Partnermärkte in Deutschland im Spiegel eines neuen
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Partnermärkte in Deutschland im Spiegel eines neuen Erhebungsinstruments von Thomas Klein und Johannes Stauder S. 77-113 in: Johannes Huinink und Michael Feldhaus (Hg.): Neuere Entwicklungen in der Beziehungs- und Familienforschung. Vorstudien zum Beziehungs- und Familienentwicklungspanel (PAIRFAM). Würzburg: Ergon (2008)
Partnermärkte in Deutschland im Spiegel eines neuen Erhebungsinstruments Thomas Klein, Johannes Stauder I. Einleitung Der Partnermarkt1 hat auf unterschiedliche Weise Einfluss auf fast alle Schritte der Beziehungs- und Familienentwicklung. Am augenscheinlichsten sind die Partnermarkteinflüsse auf die Partnerwahl, die keineswegs ausschließlich auf der autonomen Entscheidung der Beteiligten und ihrer Motive basiert. Vielmehr wirken auch die Gelegenheiten und Restriktionen des Partnermarkts in zumin- dest dreifacher Weise auf die Partnerwahl ein: (1) So hat die Größe des Partner- markts Einfluss auf die Transparenz des Markts, auf die Effizienz der Partnersu- che und auf die so genannten Suchkosten. (2) Daneben definieren sozialstruktu- relle Rahmenbedingungen – wie z. B. die Altersverteilung, die Bildungsvertei- lung, die Konfessionsverteilung usw. – die Chance, einen potenziellen Partner mit den betreffenden Merkmalen überhaupt kennen zu lernen (Blau 1977a; 1977b; 1994; Blau et al. 1982; Blau et al. 1984). Dies führt dazu, dass die ver- meintlich höchst private Entscheidung der Partnerwahl mehr oder weniger stark von der Arithmetik des Partnermarkts regiert wird (vgl. Klein 2000; Klein und Rüffer 2001). (3) Und nicht zuletzt hat die (Un-) Ausgewogenheit des Partner- markts einen Einfluss auf die Chance, überhaupt einen Partner zu finden. Es gibt z. B. Regionen in Deutschland in denen (bezogen auf 18- bis 29-Jährige) keine 80 Frauen auf 100 Männer kommen.2 Außerdem hatte bspw. der Nachkriegs- Frauenüberschuss zur Folge, dass viele Frauen der betreffenden Generationen zeitlebens ledig geblieben sind oder nach einer Scheidung oder Verwitwung nicht wieder geheiratet haben. In diesem Zusammenhang ist auch von einer Re- strukturierung weiblicher Lebensläufe in Richtung einer größeren Erwerbsorien- 1 Der Begriff des Heiratsmarkts ist in der Literatur weit gebräuchlicher als der des Partner- markts, bedingt dadurch, dass die Existenz eines Lebenspartners in den älteren Generatio- nen zumeist an den Familienstand gekoppelt war. Beide Begriffe können aber durchaus synonym gebraucht werden, soweit sie sich nur auf die Gelegenheiten des Kennenlernens beziehen, unabhängig davon, in welche Beziehungsform neu entstehende Partnerschaften später einmünden. Dies ist auch der Grund dafür, dass sich z. B. die Partnerwahl in Ehen kaum von der in nichtehelichen Lebensgemeinschaften unterscheidet (vgl. Frenzel 1995; Klein 1999). 2 Dies sind z. B. die Landkreise Ücker-Randow und Parchim: Dort kommen auf 100 Män- ner im Alter von 19 bis 29 Jahren 76,1 bzw. 79,3 Frauen. (Kröhnert et al. 2005: 13; GEO- Redaktion 2004: 9).
78 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER tierung und Selbständigkeit von Frauen auszugehen (Guttentag und Secord 1983). Im Zuge der mittlerweile veränderten Partnermarktsituation ist hingegen die traditionell geringe Wiederheiratsrate von Frauen inzwischen beträchtlich angestiegen und hat die von Männern längst übertroffen (Dorbritz und Gärtner 1998: 380). Neben der Partnerwahl sind auch die Beziehungsstabilität und das Schei- dungsrisiko nicht zuletzt als ein Ergebnis des Angebots und der Konkurrenz auf dem Partnermarkt anzusehen. Dabei sind zum einen die Bedingungen des Part- nermarkts bedeutsam, unter denen die Partnerwahl zustande gekommen ist. So steigern hohe Suchkosten auf dem Partnermarkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Partnerwahl nicht ‚optimal’ ausfällt und das Scheidungsrisiko entsprechend hoch ist (Becker et al. 1977: 1150). Zum anderen hängt die Beziehungsstabilität auch von den (sich verändernden) Partnermarktbedingungen und den daraus resultie- renden Alternativen während des Beziehungsverlaufs ab. Zusätzlich zu dem Einfluss des Partnermarkts auf die Partnerwahl und die Be- ziehungsstabilität lassen die heute häufiger gewordene Begründung und Auflö- sung von Partnerschaften im Lebenslauf und die damit verbundenen Partner- wahlprozesse, Trennungen und erneuten Partnerwahl- und Paarentwicklungspro- zesse einen nicht geringen Einfluss auf die Geburtenentwicklung erwarten (Eck- hard 2006). So stehen beispielsweise die Veränderungen bezüglich der Existenz und der Dauerhaftigkeit von Partnerschaften in engem Zusammenhang mit der Zunahme der dauerhaften Kinderlosigkeit (Klein 2003), während die Begrün- dung einer Stieffamilie mitunter Anlass für die Geburt eines weiteren, gemein- samen Kindes ist (Klein 2003; Klein und Eckhard 2004: 74). Darüber hinaus ist es ggf. ein numerisches Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen auf dem Partnermarkt, das für eine unterschiedliche Fertilität der Geschlechter verant- wortlich ist (vgl. z. B. Schoen 1985). So hat in der Bundesrepublik in den ersten zwei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg ein beträchtlicher Frauenüber- schuss dazu beigetragen, dass Männer in den Geburtsjahrgängen bis etwa 1940 durchschnittlich mehr Kinder hatten als Frauen und in den Jahrgängen bis etwa 1930 auch eine geringere Kinderlosigkeit aufwiesen, während sich die Situation inzwischen umgekehrt hat (Dinkel und Milenovic 1992). Trotz der eminenten Bedeutung des Partnermarkts für familiendemographi- sche Prozesse und gesamtgesellschaftliche Entwicklungen sind Partnermarktein- flüsse in den zuvor angesprochenen Themenbereichen bislang allenfalls notdürf- tig untersucht worden. Der Grund hierfür liegt schlicht darin, dass der Partner- markt kein Merkmal von Individuen darstellt, deshalb nicht ohne weiteres er- fragbar ist, sich somit in einschlägigen Datensätzen nicht wiederfindet und mit externen (Sozialstruktur-) Daten nur äußerst behelfsmäßig ergänzt werden kann. Die Opportunitäten und Restriktionen des Partnermarkts sind überdies in empi- rischen Untersuchungen schwierig zu erfragen, weil sich die angestrebte Aus- kunft nicht nur auf die Befragungsperson selbst bezieht, sondern auf komplexe
