Personalisierte Medizin: Gynäkologische Malignome
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30/2/2021 Thema Prof. Martin Heubner Klinik für Gynäkologie Kantonsspital Baden AG Prof. Michel Mueller Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital Bern Personalisierte Medizin: Gynäkologische Malignome Individualisierte Therapieverfahren erhalten zuneh- dementsprechend notwendig. Seröse und klarzellige mende Bedeutung in der Onkologie, auch in der Behand- Endometriumkarzinome machen 5–10 % aller Endo- lung genitaler Malignome. Für die häufigsten Tumore, metriumkarzinome aus, sind aber für knapp 40 % der das Endometriumkarzinom und das Ovarialkarzinom, Mortalität verantwortlich, die Aggressivität und der stellen wir aktuelle Entwicklungen vor. Bedarf an besseren Therapieregimen sind offenbar [5]. Individualisierte Therapie bei Endometriumkarzinomen Für die Zukunft erscheint die Gestaltung des Therapie- regimes nach molekularen Subgruppen besonders Die personalisierte Medizin gewinnt auch in der erfolgversprechend. Die klassische Einteilung der Behandlung des Endometriumkarzinoms zunehmend Tumore in „low risc“, „high risc“ und „intermediate an Bedeutung. Die endokrine Therapie in der Rezi- risc“ hat klare Defizite in der Prognoseeinschätzung. divsituation kann in gewisser Weise bereits als indi- Wie bei vielen anderen Tumorentitäten zeichnet sich vidualisierte und personalisierte Therapie angesehen ab, dass neben den klassischen histomorphologischen werden. Parametern und dem Tumorstadium die molekularen Eigenschaften eines Tumors prognostische und prädik- Die Therapie mit Gestagenpräparaten und allenfalls tive Information liefern können. Tumoren mit Mutati- auch östrogenantagonistischen Substanzen (off-label) onen von POLE (POLE: exonuclease domain hotspot wird bereits seit vielen Jahren respektive Jahrzehnten mutation) weisen eine sehr gute Prognose auf. Tumore betrieben. Die entsprechenden prädiktiven Marker mit P53-Mutationen oder MMRd (Mismatch Repair sind exprimierte Östrogen- bzw. Progesteronrezeptoren Defizienz) haben dagegen eine deutlich schlechtere auf den Tumorzellen. Neuer dagegen ist die Therapie Prognose und gerade diese Gruppen profitieren ver- mit molekularen Substanzen. So kann seit wenigen mutlich am meisten von adjuvanten Therapien [6–9]. Jahren der Immune-Checkpoint Inhibitor Pembroli- Auch direkte prädiktive Eigenschaften werden postu- zumab eingesetzt werden. Die Substanz kann in der liert: Der Nachweis von P53-Mutationen könnte für Palliativsituation verabreicht werden, wenn eine hohe eine Behandlung mit PARP-Inhibitoren, wie wir sie Mikrosatellitenstabilität (MSI) des Tumors nachgewie- vom Ovarialkarzinom kennen, qualifizieren, da diese sen werden kann. Bei mehrfach vorbehandelten Patien- mit HRd (Homologous-Recombination-Defizienz) tinnen konnten beeindruckende Ergebnisse erreicht assoziiert sind. Studien, in denen die molekularen werden [1]. Ferner konnte eine weitere Studie ein- Eigenschaften als Stratifikationskriterium für die The- drucksvoll belegen, dass bei serösen Endometriumkar- rapie genutzt werden, sind aktuell auf dem Weg. Es ist zinomen auch die Substanz Trastuzumab sinnvoll sein sehr wahrscheinlich, dass die molekulare Typisierung kann, wenn der Her-2-Rezeptor auf den Tumorzellen beim Endometriumkarzinom in Zukunft einen festen überexprimiert vorliegt, was in ca. 30 % der Fall Platz in der Therapieplanung bekommen wird. ist [2, 3]. Die Substanz kennen wir von der Behandlung des Mammakarzinoms gut, das Nutzen-Risikoprofil kann als sehr vorteilhaft angesehen werden – insbeson- Personalisierte Medizin beim Ovarialkarzinom dere auch in Anbetracht der Tatsache, dass ein Vorteil im Gesamtüberleben für die Patientinnen erreicht In der Schweiz werden jährlich ca. 600 Frauen mit wird [4]. Die Verwendung ist Off-Label, eine entspre- einem epithelialen Ovarial-, Tuben- und Peritoneal- chende Aufklärung und die Kostengutsprache sind karzinom (EOC) diagnostiziert. Das Ovarialkarzinom 3
