Planungshilfe zur Errichtung von Reisemobilstellplätzen in Deutschland (aktualisierte Auflage 2021)
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Beim Caravaning beginnt die Urlaubsfreude schon auf der Fahrt in den Urlaub. Inhalt 4 Einführung 6 Basisdaten zum Reisemobiltourismus – eine Typologie 8 Der typische Reisemobilist in Zahlen 10 Planungsrechtliche Grundlagen 10 Fördermöglichkeiten 12 Wirtschaftlichkeit 13 Standortanalyse 14 Lage und Anbindung 14 Beschilderung 15 Kapazitäten, Platzgestaltung und Standplätze 16 Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen 18 Sanitäreinrichtungen 17 Barrierefreie Einrichtungen 19 Internet 19 Entgelte und Zahlungssysteme 20 Meldepflicht 20 Hund/Haustiere 20 Infotafel 23 Planungsrechtliche Aspekte zur Zulässigkeit von Reisemobilstellplätzen 28 Impressum 3
Einführung Seit der Ausweisung des ersten deutschen Reisemobilstellplatzes im ostbayerischen Basic-Platz Viechtach im Jahre 1983 hat sich der Reisemobiltourismus von einem anfangs noch E infacher Übernachtungsplatz für eine Nacht unweit von Fern- belächelten Nischenmarkt zu einem boomenden Segment im Deutschlandtouris- straßen, bei Gaststätten oder Freizeitanlagen, oft nur mit rudi- mus entwickelt. Den über 675.000 allein in Deutschland zugelassenen Reisemo- mentärer Ausstattung, ohne fest installierte Stromanschlüsse bilen stehen über 4.200 Stellplätze aller Größen- und Qualitätsstufen gegenüber. und Frischwasserentnahmestelle. Mit der Entwicklung zu immer größeren, besseren und in der Nähe zu touristischen Standard-Platz Anziehungspunkten gelegenen Stellplätzen hat sich der Reisemobiltourismus längst Teilweise parzellierter Stellplatz, oft auf umgewidmeten zu einer eigenständigen Urlaubsform entwickelt, die die spezifischen Wünsche und Parkflächen. Zur Standardausstattung zählen in der Regel Ver- Bedürfnisse von Reisemobiltouristen zu berücksichtigen sucht. Insgesamt gehört und Entsorgungseinrichtungen sowie Stromanschlüsse, Müll- Deutschland neben Frankreich und Italien zu den Ländern in Europa mit der besten behälter und eine Infotafel zur Stellplatzorganisation. Infrastruktur für Reisemobiltouristen, die aber immer noch ausbaufähig ist. Premium-Platz Die vorliegende Planungshilfe wurde vom Deutschen Tourismusverband e. V. (DTV) Ü berwiegend parzellierter Stellplatz in ereignisnaher Lage und in Zusammenarbeit mit dem Allgemeinen Deutschen Automobilclub e. V. (ADAC), mit über den Standard hinausgehender Ausstattung mit Sa- dem Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland e. V. (BVCD), dem nitäranlagen, Geschirrspülbecken, Waschmaschine, Wäsche- Caravaning Industrie Verband e. V. (CIVD), dem Deutschen Caravaning Handels- trockner, Hundedusche, WLAN, Infomöglichkeiten zu den Verband e. V. (DCHV), Thomssen Consult, der Qualitätsmarke TopPlatz sowie der touristischen Attraktionen, Brötchenservice und persönlicher Wangerland Touristik erstellt. Aktualisiert wurde die Planungshilfe von der Arbeits- Gästebetreuung. gemeinschaft Reisemobiltourismus. Ihr Ziel ist es, kommunalen und privaten Anbietern verlässliche Empfehlungen zur Gleichwohl übernachten Reisemobilisten auch auf Campingplätzen. Anlage, Ausstattung und Weiterentwicklung von Reisemobilstellplätzen in Deutsch- land zu liefern. Die jeweils gültigen Gesetze, Verordnungen und Satzungen sind da- bei in jedem Fall einzuhalten. Die Planungshilfe will bestmögliche Lösungen zeigen, definiert aber keine Mindeststandards. Definition Reisemobilstellplätze sind eigens für die spezifischen Anforde- rungen von Reisemobilen und ihrer Nutzer ausgestattete Über- nachtungsplätze, deren Benutzung rund um die Uhr möglich sein muss. Reisemobile, auch Wohnmobile genannt, sind selbstange- triebene Freizeitfahrzeuge und unterscheiden sich dadurch von einem Wohnwagen, auch Caravan genannt, der von einem Pkw gezogen wird. Ein Stellplatz besteht aus einer gewissen Anzahl von Standplätzen für je ein Reisemobil. Wenn ein Standplatz zum Beispiel durch Markierungen (siehe Punkt Kapazitäten, Platzge- staltung und Standplätze) bestimmt wird, dann handelt es sich um eine Parzelle. In der Praxis haben sich folgende Hauptgruppen von Reisemo- bilstellplätzen entwickelt, die sich durch Faktoren wie Lage und Ausstattung voneinander unterscheiden lassen: Stellplatz am Weingut Oster-Franzen in Bremm 4 5
Basisdaten zum Reisemobiltourismus – eine Typologie Reisemobilisten sind ausgeprägte Individualisten. Sie suchen Ziele auch abseits Da mindestens jeweils zwei, oft drei und mehr Personen an Bord sind, verbringen der ausgetretenen Pfade des Massentourismus. Sie sind finanziell weitgehend un- allein in Deutschland mehr als eine Million Menschen ihre Freizeit in einem Reise- abhängig. Reisemobilisten bevorzugen vor allem Kurzreisen innerhalb von Deutsch- mobil. Die „Grundlagenstudie zum Reisemobiltourismus in Deutschland“ hat es an land und sind gerade deshalb für den Deutschlandtourismus ausgesprochen attrak- den Tag gebracht: Reisemobilisten sind überaus reiseaktiv. Dabei sind die Neben- tiv. Campinganlagen können die Ansprüche dieser Klientel allerdings nur zum Teil saisonzeiten besonders beliebt. erfüllen. Zum