliculitis sowie das Furunkel zu nennen. Bei beiden kommt es zu einer Entzündung der Haarfollikel, meist verursacht durch Staphylokokken. Bei der Folliculitis entsteht nur eine oberflächliche Entzündung, betroffen ist nur ein Teil des Haarbalgs, was in Abbildung 3 zu sehen ist. Man sieht stecknadelkopfgroße Eiterbläschen, durch die ein Haar hindurchtritt und eine umgebende Rötung (Achenbach 1986, S. 22). Vertieft sich die Ent- zündung und nimmt zu, entsteht ein Furunkel, oft erkennbar durch eine eitrige Spitze, nach Aufplatzen dieser tritt rasch eine Heilung ein. Bilden sich mehrere Furunkel nebeneinander, nimmt die Entzündung zu und ein Karbunkel kann diagnostiziert werden. Häufig treten diese Beschwerden bei Männern im Bereich des Bartwuchses auf, allgemein oft ober der Ober- lippe, da hier viele Bakterien bei Krankheit aus der Nase treten. Auch an stark schwitzenden Stellen sowie nach dem Rasieren können Haarbalgentzündungen entstehen. Die Ursachen sind vielfältig, ein schwaches Immunsystem, Diabetes, die zu häufige Verwendung von Sal- ben oder eine zu unvorsichtige Rasur fördern eine Entzündung. Ein Arztbesuch ist im Nor- malfall nicht nötig, die Entzündung heilt ohne Medikamenteneinnahme oder andere Behand- lungen von selbst (Achenbach 1986, S. 22-24), (Nonnenmacher 2018). Abbildung 3: Follikulitis (https://gesundpedia.de/Follikulitis_%28Haarbalgentz%C3 %BCndung%29) 4.2.2 Erkrankungen durch Viren Viren, die Hautzellen angreifen, sich innerhalb dieser replizieren und diese verändern, be- schädigen so nicht nur die Zellen, sondern auch das Gewebe und sorgen für Entzündungen und Hauterkrankungen. Die wohl bekannteste – Herpes – wird ausgelöst durch Herpes-simp- lex-Viren Typ I und tritt, vermehrt im Winter, in der Lippengegend auf (siehe Abbildung 4). 10
4 Erkrankungen der Haut Herpes labialis kann durch Berührungen von infizierten Personen, beispielweise durch Küsse, übertragen werden. Der erste Kontakt mit Typ I-Viren tritt oft schon im jungen Alter auf und bleibt meist unbemerkt, die Viren verlassen den Körper aber nicht. So kommt es häufig vor, dass die kleinen, durchsichtigen Bläschen auf rotem Untergrund immer wieder an der gleichen Stelle auftreten. Die Viren vermehren sich nach Eintritt in den Körper und breiten sich aus. Sie können bei bestimmten Auslösern wie z. B. einem schwachen Immun- system mit zu wenigen Antikörpern gegen die Erreger, starker Sonneneinstrahlung oder während der Menstruation der Frau ausbrechen. Entgegenwirken kann man dem, indem man sein Immunsystem stärkt, Herpessalben verwendet und die Auslöser verringert. Bei schwe- ren Fällen sollen Infusionen oder Medikamente helfen (Achenbach 1986, S. 15-18), (Rassner 1990, S. 41-43). Abbildung 4: Herpes simplex-Bläschen (https://deximed.de/home/b/haut/patienteninformationen/bl aeschenartiger-ausschlag/herpes-simplex-lippenblaeschen/) Der zweite Typ der Herpes simplex-Viren verursacht Beschwerden im Genitalbereich und wird durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen. Wie auch bei Typ I können die Bläschen bei Herpes genitalis nach der Heilung immer wieder auftreten, besonders bei me- chanischer Reizung beim sexuellen Kontakt (Achenbach 1986, S. 16). Die Behandlung er- folgt wie bei Herpes labialis (Achenbach 1986, S. 15-18), (Rassner 1990, S. 41-43). Weitere, meist durch Papillom-Viren ausgelöste Leiden, sind Warzen. Diese sind nicht zu verwechseln mit Hühneraugen, die ohne das Vorkommen von Viren entstehen. Die Übertra- gung kann erfolgen, wenn man mit verletzten oder offenen Warzen anderer Personen in Be- rührung kommt. Eine besondere Gefahrenquelle stellen Schwimmbäder dar, da hier die Auf- nahme der Papillom-Viren beim Gehen ohne Schuhe erleichtert wird. Abhängig von der Art 11
