Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie - Österreichische ...
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Weitere Themen und Inhalte auf www.universimed.com Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie EUR 9,– Jahrgang 26/2021 ISSN 1997-8308 Österreichische Post AG, MZ 09Z038204M, Retouren an PF 555, 1008 Wien, Universimed CMC GmbH, Markgraf-Rüdiger-Straße 6–8, 1150 Wien 2 / 2021 ARTHROSE KNOCHENREGENERATION RHEUMA UND COVID-19 Zelltherapie aus Mesenchymale Therapie auch in der Fettgewebe Stromazellen und neue Pandemie fortsetzen zellfreie Therapien © iStockphoto.com/Devrimb FOKUSTHEMA Forschung & Innovation
Editorial ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE THE NEW BIG MEDICAL Neuer Challenge, neues Teamplay. Zwei führende medizinische Verlage und einer der wichtigsten Fortbildungsanbieter vereinen ihre Kräfte unter dem gemeinsamen Dach der FUTUR Holding GmbH. Ein wichtiger und visionärer Schritt. So entsteht einer der größten Multi-Channel-Anbieter im gesamten deutschsprachigen Raum. Diese neue Allianz bietet ein breites Spektrum an Medien, Services und 2 Technologien, um neue Märkte Orthopädie und Zielgruppen inRheumatologie & Traumatologie D.A.CH zuxxerreichen. / 2021
Editorial ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE PICTURE IN Wollen Sie mehr PUBLISHING über uns erfahren? Handykamera hier über den QR-Code halten und den Spirit live erleben. DIE FACHKOMPETENZ IM DEUTSCHSPRACHIGEN RAUM Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie xx / 2021 3
© Foto Wilke © DUK Reischer Editorial S. Nehrer, Krems ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE R. Mittermayr, Wien Forschung am Bewegungsapparat – quo vadis? Der Zukunftsforscher Yuval Noah Harari hat in einem Inter- nommen; ein Teil der Patienten ist unzufrieden, was sich in der view zur erfolgreichen Entwicklung der Impfstoffe gegen das Zunahme der Revisionszahlen zeigt. Diese Zunahme führt uns Coronavirus gesagt, dass die Forschung jetzt bei den Menschen wiederum vor Augen, dass Strategien zur Gelenkerhaltung not- angekommen sei. Er hat damit gemeint, dass die biotechnologi- wendig sind, um das Überborden der Ersatzoperationen zu ver- schen, immunologischen und medizinischen Wissenschaften es hindern. geschafft haben, in extrem kurzer Zeit Impfstoffe zu entwickeln Im Zuge der Entwicklung von Knorpelzelltransplantation – und damit ein wirksames Konzept, diese Pandemie einzudäm- vor jetzt schon mehr als 30 Jahren – hat sich viel Wissen über men. Das war nur möglich auf Basis der langjährigen Forschung die biologische Funktionalität von Gelenken und dem Skelett- im Bereich der Zellbiologie, Virologie und Humanmedizin ins- system entwickelt. Ausgehend von der Erforschung der Kno- gesamt und hat jetzt – für alle Menschen sichtbar und spürbar – chenheilung wurde auch die Heilungsfähigkeit von Binde- Lösungen für dieses Virusdesaster gebracht. gewebe analysiert und festgestellt, dass diese unter anderen Auch in der Forschung am Bewegungsapparat wurden in den Verhältnissen erfolgt und im Falle des Knorpels nur sehr insuffi- letzten Jahrzehnten bahnbrechende Erkenntnisse über die zel- zient stattfindet. Im Knochen wurden Wachstumsfaktoren wie luläre Funktionalität und der Pathophysiologie von Erkrankun- das „Bone Morphogenetic Protein“ (BMP) schon in den 1960er- gen unseres Bewegungssystems gewonnen. Als erfolgreiches Jahren als wichtige Faktoren der Heilung erkannt und auch kli- Beispiel ist die Einführung der Biologicals im Bereich der Rheu- nisch angewendet; sie können die Knochenheilung in kritischen matologie zu nennen, die den rheumatischen Systemerkrankun- Bereichen deutlich verbessern. Als durchgängiges Konzept der gen ihren schicksalhaften Verlauf genommen haben und in vie- Knochenbruchbehandlung haben sie sich nicht etabliert, da der len Fällen rheumaorthopädische chirurgische Interventionen Benefit bei der normalen Heilung nicht ausreichend darstellbar ersparen. Das geht sogar so weit, dass das chirurgische Wissen ist. Was den Knorpel betrifft, wurde erkannt, dass es die in diesem Gebiet bereits verloren geht. Auch im Bereich der Implantation von gezüchteten Knorpelzellen braucht, um die Tumororthopädie wurden durch die Präzisionsmedizin indivi- originären Strukturen der Gelenkoberfläche wiederherzustel- duelle Therapieansätze entwickelt, die Erfolg versprechend die len, da die vorhandenen Zellpopulationen zu einer insuffizien- belastende Kombination aus Chemotherapie und chirurgischen ten Vernarbung der Knorpeldefekte führen. Da diese Zelltrans- Resektionen ersetzen. plantationsverfahren durch die notwendige Zellkultur logis- Interessanterweise ist eines der größten Probleme des Bewe- tisch und legistisch aufwendig sind, wurde versucht, Stammzel- gungsapparates – die Arthrose – mit der Degeneration, Inflam- len aus Knochenmark oder Fettgewebe in Einmaleingriffen als mation und Alterung des Bewegungsapparates, erst später in „Point of care“-Methoden zu verwenden, um die Heilung von den Fokus der Forschung gerückt. Natürlich sind diese degene- Knorpel zu ermöglichen. Die ursprüngliche Annahme, dass rativen Erkrankungen nicht auf den ersten Blick lebensbedro- diese Zellen von sich aus zu den zu regenerierenden Geweben hend. Daher hat sich die Medizin mit der symptomatischen differenzieren, hat sich als falsch erwiesen. Sie modulieren und Behandlung zufrieden gegeben – und offenbar die Patienten ermöglichen diesen Prozess der Heilung, aber der Gewebeersatz auch. Schmerzmittel, Cortisoninjektionen und unspezifische findet durch ortsständige Zellen, wie Perizyten, statt. physiotherapeutische Behandlung erscheinen auch heute noch Schwieriger wird die Situation bei degenerativen Vorgängen, als suffiziente Therapie. Wenn diese Möglichkeiten erschöpft z. B. der Arthrose, da hier die Inflammation dazukommt und sind, wird das Gelenk durch Teil- oder Totalendoprothesen aus ein biologisches Milieu entsteht, in dem Heilungsvorgänge und Metall und Plastik ersetzt – ein sehr erfolgreiches Konzept: So Regeneration von Gewebe unmöglich gemacht werden. Die zählen die orthopädischen Operationen des Gelenkersatzes zu regenerative Medizin befasst sich mit biotechnologischen den erfolgreichsten Therapiekonzepten hinsichtlich des Gewin- Methoden, diese Heilungsvorgänge zu unterstützen und Wie- nes an Jahren hoher Lebensqualität (QUALYS). Bei jüngeren derherstellung von Geweben zu erlauben. Dies kann durch Teil- Patienten wird der Gelenkersatz nicht ganz so positiv wahrge- fraktionen von Blut geschehen, wie bei den „Platelet-rich Wissenschaftliche Beiräte