einen stört die hohe Mobilität der Reisemobilisten andere Besucher, Um diese Reisenden als Gäste gewinnen zu können, bedarf es reisemobilgerechter zum anderen sind viele Plätze auf die großen und schweren Reisemobile nicht Angebote. Destinationen, die sich dem Trend zum Reisemobiltourismus verschließen, vorbereitet. Deshalb suchen Reisemobilisten vermehrt nach Alternativen. Daher geht von vornherein ein Teil der potenziellen Kunden verloren. hat sich seit 1983 eine Infrastruktur außerhalb von Campingplätzen entwickelt, Der Wunsch nach reisemobilgerechten Angeboten zeigt in immer mehr Ländern zu der auch Campingunternehmer beigetragen haben. Heute präsentiert sich der Europas Wirkung: Seit Mitte der 1990er Jahre entwickelten sich die Angebote erst Reisemobiltourismus in Deutschland mit über 4.200 Stellplätzen 1 vielfältiger und in Frankreich und Italien, dann in Deutschland. Inzwischen gibt es auch eine sich lebendiger denn je. Trotz der großen Anzahl bestehender Stellplätze bietet er für entwickelnde Landschaft von Reisemobilstellplätzen in Belgien, den Niederlanden, Kommunalpolitiker, Touristiker und Investoren eine große Chance, sich einer neuen Luxemburg, Spanien und Skandinavien. So entsteht europaweit eine vielfältige Stell- Herausforderung und Entwicklung im Bereich Tourismus zu stellen. platz-Szenerie mit zahlreichen Übernachtungsplätzen bei Gaststätten und Hotels, auf Das Kraftfahrt-Bundesamt gibt die Zahl der in Deutschland zugelassenen Reise- Weingütern, bei Freizeitparks, Museen, bei Bädern und Thermen, auf Bauernhöfen mobile zum 1.1.2021 mit über 675.000 Fahrzeugen an. Ergänzend kommen nach und bei Reisemobilhändlern, aber auch auf öffentlichen Parkplätzen und eigens ein- einer Schätzung des CIVD noch ca. 100.000 umgebaute beziehungsweise als Pkw gerichteten Premiumplätzen sowie auf oder vor Campingplätzen. zugelassene Reisemobile dazu. Rechnet man die ausländischen Reisemobilisten dwif e.V. (2020): Der Campingplatz- und Reisemobil-Tourismus als Wirtschaftsfaktor in 1 (Incoming) dazu, dürfen wir nach einer Schätzung der European Caravan Federation Deutschland 2019, München. (ECF) in Europa von insgesamt 2,4 Millionen Reisemobilen ausgehen. 2 European Caravan Federation (2021): Europa: Reisemobil-Bestand 2019-2020 2 Stellplatz Friedrichstadt Stellplatz Bad Waldsee 6 7
Der typische Reisemobilist in Zahlen3 Alter der Reisemobilnutzer Häufigkeit längerer Fahrten mit dem Reisemobil Reisemobilisten sind häufiger pro Jahr als andere Urlauber unterwegs: Mehr als 90 bis 39 7% Prozent verreisen zweimal und öfter für eine fünf und mehr Tage dauernde Reise 40 bis 49 Jahre 12 % und nutzen dabei gerne auch Campingplätze. 50 bis 59 Jahre 39 % 1-3 längere Reisen pro Jahr 57 % 60 bis 69 Jahre 32 % 4-5 längere Reisen pro Jahr 31 % über 70 Jahre 10 % 6 längere Reisen und mehr pro Jahr 12 % 0% 100 % 0% 100 % Anzahl Reisende pro Reisemobil Häufigkeit kürzerer Fahrten mit dem Reisemobil Zusätzlich zu längeren Reisen unternehmen 40 Prozent der Reisemobilisten Kurz- 2 Erwachsene 79 % reisen (zwei bis vier Tage). Diese Gruppe ist vorwiegend auf Stellplätzen unterwegs. 2 Erwachsene u. 1 Kind 9% 1 Kurzreise 3% 2 Erwachsene u. 2 Kinder 9% 2-3 Kurzreisen 18 % 1 Erwachsener 3% 4-5 Kurzreisen 25 % 0% 100 % 6-10 Kurzreisen 34 % Monatliches Nettoeinkommen (pro Haushalt) 11-15 Kurzreisen 10 % mehr als 15 Kurzreisen 8% bis 2.500 Euro 17 % keine Kurzreisen 2% bis 5.000 Euro 65 % 0% 100 % mehr als 5.000 Euro 18 % 0% 100 % Ausgaben der Reisemobilisten (außerhalb von Campingplätzen) 4 Reisemobilisten geben 50,50 Euro pro Person und Tag (inkl. Standplatzentgelte) im Zielgebiet aus.Insgesamt belaufen sich die Umsätze durch Reisemobilisten, die Die Top-3-Lieblingsziele außerhalb von Campingplätzen übernachten, auf 1,69 Milliarden Euro. Dazu kom- Deutschland 90 % men die Umsätze durch Fahrtkosten von Reisemobilisten, die außerhalb von Cam- pingplätzen übernachten, in Höhe von 1,34 Milliarden Euro. Frankreich 41 % 3 lle Daten, wenn nicht anders vermerkt, entstammen der CIVD-Reisemobilstudie 2021. A Italien 47 % 4 dwif e. V. (2020): Der Campingplatz- und Reisemobil-Tourismus als Wirtschaftsfaktor in 0% 100 % Deutschland 2019, München. 8 9
Planungsrechtliche Grundlagen Rechtlich gesehen sind Reisemobilstellplätze „bauliche Anlagen“, die der Genehmi- gung durch die zuständigen Behörden bedürfen. Erste Anlaufstelle ist die zustän- dige Kommune. Denn nur eine genehmigte Anlage bietet Rechts- und Investitions- sicherheit! Das Planungsrecht ist Landesrecht und in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Darin sind zum Teil Festlegungen getroffen, die unter Um- ständen auch bei der Errichtung von Reisemobilstellplätzen zu beachten sind, wie zum Beispiel: Allgemeine Gestaltung, Umweltschutz B egrünung, Mindestparzellengröße, Versiegelungsgrad etc. Brandschutz d ie einschlägigen Brandschutzvorschriften sind unbedingt ein- zuhalten Unfallverhütung/Verkehrssicherung Platzbeleuchtung etc. Sicherheit und Ordnung N otruf-Informationen, Einfriedung der Anlage, Platzaufsicht etc. Hygiene Trinkwasserversorgung, Abwasser- und Müllentsorgung, sani- täre Einrichtungen Besondere Einrichtungen für Mobilitätseingeschränkte Verweis auf Anhang (Planungsrechtliche Aspekte zur Zulässigkeit von Reisemobil- stellplätzen) Beispiel für eine Wohnmobilstellplatz-Satzung (Gemeinde Bad Überkingen): bad-ueberkingen.de/fileadmin/Dateien/Texte/Ortsrecht/Wohnmobilstellplatz.pdf Fördermöglichkeiten Für die Errichtung von Reisemobilstellplätzen werden gegebenenfalls Fördermittel bereitgestellt. Auskünfte zu Richtlinien, Anträgen und konkreten Förderbedingun- gen geben die jeweiligen regionalen Wirtschaftsförderungen in den Landkreisen. Diese sind erste Ansprechpartner. Wohnmobilstellplatz am Badeland in Celle 10 11
