Prämienzahlungsverzug des VN - Seminararbeit Freie Universität Berlin

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Delal Askin

                Freie Universität Berlin

                   Seminararbeit

   Prämienzahlungsverzug des VN
                           bei

              Professor Dr. Helmut Schirmer

                   Sommersemester 2011

                                                          I
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                                                           Gliederung

Gliederung ........................................................................................................II

Literaturverzeichnis ......................................................................................... IV

Selbstverfassung ..............................................................................................XI

   A. Einleitung...........................................................................................................1

   B. Hauptteil ............................................................................................................2
       I. Die Prämie .......................................................................................................................2
           1. Einmalprämie und laufende Prämie .............................................................................2
           2. Abgrenzung: Erstprämie und Folgeprämie ...................................................................3
               a) Neuer Vertrag oder Vertragsänderung ....................................................................4
                   aa) Prämienänderung .............................................................................................5
                   bb) Änderung der Vertragslaufzeit ..........................................................................5
                   cc) Wechsel der Vertragsparteien ...........................................................................6
                   dd) Modifikation des versicherten Gegenstands .....................................................6
                   ee) Einbeziehung eines neuen Risikos .....................................................................7
                   ff) Einschränkung oder Erweiterung des versicherten Risikos .................................8
               b) Ratenzahlung ..........................................................................................................8
               c) Vorläufige Deckung .................................................................................................9
               d) Wiederherstellung eines bereits beendeten Vertrages ..........................................10
           3. Zusammenhang von Prämie und Versicherungsbeginn ..............................................10
       II. Fälligkeit der Prämie ...................................................................................................11
           1. Erstprämie .................................................................................................................11
               a) Unverzügliche Prämienzahlung nach Ablauf von 14 Tagen ....................................12
               b) Abweichender Versicherungsschein ......................................................................13
               c) Abdingbarkeit des § 33 VVG ..................................................................................13
               d) Das Invitatio-Modell ..............................................................................................14
           2. Folgeprämie ...............................................................................................................15
       III. Erfüllung der Prämienzahlungspflicht ...................................................................... 15
       IV. Prämienzahlungsverzug ............................................................................................. 17
           1. Prämienzahlungsverzug der Erstprämie gemäß § 37 VVG ...........................................17
           2. Belehrungspflicht .......................................................................................................18
           3. Prämienanforderung ..................................................................................................18
           4. Aufrechnung ..............................................................................................................19
           5. Vertreten müssen ......................................................................................................19
           6. Nichtzahlung der Prämie ............................................................................................20
               a) Erst- bzw. Einmalprämie gemäß § 37 VVG .............................................................20
                                                                                                                                          II
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               aa) Leistungsfreiheit des VU gemäß § 37 Absatz 2 VVG .........................................20
               bb) Einlösungsprinzip ............................................................................................20
               cc) Ausnahmen .....................................................................................................21
                   (1) Deckende Stundung der Erstprämie ............................................................21
                   (2) Erweiterte Einlösungsklausel.......................................................................22
                   (3) Rückwärtsversicherung ...............................................................................23
                   (4) Abdingbarkeit des Einlösungsprinzips .........................................................24
                   (5) Verrechnungspflicht des VU ........................................................................24
               dd) Rücktritt gemäß § 37 Absatz 1 VVG.................................................................25
           b) Folgeprämie gemäß § 38 VVG ...............................................................................26
               aa) Kündigungsrecht des VU gemäß § 38 Absatz 3 VVG .......................................27
                   (1) Bestimmung einer Zahlungsfrist gemäß § 38 Absatz 1 Satz 1 VVG ...............27
                   (2) Qualifiziertes Mahnschreiben gemäß § 38 Absatz 1 Satz 1 VVG ..................27
                   (3) Kündigung i.V.m. Fristablauf i.S.d. § 38 Absatz 3 Satz 2 VVG .......................28
               bb) Leistungsfreiheit des VU gemäß § 38 Absatz 2 VVG ........................................28

C. Schlussteil ........................................................................................................ 29

                                                                                                                                III
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                                 Literaturverzeichnis

Bamberger,      Heinz   Georg;            Beck’scher Online- Kommentar BGB
Roth, Herbert                             Edition: 19

                                          (Zitiert: BeckOK/Bearbeiter)

Baumann, Horst; Beckmann,                 Bruck/Möller
Roland Michael; Johannsen,                Versicherungsvertragsgesetz
Katharina; Johannsen, Ralf
                                          Großkommentar

                                          9. Auflage 2010

                                          Zweiter Band

                                          §§ 33-73

                                          (Zitiert: Bruck/Möller/Bearbeiter)

Beckmann, Roland Michael;                 Versicherungsrechts- Handbuch
Matusche-Beckmann,                        2. Auflage 2009
Annemarie

                                          (Zitiert: Beckmann/Matusche-
                                          Beckmann/Bearbeiter)

                                                                               IV
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Bundesministerium für Justiz   Das neue Versicherungsvertragsgesetz

                               URL:

                               www.bmj.bund.de/publikationen

                               Stand: Januar 2008

                               (Zitiert: BMJ,
                               http://bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/bros
                               chueren_fuer_warenkorb/DE/Das_neue_Versic
                               herungsvertragsgesetz.pdf?___blob=publicatio
                               nFile)

Deutsch, Erwin                 Versicherungsvertragsrecht: Ein Grundriss

                               5. Auflage 2005

dvb Dienstleistungs GmbH       Deutsche Versicherungsbörse

                               Antragsmodell

                               (Gekürzte Fassung aus einem in der ZfV
                               veröffentlichten Beitrag von Hans-Ludger
                               Sandkühler)

                               URL:
                               http://deutsche-
                               versicherungsboerse.de/verswiki/index_dvb.ph
                               p?title=Stellvertretermodell

                               Stand: 30. Juni 2011

                               (Zitiert: DVb: http://deutsche-

                                                                           V
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                           versicherungsboerse.de/verswiki/index_dvb.ph
                           p?title=Stellvertretermodell)

Gabler                     Gabler Wirtschaftslexikon

                           URL:

                           http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/126
                           53/versicherungsvertragsgesetz-vvg-v6.html

                           Stand: 30. Mai 2011

                           (Zitiert: Gabler,
                           http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/126
                           53/versicherungsvertragsgesetz-vvg-v6.html)

Ganster, Bastian           Die Prämienzahlung im Versicherungsrecht

                           Grundlagen und ausgewählte Problemfelder
                           vor dem Hintergrund der VVG-Reform 2008

                           Karlsruhe 2008

Graf, Ingo; Bonn, Dieter   Rechtslexikon

                           URL:

                           http://www.graf-bonn.de/rechtslexikon.html

                           Stand: 28. Juni 20119

                           (Zitiert: G/B:

                                                                     VI
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                                   http://www.graf-bonn.de/rechtslexikon.html)

Klimke, Dominik                    Die Bedeutung der Zahlungsverzugsrichtlinie
                                   2000/35/EG     für   die   Prämienschuld      des
                                   Versicherungsnehmers

                                   In VersR 2010, S. 1259 ff.

                                   (Zitiert: Klimke, VersR 2010, S. 1259 ff.)