PARTNERMÄRKTE IN DEUTSCHLAND 79 soziale Situationen, die den Alltag des Befragten prägen. Schwierig (weit schwie- riger auch als die Erfassung sozialer Netzwerke) ist die Erfragung von Partner- marktgelegenheiten daher auch deshalb, weil die Befragungsperson auch Kennt- nis über Personen ihrer Umgebung haben muss, mit denen sie nur sehr einge- schränkt sozial verbunden ist. Trotz der genannten Schwierigkeiten beruht die vorliegende Analyse von Part- nermärkten in Deutschland auf dem Versuch, die Gelegenheiten und Restriktio- nen des Partnermarkts bei den betroffenen Individuen direkt zu erfragen. Dieser Ansatz verspricht eine sehr viel adäquatere Erfassung des Partnermarkts als in al- len bislang vorliegenden Untersuchungen und trägt außerdem auch dem Um- stand Rechnung, dass sich die Opportunitäten und Restriktionen des Partner- markts auch in geographisch eng umgrenzten Regionen und Altersgruppen wo- möglich sehr zwischen den Individuen unterscheiden. Nur ein solches Befra- gungskonzept wird überdies dem begrenzten sozialen Horizont des Individuums gerecht, in dem die Restriktionen weit enger gesteckt sind, als eine gesamtgesell- schaftliche Betrachtungsweise suggeriert. Die nachfolgenden Analysen beziehen sich auf die Begegnungsmöglichkeiten der Individuen und deren soziale Strukturierung. Die Begegnungsmöglichkeiten werden über die Ausbildung, über den Arbeitsplatz und weitere Aktivitäten und deren Handlungskontexte definiert und vorstrukturiert. In Bezug auf die Part- nerwahl lassen sich die sozialen Interaktionsgelegenheiten, die mit den Hand- lungskontexten jeweils verbunden sind, als Teilheiratsmärkte begreifen. Im Mit- telpunkt des hier zugrundeliegenden Partnermarktkonzepts stehen die zumindest kurzfristig nicht (oder nur unter hohen Kosten) frei wählbaren Aktivitäten, die obendrein viel Zeit absorbieren. Nicht Gegenstand der nachfolgenden Analysen sind somit alle Aktivitäten, die nur der Partnersuche dienen wie z. B. Partnerbör- sen im Internet, Partnerschaftsanzeigen, Single-Parties und Ähnliches. Mit be- rücksichtigt sind allerdings die Einbindung in Freundschaftsnetzwerke sowie re- gelmäßig ausgeübte Freizeitaktivitäten, bei denen das Motiv der Partnersuche zumeist nicht den Ausschlag gibt. Das hier zugrundeliegende Partnermarktkon- zept knüpft mithin an bestehende Einbindungen des Individuums in soziale Strukturen an und zielt somit auf die sozialen Steuerungsmechanismen der Op- portunitäten und Restriktionen bei der Partnersuche. Im Folgenden sind zunächst theoretische Überlegungen zum Konzept des Partnermarkts und bisherige Operationalisierungen zusammengestellt (Punkt II). Nach einer Darstellung des hier entwickelten Erhebungsinstruments und der durchgeführten Validierungsuntersuchungen (Punkt III) folgen die empirischen Ergebnisse zur Strukturierung von Partnermärkten in Deutschland sowie deren Diskussion (Punkte IV und V).
80 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER II. Theoretische Überlegungen zum Konzept des Partnermarkts und bisherige Messinstrumente 3 In den verschiedenen Studien zum Partnermarkteinfluss auf die Beziehungs- und Familienentwicklung werden unterschiedliche Aspekte des Partnermarkts akzen- tuiert, die als konstitutive Elemente des Partnermarkts zu begreifen sind und sich auf die folgende Weise zu einem Gesamtkonzept des Partnermarkts zusammen- fügen lassen: 1. Begegnungsmöglichkeiten Ein konstitutives Element jedes Partnermarktkonzepts definiert den Partnermarkt als den Ort der Begegnung mit potenziellen Partnern. Der Partnermarkt stellt in dieser Hinsicht eine räumlich-soziale Eingrenzung und Beschreibung des Mög- lichkeitsraums dar. Von den einschlägigen Theoretikern wird zwar der Möglich- keitsraum vor allem als Grundlage einer Theorie der Freundschaftsformation bzw. der Entstehung sozialer Beziehungen gesehen, er ist aber natürlich glei- chermaßen auch als Partnermarkt zu verstehen (vgl. insbes. Blau et al. 1982; Blau et al. 1984; Rytina et al. 1988). In der Tradition der Strukturtheorie von Blau (1977a; 1977b; 1994) sind die Begegnungsmöglichkeiten zunächst weiträumig, d. h. in der Regel durch natio- nale Grenzen und durch die Sozialstruktur der Gesellschaft definiert. Die Wahr- scheinlichkeit, einem potenziellen Partner mit diesen und jenen Eigenschaften zu begegnen, hängt von der Verteilung der Bevölkerung auf die betreffenden Merkmale ab. Die Definition des Partnermarkts auf gesamtgesellschaftlicher Ebene ist allerdings nur eine sehr grobe Annäherung an die tatsächlichen Begeg- nungsmöglichkeiten, und auch Blau ist sich bewusst, dass die Wahrscheinlich- keit der Entstehung von Freundschafts- und Partnerschaftsbeziehungen vor allem von den Opportunitäten in der konkreten sozialen Umgebung abhängt. Hierbei ist von Bedeutung, dass sich Heirats- und Lebenspartner häufig aus einem sehr engen räumlichen Kontext rekrutieren (Bossard 1932; Catton und Smircich 1964; Clarke 1952; Haavio-Mannila 1965; Katz und Hill 1958; Lengerer 2001; Lichter et al. 1991; Morgan 1981; Ramsoy 1966). Zur Konkretisierung der nach sozialen Merkmalen differenzierten Begegnungsmöglichkeiten ist es deshalb na- heliegend, bei der Analyse familiendemographischer Prozesse von einer klein- räumigeren sozialen Strukturierung (z.B. auf der Ebene von Kreisen, vgl. Hank 2002; Klein und Wunder 1996) auszugehen. So ist z. B. die scheinbar überzufäl- lige konfessionelle Homogamie in Deutschland weitgehend mit der geographi- 3 Für eine ausführlichere Darstellung theoretischer Überlegungen und bisheriger For- schungsansätze vgl. Klein (2004).