D. Aletaha, Wien; W. Anderl, Wien; C. Bach, Wien; N. Böhler, Linz; P. Bösch, Wr. Neustadt; H. Boszotta, Eisenstadt; M. Breitenseher, Horn; W. Brodner, Krems; E. Cauza, Wien; K. Dann, Wien; M. Dominkus, Wien; U. Dorn, Salzburg; R. Dorotka, Wien; A. Engel, Wien; L. Erlacher, Wien; R. Eyb, Wien; C. Fialka, Wien; M. Friedrich, Wien; R. Ganger, Wien; A. Giurea, Wien; R. Graf, Stolzalpe; W. Graninger, Graz; W. Grechenig, Graz; F. Grill, Wien; J. Grisar, Wien; G. Grohs, Wien; G. Gruber, Graz; K. Gstaltner, Wien; J. Hochreiter, Linz; S. Hofmann, Stolzalpe; L. Holzer, Klagenfurt; H. Imhof, Wien; S. Junk-Jantsch, Wien; F. Kainberger, Wien; R. Kdolsky, Wien; K. Knahr, Wien; R. Kotz, Wien; P. Krepler, Wien; M. Krismer, Innsbruck; W. Lack, Wien; B. Leeb, Stockerau; R. Lunzer, Graz; K. Machold, Wien; R. Maier, Baden; S. Marlovits; Wien; M. Mousavi, Wien; T. Muellner, Wien; S. Nehrer, Krems; T. Neubauer, Horn; M. Nicolakis, Wien; M. Nogler, Innsbruck; A. Pachucki, Amstetten; G. Pflüger, Wien; R. Puchner, Wels; F. Rainer, Graz; H. Resch, Salzburg; P. Ritschl, Wien; K. Schatz, Wien; G. Schippinger, Graz; M. Schirmer, Innsbruck; W. Schneider, Wien; H. Seitz, Judenburg; F. Singer, Laab i. W.; H. Tilscher, Wien; K. Trieb, Wels; H.-J. Trnka, Wien; C. Tschauner, Stolzalpe; A. Ulreich, Gröbming; V. Vécsei, Wien; A. Wanivenhaus, Wien; R. Windhager, Wien; C. Wurnig, Wien; P. Zenz, Wien; J. Zwerina, Wien 4 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021
Editorial ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE plasma“(PRP)-Produkten, wobei akute Faktoren aus den Blut- wir die Komplexität von biologischen und pathologischen Pro- plättchen einen Boost der Heilungsvorgänge, vor allem bei zessen erkennen und respektieren, auch wenn wir manchmal chronisch-degenerativen Prozessen, unterstützen können. Lei- den Eindruck haben, dass sich die Forschung von unserer tägli- der ist die Variabilität dieser Faktoren, der sogenannten Blut- chen Praxis weit entfernt. Einfache Lösungen und Simplifizie- produkte, bei jedem Patienten sehr hoch, sodass ein standardi- rungen sind hier nicht immer die besten Ansätze und oft keine sierter Effekt und ein konkretes Dosis-Wirkungs-Konzept nicht wirklichen Lösungen; also gehen wir den längeren, mitunter durchgängig dargestellt werden können. Trotzdem zeigen sehr anstrengenden Weg der Wissenschaft und Forschung, um nach- gut durchgeführte Studien evidente klinische Wirksamkeiten haltige, sichere und effiziente Lösungen zu erarbeiten – so viel im Vergleich zu den klassischen Behandlungsmodalitäten in der zum Thema „Forschung, quo vadis?“. Arthrose, interessanterweise auch im längerfristigeren Follow- Diese Ausgabe zeigt aber auch ganz eindrucksvoll, wie die up. So zeigt PRP deutlich nachhaltigere Effekte als Cortison und orthopädische und traumatologische Forschung in unserem auch (wenn auch hier der Unterschied geringer ist) Hyaluron- Land einen Schwerpunkt auf den translationalen Ansatz legt. säure. Diese Wirksamkeit lässt sich vielleicht in Zukunft auch Ausgehend von einer klinischen Fragestellung werden experi- durch sehr kleine Partikel dieser Blutprodukte herstellen, wo mentelle Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung über prä- z. B. die Induktion von regenerativen Prozessen durch Messen- klinische und klinische Forschung letztlich in die Klinik überge- ger-RNA in Mikrovesikel passiert. Diese Mikrovesikel werden führt und kommen so dem Wohl unserer Patienten zugute. Um als Kommunikationsmittel von Zellen – auch Stammzellen – diesen zielorientierten Prozess der Translation erfolgreich verstanden, enthalten genetische Information und Wachstums- umsetzen zu können, bedarf es der Zusammenarbeit und Inter- faktoren und können damit zelluläre Prozesse steuern. So kön- aktion vieler verschiedener Disziplinen und Spezialisten. Auch nen Zelltherapien eventuell durch diese „Zellboten“ ersetzt wer- wenn die (experimentelle) Forschung ob der limitierten Res- den und das etwas unsichere Verhalten von Stammzellen kann sourcen oftmals nur an den spezialisierten Forschungseinrich- vermieden werden, ähnlich wie bei den modernen Impfstoffen, tungen in Universitäten, Fachhochschulen, Instituten etc. statt- wo nicht ein abgeschwächtes Virus die Immunantwort auslöst, findet bzw. stattfinden kann, so ist der klinische Beitrag von sondern eine genetische Information in der mRNA den Ablauf ganz entscheidender Bedeutung. Darum verstehen wir auch einer Antigen-Antikörper-Reaktion stimuliert. jeden klinisch tätigen Arzt als Forscher, der kritisch reflektiert zum Wohle des Patienten therapiert. Steter Diskurs und wieder- Womit wir wieder bei der modernen Forschung wären, die kehrender Austausch mit den Forschungseinrichtungen bein- hoffentlich jetzt und in Zukunft viele Probleme des Bewegungs- halten ein wertvolles Potenzial, die Forschung in der Orthopä- apparates lösen wird. In diesem Heft haben einige junge und die und Traumatologie weiter voranzutreiben. Es sollte über die auch erfahrenere Forscher Beiträge über diese Forschungswelt Schaffung von Foren und Datenbanken diskutiert werden, die am Bewegungsapparat verfasst, wofür wir ihnen herzlich dan- einen solchen Austausch ermöglichen und forcieren. Somit ver- ken. Wir hoffen, dass sie als Leser erkennen, wie viel Potenzial stehen wir die Forschung allgemein als ein gemeinsames Pro- in diesen Forschungsansätzen liegt und wie viel davon eigent- jekt, um die Versorgung unserer Patienten stetig zu verbessern lich schon in unserem klinischen Alltag angekommen ist. Leider und zu individualisieren (personalisieren), auf unserem Weg ist die experimentelle Forschung noch viel komplizierter, als von der reparativen zur regenerativen Medizin. hier zusammenfassend dargestellt wurde. In den Masterlehr- gängen an der Donau-Universität Krems wird versucht, diese komplizierte Forschungswelt verständlich zu vermitteln, um vor allem Kolleginnen und Kollegen, die nicht an Universitäten tätig sind, diese Aspekte näherzubringen und sie vielleicht sogar zu Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer eigenen Forschungsprojekten zu animieren. Es ist wichtig, dass Priv.-Doz. Dr. Rainer Mittermayr, MBA Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021 5
Österreichische Gesellschaft für Unfallchirurgie ÖGOuT Österreichische Gesellschaft für e i n s a m e Orthopädie und Traumatologie 2. gemstagung Jahre Minimalinvasive Unfallchirurgie & Orthopädie 57. ÖGU Jahrestagung 2. ÖGOuT Jahrestagung 07. – 09. Oktober 2021 Salzburg w ww.u t h e date n.at Save lchirurge nfal 2021 Es wird angestrebt, die Jahrestagung nach den Kriterien des Österreichischen Umweltzeichens für Green Meetings/Green Events auszurichten.