Koch, Peter                        Privatversicherungsrecht

                                   17. Auflage 2010

Langheid,     Theo;     Wandt,     Münchener Kommentar
Manfred                            Versicherungsvertragsgesetz: VVG 2010

                                   Erster Band

                                   §§ 1-99 VVG

                                   (Zitiert: MüKo/Bearbeiter)

Marlow, Sven; Spuhl, Udo           Das Neue VVG
                                   Kompakt

                                   Ein Handbuch für die Rechtspraxis

                                   3. Auflage 2008

Meixner,    Oliver;   Steinbeck,   Allgemeines Versicherungsvertragsrecht

                                                                                VII
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René                              2. Auflage 2011

Münstermann, Helmut               Versicherung und Recht kompakt

                                  Ausgabe 5/2007, Seite 73

                                  URL:

                                  http://www.iww.de/index.cfm?pid=1314&pk=
                                  94441&spid=1290&spk=1288&spk=50

                                  Stand: 1. Juli 2011

                                  (Zitiert: Münstermann:
                                  http://www.iww.de/index.cfm?pid=1314&pk=
                                  94441&spid=1290&spk=1288&spk=50)

Palandt, Otto                     Palandt

                                  Bürgerliches Gesetzbuch

                                  Kommentar

                                  70. Auflage 2011

                                  (Zitiert: Palandt/ Bearbeiter)

Prölss, Erich R.; Martin, Anton   Versicherungsvertragsgesetz

                                  Kommentar

                                  28. Auflage 2010

                                                                     VIII
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                                 (Zitiert: Prölss/Martin/Bearbeiter)

Rüffer,   Wilfried,   Halbach,   Versicherungsvertragsgesetz
Dirk; Schimikowski, Peter        Handkommentar

                                 2009

                                 (Zitiert: NoKo/Bearbeiter)

Säcker,     Frank      Jürgen;   Münchener Kommentar zum Bürgerlichen
Rixecker, Roland                 Gesetzbuch

                                 Band 2

                                 §§ 241 – 432 BGB
                                 5. Auflage 2007

                                 (Zitiert: MüKo-BGB/Bearbeiter)

Schimikowski, Peter              Versicherungsvertragsrecht

                                 4. Auflage 2009

Schimikowski, Peter              Sonderdruck

                                 Versicherung, Recht und Schaden

                                 Festschrift für Johannes Wälder

                                 Zum 75. Geburtstag

                                                                       IX
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                                 (Zitiert: Schirmer)

Schwintowski,     Hans-Peter;    Praxiskommentar zum
Brömmelmeyer, Christoph          Versicherungsvertragsrecht

                                 2. Auflage 2010

                                 (Zitiert:
                                 Schwintowski/Brömmelmeyer/Bearbeiter)

Schimikowski,   Peter;   Höra,   Das neue Versicherungsvertragsrecht
Knut                             Auflage 2008

Versicherung Online Home         Lexikon

                                 URL:

                                 http://versicherung.onlinehome.de/lexikon/Die
                                 _erweiterte_Einloesungsklausel.html

                                 Stand: 30. Juni 2011

                                 (Zitiert:
                                 http://versicherung.onlinehome.de/lexikon/Die
                                 _erweiterte_Einloesungsklausel.html)

                                                                           X
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Wandt, Manfred                         Versicherungsrecht

                                       5. Auflage 2010

                               Selbstverfassung

         Erklärung über die eigenständige Erstellung der Seminararbeit

       Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Seminararbeit selbstständig
       verfasst habe und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt
       habe. Die Stellen der Seminararbeit, die anderen Quellen im Wortlaut oder
       dem Sinn nach entnommen wurden, sind durch Angaben der Herkunft
       kenntlich gemacht.

       Berlin, den

                                                                             XI
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A. Einleitung
Die Tragweite von Versicherung ist für das moderne Wirtschaftsleben äußerst
bedeutend, sowohl aus „betriebs- und volkswirtschaftlicher als auch aus
sozialpolitischer Sicht“1.
Ohne die Absicherung vor existenziellen finanziellen Risiken im heutigen Leben,
ist kaum noch ein „planbares, eigenverantwortliches und risikominimiertes
wirtschaftliches Leben vorstellbar“2.
Die      Versicherung         gewährt          die     wirtschaftliche       Absicherung      vor
existenzgefährdenden Ereignissen                zu einem relativ geringeren Preis, den
versicherungsspezifisch genannten Begriff der „Prämie“3.
Die Prämienzahlungspflicht des Versicherungsnehmers (VN) stellt eine echte
Rechtspflicht       dar4.    Dieses      ist    eine    erzwingbare,     sprich     einklagbare,
Verbindlichkeit, deren Nichterfüllung, folglich dem Verzug der Prämienzahlung,
eine Schadenersatzpflicht begründet (Verzugszinsen)5.
Beim Prämienzahlungsverzug des VN kann der Versicherungsunternehmer (VU)
sich auf die §§ 37, 38 VVG berufen. § 37 VVG greift bei dem Verzug der
Erstprämie ein und gewährt dem VU das Recht vom Vertrag zurückzutreten. Bei
dem Verzug der Folgeprämie gewährt § 38 VVG dem VU das Recht des
Kündigens nach einer qualifizierten Mahnung zu. In beiden Fällen steht dem VU
darüber hinaus selbstverständlich das Recht der Leistungsfreiheit zu, wenn der
VN den Verzug seiner Prämienzahlung zu vertreten hat. Im Folgenden wird in
dieser Seminararbeit der Prämienbegriff diskutiert, dabei wird besonders auf die
Abgrenzung zwischen der Erst- und Folgeprämie eingegangen und einige, hierfür
wichtige, Abgrenzungsbereiche dargestellt. Der Prämienbegriff sowie die
Differenzierung haben im VVG eine herausragende Rolle hinsichtlich der
Rechtsfolgen. Aus dem Grund ist der Differenzierung viel Rücksicht geboten
worden.      Folglich       wird   die    Rechtzeitigkeit      und     die    Erfüllbarkeit   der
Prämienzahlung erklärt, wobei auf die Zahlungsverzugsrichtlinie 2000/35/EG
eingegangen wird und diese auf die Prämienschuld (Geldschuld) angewendet

1
  Ganster, S. 1.
2
  Ganster, S. 1.
3
  Ganster, S. 1.
4
  Schirmer, S.67.
5
  Meixner/Steinbeck, § 6, Rn. 1.
                                                                                               1
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wird. Letzteres wird auf die Nichtzahlung der Prämie eingegangen, wobei die
Rechtsfolgen von § 37 VVG hinsichtlich der Einmal- bzw. Erstprämie und von §
38 VVG hinsichtlich der Folgeprämie erläutert und dargestellt werden. Zum
Schluss wird kurz auf die Seminararbeit eingegangen.
B. Hauptteil
I. Die Prämie
Der VU verpflichtet sich, ein bestimmtes, vertraglich festgelegtes Risiko, zu
tragen, der VN die vertraglich vereinbarte Prämie zu zahlen6. Wenn sich das
Risiko erfüllt und damit der sogenannte „Versicherungsfall“ eintritt, muss der VU
die für diesen Fall vereinbarten Leistungen erbringen 7. Die Prämie ist sozusagen
das Entgelt für die Versicherung8, gemäß § 1 Satz 2 VVG und ist die echte
Rechtspflicht des VN. Die §§ 33, 37 und 38 VVG unterscheiden zwischen
„einmalige Prämie“, „laufende Prämie“, „Erstprämie“ und zu guter Letzt der
„Folgeprämie“. Diese Unterscheidung ist hinsichtlich der Rechtsfolgen bei
Verzug        der     Prämienzahlung,       sprich     der      Nichterfüllung    der
Prämienzahlungspflicht, von großer Bedeutung. Je nachdem, welche Prämienart
vorliegt, wird entweder § 37 VVG oder § 38 VVG Anwendung finden und so den
Fortbestand des Vertrages oder die Rechte des VU klären.
1. Einmalprämie und laufende Prämie
Unter „Einmalprämie“ versteht man eine Prämie, die für die gesamte
Vertragsdauer in einer einzigen Zahlung zu entrichten ist9. Charakteristisch für
solche „Einmalprämien“ sind kurzfristige Versicherungsverträge, wie z.B. die
Reisegepäckversicherung oder die Reiserücktrittsversicherung10. Auch können sie
Bestandteil     von    langfristigen    Verträgen    sein,    wie   z.B.   bei   einer
Lebensversicherung oder einer privaten Rentenversicherung11. Hierbei zahlt der

