"Not simply a cost-saving exercise"? - OPUS 4
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01/2011 „Not simply a cost-saving exercise“? Großbritanniens neue Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach der Strategic Defence and Security Review Bastian Giegerich / Alexandra Jonas Mit der im Oktober veröffentlichten Strategic Defence and Security Review (SDSR) setzte die britische Regierung die Parameter für eine grundlegende Reform ihrer Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Vor dem Hintergrund neu zu bewertender Bedrohungen, über- lasteter und gleichzeitig unterfinanzierter Streitkräfte sowie den allgemeinen Bemühungen um Einsparungen im Staatshaushalt, hatte sich die britische Regierung zum Ziel gesetzt, die Grundlagen der nationalen Sicherheits- und Verteidigungspolitik fundamental zu überprüfen. Doch das neue Strategiedokument enttäuschte die Erwartungen vieler Beob- achter: So sei die SDSR weniger von strategischen Erwägungen im Sinne einer aufrichti- gen Bestandsaufnahme und Zieldefinition geleitet, als vielmehr durch budgetäre Interessen und dem Unwillen, die autonome sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Großbritan- niens einzuschränken, geprägt. Für die europäischen Partner ist der Blick über den Kanal dennoch unumgänglich – schließlich geht mit der Generalüberholung der britischen Si- cherheits- und Verteidigungspolitik auch eine für Berlin durchaus relevante Neujustierung der von London anvisierten Partnerschaften und Kooperationen in diesem Bereich einher. Doch auch jenseits der konkreten Inhalte bietet die Analyse des Entstehungsprozesses, der zum neuen strategischen Grundsatzdokument SDSR führte, Impulse für eigene nationale Strategieentwicklungs- und Reformprozesse. www.sowi.bundeswehr.de
Kontakt Dr. Bastian Giegerich Wissenschaftlicher Mitarbeiter Multinationalität/Europäische Streitkräfte BastianGiegerich[at]Bundeswehr.org Alexandra Jonas Wissenschaftliche Mitarbeiterin Multinationalität/Europäische Streitkräfte AlexandraJonas[at]Bundeswehr.org SOWI.Thema In der Publikationsreihe SOWI.Thema werden Kurzanalysen und Essays aus der wissenschaftlichen Arbeit des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr veröffentlicht. Sie sollen einen Beitrag zu sicherheitspolitischen und militärsoziolo- gischen Diskursen in Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit leisten. Zum Institut Das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr (SWInstBw – „SOWI“) be- fasst sich im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung mit streitkräftebe- zogener empirischer Sozialforschung sowie militärsoziologischer Grundlagenfor- schung. Das Institut arbeitet mit einem Kern von etwa 15 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern überwiegend empirisch, interdisziplinär und problemorientiert. Das SWInstBw verfolgt und analysiert Situation und Entwicklung der Bundeswehr und ihrer Angehörigen in nationalen und multinationalen Zusammenhängen. Als Einrichtung der Ressortforschung leistet das Institut mit seinen Forschungsergeb- nissen einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr. Dazu greift es aktuelle Problemstellungen auf und entwickelt seine Forschungs- und Erkenntnisinteressen ständig fort. Erscheinungsdatum 16. Dezember 2010 Layout Akademie der Bundeswehr für Information und Kommunikation (Marco Parge) Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr 2| Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr
01/2011 Zusammenfassung Mit der Veröffentlichung des sicherheits- und verteidigungspolitischen Grundlagendokuments Strategic Defence and Security Review (SDSR) setzte die britische Regierung im Oktober 2010 die Parameter für eine tiefgreifende Reform ihrer Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Dabei liefern die Betrachtung des spezifischen Entstehungsprozesses des neuen Strategiedokuments ebenso wie die inhaltliche Analyse des britischen Reformpakets Erkenntnisse, die auch im Kontext der deutschen sicherheitspolitischen Debatte von hoher Relevanz sind: Strategischer Prozess Konzeptionell mutet der Entstehungsprozess der SDSR zunächst wie der Idealfall eines sorgfältig kon- struierten strategischen Diskurses an, der sicherheits- und verteidigungspolitische Reformen in kohärent- logischer Weise anleitet: Eine auf mehreren Ebenen orchestrierte interministerielle Zusammenarbeit, die Institutionalisierung neuer ressortübergreifender Steuerungsorgane sowie die turnusmäßige Erneuerung aufeinander abgestimmter Strategiedokumente sind nur einige der Merkmale, die für den deutschen Kon- text Impulse bieten. Allerdings zeigt der britische Fall ebenso, dass auch ein innovativer Entwicklungs- prozess durch dominierende Sparanstrengungen und einen großen Zeitdruck unterminiert werden kann. Ressortspezifische budgetäre Interessen treten dann in den Vordergrund und komplexe Entscheidungen werden auf die durchzuführenden Haushaltskürzungen reduziert, während politische Grundannahmen und Zielvorstellungen von Kontinuität geprägt bleiben – ein grundlegender Umbruch ist so nicht mög- lich. Reformpaket Future Force 2020 Die Einsparungen im britischen Verteidigungshaushalt werden bis 2015 etwa 8 Prozent betragen. Umge- setzt werden sie unter anderem durch einen Abbau von ca. 10 Prozent der insgesamt 175 000 militäri- schen Dienstposten, den Abzug der in Deutschland stationierten britischen Truppen bis 2020 oder durch die Reduzierung von nicht mehr als einsatzrelevant erachteter militärischer Ausrüstung. Die Reformen sollen somit nicht nur den Sparanstrengungen der britischen Regierung Rechnung tragen, sondern auch zur Modernisierung der britischen Streitkräfte beitragen. Allerdings werden viele Fähigkeitsbereiche auf niedrigerem Niveau erhalten und nur wenige komplett abgeschafft. Dies kann auf bestehende sicher- heitspolitische Verpflichtungen in Afghanistan, langfristige vertragliche Rüstungsabkommen oder den britischen Anspruch, eine autonome sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit soweit wie möglich zu erhalten, zurückgeführt werden. Ein Paradigmenwechsel – durch die tabulose Anpassung der sicherheits- politischen Ambitionen und Fähigkeiten entweder an die zur Verfügung stehenden Finanzmittel oder an die definierten Herausforderungen – ist hier jedenfalls nicht zu erkennen. Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr |3