Thema 30/2/2021 ist die häufigste Mortalitätsursache bei gynäkologi- Frühe Stadien des Ovarialkarzinoms können in selek- schen Karzinomen, da die Erkrankung infolge fehlen- tionierten Fällen laparoskopisch operiert werden der Frühsymptome meistens erst in fortgeschrittenen (Abb. 1). Vor allem wenn eine fertilitätserhaltende Stadien (FIGO III und FIGO IV) diagnostiziert wird. Operation geplant ist, ist der minimal-invasive Zugang Die mittlere 5-Jahres-Überlebensrate bezogen auf alle zu bevorzugen. Ein fertilitätserhaltendes Vorgehen ist Krankheitsstadien liegt bei nur 42 %. Im Rahmen der bei Patientinnen mit FIGO-IA-G1- oder FIGO-IC1- Therapie des EOC’s, die aus einer Kombination von G1-Karzinom, bestehendem Kinderwunsch, Aus- Operation, neo- und/oder adjuvanten Chemotherapie schluss eines simultanen Endometriumkarzinoms und sowie immer häufiger einer Erhaltungstherapie hoher Compliance nach entsprechender Risikoaufklä- besteht, kann heutzutage eine individualisierte bzw. rung möglich [11]. personalisierte Medizin angeboten werden. Chemotherapie Operative Therapie Auf eine postoperative Chemotherapie kann im Sta- Eine Operation muss immer individuell mit Rücksicht dium FIGO IA G1 sowie beim alleinigen STIC (serous auf den Allgemeinzustand und die Reserven der Pati- tubal intraepithelial carcinoma) der Tube verzichtet entin sowie personalisiert, d. h. adaptiert an die Histo- werden. Dies gilt jedoch nur, wenn – wie oben logie bzw. Biologie des Tumors, das Tumorstadium beschrieben – das Frühstadium durch ein korrektes und Befallsmuster, durchgeführt werden. chirurgisches Staging gesichert wurde. Das Staging umfasst eine Laparoskopie oder Laparo- Der Operation folgt eine adjuvante Chemotherapie, tomie mit Spülzytologie, Hysterektomie, beidseitiger welche selbstverständlicherweise ebenfalls individuali- Adnexektomie, Omentektomie, Appendektomie und siert, entsprechend den Komorbiditäten der Patientin, Entnahme von multiplen Peritonealbiopsien aus allen angepasst wird. Paclitaxel plus Carboplatin sind als vier Quadranten inkl. der Zwerchfellkuppen. Bei erste Wahl zur Behandlung des epithelialen Ovarial- Frühstadien muss zusätzlich eine pelvine und paraaor- karzinoms etabliert. Die zusätzliche Gabe des gegen tale Lymphadenektomie durchgeführt werden, denn VEGF gerichteten Antikörpers Bevacizumab bringt nur diese ermöglicht ein genaues Staging. Falls eine bei Patientinnen mit suboptimal operiertem Stadium- peritoneale Metastasierung und/oder eine lokal fortge- III-Erkrankung und Patientinnen mit Stadium-IV- schrittene Erkrankung vorliegen, kann auf eine Erkrankung einen Überlebensvorteil. Trotz vielseitiger Lymphadenektomie verzichtet werden [10]. Eine kom- tumor- und molekularbiologischer Ansätze konnte lei- plette Resektion des Tumors ist jedoch erforderlich. der bis heute kein prädiktiver Marker für das Anspre- Hier ist nicht nur wie früher ein Restbefund von chen auf eine Bevacizumab-Therapie nachgewiesen
30/2/2021 Thema Laparotomie zu beurteilen, meistens eine Laparosko- Die Prävalenz für eine Keimbahn-BRCA1/2-Mutation pie durchgeführt. Falls bei der Endoskopie das (mBRCA) beim EOC liegt zwischen 15 % und Gefühl entsteht (Stadium IV, ausgedehnter intestina- 22 % [12]. Selbst bei Patientinnen >60 Jahren und mit ler/mesenterialer Befall, hoher Fagotti Score), dass negativer Familienanamnese liegt bei EOC in >10 % keine R0-Resektion erzielt werden kann, muss eine eine Keimbahnmutation vor. Bei einer alleinigen neoadjuvante Chemotherapie in Erwägung gezogen somatischen Testung