6
  BMJ,
http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/broschueren_fuer_warenkorb/DE/Das_neue_Versi
cherungsvertragsgesetz.pdf?__blob=publicationFile.
7
  BMJ,
http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/broschueren_fuer_warenkorb/DE/Das_neue_Versi
cherungsvertragsgesetz.pdf?__blob=publicationFile.
8
  Wandt, S. 185, Rn. 486.
9
  Ganster, S. 82.
10
   Ganster, S. 82.
11
   Ganster, S. 82.
                                                                                    2
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VN in einer Summe seine Prämie und bekommt dafür beispielsweise eine
lebenslange Rente oder die vereinbarte Leistung zu seiner Lebensversicherung 12.
Im Gegensatz dazu gibt es ebenso Verträge mit einer „laufenden Prämie“.
Folglich wird diese auch „Jahresprämie“ genannt.                  Hierbei wird die
Versicherungsvertragsdauer in Versicherungsperioden eingeteilt, die in der Regel
gemäß § 12 VVG ein Jahr betragen und die Prämie jeweils im Voraus für diesen
Zeitabschnitt zu zahlen ist13. Die Versicherungsperiode ist der Zeitabschnitt für
den     die     Prämie       berechnet       wird.   Eine    Vereinbarung    kürzerer
Versicherungsperioden ist gemäß § 18 VVG gewährt, da diese § 12 VVG nicht
für halbzwingend erklärt. Dennoch ist eine Abbedingung zum Nachteil des VN
nicht gestattet, wenn dabei andere Vorschriften, die ihrerseits halbzwingend sind,
auf den Begriff der Versicherungsperiode verweisen14. Dabei ist an den
Unteilbarkeitsgrundsatz zu erinnern, der die rechtliche Unteilbarkeit der
Jahresprämie verlangt15. Daraus ergibt sich der Fortbestand der Zahlungspflicht
des VN in Bezug auf die gesamte Jahresprämie trotz vorzeitiger Beendigung des
Rechtsverhältnisses16.        Mittlerweile       herrscht   der   „Grundsatz     der
risikoproportionalen Prämie“, in dem bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages
die Prämie nur für den Zeitraum zu zahlen ist, in dem Versicherungsschutz
bestanden hat, gemäß § 39 Absatz 1 Satz 1 VVG17.                        Von dieser
„Versicherungsperiode“ ist die „tatsächliche Zahlungsweise“ zu differenzieren18.
Oft wird dem VN vertraglich die Möglichkeit eingeräumt, die Prämie z.B.
halbjährlich, vierteljährlich oder monatlich zu zahlen19. Hierbei handelt es sich um
„Ratenzahlungen“, für die der VN üblicherweise auch Teilzahlungszuschläge zu
entrichten hat, die aber die Versicherungsperiode nicht berühren20. Diese sind
dann Folgeprämien.
2. Abgrenzung: Erstprämie und Folgeprämie
Eine große Bedeutung im Versicherungsvertragsrecht kommt der Unterscheidung
zwischen der Erst- und Folgeprämie zu. Gemäß dem Wortlaut der §§ 33, 37 VVG
12
   Ganster, S. 82.
13
   Ganster, S. 83.
14
   Ganster, S. 83.
15
   Schirmer, S. 68.
16
   Schirmer, S. 68.
17
   Schirmer, S. 68; Marlow/Spuhl, S. 124
18
   Ganster, S. 83.
19
   Ganster, S. 83.
20
   Ganster, S. 83.
                                                                                   3
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werden die erste und die einmalige Prämie rechtlich gleichgestellt. Die
Folgeprämie, die wiederum unmittelbar in § 38 VVG rechtlich behandelt wird,
induziert die Notwendigkeit und Relevanz der Differenzierung. Bei einem
möglichen Verzug der Prämienarten sind unterschiedliche Rechtsfolgen zu
berücksichtigen. Genau für diese Rechtsfolgen ist es von immenser Bedeutung
klar und präzise herauszustellen, welche Prämienart vorliegt. Jedoch hat der
Gesetzgeber selbst keine Legaldefinition eingeführt, wodurch Diskrepanzen bei
der Abgrenzung bestehen. In Abgrenzung zur Folgeprämie stellt die Erstprämie
immer und abhängig vom materiellen Versicherungsbeginn das Entgelt für die
zeitlich erste Versicherungsperiode dar21. Somit werden die in Folge einer
Rückwärtsversicherung sowie bei einer vorläufigen Deckung, welche stets eine
deckende Stundung beinhaltet, die zuerst zu zahlenden Prämien als Erstprämien
eingestuft22. Die Vereinbarung einer „vorläufigen Deckung“ und der darauf
folgende „Hauptvertrag“ stellen zwei autonome Versicherungsverhältnisse dar,
sodass die zu beglichenen Beiträge jeweils unter § 37 VVG fallen, wenngleich sie
auch einheitlich berechnet werden23. Auch sind einmalig zu begleichende
Zahlungen Erstprämien, wenn nicht schon ein geschlossener Vertrag aufgrund
einer Verlängerungsklausel fortgesetzt wird24. Hingegen gibt es bei einer
„Ratenzahlung“ Unterschiede. Wenn die Parteien bereits mit dem Vertragsschluss
bei einer einjährigen Versicherungsperiode eine unterjährige Zahlungsweise,
folglich halbjährlich, vierteljährlich oder monatlich, vereinbart haben, ist allein
die anfänglich zu begleichende Rate eine Erstprämie, derweil sind die folgenden
Raten als Folgeprämien zu verstehen (tatsächliche Zahlung)25.
a) Neuer Vertrag oder Vertragsänderung
Die Erstprämie ist das Entgelt für die zeitlich erste Versicherungsperiode und
setzt oftmals den Abschluss eines neuen Vertrags voraus. Schwierigkeiten
entstehen zu dem Zeitpunkt, wo sich die bestehenden Versicherungsverhältnisse
verändern. Fraglich erscheint zu dem, ob dann insgesamt ein neuer Vertrag
entsteht. Ein neuer Vertrag entsteht erst dadurch, dass ein in die Richtung

