2019 Tumorzentrum München
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ISSN 1437-8019 Einzelverkaufspreis 4,– € 4 | 2019 Gynäko-onkologische Highlights vom ESMO-Kongress 2019 Mit Beiträgen zur First-line- und Rezidivtherapie des Ovarialkarzinoms, zu Endometrium- und Zervix- karzinomen sowie zum frühen und fortgeschrittenen Mammakarzinom „Jeden Therapieschritt so planen, dass für den folgenden die größtmöglichen Chancen auf Erfolg bestehen“ Sven Mahner zu Therapiestrategien beim Ovarialkarzinom Interventionelle, bildgeführte Verfahren: Lokale Ablation und lokoregionäre Zytoreduktion Jens Ricke Das Birt-Hogg-Dubé-Syndrom Verena Steinke-Lange, Elke Holinski-Feder Nachruf auf Professor Hans Ehrhart Thomas Kirchner, Volkmar Nüssler Zeitschrift des Tumorzentrums München und des CCC München an den Medizinischen Fakultäten der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Technischen Universität München
Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, Post-ESMO Gynäko-Onkologie in der Folge der ASCO-Nachberichterstattung hatte sich bereits angedeutet, „Jeden Therapieschritt so planen, dass für dass beim europäischen Krebskongress Ende September in Barcelona weitere 5 den folgenden die größtmöglichen Chancen auf Erfolg bestehen“ wichtige praxisverändernde Neuigkeiten präsentiert werden würden. Wir Prof. Dr. med. Sven Mahner zu haben uns deshalb vergleichsweise kurzfristig entschlossen, auch in München Therapiestrategien beim Ovarialkarzinom eine ESMO-Nachlese anzubieten und waren über den Erfolg ehrlich über- rascht: Mehr als 100 Ärztinnen und Ärzte folgten der Einladung des CCC 9 First-line-Therapie des Ovarialkarzinoms München nach Großhadern und haben sich unter dem Vorsitz von Frau Dr. med. Alexander Burges Professorin Marion Kiechle und Herrn Professor Sven Mahner über Neuig- 13 Rezidivtherapie des Ovarialkarzinoms keiten zum Ovarial-, Endometrium und Zervixkarzinom und auch zum Priv.-Doz. Dr. med. Christine Brambs Mammakarzinom informiert. Endometriumkarzinom 16 Priv.-Doz. Dr. med. Fabian Trillsch Spektakuläre Erfolge in der Onkologie sind allerdings nicht immer nur das 19 Zervixkarzinom Ergebnis neuer systemischer Therapieansätze. In den letzten Jahren hat sich Priv.-Doz. Dr. med. Holger Bronger diesbezüglich bei den interventionellen, bildgeführten Verfahren Einiges getan. Professor Jens Ricke von der Klinik und Poliklinik für Radiologie an der Uni- 21 Frühes Mammakarzinom versität München berichtet in seinem Beitrag über lokal-ablative Verfahren Dr. med. Friederike Hagemann und über Möglichkeiten zur lokoregionären Zytoreduktion. 23 Fortgeschrittenes Mammakarzinom Dr. med. Franziska Kotzur Wenn Sie dieses Heft in Händen halten, stehen die beiden großen inter- nationalen Dezemberkongresse unmittelbar bevor. Die Rede ist von der ASH-Jahrestagung 2019, der für Hämatologen weltweit wichtigsten Veran- Interventionelle Verfahren staltung, und vom San Antonio Breast Cancer Symposium 2019, bei dem sich 25 Der interventionell-radiologische, interdisziplinäre Werkzeugkasten Forscher und klinisch tätige Spezialisten zu Fortschritten in der Brustkrebs- Prof. Dr. med. Jens Ricke therapie austauschen. Beim Wintersymposium der LMU-Frauenklinik wird es eine Live-Schaltung nach San Antonio geben; hämatologisch Interessierte haben Mitte Januar Gelegenheit, sich bei der Post-ASH-Veranstaltung auszu- Onkologische Rehabilitation tauschen. Einen zusammenfassenden Überblick zu allen wichtigen hämato- 28 „Den Menschen wieder aufrichten“ onkologischen Entwicklungen und einen Ausblick auf 2020 bietet schließlich Onkologische Reha in der Klinik Professor Schedel der 12. Jahreskongress des Tumorzentrums München Anfang Februar 2020, Ludger Wahlers zu dem wir Sie schon heute einladen dürfen. Seltene erbliche Tumoren Am Ende dieses sehr bewegten Jahres haben wir schließlich die traurige Pflicht, 32 Das Birt-Hogg-Dubé-Syndrom Sie darüber zu informieren, dass Professor Hans Ehrhart, der Gründungssekre- Dr. med. Verena Steinke-Lange, tär des Tumorzentrums München, am 9. Oktober 2019 verstorben ist. Wir Prof. Dr. med. Elke Holinski-Feder würdigen ihn mit einem Nachruf auf Seite 35 dieser Ausgabe. Herzlichst 30 TZM/CCM intern Ihre 30 ......Projekt- und Arbeitsgruppen 31 ......12. Jahreskongress des TZM 31 ......Neue Manuale 34 ......School of Oncology – interdisziplinäre Onkologie Franziska Zur 35 ......Nachruf auf Prof. Dr. Hans Ehrhart Prof. Dr. Thomas Kirchner Prof. Dr. Volkmar Nüssler Prof. Dr. med. Prof. Dr. med. Prof. Dr. med. Prof. Dr. med. Thomas Kirchner Volkmar Nüssler Volker Heinemann Hana Algül 32 Impressum Vorsitzender des Geschäftsführender Direktor des Stellvertretender Direktor TZM-Vorstands Koordinator des TZM CCC München des CCC München
TZM News 4 / 2019 (21 Jg.) 4 Post-ESMO Gynäko-Onkologie Verantwortlich für das Programm waren Professor Sven Mahner, Direktor der Frauenklinik der Universität München und Professorin Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik am Klinikum rechts der Isar der TU Es folgen Berichte von Alexander Burges München. und Christine Brambs, die den neuen Optionen in Erstlinientherapie und Rezidivtherapie des Ovarialkarzinoms gewidmet sind. Fabian Trillsch und Deutlich mehr als 100 Ärztinnen und Vortragende aus beiden Kliniken Holger Bronger beschäftigen sich in Ärzte sind eine gute Woche nach Ende berichteten über praxisverändernde ihren Beiträgen mit praxisverändernden des ESMO-Kongresses 2019 in Barce- Entwicklungen in Diagnostik und Neuigkeiten beim Endometrium- und lona der Einladung des Comprehensive Therapie von Ovarialkarzinom und Zervixkarzinom. ESMO-Daten zum Cancer Centers München ins Klinikum Mammakarzinom. frühen und fortgeschrittenen Mamma- Großhadern gefolgt, um sich über die in karzinom schließlich erläutern Friederike Barcelona präsentierten Daten zur Die TZM/CCCM-News dokumentieren Hagemann und Franziska Kotzur. Gynäko-Onkologie zu informieren. die Veranstaltung im folgenden redaktio- nellen Sonderteil, dem ein Interview mit Die Teilnehmer*innen der Veranstaltung Verantwortlich für das Programm in Sven Mahner vorangestellt ist, das wir waren sich übrigens einig: Der erste Post- München waren die Direktoren der nach der Veranstaltung geführt haben. ESMO des CCC München war ein voller beiden universitären Frauenkliniken, Der ausgewiesene Ovarialkarzinom- Erfolg. Auch im nächsten Jahr ist eine Professorin Marion Kiechle vom Experte erläutert darin grundsätzliche vergleichbare Veranstaltung in München Klinikum rechts der Isar der TUM Therapiestrategien zur Behandlung von geplant. Die TZM/CCCM-News werden und Professor Sven Mahner vom Frauen mit Eierstockkrebs. Sie diesbezüglich auf dem Laufenden Klinikum der Universität München. halten.