Wirtschaftlichkeit Standortanalyse Vor Beginn der Planungen für neue Stellplätze ist es erforderlich, eine Zielgruppen- Bei der Entscheidung für den geeigneten Stellplatztyp sind eine sorgfältige Stand- und Potenzialanalyse zu erstellen, die die Größe und Ausstattung des Reisemobil- ort- sowie eine Wettbewerbsanalyse unabdingbar. Zu berücksichtigen sind: stellplatzes bestimmt. Daraus lässt sich seine Wirtschaftlichkeit ermitteln (siehe auch Kapitel Kapazitäten, Platzgestaltung und Standplätze). N ähe zu den touristischen Anziehungspunkten r uhige Lage Durchschnittliche Auslastung von Reisemobilstellplätzen 5 m ögliche Kapazität des Stellplatzes 4 .200 Stellplätze mit ca. 67.000 Standplätzen m ögliche Vernetzung mit touristischen Attraktionen Durchschnittliche Größe eines Stellplatzes N ähe zu guter Gastronomie 16 Standplätze N ähe zu Einkaufsmöglichkeiten 1 73 Übernachtungen* pro Standplatz im Jahr A nschluss an den öffentlichen Nahverkehr Durchschnittlicher Fahrzeugbesetzungsgrad je Reisemobil 2,3 Personen Eine Stärken-/Schwächen-Analyse des Stellplatzumfeldes im Radius von circa 50 km Durchschnittliche Auslastung pro Standplatz wird empfohlen. Welche Schwächen der anderen Mitbewerber kann ich zu meinen Stär- jährlich 75 vermietete Nächte ken machen? (Bsp.: größere Parzellen, moderne Entsorgungsstation, besserer Service). b ei 365 Tage sind das 21 % Auslastung je Reisemobilstellplatz 5 wif e. V. (2020): Der Campingplatz- und Reisemobil-Tourismus als Wirtschaftsfaktor in d pro Jahr Deutschland 2019, München. b ei einer 210-Tage-Saison sind das 36 % Auslastung je Reise- *1 73 Übernachtungen inklusive Personen bei durchschnittlicher Auslastung von 65 Reisemobi- mobilstellplatz pro Jahr len pro Stellplatz mit durchschnittlich 2,3 Personen. Kürzere Saisonzeiten ergeben andere Auslastungszahlen. Die Übernachtungen ACHTUNG! beziehen sich nicht auf die Auslastung des Stellplatzes/Standplatzes, sondern Nicht jeder Standort ist für einen Stellplatz geeignet. Ohne definieren die durchschnittliche Anzahl der Reisemobile auf dem Standplatz. die Vernetzung mit touristischen Attraktionen besteht die Gefahr einer Fehlinvestition. Durchschnittlicher Übernachtungspreis je Standplatz 1 4 Euro (inkl. MwSt) Gut geführte Reisemobilstellplätze in attraktiven Destinationen können im Ganz- jahresbetrieb in Ausnahmefällen auf eine Auslastung von bis zu 60 % kommen. Umgekehrt gilt: Reisemobilstellplätze sind heutzutage keine Selbstläufer mehr. Es gibt bereits Betriebe, die aus wirtschaftlichen Gründen schließen mussten. Die Erstellungskosten lassen sich nicht pauschal hochrechnen, ohne die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. Wesentlicher Kostenfaktor für den Stellplatzbau sind die Tiefbauarbeiten. Zu prüfen sind unter anderem folgende Punkte: ie ist die Bodenbeschaffenheit? W G ibt es Altlasten? Ist das Gelände an die Kanalisation angeschlossen? S ind die Zufahrtstraßen reisemobilgerecht befestigt? L ässt sich WLAN problemfrei installieren? Schöne Lage am Brombachsee: der Reisemobilhafen Absberg 12 13
Lage und Anbindung Kapazitäten, Platzgestaltung und Standplätze Reisemobilstellplätze werden in erster Linie touristisch genutzt. Insofern ist die Wahl Das Gros der Reisemobilstellplätze in Deutschland weist eine Kapazität zwischen des richtigen Standortes der entscheidende Erfolgsfaktor. Reisemobilfahrer schät- 5 und 20 Standplätzen auf. Der aktuelle Mittelwert aller Reisemobilstellplätze in zen die fußläufige Nähe zum touristischen Ereignis (zum Beispiel Stadtzentrum, Deutschland beträgt 16 Standplätze pro Betrieb. Bei privat geführten Stellplätzen Gaststätte, Therme, Gewässer). Bei größeren Städten ist die gute Anbindung an empfiehlt sich eine Mindestgröße von 50 Standplätzen. Wirtschaftlicher sind aber den öffentlichen Nahverkehr, der Anschluss an Rad- und Wanderwege sowie an Stellplätze ab circa 80 Standplätzen – wenn der Investor diesen Platz als Haupter- Wasserstraßen relevant. werbsmodell betreibt. Als zweites Standbein neben Gaststätte und Weingut lassen Im Idealfall ist der Stellplatz von den Fernstraßen leicht zu erreichen. Die Zufahrt sich auch kleinere Stellplätze im Nebenerwerb privatwirtschaftlich führen (siehe sollte 24 Stunden und auch für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen und bis zu 4,0 Meter auch Kapitel Wirtschaftlichkeit). Höhe möglich sein. Bei der Planung von Reisemobilstellplätzen sollten mögliche Moderne Übernachtungsstätten gehen in der Gestaltung über parkplatzähnliche Umweltzonen bedacht werden, um