PRÄKLINISCHE DOKUMENTATION UND INVESTIGATOR S BROCHURE - BFARM
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25.11.2020 Präklinische Dokumentation und Investigator´s Brochure Dr. Gunther Boos Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 1 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung Ziele der präklinischen Testung, Übersicht Arzneimittelentwicklung 2. Präklinische Dokumentation Regulatorischer Hintergrund 3. Investigator´s Brochure (IB) = Prüferinformation Definition, generelle Anforderungen, Inhalt 4. ICH M3 (R2) Zentrale Guideline ‐ regelt Umfang und Timing der präklinischen Testung 5. Beispiele präklinischer Studientypen Genotoxizität, toxikologische Studien mit wiederholter Verabreichung Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 2 1
25.11.2020 1. Einleitung Ziele der präklinischen Testung Übersicht Arzneimittelentwicklung Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 3 Damit die Sicherheit der Teilnehmer von klinischen Prüfungen gewahrt wird, prüfen die Wissenschaftler des BfArM jede klinische Prüfung. Dabei bewerten sie die Unterlagen zur pharmazeutischen Herstellung der untersuchten Arzneimittel, die Angemessenheit und die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Vorprüfungen sowie den Prüfplan, der genau beschreibt, wie die Studie durchgeführt werden soll. Bereits in der Planungsphase klinischer Studien unterstützt das BfArM mit einem breiten Spektrum wissenschaftlicher Beratung. Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 4 2
25.11.2020 Einleitung Primäre Ziele der präklinischen Testung: Charakterisierung der pharmakologisch‐toxikologischen Eigenschaften einer Prüfsubstanz zu dem Zweck eine initiale therapeutische Dosis und sichere Startdosis bei FiH‐Studien zu definieren. Des weiteren werden potentielle toxische Dosen und Effekte (inklusive deren Reversibilität) und Targetorgane für Toxizität iden fiziert → um in Konsequenz ein adäquates klinisches Monitoring etablieren zu können. Die relative Bedeutung der präklinischen Daten nimmt im Laufe der Arzneimittelentwicklung mit Zunahme der klinischen Daten immer weiter ab. Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 5 Einleitung ‐ Arzneimittelentwicklung Präklinische Studien (sicherheitsrelevant, GLP) Z Sicherheitspharmakologie, Genotoxizität, Toxizität bei wiederholter Gabe (2 Wo) u Toxizität bei wiederholter Gabe (4 Wo, 3 Mo) l Toxizität bei wiederholter Gabe (6 - 9 Mo), Reproduktionstoxizität, Kanzerogenität a s Klinische Entwicklungsphase s Phase I Kinetik, Verträglichkeit, 20‐50 Gesunde, sehr kurze Exposition u n Phase II Therapeutisch explorativ, 50‐100 Patienten, 1‐3 Monate g Phase III Therapeutisch konfirmativ > 1000 Patienten, Monate bis Jahre 6 Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 6 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte | Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit 3
25.11.2020 2. Präklinische Dokumentation Regulatorischer Hintergrund Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 7 Präklinische Dokumentation (1) Gesetzliche / regulatorische Verankerung (1) Richtlinie 2001/20/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 4. April 2001 zur Angleichung der Rechts‐ und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung der guten klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln, AMG ‐ § 40 sowie die zugehörige GCP Verordnung dienen der nationalen Umsetzung diese Richtlinie 2001/20/EG ICH E8 GENERAL CONSIDERATIONS FOR CLINICAL TRIALS: Before any clinical trial is carried out, results of non‐clinical investigations or previous human studies should be sufficient to indicate that the drug is acceptably safe for the proposed investigation in humans. The purpose and timing of animal pharmacology and toxicology studies intended