Interview TZM News 4 / 2019 (21 Jg.) Therapiestrategien beim Ovarialkarzinom „Jeden Therapieschritt so planen, dass für den folgenden die größtmöglichen Chancen auf Erfolg bestehen!“ Interview mit Professor Sven Mahner, Direktor der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität München Im zweiten Jahr in Folge hat der ESMO- Was meinen Sie damit konkret? Das Ergebnis der Operation ist ein Kongress für die medikamentöse Therapie Das beginnt bei der Erstvorstellung der wichtiger Meilenstein in der Therapie. Die des Ovarialkarzinoms bemerkenswerte Patientin mit Verdacht auf Ovarialkarzi- Frage lautet: Ist es gelungen, den Tumor Fortschritte gebracht. Die Erhaltungs- nom. Handelt es sich um eine 25-Jährige oder besser: die multiplen Tumorherde therapie mit PARP-Inhibitoren rückt in mit unklarem Ultraschallbefund? – Dann makroskopisch tumorfrei zu entfernen? die Erstlinie, kommt also Patientinnen fallen mir eine Menge möglicher Ursachen Wenn das so ist, hat die Patientin die besten 5 zugute, die nach der Operation auf eine ein, von denen das Ovarialkarzinom nur Chancen, sogar eine Heilung ist möglich. platinbasierte Chemotherapie angespro- eine der unwahrscheinlicheren wäre. Viel- chen haben. Möglicherweise ist sogar eine leicht leidet diese junge Patientin ja unter Falls sie anschließend eine platin- Kombination von PARP-Inhibitoren mit einer Endometriose, einem gutartigen basierte Chemotherapie erhält. der Chemotherapie sinnvoll. Die Behand- Keimzelltumor oder einem Abszess. Das So ist es, aber schon an dieser Stelle lung von Patientinnen mit Ovarialkarzi- gilt es abzuklären. Ist die Patientin dage- kommen möglicherweise die PARP- nom ist heute eine wirkungsvollere als gen 75 Jahre alt, ist die Wahrscheinlichkeit Inhibitoren ins Spiel. In der VELIA-Studie noch vor wenigen Jahren, aber sie ist eines Ovarialkarzinoms sehr viel größer. wurde Veliparib nicht sequenziell, sprich auch komplexer geworden. Professor An dieser Stelle fällt die erste wichtige Ent- nach Ansprechen auf die Chemotherapie, Sven Mahner erläutert im Gespräch mit scheidung: Ist auf Grundlage der klini- sondern parallel dazu verabreicht und Ludger Wahlers die derzeit gültigen schen Untersuchung und der Bildgebung nach Ende der Chemotherapie als Erhal- Prinzipien einer personalisierten Ovarial- ein Bauchschnitt sinnvoll, um den Tumor tungstherapie fortgesetzt. Dieser Aspekt karzinomtherapie. zu entfernen? Oder macht es mehr Sinn, ist beim ESMO-Kongress angesichts der zunächst laparoskopisch vorzugehen, um sehr prominent diskutierten Ergebnisse mehr Klarheit zu bekommen und an- von Olaparib und Niraparib ein bisschen schließend zu entscheiden, ob die Patien- untergegangen. Wenn aber unser Ziel ist, Herr Professor Mahner, wenn eine tin eine Kandidatin für eine große OP ist möglichst vielen Patientinnen die Gelegen- Patientin mit Verdacht auf Ovarial- oder nicht. heit zu einer PARP-Inhibitoren-Therapie karzinom zu Ihnen kommt: Was ist zu geben, dann ist die Kombination mit in dieser Situation heute anders als Und wenn dann klar ist, dass es der Chemotherapie die konzeptionell vor 3 Jahren? sich um ein histologisch gesichertes überzeugendste. Die umfangreichsten Veränderungen hat Ovarialkarzinom handelt? es bezüglich der systemischen Therapie Dann wäre die bislang noch theoretische Aber wirken PARP-Inhibitoren nicht gegeben, da haben wir nach den wirklich Frage, ob die Patientin von einer neoadju- besser, wenn es aufgrund einer platin- ermutigenden Daten zu den PARP-Inhibi- vanten Therapie profitieren würde. Theo- basierten Therapie zunächst zu DNA- toren eine Menge mehr Möglichkeiten. retisch ist diese Frage, weil wir darauf erst Doppelstrangbrüchen gekommen ist, Diese Fortschritte kommen unseren Pa- nach Abschluss der TRUST-Studie eine mit anderen Worten: Ist das Ansprechen tientinnen aber nur dann maximal zugute, evidenzbasierte Antwort haben werden. auf die Chemotherapie nicht Voraus- wenn sie insgesamt nach evidenzbasierten setzung für die Wirksamkeit der PARP- Kriterien diagnostiziert und behandelt Also gehen wir davon aus, dass die Inhibitor-Therapie? werden. Patientin mit histologisch gesichertem Das lässt sich aus den Daten der VELIA- Ovarialkarzinom zunächst operiert wird. Studie leider genauso wenig ablesen
TZM News 4 / 2019 (21 Jg.) 6 wie eine synergistische Wirkung von Voraussetzungen für den nächsten kollektiv beträgt die Hazard Ratio 0,59. Chemotherapie und Veliparib. Schritt, sprich: Chemotherapie und mehr. Eine der möglichen Interpretationen dieser Daten besteht deshalb darin, dass Und warum halten Sie die kombi- Wie ist die Studienlage? alle Patientinnen unabhängig vom BRCA- nierte Gabe dann gegebenenfalls Dass die Kombination aus Carboplatin, Status in der Erhaltungstherapie Olaparib trotzdem für sinnvoll? Paclitaxel und Bevacizumab in der Erst- plus Bevacizumab erhalten sollten. Weil man auf diese Weise mehr Patien- linientherapie besser ist als Carboplatin tinnen in die PARP-Inhibitor-Therapie und Paclitaxel allein, das wissen wir sehr Damit hat die Patientin die nächste mitnehmen kann. Bei sequenzieller Gabe eindeutig aus den Studien GOG 218 und Therapiephase erreicht. Was ist jetzt zu haben weniger Patientinnen Gelegenheit AGO Ovar-11, die seinerzeit zur Zulas- tun, um sie vor dem ersten Rezidiv zu den PARPi zu bekommen; denn nur sung geführt und diese Therapie zum bewahren? diejenigen werden ihn erhalten, die die Standard gemacht haben. Insofern ist – In dieser Situation stellt sich als nächstes Chemotherapie komplett absolviert haben bezogen auf das, was vor der Ära der die Frage, wie lange wir die Erhaltungs- und die darauf angesprochen haben. PARP-Inhibitoren heute in der Praxis therapie durchführen, wie lange die verfügbar ist – die Dreierkombination aus Patientin also auch Nebenwirkungen in Also ist die Upfront-Gabe zu Carboplatin, Paclitaxel und Bevacizumab Kauf nimmt. Die angenommene Grenze bevorzugen? das Optimum. Denn mit dieser ist die liegt für die PARP-Inhibitoren bei 2 bezie- Wenn man das Erreichen einer PARPi- Chance am größten, dass die Patientin hungsweise 3 Jahren. Noch hat allerdings Erhaltungstherapie zum Erfolgskriterium nach 6 Zyklen noch tumorfrei ist oder kaum eine Patientin einen PARP-Inhibitor macht, dann ja. Es wäre allerdings hilfreich auf die Kombinationstherapie zumindest in der ersten Behandlungslinie über einen zu wissen, was in dieser Situation eine zu- angesprochen hat. solch langen Zeitraum erhalten, aber für sätzliche Bevacizumab-Gabe bringt. Denn viele stellt sich dann demnächst die Frage wir wissen ja, dass Bevacizumab in der … und damit Kandidatin für eine nach der Weiterführung der Therapie. Erhaltungstherapie das progressionsfreie Erhaltungstherapie ist. Antworten darauf kann man derzeit fast Überleben verlängert, und wir wissen Genauso ist es. Vor dem ESMO-Kongress nur klinisch begründen, Daten gibt es auch, dass es – in der Erstlinie parallel zur 2018 in München war Bevacizumab im dazu noch keine. Chemotherapie gegeben – zu etwa 10 bis Hinblick auf die Erhaltungstherapie die 15 Prozent mehr Remissionen führt. einzige Option. Nach 6 Zyklen wurde die Und wie lauten Ihre Antworten? Leider ist Bevacizumab in der VELIA- Chemotherapie beendet, Bevacizumab als Da muss man genau hinschauen. Bei Studie aber nicht geprüft worden. Erhaltungstherapie für bis zu 15 Monate einem Tumor im Stadium FIGO III, der fortgeführt. Seit der beim ESMO-Kon- nur eine einzige Metastase im Netz hat Was bedeutet das für die Therapie- gress 2018 präsentierten SOLO-1-Studie und ansonsten unauffällig ist – da könnte strategie? ist klar, dass Olaparib allein als Erhal- man Zweifel haben, dass die Weiterfüh- Insgesamt muss man sich überlegen, was tungstherapie bei Patientinnen mit BRCA- rung einer Erhaltung etwas bringt, und nach der optimalerweise makroskopisch mutiertem Tumor das progressionsfreie eher eine Watch-and-wait-Strategie tumorfreien, also erfolgreichen Operation Überleben nicht nur im Rezidiv, sondern befürworten. Aber im Stadium FIGO IV, strategisch angezeigt ist: Eine reine Che- auch nach der Erstlinien-Chemotherapie also bei einer Patientin, der wir Tumor motherapie? Oder eine Chemotherapie signifikant verlängert. beispielsweise auch aus dem Brustkorb plus PARPi oder Chemo plus PARPi plus entfernt haben oder wo eine makrosko- Bevacizumab? Also ist Olaparib neben Bevacizumab pisch tumorfreie Resektion vielleicht sogar für BRCA-positive Patientinnen in der überhaupt nicht möglich war, da sind die Wir reden jetzt aber völlig Erhaltungstherapie eine zusätzliche Voraussetzungen andere. Wenn in solchen losgelöst von Zulassungen oder Option. Fällen zum Beispiel nach 15 Monaten Er- Kostenerstattungen. SOLO-1 hat den Benefit in der Erhal- haltungstherapie mit Bevacizumab kein In erster Linie geht es ja darum, für die tungstherapie nur bezogen auf Olaparib Tumor mehr zu sehen ist, denken wir einzelne Patientin die beste Therapie- allein gezeigt und auch nur für Patientin- auch heute bereits über die Weiterführung strategie zu finden. Und strategisch geht es nen mit BRCA-mutierten Tumoren. Die der Therapie nach und tun das auch in immer um die Frage: Wie erreicht unsere Kombination aus Olaparib und Bevaci- einzelnen Fällen, obwohl es dazu noch Patientin optimal den nächsten Meilen- zumab wurde in der Studie PAOLA-1 keine Daten gibt. Da können wir nur aus stein der Therapie. Anders formuliert: geprüft, und zwar unabhängig vom der Rezidivsituation extrapolieren, in der Wie schaffe ich es als Arzt, jeden Therapie- BRCA-Status. Die Ergebnisse kennen wir Bevacizumab ja bis zum Progress gegeben schritt so zu planen und durchzuführen, seit dem ESMO-Kongress 2019: Für Pa- wird. dass für den darauf folgenden die größt- tientinnen mit BRCA-mutierten Tumoren möglichen Chancen auf Erfolg bestehen? ergibt sich für das progressionsfreie Über- Bei aller Euphorie angesichts der In Bezug auf die Operation geht es um die leben eine Hazard Ratio von 0,3; für beim ESMO-Kongress 2019 präsentier- makroskopisch tumorfreie Resektion. Patientinnen mit BRCA-Wildtyp-Tumo- ten Ergebnisse: PARP-Inhibitoren Wenn das gelungen ist, sind das die besten ren liegt die HR bei 0,7. Für das Gesamt- nutzen nicht allen Ovarialkarzinom-
NEU (Rucaparib) Tabletten Rezidiviertes Ovarialkarzinom LASSEN SIE KEINE PATIENTIN ZURÜCK Die neue Erhaltungstherapie für Ihre platinsensitiven Patientinnen mit rezidiviertem, high-grade epithelialem Ovarialkarzinom • Mutationsunabhängig2,a • Signifikante Verdoppelung des PFS in der ITT-Population vs. Placebo (gemäß Prüfarztbewertung; 10,8 vs. 5,4 Monate; HR 0,36)1 Auch für die Rezidivtherapie bei platinsensitiven Patientinnen mit BRCA-Mutationen, die keine weitere platinhaltige Chemotherapie tolerieren2,b RUBRACA . VEREINT STÄRKE ZEIGEN. RUBRACA (Rucaparib) 200 mg, 250 mg und 300 mg Filmtabletten: Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. Wirkstoff: Rucaparib. Zusammensetzung: Jede Tablette enthält Rucaparib-(+) -camsilat, entsprechend 200 mg Rucaparib. Sonstige Bestandteile: Tablettenüberzug: Poly(vinylalkohol) (E1203), Titandioxid (E171), Macrogol 4000 (E1521), Talkum (E553b), Brillantblau FCF Aluminiumsalz (E133), Indigocarmin Aluminiumsalz (E132). Anwendungsgebiet: Rubraca ist indiziert als Monotherapie für die Erhaltungstherapie bei erwachsenen Patientinnen mit platinsensitivem, rezidiviertem, high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiter- oder primärem Peritonealkarzinom, die nach platinbasierter Chemotherapie in Remission sind (vollständig oder partiell). Rubraca ist indiziert als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patientinnen mit platinsensitivem, rezidiviertem oder progressivem, high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiter- oder Peritonealkarzinom mit BRCA-Mutationen (Keimbahn und / oder somatisch), die mit zwei oder mehr vorherigen platinbasierten Chemotherapielinien behandelt wurden und keine weitere platinhaltige Chemotherapie tolerieren. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen sonstigen Bestandteil. Stillen während der Behandlung und 2 Wochen nach Einnahme der letzten Dosis. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Anämie, Thrombozytopenie, Neutropenie, verminderter Appetit, erhöhtes Kreatinin im Blut, Dysgeusie, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Dyspepsie, Schmerzen des Abdomens. Erhöhte Alanin Aminotransferase, erhöhte Aspartat- Aminotransferase, Lichtempfindlichkeitsreaktion, Hautausschlag, Müdigkeit, Fieber. Häufig: Myelodysplastisches Syndrom /akute myeloische Leukämie, febrile Neutropenie, Leukopenie, Lymphopenie, Dehydratation, Hypercholesterinämie, Dyspnoe, Erhöhte Transaminasen, Makulopapulöser Ausschlag, palmar-plantares Erythrodysästhesiesyndrom, Erythem. Abgabestatus: Verschreibungspflichtig. Weitere Hinweise: siehe Fachinformation. Pharmazeutischer Unternehmer: Clovis Oncology Ireland Ltd. Country Dublin, K67 P6K2, Irland. Örtlicher Vertreter: Clovis Oncology Germany GmbH, Theatinerstr. 11, 80333 München. E-Mail: office.de@clovisoncology.com. Servicehotline für Produktanfragen: +49 (0)8005892665. Stand: Februar 2019. a Für die Erhaltungstherapie bei erwachsenen Patientinnen mit platinsensitivem, rezidiviertem, high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiter- oder primärem Peritonealkarzinom, die nach platinbasierter Chemotherapie in Remission sind (vollständig oder partiell).2 b Zur Behandlung von erwachsenen Patientinnen mit platinsensitivem, rezidiviertem oder progressivem high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiter- oder Peritonealkarzinom mit BRCA-Mutationen, (Keimbahn und / oder somatisch), die mit zwei oder mehr vorherigen platinbasierten Chemotherapielinien behandelt wurden und keine weitere platinhaltige Chemotherapie tolerieren.2 Referenzen: 1. Coleman RL, et al. Lancet. 2017; 390(10106): 1949–1961. 2. Rubraca Fachinformation, Stand: Februar 2019. Stand: März 2019 I PP-RUCA-DE-0006 I © 2019 Clovis Oncology. Alle Rechte vorbehalten.