01/2011 Partnerschaften und Kooperationen in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik Unter der neuen, konservativ-liberalen Regierung hat sich Großbritannien noch weiter von der multilate- ralen Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik weg bewegt – hin zu „multiplen Bila- teralismen“ mit ausgewählten Partnern. Während die Kooperation mit den USA nach wie vor oberste Priorität genießt, werden neben ihr pragmatische und interessensgeleitete bilaterale Partnerschaften zum Kernelement der internationalen Zusammenarbeit erhoben. Dabei sollen in erster Linie die Partner aus- gemacht werden, die Willens und in der Lage sind, diejenigen Fähigkeiten vorzuhalten und bereitzustel- len, die Großbritannien aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht mehr bereitstellen kann. Es werden vor allem die Partner favorisiert, deren Sicherheits- und Verteidigungspolitik als hinreichend kompatibel für eine verstärkte Kooperation bewertet wird. Im europäischen Kontext genießt daher Frankreich obers- te Priorität, was nur zwei Wochen nach Erscheinen der SDSR durch ein umfangreiches bilaterales Ko- operationsabkommen untermauert wurde. Deutschland hingegen wird als weniger attraktiver Kooperati- onspartner gesehen, unter anderem da – nach britischer Lesart – deutsche innenpolitische Spezifika eine verlässliche Kooperation erschweren. Handlungskorridore für Deutschland Um Großbritannien nicht als Partner für die von Berlin vorangetriebene Verstärkung verteidigungspoliti- scher Kooperation in Europa zu verlieren und außerdem einem Bedeutungsverlust vis-à-vis Paris und London entgegenzuwirken, eröffnen sich für Deutschland verschiedene Handlungsoptionen. So könnte Berlin darauf hinwirken, die bestehende britisch-französische Dynamik der bilateralen Kooperation zu einem Nebeneinander von projektspezifischen Kooperationen in Kleingruppen von EU-Mitgliedsstaaten auszubauen und beispielsweise den durch Berlin bereits lancierten Gent-Prozess demgemäß auszurich- ten. Die Förderung einer derartigen variablen Geometrie erscheint die erfolgversprechendste Option zu sein, da somit ein Kooperationsansatz vorangetrieben würde, der nicht zwangsweise alle Mitgliedsstaaten einbinden muss und überdies dem strengen Kosten-Nutzen-Kalkül Großbritanniens für verteidigungspo- litische Kooperationen Rechnung trägt. Dabei kann auch diese Kooperationsform früher oder später in klassische Integrationsschritte im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU münden. 4| Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr
01/2011 „Not simply a cost-saving nen und Soldaten beitragen sollen. Dass Presti- exercise“? geprojekte dabei verschont bleiben und Pre- mierminister David Cameron sowohl in der Großbritanniens neue Sicherheits- und SDSR als auch unabhängig vom neuen Strate- Verteidigungspolitik nach der Strategic De- giedokument wiederholt betonte, dass kein si- fence and Security Review cherheitspolitischer Bedeutungsverlust Großbri- tanniens stattfinden dürfe, ließ jedoch schnell In Zeiten rigoroser nationaler Sparpakete, ohne- Kritik laut werden: Es sei auch mit der SDSR hin angespannter Verteidigungsbudgets und ope- nicht gelungen, Kohärenz zwischen den außen-, rationeller Überlastung der Streitkräfte, steht sicherheits- und verteidigungspolitischen Zielen Großbritannien ebenso wie die meisten seiner einerseits und den hierfür vorzuhaltenden Mitteln europäischen Nachbarn vor der Herausforderung, und Instrumenten andererseits herzustellen.2 seine sicherheitspolitischen Vorhaben mit den Im Folgenden sollen die sicherheits- und vertei- budgetären Realitäten in Einklang zu bringen. digungspolitischen Umwälzungen in Großbritan- Doch die jeweiligen nationalen Reformpakete nien aus drei Perspektiven betrachtet und analy- unterscheiden sich in Europa nicht nur inhaltlich, siert werden: Erstens steht die Frage im Mittel- sondern auch hinsichtlich des Prozesses ihrer punkt, wie der strategische Prozess, welcher die Erarbeitung. So wurden die Weichenstellungen Reform der britischen Sicherheits- und Verteidi- und wichtigsten Wegmarken für die umfassende gungspolitik begleitete, im Einzelnen gestaltet Reform der britischen Sicherheits- und Verteidi- wurde und was aus einer solchen breit angeleg- gungspolitik in einem neuen strategischen ten Entwicklung neuer sicherheitspolitischer Grundlagendokument festgeschrieben – der am Strategiedokumente gelernt werden kann. Zwei- 19. Oktober 2010 veröffentlichten Strategic De- tens sollen die im Konkreten geplanten Refor- fence and Security Review (SDSR). Diese trägt men betrachtet werden. Drittens wird der Fokus den Titel „Securing Britain in an Age of Uncer- dann auf die neue britische Prioritätensetzung tainty: The Strategic Defence and Security Re- hinsichtlich sicherheits- und verteidigungspoliti- view“,1 wurde in einem breit angelegten, inter- scher Kooperationen und Partnerschaften ge- ministeriellen Prozess entworfen und ist Teil lenkt.3 Dabei stehen insbesondere die sich daraus einer abgestimmten Reihe britischer außen-, ergebenden Handlungskorridore für Deutschland, sicherheits- und verteidigungspolitischer Strate- sowohl in Bezug auf das bilaterale Verhältnis zu giedokumente. Großbritannien als auch mit Blick auf Berlins In der SDSR schrieb die konservativ-liberale jüngste Initiativen zur Förderung einer engeren britische Regierung nun auf der Basis einer neu europäischen Verteidigungskooperation,4 im aufgelegten sicherheitspolitischen Bedrohungs- Mittelpunkt. Insgesamt liefert die Analyse der analyse fest, dass das Verteidigungsbudget um sicherheits- und verteidigungspolitischen Neu- acht Prozent schrumpfen wird, wozu unter ande- justierung eines der wichtigsten europäischen rem der Abzug der verbliebenen britischen Trup- 2 The Economist (2010): A retreat, not a rout, pen in Deutschland oder eine Reduktion der 21.10.10; The Guardian (2010): Defence and secu- Streitkräfte um insgesamt etwa 17 000 Soldatin- rity review: Groping for a strategy, 20.10.10. 3 Die neue Prioritätensetzung in diesem Bereich wurde in besonderem Maße durch das umfangrei- So der britische Premierminister David Cameron che britisch-französische Kooperationsabkommen am 19. Oktober 2010 im britischen Unterhaus, vom 2. November 2010 deutlich, siehe: http:// siehe: House of Commons Hansard (2010): Stra- www.number10.gov.uk/news/statements-and- tegic Defence and Security Review. 19. Oktober articles/2010/11/uk%E2%80%93france-summit- 2010: 797. 2010-declaration-on-defence-and-security-co- 1 Siehe: http://www.direct.gov.uk/prod_consum_dg operation-56519 (Letzter Zugriff: 16.11.10). 4 /groups/dg_digitalassets/@dg/@en/documents/dig Zur Gent-Initiative vgl. Karl-Theodor zu Gutten- italasset/dg_191634.pdf?CID=PDF&PLA=furl& berg (2010): Die Stunde Europas. In: Frankfurter CRE=sdsr (Letzter Zugriff: 10.11.10). Allgemeine Zeitung, 9.12.10. Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr |5