4 Erkrankungen der Haut der Viren sowie der Eintrittsstelle auf der Haut kann man verschiedene Formen von Warzen unterscheiden. Häufig sind vulgäre Warzen an Händen und Füßen und manchmal im Gesicht zu finden. Diese bilden stark verhornende Papeln aus und haben eine raue Oberfläche. Be- sonders an Fingern und im Bereich der Fingernägel sind diese sehr ausdauernd und hartnä- ckig. Schmerzhafter sind Dornwarzen an den Füßen (siehe Abbildung 5), die bei Druck auf Nerven stechende Schmerzen auslösen können, sowie Feigwarzen im Genitalbereich, dessen Wachstum durch feuchte und warme Bedingungen gefördert wird. Erstere wachsen im Ge- genteil zu vulgären Warzen meist tief im Inneren des Körpers und sind erkennbar durch stecknadelgroße, braunschwarze Pünktchen (Achenbach 1986, S. 12) auf den Warzen. Die Therapie von durch Papillom-Viren ausgelösten Beschwerden ist oft sehr langwierig und nicht endgültig, da Erreger im Gewebe verbleiben können und nach einer bestimmten Zeit wieder ausbrechen können. Virushemmende Substanzen mit Fluorouracil oder Podophyllin- Lösungen sind bekannt, bei schwerwiegenderen Fällen können das Vereisen mit flüssigem Stickstoff oder eine Operation helfen (Achenbach 1986, S. 11-14), (Rassner 1990, S. 46-48). Abbildung 5: Dornwarzen am Fuß (https://www.praxisvita.de/huehnerauge-oder-warze-2029.html) 4.2.3 Erkrankungen durch Pilze Hauterkrankungen, die durch Pilze hervorgerufen werden, auch Dermatomykosen genannt, können von Faden-, Hefe- und selten Schimmelpilzen ausgelöst werden. Erstgenannte kön- nen nur die äußerste Schicht der Haut, die anderen Erreger aber auch die Dermis oder Sub- kutis angreifen. Da Schimmelpilze seltener Krankheiten bewirken, werden sie hier außer Acht gelassen. Wie auch bei durch Viren oder Bakterien ausgelösten Krankheiten treten Pilzinfektionen eher auf, wenn die Haut nicht in ihrem gesunden Gleichgewicht ist, 12
4 Erkrankungen der Haut sondern es z. B. Verletzungen gibt. Zusätzlich begünstigen ein schwaches Immunsystem, Krankheiten wie z. B. Diabetes mellitus, die Einnahme von Antibiotika und warme, feuchte Stellen den Befall durch Pilze. Die Vermehrung dieser geschieht extra- oder intrazellulär entweder durch Teilung von Hyphen und Myzelbildung oder Sprossung von Einzelzellen und Koloniebildung (Rassner 1990, S. 64). Allgemein ist wichtig zu wissen, dass eine Pil- zerkrankung sehr häufig Ausgangspunkt für Folgekrankheiten ist, die meist durch Bakterien oder Viren hervorgerufen werden, welche durch die vom Pilz geschädigte Haut leichter ein- treten können (Achenbach 1986, S. 27-28), (Rassner, 1990, S. 64). Eine der häufigsten Krankheiten, die durch Fadenpilze verursacht wird, ist Tinea pedis (Fuß- pilz). Die Zellen greifen nur die Hornschicht sowie Haare an. Geschieht die Übertragung von Tieren auf den Menschen, ist die Erkrankung intensiver, eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist besonders in öffentlichen Gemeinschaftsduschen oder in Schwimmbädern häufig. Das perfekte Milieu für Fadenpilze sind lang feuchte oder schwitzende Stellen mit geringer Durchblutung wie z. B. der Zehenzwischenraum (Achenbach, 1986, S. 28-30). Auch am restlichen Körper oder am Kopf können Pilzinfektionen entstehen, erkennbar durch runde Herde mit entzündlichem Rand, die sich schnell ausdehnen und tief in die Haut hin- eingelangen können. Der Erreger Mikrosporon audouinii ist meist verantwortlich für Pilze am Kopf, die durch abgebrochene Haare und eine weiße, puderartige Kopfhaut gekennzeich- net sind und vermehrt bei Kindern auftreten (Achenbach 1986, S. 31). Eine weitere Erkrankung, die durch Faden- oder seltener Hefepilze hervorgerufen wird, ist Nagelpilz (Onychomykose). Hier kann man Nägel erkennen, die weißgelblich verdickt oder krümelig verändert (Achenbach 1986, S. 31) sind (siehe Abbildung 6). Auch bei gesundem Immunsystem und normalem Nagelwachstum sind diese Beschwerden sehr beharrlich und bedürfen einer langfristigen Behandlung. Hat man aber zusätzlich schlecht durchblutete Nä- gel, was das Nagelwachstum verlangsamt, kann die Therapie sehr lange dauern. Oft reicht keine äußerliche Bearbeitung und eine Entfernung des Nagels ist notwendig, was trotzdem noch keine Garantie für eine Heilung ist (Achenbach 1986, S. 31). 13
