Nisthilfen für Wildbienen und Wespen - Oles Bienenwelt
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Juli 2018 3. überarbei- tete Auflage 5.00 € Nisthilfen für Wildbienen und Wespen Juli 2018 Mitgliederzeitschrift Naturgarten e. V.
Faszination Naturgarten e.V. – hier können Sie Mitglied werden Über 2.100 Mitglieder in ganz Deutschland, der Schweiz und zehn EU-Ländern sind der Naturgartenidee verbunden. Gemeinsam set- zen wir uns für lebendige Naturgärten, Natur- Erlebnis-Räume und öffentliches Grün ein. Kommen Sie zu uns, machen Sie mit! Jeder ist in unserem Netzwerk willkommen. Unterstützen Sie mit Ihrer Mitgliedschaft die Arbeit des Naturgartenvereins! www.naturgarten.org
Inhalt Liebevoll verarbeitete Nisthilfen von Reinhard Molke (Fotomontage: Werner David) Inhalt Vorwort Hummeln im Naturgarten 4 Die Bedeutung von Privatgärten 38 Hummeln im Naturgarten für Wildbienen Parasiten und Parasitoide Die häufigsten Fehler beim 40 Die Taufliege Cacoxenus indagator – Nisthilfenbau ein Futterparasit bei Mauerbienen 6 Käufliche Insektennisthilfen im 42 Der Trauerschweber – Baumarkt, Gartencenter und Internet: ein Parasitoid im Wildbienenreich Die 12 häufigsten Bausünden! Wissenswertes Nisthilfen für Hohlraumbewohner 44 Anbringung und Aufstellung von 11 Hartholzblöcke Nisthilfen 14 Holzstämme statt Stammscheiben 45 Pflege der Nisthilfen 16 Hohle Pflanzenstängel 48 Schutz vor Vögeln 19 Strangfalzziegel 50 Wildbienen sind harmlos! 20 Dosenbienen 52 Ansprüche der Wildbienen an ihren 22 Nisthilfen aus gebranntem Ton Lebensraum 24 Beobachtungsnistkästen 26 Beobachtungsnisthilfen aus Holz- Beispiele aus der Praxis brettchen mit Nuten 54 Positivbeispiele Kreative Nisthilfen 57 Mauerbienen – Bildergalerie Wildbienen-Impressionen wehe wenn sie losgelassen! 58 Profitipps von Tilman Sommerien Nisthilfen für selbstnagende Insekten 30 Nisthilfen für Bewohner markhaltiger Heimische oder exotische Pflanzen Stängel 60 Heimische oder exotische Pflanzen? 32 Totholzbesiedler Was tierisch mehr Wert bringt! Nisthilfen für selbstgrabende Insekten 63 Literatur 34 Nisthilfen für Bodennister 36 Nisthilfen für Bewohner von Steil- 64 Links und Impressum wänden (Löss-, Lehmwände) Natur & Garten Juli 2018 3
Vorwort Vorwort Die Bedeutung von Privatgärten für Wildbienen D as Thema Wildbienen hat Zu diesem erstaunlichen Ergebnis tragen unter anderem das warme in gewisser Weise „infekti- Mikroklima, ein Mosaik vielfältiger, kleinräumiger Strukturen und ein ösen“ Charakter. Wer sich stellenweise reichliches Nahrungsangebot auf Ruderal- und Pionier- noch nie damit beschäftigt hat, wird flächen, extensiv genutzten Grünflächen, Gärten und Parks bei. Auf- keinen zweiten Gedanken an die grund der starken Aufheizung, reduzierter Windströmung und durch winzigen „Fliegen“ verschwenden, die stadteigene Wärmeproduktion stellen Städte Wärmeinseln dar, die da emsig in allen möglichen die den Bedürfnissen der Wärme und Trockenheit liebenden Wildbie- Blüten herumwuseln. Für viele Men- nen entgegenkommen. Verglichen mit dem ausgeräumten Umland schen steht der Begriff „Biene“ aus- besteht ein vergleichsweise gutes Blütenangebot. In Gärten und Parks schließlich für die Honigbiene mit findet sich ein breites Spektrum frühblühender Arten, das in der freien ihrem komplexen Sozialstaat, obwohl es sich hier genau genommen Landschaft inzwischen deutlich reduziert ist. Auch den Rest des Jahres eher um die Ausnahme im Bienenreich handelt. Hat man dagegen be- finden die Insekten ein mehr oder weniger kontinuierliches Angebot. gonnen, sich mit diesem faszinierenden Thema auseinanderzusetzen, sieht man plötzlich nur noch Wildbienen in seinem Garten. In ganz Als Nistraum werden unter anderem Spalten, Fugen und Löcher von Mitteleuropa tummeln sich immerhin 750 Arten, in Deutschland sind altem