01/2011 Partner Deutschlands somit nicht nur positive konfliktträchtigen Entstehungsprozesses des und negative Impulse für die strategische Einbet- neuen Grundlagendokuments. tung nationaler Reformen und die Entwicklung sicherheitspolitischer Grundlagendokumente, Die aktuellen Grundlagendokumente und der sondern auch Hinweise darauf ob, bzw. auf wel- kontinuierliche strategische Diskurs che Art und Weise sicherheits- und verteidi- gungspolitische Sparanstrengungen derzeit in Die SDSR wurde von der Labour-Partei bereits Europa abgestimmt werden können. im Jahr 2009 auf den Weg gebracht und geht auf ein parteiübergreifendes Übereinkommen zu- rück, welches festlegte, dass die SDSR unabhän- gig vom Wahlausgang im Frühsommer 2010 1 Die Umgestaltung der britischen Si- angefertigt wird. Veröffentlicht am 19. Oktober cherheits- und Verteidigungspolitik: 2010, erschien das Grundlagendokument nur Strategischer Prozess und Grundlagen- einen Tag vor der Spending Review – dem briti- dokumente schen Haushaltsplan für 2011–15 – und muss in enger Zusammenschau mit der Neuauflage der Bereits auf den ersten Blick unterscheidet sich britischen National Security Strategy (NSS) „A der sicherheits- und verteidigungspolitische Re- Strong Britain in an Age of Uncertainity: The formprozess in Großbritannien von demjenigen National Security Strategy“ betrachtet werden,6 in anderen europäischen Staaten. Dies liegt nicht die wiederum nur einen Tag vor der SDSR, am nur an den naturgemäß von Nation zu Nation 18. Oktober 2010 veröffentlicht wurde. Die bei- differierenden Inhalten, also den Einsparungen den sicherheitspolitischen Dokumente SDSR und und Prioritätensetzungen im Einzelnen, sondern NSS zeichnen sich durch eine sehr deutliche auch an dem spezifischen Entstehungsprozess, in Sprache, klar formulierte Sätze und ein – zumin- welchem die Reformen entwickelt werden. So dest im Vergleich zu deutschen Regierungsdo- wurde das britische sicherheits- und verteidi- kumenten – ungewöhnliches Pathos aus: „We are gungspolitische Reformpaket angeleitet durch extraordinarily proud of everyone who works eine Reihe aufeinanderfolgender Dokumente, die tirelessly on our behalf (…).“7 Der Anspruch, in der – in einem breit angelegten, interministe- eine führende sicherheitspolitische Rolle in der riellen Prozess entwickelten – SDSR kulminier- Welt zu spielen, wird dabei als selbstverständlich ten. Dieses Vorgehen erscheint wie der Prototyp vorausgesetzt, auf einen ausführlichen Diskurs des in der deutschen Debatte wiederholt gefor- zu den Werten und Interessen, welche die briti- derten Modells eines ressortübergreifend ange- sche Sicherheits- und Verteidigungspolitik leiten, legten strategischen Diskurses und einer in kon- wird verzichtet: „We have a proud history of zeptionell-strategischen Grundlagendokumenten standing up for the values we believe in and we verankerten Weiterentwicklung der deutschen should have no less ambition for our country in Sicherheits- und Verteidigungspolitik.5 Dass der the decades to come.“8 spezifische Rahmen zur Reform der britischen Während die NSS im Sinne einer alle außenpoli- Sicherheits- und Verteidigungspolitik jedoch tischen Facetten umfassenden ‚grand strategy‘ nicht nur Vor- sondern auch Nachteile in sich eine nationale Standortbestimmung vornimmt birgt, zeigte sich bereits im Verlauf des durchaus 6 Siehe: http://www.direct.gov.uk/prod_consum_dg/ 5 Siehe z. B. Klaus Naumann (2008): Einsatz ohne groups/dg_digitalassets/@dg/@en/documents/ Ziel? Die Politikbedürftigkeit des Militärischen. digitalasset/dg_191639.pdf?CID=PDF& PLA=furl Hamburg: Hamburger Edition; Constanze Stel- &CRE=nationalsecuritystrategy (Letzter Zugriff: zenmüller (2010): Die selbstgefesselte Republik, 10.11.10). 7 in: Internationale Politik, Januar/Februar 2010: HM Government (2010): Securing Britain in an 76–81; Wolfgang Ischinger (2009): Disharmoni- Age of Uncertainity: The Strategic Defence and sche Außenpolitik. In: Süddeutsche Zeitung, 5./ Security Review: 3. 8 6.9.09. Ebd. 6| Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr
01/2011 und somit den Kontext für die SDSR bestimmt, Herangehensweise im französischen sicherheits- legt letztere die sich für die relevanten Ressorts und verteidigungspolitischen Weißbuch aus dem ergebenden sicherheits- und verteidigungspoliti- Jahr 2008.11 Zurückzuführen ist die NSRA auf schen Konsequenzen fest. Dazu passt auch, dass das bereits zuvor bestehende National Risk As- NSS und SDSR zunächst als ein einziges Doku- sessment (NRA), das in Großbritannien seit 2005 ment konzipiert waren und erst in letzter Minute durchgeführt wird, sich jedoch strikt auf inländi- voneinander getrennt wurden, um – so der briti- sche Risiken beschränkt und internationale Be- sche Premier David Cameron – zu verdeutlichen, drohungen demgemäß nicht berücksichtigt.12 dass die SDSR kohärentes Ergebnis eines strate- Die auf die NSS zeitlich ebenso wie logisch fol- gischen Denkprozesses ist.9 Dem kann jedoch gende SDSR ist mit 70 Seiten doppelt so um- hinzugefügt werden, dass die Sequenzierung von fangreich und befasst sich differenziert mit den einer umfassenden Sicherheitsstrategie über ein sich aus der NSS ergebenden Konsequenzen für konkreteres verteidigungspolitisches Dokument die britische Sicherheits- und Verteidigungspoli- hin zu dem neuen Haushaltsplan eine strate- tik und die hierin involvierten Akteure. Sie wid- gische Kohärenz suggeriert, die bereits ange- met sich dem Themenbereich der nuklearen Ab- sichts der zeitlichen Nähe der Veröffentlichung schreckung ebenso wie der strukturellen Reform der drei Dokumente zweifelhaft erscheint.10 des Verteidigungssektors und befasst sich in Inhaltlich spannt die 35 Seiten umfassende NSS einem weiteren Kapitel mit den britischen Alli- den Bogen von einer Beschreibung des strategi- anzen und Partnerschaften in der Sicherheits- schen Kontexts und Großbritanniens Rolle in der und Verteidigungspolitik. Inhaltlich legt die Welt über die Analyse der Risiken für die natio- SDSR fest, dass die britischen Streitkräfte in nale Sicherheit bis hin zu einem kurzen Anriss Zukunft selektiver zum Einsatz kommen sollen: über die zukünftige britische Reaktion auf eben „But we will be more selective in our use of the diese. Neben der mehrfach und sehr deutlich Armed Forces, deploying them decisively at the geäußerten Kritik an der vorangegangenen La- right time but only where key UK national inte- bour-Regierung fällt vor allem