4 Erkrankungen der Haut Abbildung 6: Onychomykose (https://www.ciclopoli.de/ratgeber-nagelpilz/) Nur durch Hefepilze wird die Kandidose ausgelöst. Die Erreger befinden sich oft im Darm des Menschen und verursachen erst Schäden, wenn das Immunsystem geschwächt ist oder eingenommene Medikamente Bakterien abtöten, die normalerweise die Hefepilze in Schach halten. Auch Diabetes mellitus kann fördernd wirken. Optisch sind Anzeichen wie rote, näs- sende Flächen, die am Rand eine nach innen gerichtete Schuppenkrause erkennen lassen (Achenbach 1986, S. 33) sowie Pusteln und Bläschen erkennbar, dargestellt in Abbildung 7. Nicht nur oberflächlich, sondern auch bei Nägeln, in der Schleimhaut oder im Genitalbereich können die Erreger angreifen. In der zuletzt genannten Region können diese unter anderem durch Geschlechtsverkehr übertragen werden oder sich durch das Schlucken der Pille dort ansiedeln. Auffällig ist in diesem Fall Juckreiz in den befallenen Regionen, bei Frauen auch eine weiße Absonderung (Achenbach 1986, S. 32-34), (Rassner 1990, S. 67-68). Abbildung 7: Kandidose (Rassner 1990, S. 67) 14
4 Erkrankungen der Haut Zuletzt möchte ich die Krankheit Pityriasis versicolor (Kleienflechte) nennen, die in Abbil- dung 8 zu sehen ist. Diese wird durch Hefepilze hervorgerufen und ist durch gelb-braune, schuppende Flecken im zentralen Bereich des Körpers diagnostizierbar. Nach Sonnenbädern können diese Regionen auch heller erscheinen, da sie nicht mitgebräunt werden. Wie alle schon genannten Pilzkrankheiten ist auch hier eine langwierige Behandlung erforderlich. Oft sind keine Symptome mehr erkennbar, der Pilz ist aber trotzdem noch nicht vollständig ver- schwunden und muss unbedingt weiter behandelt werden. Die Therapie erfolgt meistens durch Antimykotika. Nystatin wird gerne bei der Behandlung von Hefepilzerkrankungen, Griseofulvin gegen Fadenpilze eingesetzt. Meist werden aber Arzneistoffe verschrieben, die nicht nur speziell gegen eine Pilzart, sondern breitgefächert angreifen (Achenbach 1986, S. 34), (Rassner 1990, S. 68-69). Abbildung 8: Pityriasis versicolor (Rassner 1990, S. 68) 4.2.4 Erkrankungen durch Tiere In diesem Kapitel soll nicht zu sehr ins Detail gegangen werden, da das meines Erachtens für das weitere Verständnis nicht erforderlich ist. Daher werden nur ausgewählte Erkrankun- gen genannt und Beschwerden, die nur in Amerika, Afrika oder in Tropengegenden häufig sind (z. B. Spinnenbisse oder Wurminfektionen), nicht behandelt. Haben (Krätze-) Milben die Haut eines Menschen befallen, leidet dieser unter sehr starkem Juckreiz, der sich bei zunehmender Temperatur steigert. Es entstehen Gänge bzw. leichte Erhebungen in der Hornschicht, an dessen Ende meist die lebende, weibliche Milbe zu fin- den ist. Diese kann jedoch durch übermäßiges Kratzen auch schon abgestorben sein. 15
4 Erkrankungen der Haut Außerdem kann sie nur in der Hornschicht, nicht aber nur auf Kleidung oder Bettwäsche ohne menschlichen Kontakt überleben. Oft sind auch Knötchen erkennbar, was eine Reak- tion des Körpers auf die von der Milbe abgegebenen Stoffe sein kann. Bevorzugte Hautpar- tien sind Hände, Achseln, Fußknöchel oder -sohlen und der Genitalbereich. Die Ansteckung erfolgt durch körpernahen Kontakt mit anderen Menschen. Wie bei den bisher genannten Hauterkrankungen wirkt auch hier ein nicht intaktes Immunsystem krankheitsfördernd. Diese Personen plagen ein besonders starker Juckreiz sowie krustige Hautoberflächen. Die Behandlung erfolgt mit milbentötenden Medikamenten wie z. B. Skabiziden (Achenbach 1986, S. 39-41), (Rassner 1990, S. 72-73). Auf Hauterkrankungen durch Zecken möchte ich nicht genauer eingehen. Zu erwähnen ist nur, dass durch Impfungen