Optik Abteilung 4 Institute for Experimental Quantum Metrology (QUEST) Institutsbericht 2020 - Physikalisch-Technische ...

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Optik Abteilung 4 Institute for Experimental Quantum Metrology (QUEST) Institutsbericht 2020 - Physikalisch-Technische ...
Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Nationales Metrologieinstitut

Abteilung 4
Optik
Abteilungsbericht 2020
Institute for Experimental Quantum Metrology (QUEST)
Institutsbericht 2020
Optik Abteilung 4 Institute for Experimental Quantum Metrology (QUEST) Institutsbericht 2020 - Physikalisch-Technische ...
Abteilung 4
Optik
Hon.-Prof. Dr. S. Kück
Telefon: (0531) 592-4010
E-Mail: stefan.kueck@ptb.de

Fachbereich 4.1
Photometrie und
Spektroradiometrie
Dr. A. Sperling
Telefon: (0531) 592-4100
E-Mail: armin.sperling@ptb.de

Fachbereich 4.2
Bild- und Wellenoptik
Dr. E. Buhr
Telefon: (0531) 592-4200
E-Mail: egbert.buhr@ptb.de

Fachbereich 4.3
Quantenoptik und
Längeneinheit
Dr. H. Schnatz
Telefon: (0531) 592-4300
E-Mail: harald.schnatz@ptb.de

Fachbereich 4.4
Zeit und Frequenz
Dr. E. Peik
Telefon: (0531) 592-4400
E-Mail: ekkehard.peik@ptb.de

Fachbereich 4.5
Angewandte Radiometrie
Dr. S. Winter
Telefon: (0531) 592-4500
E-Mail: stefan.winter@ptb.de

Nachwuchsgruppe 4.01
Metrologie für funktionale
Nanosysteme
Dr. S. Kroker
Telefon: (0531) 592-4530
E-Mail: stefanie.kroker@ptb.de

Nachwuchsgruppe 4.02
Quantentechnologien
Dr. A. W. Schell
Telefon: (0531) 592-4025
E-Mail: andreas.schell@ptb.de

Institute for Experimental
Quantum Metrology (QUEST)
Prof. Dr. P. O. Schmidt
Telefon: (0531) 592-4700
E-Mail: piet.schmidt@ptb.de

Auszug aus dem PTB-Organigramm   Titelseite: Die an der PTB entwickelten Lichtstärkenormallampen
(Dezember 2020)                  LIS-A LED.
Optik Abteilung 4 Institute for Experimental Quantum Metrology (QUEST) Institutsbericht 2020 - Physikalisch-Technische ...
Abteilungsbericht 2020 – Optik

Die Abteilung Optik bearbeitet vielfältige Aufgaben     wie gut ein Objektiv Strukturen unterschiedlicher
im Bereich der optischen Metrologie. In der Abtei-      Ortsfrequenz abbildet. Die Physikalisch-Technische
lung Optik werden, ausgehend von den Basiseinheiten     Bundesanstalt hat einen Referenzaufbau zur Messung
Candela, Meter und Sekunde, unterschiedliche abge-      der MTF von Kameraobjektiven entwickelt mit dem
leitete Einheiten realisiert und mit kleinstmöglicher   Ziel, eine erweiterte Messunsicherheit von 0,01 (k = 2)
Messunsicherheit an Kunden in Industrie und Gesell-     für verschiedene Messkonfigurationen zu erreichen.
schaft weitergegeben. Darüber hinaus betreibt die Ab-   Dazu wurden opto-mechanische Simulationen des
teilung Forschung auf höchstem Niveau zur Untersu-      Aufbauverhaltens durchgeführt, mit denen der
chung fundamentaler physikalischer Fragestellungen.     Einfluss der kombinierten mechanischen Fehlausrich-
Die Abteilung gliedert sich in fünf Fachbereiche und    tungen auf die MTF in Abhängigkeit vom Objektiv
bearbeitet die Themenbereiche Länge und dimensio-       untersucht wird. Die Untersuchungen wurden im
nelle Metrologie, Photometrie und Radiometrie, sowie    Rahmen von Monte-Carlo-Studien für verschiedene
Zeit und Frequenz. Ihr sind zwei Nachwuchsgruppen       Objektive unter Berücksichtigung der Korrelationen
in den Bereichen der Metrologie funktionaler Nano-      zwischen den Auswirkungen verschiedener Positio-
systeme und den Quantentechnologien angegliedert.       nierfehler auf die gemessene MTF durchgeführt. Die
                                                        Ergebnisse der Sensitivitätsanalysen ermöglichen es,
Das QUEST-Institut ist eine gemeinsame Einrichtung      geeignete Ausrichtstrategien zu identifizieren, die den
der PTB und der Leibniz Universität Hannover. Die       Unsicherheitsbeitrag der Positionierungsfehler deut-
drei Forschungsgruppen am Institut beschäftigen sich    lich reduzieren. Durch die Implementierung dieser
mit der Grundlagenforschung und Quantentechnolo-        Strategien kann die Zielmessunsicherheit von 0,01 für
gie-Entwicklung in den Themenbereichen „Quanten-        die meisten der gewünschten Messkonfigurationen
Engineering mit gefangenen Ionen“, „Quantenuhren        erreicht werden. Darüber hinaus zeigt der Vergleich
und komplexe Systeme“, sowie „Quantenlogik-             von drei verschiedenen Testobjektiven, dass die Emp-
Spektroskopie“. Das gemeinsame Forschungsinteresse      findlichkeit der MTF gegenüber Ausrichtungsfehlern
ist die präzise Kontrolle atomarer Quantensysteme       stark von den Eigenschaften des zu messenden Objek-
für die Metrologie, Tests der fundamentalen Physik      tivs abhängt.1
sowie die Verwendung von Vielkörpersystemen und
Quantenkorrelationen für Präzisionsmessungen.           In Wissenschaft und Technik werden vermehrt große
                                                        Asphären und Freiformflächen verwendet, was einen
                                                        steigenden Bedarf an hochgenauer und rückgeführter
Länge und dimensionelle Metrologie
                                                        Formmessung von großen Optiken zur Folge hat.
                                                        Zur Formmessung von optischen Oberflächen wurde,
Die Arbeiten im Themenbereich Länge und dimen-
                                                        nachdem in den vergangenen Jahren entsprechende
sionelle Metrologie wurden auch in diesem Jahr be-
                                                        Konzepte für große Optiken entworfen wurden, nun
stimmt durch die kontinuierliche Weiterentwicklung
                                                        ein interferometrisches Messverfahren basierend
der Messtechnik und der Messverfahren für die Eben-
                                                        auf „Subapertur-Stitching“ entwickelt, siehe Bild 1.
heitsmessung, der Asphären- und Freiformflächen-
                                                        Damit kann die Form von Planflächen bis hin zu Frei-
messung, der Mikroskopie, der Ellipsometrie sowie
                                                        formflächen bestimmt werden. Das Verfahren wurde
der Bestimmung des Silizium-Gitterparameters.
                                                        simuliert und wird momentan in einem Aufbau für
                                                        bis zu 1 m lange Prüflinge (Breite bis zu 300 mm)
Das Interesse an genauen und rückgeführten Mes-
                                                        implementiert. Anschließend soll es nun auf das neue
sungen der Eigenschaften von Kameraobjektiven,
                                                        Messgerät „Große Freiformflächen“ übertragen wer-
insbesondere auch der sogenannten Modulations-
                                                        den, um noch größere Prüflinge mit Durchmessern
transferfunktion (MTF), ist für viele Anwendungen
                                                        bis 1,5 m messen zu können. „Subaperture-Stitching“-
außerordentlich wichtig, neueste Bereiche sind der
                                                        Methoden sind ebenfalls für die ringförmige Messung
Smartphone- und Automotive-Bereich (autonomes
                                                        rotationssymmetrischer Prüflinge interessant, diese
Fahren). Die MTF ist die mathematische Beschrei-
                                                        werden im Rahmen eines DFG-Kooperationsprojek-
bung des Übertragungsverhaltens von Strukturen
                                                        tes mit der Universität Kassel untersucht.
(Ortsfrequenzen) in der realen Welt zu ihrer Dar-
stellung im aufgenommenen Bild. Sie beschreibt,
                                                                                                             1
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Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 4

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                                                                      gabe, dass unterschiedliche Messinstrumente eine
                                                                      unterschiedliche Art der Montage erfordern. FEM-
                                                                      Analysen mit anschließenden Experimenten ergaben
                                                                      einen inakzeptablen Oberflächenformfehler in der
                                                                      Größenordnung von Hunderten von Nanometern
                                                                      bei der gebräuchlichen Schraubbefestigung, selbst
                                                                      bei geringen angewandten Drehmomenten. Andere
                                                                      Montagemöglichkeiten, wie die Spannzange oder der
                                                                      Morsekegel, wurden mittels FEM-Analyse untersucht
                                                                      und durch interferometrische Messungen verifiziert.
                                                                      Es hat sich gezeigt, dass nur der Morsekegel das in
                                                                      der optischen Oberflächenformmesstechnik erfor-
                                                                      derliche strenge Kriterium von weniger als 30 nm
                                                                      für montagebedingte Oberflächenformabweichung
                                                                      erfüllen konnte.