Mauerwerk genutzt, selbst Kleinstbiotope wie Sandfugen zwi- es etwa 560 Arten. Lange Zeit standen sie im Schatten der Honigbiene, schen Pflastersteinen werden besiedelt. Für bodennistende Arten ist erst in jüngster Zeit wird ihre bisher weit unterschätzte Bedeutung bei die Situation durch den hohen Grad der Bodenversiegelung generell der Bestäubung von Blütenpflanzen zunehmend erforscht. am schwierigsten. Manche unspezialisierten Arten, wie die Gehörnte und die Rostrote Mauerbiene, haben sich im Lauf der Jahre geradezu Durch die Intensivierung der Landwirtschaft und den damit einher- zu Kulturfolgern entwickelt und nehmen in ihren Beständen stetig zu. gehenden Monokulturen in der Landschaft, durch Überdüngung, Flächenversiegelung, Pestizide und den Verlust an struktur- und blü- Auch wenn der Schutz natürlich vorkommender Lebensräume Vor- tenreichen Lebensräumen nehmen sowohl die Bestandsgrößen der rang haben muss, können Maßnahmen in den Städten zumindest Wildbienen als auch ihre Artenzahl in erschreckendem Umfang ab. Je einen flankierenden Beitrag beim Wildbienenschutz leisten. Gärten nach Bundesland schwankt der Prozentsatz der auf der Roten Liste ste- und Grünflächen nehmen oft einen überraschend hohen Anteil der henden Wildbienenarten zwischen 38% (Brandenburg) und 68% (Thü- Siedlungsfläche ein. Die Gesamtfläche aller Gärten einer Region ist ringen). Der Schutz bestehender Lebensräume ist daher ein zentrales oft größer als die Gesamtfläche der entsprechenden Naturschutz- Anliegen des Naturschutzes. In unseren Gärten, aber auch im natur- gebiete, so traurig diese Tatsache auch ist. Wenn Nistmöglichkeiten nahen, öffentlichen Grün haben wir die Möglichkeit, unsere heimische und Nahrungsangebot auf engem Raum vorhanden sind, kann der Flora und Fauna zu schützen und zu bewahren! Das Engagement im Flächenbedarf mancher Wildbienenarten vergleichsweise klein sein Siedlungsraum kann und soll Natur- und Landschaftsschutz nicht er- und deshalb auch in unseren Gärten abgedeckt werden. Wildbienen setzen, es kann ihn aber zumindest unterstützen und letzte Refugiem sind nicht scheu und lassen sich in der Regel weder durch die Aktivität in einer ausgeräumten Landschaft anbieten. des Menschen noch durch Lärm von ihren Aktivitäten abhalten. Daher siedeln sie auch völlig ungeniert auf sandigen, normal begangenen Aufgrund der zunehmenden Struktur-und Artenverarmung in einer in- Wegen. Das Massenvorkommen von Sandbienen in lückig bewachse- tensiv genutzten Agrarlandschaft kann die Wildbienendichte im Sied- nen Rasenflächen führt jedes Jahr zu panikerfüllten Anfragen in den lungsraum inzwischen sogar höher sein als im intensiv genutzten Um- einschlägigen Foren. land, eine geradezu paradoxe Situation. Im Stadtgebiet Zürich wurden 142 verschiedene Wildbienenarten nachgewiesen, in Stuttgart 258, in Gerade ein Naturgarten mit seinem Reichtum an Kleinstrukturen, Tro- Berlin 261. Die Anzahl der in Städten nachgewiesenen Arten lag bei ckenmauern, Steinhaufen, Totholz, Ruderalflächen, Magerstandorten, 50-90 % der Gesamtartenzahl in der entsprechenden Region. Blumenwiesen und einem überdurchschnittlich hohen Anteil einhei- mischer Blütenpflanzen kann hier ein wertvolles Refugium darstellen. 4 Natur & Garten Juli 2018