PARTNERMÄRKTE IN DEUTSCHLAND 81 schen Konzentration der Konfessionen zu erklären (Klein und Wunder 1996). Für andere Aspekte der Partnerwahl und weitere Prozesse der Beziehungs- und Familienentwicklung erscheint jedoch diese nach wie vor grobe Annäherung an den Begegnungsraum keineswegs ausreichend. Näher an die soziale Realität kommt die Fokus-Theorie von Feld (1981; 1982). Während die Strukturtheorie von Blau auf einen geographisch definierten, meist nationalen Partnermarkt abhebt, dessen Sozialstruktur die Begegnungsmöglich- keiten strukturiert, berücksichtigt Feld, dass Individuen über den Arbeitsplatz und über Freizeit- und andere Aktivitäten in verschiedene Handlungskontexte eingebunden sind, die als Brennpunkte der Begegnung (Foki) verstanden werden können (Feld 1981 ausgehend von Simmel 1955 und Granovetter 1973). Die so- zialen Interaktionsgelegenheiten werden dadurch vorstrukturiert, wobei homo- gene Foki auch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, einem ähnlichen Partner zu be- gegnen. Diese am weitesten gehende konzeptionelle Annäherung an die soziale Realität wurde allerdings bislang noch nie zur empirischen Erhebung von Part- nermarktopportunitäten und -restriktionen herangezogen. 2. Potenzielle Relevanz und die Kriterien der Partnersuche Aber nicht alle Begegnungen sind gleichermaßen (oder überhaupt) für die Part- nerwahl und für mögliche Alternativen zu einer existierenden Partnerschaft be- deutsam. Ein nach wie vor verbreitetes Erklärungsmuster der Partnerwahl ist von der Auffassung geprägt, dass „... die Wahl des Ehepartners in mehr oder weniger hohem Ausmaß durch gesellschaftliche Wertvorstellungen und Normen regle- mentiert wird“ (Handl 1988: 106) – die potenzielle Relevanz also durch Normen bestimmt ist, wobei zumeist Homogamienormen gemeint sind. In der Argumentation der Austauschtheorie spielt für die potenzielle Relevanz hingegen der Austausch wechselseitiger Bedürfnisbefriedigung eine große Rolle, die auch in der Interaktion selbst liegen kann (z.B. Thibaut und Kelley 1959). Im Unterschied hierzu akzentuiert die familienökonomische Theorie stärker den materiellen Aspekt der Bedürfnisbefriedigung (Becker 1981). Sie sieht das Hei- ratsmotiv in der möglichst effizienten Produktion von (ehespezifischen) Gütern begründet und konzentriert sich dabei auf die Spezialisierungsvorteile der famili- alen Arbeitsteilung zwischen Erwerbs- und Hausarbeit. Die Partnermarktrelevanz einer Person hängt in dieser Perspektive von der Komplementarität bzw. der Substituierbarkeit von Merkmalen bei der Produktion gemeinsamer Bedürfnisbe- friedigung ab. Das Prinzip der Bedürfnisbefriedigung ist aber nicht notwendig und vor allem nicht hinsichtlich aller Merkmale auf eine optimale (komplementäre oder substi- tutive) Passung ausgerichtet. Vielmehr wird in Bezug auf die individuelle Be- dürfnisbefriedigung häufig unterstellt, dass jede(r) einen möglichst attraktiven Partner bzw. eine möglichst attraktive Partnerin sucht, mehr oder weniger unab-
82 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER hängig von der eigenen Attraktivität (z.B. Edwards 1969). In diesem Fall sorgt erst der Marktmechanismus (s. u.) dafür, dass letztlich Partner gleicher relativer Attraktivität zusammen finden. Es ist davon auszugehen, dass dieses „Maximie- rungsprinzip“ bei der Partnersuche (Klein 2000; Klein und Rüffer 2001) in zu- nehmendem Maße auch für die bildungs- und statusbezogene Partnerwahl aus- schlaggebend ist, und zwar bei Frauen wie auch bei Männern (Albrecht et al. 1997: 431f.). Während sich die Partnermarktrelevanz einer Begegnung sicher an vielen Merkmalen bemisst, konzentrieren sich fast alle empirischen Studien zur Quan- tifizierung der (Un-) Ausgewogenheit von Partnermärkten auf das Alter und den Altersabstand (z.B. Fossett und Kiecolt 1991; Goldman et al. 1984; Martin 2001; Schoen 1983; Veevers 1988).4 Außer dem Alter sind aber natürlich auch weitere Faktoren – insbesondere Ethnizität, Migrationshintergrund, Sprache und ähnli- ches – für die Partnermarktrelevanz einer Begegnung von Bedeutung. Im Unter- schied zum Maximierungsprinzip steht bei diesen Merkmalen wohl eher eine gu- te Passung im Vordergrund. 3. Verfügbarkeit Neben den Begegnungsmöglichkeiten und der potenziellen Relevanz ist die Ver- fügbarkeit ein konstitutives Merkmal fast jeder Partnermarktdefinition. In vielen Studien wird die Verfügbarkeit über den Familienstand definiert5 – zum Hei- ratsmarkt zählen also nach dieser Operationalisierung alle Nichtverheirateten (Crowder und Tolnay 2000; Lichter et al. 1995; Lloyd und South 1996; Oropesa et al. 1994; South 1995; South und Lloyd 1995; South und Lloyd 1992; Veevers 4 Dabei besteht eine einfache und sehr ungenaue Vorgehensweise darin, die Ausgewogen- heiten der Geschlechterverteilung (Sex Ratio) auf den partnermarktrelevanten Altersbe- reich zu beschränken (Akers 1967; Albrecht et al. 1997; Crowder und Tolnay 2000; Fossett und Kiecolt 1993; South 1995; South und Lloyd 1995; South und Trent 1988; South et al. 2001). Wünschenswert ist allerdings, den Partnermarkt (-engpass) in Abhängigkeit vom in- dividuellen Alter zu beurteilen. Mit einer groben Annäherung an die altersabhängige Part- nermarktsituation kann man die Zahl der Männer eines bestimmten Alters auf die der drei Jahre jüngeren Frauen beziehen, was dem durchschnittlichen Altersabstand entspricht (z.B. Dinkel und Milenovic 1992; Klein 1993; 1994; 1995). Differenzierter ist die gewich- tete Sex Ratio von Veevers (1988; vgl. auch Martin 2001; Stauder 2002), bei der die unter- schiedliche faktische Relevanz aller Altersabstände bei der Partnerwahl Berücksichtigung findet. Und in einer Erweiterung dieses Konzepts lässt sich auch die Konkurrenz durch das eigene Geschlecht in anderen Altersgruppen in die Betrachtung einbeziehen, denn die Heiratsgelegenheiten von Männern eines bestimmten Alters hängen schließlich nicht nur von deren eigener Anzahl und der der Frauen in den verschiedenen Altersgruppen ab, sondern auch von der Anzahl der Männer, die den jeweils anderen Altersgruppen angehö- ren (Goldman et al. 1984). 5 Ausnahmen sind z. B. die Studien von Fosset (1993), Lichter (1997), Raley (1996), South (1988; 2001) und Albrecht (1997), die den Familienstand überhaupt nicht berücksichtigen.
PARTNERMÄRKTE IN DEUTSCHLAND 83 1988). Dieses Konzept von Verfügbarkeit ist allerdings nur auf den ersten Blick plausibel. Es ist einerseits nicht theorieadäquat im Hinblick auf die familienöko- nomische Theorie der Ehestabilität (vgl. z.B. Becker et al. 1977), in der die Att- raktivität von ‚Alternativen’ eine zentrale Stellung einnimmt. Andererseits steht die Beschränkung des Partnermarkts auf Nichtverheiratete in Widerspruch zu empirischen Erkenntnissen, wonach ein neuer Partner zu den häufigsten Tren- nungsgründen gehört (South und Lloyd 1995: 21). Auch die in einer Partner- schaft Gebundenen und sogar Verheiratete stehen also zur Etablierung einer neuen Beziehung prinzipiell zur Verfügung – wenngleich natürlich mit einer ver- gleichsweise geringeren Wahrscheinlichkeit. Plausibler als der Ausschluss aller Verheirateten ist es deshalb (aus theoreti- schen wie aus empirischen Gründen), die Verfügbarkeit nach dem Muster unter- schiedlicher Relevanz für den Partnermarkt, abgestuft nach dem Bindungsgrad (bzw. dem commitment, den exit-Kosten usw.), zu konzeptualisieren (Stauder 2006). Indikatoren für den Bindungsgrad sind nicht zuletzt die partnerschaftliche Lebensform und die Existenz gemeinsamer Kinder. 4. Marktmechanismen Das Zusammenwirken von quantitativen Verteilungsparametern mit den Krite- rien der Partnersuche kommt aber erst durch Marktmechanismen zustande, die durch Konkurrenz und beschränkte Transparenz6 geprägt sind. So basiert der Zuordnungsmechanismus der Partnerwahl auf der Konkurrenz und der poten- ziellen Relevanz – unter den Restriktionen der Verfügbarkeit und der Begeg- nungsmöglichkeiten. Dabei beruht homogame Partnerwahl nicht notwendig auf homogamer Partnersuche, sondern Homogamie erklärt sich auch als Ergebnis des Wettbewerbs auf dem Partnermarkt, selbst wenn jede(r) nach einem mög- lichst attraktiven Partner bzw. einer möglichst attraktiven Partnerin sucht: Denn liegen die Vorstellungen, was ein attraktiver Partner ist, nicht allzu weit ausein- ander, entsteht ein Ausgleich der Attraktivität – d. h. Homogamie – auf Basis des Wettbewerbs, wenn jede(r) die Partnerschaft mit anderen ablehnt, die weniger attraktiv sind. 6 Diese bezieht sich sowohl auf die Begegnungsmöglichkeiten als auch auf die potenzielle Relevanz und die Verfügbarkeit.