                                                                      Ein weiteres Thema im Themenbereich Länge und
                                                                      Dimensionelles der Abteilung Optik ist die möglichst
Bild 1: Messplatz für das „Subapertur-Stitching“ für die interfero-
metrische Formmessung von Freiformoptiken.                            genaue Vermessung von optischen Wellenfronten,
                                                                      da dies eine wichtige Voraussetzung für z. B. eine
Erstmalig wurde im Bereich der Freiformmessungen                      sub-Nanometer genaue Längenmessungen ist. Die
im Rahmen des europäischen Forschungsprojektes                        rückführbare, hochgenaue Kalibrierung von Wel-
EMPIR 15SIB01 von Projektpartnern und Stakehol-                       lenfrontsensoren wie Shack-Hartmann-Sensoren ist
dern ein Ringvergleich bzgl. Freiformmessungen                        daher ein aktives Forschungsgebiet, aber gleichzeitig
durchgeführt.2 Es wurden dabei sechs Messinstru-                      eine anspruchsvolle Aufgabe. In der Abteilung wurde
mente (fünf verschiedene optische Geräte und ein                      ein Messsystem für die rückführbare Kalibrierung
taktiles Gerät) betrachtet und drei optische Frei-                    von Wellenfrontsensoren entwickelt, das sphärische
formflächen (aus temperaturstabilem Material, Super                   Wellenfronten und eine Punktlichtquelle in Kombi-
Invar ®) verwendet. Verglichen wurden die bilateralen                 nation mit einem dreiachsigen Lineartisch verwen-
punktweisen Unterschiede zwischen den verfügbaren                     det.4 Dies ermöglicht eine absolute Kalibrierung der
Messungen, die von 15 nm bis 110 nm reichten (unter                   Sensorfehler für jede einzelne Mikrolinse des Sensors.
Vernachlässigung der sphärischen Beiträge) und da-                    Die Hauptfehlereinflüsse und ein erstes Messunsi-
mit einen Einblick über den aktuellen Stand typischer                 cherheitsbudget für die Kalibrierung wurde erstellt,
Freiform-Messungen für optische Oberflächen geben.                    es ergibt sich eine erweiterte Messunsicherheit (k = 2)
                                                                      für die mikrolinsenspezifische Referenzspotposition
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die                       von etwa 4 μrad.
Untersuchung der Auswirkung der mechanischen Be-
festigung von optischen Referenzelementen auf ihre                    Die spektroskopische Müller-Matrix-Ellipsometrie
Oberflächenform. Dies wurde im europäischen Pro-                      ist ein sich kontinuierlich weiterentwickelndes und
jekt EMPIR 15SIB01 detailliert untersucht.3 Optische                  sehr vielversprechendes Werkzeug zur Charakte-
Referenzflächen bzw. Referenzartefakte sind unerläss-                 risierung von nanostrukturierten Oberflächen. Da
lich für rückführbare, hochgenaue und präzise opti-                   die Ellipsometrie ein nicht-abbildendes Verfahren
sche Oberflächenmessungen, für die Kalibrierung von                   ist, gilt die klassische Auflösungsgrenze hier nicht,
Messgeräten und für den Vergleich der metrologi-                      daher sind optische Messungen von Proben mit
schen Fähigkeiten von Metrologieinstituten, Universi-                 geometrischen Abmessungen, die kleiner als die ein-
täten und industriellen Anwendern. Diese Referenzar-                  fallende Wellenlänge sind, möglich. Im Rahmen eines
tefakte sollen für eine zuverlässige und wiederholbare                TransMeT-Projektes wurde in der PTB ein neuartiges
Kalibrierung einer großen Mehrheit der Instrumente                    Analyseverfahren für Schichtdickenmessungen mit

2
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Abteilungsbericht 2020 – Optik

                                                                           Bild 2: Experimenteller Aufbau zur abbil-
                                                                           denden Müller-Matrix-Ellipsometrie.

einem spektroskopischen Müller-Matrix Ellipsometer       Dies bietet Möglichkeiten für neue Methoden in der
(MME) entwickelt, welches den Einfluss von Depola-       Nanometrologie, z. B. Anwendungen in mikroskopi-
risation und anderen stochastischen Einflussgrößen       schen Müller-Matrix-Ellipsometrie-Aufbauten. Die
wie Messrauschen adäquat in der Messunsicherheits-       Herstellung von herkömmlichen plasmonischen Linse
schätzung berücksichtigt. Dieses Verfahren wurde         ist jedoch eine technologische Herausforderung. Da-
nun erstmalig auf die Messung der Dicken von SiO2-       her wurde ein neues Design für plasmonische Linsen
Schichten angewendet. Die Messungen an verschie-         entwickelt, die sogenannte invertierte plasmonische
denen Sätzen an kalibrierten Schichtdickennormalen       Linse, um damit einen vereinfachten lithografischen
mit nominalen Schichtdicken zwischen 6 nm und            Herstellungsprozess zu ermöglichen. Hierzu wurden
1000 nm zeigen eine exzellente Übereinstimmung mit       numerische Simulationen auf der Grundlage der
den bekannten Kalibrierwerten.5                          Finite-Elemente-Methode verwendet, um Designs für
                                                         verschiedene Wellenlängen im sichtbaren und nahen
Eine Weiterentwicklung in der Ellipsometrie soll nun     Infrarotbereich und für Brennweiten zwischen 5 μm
dahin gehen, auch deutlich kleinere Proben zu cha-       und 1 mm zu erreichen. Erste Linsen mit dem neuen
rakterisieren. Hierzu wurde ein experimenteller Auf-     Design wurden bereits fabriziert und befinden sich in
bau zur abbildenden Müller-Matrix-Ellipsometrie re-      der Untersuchung.
alisiert, siehe Bild 2. Der Aufbau erlaubt die Messung
der Müller-Matrix der Probe ortsaufgelöst für jeden      Zunehmend halten in der dimensionellen Metrologie
Pixel der Kamera. Im Gegensatz zu herkömmlichen          virtuelle Experimente und Machine Learning als
Ellipsometern, bei denen die Beleuchtungspunktgrö-       unverzichtbare Werkzeuge für die Konzeption und
ße von bis zu 1 mm im Durchmesser die räumliche          die Messunsicherheitsbetrachtung neuartiger Mess-
Auflösung der Messung begrenzt, können mit diesem        verfahren und -instrumente Einzug. Diese Arbeiten in
Testaufbau auch deutlich kleinere Proben im Größen-      der Abteilung Optik sind Teil des abteilungsübergrei-
bereich um 1 µm herum charakterisiert werden.            fenden Kompetenzzentrums für virtuelle Messgeräte,
                                                         VirtMet. Im besonderen Fokus steht hierbei im
Zur Erhöhung der Sensitivität erweiterter ellipso-       Fachbereich Bild- und Wellenoptik das Tilted-Wave
metrischer Aufbauten für die Untersuchung von            Interferometer (Bild 3), dessen inverses Rekonst-
Nanostrukturen werden derzeit in der Abteilung plas-     ruktionsproblem mit Machine Learning-Methoden,
monische Linsen entwickelt. Diese sehr kompakten         auf der Basis einer vom Softwaretool SimOptDevice
Linsenstrukturen mit Abmessungen von nur wenigen         generierten Datenbank, gelöst wird. Erste Ergebnisse
Mikrometern erlauben die Fokussierung von Licht          dieser Anwendung tiefer neuronaler Netze für rech-
auf Spots mit einer Größe im Sub-Wellenlängenbe-         nergestützte optische Formmessungen sind vielver-
reich, deren Brennweiten bis ins Fernfeld reichen.       sprechend und wurden bereits publiziert.6