Inhalt ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE 34 Biologische Regeneration GESELLSCHAFTSMITTEILUNGEN bei Früharthrose 10 GOTS M. Hauser-Schinhan, Wien 11 ÖGU/ÖGOuT 37 AutoCart™ – einzeitige autologe 12 ÖGO Knorpeltransplantion S. Marlovits, Wien FORSCHUNG & INNOVATION 40 Resorbierbare 14 Forschung im Magnesiumschrauben Orthopädischen Spital Speising V. Labmayr, Graz P. Holweg, Graz B. Frank, Wien J. Hofstätter, Wien 16 Artificial Intelligence in der 42 Ein Einblick in mesenchymale Bildgebung des Bewegungsapparates Stromazellen und neue S. Nehrer, Krems zellfreieTherapien zur Knochenregeneration D. Hanetseder, Wien 22 Operationsplanung im dreidimensionalen H. Redl, Wien D. Marolt Presen, Wien Raum bei komplexen Frakturen und orthopädischen Tumoren 46 Veränderungen von Serum-mikroRNAs M. Thaler, Innsbruck durch adjuvante Therapie mit Zoledronsäure nach Rotatorenmanschettenrekonstruktion 26 Die Biotribologie: in einem Rattenmodell Bedeutung in der Orthopädie J. E. Schanda, Wien C. Stotter, Krems S. Nehrer, Krems 49 Ein neuer beweglicher Antibiotika-Spacer 30 Zelltherapie aus Fettgewebe für die infizierte Hüftprothese in der Arthrosebehandlung M. Pietsch, Stolzalpe M. Neubauer, Krems S. Nehrer, Krems Impressum Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH, Markgraf-Rüdiger-Straße 6–8, 1150 Wien. E-Mail: office@universimed.com. Tel.: +43 1 876 79 56. Fax: DW 20. Geschäfts- führung: Dr. med. Bartosz Chłap, MBA. Chefredaktion: Mag. Christine Lindengrün. E-Mail: christine.lindengruen@universimed.com. Projekt leitung: Mag. Manuela Moya. E-Mail: manuela.moya@universimed.com. Lektorat: DI Gerlinde Hinterhölzl, Dr. Patrizia Maurer, Mag. Sabine Wawerda. Grafik: Amir Taheri. Produktion & Druck: Print Alliance HAV Pro- duktions GmbH, 2540 Bad Vöslau. Artikel mit grauer Hinterlegung sind im Sinne des Österreichischen Mediengesetzes §26 als Werbung, Promotion oder entgeltliche Einschal- tung zu verstehen. Gerichtsstand: Wien. Offenlegung: Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH (100 %ige Tochter der Universimed Holding GmbH). Eigentümer und Medieninhaber: Universimed Holding GmbH Bezugsbedingungen Abonnement: Bestellung bei Universimed oder unter www.universimed.com. Jahresabo EUR 45,–, Einzelheft EUR 9,– inkl. MwSt. und Versand innerhalb von Österreich; im Ausland zzgl. Versandspesen. ISSN 1997-8308. Das Medium JATROS Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie ist für den persönlichen Nutzen des Lesers konzipiert und beinhaltet Informationen aus den Bereichen Expertenmeinung, wissenschaftliche Studien und Kongresse. Namentlich gekennzeichnete Artikel und sonstige Bei- träge sind die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des Verfassers und müssen daher nicht mit der Meinung der Redaktion und des Herausgebers übereinstimmen. Mit der Übergabe von Manuskripten und Bildern gehen sämtliche Nutzungsrechte in Print und Internet an Universimed über. Copyright: Alle Rechte, insbesondere auch hinsichtlich sämtlicher Artikel, Grafiken und Fotos, liegen bei Universimed. Nachdruck oder Vervielfältigung, Verbreitung, Zurverfügungstellung, Vortrag, Vorführung, Aufführung, Sendung, Vermietung, Verleih oder Bearbeitung – auch auszugsweise – nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung durch den Herausgeber. Die wiedergegebene Meinung deckt sich nicht in jedem Fall mit der Meinung des He- rausgebers, sondern dient der Information des Lesers. Die am Ende jedes Artikels vorhandene Zahlenkom bination (z.B.: ■0918) stellt eine interne Kodierung dar. Geschlechterbezeichnung: Um die Lesbarkeit der Informa- tionen zu erleichtern, wird bei Personenbezeichnungen in der Regel die männliche Form verwendet. Es sind jedoch jeweils männliche und weibliche Per sonen gemeint. Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021 7
Inhalt ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE NON-STOP IM LEBEN FÜR MICH EIN TRIUMPH # NEU 6 bei Ps A Tremfya® vereint überlegene Hautclearance* 1-3 mit bewährter Sicherheit+4 – damit sich Plaque-Psoriasis www.tremfya.at Patienten langanhaltend in ihrer Haut wohl fühlen können!#5 # PASI 100-Ansprechen zu Woche 252: 52,7% (TFR); DLQI 0/1 zu Woche 204: 75,3% * PASI 90-Ansprechen (NRI): Signifikante Überlegenheit vs. Adalimumab (Woche 48): 76% vs. 48%; Signifikante Überlegenheit vs. Secukinumab (Woche 48): 84,5% vs. 70%; Signifikante Überlegenheit vs. Ustekinumab (Woche 52): 51% vs. 24% + Nach 264 Wochen traten keine neuen Sicherheitssignale auf; es wurden keine Tuberkulose, opportunistische Infektionen, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Anaphylaxien oder Serumkrankheits-ähnliche Reaktionen berichtet 1. Blauvelt A et al. J Am Acad Dermatol 2017;76(3):405-417. 2. Reich K et al. Lancet 2019;394(10201):831–839. 3. Langley R et al. Br J Dermatol 2018;178(1):114-123. 4. Griffiths CEM et al. Maintenance of Response Through 5 Years of Continuous Guselkumab Treatment: Results From the Phase 3 VOYAGE 1 Trial. ACDS 2020. Poster. 5. Reich K et al. J Am Acad Dermatol 2020;82(4):936-945. 6. Tremfya® Fachinformation, Stand 11/2020. AT_CP-189872_02Nov2020 FACHKURZINFORMATION TREMFYA®: Bezeichnung des Arzneimittels: TREMFYA® 100 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze, TREMFYA® 100 mg Injektionslösung in einem Fertigpen. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Fertigspritze enthält 100 mg Guselkumab in 1 ml Lösung. Jeder Fertigpen enthält 100 mg Guselkumab in 1 ml Lösung. Guselkumab ist ein rein humaner monoklonaler Immunglobulin G1-Lambda(IgG1λ)-Antikörper (mAk) gegen das Interleukin(IL) 23-Protein, hergestellt durch rekombinante DNA- Technologie in einer CHO-Zelllinie (Chinese-Hamster-Ovary). Sonstige Bestandteile: Histidin, Histidinmonohydrochlorid-Monohydrat, Polysorbat 80, Sucrose, Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Plaque-Psoriasis: TREMFYA® ist für die Behandlung erwachsener Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis indiziert, die für eine systemische Therapie in Frage kommen. Psoriasis-Arthritis: TREMFYA®, als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat (MTX), ist für die Behandlung der aktiven Psoriasis-Arthritis bei erwachsenen Patienten indiziert, die auf eine vorangegangene krankheitsmodifizierende antirheumatische (disease-modifying antirheumatic drug, DMARD) Therapie unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Gegenanzeigen: Schwerwiegende Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Klinisch relevante aktive Infektionen (z. B. aktive Tuberkulose). Inhaber der Zulassung: Janssen-Cilag International NV, Turnhoutseweg 30, B-2340 Beerse, Belgien. Vertrieb für Österreich: Janssen-Cilag Pharma GmbH, Vorgartenstraße 206B, A-1020 Wien. Verschreibungspflicht/ Apothekenpflicht: Rezept und apothekenpflichtig; wiederholte Abgabe verboten. ATC-Code: L04AC16. Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen8 Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation. AT_CP-189016_29Okt2020 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021 Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Es ist daher wichtig, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung in Bezug auf „TREMFYA®“ zu melden.
