Nonverbale Kommunikation kompetenzorientiert digital unterrichten?

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Nonverbale Kommunikation kompetenzorientiert digital unterrichten?
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                                                                                                                                                                           Nonverbale Kommunikation
                                                                                                                                                                           kompetenzorientiert digital
                                                                                                                                                                           unterrichten?
https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1024/1861-6186/a000657 - Astrid Steinmetz  - Thursday, January 27, 2022 6:50:55 AM - IP Address:79.151.185.226

                                                                                                                                                                           Entwicklung eines Online-Kurses mit Lern-Tandems
                                                                                                                                                                           für die Pflegeausbildung
                                                                                                                                                                           Astrid Steinmetz

                                                                                                                                                                           Lässt sich nonverbale Kommunikation kompetenz-              teragieren. Eine Beziehungsebene aufzubauen ist dann

                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Lehren und Lernen
                                                                                                                                                                           orientiert digital unterrichten? Welches sind die           ungleich schwieriger. Wenn es nicht gelingt, kann dies un-
                                                                                                                                                                                                                                       willkürlich zu einer Versachlichung der Person führen
                                                                                                                                                                           Hauptkomponenten nonverbaler Kompetenz? Was
                                                                                                                                                                                                                                       (Schwerdt, 1998), diese wird dann als „die schwierige Pa­
                                                                                                                                                                           bedeuten sie für die pflegerische Interaktion mit           tientin“ oder „der Verwirrte“ oder „der, der nichts mehr
                                                                                                                                                                           kommunikativ eingeschränkten Menschen? Wel-                 mitbekommt“ angesehen (Steinmetz, 2019). Fehlt verste-
                                                                                                                                                                                                                                       hende Resonanz im Kontakt, erfährt der eingeschränkte
                                                                                                                                                                           che Lehrmethoden sind effektiv und digital um-
                                                                                                                                                                                                                                       Mensch die psychologischen Effekte von emotionaler
                                                                                                                                                                           setzbar?                                                    ­Isolation, zudem kommt es zu einer massiven Hochregula-
                                                                                                                                                                                                                                        tion der Stress-Gene (Bauer, 2006). Spätestens jetzt tritt
                                                                                                                                                                                                                                        die Bedeutung der nonverbalen Kommunikationsmög­
                                                                                                                                                                           Komponenten von                                              lichkeiten in den Vordergrund, denn diese sind entschei-
                                                                                                                                                                           Kommunikationskompetenz                                      dend dafür, ob ein Vertrauensverhältnis entstehen kann
                                                                                                                                                                                                                                        (­Ambady & Skowronski, 2008)
                                                                                                                                                                           Kommunikationskompetenz ist eine hochkomplexe Fä-
                                                                                                                                                                           higkeit, welche verschiedene Komponenten und deren
                                                                                                                                                                           sinnvolles Zusammenwirken beinhaltet. Für die Situa-        Nonverbale Kommunikation:
                                                                                                                                                                           tions- und Patienteneinschätzung ist es erforderlich, In-   Beziehungserfahrungen
                                                                                                                                                                           formationen, darunter auch nonverbale Mikroverhaltens-
                                                                                                                                                                           weisen, zu dekodieren, also zu erkennen und zutreffend      Interaktionsmuster sind als Beziehungserfahrungen früh
                                                                                                                                                                           einzuschätzen (Riggio, 2006). Um Informationen so dar-      erworben (Fuchs, 2003) und dadurch sensorisch, moto-
                                                                                                                                                                           zubieten, dass sie verstanden werden können, ist neben      risch und emotional gespeichert. Sie sind somit weitge-
                                                                                                                                                                           der Sprache auch unerlässlich, die Körpersprache zu enko-   hend unbewusst wirksam (Stern, 1998), tief in Gewohn-
                                                                                                                                                                           dieren, also stimmig zu verwenden. Sich auf die Situation   heiten verwurzelt und automatisiert (Schore & Schore,
                                                                                                                                                                           und das Gegenüber einzustellen bedeutet, auch die eige-     2008). Des Weiteren sind sie nicht durch Berufserfahrung
                                                                                                                                                                           nen nonverbalen Reaktionen zu regulieren und abzustim-      allein entwickelbar (Healy & Noonan Walsh, 2007), ob-
                                                                                                                                                                           men (Riggio, 2006). All dies mündet bestenfalls im Dia-     wohl dies oft angenommen wird (Alsawy et al., 2017). Die
                                                                                                                                                                           log. Dieser findet dann statt, wenn die ausgesprochenen     für nonverbale Interaktionen mit einem kommunikativ
                                                                                                                                                                           oder auch unausgesprochenen Äußerungen des angewie-         und kognitiv veränderten Menschen erforderlichen Fer-
                                                                                                                                                                           senen Menschen aufgenommen werden und in den Ge-            tigkeiten sind außerdem sehr komplex (Steinmetz, 2016)
                                                                                                                                                                           sprächs- bzw. Interaktionsprozess einfließen (Steinmetz,    und unterscheiden sich von den im Alltag erworbenen,
                                                                                                                                                                           2018).                                                      da sie primär expressions- und erlebnisorientiert sind
                                                                                                                                                                                                                                       (­Gutknecht, 2010).

                                                                                                                                                                           Krankheitsbedingte Einschränkungen
                                                                                                                                                                           von Kommunikationsfähigkeit                                 Effektive Lehrmethoden für kompetenz­
                                                                                                                                                                                                                                       orientieres Kommunikationslernen
                                                                                                                                                                           Diverse Krankheitsbilder können Kommunikationsfähig-
                                                                                                                                                                           keiten stark verändern und einschränken. Der erkrankte      Die Veränderung und Erweiterung von kommunikativen
                                                                                                                                                                           Mensch kann dann weniger aktiv kommunizieren oder in-       Fertigkeiten gilt als permanenter Prozess mit komplexen

                                                                                                                                                                           ©2022 HogrefePADUA (2022), 17 (1), 23–29
                                                                                                                                                                                         https://doi.org/10.1024/1861-6186/a000657
24                                                                                                      Lehren und Lernen