                                                                                                                       3
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Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 4

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                                                                   Kristalldichtemethode für die Neudefinition der SI-
                                                                   Masseneinheit Kilogramm (kg) benötigt. Weltweit
                                                                   wurde er mit der erforderlichen Messunsicherheit
                                                                   allerdings nur ein einziges Mal bestimmt. An der PTB
                                                                   soll er daher mittels eines neuartigen Röntgeninter-
                                                                   ferometers erneut gemessen werden. Nachdem im
                                                                   letzten Jahr erstmals eine Absolutmessung des Gitter-
                                                                   parameters gemäß dem PTB-Messprinzip erfolgreich
                                                                   demonstriert wurde, gingen die Weiterentwicklungen
                                                                   an diesem extrem komplexen Messaufbau erfolgreich
                                                                   weiter. Das an der PTB als kontinuierlich scannendes
                                                                   Separat-Kristall-Einzelphotonen-Röntgeninterfe-
                                                                   rometer verwendete COXI (Combined optical and
Bild 3: Detailaufnahme des Tilted-Wave-Interferometers.            X-ray interferometer) konnte erfolgreich demonst-
                                                                   riert werden. Mechanische Störungen werden durch
In der industriellen Anwendung ist es oft wichtig,                 schnelles synchrones Auslesen von optischer Phase
mögliche Rollbewegungen eines zu untersuchenden                    und Röntgen-Zählraten effizient unterdrückt. Durch
Objektes genau zu kennen. Hierzu werden sog.                       Ausnutzung der Korrelation zwischen den Einzel-
optische Rollwinkelsensoren, die die Winkelstellung                photonen-Zählereignissen ist eine deutlich höhere
eines Objekts bei der Rotation um seine Längs- oder                Messgeschwindigkeit bei gleichzeitiger Reduktion der
Symmetrieachse messen, eingesetzt. Herkömmliche                    Anforderung an den Verfahrweg um mehr als eine
Systeme sind allerdings sowohl was den Aufbau und                  Größenordnung im Vergleich zu herkömmlichen
auch die Datenauswertung betrifft sehr aufwändig.                  COXI möglich. Die durchgeführten obigen Maßnah-
Im Fachbereich Bild- und Wellenoptik wurde ein                     men konnten die Streuung der Messergebnisse signi-
neuartiger optischer Rollwinkelsensor entwickelt und               fikant reduzieren, siehe Bild 5. Man sieht, dass man
zum Patent angemeldet, siehe Bild 4. Die Lichtquelle               bereits mit 10 µm Scan-Weg und 100 Messungen eine
des Sensors erzeugt ein Interferenzmuster, das aus pa-             Streuung von 2 ∙ 10–8 und damit die benötigte relative
rallelen Streifen besteht. Eine Kamera auf dem Objekt              statistische Unsicherheit von sogar 2 ∙ 10–9 erreicht
detektiert die Streifen und kann aus der Orientierung              wird. Außerdem erkennt man, dass das Experiment
des Interferenzmusters den Rollwinkel bestimmen.                   jetzt nahezu an die theoretische Grenze heranreicht.
Hiermit lässt ein Winkelmessbereich von bis zu 360°
mit einer Auflösung von kleiner als 0,001° abdecken.

                                                                   Bild 5: Streuung der Messergebnisse s in Abhängigkeit von der
                                                                   Länge der Scan-Strecke ∆l. Die roten Kreuz-Symbole zeigen die
                                                                   Messdaten7. Die grünen Stern-Symbole sind die neuesten Mess-
                                                                   daten. Die blauen Kreise stammen aus Monte-Carlo-Simulatio-
Bild 4: Optischer Rollwinkelsensor mit gleichzeitig großem Mess-   nen. Die Geraden sind an die Datenpunkte angepasst und können
bereich und hoher Winkelauflösung.                                 der Extrapolationen zu längeren Scan-Strecken dienen.

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Optik Abteilung 4 Institute for Experimental Quantum Metrology (QUEST) Institutsbericht 2020 - Physikalisch-Technische ...
Abteilungsbericht 2020 – Optik

                                                                         Bild 6: Minister Björn Thümler übergibt
                                                                         den Nachwuchs-Wissenschaftspreis an
                                                                         Frau Prof. Stefanie Kroker. Quelle: MWK/
                                                                         brauers.com.

Die Nachwuchsgruppe „Metrologie für funktionale        in nano-optischen Polarisatoren mit sub-Nanometer
Nanosysteme“ beschäftigt sich mit der Entwicklung      Unsicherheiten bietet die die Bestimmung von
von Mikro- und Nanostrukturen für Komponenten in       gebundenen Kontinuums-Zuständen (bound states
der optischen Sensorik und Quantenmetrologie sowie     in the continuum, BICs), verursacht durch Struktur-
der Charakterisierung von dafür relevanten Materi-     Asymmetrien mittels Scatterometrie.
aleigenschaften auf Größenskalen von ca. 100 nm bis
in den cm-Bereich. Dabei geht es speziell um die die
                                                       Photometrie und Radiometrie
Entwicklung von Modellierungsmethoden, die we-
sentliche Rauschgrößen auch in komplexen Systemen
                                                       Die Photometrie mit ihrer Lichtstärkeeinheit Candela
exakt beschreibt, eine herausragende Anwendung ist
                                                       als eine der sieben SI-Basiseinheiten und der daraus
die Entwicklung von nano-strukturierten optischen
                                                       abgeleiteten Größen nimmt an der PTB eine beson-
Komponenten für die Gravitationswellendetektion.
                                                       dere Stellung ein. Als eines der führenden Nationalen
Die Leiterin der Nachwuchsgruppe, Frau Stefanie
                                                       Metrologieinstitute (NMI) nimmt die PTB daher
Kroker, Professorin für Physik an der Technischen
                                                       kontinuierlich an den weltweiten Schlüsselvergleichen
Universität Braunschweig, wurde in diesem Jahr mit
                                                       in der Photometrie und Radiometrie teil. In Kürze
dem Preis für Nachwuchswissenschaftler und -wissen-
                                                       wird der CCPR.K3 Schlüsselvergleich beendet wer-
schaftlerinnen geehrt. Durch ihre Zusammenarbeit
                                                       den, an dem auch der Fachbereich 4.1 Photometrie
mit Gruppen des Max-Planck-Instituts für Gravitati-
                                                       und Spektroradiometrie erfolgreich teilgenommen
onsphysik in Hannover treibt sie die Entwicklung von
                                                       hat. Die in der PTB erzielten Werte weisen einen De-
nano-strukturierten optischen Komponenten für die
                                                       gree of Equivalence, d. h. der Ablage, zum weltweiten
Gravitationswellendetektion voran. Im Laboratory
                                                       Referenzwert KCRV von -0,04 % bei einer erweiterten
for Emerging Nanometrology (LENA) entwickelt sie
                                                       Messunsicherheit von 0,3 % auf und bestätigen damit
unter anderem optische Bauteile für den Quanten-
                                                       sowohl die an der PTB mittels einer Lampengruppe
computer im Rahmen des neuen Projektes Quantum
                                                       bewahrte als auch die mittels radiometrischer Metho-
Valley Lower Saxony.
                                                       den rückgeführt realisierte Einheit der Lichtstärke.
                                                       Zur Weitergabe des Referenzwertes an die Nationalen
Im vergangenen Jahr wurden in der Nachwuchsgrup-
                                                       Metrologieinstitute und Designierten Institute (DIs)
pe unter anderen auch Alternativen zu den üblichen,
                                                       innerhalb von EURAMET und COOMET wurde
komplexen und zeitaufwändigen Methoden zur
                                                       der regionale Schlüsselvergleich EURAMET.PR-K3
Messung struktureller Parameter von nano-optischen
                                                       gestartet. Die Arbeitsgruppe 4.12 bringt darin die
DUV-Drahtgitterpolarisatoren wie Rasterelektronen-
                                                       Lichtstärkeeinheit als Link-Laboratorium zur Dar-
mikroskopie untersucht. Eine vielversprechende Al-
                                                       stellung des KCRV ein und hat in der Task-Group
ternative zur Gewinnung von Strukturinformationen
                                                                                                                    5
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Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 4

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                                                                            Alterungsverhaltens der Lichtstärkenor-
                                                                            mallampen LIS-A.