84 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER Abbildung 1: Partnermarkt-Einflüsse auf die Partnerwahl a) b) c) d) hoch Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen Bildungsniveau niedrig Partnermarktungleichgewicht Homogamie- ‚Maximierungs’- streben streben ohne... mit... Einfluß auf die Partnerwahl mit Partner ohne Partner (Quelle: Klein 2005: 232) Das Zusammenwirken von quantitativen Verteilungsparametern mit den Krite- rien der Partnersuche und die dahinterstehenden Marktmechanismen treten erst bei (strukturell und / oder numerisch) unausgeglichenem Partnermarkt deutlich zutage. Wie in Abbildung 1a veranschaulicht, findet z.B. bei geschlechtsspezi- fisch unterschiedlicher Bildungsverteilung (strukturelles Ungleichgewicht) unter dem Diktat der Homogamieregel nur ein Teil der Bevölkerung zusammen, wäh- rend der Rest ohne Partner bleibt oder zu ‚abweichendem Verhalten’ gezwungen ist. Unter dem Maximierungsprinzip (Abbildung 1b) muss hingegen bei ge- schlechtsspezifisch unterschiedlicher Bildungsverteilung die Wettbewerbsthese dahingehend verallgemeinert werden, dass sie sich nicht auf den Ausgleich der absoluten Attraktivität, sondern auf den der relativen Attraktivität bezieht. So findet der relativ attraktivste Mann die relativ attraktivste Frau, der Zweitattrak- tivste die Zweitattraktivste usw., selbst wenn sich jeweils in der Partnerschaft die Attraktivität der Partner deutlich unterscheidet. Gerade in Bezug auf die bil- dungsbezogene Partnerwahl in älteren Generationen wie auch in Bezug auf die altersbezogene Partnerwahl im Allgemeinen fügen sich partnermarktstrukturelle Vorgaben in ein traditionelles Familienbild, das ohnehin nicht von Homogamie geprägt ist (Klein 1996; 1998). Die Realisierung eines moderneren, egalitären Familienbilds kann sich dagegen an strukturellen Partnermarktungleichgewichten stoßen. Hinzu kommt in der Regel7 eine numerische Unausgewogenheit des Partnermarkts (d.h. es gibt zu viele Männer oder zu viele Frauen), die sich je nach den vorherrschenden Suchkriterien unterschiedlich auf die Partnerwahl auswirkt (vgl. Abbildung 1c und 1d). 7 Partnermarktungleichgewichte sind in manchen Handlungskontexten besonders ausge- prägt, existieren aber oft auch für die Gesellschaft insgesamt.
PARTNERMÄRKTE IN DEUTSCHLAND 85 5. Bisherige Operationalisierungen der unterschiedlichen Aspekte des Partnermarkts Überblickt man die empirische Forschung, so lassen sich drei Wege der empiri- schen Erfassung von Partnermärkten unterscheiden. (1) Ein Großteil der Litera- tur beschränkt sich nach wie vor darauf, Individualmerkmale partnermarktbezo- gen zu interpretieren – es handelt sich insofern eher um einen indirekten Weg der Erfassung von Partnermärkten. Ein Beispiel ist das Heiratsalter: Dieses wird zum einen als Suchdauer interpretiert und zum anderen auch als Ausdruck der zunehmenden Verengung des Partnermarkts im Lebenslauf, unter dessen Restrik- tionen die Partnerwahl stattfindet. Unter dem ersten Aspekt ist mit einer länge- ren Suchdauer als Resultat eine stabilere Partnerschaft verknüpft. Die Suchzeit dient nicht zuletzt auch der Verbesserung der Marktkenntnis und dem Abbau unrealistischer Erwartungen. Die mit zunehmender Suchzeit respektive zuneh- mendem Heiratsalter verbundene ‚Evaluation’ potenzieller Partner und der Ab- bau unrealistischer Erwartungen kommen nicht nur der Qualität der Partner- wahl, sondern auf diesem Wege auch der Beziehungsstabilität zugute. Unter dem zweiten Aspekt der Marktverknappung geht aber mit einer längeren Suchdauer auch eine stärkere Verengung des Partnermarktes einher, da die Menge verfügba- rer, noch nicht gebundener Partner abnimmt. Hierdurch kommen Partnermark- tungleichgewichte deutlicher zum Tragen, die die Qualität der später getroffenen Partnerwahl beeinträchtigen. Der empirische Befund eines zunächst mit steigen- dem Heiratsalter abnehmenden und ab einem gewissen Punkt wieder zuneh- menden Scheidungsrisikos wird damit erklärt, dass die Qualität der Partnerwahl zunächst hauptsächlich von der Suchdauer abhängt und erst ab einem bestimm- ten, optimalen Heiratsalter die Marktverengung den Ausschlag gibt (Becker et al. 1977). Die genannten Partnermarkteffekte sind aber in den betreffenden Unter- suchungen nicht direkt gemessen. Auch andere Individualvariablen wie z. B. die Wohnortgröße sind beliebte Indikatoren für die Opportunitäten des Partner- markts. Ein weiteres Beispiel sind seltene Eigenschaften, die von Becker et al. (1977: 1150) als Indikator für einen mis-match bei der Partnerwahl interpretiert werden. (2) Ein zweiter Weg der Erfassung von Partnermarktopportunitäten besteht darin, die Sozialstruktur der Begegnungsmöglichkeiten mit geeigneten, meist amtlichen (Massen-) Daten abzubilden und diese externen Daten zum Zweck der Untersuchung familiendemographischer Prozesse mit Individualdaten zu ver- knüpfen. Die diesbezügliche Forschung ist vor allem auf Partnermarktungleich- gewichte konzentriert. Untersucht wurde beispielsweise der Effekt unausgewoge- ner Sex Ratios auf das Heiratsverhalten (Albrecht et al. 1997; Crowder und Tol- nay 2000; Fossett und Kiecolt 1993; Klein 1993; Lichter et al. 1995; Lloyd und South 1996; Oropesa et al. 1994; South und Lloyd 1992; South und Trent 1988), auf die Ehestabilität (Klein 1994; South und Trent 1988; South 1995; South und Lloyd 1995; Stauder 2002), auf das eheliche Austauschverhältnis und