                                                                                                                                                                           Lernvorgängen (Merckaert et al., 2005), in welchen habi-       ­ ezüglich verschiedener Kommunikationskanäle: Stimm-
                                                                                                                                                                                                                                          b
                                                                                                                                                                           tualisierte Routinen umstrukturiert werden.                    klang oder Gestik sind vor dem Bildschirm gut zu vermit-
                                                                                                                                                                                In diversen Metaanalysen wurde der Frage nachgegan-       teln und zu üben. Dagegen wirkt der Bildschirm begren-
                                                                                                                                                                           gen, welche Methoden zu Kompetenzzuwachs geführt ha-           zend auf alle nonverbalen Kanäle, welche mit Blick, Raum
                                                                                                                                                                           ben. Grundsätzlich als effektiv haben sich die Kombina­        oder nur taktil ausgedrückt werden können.
                                                                                                                                                                           tion von theoretischem Wissen mit praktischem Üben und
https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1024/1861-6186/a000657 - Astrid Steinmetz  - Thursday, January 27, 2022 6:50:55 AM - IP Address:79.151.185.226

                                                                                                                                                                           konstruktivem Feedback erwiesen. Erst die Verhaltens-
                                                                                                                                                                           komponenten führen zu Veränderungen in der klinischen
                                                                                                                                                                           Praxis (Merckaert et al., 2005). Daher müssen die Lehr-
                                                                                                                                                                           methoden neben Wissensaneignung Selbsterfahrung,               Methodische Überlegungen zur
                                                                                                                                                                           ­Erfahrungslernen auch Erwerb von Fertigkeiten beinhal-        Entwicklung des Online-Kurses
                                                                                                                                                                            ten (Lepschy, 2002). Experimentelle Methoden wie das
                                                                                                                                                                            Rollenspiel haben positive Ergebnisse erzielt (Stiefel et     Aufgrund dieser Überlegungen wurde eine Kombination
                                                                                                                                                                            al., 2010). Die Kombination von kognitiven, erfahrungs-       aus virtuellem und nicht-virtuellem Lernsetting gewählt.
                                                                                                                                                                            ­bzw. verhaltensorientierten und emotionsbezogenen Ele-       Beiden Settings werden hinsichtlich der effektiven Ele-
                                                                                                                                                                             menten (Barnes et al., 2012; Moore et al., 2018; Schofield   mente von Kommunikationslernen (kognitive, ­erfahrungs-
                                                                                                                                                                             et al., 2008) kann erst zu nachhaltigen Veränderungen        bzw. verhaltensorientierte und emotionsbezogene) und
                                                                                                                                                                             führen.                                                      der verwendeten Lernmethoden dargestellt.

                                                                                                                                                                                                                                          Virtuelles Setting
                                                                                                                                                                           Das Trainingsprogramm für                                      Im virtuellen Selbstlernen werden die kognitiven Lernele-
                                                                                                                                                                           Kommunikation ohne Worte                                       mente methodisch über Videopräsentationen und Skripte
                                                                                                                                                                                                                                          vermittelt. Dort können Situationen im Patientenkontakt
                                                                                                                                                                           Da nonverbale Fertigkeiten nach wie vor nur in äußerst         visuell oder verbal veranschaulicht werden. Dadurch kann
                                                                                                                                                                           wenigen Programmen fokussiert werden, wurde über               der Effekt von verschiedenen Herangehensweisen in der
                                                                                                                                                                           12 Jahre mit > 2000 Teilnehmern ein Konzept praxisorien-       Kontaktaufnahme aufgezeigt, deren Hintergründe erläu-
                                                                                                                                                                           tiert entwickelt und in seiner Wirksamkeit überprüft           tert sowie die Auswirkungen auf Patienten und Fachperso-
                                                                                                                                                                           (Steinmetz, 2016). Dessen Ziel ist, nonverbale dialogische     nal deutlich gemacht werden. So wird eine evidenzbasier-
                                                                                                                                                                           Interaktionen im Kontakt mit dem verbal schwer erreich-        te Grundlage für die Vermittlung der kommunikativen
                                                                                                                                                                           baren Menschen zu fördern. Die genannten Kommunika-            Fertigkeiten gelegt. Beispiele für förderliches Verhalten
                                                                                                                                                                           tionskompetenzen wurden integriert. Die Orientierung           können gezeigt und über Beobachtungsaufgaben analy-
                                                                                                                                                                           liegt auf der Gegenseitigkeit in Dialog und Interaktion.       siert werden, so dass auch Modelling als Lehrmethode
                                                                                                                                                                           Daher werden keine festgelegten Kommunikationsweisen           Eingang findet (Merckaert et al., 2005).
                                                                                                                                                                           vermittelt, sondern vielmehr Prinzipien, die situativ anzu-       In den verhaltensorientierten Lernelemente werden neu
                                                                                                                                                                           wenden sind. Es handelt sich dabei um grundlegende             erworbene Kommunikationsfertigkeiten ausprobiert und
                                                                                                                                                                           Kompetenzen für eine person-zentrierte und beziehungs-         geübt. Im Format des virtuellen Selbstlernen kann das De-
                                                                                                                                                                           gestaltende Pflege und integriert somit verschiedene           kodieren von Patientenverhalten, selbst von Mikro-Aus-
                                                                                                                                                                           Altersgruppen und Krankheitsbilder. Die dargelegten
                                                                                                                                                                           ­                                                              druck, methodisch über Videomaterial mit Beobachtungs-
                                                                                                                                                                           effektiven Trainingsmethoden finden Anwendung. Die
                                                                                                                                                                           ­                                                              aufgaben vermittelt und damit eine wichtige pflegerische
                                                                                                                                                                           Wirk­samkeit des Trainingsprogramms wurde in einer Stu-        Kommunikationskompetenz trainiert werden. Des Weite-
                                                                                                                                                                           die überprüft und hinsichtlich der Zunahme relevanter          ren können einige Elemente des Enkodierens nonverbaler
                                                                                                                                                                           Kommunikationskompetenzen für die Interaktion mit der          Kommunikation über Videomaterial geübt w   ­ erden, so z. B.
                                                                                                                                                                           kommunikativ eingeschränkten Person bestätigt (ebd.).          relevante Gesten für die visualisierende Begleitung von
                                                                                                                                                                                                                                          sprachlichen Informationen in Pflegeprozessen.
                                                                                                                                                                                                                                             Die affektiven Lernelemente haben zum Ziel, die Empa-
                                                                                                                                                                           Ist die Vermittlung nonverbaler                                thie der Teilnehmenden (Ratka, 2018) und ihre Fertig­
                                                                                                                                                                           Kompetenzen digital möglich?                                   keiten zur Beziehungsgestaltung zu fördern. Im Selbst-
                                                                                                                                                                                                                                          lern-Format des virtuellen Settings kann dies durch
                                                                                                                                                                           Bei den Überlegungen zur Entwicklung eines Online-Kur-         Aufgabenstellungen zur Erfahrungs- und Selbstreflektion
                                                                                                                                                                           ses wurden die Möglichkeiten sowie Grenzen digitalen Leh-      gefördert werden.
                                                                                                                                                                           rens und Lernens hinsichtlich der vier Kompetenzbereiche
                                                                                                                                                                           sehr bald deutlich: Dekodieren von nonverbalem Ausdruck
                                                                                                                                                                           ist anhand von Videomaterial und Demos leicht vermittel-       Nicht-Virtuelles Setting
                                                                                                                                                                           bar, sogar durch Pausen und Slow-Motion-Einstellungen
                                                                                                                                                                           nochmals effektiver als in der reinen Life-­Demo. Beim         Aufgrund der dargelegten Begrenzungen für die kompe-
                                                                                                                                                                           ­Enkodieren zeigen sich bereits gravierende U
                                                                                                                                                                                                                       ­ nterschiede      tenzorientierte Vermittlung nonverbaler Kommunikation

