Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland - Grünbuch - www.buergerschaffenwissen.de - Bürger ...
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Impressum Bonn, A., Richter, A., Vohland, K., Pettibone, L., Brandt, M., Feldmann, R., Goebel, C., Grefe, C., Hecker, S., Hen- nen, L., Hofer, H., Kiefer, S., Klotz, S., Kluttig, T., Krause, J., Küsel, K., Liedtke, C., Mahla, A., Neumeier, V., Premke- Kraus, M., Rillig, M. C., Röller, O., Schäffler, L., Schmalzbauer, B., Schneidewind, U., Schumann, A., Settele, J., Tochtermann, K., Tockner, K., Vogel, J., Volkmann, W., von Unger, H., Walter, D., Weisskopf, M., Wirth, C., Witt, T., Wolst, D. & D. Ziegler (2016): Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland. Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, Leipzig, Museum für Naturkunde Berlin, Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung (MfN), Berlin-Brandenburgisches Institut für Biodiversitätsforschung (BBIB), Berlin. GEWISS-Koordination BürGEr schaffen WISSen – Wissen schafft Bürger (GEWISS) ist ein Bausteinprogramm zur Entwicklung von Citizen-Science-Kapazitäten. Als Konsortiumsprojekt wird es von Einrichtungen der Helmholtz- und der Leib- niz-Gemeinschaft mit ihren universitären Partnern getragen. Beteiligte Partnereinrichtungen sind das Deut- sche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena; sowie das Berlin-Brandenburgische Insti- tut für Biodiversitätsforschung (BBIB) mit den Institutionen Museum für Naturkunde Berlin, Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung (MfN), Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) und der Freien Universität Berlin. Projektpartner sind außerdem der Leibniz-Forschungsverbund Biodiversität (LVB) und Wissenschaft im Dialog (WiD). Online verfügbar unter www.buergerschaffenwissen.de Danksagung Dieses Grünbuch ist unter Beteiligung von über 700 Personen aus 350 Organisationen, wissenschaftlichen Einrichtungen, Fachgesellschaften, Vereinen und Verbänden, Stiftungen und Einzelpersonen innerhalb der Reihe von GEWISS-Dialogforen, der Online-Konsultation und der eingereichten Positionspapiere ent- standen. Wir möchten uns bei allen Mitwirkenden, Teilnehmenden und Unterstützern der zahlreichen GEWISS-Veranstaltungen und der Konsultation bedanken! Förderung und Fachbetreuung Das Projekt BürGEr schaffen WISSen – Wissen schafft Bürger (GEWISS) wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Fachbetreuung liegt im BMBF, Referat 113 – Strategische Voraus- schau, Wissenschaftskommunikation und beim DLR PT, Büro Wissenschaftskommunikation. Besonderer Dank für die Betreuung gilt Christian Herbst (BMBF), Sophie Leukel und Franka Ostertag (DLR PT). Disclaimer Die in diesem Bericht geäußerten Ansichten und Meinungen müssen nicht mit denen der beteiligten Organi- sationen übereinstimmen. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative-Commons-Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz. Satz und Layout: Olaf Herling, Warstein/Berlin Icons: Stephan Wedekind, Leipzig Lektorat: Dr. Frauke Severit, Berlin Druck: FRITSCH Druck, Leipzig 2 Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland
Vorwort Bürgerschaftliches Engagement spielt auch in der Forschung eine immer wichtige- re Rolle und kann ein Weg der Teilhabe für die verschiedensten Gruppen in un- serer stark wissenschaftsbasierten Gesellschaft sein. Aktuell wird die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an wissenschaftlichen Prozessen wesentlich unter dem Stichwort „Citizen Science“ diskutiert. Über die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Daten hinaus kann Citizen Science einen Mehrwert für die Gesellschaft erzielen: Menschen erweitern ihr Wissen über Natur, Technik, Geschichte – und lernen, wie Wissenschaft funktioniert. Sie können Daten und Ergebnisse aus der Wissenschaft besser einschätzen und auch die Grenzen wissenschaftlicher Methoden und Er- kenntnisse nachvollziehen. Unabdingbar ist, dass bei allen Citizen-Science-Projekten der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn im Fokus bleibt. Dieses Grünbuch Citizen-Science-Strategie 2020 für Deutschland stellt das Ver- ständnis, die Bedarfe und Potenziale von Citizen Science in Deutschland vor. Es re- flektiert, welcher Mehrwert in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen ent- stehen kann und wo noch nicht ausgeschöpftes Potenzial vorhanden ist. Zu deren Verwirklichung werden konkrete Vorschläge für Handlungsoptionen und Maßnah- men entwickelt, die der Stärkung von Citizen Science in Deutschland dienen und langfristig Kapazitäten für die erfolgreiche Durchführung von Citizen Science frei- setzen können. An der Diskussion um die Bedeutung von Citizen Science, aber auch über Heraus- forderungen und Hemmnisse, haben sich viele Personen mit unterschiedlichen Hin- tergründen im Rahmen verschiedener Veranstaltungen und der Online-Konsultation der Strategie beteiligt. Ihnen allen möchten wir unseren Dank für die unterstützen- den, kritischen und inspirierenden Beiträge aussprechen! Wir wünschen uns auch in Zukunft einen diskursiven und transparenten Dia- log mit allen Akteuren. Dieser sollte zur Evaluierung praktischer Erfahrungen und Erarbeitung von Erfolgskriterien führen, um die Initiierenden und Fördernden von Citizen Science zu unterstützen. Konkrete Aktionspläne mit vereinbarten Zielen für die Anwendung und Umsetzung von Maßnahmen können helfen, Citizen Science in verschiedenen Organisationen in Wissenschaft und Gesellschaft zu verankern. Für eine lebendige Citizen-Science-Landschaft in Deutschland hoffen wir, dass die Visionen, Handlungsoptionen und vorgeschlagenen Maßnahmen des Grünbuchs zur Stärkung von Citizen Science in Deutschland beitragen und den weiteren Diskurs stimulieren. Leipzig und Berlin, im März 2016 Prof. Dr. Aletta Bonn Dr. Katrin Vohland Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) Museum für Naturkunde, Leibniz-Institut für Friedrich-Schiller-Universität Jena Evolutions- und Biodiversitätsforschung (MfN), Deutsches Zentrum für integrative Biodiver- Berlin-Brandenburgisches Institut sitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig für Biodiversitätsforschung (BBIB) Vorwort 3
Citizen Science ermöglicht die Erforschung der eigenen Umwelt. Foto: Andre Künzelmann / Tagfalter Monitoring Deutschland 4 Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland
Inhalt Kernbotschaften6 1. Einleitung 11 2. Citizen Science – Perspektiven für Deutschland 13 2.1 GEWISS-Definition von Citizen Science 13 2.2 Citizen Science in Deutschland heute 14 2.3 Citizen Science – ein Beitrag zur Partizipationsdebatte in der Wissenschaft 16 2.4 Transformationspotenzial von Citizen Science 19 3. Handlungsoptionen für Citizen Science in Deutschland 21 3.1 Stärkung von bereits etablierten Strukturen und Rahmenbedingungen 21 3.1.1 Stärkung von Vernetzung und Austausch 21 3.1.2 Ausbau und Etablierung von Förderinstrumenten 22 3.1.3 Stärkung der Ausbildung in Citizen Science und Ehrenamtsmanagement 23 3.1.4 Ausbau der Synergien mit der Wissenschaftskommunikation 24 3.2 Neuschaffung von Strukturen und Rahmenbedingungen 25 3.2.1 Schaffung einer Anerkennungskultur von Citizen Science in Gesellschaft und Wissenschaft 25 3.2.2 Aufbau von Strukturen für die Gewährleistung von Datenqualität und Datenmanagement 26 3.2.3 Klärung rechtlicher und ethischer Rahmenbedingungen für Citizen Science 28 3.3 Integration in bestehende Konzepte 29 3.3.1 Einbeziehung von Citizen Science in wissenschaftliche Prozesse 29 3.3.2 Integration von Citizen Science in Bildungskonzepte 30 3.3.3 Integration von Citizen-Science-Ergebnissen in Entscheidungsprozesse 31 4. Entwicklungsprozess des Grünbuchs 32 4.1 Konsortium und Beirat „BürGEr schaffen WISSen – Wissen schafft Bürger“ GEWISS 32 4.2 Die GEWISS-Dialogforenreihe 34 4.3 GEWISS-Online-Konsultation und -Positionspapiere 35 Anhang39 Inhalt 5
Kernbotschaften Das Grünbuch stellt die Ziele, Potenziale und Herausforderungen von Citizen Science in Deutschland dar und zeigt Handlungsoptio- nen für die Entwicklung einer nationalen Strategie zur Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern in die Wissenschaft auf. Citizen Sci- ence beschreibt den Prozess der Wissensgenerierung durch ver- schiedene Beteiligungsformate. Dabei kann die Beteiligung in der kurzzeitigen Erhebung von2.5Daten Visionen fürzuCitizen bis hin einem Science inEin- intensiven Deutschland satz von Freizeit bestehen, um sich gemeinsam mit Wissenschaft- lerinnen und Wissenschaftlern und/oder anderen Ehrenamtlichen in ein Forschungsthema zu vertiefen, Fragen zu stellen und sich in einigen oder allen Phasen in den Forschungsprozess einzubrin- gen. Um die Entwicklung von Citizen Science in Deutschland vor- anzutreiben, wurden sechs Visionen für Citizen Science in 2020 in Deutschland formuliert: 2.1 Merkmale von Citizen Science Im Jahr 2020 ist Citizen Science in Deutschland … • ein integraler Bestandteil gesellschaftlicher und wissenschaftsbasierter Debatten und ein gewinnbringender Ansatz für Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Hierbei werden die unterschiedlichen Formen der Beteiligung von Kooperation bis hin zu aktivem Kodesign und aktiver Koproduktion von Forschung in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik geschätzt, 3.2.1 Schaffung einer Anerkennungs- honoriert und gelebt. kultur von Citizen Science in Gesellschaft • ein in der Gesellschaft und etablierter Wissenschaft Ausdruck der Beteiligung und Mitbestimmung zur Bear- beitung gesellschaftlich relevanter Fragestellungen mit und ohne Anbindung an wissen- schaftliche Institutionen. • ein wichtiger Bestandteil des Lebens der Bürgerinnen und Bürger, der individuelles, 3.3.1 Einbeziehung formelles und informelles von Citizen Lernen ermöglicht, zur Beteiligung an Forschungsprozessen befähigt und einScience in wissenschaftliche Engagement Prozesse für die Wissenschaft zulässt. • ein in der Wissenschaft anerkannter, etablierter und praktizierter Forschungsansatz, der auch partizipative und transdisziplinäre Forschung umsetzt und dadurch ein Innovations- potenzial unter Einbeziehung vielfältiger Wissensquellen und weitreichender Beteiligung an Forschungsprozessen freisetzt. • ein in der Politik 3.1.1 Stärkung anerkannter von der Prozess Vernetzung und zur Generierung, Qualitätssi- Bürgerbeteiligung Austausch cherung und Verbreitung von Wissen sowie ein von der Politik unterstützter und geförder- ter Ausdruck der Partizipation und Begegnung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. • ein Beteiligungsformat, das durch die Anwendung von webbasierten Infrastrukturen ge- kennzeichnet ist, die als vertrauenswürdige und datenschutzkonforme Umgebungen den Austausch und die Zusammenarbeit bei Citizen-Science-Projekten befördern. 6 Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland
Zur Umsetzung wurden drei Kernfelder identifiziert, die elementar für die Weiterentwicklung von Citizen Science in Deutschland sind. Diese Bereiche umfassen die Stärkung, Neuschaffung und Integra- tion von Citizen Science in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik. Hierzu ergeben sich zehn Handlungsoptionen innerhalb der Kernfel- der, die sowohl von der Wissenschaft und staatlichen bzw. privaten Förderorganisationen, der Politik, aber auch der Zivilgesellschaft und ihren Organisationen sowie Einzelpersonen aufgenommen und in Aktionspläne umgesetzt werden können (Abbildung 1). ung Int e ff ha Wissenschafts- gr Recht & Ethik prozesse ati Neusc Anerkennungs- Entscheidungs- on kultur träger Bildungs- Daten 2.0 konzepte Vernetzung Kommunikation Förder- Ehrenamt mechanismen Stärk u n g Abbildung 1: Kernfelder (Stärkung, Neuschaffung, Integration) und Handlungsoptionen für die Stärkung, Entwicklung und Etablierung von Citizen Science in Deutschland (eigene Darstellung A. Richter, S. Wedekind UFZ/iDiv) Stärkung von bereits etablierten Strukturen Zur langfristigen Entwicklung von Citizen Science in Deutschland bedarf es der Stärkung bereits bestehender Strukturen. Das Grün- buch identifiziert vier Handlungsoptionen, um etablierte und erfolg- reiche Strukturen der Partizipation zu fördern, die Citizen Science in Deutschland auch in der Vergangenheit ermöglicht haben. Stärkung von Vernetzung und Austausch Citizen Science lebt durch eine Vernetzung und den Austausch zwi- schen der Wissenschaft und der Gesellschaft. Diese Vernetzung soll Kernbotschaften 7