Inhalt ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE 52 MME-Sequencing bei „late-onset“ RHEUMATOLOGIE & OSTEOLOGIE hereditären Neuropathien M. Auer-Grumbach, Wien 67 ACR Convergence 2020 Studien zur Sakroiliitisdiagnose und 54 Venen-Muskel-Interponate zur Therapie bei Gicht und axSpA zur Nervenrekonstruktion 70 Pharma-News J. Heinzel, Tübingen IL-17A-Inhibition bei axSpA: Wirksamkeit im Praxisalltag bestätigt 57 Gewebekleber nach dem Ixekizumab verbessert schnell, stark und Vorbild der Natur lang anhaltend die Krankheitsaktivität S. Nürnberger, Wien H. Leiss, Wien 72 Interview BioReg ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE „Sind für jede Form der vernünftigen 60 Publireportage Kooperation bereit“ B. Leeb, Hollabrunn Autologous Conditioned Plasma (ACP) und die Wirbelsäule 74 Rheumatische Erkrankungen und Covid-19 M. Dau, Rheinfelden Therapie auch in der Pandemie fortsetzen 62 „Tantalum Cones“ zur Behandlung 76 Interview schwerer Knochendefekte in der Ruf nach mehr Spezialisten Knieprothesenrevision R. Puchner, Wels M. Eder-Halbedl, Steiermark 65 Pharma-News 78 CED: Therapieentscheidungen Interview nach individuellem Risiko Hyalgan® „Wiederherstellung der rheologischen 80 L-Arginin fördert Rückbildung Eigenschaften der Synovialflüssigkeit“ von Darmentzündungen C. Felsing, St. Pölten 82 Rheuma und Osteoporose R. Lunzer, Graz 84 Diabetes und Nebenschilddrüse als Risiko für den Knochen 86 Neuer Kandidat für ein Medikament gegen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa 87 Digitale Gesundheitsanwendungen Akzeptanz steigt Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021 9
Gesellschaftsmitteilungen GOTS GOTS: Was gibt es Neues? Die Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) gibt für 2021 einige Neuerungen bekannt: Die Geschäftsstelle der GOTS Österreich ist nach Krems übersiedelt, ein neues Komitee für Gehirnerschütterung im Sport wurde gegründet und die Themen und Termine für die Webinarreihe „Ortho SportsMed“ sind bereits bis Juli 2022 festgelegt. GOTS-Komitee Concussion © iStockphoto.com/s-c-s Ende Februar hat die GOTS ihr jüngstes Komitee gegründet, das „Komitee Concus- sion“. Künftig sollen hier aktuelle Themen zum Thema Gehirnerschütterung im Sport besprochen werden. Dazu zählen unter anderem: • Aufklärung: Wie erkenne ich eine Con- cussion? • Vermitteln der Diagnostik sowie der Verlaufsbeurteilung • Wissenstransfer, gedacht für allgemeine Sportmediziner, Physiotherapeuten, Trainer und Betreuer • Erarbeiten von einfach verständlichem Informationsmaterial Gehirnerschütterung im Sport ist Thema eines neuen GOTS-Komitees und des nächsten Webinars • Aufbau eines Netzwerkes von speziali- der Reihe „Ortho SportsMed“ sierten Kliniken im deutschen Sprach- raum • Funktionelle Diagnostik – was gibt es verletzungen im Kindesalter und vieles • Erarbeiten eines strukturierten und evi- Neues? – 22. September 2021 mehr. denzbasierten Behandlungsprotokolls • Regenerative Therapien – 17. November 2021 GOTS-Österreich-Geschäftsstelle an Im Fokus steht dabei besonders die Con- • Sportlerleiste – wie diagnostizieren, wie der Donau-Universität Krems cussion bei Risikogruppen, u. a. bei Kin- behandeln? – 19. Jänner 2022 dern. Philippe Tscholl leitet das neue Komi- • Prävention von Schulterverletzungen – Im vergangenen Jahr wurde der Verein tee. Weitere Mitglieder sind: Nina Fedder- 16. März 2022 zur Förderung der Sportmedizin des Be- mann-Demont, Hubert Hörterer, Werner • Wirbelsäule und Sport – 18. Mai 2022 wegungsapparates, die frühere GOTS- Krutsch, Martin Prantl, Claus Reinsberger, • Highlights vom GOTS-Jahreskongress Österreich-Stelle, aufgelöst und neu an der Iris Reuter und Friedemann Schneider. 2022 – Juni 2022 Donau-Universität Krems verankert. An • Update muskuloskelettale Bildgebung/ dieser Stelle möchten wir uns herzlich für Webinare „Ortho SportsMed“ Diagnostik – 20. Juli 2022 die jahrzehnte lange Arbeit der Initiato- ren, Funktionäre und Unterstützer des Eine dauerhafte Webinar-Reihe zu or- Die Online-Veranstaltungen richten sich Vereins bedanken. Viele von ihnen sind thopädischen Themen in der Sportmedizin an Chirurgen, Orthopäden, Sportärzte, weiterhin in der Organisation und Durch- und über den Tellerrand hinaus ist am Trainer, Wissenschaftler, Physiotherapeu- führung der Veranstaltungen verankert 17. Februar mit der ersten Online-Veran- ten und Medizinstudenten. Hochkarätige und arbeiten nun gemeinsam mit Univ.- staltung „Das Knie im Leistungssport“ ge- Referenten aus dem europäischen Raum Prof. Dr. Stefan Nehrer über die neue startet. Die nächsten Termine sind: berichten aus Wissenschaft, Forschung GOTS-Geschäftsstelle zusammen. Die • Concussion im Sport – was muss ich und Praxis im klinischen Alltag. Homepage der österreichischen Geschäfts- wissen? – 14. April 2021 Die Themen reichen von Gelenkverlet- stelle ist unverändert unter www.gots.at • Sportverletzungen im Kindesalter – zungen über Sehnen, Bänder, Knorpelschä- zu finden. 2. Juni 2021 digungen, Muskeln, Gehirnerschütterung Kontakt: Claudia Gruber; Tel.: +43/2732 • Highlights vom GOTS-Jahreskongress bis zur Wirbelsäule. Es geht um Diagnos- 893 27 51; E-Mail: gots@donau-uni.ac.at; 2021 – 1. bis 3. Juli 2021 tik, neueste Therapien, Prävention, Sport- mail@gots.at ◼ 10 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021
© Michael Haeusle Gesellschaftsmitteilungen T. Neubauer, Horn ÖGU/ÖGOuT Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Neues gibt es hinsichtlich der Fristenerstreckung für die Komplementärausbildung zu berichten sowie über die zum Jahreswechsel gegründeten Taskforces der ÖGU. W ie in der letzten JATROS-Ausgabe be- richtet, hat sich bezüglich der Fris- tenerstreckung für die Komplementäraus- schaft als auch zwischen den bestehenden Gesellschaften zu vertiefen. Für junge Fachärzte des neuen Sonderfaches, aber TF „Niederlassung“ (Leitung A. Sto- ckinger): Sie wird Mitte Mai dem GF-Vor- stand ein Konzept präsentieren, das meh- bildung in den vergangenen Wochen sehr auch für etablierte Kollegen stellt somit die rere wichtige Punkte für Unfallchirurgen viel getan. Durch die am 22. 2. 