86 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER die „dyadic power“ in Beziehungen (Guttentag und Secord 1983: 23f., 160f.) und andere Aspekte der Beziehungs- und Familienentwicklung. (3) Ein dritter, bislang noch kaum beschrittener Weg führt schließlich über die direkte Befragung der von den Partnermarktrestriktionen betroffenen Indivi- duen. In diesem Zusammenhang entwickelt South (1991) ein Konzept zur Erfra- gung von Präferenzen, das Aufschlüsse über die potenzielle Relevanz gibt. Von Udry (1981; 1983) stammt hingegen eine Itembatterie zur Einschätzung der Al- ternativen zur bestehenden Ehe (marital alternatives scale). Verschiedene Wege der direkten Erfragung von Partnermarktchancen wurden auch von anderen Au- toren beschritten (Booth und Edwards 1985; Felmlee 2001; Previti und Amato 2003; Sanchez und Gager 2000; White und Booth 1991). Im Rahmen der direkten Befragung stellt sich auch die Frage, inwieweit die empirische Analyse sozialer Netzwerke zur Erfassung von Partnermärkten beitra- gen kann. Durch die Steuerung der Begegnungsmöglichkeiten beeinflussen Handlungskontexte die Partnerwahl wie auch die Entstehung und Strukturierung sozialer Beziehungen bzw. sozialer Netzwerke im Allgemeinen. In dem Maße, in dem Handlungskontexte wie z. B. der Arbeitsplatz oder bestimmte Freizeitaktivi- täten ein Netzwerk sozialer Beziehungen hervorbringen, verbessert sich der In- formationsfluss über potenzielle Partner, und die Such- bzw. Transaktionskosten des Partnermarkts verringern sich. Netzwerke selbst erlauben jedoch nur sehr eingeschränkt einen Zugang zur Erhebung von Partnermarktopportunitäten, (1) da die Selektion sozialer Beziehungen in Netzwerken anderen Kriterien folgt, (2) da der Partnermarkt gerade auch aus noch nicht existierenden Beziehungen be- steht und (3) aus einem teilweise mit dem Partner geteilten Netzwerk weniger Al- ternativen zur bestehenden Partnerschaft erwachsen als vielmehr eine Stabilisie- rung der Partnerschaft durch die soziale Einbettung der Beziehung und die Be- reitstellung gemeinsamen Sozialkapitals (Hartmann 1999; 2003). Im Rahmen der direkten Befragung erscheint es zwar wichtig, die Partnermarktopportunitäten, die sich aus Netzwerkstrukturen ergeben, zu berücksichtigen, aber der für die Er- klärung familiendemographischer Prozesse relevante Partnermarkt geht doch weit über soziale Netzwerke hinaus. III. Ein Instrument zur Erhebung der Opportunitäten und Restriktionen auf dem Partnermarkt Die im Folgenden vorgestellten Befragungsinstrumente beruhen im Wesentli- chen auf der zuvor ausgeführten Idee von Feld: Die Partnermarktgelegenheiten sind darin an den Handlungskontexten des Individuums orientiert und über die Sozialstruktur der Begegnungsmöglichkeiten, ihre Relevanz und ihre Verfügbar- keit in allen Kontexten definiert. Neben diesem genaueren, aber vergleichsweise aufwändigen Verfahren wurden mehrere Kurzinstrumente entworfen, die die
PARTNERMÄRKTE IN DEUTSCHLAND 87 Partnermarktsituation des Befragten sehr pauschal erfragen und allenfalls zentrale Probleme bei der Partnersuche identifizieren. 1. Beschreibung Kontextsammlung. Der Befragte wird zunächst nach den für ihn relevanten sozia- len Handlungskontexten gefragt, in denen er zusätzlich zu Beruf, Schule oder Studium8 mit anderen Personen „wiederkehrend in Kontakt“ kommt. Die offene Frage nach den betreffenden Handlungskontexten beruht auf der Auswertung des Familiensurveys 2000 zum Ort des Kennenlernens, wo eine geschlossene Auswahl aus typischen Kontextarten zu einem unbefriedigend hohen Anteil „sonstiger“ Wege des Kennenlernens geführt hat (Klein und Lengerer 2001; Kalmijn und Flap 2001). Überdies stellt bereits die Anzahl der generierten Kon- texte einen wichtigen Indikator für die soziale Partizipation und damit für die Partnermarktgelegenheiten dar.9 Kurzinstrumente. Im Rahmen der angesprochenen Kurzinstrumente wird der Be- fragte außerdem gebeten, ggf. die größten Hindernisse bei der Partnersuche zu nennen. Die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten – hier dargestellt für männli- che Befragte – orientieren sich an den eingangs dargelegten Aspekten des Part- nermarkts und beinhalten Folgendes (Mehrfachnennung möglich): hinsichtlich der Begegnung: – „Ich begegne weit mehr Männern als Frauen.“ – „Ich habe selten die Gelegenheit, Frauen kennen zu lernen.“ hinsichtlich der Verfügbarkeit: – „Die meisten Frauen, die ich kenne, sind bereits gebunden.“ hinsichtlich Konkurrenz und der Markteigenschaften: – „Andere Männer sind attraktiver als ich.“ – „In den Situationen, in denen ich andere Menschen kennen lerne, wird es nicht gern gesehen, wenn sich eine Paarbeziehung entwickelt.“ Daneben hatte der Befragte seine Aussichten, einen Partner zu finden, auf einer Skala von 0 (= „sehr schlecht“) bis 10 (= „sehr gut“) einzuschätzen, und zwar sowohl insgesamt als auch mit Bezug auf jeden der angegebenen Handlungskon- texte. Kontextspezifische Aussichten größer als 0 fungieren auch als Filter für 8 Die diesbezüglichen Informationen gehen aus vorangegangenen Teilen des Fragebogens hervor. 9 Eine Erfassung des Freundschaftsnetzwerks als partnermarktrelevantes soziales Umfeld un- terblieb, da hier auf Daten aus der ersten Welle des Mini-Panels zurückgegriffen werden konnte (vgl. Kneip in diesem Band).
88 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER partnermarktrelevante Kontexte, für die die im Folgenden dargestellten Fragen gestellt wurden. Kontexterhebung. Kernstück der vorliegenden Untersuchung ist die Erhebung der in Übersicht 1 zusammengefassten Informationen für alle partnermarktrelevan- ten Handlungskontexte. Dabei sollte ein Handlungskontext zum einen nicht völ- lig ausufern aber zum anderen breiter definiert sein als ggf. einige Personen, mit denen der Befragte engen Kontakt hat, die er auch außerhalb der jeweiligen Ak- tivität trifft und die u. U. zu seinem Netzwerk gehören. Da die Grenze vieler Handlungskontexte sehr unscharf ist, hat sich eine Begrenzung auf jene Personen bewährt, mit denen der Befragte bei der jeweiligen Aktivität „wiederkehrend in Kontakt“ kommt. Ausnahmen stellen Schule, Lokale und Studium dar, wo sich die – vereinfachten – Fragen auf den Schuljahrgang,10 die Personen im Lokal11 bzw. die Fach-Studierenden am Hochschulort bezogen.12 Übersicht 1: Kontextspezifische Fragen zur Sozialstruktur der Begegnungen und Berechnung der Partnermarkt-Konstrukte 10 Als weitere Information genügte hier die Geschlechterrelation. 11 ohne Bildungsstruktur (K5, K8), vereinfachte Altersstrukturerhebung. 12 Vom Befragten wurden nur Studienfächer und -ort erfragt. Die konkreten Angaben wur- den auf dieser Grundlage nachrecherchiert.