TZM News 4 / 2019 (21 Jg.) 8 Patientinnen. Gibt es zwischenzeitlich die Aktivität von PARP hemmt – und Ist das tatsächlich so oder verlässliche Biomarker, mit denen sich nichts anderes machen PARP-Inhibitoren sind vielleicht die HRD-Tests nicht voraussagen lässt, wer profitiert und –, sollte die Zelle absterben, da sie spezielle genügend eindeutig? wer nicht? DNA-Schäden nicht mehr reparieren Es ist zu vermuten, dass die Tests nicht Weitgehend unzweifelhaft ist, dass kann. Tumoren mit HRD sollten also genügend trennscharf sind. In den Ovarialkarzinom-Patientinnen mit PARPi-empfindlich sein, solche ohne anderen PARPi-Studien wurde der HRD- BRCA-mutierten Tumoren von einem HRD aber nicht. Status lediglich explorativ untersucht, PARP-Inhibitor profitieren. Andererseits war aber kein Stratifikationsmerkmal. ist seit der Zulassungsstudie von Niraparib Und hat sich das in der Praxis Die entsprechenden Analysen lassen es in der Rezidivsituation klar, dass auch bestätigt? möglich erscheinen, dass HRD-negative Patientinnen mit BRCA-Wildtyp-Tumo- Die PRIMA-Studie mit Niraparib hat das Patientinnen von einer PARPi nicht profi- ren von PARP-Inhibitoren signifikant in der Primärtherapie als einzige Studie tieren. Mit anderen Worten: die verfüg- profitieren, wenn auch nicht in gleichem wirklich systematisch untersucht, will baren HRD-Tests geben zwar Hinweise, Ausmaß. Der BRCA-Mutationsstatus ist sagen, der HRD-Status war ein Stratifika- es reicht jedoch nicht für den Nachweis damit also kein geeigneter Biomarker zur tionsmerkmal in diesem Studienprotokoll. statistisch signifikanter Unterschiede. Es Vorhersage einer PARPi-Wirkung. In der Gruppe der Patientinnen mit HRD hapert darüber hinaus bei der Reprodu- war die Hazard Ratio in Bezug auf das PFS zierbarkeit der Testergebnisse. Und die sogenannte homologe 0,43. In der Gesamtgruppe – also bei Rekombinations-Defizienz? Patientinnen mit und ohne HRD – betrug Was bedeutet das letztlich für den Das theoretische Konzept dieser HRD die Hazard Ratio 0,62. Und auch bei Einsatz von Niraparib? ist überzeugend: PARP-Inhibition funk- Patientinnen ohne HRD war die Hazard Die PRIMA-Studie zeigt, dass Niraparib tioniert nur dort, wo eine homologe Re- Ratio 0,68 und zeigte damit eine signifi- unabhängig von BRCA-Mutationen und kombinations-Defizienz vorliegt. Warum? kante Verbesserung. Damit ist einerseits HRD auch in der Erstlinientherapie wirkt. Die homologe Rekombination ist, grob belegt, dass Niraparib unabhängig von Den Studiendaten zufolge ist Niraparib vereinfachend gesagt, ein Weg zur Repara- einer HR-Defizienz wirkt. Andererseits darüber hinaus die einzige Substanz, bei tur von geschädigter DNA. Im Falle einer bedeutet das aber auch, dass die HRD der eindeutig gezeigt wurde, dass sie auch homologen Rekombinations-Defizienz ebenfalls kein geeigneter Biomarker für bei Patientinnen mit HRD-negativen oder kurz HRD kommt ein Ersatzweg zur die Vorhersage einer PARPi-Wirkung zu Tumoren wirksam ist. DNA-Reparatur zum Zug, der über das sein scheint. Enzym PARP gesteuert wird. Wenn man Herr Professor Mahner, haben Sie herzlichen Dank für das Gespräch. Jetzt online anmelden! www.wintersymposium-muenchen.de 13. Wintersymposium München 2019 14. Dezember 2019 Hilton Munich Park wintersymposium Gynäkologische Tumoren und Brustkrebs: Aktuelle Entwicklungen – Neues aus San Antonio Veranstalter: Wissenschaftliche Leitung: Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde Prof. Dr. med. Nadja Harbeck und Geburtshilfe der Universität München (LMU) Prof. Dr. med. Sven Mahner Direktor: Prof. med. Sven Mahner Highlights vom ESMO-Kongress 2019 - Teilnehmerunterlagen © 2019 by LUKON Verlagsgesellschaft mbH - www.esmo-highlights.de 8
TZM News 4 / 2019 (21 Jg.) Ovarialkarzinom Neue Optionen in der First-line-Therapie Dr. med. Alexander Burges, LMU-Frauenklinik Aus gynäko-onkologischer Sicht war der ESMO 2019 in Barcelona ein sehr interessanter und wichtiger Kongress. Im Rahmen des Presidential Symposiums wurden gleich 3 Studien vorgestellt, die sich mit der Erhaltungstherapie nach der First-line-Che- motherapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms befassen. Die Kongresszeitung titelte denn auch: „PARP-Inhibitoren dehnen ihre Bedeutung über die BRCA-Mutation in der First-line-Therapie des neu diagnostizierten Ovarialkarzinoms hinaus aus.“ Welche unmittelbaren Konsequenzen für den klinischen Alltag ergeben sich? PRIMA-Studie mit Niraparib HRD-positive und HRD-negative Patientinnen vertreten. Die Hazard Ratio für Patientinnen mit HRD-positiven Tumoren betrug 0,48. Antonio González-Martín eröffnete die Sitzung mit den Daten der In der Gruppe der Patientinnen mit HRD-negativen Tumoren lag Studie PRIMA/ENGOT-OV26/GOG-3012 [1]. In dieser Arbeit wurde die HR bei 0,68; in der Gesamtgruppe bei 0,62. Damit ist Niraparib der Effekt einer PARP-Inhibitor-Erhaltungstherapie mit Niraparib der einzige der drei vorgestellten PARP-Inhibitoren, bei dem ein- in der Erstlinie, also nach Ansprechen auf eine platinhaltige Che- deutig gezeigt wurde, dass er auch bei Patientinnen mit HRD-ne- motherapie untersucht. Die Studie hat ihren primären Endpunkt gativen Tumoren wirksam ist. 9 erreicht, das mediane progressionsfreie Überleben in der Gesamt- population betrug unter Niraparib 13,8 Monate, in der Placebo- gruppe 8,2 Monate (Abb. 1). PAOLA-1-Studie mit Olaparib plus Bevacizumab Als kleines Manko aus deutscher Sicht war im Standardarm kein Isabelle Ray-Coquard stellte die Daten der Studie PAOLA-1/ENGOT- Bevacizumab vorgesehen. Auch dass bei Patientinnen im Stadium ov25 vor [2]. In dieser wurde die Erhaltungstherapie mit der Kom- FIGO III nur solche mit Tumorrest eingebracht werden durften, ent- bination des PARP-Inhibitors Olaparib und des Angiogenesehemmers spricht nicht unserem Standard. Ein gewisser Bias könnte außerdem Bevacizumab geprüft. Alle in die Studie eingebrachten Patientinnen darin liegen, dass tumorfrei operierte Patientinnen dann eingebracht erhielten Carboplatin, Paclitaxel und Bevacizumab, im experimen- werden durften, wenn sie sich zuvor einer neoadjuvanten Chemo- tellen Arm zusätzlich Olaparib versus Placebo. Es erfolgte eine Stra- therapie unterzogen hatten. tifizierung nach BRCA-Mutationsstatus, eine Stratifizierung nach HRD-Testung war nicht vorgesehen. Auch diese Studie erreichte In der Stratifizierung wurde auch das Ergebnis des Tests zur ho- ihren primären Endpunkt, nämlich die signifikante Verlängerung mologen Rekombination respektive der homologen Rekombina- des PFS in der Intention-to-treat-Population: 16,6 Monate versus tions-Defizienz (HRD) berücksichtigt. Verwendet wurde dazu der 22,1 Monate. Die Hazard Ratio für die Gesamtgruppe liegt bei 0,59 Test myChoice der Firma Myriad. Mit anderen Worten: Im Placebo- (Abb. 2). wie im Studienarm waren Patientinnen mit und ohne HRD, also PRIMA-Studie PAOLA-1-Studie 100 100 Anteil progressionsfrei Überlebender (%) Anteil progressionsfrei Überlebender (%) 90 90 Niraparib 80 80 n=487 70 Medianes PFS, 3,8 (11,5–14,9) Monate (95%CI) 70 Niraparib n=537 60 60 Medianes PFS, 22 Monate 50 50 40 40 30 30 Placebo Placebo 20 n=246 20 n=269 10 Medianes PFS, 8,2 (7,3–8,5) Monate (95%CI) 10 Medianes PFS, 22 Monate 0 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 0 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30 33 36 39 42 45 Zeit seit Randomisierung (Monate) Zeit seit Randomisierung (Monate) Patientinnen Patientinnen Niraparib 487 454 385 312 295 253 167 111 94 58 29 21 13 4 0 Niraparib 537 513 461 433 403 374 279 240 141 112 55 37 12 3 0 Placebo 246 226 117 133 117 90 60 32 29 17 6 6 4 1 0 Placebo 269 252 226 205 172 151 109 83 50 35 15 9 1 1 0 Abbildung 1: Primärer Endpunkt der PRIMA-Studie – progressionsfreies Über- Abbildung 2: Primärer Endpunkt der PAOLA-1-Studie – progressionsfreies leben in der Gesamtpopulation. Adaptiert nach [1]. Überleben in der Intention-to-treat-Population. Adaptiert nach [2].