am technischen Protokoll mitgewirkt. An dem vom          Diesen Änderungen in der Licht- und Beleuchtungs-
METAS, dem NMI der Schweiz, pilotierten Vergleich        technik muss auch in der Normung Rechnung ge-
nehmen insgesamt zwanzig NMIs und DIs teil.              tragen werden. Mit dem EMPIR-Projekt RevStdLED
                                                         wurde ein normatives Projekt zur LED-Messtechnik
Der oben genannte Vergleich wurde noch mittels           bewilligt. In ihm arbeiten nationale Metrologieinsti-
traditioneller Glühlampen durchgeführt, die sich         tute, Forschungseinrichtungen, Messgerätehersteller
aufgrund ihrer einem Planck-Strahler sehr ähnlichen      und Prüflabore an der Überarbeitung und Erweite-
spektralen Verteilungsfunktion sehr gut für die          rung internationaler Normen zur photometrischen
Realisierung und Weitergabe photometrischer Ein-         Kalibrierung und Prüfung von LED-basierten Lam-
heiten eignen. In der praktischen, d.h. industriellen,   pen und Leuchten. Das Forschungsvorhaben ist im
öffentlichen und privaten Anwendung, finden aber         September 2020 gestartet und wird vom Fachbereich
seit vielen Jahren LED-Lichtquellen Verwendung, die      4.1 Photometrie und Spektroradiometrie koordiniert.
traditionellen Glühlampen sind inzwischen nahezu         Inhaltlich ist die PTB insbesondere an der Erarbei-
vollständig verdrängt. Dem muss auch die Metrologie      tung von Praxisbeispielen für die Rückführung von
Rechnung tragen und ihre Messverfahren diesen            Leuchtdichtemessungen sowie der Messunsicherheits-
Gegebenheiten anpassen, d.h. komplexere spektrale        abschätzung von räumlichen Verteilungen, die man
Verteilungsfunktionen müssen berücksichtigt und          z. B. mit einem Goniophotometer bestimmt, beteiligt.
metrologisch korrekt erfasst werden. Zukünftig wer-      Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Berücksichti-
den daher verstärkt LED-Lichtquellen auch als hoch-      gung von Korrelationen bei der Auswertung integra-
wertige Einheitentransfernormale in der Photometrie      ler Größen aus spektralradiometrischen Messungen.
genutzt werden. Hierfür werden in einer internati-
onalen Pilotstudie des CCPR über Lichtstärke- und        Die industriell wichtigste photometrische Messgröße
Lichtstrom-Normale verschiedene LED basierte Lam-        ist der Lichtstrom mit der Einheit Lumen. Die PTB
pennormale untersucht. Die PTB nutzt hierfür die         bietet höchstgenaue Lichtstromkalibrierungen mit
von ihr im Rahmen des EMPIR Projektes PhotoLED           ihrem Robotergoniophotometer an, welches seit 2007
selbst entwickelten LIS-A LED-Normale, die seit über     erfolgreich in der Forschung und für Kalibrierdienst-
200 Tagen täglich 1 Stunde in einem typischen Mess-      leistungen eingesetzt wird. Durch den Einsatz neuer
zyklus betrieben werden und deren Langzeitstabilität     Detektoren auf Basis hochempfindlicher Photometer,
die sehr hohen Anforderungen von < 0,1 % Änderung        Radiometer und Spektralradiometer können nun er-
der Lichtstärke in 100 Stunden Betriebszeit erfüllen,    heblich kleinere Lichtströme sowie spektral aufgelöste
siehe Titelbild und Bild 7.
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Optik Abteilung 4 Institute for Experimental Quantum Metrology (QUEST) Institutsbericht 2020 - Physikalisch-Technische ...
Abteilungsbericht 2020 – Optik

                                                                           Bild 8: Ulbrichtkugel zur Messung des
                                                                           Lichtstroms verschiedener Lampen.

Gesamtstrahlungsleistungen von nahezu beliebigen        cherweise werden hierzu Aufnahmen unter definier-
Lichtquellen gemessen werden. Darüber hinaus wird       ten Positionsveränderungen der Kamera gegenüber
der bisher erfasste sichtbare Spektralbereich in die    Lichtquellen und Normalen vorgenommen. Der
angrenzenden UV- und IR-Bereiche erweitert. Hier-       Fachbereich 4.1 hat hierfür ein hochgenaues Kamera-
durch können insbesondere Bezugsnormallampen,           positioniersystems auf Basis eines 6-Achs-Industrie-
die für den Einsatz von Ulbricht-Kugeln mit Spekt-      Roboters mit einer Armlänge von 1,3 m installiert
ralradiometern statt Photometern notwendig sind,        und in Betrieb genommen, um Messkameras in
rückgeführt kalibriert werden.                          beliebiger Pose vor einer Quelle zu charakterisieren,
                                                        siehe Bild 9.
Neben diesen höchstgenauen Lichtstromkalibrierun-
gen des PTB-Robotergoniophotometers, deren Mes-         Die statische Absolutpositionierung dieses Posi-
sunsicherheiten weltweit eine Spitzenstellung einneh-   tioniersystems wurde umfassend charakterisiert.
men, wurden die Dienstleistungen um Kalibrierungen      Zudem wurde ein Verfahren implementiert und
in zwei Ulbricht-Kugeln erweitert, siehe Bild 8. Eine   erfolgreich validiert, mit dem mittels rückgeführter
Besonderheit ist der Einsatz von Spektroradiometern     Lasertrackermessungen das Geometriemodell sowie
zur Korrektur der spektralen Fehlanpassung und sog.     Gelenksteifigkeiten des Positioniersystems ermittelt
Fisheye-Kameras zur Korrektur des räumlichen In-        und einbezogen werden. Hierdurch wurde eine
tegrationsverhaltens der Kugeln. Durch die metrolo-     Positionsunsicherheit für den gesamten verfügbaren
gische Rückführung auf Bezugsnormale, die mit dem       Arbeitsraum von < 400 µm und eine Winkelunsicher-
Robotergoniophotometer kalibriert werden, können        heit der Orientierung von < 2 mrad erreicht. Das für
so kosteneffiziente Kalibrierungen des Lichtstroms      eine Wiederholbarkeit der (relativen) Positionierung
mit kleinen Messunsicherheiten angeboten werden.        maßgebliche Umkehrspiel liegt unterhalb 30 µm.

Die Anwendung von Leuchtdichtemesskameras stellt        Im nächsten Schritt werden bereits im Vorfeld entwi-
die Metrologie vor erhebliche Herausforderung bzgl.     ckelte Verfahren für eine fundierte Rückführbarkeit
ihrer Kalibrierung, insbesondere was die Bestimmung     von Strahl- und Leuchtdichteverteilungen Messungen
der Messunsicherheit der Messgröße Leuchtdichte         implementiert.
angeht. Für die radiometrische und photometrische
Charakterisierung sowie der lückenlosen Rückfüh-        Im Rahmen einer Masterarbeit wurde in der Arbeits-
rung einer Kalibrierung von Leucht- und Strahldich-     gruppe 4.12 Lichtstärkeeinheit die Nichtlinearität von
temesskameras ist eine Vielzahl unterschiedlicher       Leuchtdichtemesskameras experimentell untersucht.
Messungen bzw. Bildaufnahmen erforderlich. Übli-        Diese auf CCD- oder CMOS-Bildsensoren basieren-
                                                                                                                   7
Optik Abteilung 4 Institute for Experimental Quantum Metrology (QUEST) Institutsbericht 2020 - Physikalisch-Technische ...
Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 4

                                                                                     Bild 9: Kamerapositioniersystem zur
                                                                                     Charakterisierung und Bestimmung der
                                                                                     radiometrischen Bildseigenschaften und
                                                                                     der Empfindlichkeit von Leuchtdichte-
                                                                                     messkameras.

den Kameras zeigen jeweils eine Nichtlinearität die               der Pixeldiodenkennlinie begründet werden. Diese
von der Integrationszeit (d. h. vom Messbereich)                  systematische Nichtlinearität hat einen signifikanten
abhängt. Die Nichtlinearität ist im Funktionsprinzip              Einfluss auf die Ergebnisse und kann rechnerisch
der Ladungsakkumulation begründet und die Integ-                  korrigiert werden. Dafür ist jedoch eine detaillierte
rationszeitabhängigkeit konnte anhand dieser Unter-               Charakterisierung mittels Variation der Leuchtdichte
suchungen mit der Bestrahlungsstärkeabhängigkeit                  erforderlich. Hinzu kommt eine spektrale Abhängig-
                                                                  keit (d. h. Farbabhängigkeit) dieser Nichtlinearität.