das Risiko sehr viel geringer ist, Folgekrankheiten, ausgelöst durch Viren oder Bakterien (z. B. Borreliose), zu bekommen. Hauterkrankungen durch Läuse sind, besonders im Kindesalter, häufig. Zu unterscheiden sind Kopfläuse (Pediculi capitis), Kleiderläuse (Pediculi vestimentorum) und Filzläuse (Pe- diculi pubis) (Rassner 1990, S. 74). Diese befinden sich, wie ihr Name schon sagt, am Kopf, in Kleidung oder in Scham-, Brust- und Achselbehaarung sowie im Bart. Allgemein ist der Befall durch Juckreiz erkennbar. Befinden sich Nissen und Läuse an bestimmten Stellen, erfolgen Einstiche in die Haut zur Ernährung. Manchmal sind die Läuse als kleine, graue oder braune Flecken erkennbar, häufig aber nur die Nissen. Die Handhabung ist bekannt: Mit bestimmten Substanzen werden die Läuse und Nissen abgetötet und an Stellen wie dem Kopf mit einem bestimmten Läusekamm entfernt (Achenbach 1986, S. 41-43), (Rassner 1990, S. 74). Im Unterschied zu den Läusen geschieht bei Flöhen und Wanzen die Eiablage und Entwick- lung außerhalb des Menschen, sodass nur die Einstiche zur Blutmahlzeit Juckreiz sowie Quaddeln also Hautschwellungen oder Papeln hervorrufen. Wanzenstiche, welche oft linear, also fußstapfenartig angeordnet sind, werden meist nur nachts verursacht. Die Tiere sind nachtaktiv und verstecken sich gerne in Spalten oder in Bettwäsche. Die Symptome werden mit Gels oder Cremen behandelt und sind nicht weiter bedrohlich (Achenbach 1986, S. 43-44), (Rassner 1990, S. 74-76). 16
4 Erkrankungen der Haut 4.2.5 Erkrankungen durch thermische Einwirkungen Die Haut reagiert nicht nur auf zu starke Hitze, sondern auch auf Kälte, in Europa sind aber wegen des Klimas Verbrennungen und Verbrühungen weitaus häufiger als Erfrierungen. Letztere bewirken Störungen in der Durchblutung und im Gewebe. Je nach Schwere der Erfrierung sind blasse Haut, Blutungen, Blasenbildung oder schlimmstenfalls blaue und schwarze Flecken sowie abgestorbenes Gewebe zu erkennen (siehe Abbildung 9). Bei sehr starker Unterkühlung muss eine langsame Erwärmung mit Glukoseinfusionen erfolgen. Häufiger sind aber Hautschäden durch zu hohe Temperaturen, die Denaturierung von Prote- inen kann eine Folge sein (Rassner 1990, S. 81, 83-84). Abbildung 9: Erfrierung 3. Grades (https://www.apotheken-umschau.de/Erfrierungen) Abbildung 10: Verbrennung 2. Grades (Rassner 1990, S. 82) Nicht nur heiße Gegenstände oder Flüssigkeiten, auch ein zu langes, ungeschütztes Sonnen- bad können sich ungünstig auf die Haut auswirken. Bei leichten Verbrennungen sind 17
4 Erkrankungen der Haut Rötungen der Haut, Schwellungen und brennende Schmerzen bemerkbar, welche ohne ärzt- liche Behandlung und mit kühlenden und entzündungshemmenden Mitteln rasch abheilen. Besonders Sonnenbrände, bei denen es gelegentlich auch zu Fieber kommen kann, sind nicht zu unterschätzen. Werden immer wieder Zellkerne geschädigt, können diese nicht mehr re- pariert werden und langfristige Defizite wie faltige Haut, Verhornungsstörungen oder sogar Hautkrebs sind die Folge. Beim Erleiden von schwereren Verbrennungen, welche in Abbil- dung 10 zu sehen sind, können sich Blasen unter der Epidermis bilden, Zellen, Gewebe und Hautanhangsgebilde absterben oder sogar Organe durch Verbrennungstoxine beschädigt werden sowie Narben zurückbleiben. Die ärztliche Behandlung ist unumgänglich, um Fol- geschäden möglichst gering zu halten (Achenbach 1986, S. 93-94), (Rassner 1990, S. 82-83). 