to support studies of a given duration are discussed in ICH M3. The role of such studies for biotechnology products is cited in ICH S6. ICH E8(R1) Draft version Endorsed on 8 May 2019: In preparing a development plan, the non‐clinical information that is required for the drug should be addressed. Non‐clinical information may include toxicology, carcinogenicity, pharmacology, and pharmacokinetics to support clinical trials (e.g., ICH Safety (S) Guidelines and M3 Nonclinical Safety Studies). Important considerations for determining the necessary non‐clinical studies, and their timing with respect to clinical studies, depend on the physiological and toxicological characteristics of the drug. These characteristics can include the drug’s chemical or molecular properties (e.g., small‐molecule, biologic/cellular/gene therapy, complex drug, and vaccine); pharmacological basis of principal effects (mechanism of action); route(s) of administration; absorption, distribution, metabolism, and excretion (ADME); physiological effects on organ systems; dose/concentration‐response relationships; half‐life; duration of action; and indication. Use of the drug in special populations (e.g., pregnant or breast‐feeding women, children, elderly) may require additional toxicological assessments. Before proceeding to studies in humans, there should be sufficient information to support selection of the initial human dose and safe duration of exposure, and to provide a preliminary assessment of physiological and toxicological effects of the drug. regeln / regulieren Voraussetzung Genehmigungsfähigkeit: unter anderem 1. Vorherige Durchführung einer pharmakologisch‐toxikologischen Prüfung (nicht‐klinischen oder präklinischen) Testung entsprechend aktueller wissenschaftlicher Standards Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 8 4
25.11.2020 Präklinische Dokumentation (2) EU‐Verordnung 536/2014 zu Klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln Ablösung der Richtlinie 2001/20/EG Richtlinie 2001/20/EG erlaubt nationale Besonderheiten Ziel: EU weites harmonisiertes Verfahren ‐ Einführung eines gemeinsamen, koordinierten Assessments bei multinationalen klinischen Prüfungen wenig Einfluss auf die präklinische Dokumentation und deren inhaltliche Bewertung Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 9 Präklinische Dokumentation (3) Gesetzliche Verankerung (2) 1. Guidance CT‐1, March 2010 (EU Commission) 2. ICH E6 (R2) ‐ Guideline for Good Clinical Practice 3. EU‐Richtlinie 2005/28/EC „Good Clinical Practice“ 4. ICH M3 (R2) ‐ Non‐clinical safety studies for the conduct of human clinical trials for pharmaceuticals regeln / regulieren Was? Wie? Wann? Wo? Hier sind detailliertere Informationen zu Qualität, Umfang, Struktur und Bewertung der vorzulegenden präklinischen Daten zu finden. IMPD (gesamte Informationen zum Prüfpräparat) – fast alle Sponsoren verweisen auf Investigator's Brochure (IB) Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 10 5
25.11.2020 3. Investigator´s Brochure Aufbau/Inhalt Abschnitt Nonclinical Studies Darstellung und Interpretation der präklinischen Daten Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 11 Investigator´s Brochure (1) = IB = Prüferinformation = Prüfarztbroschüre Definition (Guideline E6(R2)): Zusammenstellung der für die Untersuchungen mit Prüfpräparaten am Menschen relevanten klinischen und nicht‐klinischen Daten über das betreffende Präparat. Umfang ca. 60–120 Seiten, Extrakt/Konzentrat aus sehr viel umfangreicheren Datenmengen. Generelle Anforderungen → Informa on des Prüfarztes zum besseren Verständnis des Studienprotokolls: (Rationale, Dosierungen, Dosischema, Ein‐ Ausschlusskriterien, Monitoring) → Info in objektiver, klarer und verständlicher Form → IB ist zu aktualisieren wenn neue relevante Daten vorliegen, mind. 1 x / Jahr → Falls Prüfsubstanz zugelassen: IB kann durch SmPC ersetzt werden (Phase 4) → Abschnitt nicht‐klinische Daten ist durch einen „Präkliniker“ zu genehmigen Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 12 6