                                                                                                                                                                           PADUA (2022), 17 (1), 23–29                                                                                 ©2022 Hogrefe
Lehren und Lernen                                                                                                   25

                                                                                                                                                                           wurde der Online-Kurs um ein nicht-virtuelles Lern-Set-      Seiten Überforderung zu reduzieren. Signale der nonverba-
                                                                                                                                                                           ting ergänzt. Dafür arbeiten die Auszubildenden in Prä-      len Zuwendung als Handlungsbestätigungen zu erkennen,
                                                                                                                                                                           senz-Tandems zusammen.                                       gibt Orientierung im Tun. Der dia­logischen und damit pa­
                                                                                                                                                                              In den kognitiven Lernelementen wird das erworbene        tientenorientierten Haltung liegt präzises Dekodieren zu-
                                                                                                                                                                           Wissen anhand von Übungs- und Diskussionsaufgaben im         grunde (Steinmetz, 2018). Durch genaue Beobachtung von
                                                                                                                                                                           Tandem angewendet und abgeleitet bzw. vertieft.              Patientenverhalten und -reak­tionen kann das kommunika-
https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1024/1861-6186/a000657 - Astrid Steinmetz  - Thursday, January 27, 2022 6:50:55 AM - IP Address:79.151.185.226

                                                                                                                                                                              Die verhaltensorientierten Lernelemente haben im          tive Kompetenzniveau eingeschätzt werden. Dies ist Vor-
                                                                                                                                                                           nicht-virtuellen Lernsetting des Tandems einen hohen         aussetzung dafür, kommunikative Strategien situativ anzu-
                                                                                                                                                                           Stellenwert. Die Kompetenzen werden anhand von vorge-        passen, also sinnvoll zu enkodieren. Wird darüber hinaus
                                                                                                                                                                           gebenen Situationen trainiert und basieren auf Sequenzen     auch der emotionale Zustand erkannt, kann auf diesen ein-
                                                                                                                                                                           aus realen Interaktionen mit Patient_innen. Da es sich als   gegangen werden, und er blockiert nicht den Kontakt.
                                                                                                                                                                           ineffektiv erwiesen hat, komplexe Kommunikationsfertig-
                                                                                                                                                                           keiten in zu kurzer Zeit zu trainieren (Haberstroh et al.,     Praxisbeispiel A: Die Patientin sitzt mit geweiteten
                                                                                                                                                                           2009), werden diese in ihre Komponenten aufgegliedert          Augen und ängstlichem Gesicht auf der Bettkannte.
                                                                                                                                                                           und als Mikro-Fertigkeiten geübt (Wilkinson et al., 1999),     Wenn dies nicht erkannt und berücksichtigt wird, wird
                                                                                                                                                                           als Teilaspekte des kommunikativen Geschehens. Da-             sie sich möglicherweise gegen Angebote oder Auffor-
                                                                                                                                                                           durch können die Teilnehmer_innen schnell Teilerfolge
                                                                                                                                                                                                                                          derungen wehren.
                                                                                                                                                                           erzielen, die sich motivierend auf das Lernen auswirken.
                                                                                                                                                                                                                                          Praxisbeispiel B: Der demenziell veränderte Patient
                                                                                                                                                                           Die Mikro-Fertigkeiten werden dann schrittweise in kom-
                                                                                                                                                                                                                                          sitzt im Bett, ist in sich zusammengesunken, schaut
                                                                                                                                                                           plexeren, praxisnahen Aufgaben zusammengefügt. Refle-
                                                                                                                                                                                                                                          ins Leere. Er wird gut hörbar und aus 1 – 2 Metern Ent-
                                                                                                                                                                           xionsfragen unterstützen das Erfahrungslernen, struktu-
                                                                                                                                                                                                                                          fernung angesprochen, um ihn zum Transfer in den
                                                                                                                                                                           rieren das Verhaltensfeedback und helfen, die erlernten
                                                                                                                                                                                                                                          Sessel zu motivieren, zeigt jedoch keine Reaktion.
                                                                                                                                                                           Strategien in die täglichen Aktivitäten einzubetten (Vasse
                                                                                                                                                                                                                                          Das Erkennen der Patientenreaktionen kann Auf-
                                                                                                                                                                           et al., 2010). Die Auszubildenden lernen dadurch, das
                                                                                                                                                                           kommunikative Kompetenzniveau eines Patienten bzw.             schluss darüber geben, wie die kommunikative Kom-
                                                                                                                                                                           einer Patientin zutreffend einzuschätzen und ihre kommu-       petenzebene des Patienten gestaltet ist: In diesem
                                                                                                                                                                           nikativen Strategien darauf abstimmen.                         Falle scheinen die gewählten Strategien von Abstand,
                                                                                                                                                                              Im sog. Persönlichen Entwicklungsplan (Alke, 2008)          Körperhaltung, Erklärungen und Lautstärke diese
                                                                                                                                                                           formulieren die Teilnehmenden ihre selbstgesetzten Ent-        nicht erreicht zu haben.
                                                                                                                                                                           wicklungsaufgaben, wodurch der Transfer in die Praxis-         Praxisbeispiel C: Das 8-jährige Kind ist schwerhörig
                                                                                                                                                                           phase gefördert wird.                                          und liegt eingerollt und zur Wand gedreht in seinem
                                                                                                                                                                              Mit den affektiven Lernelemente werden die Anliegen         Bett. Bei der Kontaktaufnahme berührt die Pflegefach-
                                                                                                                                                                           der Teilnehmenden berücksichtigt, ihre Erfahrungen             kraft es vorsichtig am Rücken. Daraufhin zieht sich das
                                                                                                                                                                           fließen in die Auswertungen ein. Indem sie in den Übungen      Kind noch mehr zusammen: Hätte diese Reaktion im
                                                                                                                                                                           die Perspektive der Patienten einzunehmen (Merckaert et        Kontaktaufbau vermieden werden können? Ein Signal
                                                                                                                                                                           al., 2005), gewinnen sie auch einen affektiven Zugang an-      der Distanzierung zutreffend einzuschätzen, ist die Vo-
                                                                                                                                                                           deren Lebenswelten. Dieser wird durch Reflexionsfragen         raussetzung, beziehungserhaltend damit umzugehen.
                                                                                                                                                                           zu Selbst- und Übungserfahrungen vertieft.