4.2.6 Hautgeschwulste Neubildungen der Epidermis treten beim Menschen häufig auf, müssen sich aber nicht im- mer negativ auf diesen auswirken. Harmlose Hautgeschwulste wie Fibrome, Warzen oder Muttermale lösen im Normalfall keine Beschwerden aus. Die häufigsten Muttermaltypen sind Naevus pigmentosus (braune Flecken) und Naevus flammeus, welche durch die rote Färbung auffallen. Die roten Flecken, auch Feuermale genannt, entstehen durch die Erwei- terung und gutartige Wucherung von kleinen Hautgefäßen (Achenbach 1986, S. 165). Die braunen Pigmentmale können bei Veränderungen leider auch gefährlich werden und sich zu malignen Melanomen (siehe Abbildung 11) modifizieren, was besonders durch hohe Sonneneinstrahlung begünstigt wird. Die Änderung kann aber oft leicht erkannt wer- den, indem das Muttermal über längere Zeit genau beobachtet wird: Wechselt es die Farbe und wird dunkelbraun oder blau-schwarz, wächst es rasch, bilden sich Herde darum oder entstehen Schmerzen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Pigmentmal bösartig ist. Haben sich noch keine Metastasen gebildet, welche andere Regionen schnell angreifen kön- nen, ist eine Behandlung durch Entfernung des Muttermals ausreichend (Achenbach 1986, S. 163, 165-168), (Rassner 1990, S. 166). 18
4 Erkrankungen der Haut Abbildung 11: Malignes Melanom (https://www.apotheken-umschau.de/Melanom) Ist ein malignes Melanom entstanden und hat schon eine frühzeitige Absiedelung von Toch- terzellen mit Ausbildung von Tochtergeschwülsten (Metastasen) (Achenbach 1986, S. 168) stattgefunden, spricht man von einem Tumor. Da das Zellwachstum mit Zunahme des Alters abnimmt, verringert sich auch das Wachstum des Melanoms, was das Auftreten eines solchen bei jungen Menschen besonders bedrohlich macht. Wachsen Geschwüre in die Tiefe, breiten sich die Metastasen aus und befallen andere Organe, ist eine vollständige Hei- lung selten (Achenbach 1986, S. 168-171). Eine weitere Wachstumsstörung der Haut ist das Keratoakanthom, ein gutartiger Tumor. Dieser weist Eigenschaften wie z. B. knotig-tumorartiges Wachstum, Zellatypien und Mito- sen (Rassner 1990, S. 168) auf, kann aber auch ohne Behandlung nach einiger Zeit wieder verschwinden. Zu sehen ist diese Erkrankung in Abbildung 12 (Rassner 1990, S. 168-169). Abbildung 12: Keratoakanthom an der Nase (Rassner 1990, S. 168) 19
4 Erkrankungen der Haut Plattenepithelkarzinome hingegen sind bösartige Geschwulste mit negativen Auswirkungen. Die Auslöser sind häufig lichtbedingte Verhornungsstörungen und ein zu starkes Aussetzen der Haut der UV-Strahlung, was also gemieden werden sollte. Erkennbar sind braunrote, manchmal schmutziggraue, fleckige Verfärbungen der Haut mit warzenähnlicher Oberflä- che (Achenbach 1986, S. 172), was meist an Körperstellen, die oft der Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind, auftritt. Wie beim malignen Melanom gibt es auch hier rasches Wachstum und eine schnelle Ausbreitung der Tochterzellen. Ein Befall anderer Gebiete ist häufig. Nur eine Entfernung des Karzinoms sowie dessen Umgebung sind eine wirksame Therapie (Achenbach 1986, S. 171-173), (Rassner 1990, S. 175-177). Zuletzt sei noch das Basaliom genannt (siehe Abbildung 13), welches im Gegensatz zu den zuvor genannten Erkrankungen keine Metastasen ausbildet. Der Tumor entsteht in der Ba- salzellschicht der Epidermis und dringt in das benachbarte Gewebe ein, welches dadurch zerstört werden kann. Das Basaliom tritt häufig im Gesicht auf, da die UV-Strahlen diesen Bereich am häufigsten schädigen. Unterschieden werden kann zwischen knotig ulzerieren- den Formen, welche Knoten oder Geschwüre bilden, planen Basaliomen, welche Platten oder Schuppen hervorbringen und pigmentierenden Basaliomen. Die Behandlung kann durch Entfernung des Geschwulstes oder Gewebes oder durch Bestrahlung erfolgen (Achenbach 1986, S. 173-174), (Rassner 1990, S. 169, 172). Abbildung 13: Knotiges Basaliom (Rassner 1990, S. 169) 20