21
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 4.
22
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 4.
23
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 4.
24
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 4.
25
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 5.
                                                                                 4
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gehender Parteiwille zum Ausdruck kommt gem. §§ 133, 157 BGB26 und diesen
begründet (somit Erstprämie)27. Wird lediglich der bestehende Vertrag unter
Wahrung seiner Identität abgeändert, begründet dies keinen neuen Vertrag (somit
Folgeprämie, soweit die Erstprämie zuvor beglichen wurde)28. Eine Indizwirkung
für den Fortbestand des alten Vertrages und somit Beibehaltung der Folgeprämie
enthält    die     Bezeichnung     „Nachtrag“,      „Zusatzvereinbarung“       sowie   die
                                                   29
„Beibehaltung der Versicherungsnummer“ .                  Einzelne Veränderungen des
Vertrages sind nicht zwingend für die Begründung eines neuen Vertrages.
Vielmehr         ist   eine     Gesamtbetrachtung         geboten,       ob    wesentliche
Vertragsbestandteile wie das versicherte Interesse, die Parteien, Prämienzahlung,
Versicherungssumme oder –dauer geändert wurden30.
aa) Prämienänderung
Wenn sich die Prämienhöhe im Rahmen einer vertraglichen Anpassungsklausel
oder wegen §§ 19 Absatz 6, 25 ändert, liegt weiterhin derselbe Vertrag vor 31. Es
handelt sich bei den zu zahlenden Beiträgen weiterhin um Folgeprämien, soweit
die erst zu zahlende Prämie schon beglichen wurde.               Wird die Prämiensumme
erhöht, ist nicht immer die Begründung eines neuen Vertrages gegeben. Hierbei
ist es erforderlich, dass eine Abwägung der Auswirkungen dieser quantitativen
Erweiterung von Bedeutung32. Nur bei gravierender Erhöhungen der Prämie ist
möglicherweise von einem neuen Vertrag zu sprechen33.

bb) Änderung der Vertragslaufzeit
Wenn sich die Vertragslaufzeit aufgrund einer Verlängerungsklausel fortsetzt,
begründet dies keinen neuen Vertrag, da das einstige Vertragsverhältnis
unverändert weitergeführt wird34. Somit handelt es sich auch hierbei bei den
daraufhin zu zahlenden Prämien um Folgeprämien. Entsprechendes gilt bei einer
einverständlichen Rücknahme einer Kündigung oder bei einer stillschweigenden

26
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 9; Prölss/Martin/Knappmann, § 38, Rn. 4.
27
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 6.
28
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 6; Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 9.
29
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 6.
30
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 6.
31
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 7.
32
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 11.
33
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 11.
34
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 8.
                                                                                        5
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                          35
Vertragsverlängerung . Wenn jedoch der Versicherungsschutz durch Zeitablauf
erloschen ist und eine neue Vereinbarung zu gleichen Konditionen getroffen
wurde, liegt oftmals ein Neuvertrag vor, bei dem die zu zahlende Prämie dann
wiederum eine Erstprämie darstellt36. Entscheidend ist dabei oftmals die
Beibehaltung        des    Vertrages         durch   die   unveränderte       Identität      der
Versicherungsnummer,           die     auf     die   Fortführung        des   ursprünglichen
Vertrageslhindeutet. Ist dies nicht der Fall, so ist für den Umstand eines neuen
Vertrages seitens des VU die Hinweispflicht auf die Rechtsfolgen des § 37 VVG
geboten37.
cc) Wechsel der Vertragsparteien
Wenn es zu einem Wechsel auf Seiten des VU durch Umwandlung oder durch
Bestandsübertagung von Versicherungsverträgen kommt, ändert es nichts an der
zu zahlenden Prämie als Folgeprämie, da beiderseitig das Interesse nicht vorliegt,
einen neuen Vertrag zu begründen38.              Kommt es jedoch auf einen Wechsel auf
Seiten des VN beispielsweise durch eine Universalnachfolge infolge einer
Erbschaft, so besteht          ein unverändertes Vertragsverhältnis fort                  (somit
               39
Folgeprämie) . Auch hinsichtlich der Veräußerung der Sache gem. § 95 Absatz 1
VVG tritt der Erwerber an die Stelle des VN, das Vertragsverhältnis verändert
sich nicht und es bleibt somit bei der zu zahlenden Folgeprämie 40.                Nur wenn
der Vertrag durch einen neuen VN i.S. eines Anschlussvertrages fortgeführt
würde, wäre dies die Begründung eines neuen Vertrages und die zeitlich erste
Prämie wäre dadurch die Erstprämie41.

dd) Modifikation des versicherten Gegenstands
Modifikationen begründen in der Regel stets einen neuen Vertrag. Die
Rechtsprechung ordnet den Austausch des versicherten Kraftfahrzeugs selbst dann
als neues Versicherungsverhältnis, wenn die unverbrauchten Beiträge des
vorangegangenen Vertrags verrechnet werden42.                       Der Wechsel eines
Kraftfahrzeuges durch die Zerstörung des ursprünglichen Fahrzeuges oder durch

35
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 8.
36
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 8.
37
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 15.
38
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 14.
39
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 14; MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 9.
40
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 14.
41
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 14.
42
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 10.
                                                                                              6
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den Neuerwerb eines Fahrzeuges spricht für den neuen Vertrag. Diese
Begründung des neuen Vertrages resultiert daraus, dass die Versicherung eines
neuen    Objekts     in    der   Regel     mit    einer    geänderten    Risikoverteilung
zusammenhängt43. Auch die Unterteilung der Kfz in Typklassen begründet den
Schluss eines neuen Vertrages. Gemäß § 95 Absatz 1 VVG gilt im Falle der
Veräußerung der versicherten Sache seitens des VN, dass der Erwerber an die
Stelle des VN tritt und der ursprüngliche VN, der Veräußerer,                   aus dem
                                                     44
bestehenden Versicherungsvertrag ausscheidet .                Abweichend hiervon bleibt
es den Parteien offen, ob sie die zu leistenden Zahlungen als Folgeprämien durch
vertragliche Vereinbarung einordnen wollen und im Falle des Zahlungsverzuges
die Rechtsfolgen des § 38 VVG herbeiführen wollen45. Diese Abänderung der
gesetzlichen Regelung verstößt auf Grund der aus ihr resultierenden Vorteile für
den VN nicht gegen § 42 VVG.
ee) Einbeziehung eines neuen Risikos
Wenn ein neues Risiko in einen bestehenden Vertrag einbezogen werden soll,
kommt es darauf an, ob es überhaupt selbstständig versicherbar ist 46. In solchen
Situation ist es schwer zu erwarten, dass der VU die Prämie für das eigenständige
Risiko als Folgeprämie ansieht47. Somit ist stets ein Neuvertrag darin zu sehen,
der die zu zahlende Prämie als Erstprämie betrachtet. Es sei denn, das neue Risiko
ist ohne den bestehenden Vertrag nicht versicherbar, so fungiert dessen
Einbeziehung nur als eine „Integration“ in das einstige Vertragsverhältnis48.
Wird beispielsweise eine Teilkasko- in eine Vollkaskoversicherung umgewandelt,
so wird die erste Prämie für die Vollkaskoversicherung als Erstprämie
qualifiziert49. Wird beispielsweise eine Krankheitskostenversicherung um eine
Krankenhaustagegeldversicherung erweitert, so ist in diesem Fall nur die
„Differenzprämie“, sozusagen die Zusatzprämie für das erweiterte Risiko, eine
Erstprämie gem. § 37 VVG50. Wenn es nun zu einem Zahlungsverzug kommen
sollte, entfällt der Versicherungsschutz nur für diesen Teilbereich, sprich der

43
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 13.
44
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 13.
45
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 10; Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 13.
46
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 11.
47
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 11.
48
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 11; Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 10.
49
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 10.
50
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 10.
                                                                                       7
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                                   51
Erweiterung der Versicherung .            Der ursprüngliche Bestandteil des Vertrages
wird im Falle eines Zahlungsverzuges durch die Rechtsfolgen des § 38 VVG
behandelt.       Dieses lässt sich aus § 139 BGB schließen, wonach der Rücktritt
von dem neuen Versicherungsvertrag, hier der Qualifizierung bzw. Erweiterung
des Risikos nach § 37 VVG auch die gleichzeitig getroffene Aufhebungs- und
Abänderungsvereinbarung aufhebt und so der alte Versicherungsvertrag wieder
auflebt, auf den wieder § 38 VVG Anwendung findet52.          Gemäß § 242 BGB
folgt, dass auch die Leistungsfreiheit des VU gemäß § 37 VVG aus dem neuen
Vertrag lediglich auf die Erweiterung des Schutzbereiches, gegenüber dem alten
Vertrag bezieht53. Wenn das nicht so wäre, hätte sich die Rechtsstellung des VN
durch den Abschluss des neuen Vertrages sehr verschlechtert, was dem Willen des
VN nicht entsprechen würde54.