Vorwort Campanula, Salix, Echium – das glorreiche Pollen-Trio Zukunftsaussicht? Oft völlig übersehen: Lebensraum Balkonien Bei den im Frühjahr als erste Pollenspender besonders wichtigen Wei- Das Aufstellen von Insektennisthilfen, die in der Regel unter dem etwas den gibt es beispielsweise zahlreiche kleine Arten, die in unseren Gärten unglücklich gewählten Begriff „Insektenhotels“ bekannt sind, hat sich Raum finden, ohne sie zu dominieren. Durch die gezielte Auswahl hei- in den letzten Jahren zu einem regelrechten Boom entwickelt. Da drei- mischer Pflanzenarten können wir vom Frühjahr bis in den Herbst ein viertel aller Wildbienenarten im Boden nisten, lassen sich mit solchen kontinuierlich gut bestücktes Pollen- und Nektar-Buffet anbieten. Die Nisthilfen vergleichsweise wenige Arten ansiedeln. Vor allem aus päd- Insekten werden es uns danken! Die Schaffung eines ganzen Netzwerkes agogisch-didaktischer Sicht können sie dennoch wertvolle Impulse ge- struktur- und blütenreicher Flächen ist dabei unser erstrebenswertes Ziel. ben und zur weiteren Auseinandersetzung mit diesem Thema anregen. Welch unglaubliches Potenzial in einem Privatgarten stecken kann, Die meisten Insektennisthilfen für solitäre Hautflügler folgen dem zeigen die Gärten der Wildbienenspezialisten F. Amiet, P. Westrich und gleichen Strickmuster, das immer wieder kritiklos übernommen wird. A. Krebs. Herr Amiet bestimmte in seinem Garten (0,1 ha) in Solothurn Das gilt ganz besonders für käufliche Nisthilfen, die in der Regel für die (Schweiz) 119 verschiedene Arten, Herr Krebs in Agasul (Schweiz) 60 Bedürfnisse der Insekten völlig ungeeignet sind und kaum besiedelt Arten, Herr Westrich in Tübingen (320 m2) 115 Arten, der Garten von werden. Sinnvoll konstruierte Insektennisthilfen werden nahezu voll- Renate und Gerhard Freundt (1,1 ha) in Wesel unglaubliche 127 Arten! ständig angenommen. Doch Nisthilfen alleine erreichen das nicht. An den angebotenen Nist- hilfen in Westrichs Garten siedelten von den 115 Arten lediglich 35. Auf den folgenden Seiten werden die typischen Probleme beleuchtet Oberste Priorität sollte daher nicht primär das Anbieten von Nisthilfen und sinnvolle Alternativen angeboten. Für mich ist es immer wieder sein, sondern immer die gezielte Auswahl und Anpflanzung besonders faszinierend, was sich alles auf meinem winzigen Balkon tummelt, nur wertvoller Pollenspender. Nur durch diese Maßnahme wurde in allen weil hier einige wenige Rahmenbedingungen stimmen. Das rege Trei- drei Gärten dieses fantastische Ergebnis erzielt. ben an einer funktionierenden Insektennisthilfe zu beobachten und zu dokumentieren, führt uns wieder einmal vor Augen, wie faszinierend, Im Focus unserer Bemühungen sollten die von den besonders gefähr- komplex, bereichernd und schützenswert Natur sein kann. deten Pollenspezialisten benötigten Pflanzenarten stehen, da sie au- tomatisch auch von den Pollengeneralisten genutzt werden können. Kein Raum ist zu klein, um sinnvoll genutzt zu werden, selbst wild- Besonders wichtig sind hier die Weiden (Salix), Natterkopf (Echium) bienengerecht bepflanzte Töpfe auf einer Terrasse können bereits ein und Glockenblumen (Campanula), die von 15 Wildbienenarten als al- wertvolles Nahrungsangebot darstellen. leinige Pollenquellen genutzt werden. Legen wir also los! 58 Wildbienenarten sind auf eine einzige Pflanzengattung fixiert, 205 Arten auf eine Pflanzenfamilie. Fehlen diese Pollenspender, können die Wildbienen nicht auf andere Alternativen ausweichen, eine derartige Flexibilität ist genetisch nicht gegeben. Besonders wichtige Pflanzenfa- milien sind die Korbblütler (Asteraceae), die Schmetterlingsblütler (Fa- baceae), die Kreuzblütler (Brassicaceae) und die Lippenblütler (Lamia- Werner David ceae). Herzogstandstraße 4, 85435 Erding 3 08122 - 2288189, wernerimweb@web.de Herr Westrich lockte durch das Nektar- und Pollenangebot 30 verschie- Þwww.naturgartenfreude.de dener einheimischer Wildstauden sogar auf seinem Balkon im ersten Auf Facebook: https://www.facebook.com/ Stock mitten in der Stadt eine ganze Reihe von Wildbienenarten an. werner.david.18 Eine solche Aktion macht Hoffnung und ermuntert zur Nachahmung. (Alle Fotos und Texte dieser Ausgabe sind, soweit nicht anders gekenn- zeichnet, von Werner David.) Natur & Garten Juli 2018 5
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