werden 8–10 % der Keimbahn- werden. mutationen nicht detektiert. Die genetische Untersu- chung beim Menschen ist in der Schweiz im Bundesge- In der Regel wird dann nach drei Chemotherapie-Zyk- setz über genetische Untersuchungen beim Menschen len eine Intervalloperation durchgeführt. Unabhängig (GUMG) geregelt. Eine genetische Testung darf nur vom Zeitpunkt der Operation ist eine komplette erfolgen, wenn vorgängig eine ausführliche Beratung Resektion der wichtigste Faktor für das Überleben der bei einem/r speziell dafür qualifizierten Arzt/Ärztin Patientin. Dies zeigt, dass beim Ovarialkarzinom das stattgefunden hat und das informierte Einverständnis gesamte Therapiekonzept unabhängig von der Mole- der betroffenen Person vorliegt. Die Grundfragen kularbiologie des Tumors individualisiert, personali- einer Testung sollten jedoch immer gestellt werden: siert und adaptiert sein muss. Warum sollte der BRCA-Status getestet werden? Genetik und Molekularbiologie haben in den letzten Jahren zu einer deutlichen Verbesserung der Therapie Die Durchführung eines BRCA-Tests bei EOC-Pati- des Ovarialkarzinoms geführt. entinnen hat bei Nachweis von Keimbahnmutationen nicht nur einen Einfluss auf die Angehörigen (intensi- vierte Vorsorge, prophylaktische Operationen), son- Genetik und Molekularbiologie dern ermöglicht je nach Befund den Einsatz von PARP-Inhibitoren als Erhaltungstherapie bei der Die Analyse des BRCA-Status bei Frauen, die an Erstdiagnose. Die Substanz wirkt als Hemmstoff des einem Ovarialkarzinom erkrankt sind, hat in den Enzyms Poly-ADP-Ribose-Polymerase (PARP) und letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. verhindert, dass die Krebszellen DNA-Schäden repa- Die Tumorsupressorgene BRCA1/2 kodieren für rieren. Neben dem prädiktiven Aspekt für eine Thera- Proteine, die an der Reparatur von DNA-Doppel- pie mit dem PARP-Inhibitor ist die prognostische strangbrüchen beteiligt sind. Wenn BRCA1/2 infolge Bedeutung des Mutationsstatus ein weiterer Grund für einer Mutation in ihrer Funktion gestört sind, führt die Durchführung eines BRCA-Tests bei Ovarialkarzi- das zu einem Defekt im DNA-Reparaturmechanis- nom-Patientinnen. BRCA1/2-positive EOC-Patientin- mus. Dies ist mit einem deutlich erhöhten, im Alter nen haben eine höhere 5-Jahresüberlebensrate als Pati- wachsenden Risiko für Mamma- und Ovarialkarzi- entinnen ohne BRCA-Mutation. nome bei den Betroffenen verbunden. In der Allge- meinbevölkerung ist das Lebenszeitrisiko, an EOC zu Es ist sinnvoll, alle Patientinnen mit einem nicht-muzi- erkranken mit ca. 1,5 % gering. Das Erkrankungsri- nösen Ovarialkarzinom auf ihren BRCA-Status zu siko steigt bei Vorliegen einer BRCA1-Mutation auf untersuchen – unabhängig von Alter, Familienanam- 40– 63 % oder bei einer BRCA2-Mutation auf nese und davon, ob es sich um einen high- oder low- 16 – 27 %. grade-serösen Tumor handelt. 5
Thema 30/2/2021 Zu welchem Zeitpunkt sollte der BRCA-Status getestet mit einer BRCA-Mutation konnte durch den Einsatz werden? von PARP-Inhibitoren als Erhaltungstherapie nach Ansprechen auf eine erneute Platintherapie eine signi- EOC-Patientinnen sollten nach ihrer Diagnose auf fikante Verlängerung des Progressionsfreien Überle- BRCA getestet werden, um frühestmöglich wichtige ben (PFS) sowie eine klinisch relevante Verlängerung Informationen zur Krankheitsprognose sowie für das der Zeit bis zur Einleitung einer erneuten Chemothera- klinische Management zu bekommen. pie gezeigt werden. Keimbahntestung oder somatische Testung Beim platinsensiblen EOC-Rezidiv konnte ein signifi- des Tumorgewebes? kanter PFS-Vorteil mit gewissen PARP-Inhibitoren (Rucaparib, Niraparib) auch bei Patientinnen ohne Die BRCA-Keimbahntestung wird anhand einer Blut- BRCA-Mutation, aber mit HRD-Positivität