ff) Einschränkung oder Erweiterung des versicherten Risikos
Eine Einschränkung eines bereits versicherten Risikos stellt keinen Neuvertrag
dar55. Es kommt allein darauf an, ob es sich um dieselbe materielle Gefahr
handelt. Somit Folgeprämie. Bei einer Erweiterung des versicherten Risikos liegt
zweifelslos ein neuer Vertrag dar56. Somit Erstprämie.
b) Ratenzahlung
Entscheidend ist auch bei der Differenzierung zwischen Erst- und Folgeprämie die
Vereinbarung einer Ratenzahlung. Fraglich erscheint hierbei, ob die erste Rate als
Erstprämie zu beurteilen ist.
Ratenzahlung hat zur Bedeutung, dass die Prämie für eine Versicherungsperiode
in Teilbeträgen gezahlt wird, die die Parteien im Versicherungsvertrag von
vorneherein vereinbart haben, wonach die Raten nacheinander fällig werden, z.B.
bei halbjährlicher, vierteljährlicher oder monatlicher Zahlungsweise 57.    Nach
herrschender Meinung ist nur die erste Rate eine Erstprämie gemäß § 37 VVG
und die darauf folgenden Raten sind dann Folgeprämien gemäß § 38 VVG.

51
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 10.
52
   Ganster, S. 90.
53
   Ganster, S. 90.
54
   Ganster, S. 91; Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 10.
55
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 12.
56
   MüKo/Staudinger, § 37, Rn. 12.
57
   Ganster, S. 91.
                                                                                   8
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Davon zu unterscheiden ist der Fall, wenn die gesamte Prämie für die
Versicherungsperiode sofort nach Abschluss des Vertrags fällig ist, der VU aber
die Prämie beispielsweise aus Rücksicht auf die besondere Umstände des
Einzelfalls nach Vertragsschluss nur in Teilbeträgen erhebt. In diesen Fällen
verzichtet der VU auf sein Recht aus § 266 BGB, Teilleistungen abzulehnen und
dem VN nicht zu gestatten. Strittig ist   hierbei,   ob   alle   Teilbeiträge   als
Erstprämie gemäß § 37 VVG anzusehen sind oder nur der erste Teilbeitrag als
Erstprämie gemäß § 37 VVG zu werten ist und die weiteren darauf folgenden
Teilbeiträge gemäß § 38 VVG als Folgeprämien darstellen. Fraglich erscheint
auch, ob der VU die Prämie durch die Teilleistungen stundet und damit auf die
Folgen des Zahlungsverzuges und des § 37 Absatz 1 VVG verzichtet. Somit hat
der VU die Pflicht hierbei aufzuzeigen, inwiefern es sich um eine deckende
Stundung handelt und inwiefern er auf die diesbezüglichen Rechtsfolgen des § 37
VVG verzichtet58. Dabei ist besonders Acht darauf zu geben, ob die fälligen
Teilleistungen immer noch die Eigenschaft der Erstprämie aufweisen. Lediglich
die Stundung von Teilen der Prämie selbst ergibt keine Veränderung an der
Eigenschaft der Prämie, wodurch letztendlich die Erstprämie weiterhin besteht
und im Falle des Zahlungsverzuges § 37 VVG Anwendung findet59.

c) Vorläufige Deckung
Die Abgrenzung zwischen Erst- und Folgeprämie spielt auch im Bereich der
„vorläufigen Deckung“ eine Rolle. Die „vorläufige Deckung“ ist ein
selbstständiger Vertrag, der sofortigen Versicherungsschutz ermöglicht, obwohl
der Hauptvertrag noch nicht abgeschlossen ist 60. Diese beiden Einheiten, sprich
die „vorläufige Deckung“ und der „Hauptvertrag“ sind zwei unterschiedliche und
selbstständige Rechtsverhältnisse nach der herrschenden Meinung61. Es gibt in
beiden Fällen eine eigene Erstprämie. Da nach herrschender Meinung auch beim
Schluss des Hauptvertrages nach der vorläufigen Deckungszusage eine Erstprämie
ist und keine Folgeprämie, auch dann, wenn üblicherweise in ihr die Prämie für
die vorläufige Deckung enthalten ist62.

58
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 18.
59
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 18.
60
   Ganster, S. 94.
61
   Ganster, S. 94.
62
   Ganster, S. 95.
                                                                                 9
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d) Wiederherstellung eines bereits beendeten Vertrages
Die Differenzierung zwischen Erst- und Folgeprämie bereitet auch große
Schwierigkeiten, wenn der Vertrag beendet wurde, sei es durch Rücktritt,
Kündigung oder zeitlichen Ablauf und später wieder reaktiviert wird63.
Beim Rücktritt des VU nach § 37 Absatz 1 VVG wegen nicht rechtzeitig
erbrachter Leistung der Erstprämie ist auch die zeitlich erste Prämie des wieder in
Vollzug gesetzten Vertrages eine erste Prämie64. Leistet der VN nicht rechtzeitig
die Erstprämie und errichtet die Prämie erst nach der Fälligkeit, so ist der Vertrag
bereits erloschen. Durch die Errichtung der Prämie kann der VU den Schluss
eines neuen Vertrages verstehen und so diesem zustimmen. Kündigt der VU gem.
§ 38 Absatz 3 Satz 1 VVG wegen der Nichtleistung der Folgeprämie des VN; der
VN aber noch innerhalb der Monatsfrist die Prämie bezahlt, gem. § 38 Absatz 3
Satz 3 VVG, wird die Kündigung des VU unwirksam und die nächste zu
errichtende Prämie ist dann folglich eine Folgeprämie65.