auch älteren Fahrzeugen die Zufahrt zu ermög- Anlagen mit größeren Parzellen weit hinaus. Es handelt sich um Betriebe mit Frei- lichen. zeitcharakter und Wohlfühlambiente. Die Fahrwege zu und auf dem Platzgelände Um eine Fremdnutzung eines Reisemobilstellplatzes zu vermeiden, können ge- müssen über eine ausreichende Breite verfügen und für Fahrzeuge bis zu einer Ge- eignete technische Einrichtungen installiert werden (Kette, Schranke, etc.). Eine samthöhe von maximal vier Metern passierbar sein. (Hinweis: Reisemobile können Umfriedung des Geländes erleichtert die Ausübung des Hausrechts (siehe Kapitel bis zu 12 Meter lang, 2,5 Meter breit und 3,80 Meter hoch sein). Eine landschafts- Kapazitäten, Platzgestaltung und Standplätze). gerechte Bepflanzung im Außen- und Innen- bereich eines Stellplatzes begünstigen sein Erscheinungsbild im Hinblick auf Anlieger, wie auch Reisemobiltouristen. Ent- sprechende Begrünungsmaßnahmen dienen zum einen der Geländestrukturierung, Beschilderung zum anderen bieten sie auch Schatten oder Sichtschutz. Reisemobiltouristen erreichen ihr Übernachtungsziel nicht selten spätabends. Eine Eine Beschilderung der Reisemobilstellplätze ist im Sinne der Verkehrsführung und ausreichende Beleuchtung der Wege zum Sanitär sowie der Versorgungs- und Ent- Verkehrssicherheit empfehlenswert, um – trotz weit verbreiteter Navigationsgeräte – sorgungseinrichtungen sind somit Aspekte des Komforts und der Sicherheit. Flut- auch Durchreisende und Zufallsgäste auf das Angebot aufmerksam zu machen. licht ist dafür weniger geeignet. Einzelabsprachen erfolgen mit den zuständigen Behörden. Ebenso sollte auch eine Die Standplätze sollten eben und mit einer guten Oberflächenentwässerung und deutliche Kenntlichmachung des eigentlichen Platzes bei der Zufahrt erfolgen. Dazu -versickerung versehen sein. Die Tragfähigkeit des Untergrunds sollte mindestens empfiehlt sich – sofern zulässig – die Verwendung des Parkplatzzeichens Nr. 314 für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen ausgelegt sein. Mit die- der StVO in Verbindung mit dem dargestellten Reisemobilpiktogramm, mit oder sem Richtwert deckt man 81 Prozent des aktuellen Bestands an Reisemobilen ohne Hinweise für „Frischwasser“, „Entsorgung Kassettentoilette“ und „Entsorgung ab. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass Reisemobile bis zu 12 Tonnen Gesamt- Grauwasser“. gewicht haben können. Dies entspricht einer Zulassungsquote von 99,9 Prozent aller Reisemobile. Ein entsprechender Hinweis bzw. eine Beschilderung ist bereits Straßenverkehrszeichen Nr. 314 an der Zufahrt geboten. Es wird empfohlen, eine Parzellierung oder Markierung der Standplätze vorzuneh- men. Diese sollte ein Mindestmaß von 10 x 5 Metern nicht unterschreiten. Premi- umstellplätze sollten Parzellengrößen ab 10 x 6 Meter anbieten. Bei der Parzellen- dimensionierung sollte man vor allem auf die Breite der Standfläche achten. Im Straßenverkehrszusatzzeichen 1048/17 Regelfall wird die Markise ausgefahren und Räder daran abgestellt. Erst Parzellen- breiten ab 5 Metern ermöglichen noch genug Abstand zum Nachbarn. Ausreichen- de Rangierflächen auf den Fahrwegen sind zu berücksichtigen (mind. 5,5 Meter). 14 15
Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen Grundsätzlich verfügen Reisemobile über einen Frischwassertank und einen Abwasser- Trinkwasserversorgung tank sowie über eine mobile Kassettentoilette für Fäkalien oder einen fest eingebauten Für die Versorgung mit Frischwasser reicht bei kleineren bis mittleren Fäkalientank. Je nach Nutzung müssen diese in einem Abstand von wenigen Tagen Reisemobilstellplätzen eine zentrale Versorgungssäule aus. Alle Was- entleert werden. Zu diesem Zweck gibt es sogenannte Versorgungs- und Entsorgungs- serentnahmestellen sollten mit einem ¾ -Zoll-Gewinde ausgestattet stationen (kurz VE), die Frischwasser spenden und Abwasser und Fäkalien aufnehmen sein. Wasserschlauch und erforderlicher Adapter werden in aller Regel im Reise- und entsorgen. Es gibt etliche VE-Stationen. Seltener sind individuelle Lösungen. mobil mitgeführt. Im Rahmen der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) müssen die Anforderungen der Abwasserentsorgung und Fäkalien DIN 2001-2: 2009-04 „Trinkwasserversorgung aus Kleinanlagen und nicht orts- Grundsätzlich besteht die Wahl zwischen einer Versorgungs- und Ent- festen Anlagen – Teil 2: Nicht ortsfeste Anlagen – Leitsätze für Anforderungen an sorgungseinrichtung in einem zentralen Bereich bei der Einfahrt zum Trinkwasser, Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung der Anlagen; Technische Stellplatz oder einer dezentralen Lösung, bei der die entsprechenden Regel des DVGW“ erfüllt werden. Einrichtungen an jeder Parzelle vorhanden sind. Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trink- Bei der Standortwahl der zentralen Abwasserentsorgung ist zu berücksichtigen, wasserverordnung – TrinkwV 2001, Ausfertigungsdatum 21.05.2001): Zitat: „Trink- dass die Ausläufe der Abwasser- und Fäkalientanks bei den verschiedenen Reise- wasserverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 2016 (BGBI. I mobilmodellen an unterschiedlichen Seiten der Fahrzeuge zu finden sind. S.459), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 3. Januar 2018 (BGBI I S. 99) Deshalb sollte bei der Einrichtung einer zentralen Abwasserentsorgung für Reise- geändert worden ist“. Stand: Zuletzt geändert durch Art. 99 V v. 19.6.2020 I 1328. mobile eine großzügige Rangierfläche dafür vorhanden sein. VE-Stationen bestehen heutzutage meist aus mehreren Modulen: Stromversorgung Frischwassersäule, Kassettentoiletten-Entsorgung und überfahrbarer Edelstahl- Reisemobilstellplätze sollten über eine ausreichende Anzahl an Strom- oder Betontrichter mit Wasserspülung für die Entsorgung von Festtanks. Aus hygi- anschlüssen verfügen. Für den Betrieb der Stromsäulen ist die DIN enischen Gründen ist es dringend geboten, die einzelnen Module räumlich getrennt VDE 0100 (Teil 708) verbindlich. Heute dürfen auf Stellplätzen im Au- voneinander zu installieren. Für kleinere Stellplätze reicht auch eine Ein-Säulen-Lö- ßenbereich nur noch CEE-Steckdosen verbaut werden. Eine Stromabsicherung mit sung aus. Neu am Markt sind benutzerfreundliche Stationen zum automatischen 16 Ampere (CEE 16A blau) ist sinnvoll. Mittels Verlängerungskabel für den Außen- Entleeren und Reinigen von Kassettentoiletten. bereich können Distanzen von bis zu 25 Metern vom Reisemobil bis zur nächst- Für einen durchgehenden Winterbetrieb müssen alle Einrichtungen beheizt sein. gelegenen Mehrfachstromsäule überbrückt werden. Die Stellplatzausstatter bieten Achtung: Beim Einbau der Station ist unbedingt darauf zu achten, dass der Einlass ein reichhaltiges Programm von Stromsäulen an. ebenerdig angeordnet ist, um ein Gefälle vom Reisemobil zur Station zu gewähr- leisten. Voraussetzung für die Installation einer VE-Station ist eine Einleitungsge- Abfallentsorgung nehmigung der unteren Wasserschutzbehörde. Für Reiseabfälle muss eine Entsorgung gemäß den vor Ort geltenden Die Gäste müssen aufgefordert werden, nur Sanitärzusätze in die Stellplatzkanali- Bestimmungen sichergestellt sein. Die richtige Abfallsortierung sollte sation einzuleiten, die eine „Blauer-Engel“-Zertifizierung (Norm RAL UZ 84a) tragen. durch mehrsprachige Hinweise und eindeutige Piktogramme erleich- tert werden. G rundsätzlich sind Wasserentnahmestellen in räumlicher Tren- nung zur Abwasserentsorgung zu installieren. D er Spülwasseranschluss zur Reinigung des Abwassertanks ist räumlich getrennt und, soweit vorhanden, auf der Gegenseite der Säule zum Trinkwasseranschluss anzuordnen. A lle Anschlüsse (Spül- bzw. Frischwasser) sind entsprechend zu kennzeichnen, wobei auf die normgerechte Kennzeichnung der „Befüllungsanlage für Trinkwasseranlagen in Fahrzeugen nach DIN 2001-2“ (weißes Schild mit schwarzer Beschriftung und blauem Rand) zu achten ist. 16 17
Caravaning ist eine naturnahe Urlaubsform mit Blick ins Grüne. Die Weser unmittelbar vor der Haustür, wie auf dem Mobilcamp in Holzminden. Sanitäreinrichtungen Internet Die Mehrzahl der zugelassenen Reisemobile verfügt über eigene sanitäre Einrichtun- Für die Gästezufriedenheit spielt heutzutage ein leistungsfähiger Internetanschluss gen an Bord (WC, Waschbecken, Dusche). Dennoch verfügen moderne Stellplätze eine ausschlaggebende Rolle. Speziell im ländlichen Raum kann es Anschlusspro- in der Regel über Sanitärgebäude, teilweise sogar mit Geschirrspülbecken, Wasch- bleme geben. Es empfiehlt sich, alternative Lösungen via Richtfunk oder Satellit zu maschine und Wäschetrockner. Dieses gilt es schon bei der Planung der sanitären prüfen. Der Gesetzgeber hat die Rahmenbedingungen kürzlich so modifiziert, dass Einrichtungen zu bedenken. der Anbieter haftungsbefreit ist. Barrierefreie Einrichtungen Entgelte und Zahlungssysteme In Deutschland gibt es derzeit keine amtlichen Statistiken darüber, wie hoch der Beim Entrichten der Entgelte gibt es mehrere Möglichkeiten: Anteil mobilitätseingeschränkter Touristen ist. Man muss jedoch davon ausgehen, dass der Anteil dieser Gruppe beachtlich ist. Häufig kann schon durch wenige zu- K assierer/Betreiber vor Ort sätzliche Maßnahmen der Grad der Barrierefreiheit auf Stellplätzen erhöht werden. s tummer Handel (Briefumschlag mit Geld) Dabei sollten folgende Punkte besondere Beachtung finden: Kassenautomat Bezahl-App k urze Wege für die Nahversorgung Wege ohne Stufen Etliche Stellplatzbetreiber ermöglichen bereits bargeldloses Bezahlen an Automaten rollstuhlgerechte Oberflächen mit Girocard, Kreditkarte oder Paypal. Gelegentlich finden sich auch Stellplätze entsprechende Sanitär-Anlagen mit einem Kartensystem, das die Schranke steuert, den Zugang zu Sanitäreinrich- S tellplatz als barrierefrei kennzeichnen tungen freigibt und mit dem auch die Ver- und Entsorgungseinrichtungen aktiviert werden können. Diese Karten können an einem Automaten mit Geld aufgeladen Ausführlichere Auskünfte erhalten Sie unter bsk-ev.de, natko.de oder reisen-fuer- werden. Zusatzleistungen wie Ver- und Entsorgung oder Strom sollten gesondert alle.de. von den Stellplatzentgelten berechnet werden. 18 19