die klare Hierar- rests are at stake (…)“, auch wenn Afghanistan chisierung der relevanten sicherheitspolitischen zunächst als Priorität der nationalen Sicherheits- Gefahren auf. So werden der internationale Ter- und Verteidigungspolitik bestehen bleibt.13 Dar- rorismus, Cyber-Attacken, schwere Unfälle und über hinaus soll Konfliktprävention noch mehr Naturkatastrophen sowie internationale militäri- an Bedeutung gewinnen, unter anderem da durch sche Krisen als die wahrscheinlichsten Gefahren einen verstärkten Fokus auf präventive Maß- mit den potenziell größten Auswirkungen auf die nahmen oftmals kostspieligere Interventionen britische Bevölkerung genannt. Nach diesen folgt vermieden werden könnten.14 Weiterhin fällt auf, in der NSS die Auflistung sicherheitspolitischer dass dem Themenkomplex Cyber-Sicherheit eine Gefahren zweiten und dritten Rangs, einschließ- deutlich gewachsene Bedeutung zugemessen lich beispielsweise eines bedeutenden Anstiegs organisierter Kriminalität, eines groß angelegten 11 HM Government (2010a): A Strong Britain in an konventionellen Angriffs auf Großbritannien Age of Uncertainity: The National Security Stra- oder der Unterbrechung der Öl- und Gasversor- tegy: 25f.; Ministère de la Défense (2008): Le li- vre blanc sur la défense et la sécurité natio- gung. Diese Hierarchisierung durch das fortan nale: 59, siehe: www.livreblancdefenseetsecurite. alle zwei Jahre zu wiederholende National Secu- gouv.fr (Letzter Zugriff: 15.11.10). 12 rity Risk Assessment (NSRA) soll den Fokus der Siehe: http://download.cabinetoffice.gov.uk/nss/ britischen Außen-, Sicherheits- und Verteidi- nss-factsheet2.pdf (Letzter Zugriff: 10.11. 10). Die gungspolitik bestimmen und ähnelt dabei der detaillierte Analyse, die zu der in der NSS (und analog im sogenannten National Risk Register) veröffentlichten Einschätzung führt, ist sowohl im 9 House of Commons Hansard (2010), ebd.: 811. Fall des NSRA als auch hinsichtlich des NRA 10 So auch Michael Clarke (2010): Defence Review: nicht öffentlich zugänglich. 13 Can Britain still pack a punch? In: The Telegraph, HM Government (2010), ebd.: 17, 15. 14 20.10.10. Ebd.: 3; Interviews, London, September 2010. Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr |7
01/2011 wird, einschließlich einer Neuinvestition von 650 Strategic Defence Review“ unmittelbar voraus, Millionen Pfund innerhalb der kommenden vier das im Sinne einer sicherheits- und verteidi- Jahre und der Einrichtung verschiedener neuer gungspolitischen Bestandsaufnahme den Weg Gremien wie einer Cyber Operations Group im zur SDSR ebnen sollte.17 Dabei empfahl das im Verteidigungsministerium.15 Dazu erläutert die Februar 2010 veröffentlichte Grünbuch vor allem SDSR, dass sich die Bedrohung in diesem Feld zweierlei: Eine verbesserte Anpassungsfähigkeit nicht nur schnell entwickelt, sondern auch weiter der britischen Streitkräfte an die sich kontinuier- an Bedeutung zunehmen wird: Cyber-Sicherheit lich wandelnden Herausforderungen und eine ist somit einer der wenigen Bereiche, in den trotz engere Zusammenarbeit mit Partnern für mehr der angespannten Haushaltslage investiert wird. Effektivität und Effizienz. Auf Basis der aktuel- Durch das gesamte Strategiedokument zieht sich len Grundlagendokumente werden nun – wie dabei bereits auf deklaratorischer Ebene das Be- zuvor beispielsweise bereits auf Basis der NSS kenntnis zu einer regelmäßigen und häufigeren aus dem Jahr 2008 – Sub- bzw. Teilstrategien Überprüfung der Konsistenz zwischen den briti- entwickelt, wie etwa die Defence Industrial Stra- schen sicherheits- und verteidigungspolitischen tegy, eine neue Cyber Security Strategy oder die Fähigkeiten und dem sich fortwährend verän- Building Stability Overseas Strategy.18 Auch ist dernden strategischen Umfeld.16 Dieses Be- die im britischen Verteidigungsministerium be- kenntnis wurde darüber hinaus durch die partei- reits eingerichtete Defence Reform Unit damit übergreifende Vereinbarung zementiert, sowohl beauftragt, in einer Defence Reform Review, die die NSS als auch die SDSR von nun an alle fünf sich aus der SDSR ergebenden strukturellen Ver- Jahre zu erneuern. Außerdem soll ein jährlicher änderungen für das Verteidigungsressort bis zum Fortschrittsbericht zur NSS durch den parlamen- Sommer 2011 auszuplanen.19 tarischen Ausschuss „Joint Parliamentary Com- mittee on the National Security Strategy“ über- Neue Strukturen, mehr Akteure: Ein umfas- prüft werden. sender Entstehungsprozess? Während NSS und SDSR also bereits in enger Die SDSR ist ein Element der bereits im Juli Zusammenschau betrachtet und analysiert wer- 2009 durch die Brown-Regierung eingeführten den müssen, sind diese jüngsten Grundlagendo- „root and branch review“ der britischen Vertei- kumente ihrerseits auch lediglich Teile einer digungspolitik und wurde zunächst unter dem Reihe aufeinander folgender und aufeinander Namen „Strategic Defence Review“ geführt. aufbauender britischer außen-, sicherheits- und Dass diese dann – maßgeblich unter der neuen verteidigungspolitischer Strategiedokumente. So konservativ-liberalen Regierung – in „Strategic sollen die Kette strategischer Grundlagendoku- Defence and Security Review“ umbenannt wur- mente und der damit einhergehende kontinuierli- de, ist auf verschiedene Gründe rückführbar: che strategische Denkprozess ebenso wie die Erstens steht dies für die Absicht, den britischen turnusmäßige Erneuerung von NSS und SDSR Sicherheits- und Verteidigungssektor unter ein das britische Bekenntnis zu einer flexiblen, dy- weit gefasstes außenpolitisches Narrativ zu stel- namischen und der internationalen Lage maximal len, welches in enger Wechselwirkung mit dem angepassten Sicherheitspolitik untermauern: In Finanzministerium entwickelt wird. Zweitens diesem Sinne wurde beispielsweise die NSS – symbolisiert das eingefügte Wort „security“, dass nach ihrer Erstpublikation im Jahr 2008 – bereits die sicherheits- und verteidigungspolitischen im Jahr 2009 neu aufgelegt und den beiden Grundlagendokumenten vom Oktober 2010 ging 17 Siehe: http://www.mod.uk/NR/rdonlyres/790C77E ein noch unter Labour entwickeltes Grünbuch C-550B-4AE8-B227-14DA412FC9BA/0/defence „Adaptability and Partnership: Issues for the _green_paper_cm7794.pdf. (Letzter Zugriff: 12. 11.10). 18 HM Government (2010), ebd.: 30, 49, 44. 15 19 HM Government (2010), ebd.: 47–49. IISS (2010): UK cost-cutting review shrinks mili- 16 HM Government (2010), ebd.: 9. tary capacity. In: Strategic Comments 16: 39. 8| Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr
01/2011 Reformen ganzheitlich, also unter Berücksichti- NSC wird durch interministerielle Substrukturen gung und Einbezug aller sicherheitspolitisch auf der Ebene hochrangiger Beamter unterstützt, relevanten Themen, Ressorts und Akteure – ein- insbesondere von der Permanent Secretaries schließlich parlamentarischen, akademischen und Group, die vom Nationalen Sicherheitsberater zivilgesellschaftlichen Akteuren – konsensual geleitet wird. Der mit diesem neuen Posten vom konzipiert werden. Damit wählte die britische Premierminister betraute Sir Peter Rickets leitet Regierung eine Herangehensweise an die Strate- außerdem das 30 Personen umfassende National gieformulierung, die bereits dem Entstehungs- Security Secretariat im Cabinet Office, das eben- prozess eines Grundlagendokuments eine maß- falls interministeriell zusammengesetzt ist und gebliche – wenn nicht sogar die größte – Bedeu- die sicherheitspolitischen Aktivitäten innerhalb tung für dessen Erfolg zumisst: „The formulation der gesamten Regierung koordinieren soll. Auch of a security strategy therefore is (or should be) a umfasst das Sekretariat eine Strategieeinheit, die political process, an effort to build consensus mit den Planungs- und Strategieeinheiten der around a broad approach to securing a polity’s verschiedenen sicherheitspolitisch relevanten interests. It is much more than just a document, it Ministerien zusammenarbeitet. Bei der Entwick- is an effort to negotiate the limits of what the lung der neuen Grundlagendokumente NSS und polity can agree on, to smooth out the most logi- SDSR kam diesen neuen Strukturen eine zentrale cally incompatible edges of that consensus, and Rolle zu, da sie sich durch politisches „Entrepre- to produce a document that can command wi- neurship“ profilierten, wenngleich sie die Inte- despread respect and agreement. The resulting ressen vor allem der großen Ministerien nicht strategy document, even if it gets the headlines, gänzlich dominieren konnten.22 is the least important part of that process. The Die gewichtige Rolle der einzelnen Ministerien document is in fact the result of the process of wird auch in der SDSR verdeutlicht, die dem strategy formulation, not its catalyst.“20 NSC zwar die Übersicht über die Implementie- Demgemäß initiierte die britische Regierung also rung der Reformen zuschreibt, für einzelne Prio- einen umfassenden Strategieformulierungs- ritätsbereiche allerdings eine Aufteilung an die prozess unter breiter Beteiligung aller Ressorts verantwortlichen Ressorts vornimmt: „Lead mi- und mit dem unter der neuen Regierung einge- nisters will have responsibility for coordinating setzten National Security Council (NSC) als priority areas of work across government, sup- zentralem Element. Ziel war es, für die Entwick- ported by officials, to implement the strategy and lung der NSS und SDSR ein Netzwerk aus Ak- the review.“23 Hinsichtlich der auch in diesem teuren zu kreieren, das erklärtermaßen intermi- Zusammenhang wieder betonten Notwendigkeit nisteriell ist – im Gegensatz zu dem Modell eines für eine funktionierende Zusammenarbeit zwi- führenden Ressorts, das die Beiträge anderer schen den Ministerien, kann man in Großbritan- Ministerien lediglich aufnimmt und verarbeitet. nien ohnehin auf eine lange Tradition enger Res- Im NSC sind daher auf Ministerebene alle mit sortzusammenarbeit in außen-, sicherheits- und sicherheitspolitischen Fragen befassten Ressorts verteidigungspolitischen Fragen zurückblicken. vertreten,21 um – auch jenseits von NSS und Dies betrifft in besonderem Maße die Strategie- SDSR – eine kohärente Außen-, Sicherheits- und und Planungseinheiten der verschiedenen Minis- Verteidigungspolitik zu gestalten. Die Sitzungen terien: „There is already a culture of collaborati- werden vom Premierminister geleitet und der on across strategy units: they often work cross- departmentally on issues of mutual interest and which cut across departmental responsibilities“ 20 Jeremy Shapiro (2009): A new European Security und wird außerdem durch eine hohe Rate an Strategy? In: Europe’s World, 2.3.2009. 21 Einschließlich des Foreign and Commonwealth Office, Ministry of Defence, Treasury, Home Of- 22 fice und Department for International Develop- Interviews, London, September 2010. 23 ment. Je nach Agenda können weitere Ressorts HM Government (2010a), ebd.: 11; HM Govern- sowie die Geheimdienste einbezogen werden. ment (2010), ebd.: 69. Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr |9
01/2011 Personalaustausch gefördert.24 Darüber hinaus bekannte,29 blieb dieser de facto marginal. So tragen bereits bestehende resssortübergreifende schränkten auch an der SDSR beteiligte Akteure Strukturen wie die Conflict Prevention Pools aus den Ministerien bereits ein, „outside experti- oder die Stabilisation Unit ihren Teil zur konti- se“ bestünde – wenn überhaupt – durch informel- nuierlichen interministeriellen konzeptionellen le Kontakte, würde aber kaum einfließen.30 Auch Zusammenarbeit bei.25 kritisierten verschiedene Think Tanks und das Dessen ungeachtet betonten an der NSS und House of Commons den hohen Grad an Geheim- SDSR beteiligte Akteure allerdings wiederholt, haltung, den die britische Regierung während des dass gerade der SDSR-Prozess mit seinen starken Entwicklungsprozesses der Grundlagendoku- budgetären Implikationen aufzeigte, wie die res- mente pflegte, sowie ihren Mangel an Einfluss sorteigene Besitzstandswahrung im Zweifelsfall auf die strategische Neuausrichtung, den sie so- eben doch die insgesamt ausgeprägte interminis- wohl auf den großen Zeitdruck, mit dem diese terielle Kooperation in den Hintergrund drängte entwickelt wurde, als auch auf die strengen und Grabenkämpfe zwischen den Ressorts wäh- Sparvorgaben zurückführten.31 rend des SDSR-Prozesses auf der Tagesordnung standen: „The interministerial idea works – but Wie „strategisch“ ist die SDSR? not in times of cuts“.26 So habe die ressortüber- Bereits während des Entstehungsprozesses der greifende Zusammenarbeit zwar während der SDSR wurde an eben dieser deutliche Kritik ersten zwei Monate des SDSR-Prozesses durch politische Kommentatoren und mediale gut funktioniert, sei dann aber zunehmend Beobachter geäußert, deren hauptsächlicher Ein- schlechter geworden – je mehr es an die Details wand sich auf die strategische Herleitung bzw. der Einsparungen ging.27 Untermauerung der nach und nach an die Öffent- Darüber hinaus waren externe Akteure, wie etwa lichkeit gelangenden Reformen bezog: So hätten das Parlament, Think Tanks oder die Öffentlich- budgetäre Erwägungen Überhand gewonnen, keit, an der Entwicklung der beiden neuen eine