2021 unter- ÖGOuT eine sinnvolle und attraktive Er- in der Niederlassung umfasst. Unter ande- zeichnete 1. Novelle zur Ärzte-Ausbil- gänzung der bestehenden Mitgliedschaften rem wird die Attraktivierung des neuen dungsordnung (ÄAO) 2015 konnten mas- dar. Welche Funktion dem mit Dezember Faches durch Niederlassungs- und Migra- sive Einschränkungen in der individuellen 2020 gegründeten Dachverband (ÖDOUT) tionsfähigkeit ausgearbeitet und auch die Karriereplanung vieler Kollegen und in in Zukunft zukommen wird, steht noch in Rolle des niedergelassenen Unfallchirur- weiterer Folge Risiken für die Traumaver- Diskussion. gen oder Ortho-Traumatologen als Teil der sorgung in Österreich abgewendet werden. modernen Trauma-Basisversorgung defi- Natürlich kommt es in Übergangszeiten Die von der ÖGU zum Jahreswechsel niert. Insbesondere wird auch die Win- immer wieder zu Fragen und Missver- gegründeten Taskforces (TF) haben ihre win-Situation beleuchtet, die sich aus der ständnissen. So muss darauf hingewiesen Arbeit aufgenommen und bereits mehrfach Zusammenarbeit zwischen niedergelasse- werden, dass die neue Regelung aus- Arbeitssitzungen durchgeführt: nem Bereich und Spitalsambulanz ergibt. schließlich pro futuro gilt und ein Wechsel TF „Spezielle Unfallchirurgie“ (Lei- TF „Unfallchirurgie im Westen“ (Lei- der Ausbildungsordnungen nur einmal tung L. Negrin): Gerade diese Arbeits- tung H. Thöni): Sie hat ihre Arbeit – die erfolgen kann (somit ist bei bereits erfolg- gruppe hat die verantwortungsvolle Auf- Intensivierung des Kontaktes zu Kollegen tem Wechsel ein neuerlicher retrospektiver gabe, ein Curriculum für eine Spezialaus- in den westlichen Bundesländern – aufge- Wechsel nicht möglich!). Ich verweise Sie bildung auszuarbeiten und dem GF-Vor- nommen. hinsichtlich der – zugegebenermaßen oft stand vorzulegen. Hier werden sich die Unabhängig von diesen Schwerpunkten komplizierten – Materie auf die Informa- Kollegen wiederfinden, die für eine „Un- wird es weiterhin wichtig sein, Themen- tionsblöcke im Rahmen der ÖGU-Fortbil- fallchirurgie“ (Polytrauma, Höhlenverlet- überschneidungen im Bereich der Fortbil- dungsveranstaltungen, die Informationen zungen, komplexe Extremitätenverletzun- dung in den drei Gesellschaften zu vermei- auf unserer Website und Informationen gen, traumatologische Notfalleingriffe und den und gemeinsam mit dem „Jungen Fo- durch unseren Bundesfachgruppenob- Intensivmedizin) jenseits der allgemeinen rum“ der ÖGU für Auszubildende neue mann, Dr. Richard Maier, der auch die „Ortho-Traumatologie“ brennen. Pro futu- Formate zu finden (Fireside-Diskussionen, FAQs der Homepage betreut. ro wird diese Spezialisierung in Institutio- Tipps und Tricks, „How I did it“). Hinsichtlich der Weiterentwicklung der nen mit Traumaschwerpunkt eine wesent- Nochmals sei auf den 57. ÖGU/2. ÖGOuT- österreichischen Unfallchirurgie sowie der liche Rolle spielen, insbesondere für Kolle- Kongress mit den Thema „Minimalinvasive muskuloskelettalen Chirurgie fanden neu- gInnen in höher verantwortlicher Stellung. Unfallchirurgie & Orthopädie“ hingewie- erliche Mediationsgespräche zwischen Derzeit läuft in dieser TF die Begutach- sen. Auch in diesem Jahr wird die Entschei- ÖGU, ÖGOuT und ÖGO unter Beiziehung tung der PT-Ausbildung in Deutschland dung zu treffen sein, ob die Kongresse real von Vertretern der Österreichischen Ärz- und der Schweiz. Weiters wird sicher auch oder virtuell stattfinden werden. Jede Vari- tekammer (ÖÄK) und des Gesundheitsmi- ein engerer Kontakt zu den Fachgesell- ante birgt Vor- und Nachteile, wobei die nisteriums statt. Dabei kam man überein, schaften der Neurochirurgie und der allge- Sicherheit unserer Mitglieder oberste Prio- dass die ÖGOuT in den nächsten Jahren meinen Chirurgie erforderlich sein, da rität haben muss. Trotzdem fehlen nicht nur die führende Rolle übernehmen soll. ÖGU gerade im Rahmen der neuen AB-Ordnun- Ihnen, sondern auch mir die persönlichen und ÖGO werden in diesem Prozess bera- gen der betreffenden Fächer eine entspre- Kontakte, der unbeschwerte Gedankenaus- tende Funktionen haben. Diesbezüglich chende Überschneidung/Ergänzung fehlt. tausch und die über Jahrzehnte gewachsene sind Gespräche zwischen ÖGU und ÖGO TF „Traumanetzwerke am Beispiel Atmosphäre der unfallchirurgischen „Fami- angelaufen, die das Ziel haben, die ÖGOuT Niederösterreich“ (Leitung K. Sahraru- lie“. Ich hoffe, Sie in den nächsten Gesell- zu unterstützen und in absehbarer Zeit di): Diese arbeitet eng mit der oben ge- schaftsmitteilungen über eine diesbezügli- (Juni 2022) als alleinige Repräsentanz ge- nannten TF zusammen. Hierbei sollen vor che Entscheidung informieren zu können. genüber dem Ministerium und in der Ärz- allem die einzelnen Phasen der Etablie- tekammer zu etablieren. Dieser Prozess rung eines Traumanetzwerkes genauestens wird von einem unabhängigen Juristen der dokumentiert werden , um im Anschluss Mit freundlichen Grüßen ÖÄK begleitet werden und stellt eine von einen Algorithmus und eine Diskussions- Thomas Neubauer vielen Maßnahmen dar, um gegenseitiges grundlage für die Erstellung weiterer Trau- Präsident der ÖGU Vertrauen sowohl in die neue Fachgesell- manetzwerke zu erstellen. Präsident der ÖGOuT Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021 11
Gesellschaftsmitteilungen ÖGO Exzellenz gehört hervorgehoben Daher hat die Österreichische Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie (ÖGO) heuer zwei Preise vergeben und zwei Ehrenmitglieder ernannt. Preis für wissenschaftliches Martina Hauser-Schinhan, arbeitet an der Ehrenmitglieder Arbeiten MedUni Wien. Herzliche Gratulation! Als Präsident der ÖGO darf ich auch Eine dreiköpfige Jury musste unter 12 Forschungsförderungspreis zwei Ehrenmitgliedschaften bekanntgeben hervorragenden Einreichungen die „beste und damit besondere Leistungen im Be- Arbeit“ küren (und 7500 Euro überwei- Der Preisträger des Forschungsförde- reich der Orthopädie würdigen. sen) – es ist dies die 2020 im Am J Sports rungspreises in der Höhe von 15 000 Euro Prof. Miklós Szendrői, der vor Kurzem Med erschienene Arbeit „Biological rege- wurde aus 7 exzellenten Einreichungen emeritierte orthopädische Ordinarius der neration of articular cartilage in an early bestimmt. Der Preis geht an Priv.-Doz. Dr. Budapester Semmelweis-Universität, hat stage of compartmentalized osteoarthritis: Lukas Leitner für ein Projekt der MedUni die europäische Orthopädie unter an- 12-month results“ (s. a. Artikel Seite 34ff). Graz und des LKH Bruck zum Thema „Sa- derem als EFORT-Präsident 2010/2011 Die Erstautorin und Preisträgerin, Dr. gittal Alignment“. Herzliche Gratulation! höchst konstruktiv gestaltet und war © Arcos Burg © MedUni Graz © Universität Hongkong Martina Hauser-Schinhan Lukas Leitner Pietro Ruggieri Miklós Szendrői Österreich immer sehr freundschaftlich verbunden. Prof. Pietro Ruggieri, Leiter der ortho- pädisch-traumatologischen Klinik der Uni- versität Padova, gilt als herausragender und meines Erachtens international aner- kanntester europäischer Tumororthopäde. Es gibt fast keine internationale (tumor-) orthopädische Gesellschaft (SICOT, EFORT, ISOLS, EMSOS), die er nicht ent- scheidend mitgeprägt hat. Ach ja: Die Corona-Pandemie zwingt uns leider dazu, den OT-Kongress auf 2022 zu verschieben. Mehrere Online-Abend- symposien im Mai sind als kleiner Ersatz geplant; nähere Informationen folgen. Herzliche Grüße Andreas Leithner Präsident der ÖGO 12 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021