PARTNERMÄRKTE IN DEUTSCHLAND 89 Im Hinblick auf die Relevanz der Begegnungen13 ist es zur Erfassung des Part- nermarktangebots wichtig, nur Personen aus jeweils geeigneten Altersgruppen zu berücksichtigen, wobei mit zunehmendem Alter größere Altersabstände bei der Partnerwahl akzeptiert werden (Klein 1993: 243f; Veevers 1988). Die für die Fra- gen K3 und K4 in Übersicht 1 je nach Altersgruppe und Geschlecht des Befrag- ten verwendeten Altersgrenzen decken jeweils die mittleren 90 Prozent der Al- tersabstände ab, die zwischen 1990 und 2000 bei neubegründeten Partnerschaf- ten realisiert wurden (vgl. Anhangtabelle 1). Die Konkurrenz besteht entspre- chend aus den Personen, die bezüglich ihres Alters bevorzugt von jenen Alters- gruppen des Gegengeschlechts gewählt werden, die für den Befragten relevant sind (Goldman et al. 1984). Auf der Basis des altersgruppenspezifischen durch- schnittlichen Altersabstands wurde jeweils eine gegengeschlechtliche Altersklasse gleicher Breite bestimmt, die von den Befragten im Durchschnitt als Partner ge- wählt wird; durch die in den Fragen K6 und K7 angewendeten Altersgrenzen werden für die Konkurrenz die mittleren 90 Prozent des realisierten Altersab- stands in den ermittelten gegengeschlechtlichen Klassen berücksichtigt (vgl. im Einzelnen Anhangtabelle 2). Über die Fragen K5 und K8 können die Maßzahlen außerdem nach dem Relevanzkriterium eines gleichen Bildungsstands berechnet werden. Fallzahlen und Restriktionen im Rahmen des Mini-Panel. Die Erhebung des Partner- marktinstruments im Rahmen des Mini-Panel unterliegt einigen Beschränkun- gen, die natürlich nicht willkürlich, sondern auf konkrete, forschungspraktische Zwänge im Rahmen der Erhebung unterschiedlicher Themenkomplexe zurück- zuführen sind (vgl. im Folgenden Tabelle 1). So konnten die Partner der Zielper- sonen nicht befragt werden, da deren Interview in Papierform erfolgte, mit der die komplizierte Filterführung nicht zu bewältigen ist. Des Weiteren ergeben sich Ausfälle durch die Panelmortalität (das Partnermarktinstrument wurde in der 2. Welle des Mini-Panel platziert) und durch einen Fragebogensplit in dessen Folge das Instrument nur Personen ohne Kinder über 2 Jahren vorgelegt wurde. Durch den Split entfallen hauptsächlich Personen im Alter von 35 bis 37 Jahren (tabellarisch nicht dargestellt). Aus den verbliebenen 389 von 657 Interviews der ersten Welle lassen sich 1.152 Kontexte generieren. Weitere Reduktionen der Kontexte entstehen durch Filter und durch die Beschränkung auf höchstens drei zufällig ausgewählte partnermarktrelevante Kontexte, für welche kontextbezoge- ne Informationen erhoben wurden. Durch die letztgenannte Beschränkung ent- fallen 163 Kontexte, und nur für 293 der 344 Befragten mit partnermarktrelevan- ten Handlungskontexten liegen vollständige Kontextangaben vor (nicht in Tabel- 13 Eine Eingrenzung hinsichtlich der Verfügbarkeit ist in Voruntersuchungen daran geschei- tert, dass die Befragten kaum über die notwendige Information wie die Existenz einer Partnerschaft (Stauder 2006) verfügen.
90 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER le 1 wiedergegeben). Da die Opportunitäten und Restriktionen des Partnermarkts damit gerade bei Personen, die an vielen partnermarktrelevanten Handlungskon- texten partizipieren, unvollständig erhoben wurden, sind Analysen, bei denen al- le Kontextinformationen des Befragten zusammengefasst werden, mit dem Mini- Panel nur sehr beschränkt möglich. Tabelle 1: Zentrale Fallzahlen 2. Validierung der sozialstrukturellen Kontextangaben Da nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass Befragte mit hin- reichender Genauigkeit über die Personen in ihren Handlungskontexten Aus- kunft geben können, wurden die in Übersicht 1 zusammengefassten Angaben über die Begegnungsmöglichkeiten im Nachgang zur Mini-Panel-Erhebung am Standort Mannheim durch Übereinstimmungsvalidierung überprüft. Von den 158 Kontexten mit der hierzu erforderlichen Adressangabe wurde eine Validie- rung in 118 Fällen realisiert (vgl. Tabelle 1). Validiert wurde zuerst mit statisti- schen Angaben; wenn diese nicht vorlagen, wurden Experteninterviews und da- nach Kurzinterviews mit rekrutierten Kontaktpersonen herangezogen.14 Die Ana- 14 Außerdem wurden Vor-Ort-Zählungen durchgeführt, denen aber als zeitpunktbezogene Momentaufnahme des Kontexts im Nachhinein nur geringe Verlässlichkeit beizumessen ist.
PARTNERMÄRKTE IN DEUTSCHLAND 91 lyse folgt damit nicht dem üblichen Multitrait-Multimethod-Modell (vgl. Mc- Pherson und Rotolo 1995; zuerst Campbell und Fiske 1959), da eine Validierung mit mehreren der genannten Methoden nur für 52 Kontexte möglich war, und sie beschränkt sich auf die Überprüfung der konvergenten Validität (Campbell und Fiske 1959), da Kontextgröße, Angebot, Konkurrenz, Marktgröße und Sex Ratio in hohem Maße von einander abhängig sind (vgl. Übersicht 1). Ein Anhaltspunkt für die Validität der Interviews resultiert daraus, inwieweit sich diese aus den Validierungsangaben erklären lassen. In Tabelle 2 sind bei- spielhaft die Ergebnisse für die Markt- und die Kontextgröße dargestellt.15 Tabelle 2: Einfluss des Validierungsergebnisses (tatsächlicher Sachverhalt)1) auf die Angaben der Befragten2) Regressionsergebnisse Je höher die Varianzaufklärung (adj. r²), um so perfekter der Zusammenhang zwi- schen der aus den Befragtenangaben errechneten Markt- bzw. Kontextgröße und jener, die auf den Validierungsangaben beruht. Trotz der vielen möglichen Feh- lerquellen – für die Marktgröße unter Berücksichtigung der Alters- und Bil- dungsabgrenzung des Partnermarkts sind jeweils acht Einzelangaben zu verrech- nen – lässt sich gerade für diese komplexere Variante eine beachtliche Varianz- aufklärung erkennen (adj. r² = 0,66). Je weniger sich zudem die Konstante von 0 und der Regressionskoeffizient von 1 unterscheiden, um so eher sind die (z- 15 Die Ergebnisse für Angebot und Konkurrenz sind vergleichbar mit jenen für die Markt- größe. Wegen lognormaler Verteilungseigenschaften geht in die Analyse jeweils der z- transformierte Logarithmus des Ausgangswerts ein. Um Ausreißer zu eliminieren wurden nur Kontexte mit bis zu 200 Personen untersucht; darüber hinaus entfallen je nach unter- suchter Variante solche Kontexte, bei denen die notwendige Validierungs- oder Befragten- Information nur unvollständig vorliegt.
92 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER transformierten) Befragten- und Validierungsangaben identisch. Da bei den meisten Kontexten im Mini-Panel nach Personen mit „wiederkehrendem Kon- takt“ gefragt wird – also einer Teilmenge der Kontextpersonen, auf die sich die Validierungsangaben beziehen – sind bei der Marktgröße auch die etwas unter 1 liegenden Koeffizienten mit einer hohen Validität vereinbar. Für das Wohnum- feld konnten nur Vergleichsangaben zu den Fragen K2 bis K8 in Übersicht 1 er- hoben werden,16 nicht jedoch zu K1. Um mit den vorhandenen Validierungsan- gaben für das Wohnumfeld dennoch Angebot, Konkurrenz und Marktgröße (vgl. Übersicht 1) berechnen zu können, wurde für diese Berechnung der Wert K1 aus dem Mini-Panel-Interview zu Grunde gelegt. Aus Tabelle 2 geht hervor, dass hiermit zumindest bei Alters- und Bildungsabgrenzung der Marktgröße kei- ne nennenswerte Überschätzung der Valididät verknüpft ist.17 Die Validität der Marktgröße, des Angebots und der Konkurrenz stimmt mit entsprechenden Ergebnissen von McPherson und Rotolo (1995) weitgehend überein. In jener Studie wurden allerdings deutlich abgrenzbare „voluntary groups“ untersucht, so dass die Kontextgröße dort wesentlich valider ist als bei den vorliegend untersuchten, wesentlich unschärfer definierten Handlungskon- texte. Die einschränkenden Fragen K3 – K8 zum Ausschluss von Personen ohne Partnermarktrelevanz wirken aber korrigierend und sorgen für eine höhere Vali- dität bei Marktgröße, Angebot und Konkurrenz. 16 Dabei wurde nach den entsprechenden prozentualen Anteilen gefragt. 17 Die Ergebnisse verändern sich auch nicht, wenn die kontextspezifischen Angaben je Be- fragungsperson zusammengefasst ausgewertet werden.