TZM News 4 / 2019 (21 Jg.) 10 VELIA-Studie: Veliparib in Kombination Während in der PRIMA-Studie in der Gruppe HR-profizienter Tu- mit Chemotherapie und als anschließende moren mit Niraparib eine signifikante Verlängerung des PFS um Erhaltungstherapie circa 3 Monate gezeigt werden konnte (5,4 versus 8,1 Monate), er- wies sich der ganz ähnliche Unterschied bei Patientinnen mit BRCA- Die dritte Studie stellte Robert L. Coleman vor [3]. Gegenstand der Wildtyp-Tumoren in der VELIA-Studie (15,1 Monate unter Untersuchung war der PARP-Inhibitor Veliparib, der in der Erstlinie Placebo versus 18,2 Monate unter Veliparib) als statistisch nicht sig- zunächst als Kombinationspartner zusammen mit der Chemotherapie nifikant. Der analoge Vergleich in der PAOLA-1-Studie – Olaparib/ verabreicht wurde, um anschließend im Sinne einer Erhaltungs- Bevacizumab bei Patientinnen mit BRCA-Wildtyp-Tumoren – brachte therapie gegenüber Placebo untersucht zu werden. Einen reinen ebenfalls ein statistisch nicht signifikant unterschiedliches Ergebnis Erhaltungstherapie-Arm gab es in dieser Studie leider nicht. Auch (16,0 Monate unter Placebo versus 16,9 Monate unter Olaparib/ die VELIA-Studie erreichte ihren primären Endpunkt, die Verlän- Bevacizumab). gerung des PFS in der Intention-to-treat-Population: Bei einer Ha- zard Ratio von 0,68 betrug das mediane PFS in der Verumgruppe Weiterhin fallen die PFS-Unterschiede in den jeweiligen Kontroll- 23,5 Monate, in der Kontrollgruppe 17,3 Monate (Abb. 3). gruppen auf: In der PRIMA-Studie liegen sie mit median 5,4 Monaten deutlich niedriger als in VELIA (15,1 Monate) und PAOLA-1 (16,0 Monate). Verantwortlich dafür ist unter anderem die Tatsache, dass Kombination Erhaltungstherapie Patientinnen an der PRIMA-Studie nur dann teilnehmen durften, 100 Anteil progressionsfrei Überlebender (%) wenn bei ihnen noch ein Tumorrest nachweisbar war. Auch die Ran- Veliparib durchgängig domisierungszeiträume unterscheiden sich: In der PRIMA-Studie war 75 n=382 Medianes PFS 23,5 Monate eine Randomisierung bis 12 Wochen, in der PAOLA-1-Studie bis 9 50 Wochen nach der letzten Chemotherapie möglich. In der VELIA-Studie fand die Randomisierung noch vor der Chemotherapie statt, womit 25 sich bereits methodisch ein etwa 3-monatiger PFS-Vorteil ergibt. Kontrolle n=357 Medianes PFS 17,3 Monate 0 Derzeit ist noch keine sinnvolle Analyse der operativen Daten im 0 10 20 30 40 Vergleich möglich, unter anderem weil in der PRIMA-Studie Angaben Zeit seit Randomisierung (Monate) Patientinnen zu den Komplettresektionsraten derzeit noch nicht bekannt sind. Kontrolle 375 356 340 328 297 260 236 202 172 153 143 119 84 70 55 36 21 16 10 3 0 0 0 Ein möglicher Einfluss von Tumorrest oder Zeitpunkt der Operation Veliparib 382 337 308 253 208 172 111 76 38 19 2 0 kann daher derzeit noch nicht beurteilt werden. durchgängig 352 329 275 228 192 153 95 55 26 7 1 Abbildung 3: Progressionsfreies Überleben unter Veliparib in Kombination mit Chemotherapie und unter Veliparib-Erhaltungstherapie in der first line Drei mögliche Szenarien (Intention-to-treat-Population). Adaptiert nach [3]. Wie können wir also die vorliegenden Daten für unsere Patientinnen Alle drei Studien sind letztlich als positiv zu bewerten, und auch sinnvoll einsetzen? Die Zulassung der Medikamente wird etwa ein wenn sich ein direkter Vergleich der Untersuchungen aufgrund von Jahr in Anspruch nehmen. Diesbezüglich ist derzeit überhaupt nicht Unterschieden in den Einschlusskriterein, den Randomisierungs- absehbar, wie die Zulassungstexte aussehen werden. Möglich er- zeitpunkten und in den Standardarmen verbietet, bleibt grund- scheint auf Grund der Daten eine „offene“ Zulassung ohne HRD-, sätzlich festzuhalten: Der stärkste Effekt von PARP-Inhibitoren ist aber mit BRCA-Testung. Möglich erscheint auch eine Verpflichtung immer bei Patientinnen mit BRCA-Mutation zu verzeichnen, die zur HRD-Testung, um Subgruppen zu identifizieren, die von einer gleichzeitig HR-defizient sind. Auch die Subgruppe der BRCA-ne- reinen PARP-Inhibitoren- oder einer Kombinationstherapie profi- gativen, aber HR-defizienten Patientinnen profitiert offensichtlich tieren. Derzeit wird intensiv überprüft, inwiefern eine HRD-Testung im Sinne einer PFS-Verlängerung. reproduzierbar, flächendeckend und sinnvoll eingesetzt werden kann. Bis zu einer möglichen Zulassung müssen wir unseren Pa- tientinnen allerdings praktikable Konzepte für die Erhaltungsthe- BRCA-Status und HRD-Status rapie anbieten. Bis zu diesem Zeitpunkt sind aus unserer Sicht grundsätzlich drei Szenarien vorstellbar. Für die BRCA-negative Subgruppe ist ein direkter Vergleich der Studien nicht möglich, da hierzu in der PRIMA-Studie bislang keine All in: Gestützt wird dieses Szenario von der Annahme, dass eine Daten vorliegen. Interessant ist aber auch die Subgruppe der BRCA- Option zur Heilung unserer Patientinnen ausschließlich in der First- negativen und der HR-profizienten Patientinnen. Hierzu ist aller- line-Therapie des Ovarialkarzinoms besteht. Alle therapeutischen dings zu berücksichtigen, dass eine Stratifizierung nach HRD-Tes- Optionen werden daher auf die primäre Therapie und die daran tung ausschließlich in der PRIMA-Studie erfolgte. In der PAOLA-1- anschließende Erhaltungstherapie konzentriert, wohl wissend, dass und der VELIA-Studie erfolgte die Stratifizierung lediglich nach dadurch in der Rezidivsituation gegebenenfalls weniger therapeu- BRCA-Mutationsstatus. tische Optionen zur Verfügung stehen.