25.11.2020 Investigator´s Brochure (2) Inhalt geregelt in Guideline for good clinical practice E6(R2) Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 13 Investigator´s Brochure (3) NONCLINICAL STUDIES Pharmacology & Toxicology ‐ Struktur, Gliederung • Primäre (gewünschte pharmakologische Aktivität) Pharmakodynamik • Sekundäre Pharmakodynamik • Pharmakokinetik (ADME) • Sicherheitspharmakologie (Eimalgabe, Herz, Atmung, ZNS) • Toxikokinetik (Bestimmung AUC und Cmax in toxikologischen Studien) • Toxikologie (Applikationsart, Anwendungsdauer müssen der am Menschen geplanten entsprechen): Toxizität nach Einmalgabe („single dose“ einer hohen Dosis, vormals LD50) Toxizität nach Mehrfachgabe („repeat dose“, 2 Spezies, Targetorgan) Genotoxizität (Detektion von genotoxischen/mutagenen Effekten) Reproduktionstoxikologie (Ratte, Kaninchen, Fertilität, Embryotox, Prä‐Postnatal) Kanzerogenität (zur Zulassung, Ratte Maus 2 Jahre) Lokale Toleranz (fallweise, in „repeat dose“ Studien integrieren) Photosafety (fallweise, Absorption, Verteilung, in vitro 3T3 Neutralrot uptake Assay) Immunotoxizität (fallweise) Juvenile Tierstudien (fallweise, Adultprogramm und Reprotox komplett, PIP) Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 14 7
25.11.2020 Investigator´s Brochure (4) NONCLINICAL STUDIES Pharmacology & Toxicology ‐ Allgemeine Darstellung der Daten ‐ Übersicht über alle relevanten Studien (GLP‐Status, Dosierung, Applikationsart, Expositionsdauer, Konzentration, Speziesbegründung, Zelllinie, Ergebnisse) ‐ Bei Erstanwendung/Anwendung in früher Phase neuer Arzneimittel am Menschen wird eine kritische Diskussion anhand folgender Kriterien erwartet: Neuer bzw. nicht genau bekannter Wirkmechanismus Neue oder nicht genau bekannte Struktur und biologische Funktion des Zielmoleküls Relevanz der Tierversuche ‐ Zusammenfassung der einzelnen Studien ‐ Diskussion und Schlussfolgerung (klinische Relevanz, Sicherheitsabstände) ‐ Tabellarische Formate/Auflistungen sollten nach Möglichkeit verwendet werden, um die Übersichtlichkeit der Präsentation zu verbessern. Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 15 Investigator´s Brochure (5) NOAEL = No Observed Adverse Effect Level. Höchste Dosis in Studien mit wiederholter Gabe, bei der keine signifikant erhöhten NONCLINICAL STUDIES Pharmacology schädigenden & Toxicology behandlungsbedingten Befunde beobachtet wurden. Spezifische Daten zu einzelnen Studien 1. Spezies Exposition am NOAEL / geschätzte bzw. 2. Dosis gemessene Exposition beim Menschen = 3. „noteworthy findings“ (z.B. histologische Befunde) Sicherheitsabstand, MOE (Margin of Exposure) 4. Reversibilität (ja/nein) 5. NOAEL, Toxikokinetik: (AUC, Cmax) 6. Sicherheitsabstände zur Anwendung beim Menschen 7. Tabellen Startdosis FIH [mg/Proband]: i.d.R. NOAEL [mg/kg] / Speziesfaktor x 60 kg x SF1 1FDA Guidance for Industry. Estimating the MRSD in Initial Clinical Therapeutics in Adult Healthy Volunteers. Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 16 8