                                                                                                                                                                                                                                        2. Enkodieren: eindeutig kommunizieren
                                                                                                                                                                           Welche nonverbalen                                           und für das Gegenüber verständlich sein
                                                                                                                                                                           Kommunikationskompetenzen                                    Erst wenn nonverbale Signale eindeutig sind, können viele
                                                                                                                                                                           werden vermittelt?                                           der genannten Patient_innen erkennen, dass sie angespro-
                                                                                                                                                                                                                                        chen werden und Informationen verarbeiten. Im Alltags-
                                                                                                                                                                           1. Dekodieren: Körpersprache wahrnehmen                      verhalten nonverbaler Kommunikation ist diese Ein­
                                                                                                                                                                           und Bedeutungen erkennen                                     deutigkeit nicht erforderlich und demzufolge nicht ohne
                                                                                                                                                                                                                                        Training abrufbar. Es sind die scheinbar kleinen Aspekte,
                                                                                                                                                                           Die subtilen körpersprachlichen Signale eines erkrankten     die darüber entscheiden, ob eine Begegnung gelingen kann:
                                                                                                                                                                           Menschen sollen wahrgenommen und zutreffend ein-             Wann wird in der Kontaktaufnahme gesprochen? Aus wel-
                                                                                                                                                                           schätzt werden können. Zu erkennen, wo dieser gerade mit     cher Richtung erfolgt die Annäherung? Wie kann man da-
                                                                                                                                                                           seiner Aufmerksamkeit ist und dort anzuknüpfen, ist Vor-     mit umgehen, wenn der Patient den Blick auf Ansprache
                                                                                                                                                                           aussetzung für eine gelingende Kontaktaufnahme. Verän-       nicht zuwendet? In welchem Moment ist es sinnvoll, Infor-
                                                                                                                                                                           derte Wahrnehmung einschätzen zu können gibt Hinweise        mationen zu vermitteln? An welcher Stelle ist eine Berüh-
                                                                                                                                                                           darauf, welche Sinneskanäle im Kontakt Vorrang haben.        rung unterstützend, wann kann sie stressaus­lösend sein?
                                                                                                                                                                           Stresssignale als Reaktionen auf ein Kontaktangebot oder       Erst, wenn präzise dekodiert wurde, können die erlern-
                                                                                                                                                                           eine Pflegehandlung zu berücksichtigen hilft, auf beiden     ten Strategien des Enkodierens situativ passend Einsatz

                                                                                                                                                                           ©2022 HogrefePADUA (2022), 17 (1), 23–29
26                                                                                                     Lehren und Lernen

                                                                                                                                                                           finden. Denn es geht nicht um genormte Kommunikation,        Veränderung (Pappas & Pappas, 2015) und Verhaltens­
                                                                                                                                                                           sondern spezifische, am Gegenüber orientierte. Ziel ist,     gewohnheiten können reguliert werden (Steinmetz, 2019).
                                                                                                                                                                           diesen zu befähigen, an Dialog und Handlung weitestge-
                                                                                                                                                                           hend teilzuhaben. Kompetenzorientiert zu kommunizie-
                                                                                                                                                                           ren meint daher, sowohl Einschränkungen zu berücksich-       4. Dialogisieren: wechselseitige Momente
                                                                                                                                                                           tigen als auch Ressourcen zu nutzen.                         eröffnen durch nonverbales Antworten
https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1024/1861-6186/a000657 - Astrid Steinmetz  - Thursday, January 27, 2022 6:50:55 AM - IP Address:79.151.185.226