3. Zusammenhang von Prämie und Versicherungsbeginn
Zuallererst ist zu erwähnen, dass es zwischen dem formellen, dem materiellen und
dem technischen Versicherungsbeginn zu unterscheiden ist66. Aus dem Grund ist
kurz auf den Versicherungsschein einzugehen. Der Versicherungsschein, auch
Police genannt, ist eine in Textform gem. § 126 b BGB oder als Urkunde gem. §
126 BGB geltende Erklärung des VU, welche als Beweis für den
Versicherungsvertragsschluss dient67. Dadurch wird hervorgebracht, dass der
Vertrag schon geschlossen wurde oder gleichzeitig geschlossen wird68.
Dieser     Versicherungsvertrag        kommt       wie    auch   andere     Verträge    im
schuldrechtlichen Sinne in dem Moment zustande, in dem die Annahmeerklärung
der    anderen,      antragstellenden      Vertragspartei    zugeht;      oft   mit    dem
Versicherungsschein beim VN. Genau diesen Zeitpunkt bezeichnet man als den
„formellen Versicherungsbeginn“.
Der materielle Versicherungsbeginn hingegen beginnt mit dem Zeitpunkt, ab dem
ein Vorfall zum „Versicherungsfall“ werden kann und damit die Leistungspflicht
63
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 22.
64
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 23; Ganster, S. 93.
65
   Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 23.
66
   Ganster, S. 96.
67
   Wandt, S. 165, Rn. 425.
68
   Wandt, S. 165, Rn. 425.
                                                                                        10
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                  69
des VU auslöst . Da der VU zu dieser Zeit haftet, wird dieser Zeitraum auch als
„Haftungsdauer“ bezeichnet, der sich nach der vertraglichen Vereinbarung richtet,
gemäß § 10 VVG70. Demnach beginnt der Versicherungsschutz mit dem Beginn
des Tages, an dem der Vertrag geschlossen wird; er endet mit dem Ablauf des
letzten Tages der Vertragszeit.
Der technische Versicherungsbeginn beschreibt den Zeitpunkt, ab dem die Prämie
berechnet wird, sprich geschuldet wird71. Dieser wird auch als der
prämienbelasteter Zeitraum oder auch die technische Versicherungsdauer
benannt72. Der technische Versicherungsbeginn kann nach vertraglicher
Vereinbarung von der formellen und der materiellen Vertragsdauer abweichen 73.
Die Unterscheidung in diese drei Zeitpunkte des Versicherungsbeginns, sowie das
mögliche Auseinanderfallen ist mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden, die
bei einem eingetretenen Prämienzahlungsverzug gemäß §§ 37, 38 VVG
hinsichtlich des bestehenden Versicherungsschutzes seitens des VU und des
Prämienzahlungsverzuges des VN auftreten.
II. Fälligkeit der Prämie
Die Fälligkeit der Prämie ist maßgebend für den möglichen Zahlungsverzug des
VN. Aus dem Grund ist es entscheidend, zu wissen, wann die Fälligkeit der
Prämie eintritt. Wie bereits oben erwähnt worden ist, wird zwischen der Erst- und
der Folgeprämie unterschieden. Auch hinsichtlich der Fälligkeit dieser Prämien
ergeben sich gemäß §§ 33, 37, 38 VVG Unterschiede, die im Folgenden erläutert
werden.

1. Erstprämie
Gemäß § 33 Absatz 1 VVG hat der Versicherungsnehmer die einmalige Prämie
oder, wenn laufende Prämien vereinbart sind, die erste Prämie „unverzüglich“
nach Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen. In
der Lebensversicherung beträgt die Widerrufsfrist 30 Tage gemäß § 152 Absatz 1

69
   Wandt, S. 167, Rn. 434.
70
   Wandt, S. 168, Rn. 439.
71
   Wandt, S. 169, Rn. 442; Ganster, S. 96.
72
   Wandt, S. 169, Rn. 442.
73
   Wandt, S. 169, Rn. 442.
                                                                              11
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und 3 VVG. Diese Prämienzahlungspflicht besteht nicht vor einem endgültigen
wirksamen Vertragsschluss und vor Fälligkeit der Prämienforderung74.
Der alleinige Zugang des Versicherungsscheins genügt noch nicht zur Fälligkeit
der Erst- bzw. Einmalprämie75. Denn erst nach 14 Tagen läuft auch die
Widerrufsfrist des § 8 Absatz 1 VVG ab und „der seit Vertragsschluss schwebend
wirksame Vertrag gewinnt eine endgültige Wirksamkeit“76. Der VN soll aus dem
Grund erst ab diesem Moment an, wo die Widerrufsmöglichkeit nicht mehr
besteht, seine Prämie zahlen müssen. Diese Widerrufsfrist gemäß § 8 Absatz 2
VVG beginnt mit dem Tag des Vertragsschlusses, doch nicht vor dem Zeitpunkt,
an dem der VN die Vertragsbestimmungen einschließlich der AVB und die
weiteren Informationen nach § 7 Absatz 1 und 2 VVG sowie eine deutlich
gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und über die Rechtsfolgen des
Widerrufs erhalten hat77. Hat der VN diese Belehrungen nicht erhalten, kann auch
trotz Zugangs des Versicherungsscheines die 14 Tage Frist nicht zu laufen
beginnen78. Erst mit Erhalt der oben genannten notwendigen Unterlagen sowie
dem Zugang des Versicherungsscheins und der Ablauf der 14 tägigen Frist, ist die
Prämie unverzüglich zu errichten und somit fällig.
a) Unverzügliche Prämienzahlung nach Ablauf von 14 Tagen
§ 33 Absatz 1 VVG nennt neben der 14 tägigen Frist zur Prämienzahlung, auch
das Wort „unverzüglich“. Strittig ist die Auslegung dieser Regelung. In der
Literatur wird die Meinung vertreten, dass Fälligkeit der Prämie mit dem Ende der
Widerrufsfrist eintritt, also zwei Wochen nach Erhalt des Versicherungsscheins 79.
Nach anderer Meinung hat der VN die Prämie unverzüglich zu zahlen, nachdem
zwei Wochen vergangen sind. Unverzüglich richtet sich hier nach der
Legaldefinition in § 121 BGB: ohne schuldhaftes Zögern80. Im Schrifttum wird
dieser Begriff in diesem Zusammenhang mit dem § 33 VVG so verstanden, dass
die Fälligkeit damit frühestens zwei bis drei Tage nach Ablauf der
Zweiwochenfrist beginnt81.

74
   Prölss/Martin/Knappmann, § 37, Rn. 11.
75
   Bruck/Möller/Beckmann, § 33, Rn. 43.
76
   MüKo/Staudinger, § 33, Rn. 19.
77
   NoKo/Karczewski, § 33, Rn. 5.
78
   NoKo/Karczewski, § 33, Rn. 5.
79
   Marlow/Spuhl, S. 115.
80
   Palandt/Heinrichs, § 121, Rn. 3.
81
   Bruck/Möller/Beckmann, § 33, Rn. 44; Schwintowski/Brömmelmeyer/Michaelis, § 33, Rn. 7.
                                                                                            12
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b) Abweichender Versicherungsschein
Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des VN oder den
getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn der VN
nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform
widersprochen hat, gem. § 5 Absatz 1 VVG. Das gilt aber nur, wenn der VU den
VN bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hingewiesen hat, sprich die
Abweichungen und die hiermit verbunden Rechtsfolgen dem VN durch einen
auffälligen Hinweis aufmerksam gemacht hat und ihn zudem darauf verwiesen
hat, dass die Abweichungen als genehmigt gewertet werden, wenn der VU nicht
innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform
widersprochen hat. Bei solchen Abweichungen im Versicherungsschein verlängert
sich die Zahlungsfrist in § 33 Absatz 1 VVG auf einen Monat, gemäß § 5 Absatz
1 VVG. Erst nach diesem Monat nach Zugang des Versicherungsscheins ist die
Prämie fällig.

c) Abdingbarkeit des § 33 VVG
Des Weiteren ist zu erwähnen, dass § 33 Abs. 1 nach § 42 VVG abdingbar ist,
also keine zwingende Regelung ist82. Abdingbar sind gesetzliche Regelungen, von
denen     durch    vertragliche     Vereinbarung      zwischen    den    Vertragsparteien
abgewichen werden kann83. Dadurch kann mithilfe der Vorverlagerung der
Fälligkeit der Erstprämie ein vereinbarter, früherer Versicherungsbeginn erzielt
werden84, indem Versicherungsschutz herrscht. Infolge dessen, dass der
Leistungsaustausch vor Ablauf der Widerrufsfrist stattfinden kann - sprich der
Versicherungsschutz beginnt schon vor der Errichtung der Erstprämie - findet das
Einlösungsprinzip         bei      widerruflichen       Versicherungsverträgen        keine
Anwendung85. Denn soweit der VN seine Vertragserklärung nicht widerruft, um
den Vertrag rückgängig zu machen, besteht ein schwebend wirksamer Vertrag,
welches ein Vorteil für den VN darstellt, da er sich im Bereich des
Versicherungsschutzes           befindet.     An      dieser    Stelle   ist     an     die
Rückabwicklungsreglung des § 9 VVG bei Widerruf zu bedenken. Demnach steht
dem VU auch dann die Prämie zu, wenn der VN sich vom Vertrag noch lösen