gewährleistet und der regelmäßige Austausch zwischen Akteuren gefördert werden. Dies soll insbesondere die Weitergabe von Erfah- rung und Wissen zur Koordination und Durchführung von Citizen- Science-Projekten ermöglichen und Netzwerke zur gegenseitigen Unterstützung schaffen. Ausbau und Etablierung von Förderinstrumenten Citizen Science in seiner Vielfalt an Formen und Formaten benötigt Finanzierungsmodelle, die eine kurz-, mittel- und langfristige Un- terstützung unter Einbezug diverser Akteure sichert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Förderung auf bestehende Förderstruk- turen aufbauen und sich an den speziellen Anforderungen von Citi- zen-Science-Projekten oerientieren sollte. Stärkung der Ausbildung von Citizen Science und Ehrenamtsmanagement Citizen Science wird langfristig durch bürgerschaftliches Enga- gement getragen und zeichnet sich durch die Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen Partnern und Akteuren aus der Wissenschaft aus. Um die Qualität der Zusammenarbeit zu gewähr- leisten, bedarf es der Aus- und Weiterbildung von Ehrenamtlichen und Forschenden. In einem regelmäßigen Austausch werden Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen evaluiert und angepasst. Insbeson- dere die Arbeit von Koordinatorinnen und Koordinatoren als wichti- ge Vermittlerinnen und Vermittler zwischen Haupt- und Ehrenamt Ehrenamtliche bei der Datenaufnahme. soll unterstützt und gewürdigt werden. Foto: Oliver Röller/ Artenfinder 8 Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland
Ausbau der Synergien mit der Wissenschaftskommunikation Citizen Science unterstützt wichtige Ziele der modernen, dialog- und beteiligungsorientierten Wissenschaftskommunikation. Dabei sollten bereits etablierte Strukturen aus den Bereichen der Wis- senschaft, Politik und des Ehrenamts von der Citizen-Science-Com- munity genutzt werden, um den Informationsaustausch und die Kommunikation unter den Mitwirkenden sowie mit der Öffentlich- keit und weiteren Adressaten zu verbessern und zu erweitern. Neuschaffung von Strukturen Um eine stete Weiterentwicklung von Citizen Science in Deutschland zu ermöglichen, werden eine verbesserte Anerkennungskultur so- wie neue Strukturen und Rahmenbedingungen zu Datenqualitäts- sicherung und rechtlichen Aspekten benötigt. Das Grünbuch zeigt drei Handlungsoptionen auf, die in der strategischen Ausrichtung von Citizen Science in Deutschland zu berücksichtigen sind. Schaffung einer Anerkennungskultur von Citizen Science in Gesellschaft, Wissenschaft und Politik Citizen Science als eigenständiges Format benötigt die Integrati- on und Anerkennung in Gesellschaft, Wissenschaft und Politik. Hierfür bedarf es der Etablierung einer Anerkennungskultur, die sich dadurch ausdrückt, dass die verschiedenen Ausprägungen von Citizen-Science-Aktivitäten geschätzt, honoriert und gelebt werden. Aufbau von Strukturen zur Gewährleistung von Datenqualität und Datenmanagement Citizen Science kann räumlich und zeitlich komplexe, zum Teil ganz neue und neuartige Datensätze schaffen, die etablierte webbasierte sowie analoge Infrastrukturen benötigen. Hier müssen vertrauens- würdige und datenschutzkonforme Umgebungen die jeweiligen Pro- jekte und Aktivitäten unterstützen. Dazu müssen neue Methoden und Rahmenbedingungen zur Validierung, Aufarbeitung und Spei- cherung von Citizen-Science-Daten entwickelt und implementiert werden. Klärung rechtlicher und ethischer Rahmenbedingungen Citizen Science tangiert rechtliche Aspekte wie Urheberrecht und Versicherungsschutz sowie ethische Fragen bei der Durchführung von wissenschaftlichen Projekten. Für die Ermöglichung von Citizen Science bedarf es daher einer Anpassung bestehender rechtlicher Strukturen, die die Auswertung und Speicherung von Daten und deren Zugänglichkeit regeln. Darüber hinaus sollte ein kontinuier- licher Diskurs über die rechtlichen und ethischen Fragen zu Citizen Science angestrebt werden. Kernbotschaften 9
Integration in bestehende Konzepte Citizen Science bietet Anknüpfungspunkte an bereits bestehende Konzepte in der Wissenschaft und Bildung und beinhaltet dabei das Potenzial für einen wechselseitigen Zugewinn. Das Grünbuch zeigt drei Handlungsfelder auf, die durch die Integration von Citizen Sci- ence in bestehende Prozesse Schnittstellen der Innovation schaffen können. Einbeziehung von Citizen Science in wissenschaftliche Prozesse Citizen Science ist Ausdruck eines modernen Wissenschaftsver- ständnisses, das gesellschaftliche Teilhabe durch partizipative Me- thoden ermöglicht. Es besteht daher sowohl in der Gesellschaft als auch in der Wissenschaft der Bedarf, das Bewusstsein und die Ak- zeptanz für den Mehrwert von Citizen Science zur Generierung von Wissen – beispielsweise das Einbringen neuer Perspektiven – zu verankern. Integration von Citizen Science in Bildungskonzepte für nachhaltige Entwicklung Citizen Science ermöglicht die Hinwendung zu einem gesamtgesell- schaftlichen Bildungskonzept mit dem Ziel der Stärkung von Schlüs- selkompetenzen für ein erfolgreiches Leben und eine funktionieren- de Gesellschaft. Die Integration von Citizen Science Aktivitäten in schulische und außerschulische Lernorte schafft neue Formate zur Erreichung der Ziele der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Integration von Citizen-Science-Ergebnissen in Entscheidungsprozesse Wissenschaftliche Ergebnisse aus Citizen-Science-Projekten können Beiträge für Entscheidungsfindungen in politischen und planeri- schen Prozessen liefern. Lösungen für alltägliche Probleme können lebensnah entwickelt werden. Das frühzeitige Einbinden von In- teressengruppen in die aktive Erforschung von gesellschaftsrele- vanten Themen kann zu einer verbesserten Akzeptanz der wissen- schaftlichen Ergebnisse sowie der Nachvollziehbarkeit von daraus Citizen Science macht Schule. Foto: Thomas abgeleiteten Entscheidungen führen. Bartoschek / Sensebox 10 Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland
1. Einleitung Ganz unterschiedliche Interessengruppen in Deutschland als auch auf internationaler Ebene fordern zunehmend mehr gesellschaft- liche Partizipation in der Wissenschaft. Insbesondere im Zuge der Entwicklungen hin zu einer global nachhaltig agierenden Gesell- schaft sind Formate des Teilhabens an der Wissensgenerierung von großer Bedeutung für eine erfolgversprechende Umsetzung. Citizen Science (Bürgerwissenschaft) ist eine Möglichkeit der Partizipation, hier verstanden als die Teilhabe von Akteuren, die nicht hauptberuf- lich in der Wissenschaft arbeiten, am wissenschaftlichen Prozess, vor allem auf der Ebene konkreter Projekte. Für Vereine, Verbände und Fachgesellschaften ist diese Form der gemeinsamen Forschung nichts Neues, findet sie doch in zahlreichen Bereichen in Deutsch- land seit Jahrhunderten bereits statt. Die Wissenschaft erkennt mehr und mehr das Potenzial von Citizen Science. Sie kann beispiels- weise durch neue Impulse, Steigerung der Relevanz von Forschung, zusätzliche Möglichkeiten zur Erhebung und Auswertung größerer Datensätze sowie erweiterte Kommunikationsformen der Ergebnis- se von der Bürgerbeteiligung profitieren. Für die Politik ist Citizen Science eine neue Art der Bürgerbeteiligung. Viele Akteure aus der Zivilgesellschaft haben