wahrhaftige und langfristig angelegte strate- Grundlagendokumente wesentlich weniger betei- gische Neuorientierung verhindert und inkohä- ligt als noch bei voran gegangenen britischen rente Reformentscheidungen erzeugt.32 Insge- Strategiedokumenten wie etwa der NSS aus dem samt seien die Reformentscheidungen primär Jahr 2009.28 Denn obgleich sich die Regierung finanziell und nicht durch die sicherheitspoliti- um David Cameron auf deklaratorischer Ebene sche Bedrohungsanalyse motiviert – die SDSR wiederholt zu dem Einbezug externer Akteure sei somit doch zu einem „cuts package“ gewor- 29 „As part of the development of the national secu- rity strategy and the SDSR the Government has 24 Parliament publications (2010): Who does UK engaged with think tanks and key experts in the Grand Strategy? Written evidence submitted by defence and security field to seek their views on the Cabinet Office (GS 05), Session 2010–11: 11, the key strategic issues the Government faces“, siehe: http://www.publications.parliament.uk/pa/ siehe: parliament publications (2010), ebd.: 20. 30 cm201011/cmselect/cmpubadm/memo/grandstrat Interviews, London, September 2010. 31 /gs05.htm (Letzter Zugriff: 17.11.10). Ebd.: Parliament publications (2010a): The Strate- 25 Paul Cornish (2010): Written evidence, parliament gic Defence and Security Review, siehe: http:// publications, September 2010, siehe: http://www. www.publications.parliament.uk/pa/cm201011/cm publications.parliament.uk/pa/cm201011/cmselect select/cmdfence/c345-i/c34501.htm (Letzter Zu- /cmpubadm/435/435we10.htm (Letzter Zugriff: griff: 20.10.10). 32 20.10.10). Paul Cornish und Andrew M. Dorman (2010): 26 Interviews, London, September 2010. Breaking the mould: the United Kingdom Strate- 27 Ebd. gic Defence Review 2010. In: International Af- 28 Vgl. Alexandra Jonas und Nicolai von Ondarza fairs 86: 2, 395–410; Interviews, London, Sep- (2009): Die neue National Security Strategy Groß- tember 2010; Richard Norton-Taylor (2010): De- britanniens. In: Europäische Sicherheit, November fence cuts don’t go deep enough. In: The Guard- 2009: 13–16. ian, 21.10.10. 10 | Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr
01/2011 den:33 „The closer the deadline for the strategic neuen Strategie Teil hat, zu kommunizieren.36 defence and security review gets, the more obvi- Von dieser Definition ausgehend sind es insbe- ous it becomes that this is a hasty process driven sondere das zweite und dritte Element – die Ent- purely by budgetary pressures in which strategy wicklung angemessener Ziele und Ambitionen and the national interest seem irrelevant.“34 Auch sowie die passende Zuordnung entsprechender hätte der Fokus der konservativ-liberalen Regie- Mittel und Instrumente – die der SDSR abge- rung auf eine als erfolgreich zu vermittelnde sprochen werden: So zeuge die Zielformulierung Operation in Afghanistan langfristige und strate- für die britische Sicherheits- und Verteidigungs- gische Überlegungen unmöglich gemacht: „The politik vielmehr von überzogenen Ambitionen UK is sleepwalking into disaster because no one und passe weder zu den budgetären Realitäten seems to be thinking about long-term strategy noch zu den letztendlich zugeordneten Instru- due to the focus on the current, yet temporary, menten.37 Diese Kritik verstärkte David Cameron demands of the Afghanistan campaign.“35 durch seine Äußerungen selbst, vor allem gegen Hinsichtlich des mittlerweile veröffentlichten Ende des SDSR-Prozesses, indem er – ungeach- Dokuments steht somit die Frage im Raum, ob es tet jeglicher Sparanstrengungen – mehrfach be- der SDSR denn nun gelungen ist, die Parameter tonte, Großbritannien solle auf jeden Fall ein zu setzen für eine strategische – d. h. langfristig führender globaler sicherheitspolitischer Akteur angelegte und sowohl den Ambitionen als auch bleiben: „Britain will continue punching above den Verpflichtungen und budgetären Realitäten its weight“ und sich somit in der NSS auch der Londons angemessene – Reform der britischen Satz findet: „Britain’s national interest requires Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Konzepti- us to reject any notion of the shrinkage of our onell hat ein sicherheits- und verteidigungspoliti- influence.“38 Der Brite Nick Witney, ehemaliger sches Strategiedokument insbesondere vier Chef der Europäischen Verteidigungsagentur, Grundfunktionen zu erfüllen: Erstens sollte eine spricht in diesem Zusammenhang nicht nur von Analyse der Herausforderungen und Gefahren überzogenen Ambitionen, sondern auch von für die nationale Sicherheit erfolgen, welche die einer selbsttäuschenden Weltsicht, da der Ein- Basis für die daraufhin entwickelte Politik bildet. fluss Großbritanniens ja bereits längst vermindert Zweitens müssen die außen-, sicherheits- und sei – insbesondere in Bezug zu den aufstreben- verteidigungspolitischen Zielvorstellungen des den Mächten.39 entsprechenden Akteurs definiert werden, ein- Dass die konsensuale Entwicklung angemessener schließlich geografischer Prioritäten, normativer Ziele und Ambitionen einerseits sowie die pas- Grundannahmen und politischer Interessen. Die- sende Zuordnung entsprechender Mittel und sen Zielvorstellungen müssen drittens die pas- Instrumente andererseits besonders herausfor- senden Instrumente zugeordnet werden, die mit- dernd würde, deutete sich bereits früh im Entste- unter ökonomischer, diplomatischer, ziviler oder hungsprozess der neuen Grundlagendokumente militärischer Natur sein können. Viertens ist ein an. So verschlechterten vor allem der starke Fo- sicherheits- und verteidigungspolitisches Strate- giedokument auch immer ein Mittel, um die 36 (neu)definierte Politik zu legitimieren und so- Vgl. z. B. Alexandra Jonas und Nicolai von On- darza (2010a): Desirable, but not feasible? An EU wohl der breiten Öffentlichkeit als auch der poli- White Paper and the compatibility of the British, tischen Elite, die an der Implementierung der French and German security and defence poli- cies: 4. 37 Michael Clarke (2010), ebd.; T. Cross und N. Hall (2010), ebd. 33 38 Tim Cross und Nigel Hall (2010): Strategy not Michael Clarke (2010), ebd.; HM Government Emotion: Regaining Confidence in the Strategic (2010a), ebd.: 10. 39 Defence and Security review, in: RUSI Analysis. Nick Witney (2010): Eyes tight shut, European 34 The Guardian letters (2010): Britain’s maritime Council on Foreign Relations, 20.10.10, siehe: security is vital, 30.9.10. http://ecfr.eu/content/entry/commentary_eyes_ 35 Ebd. tight_shut/ (Letzter Zugriff: 25.10.10). Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr | 11
