Medizinphysik und metrologische Informationstechnik - Abteilung 8
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Physikalisch-Technische Bundesanstalt Nationales Metrologieinstitut Abteilung 8 Medizinphysik und metrologische Informationstechnik Abteilungsbericht 2020
Abteilung 8 Medizinphysik und metrologische Informationstechnik Prof. Dr. T. Schäffter Telefon: (030) 3481-7343 E-Mail: tobias.schaeffter@ptb.de Fachbereich 8.1 Biomedizinische Magnetresonanz Dr. B. Ittermann Telefon: (030) 3481-7318 E-Mail: bernd.ittermann@ptb.de Fachbereich 8.2 Biosignale *Prof. Dr. T. Schäffter Telefon: (030) 3481-7343 E-Mail: tobias.schaeffter@ptb.de Fachbereich 8.3 Biomedizinische Optik Prof. Dr. R. Macdonald Telefon: (030) 3481-7542 E-Mail: rainer.macdonald@ptb.de Fachbereich 8.4 Mathematische Modellierung und Datenanalyse Prof. Dr. M. Bär Telefon: (030) 3481-7687 E-Mail: markus.baer@ptb.de Fachbereich 8.5 Metrologische Informationstechnik Dr. F. Thiel Telefon: (030) 3481-7529 E-Mail: florian.thiel@ptb.de FB IB.T Technisch-wissenschaftliche Infrastruktur Berlin Dr. F. Melchert Telefon: (030) 3481-7446 E-Mail: frank.melchert@ptb.de Nachwuchsgruppe 8.55 Sichere und vertrauenswürdige Systeme Titelseite: Mikroskopische Aufnahme der Tröpfchen einer Dr. J. Nordholz Wasser-in-Öl Emulsion für die digitale Droplet PCR (ddPCR). Telefon: (030) 3481-7321 Der Durchmesser der Tröpfchen beträgt etwa 118 µm. Die E-Mail: jan.nordholz@ptb.de spezifische Verstärkung eines gesuchten Nukleinsäureab- schnitts durch die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) läuft in *Leitung wahrgenommen durch derartigen Tröpfchen ab, je nachdem, ob der Abschnitt darin vorhanden ist oder nicht. Entsprechend positive Tröpfchen Auszug aus dem PTB-Organigramm werden anhand eines Fluoreszenzsignals identifiziert und (Dezember 2020) lassen sich sehr genau zählen.
Abteilungsbericht 2020 – Medizinphysik und metrologische Informationstechnik Ein vorrangiges Ziel der Abteilung ist die Entwick- fristige Aktivität an der PTB war in diesem Jahr die lung von quantitativen Mess- und Referenzverfahren Entwicklung eines Referenzmessverfahrens für den zur Unterstützung moderner medizinischer Diag- Virusgenomnachweis von SARS-CoV-2, welcher in nosen und Therapien. Die aktuelle Pandemie SARS- Zusammenarbeit mit dem Konsiliarlaboratorium für CoV-2 hat gezeigt, wie wichtig zuverlässige biomedi- Coronaviren des Instituts für Virologie der Charité zinische Messungen und labormedizinische Tests zur (Prof. Drosten) durchgeführt wurde. Dies ermöglichte erfolgreichen Bewältigung von sich schnellausbrei- die Teilnahme an internationalen Vergleichsmessun- tenden Infektionen sind. Gerade bei Epidemien ist gen zu unterschiedlichen SARS-CoV-Genom-Nach- die Qualität und Vergleichbarkeit der Messergebnisse weisverfahren, die von der Gesellschaft zur Förderung von großen Bevölkerungsgruppen von entscheidender der Qualitätssicherung medizinischer Laboratorien Bedeutung. Denn auf deren Grundlage müssen weit- e. V. (INSTAND e. V.) organisiert wurde. reichende Entscheidungen getroffen werden, z. B. zur Vorhersage des Entwicklungsverlaufs der Epidemie Ein weiteres wichtiges Themenfeld in der Abteilung oder zum Immunitätsstatus der Gesamtbevölkerung. ist die Metrologie magnetischer Nanopartikel, die seit So kann sichergestellt werden, dass gesundheitspoliti- vielen Jahren an der PTB bearbeitet wird und derzeit sche Entscheidungen auf der Grundlage genauer, na- in der Labormedizin eine wichtige Rolle einnimmt. tional und international vergleichbarer Testergebnisse Neben Forschung und Dienstleistung wurde in den getroffen werden. Es hat sich in der Pandemie auch letzten Jahren zusätzlich an der Entwicklung von gezeigt, dass medizinische Daten digital vorliegen international gültigen Standards für magnetische sollten. So kann schnell auf eine Verbreitung von Nanopartikel in der in-vitro Medizin gearbeitet. Hier Infektionen reagiert werden. Einheitliche digitale nimmt die PTB eine führende Rolle ein. Daten helfen zudem, zukünftige Krankheiten besser und früher zu erkennen. Eine Qualitätsinfrastruktur Ein weiterer wichtiger Bereich der letzten Jahre ist ist hier Schlüsselfaktor, um eine einheitliche Güte die Untersuchung maschineller Lernverfahren zur medizinischer Messdaten zu gewährleisten, die an Beschleunigung von inversen Problemen: z. B. die unterschiedlichen Zentren gemessen wurden. Dabei Bildrekonstruktion oder Lösung des statistischen sind metrologische Fragen nach Empfindlichkeit, inversen Problems in der EUV Nanometrologie. Bei- Vergleichbarkeit und Genauigkeit der Messungen von spielsweise kommen in der Magnetresonanztomogra- zentraler Bedeutung. Eine einheitliche Güte medizi- fie verstärkt iterative Rekonstruktionsverfahren zum nischer Messdaten hat erheblichen Einfluss auf die Einsatz. Zur Stabilisierung solcher Verfahren wird im Entwicklung innovativer digitaler Medizinprodukte, Allgemeinen eine sogenannte Regularisierung ein- welche Daten zum Trainieren von Verfahren des ma- gesetzt, deren Parameter allerdings meist heuristisch schinellen Lernens nutzen. Darüber hinaus müssen bestimmt werden und daher zu fehlerhaften Ergeb- gesetzlich schützenswerte Daten sicher übertragen, nissen führen können. In der Abteilung wurde ein verarbeitet und angezeigt werden. neues robustes Verfahren für die Bildrekonstruktion in der Herzfunktions-MRT entwickelt, bei dem ein Die Abteilung 8 der Medizinphysik und metrolo- maschinelles Lernverfahren bei der Regularisierung gischen Informationstechnik (IT) stellt sich diesen zum Einsatz kommt, welches die Regularisierung au- Herausforderungen und entwickelt neue empfind- tomatisch bestimmt. Im Bereich der metrologischen liche Messverfahren und Softwarelösungen. Auch Informationstechnologie wurde an der Erweiterung während der Corona-Pandemie konnten laufende eines internationalen Softwareleitfadens gearbeitet, Dienstleistungs- und Forschungsaufgaben größten- um neue Themen wie Machine Learning und Remote teils weitergeführt werden. Dazu wurde verstärkt im Verification in der nächsten Revision aufzunehmen. „Homeoffice“ bzw. in wechselnden Teams gearbeitet. Parallel laufen in der PTB Arbeiten, die Themen des Gerade während des ersten „Lockdowns“ wurden Cloud Computing und Smartphones als Anzeigetech- verstärkt Forschungsergebnisse als Publikationen nologie adressieren. Diese gewinnen für viele Techno- eingereicht und Forschungsanträge geschrieben. logien des gesetzlichen Messwesens an Bedeutung. Dazu soll in diesem Bericht auf einige ausgewählte Bereiche eingegangen werden. Eine wichtige kurz- 1
Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 8 Verbesserte und schnellere Pixeln. Ziel ist es nun, eine Bibliothek („Dictionary“) Bildrekonstruktion mittels adaptiven aus den Daten zu lernen, mit deren Hilfe sich diese Maschinellen Lernens Blöcke darstellen lassen. Die Einträge in dem Dictio- nary nennt man Atome. Da das Dictionary anhand Die Magnetresonanztomografie (MRT) wird in vielen der Bilder gelernt wird, ist es optimal an die verwen- Bereichen der klinischen Diagnostik eingesetzt. Auf- deten Daten angepasst. grund ihres ausgezeichneten Weichteilkontrasts wird auch die Funktion des Herzens vermehrt mittels MRT In der Bildrekonstruktion wird die Regularisierung untersucht. Dabei stellt die permanente Bewegung des Bildes nun über die Regularisierung aller verschie- des Zielorgans durch Herzschlag und Atembewe- denen Blöcke des Bildes erlangt. Dazu nimmt man gung eine große Herausforderung dar. Um dennoch an, dass sich jeder dieser Blöcke durch eine geeignete eine hohe Bildqualität zu gewährleisten, erfolgt die Kombination einiger weniger Atome des Dictionary Datenaufnahme typischerweise bei angehaltenem darstellen lässt. Durch die Einschränkung, dass nur Atem. Dies kann jedoch speziell für Patient*innen eine geringe Anzahl solcher Atome verwendet werden mit Herzkrankheiten schwierig sein, da sie Luft nicht darf, wird das gesamte Bild regularisiert, weil Rau- lange anhalten können. Ein wichtiges Forschungsziel schen oder Artefakte nicht durch die wenigen Atome ist es deshalb, die Dauer der MRT-Aufnahme zu darstellbar sind und deshalb durch die verwendete reduzieren, um damit eine verlässliche Diagnose auch Darstellung verschwinden. Das Finden einer geeigne- bei diesen Patient*innen zu ermöglichen. ten Kombination aus Atomen des Dictionary nennt sich Sparse Coding. Bildrekonstruktion mittels Dic- Eine schnellere Aufnahme kann durch sogenanntes tionary Learning und Sparse Coding bringt allerdings Unterabtasten der Daten erzielt werden. Bilder, die zwei wesentliche Schwierigkeiten mit sich: die Ge- direkt aus diesen aufgenommenen Daten rekonstru- samtanzahl der Atome des Dictionary (K) sowie die iert werden, beinhalten jedoch Artefakte, die die Di- Anzahl der verwendeten Atome pro Block (S) müssen agnose erschweren können. Um dennoch Bilder mit in der Regel vorab festgelegt werden. Typischerweise diagnostischer Qualität rekonstruieren zu können, werden diese Werte empirisch durch Wiederholung müssen vielfach iterative Verfahren mit geeigneten von teilweise sehr aufwendigen Experimenten be- Regularisierungsmethoden verwendet werden. Eine stimmt. Damit sind die Werte allerdings sehr stark Methode zur Regularisierung des Bildrekonstruk- an das Problem angepasst und für andere Probleme tionsprozesses basiert auf sogenanntem Dictionary womöglich suboptimal oder nicht möglich. Learning und Sparse Coding. Um das Problem rechen- technisch lösen zu können, zerlegt man das Bild in In Zusammenarbeit mit dem Institut für Technische kleinere überlappende Blöcke, z. B. Blöcke aus 8 × 8 Mathematik der Universität Innsbruck, wurde ein Bild 1: Der vorge- stellte Algorithmus (aITKrM aOMP) führt zu kürzeren Rekonstruktions- zeiten verglichen mit anderen Dictionary-Lear- ning-Ansätzen 2
Abteilungsbericht 2020 – Medizinphysik und metrologische Informationstechnik Bild 2: Realteil und Imaginärteil der rekonstruierten Bilder in der ers- ten (links, A1) und letzten (rechts, A2) Iteration. Durch Dictionary Learning und Sparse Coding re- gularisierte Bilder (B1 und B2). Die für die Regulari- sierung optimal geschätzte Anzahl von Atomen S pro Bildblock (C1 und C2). Man sieht, wie sich die optimale Wahl von S über die verschiedenen Iterationen ändert (vgl. C1 und C2) und dass S lokal und abhängig vom Bildbereich geschätzt wird, anstatt wie übli- cherweise global (d. h. ein Wert für alle Pixel). neues Verfahren für die Bildrekonstruktion in der Metrologie für Magnetische Herzfunktions-MRT entwickelt, bei dem diese Para- Nanopartikel in der Biomedizin: meter automatisch bestimmt und während der Bild- rekonstruktion optimiert werden. Es konnte gezeigt Wechselspiel zwischen Kontinuität werden, dass der vorgestellte Ansatz bis zu zehn Mal und Flexibilität schneller ist als einer der verbreitetsten Dictionary Learning Algorithmen namens K-SVD. Gleichzeitig Seit mehr als 25 Jahren bearbeitet die PTB metrolo- führt die adaptive Wahl von S zu einer verbesserten gische Fragestellungen für biomedizinische Anwen- Bildqualität und damit zu einer weiteren Verkürzung dungen von magnetischen Nanopartikeln. Durch ihre der Rekonstruktionszeiten. nanoskalige Größe werden neuartige magnetische Eigenschaften hervorgerufen, die diese Klasse von Im Gegensatz zu den meisten Deep-Learning-Verfah- Nanomaterialien so interessant für zahlreiche vor al- ren werden für diese Art von maschinellem Lernen lem auch biomedizinische Anwendungen macht. Die keine Trainingsdaten benötigt. Es wird nur die PTB begann im Jahre 1993 mit der Entwicklung des Regularisierung gelernt, nicht das diagnostische Bild. Messverfahrens der Magnetrelaxometrie (MRX), um Damit ist sichergestellt, dass das rekonstruierte Bild den Einsatz magnetischer Nanopartikel als Biosenso- immer konsistent mit den aufgenommenen Daten ist. ren zu erforschen. Der große Erfolg der MRX-Metho- Dieser Ansatz lässt sich auf viele weitere Rekonstruk- de basiert auf der extrem hohen Empfindlichkeit der tionsprobleme in der medizinischen Bildgebung über- eingesetzten SQUID-Sensoren, die zeitgleich an der tragen und könnte die weitere Entwicklung dieses PTB entwickelt wurden. Mit diesen Detektoren kann hochaktuellen Gebietes maßgeblich mitbeeinflussen. die zeitlich abklingende Antwort der magnetischen Nanopartikel auf einen kurzen Magnetfeldstimulus präzise erfasst werden, um daraus spezifische Aus- sagen über die Eigenschaften des untersuchten mag- netischen Nanopartikelsystems abzuleiten. Nach der spektroskopischen Etablierung des Verfahrens wurde 3
Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 8 es zu einem bildgebenden Verfahren für den quantita- Als ein aktuelles Beispiel können die Aktivitäten tiven Nachweis von MNP-Verteilungen für präklini- im Bereich Standardisierung magnetischer Nanop- sche Fragestellungen weiterentwickelt und in Studien artikel genannt werden. Hier ist die PTB deutscher eingesetzt. Hierfür war das 304-SQUID-System der Vertreter bei der Entwicklung von ISO Standards im PTB extrem hilfreich, das im magnetisch geschirmten TC229 „Nanotechnologies“ und Mitglied im DIN- Raum BMSR-2 der PTB betrieben wird. Arbeitsausschuss „Nanotechnologie“. Industrielle Hersteller magnetischer Nanopartikel für die in-vitro Parallel zu den Eigenentwicklungen hat die PTB Diagnostik benötigen diese Standards dringend, um eine umfassende Messinfrastruktur für die magne- den wachsenden Markt mit Milliardenumsätzen zu tische und die strukturelle Charakterisierung von regulieren. Zeitgleich werden an der PTB die für die MNP etabliert. Hierzu zählen sowohl magnetische Normen zwingend erforderlichen Referenzmessver- Messverfahren wie die DC-Magnetometrie, lineare fahren entwickelt. Wechselfeldsuszeptometrie oder die Magnet-Partikel- spektroskopie als auch strukturelle Verfahren wie die Mit der zunehmenden Bedeutung von magnetischen Dynamische Lichtstreuung, Mößbauer Spektroskopie Nanopartikeln im Gesundheitswesen treibt die PTB und Röntgendiffraktometrie. Heute ist diese Mess- auch die kontinuierliche Weiterentwicklung in allen infrastruktur wichtiger und gefragter Bestandteil des Bereichen der Messtechnik voran. Da zur aussage- PTB-Gerätezentrums „Metrologie