                                                                                                                                                                             Praxisbeispiel A: Die auf der Bettkante sitzende Pa­       Die bisher genannten Fertigkeiten sind Grundlage für
                                                                                                                                                                             tientin ist wahrscheinlich durch ihre Angst in der Auf-    Wechselseitigkeit im Miteinander. Indem auf die nonver-
                                                                                                                                                                             merksamkeit eingeschränkt. Sie könnte visuell er-          balen Signale des kommunikativ eingeschränkten Men-
                                                                                                                                                                             reicht werden, indem die Pflegende sich in ihr Blickfeld
                                                                                                                                                                                                                                        schen geantwortet wird, öffnet sich ein Zwischenraum,
                                                                                                                                                                                                                                        den beide Seiten gestalten. So lässt sich zum einen das
                                                                                                                                                                             begibt. Die Pflegende würde wenig sprechen, da ein
                                                                                                                                                                                                                                        Kompetenzniveau leicht herausfinden, zum anderen eröff-
                                                                                                                                                                             emotional angespannter Mensch Sprachinhalte nur
                                                                                                                                                                                                                                        net der Umgang mit Zuwendungs- bzw. Abwendungs­
                                                                                                                                                                             erschwert erfassen kann. Mit einer eventuellen Berüh-
                                                                                                                                                                                                                                        signalen einen gemeinsamen Handlungsraum.
                                                                                                                                                                             rung könnte sie, wenn sie ruhend und haltgebend ist,
                                                                                                                                                                             schnell das Gefühl von Sicherheit vermitteln.
                                                                                                                                                                             Praxisbeispiel B: Der Patient scheint aus der Entfer-       Praxisbeispiel A: Der Dialograum mit der ängstlichen
                                                                                                                                                                             nung die Ansprache nicht wahrzunehmen, Lautstärke           Patientin entsteht bereits dadurch, dass ihre Blick-
                                                                                                                                                                             ändert daran nichts. Er benötigt höchstwahrscheinlich       richtung erwidert wird. Wenn der eigene Gesichtsaus-
                                                                                                                                                                             eine Kontaktaufnahme in seinem Blickfeld. Sinnvoll          druck die Ernsthaftigkeit der Situation der Patienten
                                                                                                                                                                             wäre es, in der Hinbewegung begleitend zu sprechen,         aufgreift (natürlich ohne zusätzlich zu verängstigen),
                                                                                                                                                                             damit es nicht zu einer Schreckreaktion kommt. Eine         erlebt sie, dass jemand sie wahrnimmt und auf sie ein-
                                                                                                                                                                             Zuwendungsreaktion kann als positive Antwort gewer-         geht. Die Körperspannung der Patientin könnte bei-
                                                                                                                                                                             tet werden. Erst dann kann sprachlich das Anliegen          spielsweise mit einem haltenden Druck der Hände er-
                                                                                                                                                                             formuliert werden. Wenn der Patient hierauf keine Re-       widert werden. Dies würde die Möglichkeit in sich
                                                                                                                                                                             aktion zeigt, können die Inhalte gestisch unterlegt wer-    bergen, ihr darüber Sicherheit zu spenden, allerdings
                                                                                                                                                                             den, beispielsweise mit einem Zeigen auf den Sessel.        nur, wenn sie es positiv aufnimmt.
                                                                                                                                                                             Praxisbeispiel C: Das Kind liegt abgewandt, hat also        Praxisbeispiel B: Wenn der demenziell veränderte Pa-
                                                                                                                                                                             nicht die Möglichkeit, aus der Entfernung die Annähe-       tient erkennt, dass er angesprochen wird, wird er dies
                                                                                                                                                                             rung der Pflegefachkraft wahrzunehmen. Die unver-           durch Zuwendungssignale deutlich machen, das könn-
                                                                                                                                                                             mittelte Berührung am Rücken scheint zu einer weite-        te bereits ein erwiderter Blick sein. Jetzt erst kann pro-
                                                                                                                                                                             ren Abwendung zu führen. Wie hätte dies vermieden           zesshaft deutlich werden, wie sein Willensausdruck ist:
                                                                                                                                                                             werden können? Grundsätzlich spricht ein fester             Reagiert er beispielsweise bei dem sprachlichen Vor-
                                                                                                                                                                             Schritt das Vibrationsempfinden des höreinge-               schlag eines Transfers nicht, kann dies ein Hinweis da-
                                                                                                                                                                             schränkten Kindes an. Sind die Augen geschlossen,           rauf sein, dass er den Vorschlag noch nicht verstanden
                                                                                                                                                                             könnte auf der taktilen Ebene dennoch eine graduelle        hat. Reagiert er auf ein gestisches Zeigen zum Sessel
                                                                                                                                                                             Kontaktaufnahme vorgenommen werden: zuerst das              mit einem der Hand folgenden Blick, erkennt er dann
                                                                                                                                                                             Bett, dann die Decke, dann der Arm oder die Hand, da        den Sessel und schüttelt daraufhin den Kopf, wird
                                                                                                                                                                             das Kind darüber handlungsfähig ist.                        deutlich, dass er zu etwas Nein sagt. Möglicherweise
                                                                                                                                                                                                                                         fühlt er sich nur überfordert von dem weiten Weg. Wer-
                                                                                                                                                                                                                                         den ihm nun zur Unterstützung die Hände hingehalten
                                                                                                                                                                           3. Regulieren: sich selbst wahrnehmen                         und er steht mit dieser Hilfe auf, signalisiert er die Be-
                                                                                                                                                                           und abstimmen                                                 reitschaft zur gemeinsamen Bewegung.
                                                                                                                                                                                                                                         Praxisbeispiel C: Der Moment der körperlichen Abwen-
                                                                                                                                                                           Die Selbstwahrnehmung des eigenen körpersprachlichen          dung des Kindes muss nicht bedeuten, dass der Kon-
                                                                                                                                                                           Ausdrucks ist Voraussetzung dafür, ein erlebtes Gefühl        takt misslungen ist und abgebrochen werden muss.
                                                                                                                                                                           nicht unbeabsichtigt nonverbal zum Ausdruck zu bringen        Denn das Signal der Distanzierung kann zuallererst si-
                                                                                                                                                                           (Riggio, 2006). Manche Gewohnheiten im nonverbalen            tuativ als Antwort auf die Berührung am ­Rücken ver-
                                                                                                                                                                           Umgang mit dem kranken Menschen resultieren weniger           standen werden. Darauf dialogisch zu antworten würde
                                                                                                                                                                           aus bewussten Wertvorstellungen als dem Habitus einer         bedeuten, das Verhalten nicht zu wiederholen, sondern
                                                                                                                                                                           Berufsgruppe (Sahmel, 2018). Durch die Interaktions-          nach Alternativen zu suchen, z. B. ans Fußende treten
                                                                                                                                                                           übungen wird erfahrbar gemacht, wie eine Verhaltens­          oder sich so über das Bett beugen, dass das Kind die
                                                                                                                                                                           weise wirkt, dadurch kann diese bewusstwerden. In der         Pflegefachkraft leicht erkennen könnte. Treffen sich die
                                                                                                                                                                           Reflexion des eigenen Verhaltens hinsichtlich seiner Wir-     Augen, kann dies wiederum als nonverbale Zustim-
                                                                                                                                                                           kung und seiner Absichten können Diskrepanzen deutlich        mung für die Kontaktaufnahme gewertet werden.
                                                                                                                                                                           werden. Dadurch entsteht eine wichtige Motivation für

                                                                                                                                                                           PADUA (2022), 17 (1), 23–29                                                                                ©2022 Hogrefe
Lehren und Lernen                                                                                                  27

                                                                                                                                                                           Struktur und Materialien des Online-­                          personen kann mehr oder weniger aktiv präsent für Fra-
                                                                                                                                                                           Kurses mit Präsenz-Tandems                                     gen und Reflektionen sein, benötigt dafür einen entspre-
                                                                                                                                                                                                                                          chenden Online-Dienst. In den ersten vier Lektionen
                                                                                                                                                                           Selbstlernkurs für 8 Unterrichtsstunden                        können die Teilnehmenden in virtuellen Tandems arbei-
                                                                                                                                                                           für die generalistische Pflegeausbildung                       ten.
                                                                                                                                                                                                                                       2. Selbstlerneinheiten im Präsenz-Unterricht mit frei ge-
https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1024/1861-6186/a000657 - Astrid Steinmetz  - Thursday, January 27, 2022 6:50:55 AM - IP Address:79.151.185.226