1 x tägliche einfache Einnahme, einfaches Therapiemanagement1 Individuelle Dosierung, anpassbar an die Patientin und ihren Alltag 1–3 Wirksame Erhaltungstherapie bei Patientinnen mit bzw. ohne BRCA- Keimbahnmutation vs. Placebo beim rezidivierten Ovarial- karzinom: mPFS von 21,0 vs. 5,5 und 9,3 vs. 3,9 Monaten1,2 Literatur 1. ZEJULA Fachinformation, Stand: Juni 2019. 2. Mirza, M.R. et al., Niraparib maintenance therapy in platinum-sensitive, recurrent ovarian cancer, .EW%NGLAND*OURNALOF-EDICINE, vol. 375, no. 22, 2016, pp. 2154–2164. 3. Berek J.S. et al., Safety and dose modification for patients receiving niraparib, !NNALSOF/NCOLOGY, vol. 29, no. 8, 2018, pp. 1784–1792. Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. PP-ZEJ-DE-0107-2019-09 Zejula 100 mg Hartkapseln. Wirkstoff: Niraparib (als Tosilat 1 H2O) Zusammensetzung: Magnesi- Diarrhoe, Dyspepsie, Rückenschmerzen, Arthralgie, Ermüdung, Asthenie; (·UlGBronchitis, Kon- umstearat, Lactose-H2O, Titandioxid, Gelatine, Brillantblau FCF, Erythrosin, Tartrazin, Schellack, junktivitis, Leukopenie, Hypokaliämie, Angst, Depression, Tachykardie, Epistaxis, Mundtrockenheit, Propylenglycol, KOH, Eisen(II,III)-oxid, NaOH, Povidon. Anwendungsgebiete: Zejula wird als Mono- Aufblähung des Abdomens, Schleimhautentzündung (einschließlich Mukositis), Stomatitis, Photo- therapie zur Erhaltungstherapie bei erwachs. Patientinnen mit Rezidiv eines Platin-sensiblen, gering sensitivität, Ausschlag, Myalgie, Ödem peripher, Gamma-Glutamyl-Transferase erhöht, AST erhöht, differenzierten serösen Karzinoms der Ovarien, der Tuben oder mit prim. Peritonealkarzinose, die sich Kreatinin im Blut erhöht, ALT erhöht, alkalische Phosphatase im Blut erhöht, Gewicht erniedrigt; nach einer Platinbasierten Chemotherapie in Remission (komplett oder partiell) befinden, angewendet. 'ELEGENTLICHPanzytopenie, febrile Neutropenie. Warnhinweise: Enthält Lactose und Tartrazin (E 102). Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit geg. Niraparib oder einen d. sonstigen Bestandteile; Stillen. Abgabestatus: Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: TESARO Bio Netherlands Nebenwirkungen: 3EHRH·UlGHarnwegsinfekt., Thrombozytopenie, Anämie, Neutropenie, Appetit B.V., Joop Geesinkweg 901, 1114 AB Amsterdam-Duivendrecht, Niederlande. Örtlicher Vertreter: vermindert, Schlaflosigkeit, Kopfschmerz, Schwindelgefühl, Geschmacksstörung, Palpitationen, Hy- TESARO Bio GERMANY GmbH, Leopoldstr 37 A, 80802 München Stand: Juni 2019. © 2019 pertonie, Dyspnoe, Husten, Nasopharyngitis, Übelkeit, Obstipation, Erbrechen, Abdominalschmerz, Tesaro, Inc. Alle Rechte vorbehalten. www.zejula.de
TZM News 4 / 2019 (21 Jg.) 12 All in Maximale Therapie in der first line, um langfristig maximalen Effekt zu erzielen HRDo it: HR-defiziente Patientinnen können auf Grundlage der (mehr Heilung möglich?) PRIMA-Daten nach Kostenübernahme Niraparib erhalten, alternativ BRCA-Testung könnten diese Patientinnen auch Bevacizumab entsprechend der Zulassung und nach Kostenübernahme zusätzlich Olaparib entspre- positiv negativ chend dem PAOLA-1-Protokoll bekommen. Olaparib Bevacizumab Für HR-profiziente Patientinnen bestünde weiter die Möglichkeit in Kombination mit Bevacizumab in Kombination mit Olaparib Bevacizumab zu erhalten, bei Kontraindikationen gegen Bevaci- (analog PAOLA-1, nach (analog PAOLA-1, nach Kostenübernahme) Kostenübernahme) zumab oder als Alternative könnte nach Kostenübernahme auch Niraparib eingesetzt werden (Abb. 6). Abbildung 4: PARP-Inhibitoren in der Praxis – Szenario 1: All in. HRDo it! Das bedeutet konkret: Für Patientinnen mit einer BRCA-Mutation Selektion von Patientinnen mit zu erwartendem besonders großen Effekt. besteht eine Zulassung für Olaparib. Über einen Kostenübernah- Deeskalation der Therapie bei Patientinnen ohne HRD-Nachweis. meantrag auf Grundlage der PAOLA-1-Daten sollte es möglich sein, BRCA-Testung die Patientinnen auch mit Bevacizumab zu behandeln. Patientinnen mit BRCA-Wildtyp können gemäß der bestehenden Zulassung nach positiv negativ der First-line-Chemotherapie Bevacizumab als Erhaltungstherapie bekommen. Über einen Kostenübernahmeantrag sollte diesen Pa- Olaparib HRD-Testung tientinnen die Möglichkeit gegeben werden, entsprechend den ggf. in Kombination mit Bevacizumab PAOLA-1-Daten Olaparib zusätzlich zu erhalten (Abb. 4). (analog PAOLA-1, nach HR-defizient HR-profizient Kostenübernahme) Niraparib Bevacizumab (analog PRIMA, nach ggf. Niraparib nach Eins nach dem anderen: Gestützt von der Vorstellung, Nebenwir- Kostenübernahme) Kostenübernahme kungen in der Erstlinie gegebenenfalls zu reduzieren und gleich- anstelle von oder Bevacizumab zeitig für die Rezidivsituation eine weitere Option in der Hinterhand Bevacizumab + zu haben, ließe sich die First-line-Erhaltungstherapie für Patien- Olaparib tinnen mit BRCA-Mutation entsprechend der bestehenden Zulassung (analog PAOLA-1, nach Kostenübernahme) auf die Gabe von Olaparib beschränken. Patientinnen mit BRCA- Wildtyp würden gemäß dieses Szenarios nach einem positiv Abbildung 6: PARP-Inhibitoren in der Praxis – Szenario 3: HRDo it! beschiedenen Kostenübernahme-Antrag den PRIMA-Daten entspre- chend eine Niraparib-Erhaltungstherapie bekommen (Abb. 5). Fazit: Die Therapieentscheidungen in der Betreuung von Pa- Eins nach dem anderen tientinnen mit Ovarialkarzinom werden durch die neuen Stu- diendaten sicher nicht einfacher, aber es besteht die berechtigte • Reduzierung des Nebenwirkungsrisikos durch Weglassen von Bevacizumab • Reduzierung unverhältnismäßiger Kosten für zielgerichtete Kombinationstherapien Hoffnung, zukünftig eine Individualisierung der Therapie bei • fehlender Nachweis eines Überlebensvorteils durch Hinzufügen von Bevacizumab gleichzeitiger Verlängerung des PFS und hoffentlich auch des BRCA-Testung Gesamtüberlebens zu ermöglichen. positiv negativ Olaparib Niraparib (analog PRIMA, nach Kostenübernahme) Literatur Abbildung 5: PARP-Inhibitoren in der Praxis – Szenario 2: Eins nach dem [1] Gonzalez-Martin A, Pothuri B, Vergote I, et al. (2019) Niraparib in Patients anderen. with Newly Diagnosed Advanced Ovarian Cancer. N Engl J Med 2019. DOI: 10.1056/NEJMoa1910962 [2] Ray-Coquard IL, Pautier P, Pignata S, et al. (2019) Phase III PAOLA-1/ENGOT- Eine weitere Option wäre die Einführung eines reproduzierbaren, ov25 trial: Olaparib plus bevacizumab (bev) as maintenance therapy in patients with newly diagnosed, advanced ovarian cancer treated with platinum-based einheitlichen HRD-Tests für Patientinnen ohne BRCA-Mutation. Pa- chemotherapy plus bev. ESMO Congress 2019. Abstr LBA2_PR tientinnen mit HR-Defizienz würden dann entsprechend den PRIMA- [3] Coleman RL, Fleming GF, Brady MF, et al. (2019) Veliparib with First-Line Daten eine Niraparib-Erhaltungstherapie bekommen. Chemotherapy and as Maintenance Therapy in Ovarian Cancer. N Engl J Med, 2019. DOI: 10.1056/NEJMoa1909707