25.11.2020 Investigator´s Brochure (6) Tabellarische Darstellung präklinischer Studien, Beispiel Repeated dose Toxicology Species/St Duration/Route/N Dose Exposure Major findings NOAEL udy ID/GLP umber/ Sex/ (mg/kg Cmax (mg/kg/day) Group KG) (ng/ml) AUC Exposure margin to (ng*h/ml) planned clinical dose, based on exposure (MOE) Rat Wistar/ 4‐weeks/oral 0, 1, 3, 10 Day 28: 1 mg/kg (NOEL): ‐ NOAEL: 3 mg/kg GBL‐R13/ (gavage)/10 /sex GLP: Yes /group 1 mg/kg: 3 mg/kg (NOAEL): AUC Klinik: 30 Cmax: 25 death: one male (start dose 50 Recovery 2 weeks AUC: 75 animal; liver mg/day) enzymes slightly ↑, MOE = 7 (210/30 ) 3 mg/kg: reversibel Cmax: 75 AUC Klinik: 120 AUC: 210 10 mg/kg: liver (max. human 250 enzymes mg/day) 10 mg/kg: moderately ↑, liver MOE = 1,8 (210/120) Cmax: 250 histopathological AUC: 1200 findings 17 Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 17 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte | Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit Investigator´s Brochure (7) Diskussion/Bewertung der Befunde im Hinblick auf: ‐ Schweregrad / Reversibilität / Dosisabhängigkeit ‐ Mechanistische Erklärungen ‐ Spezies‐Spezifität ‐ Human‐Relevanz ‐ Abzuleitende Überwachungsparameter Risikoabschätzung Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 18 9
25.11.2020 Investigator´s Brochure (8) Diskussion (unter Einbeziehung aller präklinischen Infos): 1 mg/kg: keine auffälligen Befunde → NOEL 3 mg/kg: Tod: ein ♂ der mittleren Dosisgruppe (Applikationsfehler). Leberenzyme leicht ↑, Leber ohne histopathologische Befunde, vermutlich adaptiv da Prüfsubstanz durch Leber metabolisiert wird. Rückkehr zu Normalwerten nach Absetzen der Substanz → NOAEL MOE zur Startdosis 7‐fach (AUCNOAEL Ratte/AUC Human: 210/30) MOE zur klinischen Maximaldosis 1,8‐fach (AUC RatteNOAEL/AUC Human: 210/120). 10 mg/kg: Lebertoxizität (Leberenzmye deutlich ↑, histopath. Befunde). Leichte Tendenz zur Reversibilität nach Absetzen der Substanz. Exposition nicht mehr dosisproportional. Veränderte Metabolisierung durch Sättigungsprozesse. Keine entsprechenden Befunde aus zweiter Tierspezies (Hund) und bei bisherigen (frühen) Studien am Menschen. Eventuell nagerspezifischer Befund. Risiko akzeptabel. Vorsichtige Dosiserhöhung. Engmaschige Überwachung der Leberenzyme. Definition von Abbruchkriterien. Weitergehende/begleitende in vivo PK‐Untersuchungen am Menschen. Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 19 4. Guideline ‐ ICH M3 (R2) regelt Umfang der präklinischen Testung Timing zur klinischen Entwicklungsphase Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 20 10
25.11.2020 ICH M3(R2) Guideline (1) Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 21 ICH M3(R2) Guideline (2) • International International Council for Harmonisation of Technical Requirements for Pharmaceuticals for Human Use, d.h. gilt verbindlich in Grüderregionen EU, Japan und USA nun beisitzend China, Brasilien, (Süd‐) Korea, Kanada, Taiwan, Schweiz, Singapore. (www.ich.org) • Empfehlenden Charakter „soft law“ • Regelt Umfang der präklinische Entwicklung (abhängig von Indikation, Behandlungsdauer, Art der Substanz, experimentelle Ansätze) • Verweist auf weitere spezifischere Guidelines (u.a. Advanced cancer (ICH S9), Lokale Toleranz (EMA/CHMP/SWP/2145/2000 R1), Phototox (ICH S10), juvenile Tox (EMEA/CHMP/SWP/169215/2005), Reprotox (ICH S5 R2) • Tierversuche gesetzlich vorgeschrieben. Allerdings klare Empfehlung zur Reduktion des Einsatzes von Versuchstieren entsprechend dem 3R‐Prinzip (Reduce, Refine, Replace) • Präklinische Exposition > klinische Exposition (Dauer und Dosis) • Timing zur klinischen Entwicklung Alle Guidelines sind auf den Homepage der European Medicines Agency (EMA) (http://www.ema.europa.eu/ema/) und/oder der „International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use“ (http://www.ich.org/) zu finden Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 22 11