                                                                                                                                                                                                                                          wählter Intensität der Präsenz der Lehrperson: Die
                                                                                                                                                                           • Lektion 1: Kommunikationsbarrieren erkennen                  Lerngruppe wird in Tandems aufgegliedert, welche von
                                                                                                                                                                           • Lektion 2: Nonverbale Möglichkeiten nutzen und ent­          der Lehrperson betreut werden können. Reflexions­
                                                                                                                                                                             wickeln                                                      einheiten aus dem Online-Kurs können in angeleitete
                                                                                                                                                                           • Lektion 3: Körpersprachliche Patientenreaktionen er-         Gruppenreflexionen münden oder im Tandem verblei-
                                                                                                                                                                             kennen und einschätzen                                       ben. Das Maß von Selbstlernen und Gruppenarbeit
                                                                                                                                                                           • Lektion 4: Schlüsselprinzipien gelingender nonverbaler       bleibt der Lehrpersonen überlassen.
                                                                                                                                                                             Kommunikation                                             3. Präsenz-Unterricht unter Verwendung der Online-­
                                                                                                                                                                           • Lektion 5: Die Sinne bei der Kontaktaufnahme 1: Tore         Materialien: Die Lehrpersonen wählt für den Präsenz-
                                                                                                                                                                             zum Gegenüber                                                unterricht aus den angebotenen Inhalten und Metho-
                                                                                                                                                                           • Lektion 6: Die Sinne bei der Kontaktaufnahme 2: Tore         den aus, um diesen selbstverantwortlich zu gestalten.
                                                                                                                                                                             zum Gegenüber
                                                                                                                                                                           • Lektion 7: Die Stimme im Dialogaufbau
                                                                                                                                                                           • Lektion 8: Kompetenzebene anpassen: Inhaltliche Ver-
                                                                                                                                                                             mittlung durch Gestik                                     Kritische Bewertung
                                                                                                                                                                           Materialien                                                 Die Wirksamkeit des Präsenz-Trainings auf den Kompe-
                                                                                                                                                                           • Videos: Lernsituationen, Demos für die praktische An-     tenzerwerb wurde wissenschaftlich bestätigt, ebenso die
                                                                                                                                                                             wendung, Präsentationen                                   Relevanz der Kompetenzen für die angemessene Interak-
                                                                                                                                                                           • Foliensatz und Text zum Video                             tion mit verbal eingeschränkten Menschen (Steinmetz,
                                                                                                                                                                           • Arbeitsblätter                                            2016). Neu ist die Anwendung in Ausbildungseinrichtun-
                                                                                                                                                                           • Übungsaufgaben                                            gen für Pflegeberufe im digitalen Misch-Format.
                                                                                                                                                                           • Reflexions- und Diskussionsfragen                            Bei der Adaption wurde großen Wert auf die Integration
                                                                                                                                                                           • Persönlicher Entwicklungsplan                             effektiver Trainingsmethoden gelegt, da diese als wichtige
                                                                                                                                                                           • Weiterführende Texte                                      Komponente für den Kompetenzerwerb gelten. Allerdings
                                                                                                                                                                           • Transferaufgaben für den Praxiseinsatz                    waren für das vorliegende Format Abstriche zu machen:
                                                                                                                                                                           • Multiple-Choice-Prüfungsaufgaben mit Zertifikat           So können die Übungen nicht unmittelbar durch direktes
                                                                                                                                                                                                                                       Feedback der Seminarleitungen begleitet werden, einem
                                                                                                                                                                             Voraussetzung für die Durchführung ist eine technische    wichtigen Aspekt für den Kompetenzerwerb. Dies wurde
                                                                                                                                                                           Infrastruktur mit Computern oder anderen Endgeräten         versucht zu kompensieren, indem die Aufgabenstellungen
                                                                                                                                                                           sowie Kopfhörern. Des Weiteren sind ein stabiles W-LAN      für die praktischen Übungen sich auf Mikro-Fertigkeiten
                                                                                                                                                                           und Software zum Lesen eines PDF erforderlich.              begrenzen, die Vorgaben dafür sehr klar sind und für das
                                                                                                                                                                                                                                       Feedback im Tandem Regeln zur präzisen Verhaltens­
                                                                                                                                                                           Zeitliche Struktur                                          beschreibung geübt werden. In Varianten 2 und 3 der flexi­
                                                                                                                                                                           • Der Kurs kann am Stück durchgeführt oder in 90 min.-      blen Nutzung ließe sich das Feedback von der Lehrperson
                                                                                                                                                                             Einheiten à 2 Lektionen gegliedert werden.                anleiten und durchführen.
                                                                                                                                                                           • Die Teilnehmenden erhalten den Zugang zum Kurs für           Neben den strukturell bedingten Einschränkungen des
                                                                                                                                                                             ein ganzes Jahr. So können sie beliebig oft Präsenta­     Selbstlern-Kurses hinsichtlich Feedbacks und Fragen be-
                                                                                                                                                                             tionen und Demos anschauen.                               steht eine weitere darin, dass die Seminarleitung nicht di-
                                                                                                                                                                           • Die Empfehlung zur zeitlichen Verordnung im Curri­        rekt mit potentiellen blockierenden Verhaltensweisen um-
                                                                                                                                                                             culum ist nach dem ersten Praxiseinsatz der Auszubil-     gehen kann.
                                                                                                                                                                             denden                                                       Insgesamt ist in der Variante 1 eine höhere Selbständig-
                                                                                                                                                                                                                                       keit und Motivation der Lernenden notwendig, zudem sie
                                                                                                                                                                                                                                       in ihren Übungen auch keiner sozialen Kontrolle unterlie-
                                                                                                                                                                                                                                       gen.
                                                                                                                                                                           Flexible Nutzung des Online-Kurses                             Die Entscheidung für ein Mischsetting von virtuellen
                                                                                                                                                                                                                                       und nicht–virtuellen Komponenten hat Folgen für die Ein-
                                                                                                                                                                           Drei Varianten der Nutzung des Online-Kurses mit Prä-       satzmöglichkeiten des Kurses. Es muss daher die Möglich-
                                                                                                                                                                           senz-Tandems sind denkbar.                                  keit gegeben sein, dass sich die Teilnehmenden zum Ler-
                                                                                                                                                                           1. Selbstlernen mit frei gewählter Intensität der Online-   nen im Tandem finden können. Dieses Setting ist den
                                                                                                                                                                              Präsenz der Lehrperson: Die Auszubildenden arbeiten      dargelegten einschränkenden Bedingungen digitaler Me-
                                                                                                                                                                              in Tandems unabhängig von der Lerngruppe. Die Lehr-      dien für das Erlernen nonverbaler Kompetenzen geschul-