82
   Schirmer, S. 70.
83
   G/B: http://www.graf-bonn.de/rechtslexikon.html.
84
   Schirmer, S. 70.
85
   Schirmer, S. 70.
                                                                                        13
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                                                    86
kann, indem er gemäß § 8 VVG widerruft . Doch diese Prämie aufgrund der
Rückabwicklungsregelung des § 9 VVG steht dem VU nur zu, wenn er den VN
ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht gemäß § 8 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2
belehrt hat und der VN dem Beginn des Versicherungsschutzes vor Ablauf der
Widerrufsfrist,      sowie     den    zu     zahlenden      Betrag     für    den   früheren
Versicherungsbeginn          zugestimmt       hat87.     Bei     solchen      widerruflichen,
abweichenden Regelungen des Versicherungsschutzbeginns kann die Fälligkeit in
AVB an den Versicherungsschutzbeginn angepasst werden88. Nichtsdestotrotz ist
auch hierbei die Prämie erst unverzüglich nach Ablauf von zwei Wochen nach
Zugang des Versicherungsscheines mit der Erstprämie des Hauptvertrages zu
zahlen (vorläufige Deckung), gemäß § 33 Absatz 1 VVG.
d) Das Invitatio-Modell
In der Praxis ist es gewöhnlich, dass der VN den Antrag auf Abschluss eines
Versicherungsvertrages stellt und der VU den Antrag annimmt und die
Policelerstellt89.     Von      dieser     Bestimmung          geht     das    Gesetz     als
Vertragsschlussmodell aus90. Denkbar ist es auch, wenn man diese Konstellation
umkehrt,     sodass der VU auf Anforderung des VN den Antrag mit seiner
Antragserklärung stellt91. Bei einem solchen Fall ist die Rede von dem Invitatio-
Modell.          Bei diesem offenbart der VN seine Wünsche und Bedürfnisse dem
VU mit der Bitte auf der Grundlage der bereitgestellten Daten ein Angebot zum
Abschluss eines Versicherungsvertrages zu machen92. Die Offenbarung und
Erklärung des VN hinsichtlich seiner Bedürfnisse und Wünsche ist ohne
rechtlichen Bindungswillen und aus dem Grund kein Antrag, sondern lediglich
eine invitatio ad offerendum93. Der VU überprüft daraufhin das Risiko, stellt die
Police aus und leitet sie dem VN weiter. Dadurch macht der VU dem VN ein
Angebot zum Abschluss eines Versicherungsvertrages gemäß § 145 BGB,
welches der VN durch ausdrückliche Erklärung oder konkludent später annehmen

86
   Schimikowski/Höra, S. 133.
87
   Schirmer, S. 70.
88
   Schirmer, S. 70.
89
   DVb: http://www.deutsche-
versicherungsboerse.de/verswiki/index_dvb.php?title=Stellvertretermodell.
90
   Schirmer, S. 70.
91
   Schirmer, S. 70; Wandt, S. 190, Rn. 504.
92
   DVb: http://www.deutsche-
versicherungsboerse.de/verswiki/index_dvb.php?title=Stellvertretermodell.
93
   DVb: http://www.deutsche-
versicherungsboerse.de/verswiki/index_dvb.php?title=Stellvertretermodell.
                                                                                          14
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kann, gemäß            § 150 f. BGB. Da das Vertragsschlussmodell aus der Sicht des
Gesetzes auf das Antragsmodell zurückführt, muss die Fälligkeit beim Gebrauch
des Invitatio-Modells angepasst werden94.                 Bei     der   Frage   um   die
Fälligkeit der Prämie beim Invitatio-Modell kann hier frühestens erst zwei
Wochen nach Abgabe und Zugang der Annahmeerklärung des VN ausgegangen
werden, auch dann wenn der Versicherungsschein gleichzeitig mit dem Antrag
des VU versandt worden sein sollte95. Die Aufnahmeerklärung des VN schließt
die Vertragsschlussprozedere ab, indem sie das Wirksamwerden des Vertrages
hervorbringt96 und erst zwei Wochen später nach der Aufnahmeerklärung seitens
des VN gemäß § 33 Absatz 1 VVG ist die Prämie unverzüglich zu errichten und
fällig.
2. Folgeprämie
Die Regelung der Fälligkeit der Folgeprämie ist gesetzlich nicht geregelt.
Hingegen resultiert die Fälligkeit der Folgeprämie aus den zeitlichen
Bestimmungen des Versicherungsvertrages97. Die Prämie ist hierdurch am ersten
Tag einer neuen Versicherungsperiode oder im neuen Ratenzahlungszeitraum
fällig98.
III. Erfüllung der Prämienzahlungspflicht
Die Erfüllung der Prämienzahlungsschuld ergibt sich aus der Regelung des § 36
VVG. Geldschulden sind gesetzlich Schickschulden gemäß § 270 Absatz 1 BGB.
Charakteristisch für Schickschulden ist, dass der Leistungsort und der Erfolgsort
auseinanderfallen, so wie in § 36 Absatz 1 und 2 VVG. Die Prämienschuld des
VN ist daher eine „qualifizierte Schickschuld“; der Leistungsort ist der Wohn-
oder Geschäftssitz des VN99, der Erfolgsort hingegen ist beim Wohn- oder
Geschäftssitz des VU. Daraus folgt, dass die geschuldete Leistungshandlung des
VN nicht die Herbeiführung des Leistungserfolges beim VU ist, folglich der
Eingang des Geldes (Zubuchung auf dem Konto des VU)100. Seinerseits
Erforderliche hat der VN dann bereits getan, wenn er den Geldtransfer an seinem

94
   Schirmer, S. 70.
95
   Schirmer, S. 70.
96
   Schirmer, S. 70 f.
97
   Schirmer, S. 71.
98
   Schirmer, S. 71.
99
   Klimke, VersR 2010, S. 1259; Wandt, S. 191, Rn. 509.
100
    Klimke, VersR 2010, S. 1259; Schirmer, S. 75.
                                                                                     15
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Wohnsitz veranlasst, in dem er beispielsweise seiner beauftragten Bank den
Zahlungsauftrag erteilt hat gemäß § 675 f Absatz 3 Satz 2 BGB101.
Im Gegensatz zu anderen Schickschulden trägt der VN gemäß § 36 Absatz 1 Satz
1 VVG die Gefahr (vgl. § 270 Absatz 1 BGB), wenn das Geld bei dem Transfer
verloren geht (Risiko des zufälligen Untergangs); er ist dann verpflichtet
nochmals zu leisten. Diese Verpflichtung macht aus der Schickschuld, eine
                                    102
„qualifizierte Schickschuld“           . Das Verzögerungsrisiko bei rechtzeitiger
Ausführung der Leistungshandlung des VN, trägt der VU103.                Der VN ist also
auch dann nicht in Verzug, wenn er den Transfer der Prämie am Fälligkeitstermin
selbst veranlasst, auch wenn die Prämie vom VU erst später erlangt wird. Er hat
bereits dadurch seinerseits Erforderliche getan (Leistungshandlung). Gemäß § 37
VVG ist die Erstprämie in dem Moment „bezahlt“. Nichtsdestotrotz entnimmt der
EuGH im Anschluss auf die Zahlungsverzugsrichtlinie104, dass Geldschulden -
nicht nur im betroffenen Bereich der Zahlungsverzugsrichtlinie, sondern auf alle
Geldforderungen;        im     allgemeinen-bürgerlich-rechtlichen        Schrifttum   als
„Bringschulden“ betrachtet werden105. Hierbei fallen Leistungsort und Erfolgsort
zusammen, d.h. der VN müsste die Leistung dem VU bringen; er trägt somit
Leistungs- und Preisgefahr. In der Praxis hat die Zahlungsverzugsrichtlinie im
Hinblick auf die Prämienzahlung folgende Bedeutung: Ist der VN ein
Unternehmer, so ist die Prämienschuld abweichend von § 36 VVG als
Bringschuld i.S. von §§ 269, 270 BGB anzusehen; d.h. dass die rechtzeitige
Zahlung der Prämie gemäß § 37, 38 VVG sowohl der Eintritt und das Ende des
Verzugs auf den Eingang der Prämie beim VU zurückzuführen ist und nicht wie
zuvor auf die Erteilung bzw. Übermittlung des Zahlungsauftrages gegebenenfalls
bei der Bank durch den VN106. Der VN muss, wenn er Unternehmer ist, aufgrund
der Zahlungsverzugsrichtlinie die Prämie rechtzeitig beim VU einzahlen, dabei
reicht es nicht mehr, wenn er die Prämienzahlung am Fälligkeitstermin durch
seine Bank veranlasst hat. Vielmehr muss schon im Augenblick des
Fälligkeitszeitpunkts die Prämie beim VU eingegangen sein (Bringschuld)107. Das