Meldepflicht Seit dem 1.11.2015 regelt § 29 des Bundesmeldegesetzes auch die Meldepflicht auf Reisemobilstellplätzen. Dazu müssen die Stellplatzbetreiber besondere Melde- scheine bereithalten. Am Parkautomaten oder an einer Informationstafel sollen die Stellplatzgäste aufgefordert werden, den ausliegenden Meldeschein auszufüllen, zu unterschreiben und dem Betreiber geeignet zu hinterlassen. Ausländische Stell- platzgäste müssen ihre Ausweispapiere einem Bevollmächtigten des Stellplatzes oder dem Stellplatzinhaber vorlegen. Die genauen Ausführungsbestimmungen sind am Stellplatz zu veröffentlichen. Genaueres gilt es in Absprache mit der Melde- behörde zu klären. Hund/Haustiere Mehr als die Hälfte der Reisemobilfahrer führt auf Reisen einen Hund mit. In Deutsch- land gilt grundsätzlich Leinenpflicht. Für die Entsorgung von Hinterlassenschaften empfiehlt es sich, Kotsäckchen und Entsorgungsbehälter anzubieten. Infotafel Um die Reisemobiltouristen möglichst umfassend über die Platzordnung, Notfall- nummern und reisemobilspezifische Angebote informieren zu können, sind Hinweis- tafeln mit folgenden Angaben erforderlich: Stellplatzbetreiber Entgelte Stellplatzordnung N otrufinformationen Ä rzte und Apotheken Umgebungsplan/Stadtplan F ahrpläne der öffentlichen Verkehrsmittel G astronomie und Einkaufsmöglichkeiten R ad-, Wasser- und Wanderwege touristische Attraktionen H inweis auf Campingplätze und Reisemobilstellplätze der Um- gebung G asflaschentauschstellen Caravaninghändler Touristinformation Jede zweite Besatzung eines Reisemobils ist mit Hund unterwegs. 20 21
Planungsrechtliche Aspekte zur Zulässigkeit von Reisemobilstellplätzen Eine Einschätzung zum Thema von Dipl.- Ing. Stadtplaner, Herbert Weydringer Allgemeiner Vorspann Wohnmobilisten sind ausgeprägte Individualisten. Sie suchen Ziele abseits der aus- getretenen Pfade des Massentourismus und sind finanziell weitgehend unabhängig. Sie bevorzugen innerhalb von Deutschland vor allem Kurzreisen und sind gerade deshalb für den Deutschlandtourismus ausgesprochen attraktiv. Klassische Cam- pinganlagen können den je nach Reisemotivation differenzierten Ansprüchen dieser Klientel allerdings nur zum Teil entsprechen. Zum einen stört die große Mobilität der Wohnmobilisten andere, stationäre Gäste, zum anderen sind viele Plätze weder vom Unterbau noch bezüglich der Anfahrbarkeit oder den Versorgungseinrichtungen auf die großen und schweren Mobile vorbereitet. Deshalb suchen Wohnmobilisten vermehrt entsprechend ihren differenzierten Rei- semotivationen und Anforderungen nach Alternativen zu den herkömmlichen Cam- pingplätzen. Es ist daher angezeigt, bereits vorhandene Infrastruktur weiter zu ent- wickeln und die hierfür planungsrechtlichen Voraussetzungen klarzustellen. Selbstverständlich können solche spezifischen Angebote für Wohnmobilisten auch von traditionellen Campingunternehmern in Verbindung mit bestehenden Camping- plätzen geschaffen werden. Zahlreiche Stellplätze, direkt vor den Schranken solcher Anlagen, zeugen davon. Heute präsentiert sich der Wohnmobiltourismus in Deutschland mit über 3.600 Stellplätzen vielfältiger und lebendiger denn je. Gerade deshalb bietet er für Kom- munalpolitiker, Touristiker und Investoren eine große Chance, sich einer neuen He- rausforderung und Entwicklung im Bereich Wohnmobiltourismus zu stellen. Aufgrund aktueller Rechtsprechungen kommen neben den Aspekten der bauseiti- gen und infrastrukturellen Ausstattung der Plätze den planungsrechtlichen Anfor- derungen zunehmend Bedeutung bei. So ist die aktuell herrschende Rechtsauffassung: „Mehr als drei Reisemobilstellplätze erfüllen den Tatbestand einer Campingnutzung und erfordern somit eine Ausweisung/Festsetzung eines Sondergebietes für Cam- ping gem. § 10 Abs. 1 u. Abs. 5 BauNVO“. Diese Einordnung entspricht nicht nur nicht der Praxis, sondern führt dazu, dass eine große Anzahl der offiziell von Kommunen und Gewerbetreibenden der Touris- musbranche eingerichteten und betriebenen Reisemobilstellplätze nicht den pla- nungsrechtlichen Anforderungen entsprechen. Definition Nachfolgende Begriffsbestimmungen bilden die Grundlage für praxisbezogene Vor- schläge und die Herleitung von Empfehlungen zum planungsrechtlichen Umgang mit den unterschiedlichen Platzangeboten. Wohnmobilstellplätze sind eigens für Stellplatz Büchelwiesen in Amtzell die spezifischen Anforderungen von Wohnmobilen und ihren Nutzern ausgestattete 22 23
Übernachtungsplätze, deren Benutzung rund um die Uhr möglich sein muss. und an den Reisebedürfnissen der Nutzer orientierte Einstufung eine differenzierte Wohnmobile, auch Reisemobile genannt, sind selbstangetriebene Freizeitfahrzeuge Herangehensweise. und unterscheiden sich dadurch von einem Wohnwagen, auch Caravan genannt. Gerade die Vielzahl der Angebote, welche einer touristischen Attraktion oder einer In der Praxis haben sich, entsprechend der Motivation der Stellplatzaufsuche fol- Hauptnutzung dienen – ohne den klassischen Campingcharakter –, macht in der gende fünf Hauptgruppen von Reisemobilstellplätzen entwickelt: Bundesrepublik den Reiz für diese Reisegruppe bzw. diese Zielgruppe der Reise- mobilisten aus. Transitplatz D as ist ein einfacher Übernachtungsplatz oft ohne jeden Kom- Planungsrechtliche