25.11.2020 ICH M3(R2) Guideline (3) zeitliches Timing der Präklinik zur klinischen Phase • Primäre Pharmakodynamik (vor FIH/Phase 1) • Pharmakokinetik (in vitro, ADME) • Sicherheitspharmakologie („core battery“ vor FIH/Phase 1) • Toxizität nach Einmalgabe (vor FIH/Phase 1) • Toxizität nach Mehrfachgabe (14 Tage vor FIH/Phase 1) • Toxizität nach Mehrfachgabe (4 Wochen ‐ 3 Monate, vor Phase 2) • Toxizität nach Mehrfachgabe (≥ 6 Monate, i.d.R. vor Phase 3) • Genotoxizität (in vitro vor FIH/Phase 1) • Genotoxizität (in vivo vor Phase 2) • Reproduktionstoxikologie (WOCBP, Fertilität zu Phase 3) • Kanzerogenität (zur Zulassung) • Lokale Toleranz (in repeat dose Studien, fallweise) • Photosafety (fallweise) • Immunotoxizität (fallweise) • Juvenile Tierstudien (fallweise) Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 23 5. Beispiele präklinischer Studientypen Prüfung auf Genotoxizität Toxikologische Studien mit wiederholter Verabreichung Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 24 12
25.11.2020 Genotoxizität (1) Warum Testung auf Genotoxizität? DNA‐Schaden → Mutation →→→→ Krebs Effekt häufig irreversibel, in vielen Fällen keine Wirkschwelle definierbar, Kanzerogener Langzeitteffekt, d.h. praktisch (und auch aus ethischer Sicht) nicht in klinischen Studien nachweisbar, Schädigung der Keimzellen in den Reproduktionsorganen (Vererbung auf Nachkommen) Wann Testung auf Genotoxizität? Sehr früh in der Entwicklung, d.h. vor erstmaliger klinischer Gabe Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 25 Genotoxizität (2) Bild Beispiel „groß“ Präklinische Prüfung vor Beginn Phase I vor Beginn Phase II Beginn Phase III Genotoxizität in vitro Genotoxizität in vivo Klinische Entwicklungsphase I II III Humanpharmakologie Therapeutisch explorativ Therapeutisch konfirmativ Verträglichkeit 10‐15 Gesunde > 100 Patienten > 1000 Patienten Geringe Dosen über kurze Zeit bis 3 Monaten Monate bis Jahre 26 Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 26 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte | Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit 13
25.11.2020 Genotoxizität (3) Definitionen Genotoxizität: Allgemeine Schädigung oder Veränderung des genetischen Materials (DNA) durch biologische, chemische oder physikalische Noxen. Mutagenität: Bezeichnet die Induktion dauerhafter, vererbarer Veränderungen des genetischen Materials. Indikatortest (Messung primärer DNA‐Schäden) Mutationstest (Messung irreversibler DNA‐Schäden) Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 27 Genotoxizität (4) • Es gibt eine ganze Reihe von genotoxischen Endpunkten wie Genmutationen, Chromosomen‐Mutationen und Genomutationen (Chromosomenzahl). Kein gängiges Testsystem das zuverlässig alle diese Endpunkte erfasst. Zudem wird der wichtigste Mutagenitätstest in Bakterien durchgeführt ‐ Unterschiede zwischen prokaryontischen und eukaryontischen Zellen. Beispiel einer Testbatterie: • A test for gene mutation in bacteria ‐ Ames test • An in vitro test with cytogenetic evaluation of chromosomal damage with mammalian cells or an in vitro mouse lymphoma tk assay. • An in vivo test for chromosomal damage using rodent hematopoietic cells ‐ Mikronukleustest • Compounds giving positive results in the standard test battery may, depending on their therapeutic use, need to be tested more extensively ‐ Comet‐Assay Guideline: ICH S2 (R1): Guidance on Genotoxicity Testing and Data Interpretation for Pharmaceuticals intended for Human use Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 28 14
25.11.2020 Genotoxizität (5) Ames Test ‐ Prinzip Hohe Zahl an Testsubstanz (Mutagen) Rückwärtsmutanten his‐ zu his+ Plattieren Medium ohne Histidin Inkubation Salmonella Stamm (Histidinabhängig = his‐) + S9‐Mix Spontanmutanten Kontrolle (negativ) OECD guideline 471 29 Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 29 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte | Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit Genotoxizität (6) Mikrokerntest (in vitro oder in vivo) Prinzip: Mikronuklei als kleine runde von Kernmembran umschlossene, DNA enthaltende Partikel sichtbar. Als Marker für die mutagene Wirkung eines Agens dient die Häufigkeit von Zellen mit Mikrokernen. MK In vivo MNT (Erytrocyten): Nager, hohe Dosen, IP oder IV, MK Expositionsmessungen. Kernausstoß während Erythrozytenreifung, nicht aber Interphasenkerne mit Mikrokernen (MK) von Mikrokernen OECD guidelines 474, 487 30 Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 30 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte | Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit 15