für ultra-niedrige kräftigen Bewertung der Eigenschaftsverteilung von Magnetfelder“, das seit 2017 betrieben wird. Das magnetischen Nanopartikelproben etablierte Metho- Gerätezentrum bietet Universitäten und Industrie den an ihre Grenze stoßen, wurde eine mehrstufige Zugriff auf diese einmalige Messinfrastruktur und die leistungsfähige Analytik entwickelt. Bei dieser werden damit verbundene Expertise der PTB. die Proben in einem vorgeschalteten Verfahren nach Größenklassen fraktioniert und umfassend online Wurden zunächst die Entwicklungen und Projekte charakterisiert. Ein neu entwickelter Online-Detektor fast ausschließlich über Drittmittel geförderte Ver- übernimmt dabei die unverzichtbare magnetische bundvorhaben mit universitären und industriellen Charakterisierung der MNP. Mittlerweile wurde Partnern finanziert, folgte im Jahr 2015 die Einrich- ein markfähiger Demonstrator dieses Detektors tung der eigenständigen PTB-Arbeitsgruppe 8.23 entwickelt. Es hat sich darüber hinaus gezeigt, dass Metrologie für Magnetische Nanopartikel. Neben einer diese Technologie hervorragend zur Online-Quali- kontinuierlichen Verbesserung und Erweiterung der tätskontrolle bei der Mikroreaktionssynthese geeignet bestehenden Messinfrastruktur ist die Arbeitsgruppe ist und damit auch die Herstellung von zertifizierten sehr aktiv, um zu zukünftigen Entwicklungen magne- Referenzmaterialien maßgeblich vorantreibt. tischer Nanopartikel beizutragen. Bild 3: Die typi- schen Größen- bereiche von magnetischen Nanopartikeln im Vergleich zu Viren, Antikörpern oder Wirkstoffen machen ihren biomedizinischen Einsatz in Analytik, Diagnose und Therapie so inter- essant, erfordern aber auch eine maßgeschneiderte Metrologie 4
Abteilungsbericht 2020 – Medizinphysik und metrologische Informationstechnik Die SARS-CoV-2-Pandemie hat deutlich gemacht, se Weise können auch sehr kleine Menge viraler RNA dass labormedizinischen Tests zum Nachweis der zuverlässig nachgewiesen und quantifiziert werden. Infektion eine immense Bedeutung zukommt. Der Der Vorteil der Aufteilung auf die Tröpfchen liegt da- Ausdruck PCR (engl. Polymerase Chain Reaction) bei darin, dass das Messergebnis nicht davon abhängt, ist seitdem vielen Menschen ein Begriff. Die dafür ob in einem Tröpfen eine, zwei, oder auch mal mehr eingesetzten Testverfahren beruhen auf dem Nach- virale Nukleinsäurefragmente enthalten sind, son- weis viraler RNA mithilfe von PCR-Methoden. Dabei dern, dass dies durch einen statistischen Ansatz die werden bestimmte Sequenzen des viralen Genoms mittlere Zahl der Fragmente pro Tröpchen bestimmt hochspezifisch mittels der Polymerase-Kettenreaktion werden kann. Da andererseits die Tröpfchengröße vervielfältigt, bis sie nachgewiesen werden können. sehr gut reproduzierbar ist und auch genau gemessen Ein positives Ergebnis kommt dabei nur dann zu- werden kann, lässt sich durch Zählen der positiven stande, wenn die gesuchte virale RNA tatsächlich Ereignisse (RNA im Tröpfchen) aus dem Mittelwert vorhanden ist. Wissenschaftlerinnen und Wissen- und dem Tröpfchen-Volumen die Konzentration schaftler der Abteilung 8 der PTB hatten in diesem (Fragmente pro Volumen) der untersuchten Probe Zusammenhang bereits mit einer neuen und innovati- sehr genau bestimmen. Die digitale Tröpfchen-PCR ven Methode, der tröpfchengestützten digitalen PCR kommt somit als ein direkt zählendes Verfahren zur (ddPCR), Erfahrungen beim quantitativen Nachweis Quantifizierung der gesuchten RNA ohne Kalibrator anderer Viren (etwa von HIV) gesammelt. Die dabei (Referenzmaterial) aus. gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen konnten darauf aufbauend sehr schnell für den Nachweis von Mit der Entwicklung von Referenzmessverfahren für SARS-CoV-2 eingesetzt werden. den Virusgenomnachweis auf Grundlage der ddPCR leistet die PTB einen wichtigen Beitrag zur Sicherung Für die Tests sind Kenntnisse über die Zuverläs- von Qualität und Vergleichbarkeit der Messergebnisse sigkeit, Vergleichbarkeit und Reproduzierbarkeit sowie zur Bewertung der eingesetzten Testverfahren. der Testergebnisse kritisch. Die PTB verfolgt zur Sicherung der Qualität und Vergleichbarkeit der Optimale Transportabbildungen zur Testergebnisse u. a. die Entwicklung von Referenz- messverfahren für den Virusgenomnachweis von Lösung eines statistischen inversen SARS-CoV-2. Diese Referenzmessverfahren wurden Problems in der EUV Nanometrologie im Rahmen internationaler Vergleichsmessungen zwischen medizinischen Laboratorien untersucht. Viele neue Anwendungen in der Informationstechnik Mehr als 1000 medizinische Laboratorien beteiligten und Systeme mit künstlicher Intelligenz erzeugen sich an den Vergleichen, die von der Gesellschaft zur immer mehr Daten, die in immer kürzerer Zeit Förderung der Qualitätssicherung medizinischer La- verarbeitet werden müssen. Um dieser enormen boratorien e. V. (INSTAND e. V.) in Zusammenarbeit Herausforderung zu begegnen, sind Mikrochips mit dem Konsiliarlaboratorium für Coronaviren des erforderlich, die über die Leistungsfähigkeit der Instituts für Virologie der Charité durchgeführt wur- bisherigen hinausgehen und sich nicht mehr mit der de. Auch Labore der PTB sowie des NIST (USA) und herkömmlichen Technik herstellen lassen. Durch die des LGC-NML (UK) nahmen teil. EUV-Lithographie (Deutscher Zukunftspreis 2020) können wesentlich kleinere Strukturen als bisher Mit den von den drei nationalen Metrologie- hergestellt und so die Leistungsfähigkeit erheblich Instituten entwickelten Messverfahren wurden den gesteigert werden. verschickten Kontrollproben mit verschiedenen RNA-Konzentrationen erstmals zuverlässige und ge- Mit zunehmender Miniaturisierung wachsen dabei naue Zielwerte zugewiesen. Bei der dafür eingesetzten auch die Anforderungen an die Vermessung der ddPCR wird die zu analysierende Probe mittels einer durch EUV-Lithographie hergestellten Nanostruktu- Öl-Wasser-Emulsion auf bis zu 20 000 Tröpfchen ren. Dies motiviert die Entwicklung neuer Mess- und aufgeteilt. In jedem davon wird der entsprechende Auswertungsverfahren an der PTB. Zur zerstörungs- Genomabschnitt vervielfältigt und analysiert. Auf die- freien Messung nanostrukturierter Oberflächen wer- 5
Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 8 den optische Verfahren eingesetzt. Hierbei werden größen berechnet. Der Mittelwert dieser Verteilung die zu untersuchenden Proben mit Licht beleuchtet (Posteriorverteilung) entspricht der Schätzung des und deren Lichtstreuung (GISAXS, EUV-SAS, Scatte- Messwerts und die Verteilungsbreite der Messun- rometrie) oder auch Fluoreszenz Strahlung (GIXRF) sicherheit. Zur Berechnung der Posteriorverteilung detektiert. Aus dem Detektorsignal lässt sich die muss der Messprozess für eine hinreichend gute Nanogeometrie durch das Lösen eines statistischen Statistik einige hunderttausendmal simuliert werden inversen Problems rekonstruieren. Hierbei können (z. B. mit der sogenannten Markov-Chain-Monte- verschiedene Methoden zum Einsatz kommen (z. B. Carlo-Methode-MCMC). Für viele Anwendungen in Least Squares, Maximum-Likelihood, Maximum Pos- der optischen Metrologie sind diese Berechnungen terior, Bayes’sche Inversion). Wegen der hohen An- sehr zeitaufwändig. Daher ist die Bayes’sche Metho- forderungen an die Genauigkeit der rekonstruierten de hier nur bedingt für die praktische Anwendung Geometrie und der Bestimmung von zuverlässigen einsetzbar. Für eine Beschleunigung der Auswertung Unsicherheiten wird zunehmend die aufwändigere gibt es im Wesentlichen zwei Ansätze. Entweder die Bayes’sche Methode verwendet. Ein Beispiel für die Simulation des Messprozesses wird beschleunigt z. B. Bestimmung der kritischen Dimensionen einer EUV- durch approximierte Modelle (Surrogatmodelle) oder Lithographiemaske aus Scatterometrie-Messdaten die Anzahl der Samples für die Bestimmung der Pos- mit Hilfe einer Bayes´schen Inversion wird im Bild 4 terior wird reduziert. gezeigt. In der Zusammenarbeit der PTB-Arbeitsgruppe Bei der Bayes’schen Methode wird eine Wahrschein- Numerische Methoden mit den Arbeitsgruppen EUV- lichkeitsverteilung für die zu bestimmenden Mess- Nanometrologie in Abteilung 7 und Nichtlineare Opti- mierung und inverse Probleme am Weierstrass-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik wird eine Methode zur Approximation der Posteriorverteilung basierend auf sogenannten Transportabbildungen weiterentwickelt, um die Anzahl der benötigten Samples signifikant zu reduzieren. Die Grundidee ist einfach: Viele Posterior-Verteilungen sind nicht Gauss-förmig und haben eine komplizierte Struktur, die z. B. durch mehrere Maxima gekennzeichnet sein oder eine komplexe Form haben können. Daher versagen MCMC-Methoden oft oder benötigen einen zu hohen Rechenaufwand. Bei der Methode der Transportabbildungen wird hingegen eine einfache Verteilung (Gauss) durch eine Abbildung (Transpor- tabbildung) auf die Posteriorverteilung abgebildet. Das heißt die Transportabbildung transformiert die Gaussverteilung in die gesuchte Posteriorverteilung. Auf diese Art wird das Problem von der direkten Bestimmung der Posteriorverteilung auf die Bestim- mung der Transportabbildung reduziert. Da es unter Umständen viele Wege gibt, die Referenzverteilung in die gesuchte Posteriorverteilung zu überführen, wer- den Erkenntnisse aus der optimalen Transporttheorie verwendet, um den optimalen Weg zu finden. Im Bild Bild 4: Schema des Querschnitts einer EUV-Lithographiemaske (oben) und zweidimensionale Projektionen der durch eine Bayes´sche Inversion erhaltenen Posteriorverteilungen der kriti- schen Dimensionen der Maske (Längenangaben in Nanometer) 6
Abteilungsbericht 2020 – Medizinphysik und metrologische Informationstechnik Bild 5: Iterative Transportabbildung von einer Gauß-Verteilung zu einer nichtline- aren, bananenförmigen Wahrscheinlich- keitsdichte 5 ist dargestellt, wie die Gaussverteilung (Referenzver- Légale = Internationale Organisation für Gesetzliches teilung) iterativ durch zweimaliges Ausführen einer Messwesen) verfolgt. Transportabbildung in eine bananenförmige Vertei- lung überführt wird. Die von der OIML veröffentlichten Anforderungs- dokumente (sogenannte Recommendations = Die gesuchte Transportabbildung kann z. B. durch Empfehlungen) werden von der EU als normative Do- ein neuronales Netz gelernt werden. In einer ersten kumente betrachtet und dienen dem Ziel technische Anwendung dieser Methode auf die Auswertung von Handelshemmnisse im Sinne der WTO (World Trade GIXRF Messungen ergaben sich vergleichbare Resul- Organization) abzubauen. Herr Dr. Marko Esche vom tate zu herkömmlichen MCMC Berechnungen. Die Fachbereich 8.5 Metrologische Informationstechnik Berechnungen wurden aber in einer viel kürzeren Zeit leitet in der OIML das für Software in Messgeräten durchgeführt. Der Geschwindigkeitsvorteil liegt etwa zuständige Subcommittee SC2 im Technical Commit- bei einen Faktor 10. Die neue Methode hat einen wei- tee TC5, dessen Hauptaufgabe die Formulierung von teren Vorteil: Sollen weitere Messungen an ähnlichen allgemeingültigen Softwareanforderungen ist. Geometrien (wie z. B. in der Qualitätsüberwachung in der Produktion) ausgewertet werden, würde die Innerhalb der OIML nimmt das vom TC5/SC2 herkömmliche MCMC Methode für jede Auswertung verantwortete Dokument D31 die Rolle eines Soft- mehrere Stunden oder Tage benötigen. Die trainierte wareleitfadens ein, der von OIML TCs und SCs bzw. Transportabbildung benötigt hingegen nur Sekunden. deren Projektgruppen genutzt wird, um einheitliche Die Methode der Transportabbildungen ist nicht auf Anforderungsdokumente für softwaregesteuerte die optische Metrologie beschränkt und lässt sich Messgeräte zu erarbeiten. Nach der Verabschiedung auch in anderen Anwendungsgebieten einsetzen. der derzeit gültigen Version des Dokuments durch das Komitee für das gesetzliche Messwesen (CIML) im Oktober 2019 wurde eine sofortige erneute Revi- Erneute Überarbeitung des OIML D31 sion zur Aufnahme neuer Technologien beschlossen. Im Januar 2020 wurde zunächst ein Fragebogen veröf- Eines der Ziele der PTB ist die Gewährleistung der fentlicht, um das breite Spektrum an vorgeschlagenen internationalen Einheitlichkeit bei der Prüfung und Bewertung von gesetzlich geregelten Messgeräten. Weltweit wird dieses Ziel u. a. durch die Mitarbeit in Bild 6: geplanter zeitlicher Ablauf der D31-Revision vom ersten Working Draft (1WD) bis zum zweiten Committee Draft (2CD) der OIML (Organisation Internationale de Métrologie 7
Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 8 Themen für die laufende Revision priorisieren zu toptischen Messwerterfassung für Haushaltszähler können. Basierend auf Rückmeldungen aus 19 OIML- (E-, Gas-, Wärmezähler) untersucht werden. Die Mitgliedsstaaten wurden Schwerpunkte der Revision Messwerterfassung unterliegt dabei den wesentlichen festgelegt und drei Untergruppen zu den Themen Anforderungen der Anlage 2 MessEV. Ziele des Machine Learning, Remote Verification und Termi- Projekts sind: Das regelmäßige und abrechnungs- nologie eingerichtet. Diese haben ihre Arbeit im Mai konforme Auslesen von bereits installierten Elektri- 2020 aufgenommen und inzwischen erste Vorschläge zitätszählern zur Messung des Wirkverbrauchs von erarbeitet. Parallel laufen in der PTB Arbeiten an ei- Privathaushalten zu ermöglichen. Außerdem die nem ersten Working Draft, der zusätzlich die Themen Digitalisierung der Energiewende voranzutreiben, Cloud Computing und Smartphones als Anzeigetech- ohne dass dafür zwingend fernauslesbare sogenannte nologie adressieren wird und Ende November 2020 Smart Meter verwendet werden. Die im Rahmen veröffentlicht wird. Das Ziel ist es, die Revision des des Projekts zu entwickelnde und zu untersuchende D31 bis Ende 2022 abzuschließen und 2023 die neue Technologie soll dabei als Übergangslösung bis zur Version des Softwareleitfadens zu veröffentlichen. flächendeckenden Verfügbarkeit von MsbG-konfor- men modernen Messeinrichtungen und Smart Meter Gateways dienen. Projektpartner sind das Kölner BMWi-gefördertes Projekt zur Startup pixolus, die STRABAG AG sowie die PTB. beweissicheren fotooptischen Innerhalb des PTB-Arbeitspakets „Beweissicherheit“ Messwerterfassung ist dazu eine