TZM News 4 / 2019 (21 Jg.) Ovarialkarzinom Neue Optionen in der Rezidivtherapie Priv.-Doz. Dr. med. Christine Brambs Frauenklinik und Poliklinik der Technischen Universität München (TUM) Beim Auftreten eines Ovarialkarzinom-Rezidivs bestehen abhängig von der Ausdehnung des Rezidivs und dem Zeitpunkt des Auftretens nach der letzten Chemotherapie unterschiedliche konservative und operative Therapieoptionen. Beim ESMO-Kongress 2019 wurden zur konservativen Therapie in der Rezidivsituation verschiedene klinische Studien vorgestellt, die zumindest in Subgruppen interessante Ansätze aufzeigen. Darüber hinaus waren Daten zum low-grade serösen Ovarialkarzinom-Rezidiv von Interesse, die möglicherweise Eingang in die klinische Routine erlangen könnten. Platin-sensitives Ovarialkarzinom-Rezidiv MEDIOLA [1] Die Phase-I/II-Studie MEDIOLA umfasst mehrere Kohorten. Beim tinnen mit hoher Folatrezeptor-alpha-Expression hindeuten könnte, ESMO-Kongress 2019 wurden die Daten einer Kohorte vorgestellt. aktuell allerdings keine Änderung der Standardtherapie mit sich 13 Bei 34 PARP-Inhibitor- und Immuntherapie-naiven Patientinnen bringt. mit einer BRCA1- oder BRCA2-Keimbahn-Mutation wurden die Krankheitskontrollrate nach 12 Wochen sowie Sicherheit und Ver- träglichkeit unter einer Kombinationstherapie mit Olaparib und Platin-resistentes Ovarialkarzinom-Rezidiv Durvalumab nach einer 4-wöchigen Run-in-Phase von Olaparib KONSTANTINOPOULOS [3] mono evaluiert. Nach 12 Wochen zeigte sich eine Krankheitskon- trollrate von 81,3%, nach 28 Wochen betrug sie noch 65,6%, wobei In einer randomisierten Phase-II-Studie untersuchten Konstanti- die stärkste prozentuale Größenveränderung der Targetläsion bei nopoulos et al. den ATR-Inhibitor M6620 in Kombination mit Gem- Patientinnen mit bis zu 2 vorherigen Chemotherapielinien zu ver- citabin versus Gemcitabin mono im Hinblick auf das progressions- zeichnen war. Grad-3/4-Nebenwirkungen zumeist hämatologischer freie Überleben von 70 Patientinnen mit Platin-resistentem Ovarial- Art (vor allem Anämien) kamen bei 58,8% der Patientinnen vor. karzinom-Rezidiv. Beide Gruppen zeigten abgesehen von den ≥Grad- 50% der Patientinnen zeigten immunvermittelte unerwünschte Er- 3-Thrombozytopenien (Gemcitabin mono 6% versus Gemcitabin eignisse. Zusammenfassend zeigte die Kombination von Olaparib plus M6620 24%) eine vergleichbare Verträglichkeit. Lediglich in und Durvalumab eine vielversprechende Aktivität bei akzeptabler der Gruppe der Patientinnen mit einem Platin-freien Intervall von Verträglichkeit. Die ausstehenden Auswertungen der aktuell noch 70% der Patientinnen im Stadium II–IV erleiden freie Überleben. Beide Gruppen zeigten ein vergleichbares PFS bei ein Rezidiv. Die Therapie der ersten Wahl ist die Operation, kon- besserer Verträglichkeit in der Mirvetuximab-Gruppe. Die Folatre- servative Optionen in der Rezidivsituation sind limitiert. Verände- zeptor-alpha-high-Gruppe wies ein besseres Outcome unter Mirve- rungen im MAP-Kinase-Pathway, eine erhöhte Chemotherapie- tuximab auf, was auf potenzielle neue Therapieansätze bei Patien- Resistenz und ein verlängertes Gesamtüberleben im Vergleich zu
TZM News 4 / 2019 (21 Jg.) Ovarialkarzinom 14 Einschlusskriterien PFS 1 Anteil progressionsfrei Überlebender • Rezidiviertes LGSOC • Unbegrenzte Anzahl vorheriger Standard of Care (SOC) • Prospektives digitales Path-Review Therapien Trametinib • Messbare Krankheit nach RECIST 1.1 • Keine vorherige MEKi, BRAFi 0,75 • ≥ vorheriges platinhaltiges Regime • Bisher nicht alle 5 SOC erhalten Randomisierung 0,50 Standard of Care (SOC) Trametinib 2 mg 0,25 1. Letrozol 2,5 mg täglich täglich kontinuierlich 2. PLD 40–50 mg iv q 28d bis zur Progression 3. Wöchentlich Paclitaxel 0 80 mg/m2 3–4 Wochen 0 12 Zeit (Monate) 36 48 4. Tamoxifen 20 mg bid täglich 5. Topotecan 4,0 mg/m2 Tag 1, 8, 15 q28d SOC 130 36 3 0 0 Trametinib 130 61 18 3 0 bis Progression Crossover erlaubt PFS Trametinib Kontrolle (SOC) Trametinib 2 mg Median, Monate (95%CI) 13,0 (9,9–15,0) 7,2 (5,6–9,9) täglich kontinuierlich Statistik HR 0,48; 95%CI 0,36–0,64; p
TZM News 4 / 2019 (21 Jg.) Gemeinsam Grenzen in der Kreb bstherapie verschhieben Unser Ziel: Die D Krebstherapie umfassend u optimierren. Wir erforschenn innovative Therapien, die neue Maßstäbe setzzen können,, und bieten damit Lösungen g für bisher nicht ausreich hend behandelbare Krebserkrankungen. Unsere Pipeline umfasst eine Vielzahl neuer Moleküle, die derzeit in über 20 Krebsformen und Tumorarten in klinischen Studien untersucht werden. www.abbvie.de twitter.com/abbvie_de ABBV-DE-00201-MC Menschen. Möglichkeiten. Leidenschaft.
TZM News 4 / 2019 (21 Jg.) 16 Endometrium- karzinom Priv.-Doz. Dr. med. Fabian Trillsch Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe; Klinikum der Universität München Auch für das Endometriumkarzinom wurden beim ESMO-Kongress 2019 Studienergebnisse präsentiert, die ab sofort den klinischen Alltag beeinflussen werden und neue Therapieoptionen für die Patientinnen eröffnen. Molekulare Subtypen des Anteil rezidivfrei Überlebender (%) 100 high-risk Endometriumkarzinoms 75 Für die Auswahl der adjuvanten Therapie ist die molekulare Klassi- 50 fikation von hoher prognostischer Bedeutung, wie eine Subgrup- p53abn pen-Analyse der Studie PORTEC-3 zeigt. In dieser prospektiv-rando- POLEmut 25 misierten Phase-III-Studie waren bei Patientinnen mit hohem Rezi- MMRd NSMP divrisiko nach Abschluss der primären operativen Therapie zwei The- 0 Rezidivfreies 5-Jahres-Überleben: 50% (p53abn) vs. 98% (POLEmut) vs. 74% (MMRd) vs. 76% (NSMP) rapieschemata miteinander verglichen worden: Postoperative Radio- chemotherapie plus anschließender Kombinationschemotherapie, 0 1 2 3 4 5 Zeit seit Randomisierung (Jahre) bestehend aus 4 Zyklen Carboplatin/Paclitaxel, versus alleinige Strah- Patientinnen p53abn 92 71 47 49 44 32 lentherapie. Ergebnisse dieser Studie wurden erstmals 2016 präsen- POLEmut 52 51 51 50 49 39 tiert: für die insgesamt 660 einbezogenen Patientinnen konnte aller- MMRd 137 124 112 102 96 73 NSMP 129 122 112 104 93 68 dings sowohl für PFS als auch OS kein signifikanter Prognosevorteil gezeigt werden, sodass aktuell weiterhin unklar ist, wie die optimale adjuvante Therapie für Patientinnen mit fortgeschrittenem oder Abbildung 1: Rezidivfreies Überleben nach molekularem Subtyp im Kollektiv der PORTEC-3-Studie. Adaptiert nach [2]. Hochrisiko-Endometriumkarzinom zusammengesetzt sein sollte [3]. Die nun vorgestellte, explorative Analyse des PORTEC-3-Kollektivs Im Rahmen der weiteren Analyse wurde zudem klar, dass sich einzelne berücksichtigt die Erkenntnisse der molekularen Klassifikation auf dieser Subgruppen auch hinsichtlich des Therapieansprechens unter- Basis von Daten zum Endometriumkarzinom aus dem Projekt The scheiden. Während Patientinnen mit POLE-mutierten Tumoren all- Cancer Genome Atlas (TCGA). Analog zum Ovarialkarzinom waren in gemein eine sehr gute Prognose aufweisen, zeigte sich für die Gruppe der Vergangenheit auf Initiative des National Cancer Institute im der MMR-defizienten (MMRd) sowie der mikrosatellitenstabilen end- Rahmen des TCGA-Projekts Genexpressionsanalysen ausgewertet und ometroiden (Copy-number low oder No specific molecular profile/ zu Subgruppen mit ähnlichem Expressionsverhalten zusammengefasst NSMP) Tumoren kein Zusatznutzen durch eine ergänzende zusätzliche worden, die für die Patientinnen auch eine prognostische Relevanz adjuvante Chemotherapie. Im Gegensatz dazu scheint sich bei Pa- zu haben scheinen [1]. Hierbei wurden vier molekulare Subtypen tientinnen mit p53-mutierten Tumoren (p53abn beziehungsweises identifiziert: der POLE-ultramutierte Subtyp, der mikrosatellitenin- serös-ähnlich, Copy-number high) das rezidivfreie Überleben durch stabile hypermutierte (MSI oder Mismatch Repair defizient, MMRd) die Hinzunahme einer adjuvanten Chemotherapie im Vergleich zu Subtyp, der mikrosatellitenstabile endometroide (Copy-number low) Patientinnen mit alleiniger Strahlentherapie signifikant zu verbessern: Subtyp sowie der serös-ähnliche (Copy-number high) Subtyp. HR 0,50; 95%CI 0,28–0,88 (Abb. 2). Die POLE-mutierten Tumoren weisen im Vergleich zu den anderen Auch wenn diese Erkenntnisse bisher noch keinen direkten Einfluss Subtypen eine sehr günstige Prognose auf, dennoch spielt die mo- auf die klinische Entscheidungsfindung haben, verdeutlichen die lekulare Subtypisierung aktuell noch keine Rolle bei der Therapie- Daten eindrücklich, dass molekulare Subtypen eine hohe prognos- entscheidung für das Endometriumkarzinom [4]. Zuletzt konnte nun tische Aussagekraft für das high-risk Endometriumkarzinom haben herausgearbeitet werden, dass diese auf den Genexpressionsdaten und vermutlich das Therapieansprechen der adjuvanten Therapie basierende molekulare Subklassifikation mittels lediglich dreier im- vorhersagen können [2]. Aus diesem Grund sollten vor allem zu- munhistochemischer Färbungen (PMS2, MLH6, p53) und einer ein- künftige Therapiestudien die molekulare Subklassifikation berück- zigen Mutationsanalyse (POLE-Mutationstestung) nachempfunden sichtigen und spezielle Zielpopulationen beschreiben, wie es in der werden kann. Dies konnte eindrucksvoll auch am Kollektiv der POR- aktuell rekrutierenden PORTEC-4-Studie bereits geschehen ist. TEC-3-Studie demonstriert werden (Abb. 1).