Grundlagen/Lösungsansätze fort; meist nur für eine Nacht geeignet. Rechtlich gesehen sind Wohnmobilstellplätze „bauliche Anlagen“, die der Geneh- Kurzreiseplatz migung durch die zuständigen Behörden bedürfen. Erste Anlaufstelle ist die zu- E r umfasst für Wohnmobile ausgewiesene Stellflächen, die ständige Kommune. Denn nur eine genehmigte Anlage bietet Rechts- und Inves- sich meist auf gewidmeten öffentlichen Verkehrsflächen titionssicherheit. befinden und ist häufig mit Ver- und Entsorgungseinrichtun- Als erster Schritt wären die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen gem. § 29 gen ausgestattet. Übernachtungen sind auf 1-2 Nächte be- BauGB zu klären. Hierbei lassen sich nach Auffassung des Verfassers folgende grenzt. Szenarien aufzeigen: Touristikplatz E s handelt sich um einen bewirtschafteten Stellplatz in Verbin- Szenario 1 (Campingplatz oder aber Wohnmobilhafen) dung mit sonstigen touristischen Einrichtungen (z. B. Weingut, D ie Anlage erfordert aufgrund ihres Charakters (Camping) und Direktvermarktung, Altstadt, Therme, Freizeit- und Erlebnis- der Erschließung eine bauplanungsrechtliche Absicherung als park, Golfplätze). Die Anzahl der Übernachtungen ist auf max. Sondergebiet Camping gem. § 10 BauNVO. In diesem Fall wäre 3 Tage begrenzt. Die Stellplätze sind aufgrund ihrer Abmessun- dem Planerfordernis durch Aufstellung eines entsprechenden gen 10,0 Meter x 5,0 Meter nicht zum Camping geeignet. Meist Bebauungsplanes abzuhelfen, sofern nicht schon ein entspre- verfügen diese Anlagen über Ver-/Entsorgungseinrichtungen, chender Bebauungsplan existiert. teilweise werden auch eigene Sanitärgebäude vorgehalten. Eine Genehmigung wäre dann auf Grundlage des § 30 BauGB Wohnmobilhafen und nach den herrschenden landesrechtlichen Vorschriften E r umfasst bewirtschaftete Stellflächen mit gehobener Ausstat- (Bauordnungsrecht und ggfs. entsprechende Verordnungen tung zum längerfristigen Aufenthalt für Wohnmobile, meist mit hierzu) bei der zuständigen Baugenehmigungsbehörde zu be- Campingcharakter. Diese Anlagen verfügen in der Regel über antragen. zentrale Ver-/Entsorgungseinrichtungen und Sanitäranlagen. Szenario 2 (Stellplatz als dienende Nebenanlage, meist Tou- Für die Stellplätze wird Stromanschluss angeboten. Häufig wer- ristikplatz) den solche Anlagen außerhalb von klassischen Campingplätzen D ie Anzahl der Stellplätze ordnet sich der genehmigten Haupt- angeboten. nutzung unter (bis max. 15 Stellplätze mit einer maximalen Brei- Campingplatz te von 5,0 Metern) und erlaubt nur einen begrenzt langen Auf- E s handelt sich um klassische Campingplätze mit kompletter enthalt ohne Campingcharakter (max. 3 Tage), dann sollte solch Infrastruktur für mehrtägige Erholungsaufenthalte bzw. mehr- eine Anlage – egal ob ein Bebauungsplan gem. § 30 BauGB wöchigen Campingurlaub. Meist werden klassische Parzellen (WA, MI, MD, MK, GE, SO) vorhanden ist – oder im unbeplanten > 80 m²-100 m² mit Stromanschluss innerhalb eines Camping- Innenbereich gem. § 34 BauGB zulässig sein. platzes angeboten. Im Außenbereich gem. § 35 sind die Umweltbelange be- sonders kritisch zu prüfen und es entsteht meist ein Die planungs- und bauordnungsrechtlichen Erfordernisse bedürfen zunehmend kompensationspflichtiger Ersatz. Überwiegend wären solche einer Klärung. Im Gegensatz zu aktuellen Rechtsprechungen geht der Verfasser Vorhaben nach § 35 Ab. 2 BauGB als sonstige Vorhaben (mit und der DTV nicht davon aus, dass es sich bei all diesen Anlagen um Camping- Standortbindung, z. B. Weingut etc.) zu beurteilen. anlagen im Sinne des § 10 BauNVO (Sondergebiet Camping) mit dem jeweiligen Die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften sind glei- Planungserfordernissen handelt. Vielmehr erlaubt eine am Charakter der Anlagen chermaßen, wie beim Szenario 1 einzuhalten. 24 25
Szenario 3 (Stellplatz auf öffentlich gewidmeten Verkehrs- und der Sondernutzungsregelung die bauordnungsrechtlichen flächen, Kurzreiseplatz) Regelungen (Landesrecht) einzuhalten sind. D iese Kategorie von Stellplätzen wird meist in Verbindung mit anderen öffentlichen Stellplätzen angeboten. Diese Anlagen Zusammenfassende Empfehlungen verfügen meist lediglich über eine zentrale Ver-/Entsorgungs- 1. D a eine kurzfristige Änderung der BauNVO 2017 kaum realistisch sein dürfte, möglichkeit. Vorhandene Sanitäranlagen für öffentliche Park- sollten für die Anlage von Reisemobilhäfen mit den Verantwortlichen in der Kom- plätze (P&R Plätze, ZOB, Bahnhof, Messehallen etc.) werden munalpolitik, den zuständigen Genehmigungsbehörden und der Gerichtsbarkeit häufig mit genutzt. (VG und OVG) praxisorientierte Lösungsansätze ermöglicht werden. Die Stellplätze mit einer maximalen Breite von 5,0 Meter er- 2. D as Einräumen von Sondernutzungen im öffentlichen Verkehrsraum (öffentlich lauben nur einen begrenzt langen Aufenthalt ohne Camping- gewidmete Parkplätze) sollte durch kommunale Satzungen gestärkt werden. charakter (max. 1-2 Tage). 