101
    Klimke, VersR 2010, S. 1259; NoKo/Karczewski, § 33, Rn. 10.
102
    Klimke, VersR 2010, S. 1259.
103
    Klimke, VersR 2010, S. 1259.
104
    Zahlungsverzugsrichtlinie 2000/35/EG; Klimke, VersR 2010, S. 1260.
105
    Klimke, VersR 2010, S. 1260.
106
    Klimke, VersR 2010, S. 1264 f.
107
    Klimke, VersR 2010, S. 1264 f.
                                                                                      16
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Verzögerungsrisiko         bei   Überweisungen   der   Prämie   durch   das   eigene
kontoführende Bank gemäß § 278 BGB, ist dem VN zuzurechnen. Bei einem
Verschulden der Empfängerbank (VU), ist dem VN nichts zuzurechnen.
Ungeachtet dessen ist die Erst- oder Einmalprämie gemäß § 33 Absatz 1 VVG
erst in dem Zeitpunkt fällig, in dem der Eingang des Geldes bei einer sofortigen
Veranlassung des Transfers nach Ablauf der 14-tägigen Frist normalerweise zu
erwarten ist108. Ist der VN ein Verbraucher, so ist die Prämienschuld wie bisher
als eine „qualifizierte“ Schickschuld zu betrachten109. Die Prämienschuld des VU
stellt hierbei dann meistens eine Holschuld dar; hierbei ist es gegeben, dass der
VU eine Einzugsermächtigung mit dem VN vereinbart, in dem er die Prämie vom
Konto des VN abbucht. Dabei kommt dem VN lediglich die Pflicht, dass bei
Fälligkeit der Prämie genügend Deckung auf seinem Konto vorhanden ist 110. Dies
wiederum führt dazu, dass der VU die zeitnahe Abbuchung beim VN in Textform
ankündigt, damit der VN die Verantwortung tragen kann, zu welchem Zeitpunkt
welche Prämiensumme auf seinem Konto gedeckt sein muss 111. Die verspätete
Abbuchung ist selbstverständlich dem VU zuzurechnen und somit kann er sich
auch nicht mehr auf die Rechtsfolgen einer verspäteten Prämienzahlung
berufen112. Wenn der VN in Verzug gerät, folglich der Leistungserfolg nicht zum
Zahlungstermin eingetreten ist und er es zu vertreten hat, so muss er
Verzugszinsen gemäß § 288 Absatz 1 BGB errichten113.
IV. Prämienzahlungsverzug
Soeben wurde die Erfüllbarkeit der Prämienzahlung erläutert. Nun kommt es zu
den Rechtsfolgen des Prämienzahlungsverzuges.
1. Prämienzahlungsverzug der Erstprämie gemäß § 37 VVG
Wenn die Einmal- bzw. Erstprämie nicht rechtzeitig gezahlt wurde, so greift § 37
VVG ein. Bei einer nicht rechtzeitigen Prämienzahlung ist der VU nicht zur
Leistung verpflichtet und zum Rücktritt berechtigt, wenn der VN die
Nichtzahlung zu vertreten hat.

108
    Klimke, VersR 2010, S. 1264 f.
109
    Klimke, VersR 2010, S. 1265.
110
    Schirmer, S. 75.
111
    Schirmer, S. 75.
112
    Meixner/Steinbeck, § 6, Rn. 18.
113
    Klimke, VersR 2010, S. 1260.
                                                                                 17
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2. Belehrungspflicht
Damit überhaupt die Rede vom Verzug sein kann und die Rechtsfolgen eintreffen
können, bedarf es einer Belehrung seitens des VU gegenüber dem VN gemäß § 37
Absatz 2 VVG. Hierbei muss der VU den VN deutlich darauf hinweisen, dass er
bei nicht rechtzeitiger Zahlung der Erstprämie den Versicherungsschutz
verliert114. Diese Belehrung auf die Rechtsfolgen             der Nichtzahlung der
Erstprämie, muss er entweder durch eine gesonderte Mitteilung in Textform oder
durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein den VN aufmerksam
machen. Bezüglich der harten Konsequenzen für die Nichtzahlung der Prämie legt
die Rechtsprechung hohe Anforderungen an die Klarheit, Genauigkeit und
Richtigkeit der Erstprämienanforderung115.
3. Prämienanforderung
Die Prämienanforderungen müssen „präzise beziffert und korrekt gekennzeichnet
sein“116. Sind gleichzeitig mehrere Prämien eingefordert, ist eine „deutliche
Trennung und Kennzeichnung der Herkunft“ zwingend notwendig117. Der Verstoß
gegen diese sorgfältige und präzise Zusammensetzung der Prämienanforderung,
führt zu einer unwirksamen Leistungsanforderung und kann nicht in einem
Rücktrittsrecht oder einer Leistungsfreiheit des VU enden, gem. §§ 37, 38
VVG118;      da   er   beweispflichtig für       den   Nachweis   des   Zugangs   der
ordnungsgemäßen Zahlungsaufforderung ist119.            Zu dieser ordnungsgemäßen
Zahlungsaufforderung gehören die Differenzierung und Zusammensetzung der
jeweiligen geforderten Prämie, dem VN muss klar verdeutlicht werden, welcher
Betrag für welchen Zweck von ihm verlangt wird 120. Der VU ist nicht verpflichtet
im Vorfeld ein „genaues Datum der Abbuchung“ zu geben, es ist ausreichend,
wenn aus dem Versicherungsschein zu entnehmen ist, dass innerhalb der nächsten
14 Tage die Abbuchung erfolgen wird 121.

114
    Schirmer, S. 76.
115
    Wandt, S. 194, Rn. 517.
116
    Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 25.
117
    Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 25.
118
    Bruck/Möller/Beckmann, § 37, Rn. 25.
119
    NoKo/Karczewski, § 37, Rn. 8.
120
    NoKo/Karczewski, § 37, Rn. 6, § 33 Rn. 16.
121
    NoKo/Karczewski, § 37, Rn. 8.
                                                                                  18
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