4 Erkrankungen der Haut 4.2.7 Allergische Reaktionen der Haut Um den Körper vor eindringenden Stoffen wie Viren oder Bakterien zu schützen, gibt es das Immunsystem. Dieses soll eindringende Fremdstoffe erkennen und entfernen sowie körper- eigene Stoffe tolerieren (Rassner 1990, S. 93). Dies geschieht üblicherweise durch die Bil- dung von Antikörpern, auch die Langerhans-Zellen in der Epidermis sowie T- und B-Lym- phozyten sind an der Immunabwehr beteiligt. Reagiert das Immunsystem zu gering, können Krankheiten ausbrechen, da die Fremdstoffe zu wenig oder gar nicht bekämpft werden. Das kann durch schon bestehende Krankheiten oder durch bestimmte Medikamente geschehen. Gibt es aber eine überschießende, krankmachende Immunreaktion des Körpers (Achenbach 1986, S. 47) und entstehen so unerwünschte, schädigende Reaktionen des Immunsystems, leidet der Patient unter einer Allergie. Da es verschiedene allergische Reaktionen der Haut gibt, können diese in vier Gruppen eingeteilt werden. Unter Typ I fallen Reaktionen, die durch Produktion zu vieler Antikörper innerhalb von Minuten lebensbedrohliche Zustände auslösen können. Beispiele wären der Heuschnupfen oder die Quaddelsucht, welche später in diesem Kapitel behandelt wird. Eine zytotoxische Reaktion mit Zellzerstörung wird zu Typ II gezählt, während eine Immunkomplex-Reaktion (Rassner 1990, S. 93) zu Typ III gehört. Werden nicht wie bei Typ I zu viele Antikörper produziert sondern sind diese zu aktiv, treten späte allergische Reaktionen auf und man spricht von Typ IV. Außerdem gibt es eine Unterscheidung zwischen Erkrankungen durch Schädigung der Blutgefäße der Haut (Exantheme) und Erkrankungen durch Schädigung der Epidermis (Ekzeme) (Achenbach 1986, S. 47-48), (Rassner 1990, S. 93), (Flade 2001, S. 5-7). Exantheme sind nicht ansteckende Hautentzündungen, welche sich erstrangig am Gefäßbin- degewebe abspielen und auch andere Organe angreifen können. Die häufigste ist die Quad- delsucht, auch Urtikaria oder Nesselsucht genannt (siehe Abbildung 14). Leidet man an die- ser Erkrankung, die zu Typ I gehört, treten sofort typische Reaktionen wie die Quaddelbil- dung an der Hautoberfläche auf. Durch die Freisetzung von Histamin und anderen ähnlich wirkenden Stoffen aus den Mastzellen (Achenbach 1990, S. 70) leidet der oder die Be- troffene unter geröteter, juckender Haut, welche anschwillt. Die gebildeten Quaddeln kön- nen stark gerötet oder weiß sein und heben sich von der Haut ab, was einem Ausschlag nach der Berührung von Brennnesseln ähnelt. Die Auslösefaktoren können sehr unterschiedlich sein. Nicht nur Medikamente oder Antibiotika und Schlafmittel, auch bestimmte Nahrungs- mittel, chemische Substanzen, Kosmetikprodukte, Insektenstiche oder innere 21
4 Erkrankungen der Haut Entzündungen, seltener physikalische Einwirkungen wie Temperatur oder Druck können die Ursache sein. Ist der Auslöser bekannt, sollte dieser vermieden werden, ansonsten ist eine Therapie mit Medikamenten oder Antihistaminika üblich (Achenbach 1986, S. 70-74), (Rassner 1990, S. 107-111). Abbildung 14: Urtikaria (Rassner 1990, S. 108) Die gefährlichste Sofortreaktion des Körpers ist der anaphylaktische Schock, welcher durch eine meist parenterale Antigenzufuhr (z. B. Injektion, Infusion, Hyposensibilisierung) (Rass- ner 1990, S. 112) entsteht. Wird nicht schnell darauf reagiert, kann dieser tödlich enden. Bei dieser Reaktion des Typ I sind die Auslöser oft Nahrungsmittel, Medikamente, Antibiotika oder Insektenstiche, dessen Stoffe sich aber nicht oral sondern wie schon erwähnt oft paren- teral entfalten. Damit einhergehende Beschwerden sind Übelkeit, Erbrechen, Koliken, Durchfall, Atemnot und Atemstillstand (Rassner 1990, S. 112). Auch Störungen des Herz- rhythmus oder sogar ein Herzstillstand können die Folge sein. Die Behandlung erfolgt ei- nerseits durch eine Ausschaltung der Zufuhr der Antigene, andererseits durch intravenöse Verabreichung einer Kochsalzlösung und Substanzen wie Glukokortikoide und Antihista- minika (Rassner 1990, S. 112). Im Gegensatz zu Exanthemen ist bei Ekzemen die Epidermis betroffen. Diese bilden sich, wenn man durch seine eigenen, überschießenden Abwehrmaßnahmen (Achenbach 1986, S. 48) erkrankt. Da keine sofortige Reaktion auf bestimmte Substanzen entsteht, sondern die Folgen erst einige Zeit später erkennbar werden, ist das Finden der Ursache oft schwierig. Erkennbar sind Blasen, Schuppen oder Rötungen der Haut, die nach erfolgreicher Behandlung aber keine Narben zurücklassen. Anführen möchte ich die häufigste 22