3. R eisemobilstellplätze mit zeitlicher Befristung könnten als Beherbergungsbetrie- Da die Übernachtung eine Sondernutzung einer öffentlichen be gem. § 13 a BauNVO eingestuft werden und wären somit ähnlich den Ferien- Verkehrsfläche darstellt, muss diese Sondernutzung durch Sat- wohnungen in den Baugebieten zulässig. zung mit klaren Regelungen zur Aufenthaltsdauer, zur Nutzung 4. G ewerblich betriebene Reisemobilstellplätze mit einer klaren Begrenzung der Auf- (kein Camping) zur Nachtruhe, und die Gebühr/Nacht oder Tag enthaltsdauer könnten im unbeplanten Innenbereich gem. § 34 BauGB als nicht benennen. störende Gewerbebetriebe für zulässig erklärt werden. Durch solch eine Satzung zur Sondernutzung und durch Aus- 5. R eisemobilstellplätze mit Begrenzung der Aufenthaltsdauer und maximal 15 Stell- weisung eines gekennzeichneten Bereiches innerhalb der öf- plätzen im Außenbereich gem. § 35 BauGB (z. B. bei Weingütern, Direktvermark- fentlichen Verkehrsfläche kann, nach Auffassung des Verfas- tern, Golfplätzen und Ausflugslokalen) sollten als untergeordnete und dienende sers, den bauplanungsrechtlichen Anforderungen entsprochen Nebenanlagen für zulässig erklärt werden. werden. Selbstverständlich sind übliche Umweltauflagen und Regelungen der Satzung sowie die allgemeinen Vorgaben der Diese vorher genannten Lösungsansätze erfordern das Mitwirken aller Beteiligten. Landesbauordnungen bzw. verkehrsrechtliche Vorgaben für So muss der Beachtung nachbarschaftlicher Belange, den Belangen des Natur- des diese Art von baulichen Anlagen einzuhalten. Umweltschutzes und einer geordneten Raum- bzw. Siedlungsentwicklung ein hohes Szenario 4 (Transitplätze) Maß eingeräumt werden. D iese Stellplätze zeichnen sich durch ihre Nähe zu Fernstra- Ferner sind Betreiber der Anlage als auch die Nutzer aufgefordert, Rücksicht auf ßen aus. Häufig halten Rasthöfe oder auch Autohöfe ein ent- angrenzende Nutzungen zu nehmen, und die Plätze ordnungsgemäß zu unterhalten sprechendes Angebot vor. Aber auch auf P&R-Plätzen können bzw. zu nutzen. solche Anlagen ausgewiesen werden. Sollten diese Vorschläge zur Anwendung kommen, so könnte nicht nur den speziel- Wichtig hierbei ist, dass die Übernachtungszeiten klar auf max. len individuellen Anforderungen der Nutzer (Reisemotivation) entsprochen, sondern 1 Nacht geregelt sind und Campingnutzung ausgeschlossen auch das bereits heute vorhandene flächendeckende Angebot für diesen Touris- wird. Solche Anlagen sind eindeutig zu beschildern. mussektor erhalten und ausgebaut werden. Dem Gebot der Rücksichtnahme auf angrenzende empfindliche Ausgearbeitet, 28.05.2018 Nutzungen (Wohngebiete etc.) kommt eine wichtige Rolle bzgl. der Akzeptanz zu. HWPlan Stadtplanung Vorgaben zum Umweltschutz und aus den Landesbauordnun- Lindenstraße 39 26345 Bockhorn gen sind einzuhalten. Telefon 04453 489492 Auch für solche Anlagen bieten sich Satzungen an, sofern die Herbert Weydringer Anlagen auf öffentlichen Verkehrsflächen angelegt werden. Im Zusammenhang mit Rast- oder Autohöfen können solche Anlagen als dienende Nebenanlagen eingestuft werden und wä- ren somit in den Kategorien Sondergebiete Autohof aber auch in Gewerbegebieten zulässig. Für alle Anlagen gilt, dass neben der bauplanungsrechtlichen 26 27
Impressum Eine Kooperation von Herausgeber Caravaning Industrie Verband e. V. (CIVD) Hamburger Allee 14 60486 Frankfurt Telefon +49 (0) 69 704039-0 Fax +49 (0) 69 704039-23 E-Mail info@civd.de Internet civd.de caravaning-info.de Unter Mitwirkung der Arbeitsgemeinschaft Reisemobiltourismus Martin Zöllner: ADAC e. V., Leo Ingenlath: BVCD, Jost Krüger und Thomas Nitsch: CIVD e. V., Oliver Waidelich: Deutscher Caravaning Handels-Verband e. V. DCHV, Dirk Dunkelberg: Deutscher Tourismusverband e. V. DTV, Reinhard Thomssen: Thomssen Consult, TopPlatz-Jürgen Dieckert: IRMA Gesellschaft für innovatives Regionalmarketing mbH, Wangerland Touristik: Armin Kanning. ©2021 Deutscher Tourismusverband e. V. Gestaltung Studio Schü. Aynur und Jens Schürmann GbR, 26789 Leer Druck Prull Druck GmbH & Co. KG, 26121 Oldenburg Bildnachweise Umschlag Titel und Rückseite Stellplatz am Weingut Oster-Franzen in Bremm, S. 3, 18, 21 Caravaning Industrie Verband (CIVD), S. 5 Weingut Oster-Franzen, S. 6 Stell- platz Friedrichstadt, S. 7 Stadt Bad Waldsee/Rolf Schultes, S. 11 Wohnmobilstell- platz Celle (TopPlatz), S. 13 Reisemobilhafen Absberg (TopPlatz), S. 19 Mobilcamp THOMSSEN CONSULT Holzminden (TopPlatz), S. 22 Stellplatz Büchelwiesen (TopPlatz) B E RATU NG I M TOU R ISM US Konzeption von Wohnmobilhäfen und Campingplätzen Alle in dieser Planungshilfe verwendete Texte, Fotos und grafische Gestaltungen sind urheberrechtlich geschützt. Sollten Sie die Planungshilfen verwenden wollen, auch auszugsweise und für andere Zwecke als das Aufzeigen von Best-Practice- Lösungen, wenden Sie sich bitte an den Herausgeber. Er wird dann gegebenenfalls den Kontakt zum Urheber oder Nutzungsberechtigten herstellen. Verstöße gegen das Urheberrecht, insbesondere bei Verletzung der beschriebenen Rechte durch unbefugte Verwendung von Texten, Fotos, Grafiken, sind strafbar (§§ 106 ff. UrhG) und können zudem kostenpflichtig abgemahnt werden. Darüber hinaus ist Schadensersatz zu leisten (§ 97 UrhG). Alle Angaben ohne Gewähr. Stand: August 2021 28 29
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