                                                                                                                                                                           ©2022 HogrefePADUA (2022), 17 (1), 23–29
28                                                                                                                          Lehren und Lernen

                                                                                                                                                                           det. Das Lernsetting in Tandems begünstigt jedoch ande-                Bauer, J. (2006). Warum ich fühle, was du fühlst: Intuitive Kommuni­
                                                                                                                                                                           rerseits kooperatives Lernen.                                             kation und das Geheimnis der Spiegelneurone. München: Heyne
                                                                                                                                                                                                                                                     Verlag.
                                                                                                                                                                              Ein Vorteil der Variante 1 als Selbstlernkurs liegt darin,          Fuchs, T. (2003). Non-verbale Kommunikation: Phänomenolog­
                                                                                                                                                                           unabhängig zu sein von der Präsenz einer Lehrperson. Die                  ische, entwicklungspsychologische und therapeutische Aspek-
                                                                                                                                                                           Teilnehmenden können ihn selbstorganisiert durchfüh-                      te. Zeitschrift für Klinische Psychologie, Psychiatrie und Psycho­
                                                                                                                                                                           ren, haben dadurch auch mehr Zeitautonomie. Da die In-                    therapie, 51 (4), 333 – 345.
https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1024/1861-6186/a000657 - Astrid Steinmetz  - Thursday, January 27, 2022 6:50:55 AM - IP Address:79.151.185.226