Gesellschaftsmitteilungen ÖGO Ein Fixstern am Firmament der internationalen Orthopädie ... ... feiert seinen 80. Geburtstag. U niv.-Prof. Dr. Karl Zweymüller wurde am 20. April 1941 geboren. Er besuch- te von 1951 bis 1959 das Gymnasium in der Empfehlung, diese Paarung womög- lich zu verlassen und zusätzlich die Schäfte künftighin mit einer osseokon- seinem Fachgebiet erreicht. Karl Zweymül- ler war bis Mai 2006 ärztlicher Direktor am orthopädischen Krankenhaus Gersthof Baden. Das Medizinstudium absolvierte duktiven Be- in Wien. Dank seiner Entwicklungen und er von 1959 bis 1966 an der Universität schichtung zu seiner Person waren Gäste aus aller Welt Wien. 1973 wurde er Facharzt für Ortho- wöchentlich Zeugen des hohen Stan- pädie und orthopädische Chirurgie. Die dards, der an seiner Abteilung im Habilitation erfolgte 1979 zum Thema Bereich der Endoprothetik und der „Knochen und Gelenkersatz mit bioke- umfassenden medizinischen und ramischen Endoprothesen“. 1986 wurde pflegerischen orthopädischen Pati- er zum a.o. Universitätsprofessor in entenversorgung geboten wurde. Wien ernannt. Mit Antritt seines wohlverdienten Ruhestandes endete eine außerge- Am 5. Oktober 1979 wöhnliche Ära Gersthofs. wurde von Karl Zweymüller der erste zementfreie Ge- In Anerkennung seiner radschaft aus einer Titani- großen Verdienste wurde umschmiedelegierung im- Karl Zweymüller am plantiert. Dies war der Be- 11. Mai 2012 das Goldene ginn einer jahrzehntelangen Ehrenzeichen für Ver- Erfolgsgeschichte der ze- dienste um das Land Wien mentfreien Hüftendoprothe- verliehen. tik. In der Zeitschrift „Lan- cet“ wurde die Hüftendopro- Neben seiner wissen- thetik als „Operation des schaftlichen Bedeutung Jahrhunderts“ bezeichnet. Über die und Anerkennung wurde Jahre wurden verschiedene Generatio- unter seiner Direktion in drei aufeinander- nen seiner Hüftendoprothese sukzessi- folgenden Jahren das Orthopädische Kran- ve weiterentwickelt und stellten für kenhaus Gersthof aus Sicht der Patienten drei Jahrzehnte den goldenen Stan- zum beliebtesten Krankenhaus dard der Hüftendoprothetik dar. Die- in Wien gewählt und mit dem ser goldene Standard war Ausgangs- höchsten Grad an Zufrieden- punkt für weitere Modifikationen, heit der dort Beschäftigten be- wobei die Grundprinzipien der „Zwey- wertet. Dies stellt auf sozialer müllerschen Philosophie“ weiter beibehal- versehen. Metall- und menschlicher Ebene eine ten wurden. Metall-Gleitpaarun- ebenso große Auszeichnung dar gen waren zu dieser wie auf der wissenschaftlich- Karl Zweymüller war nicht nur ein Zeit eine häufig an- medizinischen Basis. Verfechter der akribischen klinischen wie gewandte Methode, radiologischen Nachkontrolle, sondern die weithin als un- In diesem Sinne wünschen basierend darauf auch der kritischeste kritisch betrachtet wir dir, lieber Karl, weiterhin Beobachter seiner eigenen Ergebnisse. So wurde. Zweymüllers Gesundheit, Freude und Erfül- präsentierte Karl Zweymüller um die eindrucksvolle War- lung in allen deinen Tätigkeiten, Jahrtausendwende am australischen Or- nung war Initial- ad multos annos! ◼ thopädenkongress in Sydney, entgegen zündung für ein der damals häufig vorherrschenden Mei- weltweites Umdenken. nung, dass Metall-Metall-Gleitpaarungen Dr. Matthias Brenner eine probate Anwendungsmöglichkeit Eine ähnliche wissenschaftliche Reich- Dr. Ewald Wurm darstellen, kritische Ergebnisse dazu, mit weite hat nach ihm kein Österreicher in ÖGO-Präsident Prof. Dr. Andreas Leithner Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021 13
© www.picturepeople.at © www.peterberger.at Referat B. Frank, Wien FORSCHUNG & INNOVATION J. Hofstätter, Wien Forschung im Orthopädischen Spital Speising Im Michael-Ogon-Labor für Orthopädische Forschung im Orthopädischen Spital Speising in Wien wird an unterschiedlichsten Fragestellungen der Orthopädie geforscht. Ziel ist es, durch klinische und grundlagenwissenschaftliche Forschung die Therapien von Patienten mit muskuloskelettalen Erkrankungen kontinuierlich zu verbessern sowie die Basis für die Entwicklung neuer diagnostischer Mittel zu schaffen. I m Orthopädischen Spital Speising wer- den an vier orthopädischen Abteilungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten rung klinischer Tätigkeit wichtig, um eine hochwertige Patientenversorgung sicher- zustellen. Zelllabor der Abteilung für Wirbelsäulen- chirurgie, gegründet hat. Im neuen Micha- el-Ogon-Labor für Orthopädische For- jährlich mehr als 11 000 Operationen am schung wird unter der Leitung von Priv.- Bewegungsapparat durchgeführt. Es be- Organisation und Forschungsteam Doz. Dr. Jochen Hofstätter an unterschied- steht eine enge Zusammenarbeit zwischen lichsten Fragestellungen der Orthopädie den orthopädischen Abteilungen, der Ab- Mit der Eröffnung des Michael-Ogon- geforscht. Das Forschungsteam besteht aus teilung für Anästhesiologie und Intensiv- Labors für Orthopädische Forschung im PhD-Studenten, Diplomanden und wissen- medizin, dem Institut für Physikalische Mai 2019 wurde eine Forschungseinrich- schaftlichen Mitarbeitern sowie Vertretern Medizin und Orthopädische Rehabilitati- tung geschaffen, welche die Basis für ab- aller medizinischen Abteilungen des Or- on, der Abteilung für Akutgeriatrie und teilungsübergreifende klinische wie auch thopädischen Spitals Speising. Es bestehen Remobilisation, dem Institut für Radiolo- grundlagenwissenschaftliche Forschungs- zahlreiche Kooperationen mit nationalen gie und dem Labor für Gang- und Bewe- projekte bietet. Benannt ist die Forschungs- und internationalen Unternehmen und gungsanalyse. Neben der engen Zusam- einrichtung nach Univ.-Prof. Dr. Michael akademischen Einrichtungen sowie dem menarbeit sind die Verbindung von Klinik Ogon, der im Orthopädischen Spital Spei- Center of Excellence for Orthopaedic Pain und Forschung sowie die stetige Evaluie- sing 2008 die Vorgängereinrichtung, das Management Speising (CEOPS, Abb. 1). Abb. 1 14 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021