01/2011 kus auf die geplanten Einsparungen sowie der Doch auch der enorme Zeitdruck, unter dem die darauf folgende Kampf um die ministeriellen Weichenstellungen der SDSR vorgenommen Budgets die ressortübergreifende Kooperation wurden, stellte sich als ein Hindernis für die zunehmend und unterminierten den holistischen adäquate Ziel- und Mittelformulierung heraus: Gedanken. Der Disput zwischen Premierminister Die SDSR wurde im Jahr 2010 in nur fünf Mo- naten entworfen, während der Prozess hin zur David Cameron und seinem Verteidigungsminis- SDR aus dem Jahr 1997/98 ganze 18 Monate ter Liam Fox, der Ende September durch einen gedauert hatte. Dabei war zu beobachten, dass an die Öffentlichkeit geratenen Brief von Fox an die beteiligten Akteure aus der gesamten Regie- Cameron publik wurde, verdeutlichte dies dras- rung immer weniger Bereitschaft zeigten, Ein- tisch.40 Dabei reflektierte die von Fox geäußerte schnitte in ihrem Bereich zu akzeptieren und – Kritik nicht nur Bestrebungen, so wenig Budget- im Falle des Verteidigungssektors – ein schwin- kürzungen wie möglich für sein Ressort hinneh- dendes internationales Renommee in Kauf zu men zu müssen, sie kanalisierte auch die sehr nehmen, je näher der an den britischen Haus- deutlich geäußerte, mitunter an Rücktrittsdro- haltsplan gekoppelte Redaktionsschluss für die hungen gekoppelte Besorgnis der britischen Teil- NSS und SDSR rückte: „(…) the international reaction will be brutal if we do not recognise the streitkräfte um ihre Kernprojekte.41 Mit seinem dangers and continue to push for such draconian Schreiben schien Fox ein kalkuliertes Risiko cuts at a time when we are at war (…). I am con- einzugehen. Wenn seine Warnungen ungehört cerned that we do not have a narrative that we verhallt wären, dann wäre auch sein Rücktritt can communicate clearly.“43 konsequent gewesen. Der Brief und seine – laut Insgesamt stehen jedoch die Indizien für einen Fox – ungewollte Veröffentlichung hatten aber Reformprozess, der weniger strategiegeleitet war den Effekt, den Druck auf die innerparteilichen als erhofft, und eine SDSR, die durch budgetäre Widersacher Cameron und Finanzminister Zwänge, Zeitdruck und überhöhte Ambitionen George Osborne merklich zu erhöhen. In Kom- verwässert wurde, im Gegensatz zu der Tatsache, bination mit ebenso häufigen wie öffentlichen dass die Institutionalisierung neuer Strukturen Verweisen auf die Erwartungshaltung wichtiger zur Strategieentwicklung eine solide Basis für Verbündeter – allen voran den USA – sowie auf die Erneuerung der Grundlagendokumente in die bestehenden Verpflichtungen in Afghanistan, fünf Jahren liefert – dann möglicherweise unter zeigte Fox’ Eskalation jedoch Wirkung und führ- günstigeren finanziellen Vorzeichen. Auch ist te zu einer Minimierung der Einsparungen im davon auszugehen, dass erst der kontinuierliche Verteidigungsbereich – freilich zu Lasten der strategische Dialog, einschließlich der turnusmä- Budgets anderer Ressorts.42 her mehr und mehr in konfliktrelevante und stabi- 40 The Telegraph (2010): Defence cuts: Liam Fox’s lisierende Maßnahmen in Drittstaaten wie etwa leaked letter in full, 28.9.10. Afghanistan und Pakistan fließen. Während die 41 Thomas Harding (2010): Tory backbenchers pres- britische Regierung diese Anpassung positiv sure Government to save carriers. In: The Tele- bewertet: „The benefit of having a single strategic graph, 11.10.10; Richard Norton-Taylor und approach to national security is exemplified by Nicholas Watt (2010): Forces’ big guns wait to see DFID, which has aligned its crucial contribution to winners and losers in the battle of the budgets. In: the Government’s response to conflict and insta- The Guardian, 12.10.10. bility overseas in a way that can both help the 42 Dies betrifft nicht das Budget des britischen world’s poor and – by making the world a safe and Ministeriums für Entwicklungszusammenarbeit more stable place – enhance UK security“ (siehe: DFID, welches in den kommenden vier Jahren um Parliament publications, ebd.), wurde sie aus den 37 Prozent wachsen soll. Jedoch wurde auch die Reihen der Labour-Opposition als Instrumentalis- im Rahmen des SDSR-Prozesses stattfindende ierung der Entwicklungszusammenarbeit und Dynamik um DFID als problematisch und indika- „Versicherheitlichung“ eben dieser gewertet tiv für die fehlende Kohärenz zwischen Zielen und (siehe: Nicholas Watt 2010: Protests as UK secu- Mitteln gewertet: Das Entwicklungshilfe-Budget rity put at heart of government’s aid policy. In: soll von nun an zunehmend einen Beitrag zur nati- The Guardian, 29.8.10). 43 onalen Sicherheit Großbritanniens leisten und da- The Telegraph (2010), ebd. 12 | Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr
01/2011 ßigen Neuauflage hierarchisch angeordneter Stärke teilzunehmen.46 In seinem der Öffentlich- sicherheitspolitischer Grundlagendokumente es keit zugespielten Brief an Premierminister Ca- ermöglichte, die ressortübergreifend entwickelte meron warnte Fox daher vor innenpolitischen SDSR in weniger als einem halben Jahr fertig zu und internationalen Reaktionen, sollten die Spar- stellen und dabei die Weichen für ein durchaus zwänge Großbritanniens die nationalen Fähigkei- beachtliches Reformpaket zu stellen. ten zu sehr beschneiden. Er warnte, dass die Bandbreite der Einsätze, die Großbritannien ge- genwärtig durchführen kann, in Zukunft nicht mehr im Rahmen des Möglichen liegen würde – 2 Das Reformpaket der SDSR sowohl was dauerhafte Präsenzaufgaben und autonome Operationen, als auch Beiträge zu In einer zweiten Perspektive sollen nun die kon- Einsätzen mit Verbündeten betreffe. kreten, in der SDSR verankerten Reformschritte betrachtet werden – schlussendlich geben erst sie Nach mehreren Kabinettsrunden, zum Teil flan- Aufschluss über die Kohärenz zwischen Ambiti- kiert von besorgten Kommentaren aus der ameri- onen, Zielen und Mitteln. Insgesamt war auf- kanischen Regierung,47 konnte sich Fox durch- grund der angespannten Haushaltslage klar, dass setzen und die von Osborne anvisierten 10–20 die britischen Streitkräfte um Einschnitte nicht Prozent Kürzungen wurden sogar noch unter- umhinkommen würden, und die NSS enthielt schritten, und liegen nun unter 8 Prozent für den bereits den Hinweis, dass die Wiederherstellung Zeitraum 2011–2015.48 Während die Budgets für solider Staatsfinanzen für Großbritannien die das Gesundheitswesen sowie die Entwicklungs- größte Einzelherausforderung darstelle. Dabei hilfe von vorneherein von der Kürzungsrunde wurde den Vorgängerregierungen unter Tony ausgeschlossen waren, wies