25.11.2020 Genotoxizität (7) Komet‐Assay (Einzellgelelektrophorese) • Detektion von DNA‐Strangbrüchen auf Einzelzellniveau • Agarosegelelektroporetische Auftrennung nach Molekülgröße • DNA‐Strangbrüche führen dazu, dass die DNA in Fragmenten in Richtung Anode wandert • DNA‐Färbung mit Ethidiumbromid • Länge und Intensität des Kometen direkt proportional zum Ausmaß der DNA‐Schädigung Kathode (-) Anode (+) Kathode (-) Anode (+) Negativkontrolle Positivkontrolle OECD guideline 489 31 Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 31 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte | Das BfArM ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit Toxizitätsstudien mit wiederholter Gabe (1) Identifikation potentieller Zielorgane der toxischen Wirkungen und Definierung des Übergangs von nichttoxischen zu toxischer Dosen (NOAEL). Die Toxizitätsstudien mit wiederholter Gabe beim Tier sind so strukturiert, dass sie über eine vergleichbare oder längere Expositionsdauer als die beabsichtigte Dauer der KP beim Menschen durchgeführt werden. So würden Toxizitätsstudien mit zwei Spezies (Nager und Nicht‐Nager) für eine Mindestdauer von zwei Wochen im Allgemeinen jede KP von einer Dauer von bis zu zwei Wochen unterstützen. KPs von längerer Dauer sollen von Toxizitätsstudien von mindestens gleicher Dauer unterstützt werden. Chronische Studien über 6‐Monate (Nager) und 9‐ Monate (Nicht‐Nager) unterstützen im Allgemeinen eine zeitlich unlimitierte Behandlung in klinischen Prüfungen (ICH M3 Guideline). Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 32 16
25.11.2020 Toxizitätsstudien mit wiederholter Gabe (2) Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 33 Toxizitätsstudien mit wiederholter Gabe (3) • Identifikation potentieller Zielorgane der toxischen Wirkungen und Def. des Übergangs von nichttoxischen zu toxischer Dosen (NOAEL) • Behandlungsgruppen: Kontrollgruppe (negativ), sowie drei Dosisgruppen (Definition eines NOAELs, toxischer Dosen) • Monitoring verschiedener Parameter während der Studie: Futteraufnahme, Verhalten, KG, Hämatologie, klinische Chemie • Es gibt eine vorgeschriebene Anzahl von > 40 Gewebearten, die histologisch untersucht werden sollen, in Abhängigkeit von den gefundenen Zielorganen kann dies umfangreicher sein • begleitende toxikokinetische Untersuchungen (Exposition am NOAEL/Klinischen Exposition = Sicherheitsfaktor) Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 34 17
25.11.2020 Toxizitätsstudien mit wiederholter Gabe (4) • Untersuchung der Reversibilität (Recoverygruppen) • jeweils 2 Säuger (Nager und Nichtnager, Spezieswahl anhand ähnlicher PK und PD zum Menschen, Affe nur wenn zwingend erforderlich) • Untersuchung an beiden Geschlechtern • Zusätzliche Tiere für toxikokinetische Untersuchungen (Mikrosampling,
25.11.2020 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Klinische Prüfung Präklinik und pharmazeutische Qualität Kurt‐Georg‐Kiesinger‐Allee 3 53175 Bonn Ansprechpartner Dr. Gunther Boos Gunther.Boos@bfarm.de www.bfarm.de Folien auf der BfArM Homepage (https://www.bfarm.de/DE/Service/Veranstaltungen/Ringvorlesungen/2020‐Winter/_node.html ) Guidelines sind auf den Homepages der EMA (http://www.ema.europa.eu/ema/ ) und ICH (http://www.ich.org/ ) zu finden Absender | Titel | 25.11.2020 | Seite 37 19
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