Referat FORSCHUNG & INNOVATION Abb. 2 Klinische und grundlagen- zwischen den Revisionsoperationen des miert, neue diagnostische Verfahren ge- wissenschaftliche Schwerpunkte zweizeitigen Wechsels häufig sind und in funden und innovative Behandlungsstra- der Behandlung berücksichtigt werden tegien entwickelt werden, um Patienten Im Michael-Ogon-Labor für Orthopädi- müssen.1 mit orthopädischen Erkrankungen die sche Forschung wird sowohl klinische als Um diese Mechanismen besser zu ver- bestmögliche Behandlung zu bieten. ◼ auch grundlagenwissenschaftliche For- stehen und die Diagnostik von orthopädi- schung betrieben, mit dem Ziel, das Out- schen Erkrankungen zu verbessern, wurde come von Patienten zu verbessern sowie 2019 auch eine Biobank etabliert. Hierfür Autoren: die Basis für die Entwicklung neuer diag- werden Knochengewebe, Knorpelgewebe Dr. Bernhard Frank1 nostischer Mittel zu schaffen (Abb. 2). und Synovialflüssigkeit systematisch ge- Priv.-Doz. Dr. Jochen Hofstätter1, 2 Einer der Hauptschwerpunkte unserer sammelt und archiviert. Darüber hinaus Forschung sind muskuloskelettale Infekti- wurde seit der Gründung unseres For- 1 Michael Ogon Laboratory for Orthopaedic onen, vor allem in der Endoprothetik. Hier- schungslabors auch eine Bilddatenbank Research, Orthopädisches Spital Speising, Wien für werden bereits seit 2017 von Dr. Bern- etabliert, mit deren Ausbau sich Dr. Sebas- hard Frank eine Infektionsdatenbank, ein tian Simon beschäftigt. Es wird in enger 2 II. Orthopädische Abteilung, Endoprothesenregister sowie eine endo- Kooperation mit IB Lab GmbH an auf Orthopädisches Spital Speising, Wien prothetische Revisionsdatenbank aufge- künstlicher Intelligenz (AI) basierenden E-Mail: researchlab@oss.at baut. Das Endoprothesenregister beinhal- Röntgenbildanalysen geforscht. ◾04 tet mittlerweile über 25 000 endoprotheti- AI bietet auch in der Analyse von Pati- sche Operationen des Knie- und Hüftge- entendaten zahlreiche Möglichkeiten und Literatur: lenks, darunter 3500 Revisionsoperatio- ist Teil verschiedener Forschungsprojekte, 1 Frank BJH et al.: Analysis of culture positive first and nen, der letzten 10 Jahre. Für die Erfor- um die Diagnostik sowie die Therapie von second stage procedures in periprosthetic knee and hip schung von muskuloskelettalen Infektio- Patienten automatisiert zu verbessern. joint infections. J Arthroplasty 2021; doi: 10.1016/j. nen wurde eine eigene Infektionsdaten- Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist arth.2021.01.074. Online ahead of print bank, die „Orthopaedic Infectious Diseases die Knochenforschung hinsichtlich Osteo- and Antimicrobial Resistance“(OIDAR)- nekrose und seltener Knochenerkrankun- Database, geschaffen. Über 1000 septische gen wie Osteogenesis imperfecta, welche Revisionseingriffe wurden in den letzten eingebunden in das Expertisezentrum für 10 Jahren an unserer Klinik durchgeführt seltene Knochenerkrankungen („Bone and und analysiert. Hauptfokus sind Analysen Growth Centre“) von Prim. Dr. Rudolf Gan- des Erregerspektrums sowie des antibioti- ger und Dr. Gabriel Mindler behandelt und schen Resistenzmusters. Eine aktuelle Stu- erforscht werden (Abb. 2). die unserer Forschungsgruppe hat gezeigt, Basierend auf der Forschung des Micha- dass Änderungen im Erregerspektrum so- el-Ogon-Labors für Orthopädische For- wie im antibiotischen Resistenzmuster schung sollen Therapiealgorithmen opti- Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021 15
© DUK Reischer Referat FORSCHUNG & INNOVATION S. Nehrer, Krems Artificial Intelligence in der Bildgebung des Bewegungsapparates Die Anwendung der Artificial Intelligence (Ai) in der Bildgebung des Bewegungsapparates ist die logische Folge der Einführung der digitalen Techniken in der Radiologie und eigentlich längst überfällig. Obwohl wir einen großen Datensatz mit jedem Röntgenbild produzieren, betrachten und beschreiben wir ihn wie ein traditionelles Röntgenbild. AI hilft uns, die volle Information dieser riesigen Datenmengen zu verwerten und damit wesentlich mehr Information aus den Bytes und Pixels herauszuholen. Durch Programmalgorithmen, wie „Machine Learning“, wo man dem Computer durch große Datenmengen lehrt, was er erkennen soll, oder „Deep Learning“ wo der Computer durch Datenschleifen sich selbst beibringt, Charakteristika einer pathologischen Veränderung zu erkennen, gelingt es, Diagnosen – die derzeit oft sehr subjektiv erstellt werden – zu objektivieren und standardisierte Beurteilungsrichtlinien umzusetzen. Der digitale Wandel ist damit auch in der Orthopädie angekommen. D ie Digitalisierung ist ein Phänomen, das uns eigentlich schon seit Jahrzehn- ten begleitet und sich in vielen Prozessen Die künstliche Intelligenz sind Computer- programme (sogenannte Algorithmen), die aus diesem digitalen Datenmaterial Charak- nem Symbolbild verbinden. Wenn wir durch ein Hochleistungsteleskop schauen, werden so viele Sterne sichtbar, dass wir in unserem sozialen Leben, in der Gesell- teristika und Muster von typischen Verän- diese Sternbilder nicht mehr identifizieren schaft, Wirtschaft und so auch in der Me- derungen durch Erkrankungen extrahieren können, obwohl sie natürlich noch da sind dizin breit gemacht hat. Der Prozess war und erkennen und in der Folge selbstständig und wir eigentlich wesentlich mehr Infor- schon weit fortgeschritten, als vor wenigen lernen, Diagnosen auf Basis objektiver Da- mationen haben. Daher brauchen wir digi- Jahren dann die bewusste Bearbeitung ge- tenanalyse zu stellen. Dieser Prozess wird tale Verfahren, die uns helfen, diese Infor- fordert wurde. Mit der Covid-Pandemie als „Machine Learning“ bezeichnet, wobei mationsflut zu verstehen, und auch Mittel, haben digitale Prozesse unsere Welt weiter hier noch Datenmaterial und Information diese Daten zu interpretieren, um dann ein durchsetzt, so auch in der Diagnostik von über die Kriterien miteinfließen müssen. wesentlich objektiveres Ergebnis zu erhal- Röntgenbildern in der Orthopädie/Trau- Beim „Deep Learning“ werden darüber ten, da viel mehr Daten zum Ergebnis bei- matologie, wo rasante Entwicklungen von hinaus neuronale Netzwerke verwendet, tragen. AI verwendet diese digitalen Da- digitalen Bildbearbeitungen und -analysen die sich selbstlernend Charakteristika von ten, lernt selbstständig, was sie an Charak- stattfinden. Datenmaterial erarbeiten und diese in Vor- teristika und Muster enthalten, und gibt Die Befundung von Röntgenbildern er- wärts- und Rückwärtsschleifen analysie- uns diese Information dann wieder zurück. folgt hier in weiten Teilen aber noch ma- ren und verstärken, sodass die Daten Wir können auch dann wieder Sternbilder nuell mit narrativen Bildbeschreibungen, selbstständig lernen, welche Muster sie definieren, aber sie basieren dann auf we- die mitunter sehr subjektiv gefärbt sind. enthalten. Dadurch wird unser einge- sentlich mehr Information. Dies äußert sich auch in der hohen inter- schränktes Aufnahmevermögen deutlich und intraindividuellen Variabilität der Be- übertroffen, da alle digitalen Daten hier Machine/Deep Learning fundung und bedingt somit