ebenfalls Interesse, Forschung zu betreiben – entweder durch Eigeninitiative in Werkstätten wie FabLabs und Garagen oder durch ehrenamtliche Beteiligung in wissenschaftli- chen Fachgesellschaften bzw. in konkreten Projekten. Für erfolgversprechende Citizen-Science-Initiativen müssen jedoch die Rahmenbedingungen entsprechend gesetzt sein. Die verschiede- nen Interessengruppen benötigen unterschiedliche Rahmenbedin- gungen und Strukturen, um Citizen Science in Deutschland auch in Zukunft durchzuführen bzw. zielorientierter in der Gesellschaft, der Wissenschaft und Politik zu verankern. Hierzu ist eine Citizen-Sci- ence-Strategie 2020 für Deutschland erforderlich. Das vorliegende Dokument ist ein Grünbuch für eine Citizen- Science-Strategie 2020 für Deutschland. Die Inhalte basieren auf einer bundesweiten Beteiligung mit über 700 an Citizen Science interessier- ten Personen aus mehr als 350 Organisationen, wissenschaftlichen Einrichtungen, Fachgesellschaften, Vereinen und Verbänden, Stiftun- gen und Einzelpersonen. Im Rahmen des Projekts „BürGEr schaffen WISSen – Wissen schafft Bürger“ (GEWISS) wurde Citizen Science in Deutschland in zehn Dialogforen mit einem Thinktank, einer Auf- taktveranstaltung, fünf Workshops und zwei Webinaren sowie zahl- reichen Beiträgen zu anderen Veranstaltungen diskutiert. Daraus wurden Beiträge zur Entwicklung der Visionen und Handlungsoptio- nen für das Grünbuch zusammengeführt und in einer bundesweiten Online-Konsultation im Herbst 2015 unter Beteiligung von 1000 Web- seiten-Besuchen sowie durch 53 Positionspapiere von verschiedenen Organisationen aus Wissenschaft und Gesellschaft erörtert. Einleitung 11
Begleitet wurde der Entwicklungsprozess des Grünbuch Citizen- Science-Strategie 2020 für Deutschland vom GEWISS-Konsortium und dem GEWISS-Beirat, die sich als Wegbereiter sehen, um den Di- alog zwischen Gesellschaft, Wissenschaft und Politik zu intensivie- ren und zu fördern. Der GEWISS-Beirat und das GEWISS-Konsortium sind vertreten durch Expertinnen und Experten aus den Bereichen Natur-, Sozial-, Geistes- und Politikwissenschaften, den Medien so- wie aus Fachgesellschaften und Verbänden (siehe auch S. 32 f.). Das Grünbuch richtet sich in erster Linie an das Wissenschaftssys- tem und die Wissenschaftspolitik mit Forschungseinrichtungen und Förderorganisationen und hat das Ziel, Citizen Science zu stärken und auszubauen. Dies schließt universitäre und außeruniversitäre wis- senschaftliche Einrichtungen, z. B. Universitäten, Institute der Helm- holtz- und Leibniz-Gemeinschaft, der Max-Planck- und Fraunhofer Gesellschaft sowie öffentliche und private Fördermittelgeber ein. Im Weiteren sind auch wissenschaftliche Fachgesellschaften und -vereine sowie zivilgesellschaftliche Organisationen angesprochen, die eine zen- trale Rolle in der Citizen Science einnehmen. Auch die Bedeutung der Medien und Wissenschaftskommunikatorinnen bzw. -kommunikatoren sowie des Bildungsbereichs findet im Grünbuch Berücksichtigung. Das Grünbuch spiegelt den aktuellen Diskurs zu Citizen Science in Deutschland wider, der im Rahmen des GEWISS-Projekts ermöglicht wurde. Die Forschungs- und Akteurslandschaft in Deutschland befin- det sich in einem fortlaufenden Veränderungsprozess, der sich iterativ entwickelt und neue Impulse schafft und aufgreift. Das Grünbuch soll daher als Grundlage und Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung bis hin zur konkreten Erstellung und Umsetzung von Aktionsplänen In die Vergangenheit schauen und daraus lernen. für verschiedene Akteure und einem geplanten Weißbuch dienen. Foto: Oliver Röller / Artenfinder 12 Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland
2. Citizen Science – Perspektiven für Deutschland 2.1 GEWISS-Definition von Citizen Science Citizen-Science-Definition In Deutschland wird der Begriff „Citizen Science“ (Bürgerwissen- Citizen Science beschreibt die schaft) zunehmend verwendet, um sowohl die lange Tradition des Beteiligung von Personen an bürgerlichen Engagements für die Wissenschaft als auch die vielen wissenschaftlichen Prozessen, neuen Formate der Teilhabe an der Forschung zu beschreiben. Wäh- die nicht in diesem Wissen- rend der angloamerikanische Ansatz von Citizen Science meist die schaftsbereich institutionell Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bei der Datenerhebung gebunden sind. Dabei kann die in der Umweltforschung hervorhebt, ist das Verständnis in Deutsch- Beteiligung in der kurzzeitigen land breiter. Erhebung von Daten bis hin zu Citizen Science umfasst die aktive Beteiligung von Bürgerinnen einem intensiven Einsatz von und Bürgern in verschiedenen Phasen des Forschungsprozesses Freizeit bestehen, um sich ge- in den Geistes-, Natur- und Sozialwissenschaften. Die Beteiligung meinsam mit Wissenschaftle- reicht von der Generierung von Fragestellungen, der Entwicklung rinnen bzw. Wissenschaftlern eines Forschungsprojekts über Datenerhebung und wissenschaftli- und/oder anderen Ehrenamtli- che Auswertung bis hin zur Kommunikation der Forschungsergeb- chen in ein Forschungsthema nisse. Dabei kann sich die Zusammenarbeit zwischen Forschungs- zu vertiefen. Obwohl viele eh- einrichtungen und institutionell ungebundenen Personen sehr renamtliche Forscherinnen unterschiedlich gestalten, von völlig eigeninitiierten „freien“ Projek- und Forscher eine akademi- ten über eine transdisziplinär organisierte Zusammenarbeit bis hin sche Ausbildung aufweisen, ist zur Anleitung durch wissenschaftliche Einrichtungen. Gemeinsames dies keine Voraussetzung für Ziel aller Citizen-Science-Projekte ist das Schaffen neuen Wissens. die Teilnahme an Forschungs- Hierbei wird an Forschungsfragen gearbeitet, deren Beantwortung projekten. Wichtig ist allerdings ein Erkenntnisgewinn für die Wissenschaft sowie oft auch für Pra- die Einhaltung wissenschaftli- xis und Politik mit sich bringt. Citizen Science ist ein Ansatz, in dem cher Standards, wozu vor allem hauptamtliche und ehrenamtliche Expertinnen bzw. Experten auf Transparenz im Hinblick auf die Augenhöhe voneinander und miteinander lernen können. Dabei ent- Methodik der Datenerhebung 3.2.2 Aufbau von Strukturen für stehen Rahmenbedingungen, von denen alle Beteiligten profitieren. und die öffentliche Diskussion Durch dieGewährleistung Zusammenarbeit vonvon Datenqualität Gesellschaft, Wissenschaft und der Ergebnisse gehören. und Datenmanagement Politik können sich unterschiedliche Formen und Formate von Citi- zen Science entwickeln. Merkmale von Citizen Science sind: • Aufnahme zivilgesellschaftlicher Fragestellungen in die Wissen- schaft3.2.3 und Klärung Förderungrechtliche und ethischer der Handlungsfähigkeit der Teilnehmen- Rahmenbedingungen den, um für Citizen als Gemeinschaft zu agieren Science und auch auf zukünftige Herausforderungen gemeinsam reagieren zu können • Hinwendung zu problemorientierten Lösungsansätzen auf der Basis von vernetzten wissenschaftlichen und gesellschaftli- chen Erkenntnissen auf lokaler, regionaler, nationaler und in- ternationaler Ebene 3.1.2 Ausbau • Möglichkeit und Etablierung zur Generierung von und Verdichtung großskalierter qualitativer und quantitativer Datensätze und Erkenntnisse Förderinstrumenten ngs- über große Gebiete oder längere Zeiträume Citizen Science – Perspektiven für Deutschland 13 3.1.3 Stärkung der Ausbildung in Citizen Science und