                                                                  Zur Verbesserung der Genauigkeit bei spektralen
                                                                  Strahldichtefaktormessungen mit dem roboterba-
                                                                  sierten Gonioreflektometer in der PTB wurde die
                                                                  Eignung von LEDs als zusätzliche Strahlungsquellen
                                                                  im kurzwelligen sichtbaren Spektralbereich unter-
                                                                  sucht. Dazu wurde eine LED-Kugelstrahlungsquelle
                                                                  konstruiert. Es wurde ihre Leistungsfähigkeit
                                                                  hinsichtlich des abgedeckten Spektralbereichs, der
                                                                  zeitlichen Stabilität und der Homogenität des von ihr
                                                                  erzeugten Strahlungsfeldes untersucht. Sowohl durch
                                                                  eine Analyse der Messunsicherheiten als auch mit
                                                                  Vergleichsmessungen konnte gezeigt werden, dass die
                                                                  LED- Kugelstrahlungsquelle in dem bislang kritischen
                                                                  Bereich an der Grenze zwischen dem sichtbaren und
                                                                  dem UVA-Spektralbereich genauere Messungen
                                                                  ermöglicht.

                                                                  In einem anspruchsvollen Kalibrierprogramm für das
                                                                  Centre Spatial de Liège (CSL) der Universität Lüttich
                                                                  wurde ein Reflexionsstandard bezüglich des spekt-
                                                                  ralen Strahldichtefaktors mit einem umfangreichen
Bild 10: Doktorandin Irina Santourian am Gonioreflektometer zur
Bestimmung des Strahldichtefaktors von diffusen Oberflächen       Parametersatz kalibriert. Dieser Standard wird für die
mit der von ihr entwickelten UV-LED-basierten Strahlungsquelle.

8
Abteilungsbericht 2020 – Optik

                                                                                              Bild 11: Halle für
                                                                                              den Solarmodul-
                                                                                              tubus (vorne), das
                                                                                              Schienensystem
                                                                                              für das Verfahren
                                                                                              des Solarmodul-
                                                                                              tubus ist vor dem
                                                                                              Tor zu erkennen.
                                                                                              Hinten links ist das
                                                                                              Freifeld zu sehen.

Rückführung bei den Satellitenmissionen METimage         zum Modul“) einen Schwerpunkt der Arbeiten der
und EnMap eingesetzt. METimage sammelt ab 2021           Abteilung dar.
Daten zur Klimamodellierung. EnMap (Environmen-
tal Mapping and Analysis Programme) wird ab 2020         Wie im letzten Jahr berichtet, gelang mit dem Ein-
die von der Erdoberfläche reflektierte Sonnenstrah-      werben eines seitens des BMWi geförderten Projektes
lung in einem großen Wellenlängenbereich kartieren.      zum Aufbau eines Messplatzes für die Outdoor-Mes-
Mit den gewonnenen Daten kann die Erdoberfläche          sungen ein großer Schritt. Die Bauarbeiten an einer
modelliert und es können zeitliche Veränderungen         Halle zur Unterbringung des sog. „Solarmodultubus“,
verfolgt und für exaktere Klimamodelle genutzt wer-      mit dem die Messung der Moduleffizienz unter direk-
den.                                                     ter Sonnenstrahlung ermöglicht wird, stehen kurz vor
                                                         dem Abschluss, siehe Bild 11 und 12. In Kürze wird
Seit vielen Jahren stellt die ganzheitliche Behandlung   der eigentliche Solarmodultubus aufgebaut, der auf
der Metrologie für die Photovoltaik („von der Zelle      Schienen aus der Halle ins Freifeld gefahren werden
                                                         kann.

                                                                                              Bild 12: Halle für
                                                                                              den Solarmodul-
                                                                                              tubus.

                                                                                                                   9
Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 4

                                                                 Abschluss der Aufbauten wird die PTB über weltweit
                                                                 einzigartige Messplätze für die Charakterisierung
                                                                 und die Kalibrierung von Solarmodulen verfügen,
                                                                 dies sowohl Indoor und spektral-aufgelöst mittels des
                                                                 LED-Sonnensimulators als auch Outdoor und spekt-
                                                                 ral-integrierend mittels des Solarmodultubus und des
                                                                 Photovoltaik-Freifeldes. Dies alles wird es zukünftig
                                                                 ermöglichen, die standardisierten Erträge (Stichwort:
                                                                 „Energy-Rating“) von Solaranlagen bis hin zu Solar-
                                                                 parks besser und verlässlicher zu modellieren.

                                                                 Qualitativ und vor allem metrologisch hochwertige
                                                                 Messungen von Solarmodulen bedürfen aber einer
Bild 13: Freifeldmessplatz zur Bestimmung von Windabhängigkei-   entsprechenden Rückführung. Diese geschieht letzt-
ten von Solarmodulen.
                                                                 lich auf Referenzsolarzellen. Für ihre Kalibrierung
                                                                 bzgl. der spektralen Bestrahlungsstärkeempfindlich-
Im direkten Zusammenhang ist der Aufbau weiterer                 keit werden kalibrierte Photodioden mit kalibrierten
Messplätze für eine realistischere Bewertung von                 Blenden als Bezugsnormal verwendet. In der Arbeits-
Solarmodulen zu sehen, so bezüglich Winkelabhän-                 gruppe Solarzellen wurde daher ein Messplatz für die
gigkeit, Windabhängigkeit (siehe Bild 13) sowie Be-
strahlungsstärke- und Temperaturabhängigkeit. Nach               Bild 14: Flächenmessplatze für die interne Qualitätssicherung der
                                                                 Blendenflächen von Referenzsolarzellen. links) Gesamtmessauf-
                                                                 bau, rechts) Detailansicht.

10
Abteilungsbericht 2020 – Optik

interne Qualitätssicherung dieser Messblenden und         Institut für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH)
Flächennormale entwickelt (Bild 14). Die Flächen          wurde daher ein Verfahren, das die Kalibrierung
werden im Durchlichtverfahren mit einem telezent-         von Spektroradiometern zur Messung der spektralen
rischen Kamerasystem gemessen, um durch parallele         Bestrahlungsstärke von solarer Strahlung beschreibt,
Strahlung die systematischen Messunsicherheiten           entwickelt und in der Fachzeitschrift Metrologia pub-
zu minimieren. Der Messplatz wurde mit Hilfe ver-         liziert.8 Dieser Artikel ist als Leitfaden aufgebaut und
schiedener kalibrierter Flächennormale validiert, die     präsentiert eine eingehende Diskussion des Messver-
über die Arbeitsgruppe 5.34 auf das nationale Normal      fahrens und der erforderlichen Korrekturen für solche
rückgeführt sind.                                         Messungen. Es wird eine Messunsicherheitsanalyse
                                                          gemäß GUM beschrieben, die auf einem Monte-Car-
Auch im Bereich der Metrologie für die Photovoltaik       lo-Verfahren basiert und Korrelationen weitgehend
ist eine internationale Vergleichbarkeit wichtig und      berücksichtigt. Als konkretes Anwendungsbeispiel
notwendig, deshalb wurde ein Vergleich primärer           wird die Instrumentierung und das Verfahren zur
Kalibrierungen von Referenzsolarzellen zwischen dem       Bestimmung der spektralen Bestrahlungsstärke eines
Joint Research Center European Solar Test Installati-     Sonnensimulators und die entsprechende Messun-
on (JRC ESTI) und der PTB durchgeführt. Während           sicherheitsanalyse beschrieben. Begleitend zu dieser
einer Messkampagne am Observatorium Saint-Véran           Veröffentlichung wurde der Quellcode der Software
in Frankreich vom 24.–26. Juni 2019 wurden fünf           zur Messunsicherheitsberechnung in Form eines
Referenzsolarzellen des JRC ESTI mittels der Direct       Python Skripts auf der Webseite des ISFH zur Verfü-
Sunlight Method (DSM) kalibriert. Der Vergleich mit       gung gestellt.9
den primären Kalibrierwerten der PTB, die durch die
Differential Spectral Responsivity (DSR-) Methode         Im Bereich der Einzelphotonenmetrologie wurden die
ermittelt wurden, zeigte in allen Fällen eine gute        Entwicklung metrologischer relevanter Quellen sowie
Übereinstimmung im Rahmen der angegebenen Mes-            die Charakterisierung von Einzelphotonendetektoren
sunsicherheiten (En < 1). Dieser Vergleich ist insofern   weiterverfolgt.
herausragend, da zum ersten Mal auch Referenzsolar-
zellen mit spektraler Filterung verglichen wurden.        Im Rahmen des EMPIR-Projektes SIQUST und in Zu-
                                                          sammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin
Der Vergleich von spektral-aufgelösten (mittels           wurde eine Einzelphotonenquelle auf Basis eines In-
DSR-Methode) mit spektral-integrierenden (mittels         GaAs-Quantenpunktes entwickelt und metrologisch
DSM-Methode oder Sonnensimulatoren) Messun-               charakterisiert. Die Quelle wurde zum ersten Mal für
gen und Kalibrierung erfordert u. a. eine möglichst       die radiometrische Kalibrierung von Silicium-Einzel-
exakte Kenntnis der spektralen Empfindlichkeiten          photonendetektoren (Si-SPADs) verwendet (Bild 15).
von Spektroradiometern. In Kooperation mit dem            Zu diesem Zweck wurde eine einzelne exzitonische Li-

                                                                             Bild 15: Aufbau der Halbleiter-Quanten-
                                                                             punkt-basierten Einzelphotonenquelle.