die britische Haus- Blair und Gordon Brown vorgehalten, ein unge- haltsplanung im Allgemeinen immerhin durch- decktes Haushaltsloch von 38 Mrd. GBP (auf schnittliche Einsparungen von 19 Prozent aus. einen Zeitraum von 10 Jahren gesehen) im Ver- Insgesamt ziehen sich die Spannungen zwischen teidigungsbudget hinterlassen zu haben.44 Vor Ressourcen und Ambitionen durch die gesamte diesem Hintergrund stellte Finanzminister Os- SDSR. Dabei schränkte die Entscheidung, den borne die bereits seit Regierungsübernahme der eigenen Handlungsanspruch qualitativ aufrecht- Koalitionsregierung viel diskutierte Forderung zuerhalten, aber auf quantitativ niedrigerem Ni- auf, dass das Verteidigungsressort Budgetkür- veau umzusetzen, den Bewegungsspielraum im zungen zwischen 10 und 20 Prozent hinnehmen Bereich der Einsparungen bei militärischen Fä- müsse.45 higkeiten merklich ein. Um zu entscheiden, für Obgleich Verteidigungsminister Fox zugab, welche verteidigungspolitischen Projekte die Großbritannien könne sich eine Beibehaltung des knappen finanziellen Mittel vorgehalten werden status quo schlicht nicht mehr leisten, formulierte sollen, hat die britische Regierung einen mehr- er dennoch den Anspruch, dass die britischen stufigen Risikomanagementprozess gewählt.49 Streitkräfte auch in Zukunft in der Lage sein sollten, an anspruchsvollen und lang andauern- 46 S. Michael Gordon und John Burns (2010): British den Einsätzen in „respektabler und nützlicher“ Cuts to Military Concern U.S. Officials. In: New York Times, 23.9.10. 47 Nicholas Watt (2010): Hillary Clinton ‘worried’ by UK defence cuts: US secretary of state says plans to cut the Ministry of Defence budget by 44 HM Government (2010), ebd.: 15. 10% concern Washington. In: The Guardian, 45 Dieses reagierte darauf mit der Ausarbeitung von 15.10.10. 48 drei Szenarien mit den folgenden budgetären Die Kosten des Afghanistaneinsatzes werden zu- Grundannahmen: Real stagnierendes Budget; Bud- dem aus allgemeinen Mitteln des Finanzministeri- getkürzungen von 10 Prozent; Budgetkürzungen ums bezahlt und werden bis 2015 den Verteidi- von 20 Prozent. Interviews, London, September gungshaushalt nicht zusätzlich belasten. 49 2010. Interviews, London, September 2010. Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr | 13
01/2011 Einsparmaßnahmen wurden hierbei in Bezug zu HMS-Ark Royal mit sofortiger Wirkung außer dem zu erwartenden Fähigkeitsverlust gesetzt, Dienst genommen, und die Fähigkeit, amphibi- der wiederum einen Rückschluss auf resultieren- sche Landungsoperationen durchzuführen, wird de Risiken zuließ. Hierbei wurde mit Bezug auf durch die Außerdienstnahme einiger dafür not- eine bestimmten Fähigkeit gefragt, wie groß das wendiger Schiffe reduziert. Die gemeinsam von Einsparpotenzial über die Zeit sei, ob eine gestri- der Marine und der Luftwaffe betriebenen Har- chene Fähigkeit durch eine andere ersetzt werden rier-Flugzeuge sowie vier Fregatten werden 2011 könne, welche Art von Einsätzen durch eine außerdem außer Dienst genommen. Streichung nicht mehr möglich wären, und wie Insgesamt werden die Kosten für die zwei ge- lange und wie teuer die Regeneration der besag- planten Flugzeugträger auf 5,2 Mrd. GBP (ca. ten Fähigkeit wäre. 6,2 Mrd. Euro) geschätzt – wobei diese Zahl jedoch noch nicht die Kosten der auf diesen Future Force 2020 – Auswirkungen auf die Schiffen stationierten Flugzeuge beinhaltet. Der Teilstreitkräfte erste Flugzeugträger befindet sich bereits im Bau und für den zweiten ist geplant, im Frühjahr Wenngleich die Sparvorgaben an den britischen 2011 mit den Arbeiten am Rumpf zu beginnen.51 Verteidigungsminister geringer ausfielen als Die Entscheidung, den ersten Flugzeugträger zunächst gedacht, hinterlassen sie dennoch deut- dieser Queen Elizabeth-Klasse nicht wie vorge- liche Spuren. Insgesamt soll sich die Zahl der sehen 2016, sondern erst 2020 in Dienst zu neh- Streitkräfte bis 2015 um 17 000 Soldatinnen und men, bedeutet, dass die britische Marine in der Soldaten verringern. Die Marine wird um 5 000 gegenwärtigen Dekade keine Flugzeugträger für auf 30 000 schrumpfen, die Luftwaffe um eben- den Einsatz zur Verfügung haben wird. Das falls 5 000 auf 33 000, und auch beim Heer wer- Schicksal des zweiten Trägers, der zunächst den 7 000 Posten abgebaut und eine neue Ziel- ebenfalls beschafft werden wird, ist dabei noch größe von 95 000 angestrebt. Darüber hinaus unklar – er könnte entweder verkauft oder in wirkt sich dieser Abbau auch auf die zivilen Mit- Reserve gehalten werden. Die Zahl der jeweils arbeiter der Streitkräfte und im britischen Vertei- auf den Flugzeugträgern zu stationierenden Joint digungsministerium aus. Insgesamt soll die Mit- Strike Fighter (JSF) Flugzeuge wurde außerdem arbeiterzahl bis 2015 um 25 000 auf somit von einer maximalen Planungsannahme von bis 60 000 Personen sinken. Die Regierung wies zu 36 Stück pro Flugzeugträger auf 12 reduziert, außerdem darauf hin, dass bis 2020 ein weiterer welche allerdings dann durch Hubschrauber ver- Abbau um jeweils 1 000 Dienstposten für Marine stärkt werden sollen. Hiermit wird folglich auch und Heer sowie 1 500 Posten bei der Luftwaffe die Senkung der britischen JSF-Bestellung ein- möglich ist.50 hergehen. Des Weiteren hat sich die britische Neben dem Personalabbau hat die Einnahme der Regierung für die konventionell startende und Struktur Future Force 2020 weitere Konsequen- landende, trägeroptimierte Variante JSF F35C zen. Diese betreffen vor allem die Marine und entschieden, was einen Umbau des ab 2020 im Luftwaffe, da das Heer mit dem Verweis auf den Dienst stehenden Flugzeugträgers mit entspre- Afghanistaneinsatz eher verschont wurde. Für chenden Start- und Landevorrichtungen impli- die Marine war von Beginn an klar, dass sowohl ziert. Dieser Umbau würde allerdings auch die das nun bestätigte Flugzeugträgerprogramm als Interoperabilität mit den USA und Frankreich auch der Ersatz für die U-Boote der Vanguard- erhöhen, da es dann Flugzeugen dieser Nationen Klasse, auf denen britische Atomwaffen statio- möglich wäre, den britischen Träger zu nutzen. niert sind, die Debatte strukturieren würden. Die Die Fähigkeit zur nuklearen Abschreckung war Entscheidung, an dem Flugzeugträgerprogramm von Beginn an von der SDSR ausgenommen. festzuhalten, wirkt sich dabei direkt auf andere Nichtsdestotrotz entwickelte sich über die Kos- Fähigkeitsbereiche aus. So wurde der Träger 50 51 HM Government (2010), ebd.: 32. Interviews, London, September 2010. 14 | Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr
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