PARTNERMÄRKTE IN DEUTSCHLAND 93 Tabelle 3: Einfluss des Validierungsergebnisses (tatsächlicher Sachverhalt) und weiterer Einflussfaktoren auf die Angaben der Befragten zur Markt- größe in den Handlungskontexten1) (Regressionsergebnisse) In Tabelle 3 werden darüber hinaus Effekte der verwendeten Validierungs- methode, Effekte der Kontextart sowie soziodemographische und Persönlich- keitseffekte auf die Angaben des Befragten untersucht. Die durchschnittliche Marktgröße in Schul- bzw. Lokalkontexten, bei denen die Erhebung nicht nach dem Kriterium des wiederkehrenden Kontakt erfolgte, ist erwartungsgemäß er- heblich größer als im Durchschnitt der übrigen, wesentlich kleineren Kontexte.
94 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER Soziodemographische oder Persönlichkeitsfaktoren haben dagegen keinen Ein- fluss auf die Angaben des Befragten. 3. Validierung der Kurzinstrumente Aus Tabelle 4 (Spalten 1 und 2) geht hervor, dass die Einschätzung der Aussich- ten, in dem entsprechenden Handlungskontext einen Partner zu finden, um so besser ist, je höher das Angebot und je geringer die Konkurrenz, bzw. je günsti- ger die Sex Ratio im Kontext. Diese signifikanten Zusammenhänge deuten im Sinne einer Konstruktvalidierung darauf hin, dass der kontextspezifischen Ein- schätzung und den strukturellen Indikatoren das gleiche theoretische Konstrukt – die partnermarktrelevanten Gelegenheiten – unterliegt. Ein Abgleich der globa- len, unabhängig von einzelnen Kontexten beurteilten Einschätzung der Part- nermarktaussichten mit den zusammengefassten kontextspezifischen Informati- onen ist wegen der Beschränkung auf höchstens drei Kontexte nur sehr einge- schränkt möglich. Zwar sind auch hier die Zusammenhänge theorieadäquat, aber nur der Angebotseffekt ist schwach signifikant (vgl. Spalten 3 und 4).18 Die kon- textspezifische wie auch die globale Einschätzung der Aussichten sind außerdem von soziodemographischen und Persönlichkeitsfaktoren abhängig: insbesondere von Alter, von der Existenz einer Partnerschaft, von der Schüchternheit und zum Teil auch vom Geschlecht (Tabellarisch nicht dargestellt). Überdies zeigt die geringe Varianzaufklärung, dass in der Einschätzung der Partnermarktaus- sichten entweder weitere unbeobachtete Bedeutungsdimensionen oder eine hohe Fehlerkomponente enthalten sind.19 18 Statistisch bedeutsam ist dagegen die Anzahl der aus der Erhebung ausgeschlossenen, nicht erhobenen Kontexte (s. o.). 19 Obendrein hängt die globale Einschätzung auch nur in beschränktem Maße mit der kon- textspezifischen zusammen (ebenfalls tabellarisch nicht wiedergegeben).
PARTNERMÄRKTE IN DEUTSCHLAND 95 Tabelle 4: Einflüsse struktureller Partnermarktindikatoren auf die kontextspezifi- schen und die globalen Aussichten, einen Partner zu finden1)2) Das Kurzinstrument der Nennung bedeutsamer Hindernisse bei der Partnersu- che ist insoweit konsistent mit den Kontextangaben, als dass mit der Nennung der Hindernisse, die sich auf Begegnungsmöglichkeiten beziehen, jeweils ver- gleichsweise ungünstige Sex Ratios verknüpft sind, was bei den anderen Ant- wortmöglichkeiten nicht der Fall ist (vgl. Tabelle 5). Bei der Antwortmöglichkeit, die auf eine starke Überzahl des eigenen Geschlechts in der sozialen Umgebung abhebt (Spalte 1), steht dabei eine besonders starke Konkurrenz im Hintergrund, bei der Antwortmöglichkeit die auf die Begegnungsmöglichkeiten insgesamt zielt (Spalte 2), dagegen ein schwaches Angebot und eine geringere Zahl partner- marktrelevanter Handlungskontexte. Die Nennung dieser beiden Hindernisse ist außerdem jeweils mit einem geringeren durchschnittlichen Wert bei der Ein- schätzung der Aussichten, einen Partner zu finden, verknüpft – und zwar sowohl im Durchschnitt der kontextspezifischen Angaben als auch bei der globalen Ein- schätzung. Zusammenfassend erweisen sich gerade die komplexeren Konstrukte zur Er- hebung der Begegnungsmöglichkeiten als besonders valide. Was sowohl die kon- textunabhängige als auch die kontextspezifische Einschätzung der Aussichten be- trifft, einen Partner zu finden, zeigt sich nur ein geringer Zusammenhang mit den tatsächlichen Begegnungsmöglichkeiten. Diese Kurzinstrumente eignen sich eher für eine Vorselektion der Kontexte als für eine Messung von Opportunitä-
96 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER ten und Restriktionen des Partnermarkts. Besser spiegelt sich die Partnermarktsi- tuation in der Benennung konkreter Hindernisse bei der Partnersuche wider. Tabelle 5: Partnermarktindikatoren nach der Nennung von Hindernissen bei der Partnersuche1) IV. Partnermärkte in Deutschland: Ergebnisse Wie aus Abbildung 2 ersichtlich, steht ein Großteil der Bevölkerung in nur we- nigen Handlungskontexten mindestens einmal pro Woche mit denselben Perso- nen wiederkehrend in Kontakt. Darunter sind bei 82 % nur bis zu drei Hand- lungskontexte für den Partnermarkt relevant, bei weiteren 13 % vier und nur bei 4 % sind es fünf oder sechs.
PARTNERMÄRKTE IN DEUTSCHLAND 97 Abbildung 2: Relative Häufigkeit der Personen nach Kontextzahl1) In Tabelle 6 sind die Handlungskontexte weiter aufgeschlüsselt. Zählt man das soziale Netzwerk mit, so sind von den durchschnittlich 3,7 Kontexten, an denen eine Person regelmäßig partizipiert, lediglich 3,1 Kontexte partnermarktrelevant (vgl. Tabelle 6 links oben). Aus der Tabelle geht – unter Einbezug auch der irre- levanten Handlungskontexte – hervor, dass jüngere Altersgruppen an einer grö- ßeren Zahl regelmäßiger Aktivitäten partizipieren als ältere. Außerdem sind Männer, Personen mit höherer Bildung bzw. ohne Partner jeweils in höherem Maße in Aktivitäten eingebunden als Frauen, Personen geringerer Bildung oder Personen mit Partner.
98 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER Tabelle 6: Durchschnittliche Kontextzahl und Beteiligung an Handlungskontex- ten nach Kontextart, Geschlecht, Alter, Bildungs- und Partnerschafts- status Die Art und die Zahl der Handlungskontexte, an denen die Individuen partizi- pieren, variiert vor allem nach der Altersgruppe. In der jüngsten dominiert die Schule (84 %), in der ältesten die Erwerbstätigkeit (80 %) und bei der mittleren kommt zum Beruf (69 %) das Studium (28 %) hinzu. Da 35- bis 37-Jährige ihre Ausbildung i. d. R. abgeschlossen haben und außerdem deutlich seltener Lokale und Diskos besuchen, haben sie kaum an den großen Kontexten20 mit vielen Begegnungsmöglichkeiten teil (22 %). Je jünger die Altersgruppe, um so häufiger 20 Die Begegnungsmöglichkeiten in den großen Handlungskontexten sind im Unterschied zu den kleinen nicht nach dem Kriterium des wiederkehrenden Kontakts abgegrenzt.