TZM News 4 / 2019 (21 Jg.) Endometriumkarzinom A. p53abn B. MMRd 100 100 Anteil progressionsfrei Anteil progressionsfrei Überlebender (%) Überlebender (%) 75 75 50 50 Strahlentherapie allein (RT) Strahlentherapie allein (RT) 25 Chemo-Strahlentherapie (CTRT) 25 Chemo-Strahlentherapie (CTRT) Rezidivfreies 5-Jahres-Überleben: 61% (CTRT) vs. 37% (RT) Rezidivfreies 5-Jahres-Überleben: 72% (CTRT) vs. 76% (RT) HR 0,50; 95%CI 0,28–0,88; p=0,015 HR 1,15; 95%CI 0,59–2,22; p=0,687 0 0 0 1 Zeit seit Randomisierung (Jahre) 4 5 0 1 Zeit seit Randomisierung (Jahre) 4 5 Patientinnen Patientinnen RT 44 29 23 18 16 10 RT 71 64 59 54 50 40 CTRT 48 42 34 31 28 22 CTRT 66 60 53 48 46 33 Abbildung 2: Rezidivfreies Überleben nach Behandlungsarm für Endometriumkarzinom-Patientinnen mit A. p53-mutierten (p53abn) und B. MMR-defizienten Tumoren. Adaptiert nach [2]. Medikamentöse Therapie Schlüssel-Auswahlkriterien • Alter ≥18 Jahre • Mit irRECIST messbare Erkrankung Auf der Ebene der medikamentösen Therapie des Endometriumkar- • Pathologisch bestätigtes metas- • EGOC-Performance-Status ≤1 tatisches Endometriumkarzinom • Lebenserwartung ≥12 Wochen zinoms hat die Immuntherapie in den vergangenen Jahren viel • ≤2 vorherige systemische Therapien Aufmerksamkeit erfahren und das Therapiespektrum bereits erwei- tern können. Dies ist beim Endometriumkarzinom von besonderer Bedeutung, da es neben der First-line-Chemotherapie aus Carbo- Lenvatinib 20 mg/Tag (oral)+ Pembrolizumab 200 mg q3w (i.v.) platin und Paclitaxel wenig etablierte Therapiekonzepte gibt. Ba- sierend auf Ergebnissen zum Einsatz des PD-1-Antikörpers Pem- Primärer Endpunkt Vorher spezifizierte 17 brolizumab bei Mismatch-Repair-defizienten Tumoren (MMRd) un- • Ansprechrate in Woche 24 explorative Endpunkte • Unabhängiges imaging review abhängig vom Primarius, erteilte die FDA im Mai 2015 erstmals Tu- nach irRECIST und RECIST v1.1 Sekundäre Endpunkte morentitäts-übergreifend die Zulassung von Pembrolizumab für Tu- • Gesamt-Ansprechrate • Antitumor-Aktivität • Dauer des Ansprechens nach PD-L1-Status moren mit diesen molekularen Eigenschaften. • Progressionsfreies Überleben • Gesamtüberleben Post hoc explorative Endpunkte • Krankheitskontrollrate • Antitumor-Aktivität nach Da Endometriumkarzinome in über 15% der Fälle eine Mismatch- • Klinische Benefitrate Tumorhistologie Repair-Defizienz aufweisen, konnte in den letzten Jahren bei einem • Sicherheit und Verträglichkeit • Antitumor-Aktivität nach MSI-Status relevanten Teil der Patientinnen (nach positiv beschiedenem Kos- tenübernahme-Antrag) eine Pembrolizumab-Therapie durchgeführt werden. Da Patientinnen ohne Mismatch-Repair-Defizienz jedoch Abbildung 3: Design der einarmigen Phase-II-Studie zur Kombination von Lenvatinib und Pembrolizumab bei Patientinnen mit fortgeschrittenem oder fast gar nicht auf die alleinige Pembrolizumab-Therapie angespro- rezidiviertem Endometriumkarzinom. Adaptiert nach [5]. chen haben, stellte die Bestimmung des MMR-Status einen wich- tigen Indikator für das Therapieansprechen und die Voraussetzung für den Therapieeinsatz dar. gestellt, jedoch hatte diese Information keinen Einfluss auf das Therapieansprechen. Beim ESMO-Kongress 2019 präsentierte Vicky Makker vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center die Ergebnisse einer Phase-II-Studie Vielmehr zeigte sich, dass wie erwartet bei den MMRd-Patientinnen zur Kombination von Pembrolizumab und dem Multikinase-Inhibitor ein besonders gutes objektives Therapieansprechen in 63,6% der Lenvatinib unabhängig vom MMR-Mutationsstatus, deren klinische Fälle nachgewiesen werden konnte, gleichzeitig aber auch die Pa- Bedeutung ebenfalls erheblich ist [5]. tientinnen ohne Mismatch Repair-Defizienz (non-MMRd) eine er- freuliche hohe Therapieansprechrate von 38,3% aufwiesen (Tab. In diese einarmige Open-label-Studie waren insgesamt 108 Patien- 1). Bei 85,7% der Non-MMRd-Patientinnen zeigte sich allgemein tinnen mit fortgeschrittenem oder rezidiviertem Endometriumkar- eine Reduktion der Tumorgröße, bei 31% der Patientinnen betrug zinom einbezogen worden, die im Vorfeld bis zu 2 Chemotherapien diese Größenreduktion sogar mehr als die Hälfte. Sowohl für den erhalten haben durften. Die Patientinnen erhielten alle 3 Wochen PD-L1-Expressionsstatus als auch für die histologischen Subtypen die Infusionstherapie mit Pembrolizumab 200 mg in Kombination konnten keine Subgruppen identifiziert werden, die nicht oder be- mit der oralen Therapie Lenvatinib 20 mg pro Tag bis zum Progress sonders stark von der Kombinationstherapie profitierten. Für den oder bis zum Auftreten von nicht tolerierbaren Nebenwirkungen klinischen Alltag von großer Relevanz erscheint in diesem Zu- (Abb. 3). Bezogen auf den MMRd-Status ergab sich folgendes Bild: sammenhang die Tatsache, dass es bei dieser insgesamt sehr schlecht 94 Patientinnen (87,0%) waren nicht MMR-defizient, 11 Patien- zu behandelnden Patientenkohorte eine Gruppe von Patientinnen tinnen (10,2%) waren MMR-defizient; bei 3 Patientinnen (2,8%) gibt, die ein Langzeit-Therapieansprechen aufweisen, und somit war der MMRd-Status unbekannt. Bei knapp der Hälfte (49,1%) über mehrere Jahre von der Kombinationstherapie aus Pembroli- der Patientinnen wurde außerdem ein positiver PD-L1-Status fest- zumab und Lenvatinib profitieren können (Abb. 4).
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