                                                                                                                       11
Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 4

nie der Quantenpunktemission mit einer Bandbreite         Emission Depletion (STED) Mikroskop untersucht
unter 0,1 nm unter Verwendung von zwei geneigten          worden. Auf dieser Grundlage soll das Präparations-
Interferenzfiltern spektral gefiltert. Außerdem, da für   verfahren hinsichtlich der Erzielung höherer Photo-
diese Anwendung hohe Zählraten unerlässlich sind,         nenraten optimiert werden.
wurde der Wirkungsgrad des Messplatzes optimiert,
um Photonenflüsse von bis zu 3,7 ∙ 105 Photonen pro       Wichtig für die Verwendung von Einzelphotonen-
Sekunde an den SPADs zu erreichen. Damit wurde            quellen im aufstrebenden Bereich der Quantentech-
eine relative Kalibrierung von zwei SPAD-Detektoren       nologien ist ihre spektrale Kompatibilität mit anderen
durchgeführt, wobei eine relative Standardmessunsi-       photonischen Geräten und gleichzeitig einen hohen
cherheit von 0,7 % erreicht wurde. Diese Kalibrierung     Fluss von schmalbandigen Photonen liefern. Hiermit
wurde mit der Standardkalibrierungsmethode unter          beschäftigt insbesondere die im letzten Jahr neu ein-
Verwendung eines abgeschwächten Lasers verifiziert,       gerichtete Nachwuchs- und Arbeitsgruppe „Quanten-
wobei eine sehr gute Übereinstimmung erreicht             technologien“ von Jun.-Prof. Dr. Andreas W. Schell
wurde. Schließlich wurde eine Allan-Varianz-Analyse       am Institut für Festkörperphysik der Leibniz-Univer-
durchgeführt, die eine optimale Messzeit, d. h. Mitte-    sität Hannover. Ein einzelnes organisches Dibenzan-
lungszeit des Photonenflusses, von 92 s ergab.10          thanthren-Farbstoffmolekül besitzt unter kryogenen
                                                          Bedingungen die gegebenen Eigenschaften und stellt
Die nächsten Schritte gehen in Richtung einer höhe-       daher eine herausragende Einzelphotonenquelle dar.
ren Photonenrate, um eine direkte Kalibrierung eines      Nichtsdestotrotz erfordert die Implementierung einer
Einzelphotonendetektors gegen einen kalibrierten,         solchen Einzelphotonenquelle einen komplexen expe-
klassischen Detektor zu realisieren.                      rimentellen Aufbau, der einen Kryostaten mit einem
                                                          konfokalen Mikroskop für die effektive Erfassung der
Nach dem Einzug der Arbeitsgruppe 4.55 in das             molekularen Emission umfasst. Bei dem hier vorge-
Laboratory for Emerging Nanosystems (kurz: LENA)          stellten Ansatz verwenden wir ein solches einzelnes
im Juni 2019 konnten bereits im ersten Jahr neue          Molekül, das direkt an die Endfacette einer optischen
Ergebnisse veröffentlicht worden. Die Arbeiten zur        Faser gekoppelt ist. Dieses kompakte Bauelement
Simulation der winkelabhängigen Emission aus Ein-         hat das Potenzial, eine auf einem Quantenemitter
zelphotonenemittern basierend auf Stickstofffehlstel-     basierende Einzelphotonenquelle von einem Proof-
lenzentren in Nanodiamanten (NV-Zentren) wurden           of-Principle-Aufbau in ein skalierbares „Plug-and-
fortgeführt und mit den Daten aus dem Experiment          Play“-Gerät zu überführen. Die Untersuchung an
verglichen, es zeigt sich eine sehr gute Übereinstim-     diesem System zeigte die erfolgreiche Kopplung eines
mung. Außerdem wurde die Orientierung der NV-             einzelnen organischen Moleküls an eine optische
Zentren durch die Messung der Fluoreszenzintensität       Faser. Des Weiteren wurden die Eigenschaften dieser
in Abhängigkeit vom Polarisationszustand des ein-         neuartigen Einzelphotonenquelle untersucht, wie das
fallenden Anregungslasers berechnet. Die Ergebnisse       Anregungsspektrum, die Emissionssättigung und die
zeigen eine gute Übereinstimmung. Weiterhin wurde         Beiträge der Raman-Hintergrundfluoreszenz. Die
die Einfangeffizienz des Konfokalmikroskopes, unter       Einzelphotonennatur der Emission wurde mittels
Zuhilfenahme des Modells der winkelabhängigen             Antibunching nachgewiesen.12
Emission, zu mehr als 80 % berechnet.11
                                                          Zeit und Frequenz
In anschließenden Arbeiten werden weitere Emitter
in Nanodiamanten hinsichtlich ihrer Eignung als
                                                          Die Aufgaben des Themenbereiches Zeit und Fre-
Einzelphotonenquellen untersucht, die wichtigen Pa-
                                                          quenz sind die Realisierung und Weitergabe der
rameter sind dabei die Photonenrate, die Bandbreite
                                                          Einheit der Zeit (Sekunde), die Darstellung und Ver-
der emittierten Strahlung, die Reinheit der Einzel-
                                                          breitung der gesetzlichen Zeit in der Bundesrepublik
photonenemission sowie die Abstrahlcharakteristik.
                                                          Deutschland, sowie die Forschung und Entwicklung
Ferner sind in einer Kooperation mit der Technischen
                                                          auf dem Gebiet von Mikrowellenuhren und optischen
Universität Braunschweig erste Proben basierend auf
                                                          Uhren sowie der dafür benötigten Infrastruktur.
NV-Zentren aus eigner Präparation im Stimulated

12
Abteilungsbericht 2020 – Optik

                                                                                                 Bild 16. Das Zeitsystem
                                                                                                 des Geodätischen Obser-
                                                                                                 vatoriums Wettzell (links)
                                                                                                 wird derzeit im zentralen
                                                                                                 Kontrollgebäude instal-
                                                                                                 liert, von dem auch die
                                                                                                 beiden Twin-Teleskope
                                                                                                 im Bild bedient werden.
                                                                                                 Die Kalibrierung des
                                                                                                 Empfängers GOWT mit
                                                                                                 dem mobilen Empfänger
                                                                                                 PTBM (rechts) erlaubt
                                                                                                 den Zeitvergleich mit der
                                                                                                 PTB mit einer Unsicher-
                                                                                                 heit von ca. 1 ns.