prototypische Implementierung des Sys- tems bestehend aus Backendserver, Smartphone-App Der vom MsbG geforderte Einsatz intelligenter Mess- und Kommunikationskanal realisiert worden. Mit systeme bestehend aus modernen Messeinrichtungen Hilfe der Implementierung soll dann die Anwend- und Smart Meter Gateways wird sich aufgrund von barkeit der generischen Anforderungen der Anlage 2 Verzögerungen bei der Zertifizierung und des zu validiert werden. Aufgabe der PTB ist es dabei die erwartenden Aufwands beim flächendeckenden Beweissicherheit einer smartphonebasierten Messwer- Zählertausch noch über einige Jahre hinziehen. Um terfassung zu untersuchen, generische Anforderungen für die Übergangszeit bereits verbaute herkömmliche für die Technologie aus dem Rechtsrahmen (MessEG Haushaltszähler an Kommunikationsnetze zu Ab- und MEssEV) abzuleiten und diese entsprechend rechnungszwecken anbinden zu können, werden neue zu validieren. Bislang wurden dazu ein Lastenheft Technologien zur beweissicheren Messwerterfassung und ein zugehöriges Pflichtenheft erarbeitet sowie benötigt. die prototypische virtualisierte Implementierung zu Validierungszwecken erstellt. Letztere soll nun ausgie- Im Rahmen des Verbundvorhabens eVIDENCE soll big getestet werden. Die Gesamtlaufzeit des Projekts die Machbarkeit einer solchen beweissicheren pho- beträgt drei Jahre. Bild 7: Antizipierter Ablauf der Kom- munikation zwischen Smartphone- App und Backend zur Erfassung eines beweissicheren Zählerfotos auf mobilen Endgeräten. 8
Abteilungsbericht 2020 – Medizinphysik und metrologische Informationstechnik In Schlagzeilen: Nachrichten aus der Abteilung Grundlagen der Metrologie Untersuchung der temperaturabhängigen Aufzeichnung von MPI-Systemfunktionen und Projekt zur Entwicklung eines Managementsystems deren Rekonstruktion für die Qualitätskontrolle bei der Charakterisierung Die Bildrekonstruktion bei der Magnetpartikelbildge- magnetischer Nanopartikel bung (MPI) ist von vielen Einflussgrößen abhängig. Für die Qualitätskontrolle von magnetischen Nano- In einem Forschungsprojekt soll der Einfluss der partikeln ist ein Managementsystem unabdingbar, Temperatur auf den Prozess der MPI-Scanner-Kalib- um eine geordnete und zuverlässige Dokumentation rierung (sog. Systemfunktionsaufnahme) untersucht verschiedener Proben und deren Messwerte zu werden. Dies soll in einem speziellen Versuchsaufbau ermöglichen. Das stetig wachsende Interesse an mag- realisiert werden, die die Probentemperatur der MNP netischen Nanopartikeln und die damit verbundenen über die gesamte Aufnahmezeit der Systemfunktion zahlreichen Anfragen an die PTB zur magnetischen thermisch überwacht und regelt. Die Auswirkung des Charakterisierung führen zu einem hohen Probenauf- Temperatureffekts auf die Systemfunktion und die kommen. Dies stellt derzeit eine große Herausfor- damit verbundene Bildrekonstruktion wird qualitativ derung für die Qualitätssicherung dar. Aus diesem und quantitativ evaluiert. (P. Kyri, FB 8.2, phillip. Grund soll ein neues Produktdokumentationssystem kyri@ptb.de) entwickelt werden, das sowohl für die Nutzer intuitiv anwendbar, als auch konform mit der ISO Norm Neue Röntgenstreuanlage zur Vermessung 17025:2018 und den allgemein geltenden GLP (Good magnetischer Nanopartikel Laboratory Practice) -Regeln ist. Bisher wurde ein Für die Charakterisierung von magnetischen Na- Konzept entwickelt, auf dessen Grundlage dann das noteilchen werden an der PTB eine Vielzahl von Produktdokumentationssystem zur Verbesserung der Messmethoden entwickelt und verwendet. Mit der internen Qualitätssicherung erstellt werden soll. Es neu beschafften Röntgenstreuanlage zur Messung wird angestrebt, das neue Produktdokumentations- der Klein- und Weitwinkelstreuung (sog. SAXS und system in Zukunft auch anderen Laboreinrichtungen WAXS Verfahren) können nun auch Nanoteilchen für magnetische Nanopartikel zur Verfügung zu stel- mit Größen kleiner als 20 nm mit hoher Genauigkeit len. (A. Krasniqi, FB 8.2, arlind.krasniqi@ptb.de) vermessen werden. Darüber hinaus sind damit auch Informationen über die Kristallstruktur und die Dich- Simulationsumgebung für die thermische te der Teilchenkerne erhältlich, letzteres ist für die Rauschmagnetometrie Untersuchung sogenannter Multikern-Nanopartikel Derzeit wird in einem DFG-Forschungsprojekt in von großer Bedeutung. Für hochpräzise Untersu- Zusammenarbeit mit der Universität Gent in Belgien chungen der physischen Struktur von Nanoteilchen das Verfahren der thermischen Rauschmagnetometrie kann die Anlage mit einer vorhandenen Fluss- entwickelt. Dabei erlaubt die Messung thermischer Feldfluss-Fraktionieranlage zur größenabhängigen Fluktuationen eines Ensembles magnetischer Na- Auftrennung von Nanopartikelverteilungen gekoppelt nopartikel Aussagen über die Eigenschaften des zu werden. (D. Eberbeck, FB 8.2, dietmar.eberbeck@ptb. untersuchenden Nanopartikelsystems. Vorteilhaft bei de) dieser Methode ist dabei der Verzicht auf zusätzliche Magnetfelder, die die Eigenschaften der magnetischen Laborvergleich mit Slowenien zur Messung der Nanopartikel negativ verändern könnten. Um das statischen Magnetisierung von magnetischen Verfahren zu etablieren, ist eine Simulationsplattform Nanopartikeln entwickelt worden, um die Experimente effektiver Im Rahmen eines DAAD-Projektes mit der Uni- gestalten zu können. Anhand von Simulationsrech- versität Ljubljana (Slowenien) wurden von der PTB nungen konnten bereits geometrische Einflüsse wie Vergleichsmessungen der statischen Magnetisierung Abstandsabhängigkeiten, Probenvolumina und Kon- mit zwei typengleichen Magnetometern vorgenom- zentrationsbereiche untersucht und optimiert werden, men. Die erzielten Ergebnisse belegen, wie wichtig die die anschließend experimentell validiert wurden. Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Laboren (K. Everaert, FB 8.2, katrijn.everaert@ptb.de) ist, die mit denselben magnetischen Messgeräten ar- beiten und tragen zur Harmonisierung magnetischer Messtechniken für die Charakterisierung magneti- 9
Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 8 scher Nanopartikel bei. Diese Untersuchungen stellen magnetischen und elektrischen Dipolmomenten einen wichtigen Baustein für die Bereitstellung eines von Atomkernen über die Spinpräzession in sehr Referenzmessplatzes an der PTB für die Messung der niedrigen Magnetfeldern“ bei der DFG eingereicht. statischen Magnetisierung von magnetischen Nano- Der Gutachter beurteilte im Abschlussbericht das partikeln dar. (P. Radon, FB 8.2, patricia.radon@ptb. Vorhaben als „exzellent“ und betonte die sehr struk- de) turierte und professionell durchgeführte Arbeit. Eine in diesem Jahr an der PTB entwickelte und evaluierte Multimodale Charakterisierung von magnetischen Auswertemethode wurde auf die bereits erhobenen Nanopartikeln Daten angewendet und führte zu einer nochmaligen Neben dem magnetischen Verhalten magnetischer Reduktion der statistischen Unsicherheit um den Fak- Nanopartikel (MNP) ist die Bindung von Antikör- tor zwei. Dieses Ergebnis ist als weitere Publikation pern oder anderen Proteinen an MNP entscheidend eingereicht. (W. Kilian, FB 8.2, wolfgang.kilian@ptb. für neue biomedizinische Anwendungen, wie z. B. de) der magnetischen Hyperthermie im Patienten. Zur Sicherung der Qualität der MNP für solche medizini- Projektstart ANGIS (Axion Noble Gas Interaction schen Anwendungen ist daher die Charakterisierung in the Short-range) der Hüllschicht (z. B. Polymere, Silica) der MNP von Mit der Universität von Indiana (USA) wurde ein großer Bedeutung. Geeignete integrale Messverfahren neuer Kooperationsvertrag unterzeichnet. In dem zur Bestimmung der Dicke der Hüllschicht sind z. B. darin beschriebenen Forschungsvorhaben wird un- die dynamische Lichtstreuung und die Wechselfeld- tersucht, ob eine neuartige, kurzreichweitige Wechsel- suszeptibilität, sowie die Kleinwinkelstreuung von wirkung zwischen Masse und Kernspins vermittelt Röntgenstrahlen (SAXS) und Neutronen (SANS). durch sogenannte „Axione“ existiert. Derartige SANS hat dabei den immensen Vorteil, mittels der Phänomene werden in Theorien jenseits des Stan- Kontrastvariation auch auf die Dichte der Hülle mit dardmodells der Kern- und Teilchenphysik postuliert, hoher Empfindlichkeit zu reagieren. Diese Verfahren um u. a. kosmologische Beobachtungen zu erklären, sind jedoch indirekte Messverfahren, so dass die die zur Vorhersage der „dunklen Materie“ führten. Analyse der Daten inverse Verfahren erfordert. Es So wurde ein neuer Aufbau konstruiert und aus un- wurde ein modellbasiertes Verfahren gewählt, um die magnetischen Materialien in der Kunststoffwerkstatt Beschreibung der Daten an die, nach Bindung der gefertigt. Ein Doktorand der Universität von Indiana, MNP an das Protein, komplizierten Gesamtstruktur mit einem halbjährigen DAAD-Stipendium, wird die zu ermöglichen. Um trotzdem ein hohes Maß an am Ende des Jahres beginnenden Experimente im Robustheit bei der Auswertung bzw. eine geringe Un- Berliner magnetisch geschirmten Raum (BMSR2.1) sicherheit der zu bestimmenden Strukturparameter begleiten. (S. Knappe-Grüneberg, FB 8.2, silvia. zu erreichen, etablierte die PTB ein Verfahren, das knappe-grueneberg@ptb.de) es erlaubt, das Modell an die Datensätze mehrerer Messverfahren und mehrerer Proben gleichzeitig zu Erfolgreicher Abschluss des DFG-Projektes fitten. In Kooperation mit dem Jülicher Zentrum für Gerätezentrum „Metrologie für ultra-niedrige Forschung mit Neutronen (JCNS), welches die SANS- Magnetfelder“ Messungen durchführte, konnten so die Dicke und Die Infrastruktur der Abteilung 8 zur Messung die Dichte von gebunden MNP-Schichten ermittelt niedrigster Magnetfelder ist weltweit einzigartig werden (D. Eberbeck, FB 8.2, dietmar.eberbeck@ptb. und wird kontinuierlich weiterentwickelt. Um die de) außerordentlichen Messmöglichkeiten außerhalb der PTB bekannt und verfügbar zu machen, finanzierte Erfolgreicher Abschluss des DFG-Projektes die DFG (seit 2017) das Gerätezentrum „Metrologie „Xe-EDM“ für ultra-niedrige Magnetfelder“. Während der Finan- Nach der erfolgreichen Publikation im Jahr 2019 zierungsperiode konnten mehr als 190 Experimente (Sachdeva et al., Phys. Rev. Let. 143003, 2019) externer Forschungseinrichtungen, Universitäten und wurde zu Beginn des Jahres der Abschlussbericht der Industrie durch das Gerätezentrum erfolgreich zum Vorhaben „Hochauflösende Messungen von durchgeführt werden. Dabei lag die Anzahl der Mes- 10
Abteilungsbericht 2020 – Medizinphysik und metrologische Informationstechnik sungen für Industriekunden bei etwa 10 %. Durch die dung. Durch die Kombination dieser Verfahren sollen Messkampagnen konnten neue Kooperationspartner die pathologische Schlüsselparameter bei von Nie- in verschiedensten Forschungsrichtungen gewonnen renerkrankungen umfassend charakterisiert werden werden, wie z. B. eine Kooperation mit der Univer- und MR-Verfahren validiert werden. (D. Grosenick, sität UMIT, Österreich und Universität Warschau, FB 8.3, dirk.grosenick@ptb.de) Polen, die auch nach dem Ende des DFG-Projektes fortgeführt werden. Ebenso konnte das Gerätezent- Vergleichende Untersuchungen zur Tomosynthese rum als feste Institution in der PTB Berlin etabliert und zur 3D-Rekonstruktion in der diffusen werden, um weiterhin Messungen in ultra-niedrige optischen Bildgebung Magnetfelder für externe Nutzer anbieten zu können. Eine in der diffusen optischen Bildgebung häufig Dieses Fazit wurde durch die DFG-Begutachter des verwendete Methode für die Visualisierung von Abschlussberichts mit der Bestnote bewertet und die Inhomogenitäten im Gewebe ist die dreidimensionale Förderung als „herausragend erfolgreich“ bezeichnet. Rekonstruktion der optischen Eigenschaften. Der (K. Rolfs, FB 8.2, katharina.rolfs@ptb.de) damit verbundene große Rechenaufwand lässt sich mit dem alternativen Verfahren der Tomosynthese Bildgebende Durchflusszytometer für vermeiden. Die PTB hat jetzt zusammen mit Wissen- Fluoreszenzbilder und Streulichtmuster schaftlern von der Universität Tandil (Argentinien) Ein optisches Durchflusszytometer wurde mit zwei beide Verfahren miteinander verglichen. Dabei wurde kostengünstigen CMOS-Kameras erweitert, um das die Tomosynthese mit Hilfe eines Störungsansatzes an Zellen und Partikeln gestreute Licht und das von so erweitert, dass auch diese Methode quantitative Er- ihnen emittierte Fluoreszenzlicht räumlich aufgelöst gebnisse zur Absorption liefert. Die Untersuchungen detektieren zu können. Erste Messungen an biologi- wurden sowohl an Hand von Monte Carlo-Simulati- schen Zellen sowie Polymer-Mikropartikeln zeigen onen zur Lichtausbreitung in Gewebe, als auch von eine große Vielfalt an winkelaufgelösten Intensitäts- Messungen an gewebeähnlichen Phantomen durch- verteilungen des Streulichts in Vorwärtsrichtung. geführt. Dabei zeigte sich, dass die Tomosynthese zu Durch Vergleich mit numerischen Simulationen, einer besseren Lokalisierung der Inhomogenitäten wie der Methode gekoppelter Dipole (DDA) oder führt. Die Arbeit wurde in der Fachzeitschrift „Bio- T-Matrix-Verfahren können Aggregate und Koinzi- medical Physics & Engineering Express“ veröffent- denzen bei der Partikelzählung identifiziert werden, licht. (D. Grosenick, FB 8.3, dirk.grosenick@ptb.de) so dass perspektivisch die Genauigkeit der Zellzäh- lung verbessert werden kann. (J. Gienger, A. Hoppe, Tiefenselektivität von Verfahren der M. Hussels, FB 8.3, jonas.gienger@ptb.de, alexander. zeitlaufgelösten funktionellen hoppe@ptb.de, martin.hussels@ptb.de) Nahinfrarospektroskopie (fNIRS) des Gehirns Die Messung von Photonen-Laufzeitverteilungen mit Multimodale präklinische Studie zu Pikosekunden-Zeitauflösung ermöglicht die Unter- Nierenerkrankungen scheidung der relevanten Absorptionsänderungen im Die PTB führt zusammen mit ihren Kooperations- Gehirn von extrazerebralen, systemischen Effekten. partnern Max-Delbrück-Centrum für molekulare Die Analyse der gemessenen Laufzeitverteilungen Medizin und Charité-Universitätsmedizin Berlin, basiert auf Momenten (Integral, mittlere Laufzeit, präklinische Untersuchungen zu den Mechanismen Varianz) oder Photonenzahlen in verschiedenen akuter und chronischer Nierenerkrankungen durch. Zeitfenstern. Anhand von Simulationen wurde unter- Zu diesem Zweck werden pathophysiologisch re- sucht, mit welchen dieser Analysemethoden die beste levante Testreize eingesetzt, um deren Einfluss auf Tiefenselektivität erzielt werden kann und wie diese die Oxygenierung und Hämodynamik der Niere zu von wesentlichen experimentellen Faktoren abhängt. untersuchen. Als Messmethoden kommen Ultrahoch- In einer zweiten Arbeit wurden Messungen an Zwei- feld-Magnetresonanzbildgebung (MR), quantitative schichtphantomen einbezogen und eine Bewertung invasive physiologische Methoden und die von der anhand des Produktes von Tiefenselektivität und PTB entwickelte quantitative Nahinfrarotspektrosko- Kontrast-zu-Rausch-Verhältnis vorgenommen. Die pie in einem integrierten Hybridaufbau zur Anwen- Varianz der Laufzeit erwies sich als geeignetste der 11
Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 8 betrachteten Größen. Beide Arbeiten sind Teil lang- ben dem gegenseitigen Austausch von Probenmaterial jähriger Zusammenarbeit der PTB mit dem Akade- soll die Expertise auf Seiten des NIST bei Untersu- mie-Institut für Biokybernetik und biomedizinische chungen zur Struktur und Dynamik von Proteinen Technik in Warschau (Polen) und der Universität mit den Methoden zur Erzeugung und zum hoch Politecnico di Milano (Italien) in EU-Projekten, u. a. empfindlichen Nachweis von Xenon in der kernma- dem Europäischen Netzwerk (ITN) „Brain injury and gnetischen Resonanz bei der PTB verknüpft werden. trauma monitoring using advanced photonics“ (Bit- (L. Mitschang, FB 8.3, lorenz.mitschang@ptb.de) Map, 2016–2019). Beide gemeinsamen Publikationen erschienen in der Fachzeitschrift „Biomedical Optics Entwicklung eines virtuellen Durchflussmessgeräts Express“. (H. Wabnitz, 8.3, heidrun.wabnitz@ptb.de) Einbauelemente in Rohrleitungen verursachen Strömungseffekte, welche die Messgenauigkeit von Genauere Bestimmung der optischen Eigenschaften Durchflussmessgeräten verschlechtern. Die am in einem turbiden Zweischichtmedium durch häufigsten vorgefundenen Einbauelemente in Rohr- Kombination räumlicher und zeitlicher Messungen leitungssystemen sind Rohrbögen. Um den Messwert Vor dem Hintergrund der Quantifizierung in der eines Durchflussmessgeräts, welches hinter einem zerebralen Oximetrie ist die genaue Bestimmung des Rohrbogen eingebaut ist, korrigieren zu können, optischen Absorptionskoeffizienten in der unteren muss das Strömungsprofil an der Einbaustelle be- Schicht eines Zweischichtmediums von besonderer kannt sein. Zur möglichst genauen Simulation eines Bedeutung, wird jedoch durch den diffusen Charak- solchen Profils wurden hybride Turbulenzmodelle ter der Lichtausbreitung in Gewebe erschwert. Im mit dem Open-Source-Strömungslöser OpenFOAM Rahmen seiner Promotionsarbeit entwickelte der anhand der Strömung hinter einem Standard- PTB-Doktorand im Europäischen Netzwerk (ITN) Rohrbogen validiert. Da in Rohrleitungssystemen „Brain injury and trauma monitoring using advanced Rohrbögen mit diversen Krümmungsradien verbaut photonics“ (BitMap, 2016–2019) ein neues Verfahren sind und die Berechnung mit numerischen Strö- zur Lösung dieses inversen Problems für Messungen mungssimulationen relativ zeitaufwändig ist, wird ein bei verschiedenen Abständen von Quelle und Detek- mathematisches Modell basierend auf Simulations- tor und mit Pikosekunden-Zeitauflösung und wandte daten und Messwerten hergeleitet. Dadurch wird die es bei der Auswertung von Zweischicht-Phantom- Vorhersage des Strömungsprofils in Echtzeit möglich. Messungen unter Einsatz eines Monte-Carlo-Modells Durch Anwendung der Wirkungsweise eines Durch- an. Das neue Verfahren nutzt aus, dass die Effekte flusszählers wird dann eine Fehlervorhersage und von Absorption und Streuung in der zeitlichen und damit eine Korrektur des Messwerts möglich sein. räumlichen Domäne unterschiedlich korreliert sind. Die Arbeiten sind in das PTB-Kompetenzzentrum Durch Kombination der Information aus beiden Virtuelle Metrologie (VirtMet) eingebettet. (A. Weis- Domänen gelang eine genauere Bestimmung der senbrunner, FB 7.5/8.4, andreas.weissenbrunner@ptb. optischen Eigenschaften der unteren Schicht als in de; S. Schmelter, FB 8.4, sonja.schmelter@ptb.de) jeder der beiden Domänen allein. Die Arbeit wurde in der Fachzeitschrift „Biomedical Optics Express“ Rekonstruktion von reduzierten Infrarot- veröffentlicht. (L. Yang, H. Wabnitz, FB 8.3, heidrun. Messungen mittels Low-Rank Verfahren wabnitz@ptb.de) Das hochaufgelöste Messen mittels scan-basierter Verfahren ermöglicht detaillierte Aufnahmen der Projektkooperation zur Charakterisierung chemischen Zusammensetzungen von Oberflächen. biologischer Makromoleküle mit dem NIST Um diese zeitintensiven Messverfahren zu beschleu- Das National Institute of Standards and Technolo- nigen, wurde in der Arbeitsgruppe „Datenanalyse und gy, das nationale Metrologieinstitut der USA und Messunsicherheit“ im Rahmen des DFG-Projektes die PTB haben sich zu einer Projektkooperation „Bayesian Compressed Sensing“, zusammen mit zusammengeschlossen. Im Mittelpunkt stehen der FU Berlin (Prof. Rühl) und der Arbeitsgruppe die Entwicklung und Anwendung metrologischer Infrarot-Spektrometrie, eine neue „Low-Rank“ Messverfahren der kernmagnetischen Resonanz zur Methode zur Datenrekonstruktion entwickelt. Mit Charakterisierung biologischer Makromoleküle. Ne- der Methode konnte ein komplexer biologischer 12
Abteilungsbericht 2020 – Medizinphysik und metrologische Informationstechnik Datensatz auf Basis von nur 5 % der ursprünglichen Statistische Versuchsplanung mithilfe Bayesscher Infrarotmessungen erfolgreich rekonstruiert werden. Statistik Eine Open-Source Python Bibliothek ermöglicht die Bei der Planung von Experimenten kommt insbeson- einfache Anwendung des Verfahrens. (M. Marschall, dere der Länge einer Messreihe eine besondere Bedeu- FB 8.4, manuel.marschall@ptb.de, G. Wübbeler, tung zu. Eine zu lange Messreihe ist mit finanziellem FB 8.4, gerd.wuebbeler@ptb.de, B. Kästner, FB 7.1, bzw. zeitlichen Aufwand verbunden, während eine bernd.kaestner@ptb.de, C. Elster, FB 8.4, clemens. zu kleine Zahl von Messungen zu einem unbrauch- elster@ptb.de) baren Ergebnis führen kann. In der Arbeitsgruppe Datenanalyse und Messunsicherheit wurde mithilfe Thermische Ausdehnung von einkristallinem Bayesscher Statistik hierfür ein Verfahren entwickelt, Silizium welches darauf abzielt, dass die Unsicherheit der In Zusammenarbeit der Arbeitsgruppen Datenana- Messgröße unter einer gewünschten Maximalunsi- lyse und Messunsicherheit und Interferometrie an cherheit liegt. (J. Martin FB 8.4, joerg.martin@ptb.de, Endmaßen wurde ein neues statistisches Verfahren C. Elster FB 8.4, clemens.elster@ptb.de) angewendet, um die Abhängigkeit des thermischen Ausdehnungskoeffizienten von einkristallinem Sili- Maschinelles Lernen für Anwendungen in der zium von Temperatur und Luftdruck zu bestimmen. optischen Mestechnik Das statistische Verfahren benutzt die Technik des In einer Zusammenarbeit der PTB-Arbeitsgruppen „Bayesian Model Averaging“, die eine zuverlässige Er- Datenanalyse und