PARTNERMÄRKTE IN DEUTSCHLAND 99 sind sportliche und weitere, nicht näher klassifizierte (Freizeit-) Aktivitäten. Männer sind – neben häufigeren Lokalbesuchen bei den 25- bis 27-Jährigen – eher in Sport- und weitere (Freizeit-) kontexte und das Wohnumfeld eingebun- den als Frauen, Frauen aller Altersgruppen dagegen in höherem Maße in berufli- che Kontexte (sic!). Abiturienten und Gymnasiasten sind in der jeweils entspre- chenden Altersgruppe häufiger in Schule, Hochschule oder in ein berufliches Umfeld eingebunden als Nicht-Abiturienten bzw. Nicht-Gymnasiasten. Abitu- rienten und Gymasiasten besuchen außerdem häufiger Lokale und sind – mit Ausnahme der 35- bis 37-Jährigen – auch häufiger in die nicht weiter differen- zierten (Freizeit-) Aktivitäten eingebunden. Nicht-Abiturienten bzw. Nicht- Gymnasiasten haben dagegen eher Kontakte in ihrem Wohnumfeld, die über ei- ne halbe Stunde pro Woche hinausgehen. Personen ohne Partner nehmen in al- len Altersgruppen an einer größeren Zahl von Handlungskontexten teil als Per- sonen mit Partner. Dabei ist der Unterschied bei den 35- bis 37-Jährigen mit an- derthalb Kontexten am größten. In Tabelle 7 ist der Einfluss der verschiedenen Faktoren auf die Zahl der Handlungskontexte genauer quantifiziert. Frauen haben bspw. im Durchschnitt 0,33 Handlungskontexte weniger als Männer; bei den partnermarktrelevanten Kontexten beträgt der Unterschied sogar 0,4 Kontexte (Spalten 1a und b, oben). Sozialstrukturelle Variablen haben ansonsten eine erstaunlich geringe Bedeutung für die Zahl der Handlungskontexte, wenn durch Konstanthaltung von den insti- tutionalisierten Kontexten (Schule, Studium, Beruf) abgesehen wird.21 22 21 Besonders bei Kindern unter zwei Jahren ist in Betracht zu ziehen, dass der Einfluss wegen der geringen Fallzahl statistisch nicht zum Tragen kommt. 22 Regionale Unterschiede existieren nur, wenn Lokalkontexte konstant gehalten werden (Spalte 3b). In München existieren signifikant weniger partnermarktrelevante Handlungs- kontexte als in Mannheim (und auch weniger als in Bremen, tabellarisch nicht dargestellt), wenn der Lokalbesuch kontrolliert wird (Spalte 3b). In München konzentrieren sich part- nermarktrelevante Aktivitäten also stärker auf Lokale als in Mannheim (oder Bremen), wo man anderweitige Aktivitäten bevorzugt.
100 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER Tabelle 7: Soziodemographische und Persönlichkeitseinflüsse sowie Einflüsse der aufgesuchten Handlungskontexte auf deren Gesamtanzahl und die Anzahl partnermarktrelevanter Handlungskontexte Stärker als der Einfluss von sozialstrukturellen Variablen auf die Zahl der Hand- lungskontexte ist der Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen. Schüchterne Per- sonen nehmen generell seltener an sozialen Aktivitäten teil, und besonders att- raktive Personen sind in signifikant geringerem Ausmaß in partnermarktrelevante Kontexte eingebunden, Personen mit starkem Partnerwunsch dagegen in höhe- rem Maße. Der Befund kann für attraktive Personen mit einer geringeren Not- wendigkeit zur Beteiligung an partnermarktrelevanten Kontexten, für Personen mit starkem Partnerwunsch dagegen mit einer diesbezüglich höheren Motivation in Verbindung gebracht werden; vielleicht sind aber auch die Attraktiveren bei der Beurteilung der Partnermarktrelevanz kritischer und die Partnersuchenden zweckoptimistischer.
PARTNERMÄRKTE IN DEUTSCHLAND 101 Soweit ein Handlungskontext nicht auf weitere Aktivitäten ausstrahlt, erhöht er die Gesamtzahl der Kontexte um genau eine Einheit; für partnermarktrelevan- te Kontexte gilt dies aber nur in dem Maße, in dem die betreffenden Kontexte für den Partnermarkt relevant sind. So tragen die zweite Erwerbstätigkeit und der Schulbesuch zwar fast genau einen Handlungskontext zur Gesamtzahl der Kon- texte bei, nicht aber zur Anzahl der partnermarktrelevanten Kontexte (Modelle 1a, b in Tabelle 7). Die erste Erwerbstätigkeit und regelmäßiger Lokalbesuch (Modell 3a, b) erhöhen dagegen beides im gleichen Umfang. Jeder Handlungskontext bindet außerdem in unterschiedlichem Maße zeitli- che Ressourcen, die für andere Aktivitäten nicht mehr zur Verfügung stehen; sie sind „constraining“ (Feld 1981: 1025). Die durch den Kontext ermöglichten In- teraktionsgelegenheiten können aber auch die Beteiligung an weiteren Aktivitä- ten begünstigen und sind dadurch „compatible“ (Feld 1981: 1025). Soweit in den jeweils mit a) gekennzeichneten Modellen in Tabelle 7 der Einfluss bestimmter Handlungskontexte signifikant von 1 verschieden ist, begünstigt (>1) bzw. be- hindert (
102 THOMAS KLEIN, JOHANNES STAUDER Tabelle 8: Häufigkeit von Hindernissen bei der Partnersuche nach der Art des Hindernisses, nach Geschlecht und Altersgruppe (in Prozent der Bevölkerung) Tabelle 8 informiert darüber, wie häufig verschiedene Hindernisse bei der Part- nersuche wahrgenommen werden. In der Tatsache, dass gegengeschlechtliche Personen in hohem Maße bereits gebunden sind, wird am häufigsten ein bedeut- sames Hindernis gesehen, nämlich von 43 % der hier analysierten Altersgruppen (Tabelle 8, Spalte 3, oben). Wegen der Verengung des Partnermarkts im Lebens- verlauf wird die geringere Verfügbarkeit potenzieller Partner am häufigsten von der ältesten hier analysierten Kohorte der 35- bis 37-Jährigen genannt. Am zweithäufigsten wird mit 27 % eine zu große Überzahl des eigenen Geschlechts in der sozialen Umgebung als Hindernis bei der Partnersuche gesehen (Tabelle 8, Spalte 1). Im Gegensatz zu dem Problem geringer Verfügbarkeit sind jedoch hiervon die 35- bis 37-Jährigen am seltensten betroffen, außerdem Frauen selte- ner als Männer. Seltene Begegnungsmöglichkeiten mit dem anderen Geschlecht sehen dagegen nur 17 % als Hindernis bei der Partnersuche (Tabelle 8, Spalte 2). Auch hiervon ist die älteste Gruppe der 35-37-Jährigen am wenigsten betroffen. Für 12 % sind in den untersuchten Altersgruppen attraktivere Konkurrenten ein Hindernis (Tabelle 8, Spalte 4), wovon allerdings Männer in der ältesten Alters- gruppe kaum betroffen sind. Normative Schranken, die in der sozialen Situation
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