Die PTB trägt an wichtiger Stelle für die Durchfüh-       Kalibrierkampagne erstmals SDR-Technik verwendet,
rung von GNSS-basierten Zeitvergleichen für die Re-       um die internen Signallaufzeiten der TWSTFT-
alisierung von TAI bei. GNSS steht dabei für Global       Bodenstationen am LNE-SYRTE in Paris und an der
Navigation Satellite System (Globales Navigationssa-      PTB in Braunschweig zu bestimmen (Bild 17). Als
tellitensystem). Das Bureau International des Poids et    Ergebnis können TWSTFT-Zeitvergleiche zwischen
Mesures (BIPM) sammelt GNSS-Beobachtungsdaten             beiden Instituten nun mit einer Unsicherheit von
aus etwa 80 Zeitinstituten und bildet für die Realisie-   lediglich 0,5 ns durchgeführt werden. Die dazugehöri-
rung von TAI ein Vergleichsnetzwerk, aktuell mit der      gen Messdaten finden nach Prüfung durch das Bureau
PTB als Knotenpunkt dieses Netzwerks. 2020 wurden         International des Poids et Mesures BIPM seit Februar
Voraussetzungen geschaffen, neben GPS- auch               2020 Eingang in die Berechnung der koordinierten
Galileo-Signale zu verwenden. Für genaue Zeitver-         Weltzeit und sind damit die ersten dieser Art, die für
gleiche ist die Kenntnis der Signalverarbeitungszeiten    UTC Verwendung finden.
(„internal delays“) für die verschiedenen Frequenzen
und Modulationen der GNSS-Signale in den Emp-             Modernste Satellitentechniken wurden ebenfalls
fängern notwendig. Ein Empfänger des BIPM wurde           verwendet, um einen europäischen Frequenzvergleich
als „goldene Referenz“ für Galileo-Zeitvergleiche         von optischen Uhren und Fontänenuhren durchzu-
vereinbart. Die entsprechenden Werte der stationären      führen. In einer einmonatigen Messkampagne im
PTB-Empfänger wurden angepasst. Ein mobiler Emp-
fänger, PTBM (für mobil), erlaubt die Weitergabe der
Werte im Rahmen des EURAMET-Projekts TF-1156
an europäischen NMIs und Forschungseinrichtungen.
Die ersten Kampagnen führten zum VTT (Finnland),
ORB (Belgien), ESTEC (ESA, NL) und zum Geodäti-
schen Observatorium Wettzell (Bild 16). Es konnten
Delay-Werte von insgesamt 14 Empfängern mit einer
Unsicherheit von ca. 1 ns bestimmt werden.

Die Zweiwege-Satellitenzeit- und Frequenzüber-
tragung (TWSTFT – Two-way satellite time and
frequency transfer) ist eine primäre Technik zur
Erzeugung der koordinierten Universalzeit (UTC).
Die Vorteile dieser Technik liegen in der geringen
Kalibrierunsicherheit von ca. 1,0 ns und in der Lang-
zeitstabilität der Verbindungen. Mit der Verwendung
von softwaredefinierten Funkempfängern (SDR –
Software defined radio) konnte die Kurzzeitstabilität
der Zeitvergleiche signifikant verbessert werden. In
                                                          Bild 17: Aufbau zur Durchführung der Zweiwege-Satellitenzeitver-
einem weiteren Schritt wurde nun während einer            gleiche mit SDR-Empfängern für UTC.

                                                                                                                        13
Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 4

Bild 18: Das OTT-System
verwendet Terminals zur
Einspeisung der Daten und
am Zielort. Für entfernte
Standorte werden eine Reihe
von bidirektionalen, optischen
Inline-Verstärkern verwendet,
um die Signaldämpfung in der
Faser auszugleichen.

Rahmen des EMRP Projekts SIB55 ITOC (Interna-
                                                          Netzwerkprotokoll NTP (Network Time Protocol)
tional Timescales with Optical Clocks) wurden fünf
                                                          wird von Milliarden von Computern und smarten
optische Uhren und sechs Fontänen-Atomuhren in
                                                          Geräten zur Synchronisation ihrer eingebauten
den europäischen Metrologieinstituten PTB (DE),
                                                          digitalen Uhren verwendet. Bis vor kurzem konnten
NPL (GB), LNE-SYRTE (FR) und INRIM (IT)
                                                          hierbei nicht die Identität der verwendeten Zeitquelle
gleichzeitig betrieben und mittels fortgeschrittener
                                                          oder die Echtheit der ausgetauschten Zeitdaten si-
Satellitentechniken verglichen. Seitens der PTB waren
                                                          chergestellt werden. Andererseits wird in einer wach-
Gruppen der Fachbereiche 4.3 und 4.4 beteiligt. Dabei
                                                          senden Zahl von Anwendungen eine verlässliche,
wurden sowohl Zweiweg-Vergleiche (TWSTFT) mit
                                                          authentifizierbare Zeitquelle gefordert. Im Oktober
der vollen Transponderbandbreite eines geostatio-
                                                          2020 wurde unter maßgeblicher Mitarbeit von PTB-
nären Telekommunikationssatelliten (20 Mchip/s)
                                                          Wissenschaftlern aus den Fachbereichen 4.4. und Q.4
genutzt, als auch Frequenzübertragung mittels
                                                          die Spezifikation Network Time Security (kurz NTS)
Precise-Point-Positioning (PPP) GPS. Diese Tech-
                                                          veröffentlicht. Sie ermöglicht die Sicherung von Zeit-
niken in Kombination mit angepassten statistischen
                                                          transfer mit NTP über das Internet ohne nennenswer-
Auswertemethoden ermöglichten Frequenzvergleiche
                                                          te Genauigkeitsverluste. Weitere Details finden sich
mit relativen Unsicherheiten von wenigen 10–16, fast
                                                          unter https://www.internetsociety.org/blog/2020/10/
eine Größenordnung besser als mit herkömmlichen
                                                          nts-rfc-published-new-standard-to-ensure-secure-
Satellitentechniken.13
                                                          time-on-the-internet/.
Moderne Telekommunikationsnetze erfordern eine
                                                          Zeit- und Frequenzverteilung sind aber nicht nur
hochpräzise Synchronisation zwischen den Kompo-
                                                          eine nationale Angelegenheit, sondern erfordert eine
nenten, so auch die neuen 5G-Netze. Dies geschieht
                                                          internationale Abstimmung. CLONETS-DS (“CLock
mittels Glasfaser-basierter UTC-Verbreitung. Die
                                                          Optical NETwork Services - Design Study”) ist eine
Deutsche Telekom Technik AG hat entschieden, für
                                                          von der Europäischen Union finanzierte Forschungs-
die zukünftige Überwachung ausgewählter Punkte in
                                                          und Innovationsmaßnahme, die die Vision eines
ihrem Netz eine Methode zu testen, die von der AGH
                                                          nachhaltigen, europaweiten Glasfasernetzes für die
University of Science and Technology in Krakau ent-
                                                          Verbreitung präziser Zeit- und Frequenzreferenzen
wickelt wurde. Diese basiert auf optischer Zeitüber-
                                                          erleichtern soll, indem sie das Fachwissen von nati-
tragung (OTT), die in Zusammenarbeit mit der PTB
                                                          onalen Metrologieinstituten (NMI), akademischen
unter anderen auf Glasfaserstrecken der Deutschen
                                                          Gruppen, dem europäischen und mehreren nati-
Telekom AG (DTAG) getestet wurde, eine schemati-
                                                          onalen Forschungs- und Bildungsnetzen (NREN,
sche Darstellung ist in Bild 18 gezeigt. Die Ergebnisse
                                                          GÉANT) sowie innovativen kleinen und mittelstän-
übertreffen die Anforderungen der Internationalen
                                                          digen Unternehmen der Hochtechnologiebranche
Telekommunikationsunion ITU-T für 5G-Netze
                                                          bündelt. Das Projekt zielt darauf ab, ein gesamteuro-
deutlich.14
                                                          päisches Zeit- und Frequenzreferenzsystem als euro-
                                                          päische Forschungsinfrastruktur für die europäische
Die hochpräzise Übertragung der Zeit ist ein Aspekt,
                                                          Wissenschaftsgemeinschaft zu schaffen.
ein weiterer die Sicherheit der Übertragung. Das
14
Abteilungsbericht 2020 – Optik

Atomuhren der nächsten Generation werden
wahrscheinlich Übergänge von Atomen und Ionen
im optischen Spektralbereich nutzen. Daher ist ein
weiterer Schwerpunkt der Forschungs- und Ent-
wicklungsarbeiten in der Abteilung die Realisierung
optischer Uhren höchster Genauigkeit und Stabilität
in Hinblick auf die Neudefinition der Sekunde sowie
auch für die Untersuchung fundamentaler Fragestel-
lungen der Physik.