• Erhebung von Informationen und Zusammenhängen aus den verschiedenen Fachrichtungen • Vertiefung des Verständnisses für Wissenschaft und Forschung in der Bevölkerung • Möglichkeit zu zivilgesellschaftlichem Engagement und gestei- gerten Mitsprachemöglichkeiten der Bevölkerung bei Anliegen von Wissenschaft und Forschung • Austausch und Zugang zu Wissen für die wissenschaftliche und gesellschaftliche Gemeinschaft • Stärkung eines Gemeinschaftsgefühls 2.2 Citizen Science in Deutschland heute In Deutschland gibt es eine lange Tradition der Zusammenarbeit zwischen ehrenamtlich forschenden Bürgerinnen und Bürgern und hauptberuflichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Da- mals wie heute spielen dafür die Fachgesellschaften, Vereine, Mu- seen und Archive eine zentrale Rolle. Gleichzeitig haben sich An- sätze der transdisziplinären Nachhaltigkeitsforschung etabliert, die genau diese Zusammenarbeit wissenschaftlich untersuchen und fördern. Dabei wird auf bestehende Strukturen des Ehrenamts für die Wissenschaft aufgebaut und dies durch neue Formen und For- mate der Beteiligung ergänzt. Somit zeichnet sich ein Mehrwert der Zusammenarbeit für Wissenschaft und Gesellschaft ab. Dies wur- de in den Positionspapieren zur Konsultation bekräftigt. Es gibt be- reits viele Citizen-Science-Projekte, die aus der Wissenschaft und gemeinsam mit gesellschaftlichen Akteuren initiiert wurden. Immer stärker wird die ehrenamtliche Beteiligung in der Wissenschaft als zentrales Element in der Forschung anerkannt und findet sich auch in übergreifenden Forschungsprogrammausschreibungen auf glo- baler, europäischer und nationaler Ebene wieder. International bil- den sich übergeordnete Citizen-Science-Netzwerke und -Verbünde in Europa (European Citizen Science Association, ECSA), in Austra- lien (Australian Citizen Science Association, ACSA) und in den USA (Citizen Science Association, CSA). Der gleichzeitige Bedarf, auch un- abhängig von der Wissenschaft Citizen-Science-Aktivitäten durch- zuführen, zeigt sich in der Selbstorganisation von vielen neuen Citi- zen-Science-Projekten. In Deutschland ist erkennbar, dass sich neue Zielgruppen für die ehrenamtliche Beschäftigung mit der Wissenschaft interessieren. Das Internet und Soziale Netzwerke schaffen eine Vernetzung von interessierten Ehrenamtlichen und Forschenden an wissenschaft- lichen Instituten. Neue Technologien der Kommunikation ermögli- chen die Übermittlung von Daten und die Beteiligung von Menschen an der Wissenschaft an nahezu jedem beliebigen Ort. Smartphone- 14 Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland
Portal Beee wird am 24.Oktober 2015 als offizielles Projekt der UN-Dekade „Biologische Vielfalt“ ausgezeichnet: Frau Dr. Koch-Unterseher (SenWTF, links) und die Preisträger, das Team des IFV Biodiversität. Foto: IZW Apps, QR-Codes und mobile Sensoren erlauben eine schnelle, digita- le Erfassung und Weiterleitung des ehrenamtlich generierten Wis- sens an zentrale Datenbanken. Zusätzlich stehen auch Formate wie Bürgerlabore zur Verfügung, um selbst organisierte Forschung zu ermöglichen. Diese haben zum Ziel, weitere neue Formen für Parti- zipation im Wissenschaftssystem zu erproben und partizipative In- novation als Basis für Nachhaltigkeitsstrategien zu etablieren. Ein Ausdruck der neuen Zielgruppen ist der Diskurs über den An- spruch an freien Lizenzen, also die Möglichkeit der Nutzung, Wei- terverarbeitung und Änderung urheberrechtlich geschützter Wer- ke. Citizen Science bietet Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, eine Nachnutzung der Daten für weitere Forschungsprozesse zu eröffnen. Automatisierte und manuelle Validierungen und Plausibi- litätsprüfungen sichern einen hohen Qualitätsstandard der Daten. Die gesammelten Informationen werden auf Internetplattformen zeitnah visualisiert und gewähren eine rasche Rückkopplung der Ergebnisse an die Beteiligten. Diese digitalen Entwicklungen tragen entscheidend dazu bei, dass sich immer mehr Menschen, vor allem auch jüngere, für Bürgerwissenschaften begeistern. Gleichzeitig bietet Citizen Science auch Möglichkeiten für das Engagement älte- rer Menschen in Wissenschaft und Gesellschaft. Citizen Science – Perspektiven für Deutschland 15
Citizen-Science-Projekte in Deutschland In Deutschland werden bereits zahlreiche Citizen-Science-Projekte durchgeführt, deren The- men und Schwerpunkte variieren. Eine Übersicht über die Projektvielfalt bietet die Webseite www.buergerschaffenwissen.de. Derzeitig sind mehr als 60 Projekte auf der Plattform regis triert. Diese haben wenige bis zu mehrere Tausend Mitwirkende im Alter von 8 bis 80 Jahren. Beispiele für verschiedene Forschungsbereiche werden hier exemplarisch aufgeführt: • Ökosystemforschung, bei der Fachkenntnisse aus der Gesellschaft und neue Daten zu regionalen oder großskaligen Verbreitungsmustern von Biodiversität und Umweltpara- metern in Raum und Zeit einbezogen werden (Mückenatlas www.mueckenatlas.de, Tag- falter Monitoring Deutschland www.tagfalter-monitoring.de, Tauchen für den Natur- schutz www.nabu-naturschutztauchen.de, DDA Vogelmonitoring www.ornitho.de sowie breit aufgestellte Portale www.artenfinder.de, www.naturgucker.de) • Gesundheitsforschung, bei der Fragestellungen und auch Studienvorschläge durch betrof- fene Patientinnen und Patienten entwickelt werden (www.migraene-radar.de, www.ifp. bayern.de/projekte/monitoring/meilensteine.php) • Forschung in den Geisteswissenschaften (Geschichte und Archäologie, Musik, Kunst), bei der umfangreiche Bild-, Ton- und Textklassifizierungen und deren Auswertung durch Frei- willige durchgeführt werden können (www.artigo.de, http://gov.genealogy.net, www. altes-leipzig.de) • Stadtentwicklungsplanung, bei der durch Bürgerinnen und Bürger erhobene Muster von