nachge- probe und in der Regel mittels Next Generation wiesen werden. Sequencing (NGS) durchgeführt. Im Tumorgewebe lassen sich auch die somatischen BRCA1/2-Mutatio- Aktuell sind in der Schweiz bei BRCAmut und HRD- nen detektieren, was auch Patientinnen ohne vererbte Tumoren PARP Inhibitoren als Erhaltungstherapie Mutation ggf. eine Therapieoption mit dem PARP- auch in der Primärtherapie zugelassen. Wenn keine Inhibitoren eröffnet. BRCA-Keimbahn- und Tumor- HRD vorliegt, kann erst in der Rezidiv-Situation die testung sind demnach komplementär. Um möglichst Erhaltungstherapie mit PARP-Inhibitoren gegeben alle Patientinnen mit BRCA1/2-mutiertem Ovarialkar- werden. zinom zu identifizieren, hat eine Schweizerische Exper- tengruppe einen Algorithmus vorgeschlagen [13]. Endokrine Therapien Alle Patienten mit somatischer Variante oder Keim- bahnvariante in BRCA1 und BRCA2 haben per Defi- Die ersten Berichte über die Expression von Steroidre- nition einen Tumor mit einer Defizienz der homologen zeptoren bei epithelialem Ovarialkarzinom wurden in DNA-Reparatur (HRD). Weitere 11–15 % der Patien- den 1970er Jahren publiziert. ten haben eine HRD durch epigenetisches Silencing der BRCA Gene. Es gibt weitere Gene (ATM, BRIP1, In einem Bericht des Konsortiums „Ovarian Tumor NBN, PALB2, RAD51B, RAD51C, RAD51D usw.), Tissue Analysis“ aus dem Jahr 2013 über 2933 Frauen die in die Reparatur der homologen Rekombination aus 12 verschiedenen Gruppen wurde eine ER-Expres- (HRR) involviert sind und ebenfalls zu einer HRD sion (schwach oder stark) bei 81 % der hochgradigen führen können. Dies führt zu genomischen Instabilitä- serösen Karzinome (HGSC), 87 % der LGSC, 57 % der ten, die das Tumorwachstum beschleunigen. Tumoren Fälle der endometrioiden Karzinome, 21 % der muzi- mit HRD sind durch die zelluläre Empfindlichkeit nösen Karzinome und 20 % der klarzelligen Karzi- gegenüber PARP-Inhibitoren gekennzeichnet, weshalb nome beobachtet, dies mit PR-Expression in 31 %, die HRD-Testung zunehmend an Bedeutung gewinnt. 58 %, 67 %, 17 % bzw. 8 % [14]. Die PARP-Inhibitoren stellen eine Möglichkeit für Seit den 1980er Jahren wurden verschiedene endokrine eine individualisierte Therapie dar. Bei Patientinnen Therapien (Tamoxifen, Letrozol, Anastrozol, Exemes- 6
30/2/2021 Thema tan usw.) bei allen EOC-Subtypen mit unterschiedli- können die Immunzellen den Tumor wieder direkt chem Erfolg untersucht. Die Wertigkeit einer hormo- angreifen. Die Wirksamkeit dieser vielversprechenden nellen Erhaltungstherapie konnte bei Patientinnen mit Therapien werden zurzeit in verschiedenen Studien einem low-grade-serösen Ovarialkarzinom in mehre- auch beim Ovarialkarzinom sowohl im Primärsetting ren Studien gezeigt werden [15]. In der MATAO-Stu- wie beim Spätrezidiv geprüft (Atezolizumab [Anti-PD- die untersucht aktuell die Swiss – GO Trial Group die L1]; Durvalumab [Anti-PD-L1]). Wirksamkeit einer Letrozol-Erhaltungstherapie bei ER-positiven epithelialen Ovarialkarzinomen nach Ovarialkarzinom: Fazit für die Praxis einer standard-operativen Therapie und adjuvanten Chemotherapie. • Grundstein der Therapie bleibt primär die ope- rative Therapie mit kompletter Tumorresektion, gefolgt von einer adjuvanten platinbasierten Mikrosatelliteninstabilität (MSI) Chemotherapie. Bei 10 % der Patienten mit fortgeschrittenem EOC • Minimalinvasive Therapien kommen im Frühstadium infrage. lässt sich eine Defizienz der DNA-Fehlpaarungsrepa- ratur (dMMR) nachweisen. Tumoren mit einer • Eine Fertilitätserhaltende Chirurgie kann in dMMR können Varianten in zellulären Schlüsselsig- bestimmten Fällen angeboten werden. nalwegen akkumulieren und somit zu einer Tumorge- • In definierten Fällen ist eine neo-adjuvante nese führen. Ein sensitiver Marker für dMMR ist die