Die SI-Basiseinheit Sekunde kann bereits seit vielen
Jahren auch mittels optischer Uhren (als Sekundär-
normale) realisiert werden. Die prinzipiellen Vorteile
solcher Uhren gegenüber Caesium-Atomuhren
machen eine zukünftige Neudefinition der Zeitein-         Bild 20: 171Yb+-Einzelionenfalle der PTB zur Untersuchung der
                                                          kohärenten Magnetfeldrotation.
heit wünschenswert. Für einen nahtlosen Übergang
ist die möglichst genaue Kenntnis der optischen
Übergangsfrequenz der für eine Neudefinition in           Mittels einer Strontium-Gitteruhr wurde erstmals,
Frage kommenden Kandidaten mit Bezug auf die              in einer Zusammenarbeit zwischen JILA/NIST in
SI-Sekunde notwendig, die durch Caesium-Uhren als         Boulder USA und der PTB, eine Zeitskala mit rein
gegenwärtige Primärnormale realisiert wird. An der        optischen Referenzen erzeugt. Dazu diente eine
PTB haben entsprechende Messungen der Frequenz            Strontium-Gitteruhr als absolute Frequenzreferenz
der Strontium-Gitteruhr (Bild 19) mit den Caesium-        und ein ultrastabiler kryogener Silizium-Resonator
Fontänenuhren über den Zeitraum von 2017 bis 2019         als Schwungrad zur Überbrückung der Pausen der
stattgefunden. Im Ergebnis konnte die Strontium-Fre-      Gitteruhr. Über einen Monat betrug die geschätzte
quenz mit einer bei solchen Messungen niemals zuvor       Zeitabweichung dabei weniger als 0,1 ns.16
erreichten Messunsicherheit von relativ 1,5 · 10–16 be-
stimmt werden. Überdies konnte aus den Daten auch         Optische Atomuhren sind die genauesten Messin-
eine engere Grenze für eine mögliche Kopplung des         strumente, die heutzutage zur Verfügung stehen.
Massenverhältnisses von Proton und Elektron an das,       Sie sollen dabei die ungestörte Frequenz eines
auf der Erde im Jahresverlauf periodisch variierende,     atomaren Übergangs realisieren. Die Entwicklung
Gravitationspotential der Sonne gewonnen werden.15        von Verfahren zur genauen Kontrolle oder Elimi-
                                                          nierung von Frequenzverschiebungen durch äußere
                                                          Störeinflüsse sind daher ein Forschungsschwerpunkt.
                                                          In der Abteilung Optik wurde eine neue Methode
                                                          zur Unterdrückung bestimmter richtungsabhängiger
                                                          Frequenzverschiebungen entwickelt, welches auf der
                                                          Rotation eines Magnetfeldes während der Spektrosko-
                                                          pie basiert. Das Verfahren wurde erfolgreich an einer
                                                          171
                                                              Yb+-Einzelionenuhr demonstriert (Bild 20), dabei
                                                          wurde der Frequenzfehler, hervorgerufen durch eine
                                                          bewusst erzeugte Störung, auf unter 0,5 % reduziert.
                                                          Diese Verfahren ist grundsätzlich auch auf andere
                                                          Hochpräzisionsexperimente übertragbar.17

                                                          Das Projekt der Thorium-Kernuhr, einer optischen
                                                          Uhr, die auf einem niederenergetischen Kernüber-
                                                          gang im Isotop Thorium-229 beruht, wird mit Förde-
                                                          rung im Rahmen des europäischen ERC Synergy Pro-
Bild 19: Blick in die Strontium-Gitteruhr.

                                                                                                                          15
Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 4

gramms weiterverfolgt. Nachdem durch Messungen             (1542 nm) über einen optischen Frequenzkamm
der beim Kernübergang emittierten Energie bei den          auf den Abfragelaser der optischen Uhr bei 698 nm
Kooperationspartnern an der LMU München, Uni.              übertragen. In Zusammenarbeit mit einem deutschen
Heidelberg und TU Wien die Übergangswellenlänge            Hersteller von Frequenzkämmen wurde ein Stabi-
bei 150 nm präziser eingegrenzt wurde, wird jetzt          litätstransfer bis hinunter zu wenigen 1021 relativer
an der PTB ein für die resonante Laseranregung des         Frequenzinstabilität demonstriert. Dies wird auch
Kerns geeignetes Lasersystem aufgebaut.                    bei schwankenden Umgebungsparametern robust
                                                           ermöglicht durch eine Ende-zu-Ende Elimination von
Das 2019 eröffnete MPG-PTB-RIKEN-Zentrum für               Pfadlängenfluktuationen zwischen dem kryogenen
Zeit, Konstanten und fundamentale Symmetrien ver-          Resonator, Frequenzkamm und Uhren-Abfragelaser.19
eint Institutionen, die sich in einem breit angelegten
Forschungsprogramm mit der Entwicklung neuarti-            Die Expertise der PTB im Bereich der Resonator-
ger Uhren mit Atomen, Kernen und hochgeladenen             technologie hat zur Entwicklung von Aufbauten zur
Ionen, mit der Messung von Naturkonstanten, und            Messung kleinster Längenänderungen, die in das neue
mit Tests fundamentaler Prinzipien und Symmetrien          Quantentechnologiezentrum der PTB übernommen
befassen. Während der Austausch von Wissenschaft-          werden. Untersuchungsgegenstände sind Materialien
lern zwischen den Gruppen unter den Bedingungen            mit hoher zeitlicher Stabilität und geringster Tem-
der Corona-Pandämie nicht möglich war, wurde der           peraturempfindlichkeit, die wesentlich für ein große
Informationsaustausch in online-Formaten gefördert,        Anzahl von Anwendungen in der Quantentechno-
so auch durch ein stark besuchtes virtuelles “Seminar      logie, insbesondere für optische Resonatoren, sind.
on Precision Physics and Fundamental Symmetries”.18        Gemeinsam mit einem bedeutenden Glashersteller
                                                           wurde eine Kooperation zur Weiterentwicklung und
Neben der Entwicklung der optischen Uhren ist              Verbesserung der Messtechnik auf diesem Gebiet
insbesondere auch die Weiterentwicklung weiterer           vereinbart.
notwendiger Komponenten und von Infrastruktur
erforderlich, dazu gehören ultrastabile Laser als Ab-      Transportable Uhren bieten die Möglichkeit verschie-
frageoszillatoren für optische Uhren, Frequenzkämme        dene optische Atomuhren miteinander zu verglei-
und Glasfasernetzwerke für Frequenzvergleiche.             chen. In der Abteilung Optik wurde ein transporta-
                                                           bler Uhrenlaser mit einer Frequenzinstabilität von
Optische einkristalline Resonatoren sind die Grund-        3 ∙ 10–16 Bereich bei einigen Sekunden Mittelungszeit
lage für die besten ultrastabilen Laser und damit auch     entwickelt, der zu den stabilsten transportablen Laser-
für stabile optische Atomuhren. Die derzeit frequenz-      systemen weltweit gehört. Neben der Anwendung in
stabilsten Laser der Welt basieren auf Silizium-Reso-      Messkampagnen zur Bestimmung genauer Frequenz-
natoren bei kryogenen Temperaturen. Ihre Stabilität        verhältnisse zwischen optischen Uhren in relativ
ist nur noch durch das thermische Rauschen der             kurzer Zeit findet er Verwendung in der chronometri-
verwendeten Spiegel limitiert. Erstmals wurde nun          schen Nivellierung mit optischen Uhren.20
ein Silizium-Resonator mit neuartigen Spiegeln, ba-
sierend auf kristallinen AlGaAs-Mehrfachschichten,         Zu diesem Themenfeld hat die Deutsche Forschungs-
in Betrieb genommen. Damit ist ein wichtiger Schritt       gemeinschaft (DFG) die Förderung des Sonderfor-
zur Untersuchung dieser Spiegelschichten gelungen,         schungsbereichs (SFB) TerraQ – Relativistische und
die Frequenzstabilitäten bis hinab in den Bereich von      quantenbasierte Geodäsie – beschlossen. In dem von
10–18 ermöglichen sollen.                                  der Leibniz Universität Hannover geleiteten SFB
                                                           kommen neben satellitengestützten Methoden auch
Die Stabilität optischer Atomuhren, insbesondere von       Netzwerke aus Atomuhren zur exakten Bestimmung
Neutralatom-Gitteruhren, ist meist limitiert durch die     des Schwerefeldes zum Einsatz. Hierzu entwickelt die
Abfragezeit, die wiederum durch die Kohärenzlänge          PTB ihre transportablen Atomuhren und optischen
bzw. Stabilität des Abfragelasers limitiert ist. Deshalb   Signalübertragungsmethoden für den Feldeinsatz
wird die ultrahohe Stabilität des auf einen kryogenen      weiter. Damit werden Höhenvergleiche mit höherer
Silizium-Resonator stabilisierten Lasers der PTB           Genauigkeit und Ortsauflösung als mit den bisherigen
                                                           satellitengestützten Methoden möglich.
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