Messunsicherheit und Asphären- mittlung von Unsicherheiten auch im Falle möglicher metrologie wurden Techniken des Deep-Learning im Fehler bei der Wahl des zugrundeliegenden Modells Hinblick auf ihre Eignung für die Rekonstruktion erlaubt. Die ermittelten Ergebnisse stimmen mit optischer Oberflächen untersucht. Die Untersu- denen in der Literatur überein, haben aber kleinere chungen basieren auf einer Datenbank, die mit dem Unsicherheiten als die CODATA-Referenzdaten. PTB-Simulationstool SimOptDevice erstellt wurde. Außerdem konnte keine nennenswerte Abhängigkeit Erste Ergebnisse sind vielversprechend und wurden des Ausdehnungskoeffizienten vom Luftdruck festge- publiziert. (L. Hoffmann, FB 8.4/4.2, lara.hoffmann@ stellt werden. (J. Martin, FB 8.4, joerg.martin@ptb.de, ptb.de; I. Fortmeier, FB 4.2, ines.fortmeier@ptb.de; G. Bartl, FB 5.4, guido.bartl@ptb.de, C. Elster, FB 8.4, C. Elster, FB 8.4, clemens.elster@ptb.de) clemens.elster@ptb.de) Entwicklung eines einfachen Verfahrens zur Aufspüren von unerwartetem Verhalten von Bayesschen Messunsicherheitsberechung für lineare neuronalen Netzen Modelle Neuronale Netze sind ein Verfahren des maschinellen In der Metrologie liegt oft Vorwissen über eine Lernens und fähig, anhand von Daten komplexe Messgröße vor, welches jedoch im Rahmen von GUM Zusammenhänge zu erlernen. Wenn nach diesem Messunsicherheitsberechnungen nicht berücksichtig Training neue Datenpunkte in den Algorithmus ein- werden kann. Bayessche Methoden erlauben die gegeben werden, produziert das neuronale Netz eine Berücksichtigung von Vorwissen, die entsprechenden Vorhersage. Unterscheidet sich die Eingabe aber zu Berechnungen sind allerdings oft aufwendig und er- sehr von dem Datensatz, der zum Training des Netzes fordern statistische Kenntnisse. In der Arbeitsgruppe verwendet wurde, kann dies jedoch zu unerwartetem Datenanalyse und Messunsicherheit wurde daher ein Verhalten führen. In der Arbeitsgruppe Datenanalyse einfaches Monte-Carlo Verfahren zur Bayesschen und Messunsicherheit wurde ein Verfahren entwickelt, Messunsicherheitsberechung für die in der Metrologie dass eine statistische Größe, die sog. Fisher Informati- häufig auftretenden linearen Modelle entwickelt. Das on benutzt, um derartiges Fehlverhalten zu erkennen. Verfahren wurde in einer Veröffentlichung in der (J. Martin FB 8.4, joerg.martin@ptb.de, C. Elster Zeitschrift Metrologia beschrieben und als Open- FB 8.4, clemens.elster@ptb.de) Source Python-Software bereitgestellt. (G. Wübbeler, FB 8.4, gerd.wuebbeler@ptb.de, M. Marschall, FB 8.4, manuel.marschall@ptb.de, C. Elster, FB 8.4, clemens. elster@ptb.de) 13
Abteilungsbericht 2020 – Abteilung 8 PTB-LNE Kooperation zur Bayesschen Magnetische Referenzkörper aus dem 3D-Druck Messunsicherheitsermittlung Additive Fertigungsverfahren gelten als Schlüssel- In einer Kooperation der PTB mit dem französischen technologie für die industrielle Produktion und Metrologieinstitut LNE wurde eine neue Methode zur Wertschöpfung der Zukunft. Darüber hinaus besitzt Bayesschen Unsicherheitsermittlung entwickelt und diese neue Fertigungstechnologie das Potential, auf publiziert. Das Verfahren lässt sich in einfacher Weise metrologische Herausforderungen noch effizienter auf eine große Klasse von Modellen in der Metrologie und flexibler reagieren zu können. In den letzten anwenden. Im Gegensatz zum Standardverfahren für Jahren konnten in der PTB die AG 8.23 Metrologie für die Messunsicherheitsermittlung („GUM“) erlaubt die magnetische Nanopartikel zusammen mit dem Geräte- entwickelte Methode vorhandenes Vorwissen über die bau Berlin erhebliche Fortschritte bei der Erstellung Messgröße zu berücksichtigen, was zu deutlich klei- von Referenzproben und -modellen für die Verteilung neren Unsicherheiten führen kann. Die Anwendung magnetischer Nanopartikel machen. Diese basieren des Verfahrens wird durch „open source software“ auf einem einzigartigen Verfahren zur gezielten mag- unterstützt. (C. Elster, FB 8.4, clemens.elster@ptb.de) netischen Manipulation von Ausgangsmaterialien für die additive Fertigung. Im Rahmen einer Masterarbeit war es nun möglich, modulare Phantome mit defi- Metrologie für die Wirtschaft nierten magnetischen und optischen Eigenschaften für die flexible Qualitätssicherung und Kalibrierung Innovative magnetische Messtechnik der PTB von medizinischen Bildgebungsverfahren zu erstellen. unterstützt die Nanopartikelanalytik Ein daraus entstandenes Metrologie-Kit für eine neue Die Arbeitsgruppe 8.23 Metrologie für magnetische Bildgebungsmodalität (Magnetpartikelbildgebung), Nanopartikel hat einen Technologietransfer im um die Qualität der Ergebnisse zu sichern. (N. Löwa, Rahmen des TransMeT-Programms erfolgreich FB 8.2, norbert.loewa@ptb.de) abgeschlossen. Projektpartner war dabei die Post- nova Analytics GmbH, ein Hersteller von Systemen Verlängerung des Netzwerks NetPhaSol zur Fluss-Fraktionierung mit gekoppelter Online- Das im September diesen Jahres ausgelaufene Netz- Analytik für die Charakterisierung von Makromo- werk für Wirkstoffentwicklung „NetPhaSol“, welches lekülen und Nanopartikeln. Mit Hilfe der hohen durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Fertigungspräzision im Gerätebau Berlin und dem Energie im Rahmen des Förderprogramms „Zentrales Einsatz neuer Technologien (z. B. 3D-Druck) ist ein Innovationsprogramm Mittelstand“ (ZIM) über drei hochleistungsfähiges Tischgerät entstanden, welches Jahre lang gefördert wurde, wird weiter fortgeführt. sich als Durchfluss-Detektor für die Quantifizierung NetPhaSol dient als Plattform für die Forschung, Ent- und Charakterisierung von Mikro- und Nanoparti- wicklung und Vermarktung von neuen Produkten, keln eignet. Dieses wurde in die Geräteplattform von Verfahren und Dienstleistungen in der Arzneimittel- Postnova eingegliedert. Im Vergleich mit dem an entwicklung. Der Fokus liegt primär auf den ersten der PTB vorhandenen Referenzsystem beeindruckt Stufen der Wertschöpfung eines Drug Discovery Zyk- der seriennahe Prototyp mit einer Steigerung der lus. Über 50 Unternehmen und Wissenschaftseinrich- Nachweisempfindlichkeit (20 ng(Fe)/mL) bei gleich- tungen haben sich bereits im Netzwerk zusammenge- zeitig deutlich verkürzten Messzeiten (20 ms). Die schlossen, darunter das Max-Delbrück-Centrum für Leistungsfähigkeit des Detektors wurde erfolgreich in Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft zwei Anwendungsbereichen demonstriert: als Chro- (MDC), das Leibniz-Forschungsinstitut für Molekula- matographie-Detektor für die Partikel-Fraktionierung re Pharmakologie (FMP) und Unternehmen wie EPO bei Postnova sowie als Monitoring-System während Berlin-Buch, InnoRa und 3B Pharmaceuticals. Die der kontinuierlichen Nanopartikelsynthese am Fraun- PTB wird auch weiterhin den Verbundpartnern des hofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme Netzwerks seine Infrastruktur zur Charakterisierung IMM Mainz. (N. Löwa, FB 8.2, norbert.loewa@ptb.de) von magnetischen Nanopartikeln anbieten. (F. Wiek- horst, FB 8.2, frank.wiekhorst@ptb.de) 14
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