Chemotherapie sinnvoll. Messung der Mikrosatelliteninstabilität (MSI). Zusätzlich zeigen dMMR-Tumoren eine erhöhte • Die neueren zielgerichteten Substanzen verbin- den wir mit noch mehr Hoffnung auf eine perso- Tumormutationslast (TMB). Pembrolizumab wurde nalisierte Medizin sowie effektivere und neben- von der FDA für die Behandlung von nicht-resezier- wirkungsärmere Therapieregime für die indivi- baren oder metastasierten soliden Tumoren mit duelle Patientin. dMMR bzw. einer hohen MSI (MSI-H) zugelassen. Immuntherapien Zusammenfassung Tumorzellen missbrauchen Immunkontrollpunkte Eine personalisierte Therapie beginnt beim Ovarial- oder auch Checkpoints, um die gegen sie gerichtete karzinom mit der Diagnose und schliesst die patientin- Immunabwehr außer Kraft zu setzen. Hier greifen nen- und/oder tumorbedingten Voraussetzungen beim Checkpoint-Inhibitoren ein. Das sind Antikörper Erstellen des Therapieplanes ein. Dies beinhaltet die (Anti-PD-1 oder Anti-PD-L1), die gegen tumoreigene Evaluation von Operabilität, Resektabilität, Patientin- Prozesse gerichtet sind, die ansonsten dazu führen, nen-Fragilität sowie – in Frühstadien – der individuel- dass T-Zellen durch eine Liganden(PD-L1)-Rezeptor len Möglichkeit eines Fertilitätserhaltes. (PD-1)-Interaktion trotz des Erkennens der Tumor- zelle in ihrer direkten Aktivität gegen den Tumor In der Primärtherapie des fortgeschrittenen epithelia- gehemmt werden. Durch diese zielgerichtete Therapie len Ovarialkarzinoms bleibt die primäre Debulking- 7
Thema 30/2/2021 Chirurgie mit dem Ziel der makroskopischen Kom- Literatur plettresektion gefolgt von einer platinbasierten Kom- 1. Ott PA et al.: J Clin Oncol. 2017; 35:2535–41 binationschemotherapie der Goldstandard. Zu jedem 2. Zhao S et al.: Proc Natl Acad Sci U S A. 2013; 110:2916–21 3. Buhtoiarova TN et al.: Am J Clin Pathol. 2016; 145:8–21 Zeitpunkt der Entscheidungsfindung sollte jedoch eine 4. Fader AN et al. Clin Cancer Res. Published online June 29, Individualisierung in Erwägung gezogen werden, falls 2020 patientinnen- und/oder tumorbedingte Faktoren ein 5. Hamilton CA et al.: Br J Cancer. 2006; 94:642–6 Abweichen vom Standard erfordern. Die komplexen 6, Talhouk et al.: Br J Cancer. 2015; 113:299–310 Anforderungen an diese multimodalen Therapiekon- 7. Talhouk A et al.: Cancer. 2017; 123:802–13 8. Cancer Genome Atlas Research Network, Kandoth C et al.: zepte erfordern neben hoher operativer Expertise und Nature. 2013; 497:67–73 etablierten interdisziplinären Strukturen hohe Fallzah- 9. Bosse T et al.: Am J Surg Pathol 2018; 42:561–8 len, um Erfahrung einbringen zu können und auch 10. Harter P et al.; N Engl J Med 2019; 380:822–32 eine entsprechende Weiterbildung zu ermöglichen. 11. Querleu D et al.; Int J Gynecol Cancer 2017; 27:1534–42 12. Harter P et al.; PLoS One. 2017; 12:e0186043 13. Mertz KD et al.; Schweiz Med Forum. 2017; 17:816–8 Die Primärtherapie des Endometriumkarzinoms hat 14. Sieh W et al.; Lancet Oncol 2013; 14:853–62 sich aktuell operativ nicht verändert, lediglich die 15. Gershenson DM et al; J Clin Oncol 2017;35:1103–11 Möglichkeit der Sentinel-Lymphknotenbiopsie hat in ■ den letzten Jahren zunehmend Einzug erhalten. Die molekulare Subtypisierung von Endometriumkarzino- men wird voraussichtlich zunehmend eine Rolle in der Wahl der adjuvanten Therapie spielen und die Stratifi- zierung von Risikogruppen erleichtern. Generell gilt: Die genetische und molekularbiologische Charakterisierung der Tumore mit entsprechender Beratung und Möglichkeit einer personalisierten The- rapie spielt eine immer wichtigere Rolle in jedem Krankheitsstadium und hat zunehmend einen prog- nostischen, prädiktiven, prophylaktischen und thera- peutischen Wert. 8
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