                                                                                                                                                                                                                                                  Gutknecht, D. (2010). Professionelle Responsivität: Ein hochschul­
                                                                                                                                                                           halte für ein Jahr zugängig sind, können sie Inhalte und                  bezogenes Ausbildungskonzept für den frühpädagogischen Ar­
                                                                                                                                                                           Übungen bei Bedarf wiederholen. Wird der Kurs in den                      beitskontext U3: Kinder unter drei Jahren und ihre Familien (Dis-
                                                                                                                                                                           Präsenz-Unterricht integriert, öffnen sich viele Möglich-                 sertation). Pädagogische Hochschule Heidelberg. Verfügbar
                                                                                                                                                                           keiten des individuellen Einsatzes durch die Lehrperson.                  unter http://d-nb.info/1008380415/34
                                                                                                                                                                                                                                                  Haberstroh, J., Neumeyer, K., Schmitz, B. & Pantel, J. (2009). Evalua-
                                                                                                                                                                           Die Lektionen können zudem am Stück oder partiell in das                  tion eines Kommunikationstrainings für Altenpfleger in der stati-
                                                                                                                                                                           Curriculum integriert werden.                                             onären Betreuung demenzkranker Menschen (Tandem im Pfle-
                                                                                                                                                                              Hinsichtlich der Lernerfolgsbewertung ist anzumerken,                  geheim). Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 42, 108 – 116.
                                                                                                                                                                           dass eine Wissensüberprüfung den Kompetenzerwerb                       Healy, D. & Noonan Walsh, P. (2007). Communication among nurses
                                                                                                                                                                                                                                                     and adults with severe and profound intellectual disabilities:
                                                                                                                                                                           nicht erkennbar machen kann. Dafür wären Aufgabenstel-
                                                                                                                                                                                                                                                     Predicted and observed strategies. Journal of Intellectual Disa­
                                                                                                                                                                           lungen notwendig, in denen Situationen simuliert werden,                  bilities, 11 (2), 127 – 141.
                                                                                                                                                                           möglicherweise durch Auszubildende in der Patienten­                   Lepschy, A. (2002). Lehr- und Lernmethoden zur Entwicklung von
                                                                                                                                                                           rolle. Diese Aufgaben praktisch zu lösen und die eigene                   Gesprächsfähigkeit. In G. Brünner, R. Fiehler & W. Kindt (Hrsg.),
                                                                                                                                                                                                                                                     Angewandte Diskursforschung: Bd. 2. Methoden und Anwend­
                                                                                                                                                                           Handlung zu reflektieren, könnte ein sinnvoller Weg für
                                                                                                                                                                                                                                                     ungsbereiche (50 – 71). Radolfzell: Verlag für Gesprächs­
                                                                                                                                                                           die Leistungsüberprüfung sein. Bisher bleibt diese der Ini-               forschung.
                                                                                                                                                                           tiative der Lehrpersonen überlassen.                                   Merckaert, I., Liberta, Y. & Razavia, D. (2005). Communication skills
                                                                                                                                                                              Weiterhin stellt sich die Frage nach dem Transfer der er-              training in cancer care: Where are we and where are we going?
                                                                                                                                                                                                                                                     Current Opinion in Oncology, 17, 319 – 330.
                                                                                                                                                                           lernten Kompetenzen in die Praxis. Um diesen zu begünsti-
                                                                                                                                                                                                                                                  Moore, P. M., Rivera, S., Bravo-Soto, G. A., Olivares, C., & Lawrie, T. A.
                                                                                                                                                                           gen, wurde der persönliche Entwicklungsplan gewählt, mit                  (2018). Communication skills training for healthcare profes-
                                                                                                                                                                           welchem die individuellen Verhaltensabsichten in die Praxis               sionals working with people who have cancer. The Cochrane
                                                                                                                                                                           projiziert werden und diese dann in der Praxisphase kompri-               database of systematic reviews, 7 (7), CD003751. https://doi.
                                                                                                                                                                                                                                                     org/10.1002/14651858.CD003751.pub4
                                                                                                                                                                           miert vor Augen stehen. Hier wird es die Initiative von Lehr-
                                                                                                                                                                                                                                                  Pappas, J. B. & Pappas, E. C. (2015). The Sustainable Personality:
                                                                                                                                                                           personen beziehungsweise Praxisan­     leitenden erfordern,               Values and Behaviors in Individual Sustainability. International
                                                                                                                                                                           um die Anwendung der Kompetenzen zu reflektieren.                         Journal of Higher Education, 4 (1), 12 – 21.
                                                                                                                                                                              Sehr interessant wäre, über eine begleitende Unter­                 Ratka, A. (2018). Empathy and the Development of Affective Skills.
                                                                                                                                                                                                                                                     American Journal of Pharmaceutical Education, 82 (10),
                                                                                                                                                                           suchung mit einem Prä-Post-Design herauszuarbeiten, ob
                                                                                                                                                                                                                                                     1140 – 43.
                                                                                                                                                                           und inwieweit auch durch den Online-Kurs praxisrele­                   Riggio, R. E. (2006). Nonverbal Skills and Abilities. In: M. L. Patter-
                                                                                                                                                                           vante Kompetenzen beziehungsorientierter nonverbaler                      son & V. L. Manusov (Hrsg.), The SAGE Handbook of Nonverbal
                                                                                                                                                                           Kommunikation vermittelt werden.                                          Communication (79 – 95). Thousand Oaks, California: Sage Pub-
                                                                                                                                                                              Abschließend kann trotz der dargelegten Einschrän-                     lications.
                                                                                                                                                                                                                                                  Sahmel, K.-H. (2018). Was ist die richtige Haltung? / Dürfen wir
                                                                                                                                                                           kungen bemerkt werden, dass der Online-Kurs einen gut                     Haltungen formen? Pflegepädagogische Überlegungen. NOVA­
                                                                                                                                                                           begründeten Ansatz darstellt, um eine sehr spezifische Ex-                cura, 49 (4), 45 – 47.
                                                                                                                                                                           pertise einer breiten Zahl von Auszubildenden und Leh-                 Schofield, N. G., Green, C. & Creed, F. (2008). Communication skills
                                                                                                                                                                           renden zugänglich zu machen. Ziel des Kurses ist, Fertig-                 of health care professionals working in oncology – Can they be
                                                                                                                                                                                                                                                     improved? European Journal of Oncology Nursing, 12, 4 – 13.
                                                                                                                                                                           keiten zu vermitteln, mit denen gezielt und leicht auch mit            Schore, J. R., & Schore, A. N. (2008). Modern attachment theory:
                                                                                                                                                                           dem verbal schwer zu erreichenden Menschen ein gelin-                     The central role of affect regulation in development and treat-
                                                                                                                                                                           gender Kontakt aufgebaut werden kann.                                     ment. Clinical Social Work Journal, 36 (1), 9 – 20. https://doi.
                                                                                                                                                                                                                                                     org/10.1007/s10615-007-0111-7
                                                                                                                                                                                                                                                  Schwerdt, R. (1998). Eine Ethik für die Altenpflege: Ein transdiszip­
                                                                                                                                                                                                                                                     linärer Versuch aus der Auseinandersetzung mit Peter Singer,
                                                                                                                                                                                                                                                     Hans Jonas und Martin Buber. Bern: Huber.
                                                                                                                                                                           Literatur                                                              Steinmetz, A. (2016). Nonverbale Interaktion mit demenzkranken
                                                                                                                                                                                                                                                     und palliativen Patienten. Kommunikation ohne Worte-KoW®.
                                                                                                                                                                           Alke, M. (2008). Praxistransfer inklusive! Vom Schwachpunkt zum           Wiesbaden: Springer VS.
                                                                                                                                                                              Erfolgsfaktor: Transferphasen gezielt zum Aufbau sozialer Kom­      Steinmetz, A. (2018). Leiblichkeit in der Begegnung mit dem kom-
                                                                                                                                                                              petenzen nutzen. Bonn: managerSeminare Verlags GmbH.                   munikativ eingeschränkten Menschen – Die verkörperte Hal-
                                                                                                                                                                           Alsawy, S., Mansell, W., McEvoy, P. & Tai, S. (2017). What is good        tung des Dialogischen Prinzips. NOVAcura, 49 (4), 21 – 24.
                                                                                                                                                                              communication for people living with dementia? A mixed-me-          Steinmetz, A. (2019). Kommunikation ohne Worte: Nimm mich
                                                                                                                                                                              thods systematic review. International Psychogeriatrics, 29 (11),      wahr, damit ich bin. PraxisPflegen, 36, 39 – 41.
                                                                                                                                                                              1785 – 1800.                                                        Stern, D. N. (1998). Die Lebenserfahrungen des Säuglings. Stutt-
                                                                                                                                                                           Ambady, N. & Skowronski, J. J. (2008). First Impressions. New York,       gart: Klett-Cotta.
                                                                                                                                                                              NY: Guilford Press.                                                 Stiefel, F., Barth, J., Bensing, J., Fallowfield, L., Jost, L., Razavi, D. &
                                                                                                                                                                           Barnes, S., Gardiner, C., Gott, M., Payne, S., Chady, B., Small, N.,      Kiss, A. (2010). Communication skills training in oncology: A po-
                                                                                                                                                                              Seamark, D. & Halpin, D. (2012). Enhancing patient-profession-         sition paper based on a consensus meeting among European
                                                                                                                                                                              al communication about end-of-life issues in life-limiting con-        experts in 2009. Annals of Oncology, 21(2), 204 – 207.
                                                                                                                                                                              ditions: A critical review of the literature. Journal of Pain and   Vasse, E., Vernooij-Dassen, M., Spijker, A., Olde Rikkert, M. & Koop-
                                                                                                                                                                              Symptom Management, 44 (6), 866 – 879.                                 mans, R. (2010). A systematic review of communication strate-

                                                                                                                                                                           PADUA (2022), 17 (1), 23–29                                                                                                      ©2022 Hogrefe
Lehren und Lernen                                                         29

                                                                                                                                                                             gies for people with dementia in residential and nursing homes.
                                                                                                                                                                             International Psychogeriatrics, 22 (2), 189 – 200.
                                                                                                                                                                           Wilkinson, S., Bailey, K., Aldridge, J. & Roberts, A. (1999). A longitu-
                                                                                                                                                                             dinal evaluation of a communication skills programme. Pallia­
                                                                                                                                                                             tive Medicine, 13, 341 – 348.
https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1024/1861-6186/a000657 - Astrid Steinmetz  - Thursday, January 27, 2022 6:50:55 AM - IP Address:79.151.185.226

                                                                                                                                                                                                         Dr. phil. Astrid Steinmetz
                                                                                                                                                                                                         Dipl. Musiktherapeutin,
                                                                                                                                                                                                         Dipl. ­Sozialpädagogin (FH)

                                                                                                                                                                                                         steinmetz@kow.eu

                                                                                                                                                                           ©2022 HogrefePADUA (2022), 17 (1), 23–29
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