4 Erkrankungen der Haut Erkrankung: Das allergische Kontaktekzem. Diese Dermatitis gehört zu den Typ IV-Reak- tionen und wird durch äußere Substanzen, die allergische Reaktionen hervorrufen, ausgelöst. Außerdem tritt die Erkrankung eher bei Erwachsenen auf und kann akut sein oder chronisch verlaufen. Sind eine rote Entzündung der Haut oder Blasen, Krusten, Knötchen oder Schup- pen sichtbar, handelt es sich um ein akutes, allergisches Kontaktekzem. Ist dieses chronisch, sind auch eine Verdickung oder übermäßige Verhornung und Schuppung der Haut sowie Einrisse und Juckreiz erkennbar. Es kann sich vom Ausgangsort aus auch ausbreiten und andere Körperareale befallen. Auslöser sind Allergene, die die Haut berühren und nach ei- niger Zeit eine Reaktion auslösen. Ist die Haut nicht intakt oder sind die reizenden Stoffe sehr aggressiv, kommt es schneller zu Beschwerden. Zu diesen Substanzen zählen häufig Nickelsulfat, Perubalsam, Formaldehyd, Neomycin, Kaliumdichromat (Rassner 1990, S. 97) sowie Dinitrochlorbenzol, Nickelsalze, Gummichemikalien, Formalin (Desinfektionsmittel, Textilappreturen), aber auch Friseursubstanzen und Pflanzenallergene (Achenbach 1986, S. 52). Die Heilung der Beschwerden erfolgt einerseits durch das Meiden der auslösenden Allergene, andererseits durch antiallergische Lokaltherapie mit diversen Mitteln (Achenbach 1986, S. 48-53), (Rassner 1990, S. 93-98). 23
5 Neurodermitis 5 Neurodermitis 5.1 Definition, Pathogenese, Krankheitsbild Neurodermitis, auch bekannt als endogenes Ekzem oder atopische Dermatitis, ist eine nicht- infektiöse, meist im frühen Kindesalter beginnende, chronisch-persistierende oder chro- nisch-rezidivierende entzündliche Hauterkrankung (Boehncke 2002, S. 1), die die Epidermis und den oberen Teil der Dermis betrifft. Sie wird durch eine übermäßige Antikörperproduk- tion hervorgerufen. Während diese einem gesunden Menschen bei der Bekämpfung schäd- licher Stoffe hilft, werden bei Neurodermitispatienten auch für den Körper positive Substan- zen als schädigend erkannt. Somit sind die Antikörper-bildenden Zellen extrem aktiv und erzeugen sehr viele Abwehrstoffe in Form von Immunglobulin E, welche nicht immer be- nötigt werden. Im Gegensatz arbeiten die Immunzellen, die das Immunsystem steuern und kontrollieren, bei den Erkrankten eher langsam. Das bewirkt, dass leider zu viele und vor allem die falschen Antikörper erzeugt werden. Durch eine zusätzliche Verringerung der Talgproduktion werden Bereiche der Haut geschädigt und Viren oder Bakterien können leichter eintreten, weitere Erkrankungen wie z. B. Warzen oder Herpes simplex sind die Folge (Boehncke 2002, S. 1-2), (Reinisch 2010, S. 13), (Steinmann 1995, S. 31-32). Im Gegensatz zum Kontaktekzem betrifft das atopische Ekzem auch häufig Menschen in ganz jungem Alter, Neurodermitiker erkranken zu 80-90 % vor dem 5. Lebensjahr. Unter- schieden werden müssen Krankheitsschübe von Säuglingen und Kleinkindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Ekzeme bei Säuglingen zeigen sich oft als begrenzte gelblichweiße Krus- ten – genannt Milchschorf (Steinmann 1995, S. 23) – mit schlechtem Geruch, Schuppenauf- lagerungen oder nässenden Rötungen und sind „Vorboten“ einer Neurodermitiserkrankung (siehe Abbildung 15). Begleiterscheinungen sind ein unruhiges und hibbeliges Verhalten sowie Schlafstörungen, womöglich ausgelöst durch den Juckreiz. Das Ekzem tritt meist im Gesicht (oft an den Wangen) oder am Kopf auf und verschwindet bald wieder. Auch die sogenannte Windeldermatitis, eine Entzündung der Haut, welche durch die Windel gereizt wird, hält nur solange an, solange gewickelt wird (Achenbach 1986, S. 58, 68-69), (Steinmann 1995, S. 21-25), (Boehncke 2002, S. 46-47), (Illing, Groneuer 1991, S. 11-12). 24