Umweltbelastungen oder Biodiversität, wie z. B. Lärm, Licht, Staub, sowie Unfallgefahren- hotspots einfließen können (www.envirocar.org, www.verlustdernacht.de, www.portal- beee.de/fuechse-in-der-stadt.html, www.expedition-muensterland.de) • Verteiltes Rechnen oder Computational Science bzw. die sogenannten @home-Projekte, bei denen die Projektbetreiberinnen und -betreiber aus verschiedenen Fachrichtungen durch die Ressourcen (Computer) der Bürgerinnen und Bürger unterstützt werden, wie z. B. bei Einstein@home (AEI Hannover), SIMAP (ehemals Universität Wien), POEM@home, Spinhen- ge@home sowie yoyo@home (www.Rechenkraft.net) 2.3 C itizen Science – ein Beitrag zur Partizipationsdebatte in der Wissenschaft Die Geschichte der modernen Wissenschaft ist eng mit der Vorstel- lung einer gesellschaftlichen Sonderrolle wissenschaftlicher Tätig- keit verbunden, d. h. einer von gesellschaftlichen Interessen freien und unbeeinflussten Enklave „objektiver“ Forschung. Hierin drückt sich zum einen der aufklärerische Anspruch einer vor politischer oder sonstiger Einflussnahme geschützten Suche nach „Wahrheit“ aus. In diesem Sinne ist die Freiheit der Wissenschaft unzweifel- haft eine wesentliche Bedingung des Erfolgs der modernen Wissen- schaft. Zum anderen war und ist die Vorstellung einer sozusagen 16 Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland
außergesellschaftlichen Stellung der Wissenschaft aber immer auch Illusion. Wissenschaft ist selbst ein Teil der Gesellschaft, die sie för- dert und stützt, die an sie Erwartungen stellt und für deren Proble- me sie Lösungen bereithalten oder schaffen will. Im Begriff der Verantwortung der Wissenschaft ist dieser sozia- le Bezug festgehalten. Folglich rückt durch die zunehmende Bedeu- tung wissenschaftlicher Erkenntnisse und ihrer (technischen) Pro- dukte für Bereiche des Alltagslebens besonders die gesellschaftliche Funktion und Verantwortung der Wissenschaft stärker ins öffentli- che Bewusstsein. Die wissenschaftlich erarbeiteten Ergebnisse wer- den zum Gegenstand von Neugier und Interesse, aber auch durch „Nicht-Wissenschaftlerinnen und Nicht-Wissenschaftler“ kritisch reflektiert und hinterfragt. BÜRGER- WISSENSCHAFT BÜRGER ARBEITEN MIT WISSENSCHAFTLERN AKTIVE TEILNEHMER (UMFRAGEN ETC.) PASSIVE BEOBACHTER KOMMUNIKATION VON IDEEN Abbildung 2: Partizipationspyramide. Citizen Science ist in verschiedenen Abstufungen der Teilhabe an Wissenschaft möglich (eigene Darstellung Sonja Kreft, MfN). Citizen Science – Perspektiven für Deutschland 17
Fragen stellen und tüfteln. Foto: Thomas Bartoschek / Sensebox 18 Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland
In den letzten Jahrzehnten sind sowohl auf Seiten der Öffent- lichkeit als auch seitens der Wissenschaft die Ansprüche an eine Öffnung der Wissenschaft für Bürgerinnen und Bürger und deren Beteiligung an Forschungspolitik und Forschung gewachsen. Citi- zen Science ermöglicht in diesem Zusammenhang eine Öffnung von Wissenschaft im Sinne direkter Kooperation zwischen Fachwis- senschaftlerinnen und Fachwissenschaftlern mit Bürgerinnen und Bürgern in der Bearbeitung wissenschaftlicher und gesellschaftli- cher Fragestellungen und Probleme (Abb. 2). Dies kann sich auch in Bürgerkonferenzen bzw. -dialogen zu forschungspolitischen Fragen oder der Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Organisationen an forschungspolitischen Beiräten ausdrücken. Diese Zusammenarbeit beinhaltet folgende Bereiche: • Fachwissenschaftliche Kooperation von akademischen und ehrenamtlichen Wissensschaffenden • Wissenschaftliches Aufgreifen und gemeinsames Bearbeiten von Fragestellungen und Problemen von Bürgerinnen und Bürgern • Einbeziehung von interessierten Bürgerinnen und Bürgern in die Erhebung und Auswertung wissenschaftlicher Daten 2.4 Transformationspotenzial von Citizen Science Wird Citizen Science als eigenverantwortliche Partizipation an der Wissenschaft verstanden, besteht das Potenzial zu innovativen Möglichkeiten in der Teilhabe und Einflussnahme der gesellschaft- lichen Akteure an wissenschaftlichen Prozessen (Abbildung 2). Citizen Science kann auch neue Konzepte der Wissenschaftskommu- nikation befruchten, was wiederum wesentlich für die erfolgreiche Implementierung und Umsetzung von Citizen-Science-Projekten und -Initiativen ist. Hierbei werden auch Akteure, die bisher zurückhal- tendes Interesse an gesellschaftlicher Beteiligung entwickelt haben, angesprochen und einbezogen. Für die Wissenschaft liegt der Mehrwert von Citizen Science in der Einbindung von neuem Wissen und neuen Impulsen aus der Ge- sellschaft in den Forschungsprozess. Die Zusammenarbeit mit Bür- gerinnen und Bürgern ermöglicht auch innerhalb der Wissenschaft einen Lernprozess und die Auseinandersetzung mit neuen Verfah- ren, Diskussionen und Perspektiven. Auf der anderen Seite ergeben sich besondere Potenziale für neue Forschungsthemen. Diese um- fassen z. B. jene Bereiche, in denen ökologische Aspekte gemeinsam mit sozialen Daten betrachtet werden, um die gegenseitige Beein- flussung natürlicher, sozialer und kultureller Phänomene zu unter- suchen. Citizen Science eröffnet hier der Wissenschaft wichtige Ein- blicke in die Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger. Citizen Science – Perspektiven für Deutschland 19
In einigen Fällen ermöglicht sogar erst die Beteiligung von Bür- gerinnen und Bürgern eine umfassende Forschung, da nicht nur lo- kale Sichtweisen und Kenntnisse eingebracht werden, sondern auch großskalige Datensätze in Raum und Zeit oder qualitative, z. B. aus Ge- bieten, zu denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler keinen Zugang haben, erhoben oder ausgewertet werden können. Richtig ist allerdings, dass eine Bürgerbeteiligung nicht für jede wissenschaftliche Fragestellung geeignet, praktikabel oder sinnvoll ist. Ob Citizen Science sich für ein bestimmtes Projekt eignet, ist ab- hängig von der Forschungsfrage, dem experimentellen Design, dem Umfang notwendigen Vorwissens, den Kenntnissen und Ressourcen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, den vorhandenen Kapazitäten für eine umfassende Kommunikation oder auch den si- cherheitsrelevanten Aspekten. Für die Politik kann Citizen Science ein wichtiger Baustein im na- tionalen Diskurs zur Erarbeitung von Lösungen für drängende ge- sellschaftliche Probleme sein. Dabei erscheint es als grundlegend, dass Akteure aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft effizi- ent und nachhaltig zusammenarbeiten. Hier sollte die Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern möglichst frühzeitig und in allen Phasen der Entscheidungsprozesse ermöglicht werden. Somit bietet Citizen Science die Chance, Brücken zwischen Gesellschaft, Politik und Wissenschaft zu schlagen und auszubauen. Hierdurch kann die nachhaltige Transformation in der Gesellschaft gefördert werden. Wissen schaffen Abbildung 3: Citizen Science bewegt sich im Spannungsfeld von persönlichem Interesse und Persönliches Interesse Gesellschaftliche dem Bedürfnis, neues Wissen zu schaffen, das und Engagement Relevanz sowohl intrinsisch als auch durch gesellschaftliche Relevanz motiviert sein kann (eigene Darstellung L. Pettibone (MfN)). 20 Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland
3.2.3 Klärung rechtliche und ethischer 3. Handlungsoptionen Rahmenbedingungenfür für Citizen Science Citizen Science in Deutschland Es bestehen sowohl auf Seiten der Wissenschaft als auch auf Sei- ten der Bürgerinnen und Bürger Bedenken hinsichtlich der Poten- ziale von Citizen Science. Die Befürchtungen reichen von „billigen Hilfswissenschaftlerinnen und Hilfswissenschaftlern“ bis hin zu 3.1.2 Ausbau und Etablierung von „unzureichender Datenqualität“ und „fehlender Kenntnis wissen- Förderinstrumenten schaftlicher Standards“. Die Überwindung dieser Vorbehalte und gs- das Ausloten von Chancen, Herausforderungen und Grenzen benö- tigt den Dialog und eine bessere Vernetzung der Akteure von Citi- zen Science und Interessierten aus Wissenschaft, Gesellschaft und Politik sowie den Nachweis, dass qualitativ gehaltvolle Wissensent- wicklung3.1.3 Stärkung möglich ist. der Ausbildung in Praktische Citizen Science und wie der Ausbau von vorhande- Herausforderungen nen Strukturen, die Neuschaffung und die Integration von Struk- Ehrenamtsmanagement sse turen und Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Citizen Sci- ence in Deutschland bilden die Grundlage für die Entwicklung von Handlungsoptionen. Diese sind durch einen Diskurs im Rahmen des GEWISS-Projekts entwickelt, als Leitbilder formuliert und mit Hand- 3.1.4 ergänzt lungsoptionen Ausbauworden. der Synergien mit der Wissenschaftskommunikation Diese Handlungsoptionen richten sich vor allem an wissenschaft- liche Einrichtungen, staatliche und private Förderorganisationen, d Behörden und Ministerien, öffentliche und freie Bildungsträger, Museen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Verbände, Fachge- sellschaften und Vereine. Im Weiteren sollten Aktionspläne von und mit diesen Sektoren zur Umsetzung von konkreten Maßnahmen 3.3.2 Integration von Citizen Science entwickelt und implementiert werden. in Bildungskonzepte Leitbild 1 3.1 Stärkung von bereits etablierten Strukturen und Citizen Science lebt durch eine Rahmenbedingungen Vernetzung und den Austausch zwischen Wissenschaft und Ge- 3.3.3 von 3.1.1 Stärkung Integration Vernetzungvon undCitizen Science Austausch sellschaft. Die Vernetzung und Ergebnissen Die Initiative für Citizenin Entscheidungsprozesse Science geht zurzeit vielfach von einzelnen der regelmäßige Austausch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern oder zivilgesellschaft- werden gefördert. Ein beson- lichen Akteuren aus. Eine Vernetzung der Akteure ist bis jetzt nur deres Augenmerk liegt auf der sporadisch gegeben. Es besteht der große Bedarf nach mehr Aus- Weitergabe der Expertise zur tausch und Weiterbildung. Koordination und Durchführung von Citizen-Science-Projekten. Handlungsoptionen: • Organisation und Durchführung von öffentlichen Veranstal- tungen, Dialogforen, Konferenzen, Symposien, Workshops, Festivals und Wettbewerben zur Stärkung des Austauschs, der Wahrnehmung und Vernetzung von Citizen Science in der Gesellschaft und in der Wissenschaft Handlungsoptionen für Citizen Science in Deutschland 21
• Einrichtung von Beratungszentren zur Information über Part- 3.2.3 Klärung rechtliche und ethischer nerfindung, Projekte, Möglichkeiten für Antragstellung und Rahmenbedingungen für Citizen Science Methoden zur Projektdurchführung sowie Datenqualitätssiche- rung und -management etc. • Förderung von Webseiten zur Bekanntmachung und zur Ver- netzung von Citizen-Science-Aktivitäten • Einrichtung von Koordinationspersonalstellen für Citizen Sci- ence in wissenschaftlichen Organisationen zur Ermöglichung 3.1.2 Ausbau und Etablierung von des Transfers von Erkenntnissen aus der Wissenschaft in die Förderinstrumenten Gesellschaft und vice versa • Entwicklung von disziplinübergreifenden Strukturen, wie bei- spielsweise offener Labore für Citizen-Science-Initiativen 3.1.2 Ausbau und Etablierung von Förderinstrumenten Leitbild 2 3.1.3 Stärkung der Ausbildung in Die Förderung von Citizen Science in Deutschland ist bislang un- Es existieren verschiedene Fi- zureichend. Citizen Zurzeit Science undmeisten Citizen-Science-Projekte werden die nanzierungsmodelle für Citi- Ehrenamtsmanagement durch Hybridförderung von klassischen Drittmittelgebern der Wis- zen-Science-Aktivitäten und senschaft, durch Mitgliedsbeiträge der Vereine und Verbände sowie -Projekte. Citizen Science fin- von Stiftungen finanziell unterstützt. Umfassende wissenschaftli- det unter finanziellen Bedin- che Projekte zeichnen sich durch eine komplexe Antragstellung aus gungen statt, die Projekte über und erfordern enormes institutionelles Wissen sowie große per- kurz-, mittel- und langfristige 3.1.4 Ausbau der Synergien mit der sonelle Kapazitäten. Kleineren Projekten stehen im Vergleich dazu Zeiträume mit diversen Akteu- Wissenschaftskommunikation nur unzureichende Fördermöglichkeiten zur Verfügung. In der Ope- ren ermöglichen. Dabei ist zu rationalisierung benötigt Citizen Science ein größeres Ausmaß an berücksichtigen, dass die För- Flexibilität sowohl inhaltlicher als auch zeitlicher Kapazitäten im derung sich insgesamt an den Vergleich zu anderen wissenschaftlichen Studien. Diese Flexibilität speziellen Anforderungen von wird in bestehenden Förderstrukturen (noch) nicht ermöglicht. Citizen-Science-Projekten in all 3.3.2 Integration von Citizen Science ihrer Unterschiedlichkeit und in Bildungskonzepte Handlungsoptionen: Vielfalt orientiert. Die instituti- onelle und private Forschungs- • Konzeption von Förderinstrumenten bzw. -kriterien speziell für förderung schafft Möglichkeiten Citizen-Science-Projekte und -Initiativen zur Integration verschiedener • Öffnung bestehender Forschungsprogramme für Citizen- Beteiligungsformate zu unter- Science-Ansätze und Etablierung integrativer Handlungs- schiedlichen Abschnitten im stränge3.3.3 Integration in bestehenden von Citizen Science Forschungsaktivitäten Projektablauf. Die Erforschung Ergebnissen • Förderung in Entscheidungsprozesseund -Koor- von Citizen-Science-Koordinatorinnen von Citizen Science wird eben- dinatoren sowie -Kommunikatorinnen und -Kommunikatoren falls finanziell unterstützt. in Fachgesellschaften, Vereinen oder wissenschaftlichen Ein- richtungen • Etablierung von eigenständigen, niedrigschwelligen Förderfor- maten, die unabhängig von institutionalisierten Förderungen eine Finanzierung bürgerinitiierter Projekte ermöglichen • Schaffung von Möglichkeiten der Anschub- und Anschluss- finanzierung für Citizen-Science-Projekte oder -Aspekte (Scoping-Phasen, Etablierungsphasen) 22 Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland
• Einrichtung von Koordinations- und Informationsstellen für Citizen Science zur Umsetzung von Weiterbildung und perso- nellen Unterstützung für Citizen-Science-Anträge sowohl für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als auch für Akteu- re aus der Gesellschaft Leitbild 3 3.1.3 Stärkung der Ausbildung in Citizen Science und Ehrenamtsmanagement Die Aus- und Weiterbildung von Forschenden und Ehren- Für die Etablierung eines Citizen-Science-Projekts und die Zusam- amtlichen in Vereinen, Verbän- menarbeit mit zivilgesellschaftlichen Partnern wie auch für die Zu- den, wissenschaftlichen In- sammenarbeit innerhalb der Akteursgruppen braucht es erfahrene stituten und Lehreinrichtungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bzw. Koordinatorinnen ist Bestandteil der Citizen-Sci- und Koordinatoren. Die klassische Ausbildung einer Wissenschaft- ence-Kultur in Deutschland. lerin oder eines Wissenschaftlers ist jedoch disziplinorientiert und Die entwickelten Fortbildungs- Citizen Science als disziplin- und sektorübergreifendes Konzept materialien werden angewen- wird bisher nicht in der universitären Ausbildung aufgegriffen. Das det und fortgeschrieben. In ei- Ehrenamt ist ein wesentlicher Bestandteil von Citizen Science. Um nem regelmäßigen Austausch ein langfristig getragenes bürgerschaftliches Engagement zu erzie- werden Aus- und Weiterbil- len, wird ein Ehrenamtsmanagement benötigt, das neben der Pla- dungsmaßnahmen evaluiert nung, Organisation und Koordination der Citizen-Science-Projekte und verbessert. Insbesondere auch die Aus- und Weiterbildung von freiwillig Engagierten fördert Koordinatorinnen und Koor- und unterstützt. Hier können Vereine und Fachgesellschaften eine dinatoren werden als wichtige wichtige Rolle spielen. Vermittlerinnen und Vermittler zwischen Haupt- und Ehrenamt unterstützt und gewürdigt. Der Lichtverschmutzung auf der Spur. Foto: Christopher Kyba / Verlust der Nacht Handlungsoptionen für Citizen Science in Deutschland 23
3.1.3 Stärkung der Ausbildung in Citizen Science und Ehrenamtsmanagement Handlungsoptionen: • Konzeption und Umsetzung von Multiplikatorenworkshops („train the trainer“) zur Weitergabe und Austausch von Exper- tise durch erfahrene Citizen-Science-Projekte, Coaching- und 3.1.4 Ausbau der Synergien mit der Mentoringangebote • KonzeptionWissenschaftskommunikation und Umsetzung von Fortbildungsangeboten für Citizen-Science-Projektkoordinatorinnen und -Projektkoordina- toren in Vereinen, Verbänden und wissenschaftlichen Organi- sationen • Konzeption, Implementierung, ständige Fortschreibung und 3.3.2 Evaluation Integration von des Managements Citizen Science im Ehrenamt in Bildungskonzepte 3.1.4 Ausbau der Synergien mit der Wissenschaftskommunikation Leitbild 4 Citizen Science unterstützt wichtige Ziele der modernen, dialog- und Citizen Science als Konzept wird beteiligungsorientierten Wissenschaftskommunikation. Die vielfälti- medial thematisiert, einzelne gen Anknüpfungspunkte zwischen Massenmedien (Internet, Print, Projekte werden beworben und Rundfunk und Fernsehen), Citizen Science sowie Bürgerinnen und begleitet. Dadurch werden die Bürgern werden 3.3.3 Integration jedoch voninCitizen noch nicht vollem Science Umfang genutzt. Sie Beschäftigung mit wissenschaft- Ergebnissen in Entscheidungsprozesse sind auch noch nicht umfassend in ihrer Wirkung für Citizen Science lichen Themen und Methoden wissenschaftlich untersucht und bekannt. Die Erfahrungen von Ci- sowie das Verständnis von der tizen-Science-Aktivitäten sowie die Darstellung des Forschungspro- und für die Wissenschaft in der zesses werden noch wenig medial aufgegriffen und dokumentiert. Öffentlichkeit gefördert. Prozes- Neben den Medien stehen den Akteuren von Citizen-Science-Projek- se der Wissenschaftskommu- ten auch eigene Kanäle der Information und Kommunikation mit der nikation werden wissenschaft- Öffentlichkeit zur Verfügung. Zukünftig bedarf es eines Ausbaus der lich begleitet. Bereits etablierte Kapazitäten und Qualifikationen der Wissenschaftskommunikato- Strukturen in Wissenschaft, Po- rinnen und Wissenschaftskommunikatoren sowie langfristig auch litik und Ehrenamt können von der Etablierung eines Bewusstseins für die vielseitigen Aufgaben der Citizen-Science-Community und Rollen von Journalistinnen und Journalisten, Bürgerinnen und für den Austausch von Informa- Bürgern sowie institutionellen Vertreterinnen und Vertretern. Da- tionen und der Kommunikation bei gilt es zu bedenken, dass die Kommunikation von wissenschaft- mit der Öffentlichkeit, den Teil- lichen Aktivitäten sich klar von der Wissenschaftskommunikation nehmenden und weiterer Sta- abgrenzt und Citizen Science nicht ein Instrument der Öffentlich- keholder genutzt werden. Die keitsarbeit ist. effektive Nutzung dieser Kanäle baut auf den Ergebnissen aus Handlungsoptionen: der Begleitforschung der Wissen- schaftskommunikation auf und • Unterstützung der Medienvertreterinnen und Medienvertreter berücksichtigt Anforderungen sowie Wissenschaftskommunikatorinnen und Wissenschafts- an Interaktion und Partizipation. kommunikatoren bei der Motivation der Teilnehmenden, der Umgesetzt werden diese von Gestaltung der Kommunikation zwischen den Initiatoren und den Wissenschaftskommuni- Teilnehmenden sowie der Kommunikation der Ergebnisse katorinnen und Wissenschafts- • Konzeption von Leitlinien „guter Wissenschaftskommunikation“ kommunikatoren mittels ver- für Citizen-Science-Projekte sowie Konzeption, Durchführung und schiedener Medien wie Internet, Evaluation von Kommunikationskursen für Initiatorinnen und Ini- Print, Rundfunk und Fernsehen. tiatoren von Citizen-Science-Projekten in Kooperation mit Wissen- schaftskommunikatorinnen und Wissenschaftskommunikatoren 24 Grünbuch Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland
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