speziell in der eingehen und nicht nur limitierte Kriteri- Beurteilung von Erkrankungen wie der en, die wir bei der manuellen Diagnose „Machine Learning“ ist ein Bereich der Osteoarthrose eine geringe Genauigkeit einfließen lassen. Das Ergebnis wird da- Computerwissenschaft und Bestandteil und Vergleichbarkeit. Obwohl wir bei digi- durch objektiver, genauer und zu fast künstlicher Intelligenz. Computerpro- talen Röntgenverfahren, wie bei DICOM- 100 % reproduzierbar. Weiters lassen sich gramme, die auf „Machine Learning“ ba- Formaten, 5 Megabyte an Bilddaten in auch Strukturanalysen durchführen, die sieren, können mittels Algorithmen eigen- Händen halten, werden diese am Bild- wir mit freiem Auge nicht feststellen kön- ständig Lösungen für neue und/oder unbe- schirm subjektiv quantifizierend und qua- nen – auch nicht mit einer Lupe. kannte Probleme finden. Man unterschei- lifizierend beurteilt – eigentlich so, wie vor Als anschaulicher Vergleich: Wir kön- det verschiedene Typen von Algorithmen: 100 Jahren Röntgenbilder gegen das Licht nen am Himmel Sternbilder sehen, wobei • „Supervised Learning“: Hier werden Al- gehalten und analysiert wurden. wir besonders gut sichtbare Sterne zu ei- gorithmen durch bestimmte Beispiele 16 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021
Referat FORSCHUNG & INNOVATION definiert. Dabei wird versucht, durch die logen, der die Meinungsverschiedenheiten IB Lab KOALA – Beurteilung des Generalisierung einer Lösung die Lösung harmonisiert. Gonarthrosestadiums für weitere ähnliche Probleme zu finden. • „Unsupervised Learning“: Hierbei wer- Beispiel 2 Kniearthrose ist eine schmerzhafte und den Algorithmen mit beliebigen Beispie- Ein Radiologe in Stanford hat vor 10 immobilisierende Gelenkerkrankung, die len bearbeitet. Ziel ist es, innerhalb des Jahren begonnen, jedes Röntgenbild mit 1 einen Gelenkersatz notwendig machen Datensatzes eine Struktur zu erkennen. oder 0 zu annotieren, je nachdem, ob eine kann. Das Lebenszeitrisiko beträgt bis zu • „Transduction“: Bei dieser Methode Anomalie vorliegt oder nicht. Aus den 45 % und wird von zwei Hauptrisikofakto- wird versucht, neue Lösungen auf Basis 40 000 konsistent befundeten Bildern lie- ren bestimmt: Alterung und Fettleibig- von spezifischen Fällen zu finden. ßen sich nun extrem genaue Netzwerke zur keit.2, 3 Kniearthrose betrifft weltweit über • „Learning to learn“: Bei dieser Methode Anomaliedetektion trainieren. 200 Millionen Patienten,4 was dazu führt, ziehen Algorithmen Ableitungen aus dass allein in der EU im Jahr 2020 etwa bereits gemachten Erfahrungen. Zusammenfassend: Je mehr Varianz im 100 Millionen Knie-Röntgenaufnahmen • „Developmental learning“: Hier kommt radiologischen Erscheinungsbild oder den gemacht wurden.5 Eine konsistente Verfol- es zu einem nahezu selbstständigen Ler- Annotationen vorliegt, desto mehr Daten gung von Röntgenveränderungen über ei- nen einer Software durch Austausch mit werden benötigt. nen längeren Zeitraum könnte zur Früher- menschlichen „Lehrern“.1 In den letzten Jahren wurde ein Portfo- kennung und Verhinderung des Fortschrei- lio von AI-gesteuerten Tools zur Entschei- tens der Krankheit beitragen. „Deep Learning“ ähnelt dem „Machine dungsunterstützung bei Erkrankungen des Die individuelle Diagnose im Kellgren- Learning“, geht jedoch noch darüber hin- muskuloskelettalen Bewegungsapparates Lawrence-Score zeigt aufgrund der Semi- aus. Es nutzt neuronale Netzwerke. Ziel entwickelt, mit denen Radiologen und Or- quantitativität des Scores sehr geringe in- von „Deep Learning“ ist die Verarbeitung thopäden Röntgenaufnahmen des Skeletts ter- und intraindividuelle Übereinstim- und Analyse von großen Datenmengen. schnell und korrekt beurteilen können. mung und bietet damit ungünstige Voraus- Durch die Nutzung von neuronalen Netzen Einige dieser Produkte sind schon CE-zer- setzungen für standardisierte Therapieent- können bereits vorhandene Informationen tifiziert, wie Module für die Beurteilung scheidungen sowie auch für Wirksamkeits- interpretiert und weiterverarbeitet wer- des Knochenalters, des Knies, des Ganz- studien von Arthrosetherapien. den. Dadurch kann Erlerntes mit neuen beins und der Hüfte. Somit wird der Groß- Radiologen lesen durchschnittlich 10 Inhalten zusammengefügt und für zukünf- teil der Arbeitsbelastung der Radiologen Knie-Röntgenbilder pro Tag, was ungefähr tige Aufgaben verwendet werden.1 und Orthopäden für Skelett-Röntgenauf- 40 Minuten der täglichen Arbeitsbelastung Damit neuronale Netzwerke eine nahmen abgedeckt. Die Berechnungen entspricht.5 Krankheit auf einem Röntgenbild erken- dauern weniger als eine Minute. Norma- Ein „Deep Learning“-Algorithmus, der nen, müssen möglichst alle Ausprägungen lerweise wird die Verarbeitung automa- auf über 35 000 einzelnen Knie-Röntgen- vorher präsentiert werden, damit das tisch gestartet und die Ergebnisse sind aufnahmen trainiert wurde, enthält Daten Netzwerk später in der Praxis neue Rönt- dann sofort der ursprünglichen Studie als aus einer Längsschnittstudie mit Zentren genbilder richtig bewertet. Deshalb müs- separate Serie beigefügt. Im Folgenden in den USA. Jedes Bild wurde von staatlich sen am besten alle verschiedenen Krank- werden nur einige Beispiele der Anwen- geprüften Radiologen nach den OARSI- heitsstadien, Patientenmorphologien und dung von AI beschrieben. Kriterien und der Kellgren-Lawrence-Skala Bildqualitäten in den Trainingsdaten vor- handen sein. Künstlich können zusätzli- che Varianzen durch „Augmentation“ er- zeugt werden. Um zu trainieren, wird ein Belohnungssystem verwendet, welches Artificial • Computer simuliert, kognitive Eigenschaften numerische Optimierung verwendet. Je mehr die Befundungen in Zahlen und Ka- Intelligence • Seit 1950 tegorien vorliegen, desto einfacher kann diese Optimierung vorgenommen wer- Machine • Computeralgorithmen verbessern ihre Funktionalität learning den. Je konsistenter die Trainingsdaten, durch mehr Daten desto genauer kann auf weniger Daten • seit 1980 trainiert werden. Beispiel 1 Deep • Künstliche neurale Netzwerke decodieren durch schichtweise Feedbackschleifen Rohdaten Zwei Radiologen haben unterschiedli- che Meinungen zum selben Datensatz ei- learning von Bildmaterial • Seit 2010 nes Bildes. Wenn wir auf diesen Daten trainieren, spiegelt das Netzwerk die Mei- nungsverschiedenheit wider und wird schlecht funktionieren. Eine Lösung wäre Abb. 1: „Deep Learning“ ist eine Sonderform des „Machine Learning“, das einen Teil der künstlichen die Schlichtung durch einen dritten Radio- Intelligenz darstellt Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 2 / 2021 17
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