5 Neurodermitis Abbildung 15: Milchschorf beim Säugling (https://hallohebamme.de/der-milchschorf-un d-kopfgneis/) Bei Kindern im Kindergarten- und Schulalter sind vermehrt Ellbogen, Hals und Nacken, Hand- und Fußgelenke oder Kniekehlen von Papeln und Hautverdickungen betroffen (siehe Abbildung 16). Leiden diese unter einem starken Schub, können die Symptome auch am ganzen Körper auftreten. Hauptmerkmal ist ein enormer Juckreiz, worauf mit unbeherrsch- barem Kratzen reagiert wird. Die weiteren Symptome gleichen denen, die in der 3. Phase (bei Erwachsenen) auftreten (Achenbach 1986, S. 58-59), (Boehncke 2002, S. 47-48), (Illing, Groneuer 1991, S. 13), (Rassner 1990, S. 99), (Steinmann 1995, S. 21-23). Abbildung 16: Neurodermitis in der Ellbogenbeuge (https://www.apotheken-umschau.de/Neurodermitis) Sind Jugendliche oder Erwachsene betroffen, leiden diese unter empfindlicher, trockener Haut und sehr starkem Juckreiz, was durch blutig gekratzte oder geriebene Stellen erkennbar ist. Durch den Wasser- und Harnstoffmangel wird die Trockenheit und Schuppung der Haut 25
5 Neurodermitis weiter erhöht. Da auch die Talgschicht minimiert ist, geschieht eine raschere Verdunstung des Wassers, das die Haut für die Aufrechterhaltung der Feuchtigkeit und Geschmeidigkeit bräuchte. Außerdem sind eine vermehrte Schweißproduktion und eine Gefäßverengung und herabgesetzte Durchströmung kapillarer Hautgefäße, ausgenommen an den Extremitäten, typisch. Dadurch werden bei an Neurodermitis leidenden Personen Kratzspuren nur kurz rot und danach weiß, die betroffenen Stellen werden bleich. Weitere Anzeichen der Erkrankung sind die Bildung von roten oder hautfarbigen Papeln, Vesikeln, Rötungen, manchmal Schup- pen und Krusten oder sogar Hautknötchen in Gesicht, Nacken und Arm- und Kniekehlen. Auch andere Körperteile wie z. B. die Hände, der Oberkörper oder der Genitalbereich, im Extremfall sogar der ganze Körper können befallen sein. Ist dies der Fall, kommen immer mehr Krankheitserreger in das Innere, was zu zusätzlichen Erkrankungen führen kann, Her- pesbläschen sind häufig. Zusätzlich sind gelegentlich eine doppelte Unterlidfalte, dünnere Augenbrauen, eine vermehrte Linienzeichnung der Haut an Handflächen und Fußsohlen (Boehncke 2002, S. 51) sowie blasse Haut erkennbar (Achenbach 1986, S. 58-59), (Boehncke 2002, S. 48-52), (Illing, Groneuer 1991, S. 13-14), (Rassner 1990, S. 99-100), (Steinmann 1995, S. 21-23, 26-30). Der Verlauf der Krankheit ist oft sehr divers, jedoch wurden bei Frauen Zusammenhänge zwischen Neurodermitis und hormonellen Einflüssen erkannt. Man unterscheidet zwischen der akuten und der chronischen Form. Bei beiden kann man die schon genannten Symptome wie die Bildung von Papeln und Vesikeln erkennen. Ist das Ekzem chronisch, kommen aber Verhornungsstörungen, Verdickungen der Haut durch übermäßige Vermehrung der Zellen der Epidermis sowie Hauteinrisse durch verminderte Elastizität und das Einwandern von Entzündungszellen, v. a. Lymphozyten und Monozyten/Makrophagen (Boehncke 2002, S. 4) hinzu. Allgemein ist es aber wichtig zu wissen, dass die Intensität der Symptome im Erwachsenenalter häufig abnimmt, eine vollständige Heilung ist jedoch nicht möglich. Auch wenn die Beschwerden verschwunden sind, kann die Erkrankung immer wieder ausbrechen und muss erneut behandelt werden (Achenbach 1986, S. 58-59), (Boehncke 2002, S. 4, 48-52), (Illing, Groneuer 1991, S. 19), (Rassner 1990, S. 99-100), (Steinmann 1995, S. 21-23, 26-30). Nicht außer Acht zu lassen ist die genetische Veranlagung als Basis. Neurodermitis tritt ge- häuft auf, wenn man genetisch bedingt zu gegen Allergene empfindlicher Haut neigt. Es handelt sich um eine anlagebedingte Neigung zum Ekzem (Achenbach 1986, S. 57), weshalb 26
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