Praxis des Immaterialgüterrechts in Europa 2022 - Die Seite des INGRES | La page de l'NGRES

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Berichte | Rapports

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Praxis des Immaterialgüterrechts
in Europa 2022
Bericht über die INGRES-Tagung vom 31. Januar 2022

Auch dieses Jahr konnte aufgrund der COVID-19-Pande-                                        Cette année encore, la conférence annuelle de l’INGRES
mie die alljährliche INGRES-Tagung zur Praxis des euro-                                     sur la pratique du droit européen de la propriété intellec-
päischen Immaterialgüterrechts nur virtuell stattfinden.                                    tuelle n’a pu avoir lieu que virtuellement en raison de la
Dennoch nahmen an der durch D R . M ICHAEL R ITSCHER                                        pandémie COVID-19. Néanmoins, de nombreux représen-
konzipierten und geleiteten Tagung zahlreiche in- und                                       tants nationaux et étrangers des tribunaux, des autorités,
ausländische Vertreter von Gerichten, Behörden, der                                         de l’industrie et de la profession juridique ont participé à
Industrie sowie der Anwaltschaft teil, um sich über die                                     ce colloque conçu et présidée par Dr. M ICHAEL R ITSCHER ,
aktuellsten Entwicklungen im Immaterialgüterrecht in                                        afin d’échanger sur les développements les plus récents
Europa auszutauschen.                                                                       du droit de la propriété intellectuelle en Europe.

I. Patentrecht
                                                                                           lenk im Raum gemäss Beschreibung um drei orthogonale
1. Praxis des BGH
                                                                                           Achsen verschwenkbar sein, was auch bei einem Gelenk,
D R . K L AUS G R ABINSKI , Richter am Deutschen Bundesgerichts-                           welches lediglich zwei Freiheitsgrade aufweist, möglich ist.
hof, stellte vier für die weitere Rechtsentwicklung relevante                              Auf seine bekannte Rechtsprechung abstellend, dass ein Pa-
Entscheidungen des Deutschen Bundesgerichtshofs (BGH)                                      tentanspruch im Zweifel so auszulegen ist, dass alle als erfin-
vor.                                                                                       dungsgemäss bezeichneten Ausführungsbeispiele unter die-
       Die erste Entscheidung (BGH vom 2. Februar 2021, X                                  sen Patentanspruch fallen, bejahte der BGH die Patentverlet-
ZR 170/18, «Anhängerkupplung») befasste sich mit der Aus-                                  zung schliesslich.
legung eines Patentanspruchsmerkmals unter der Berück-                                          Die zweite Entscheidung (BGH vom 2. März 2021,
sichtigung der Ausführungsbeispiele. Konkret betrifft das                                  X ZR 17/19, «Schnellwechseldorn») bezog sich auf die Aus-
Klagepatent eine Anhängerkupplung, bei der das Anhänger-                                   legung des Patentanspruchs und die Abgrenzung zum Stand
element um eine schräg im Raum stehende Schwenkachse                                       der Technik. Das Streitpatent betrifft dabei einen Schnell-
gegenüber dem Lagerelement verschwenkbar ist, wodurch                                      wechseldorn, der geeignet ist, einen Bohrer und koaxial
diese in einfacher Weise bei unterschiedlichsten Raumver-                                  dazu eine Lochsäge zu halten und eine Befestigung an einer
hältnissen einsetzbar ist. Dies wird mittels eines dreiachsig                              Bohrmaschine zu ermöglichen, wodurch ein vereinfachter
schwenkbaren Gelenks realisiert. Im Verletzungsstreit ging                                 Dorn zur Verfügung gestellt werden kann. Entscheidend bei
es um die Frage, ob ein Gelenk zur Begründung einer Patent-                                dem Patent ist, dass die Teile vereinfacht befestigt bzw. ge-
verletzung zwei oder drei Freiheitsgrade aufweisen muss.                                   löst werden können, wodurch die Teile bei jedem Einsatz
Die Vorinstanzen waren unterschiedlicher Ansicht. Der                                      des Geräts – und nicht wie bisher nur zu Reparaturzwecken –
BGH stellte im Rahmen seines Urteils auf die Darstellungen                                 gewechselt werden können. Der BGH trug diesem Umstand
der Ausführungsbeispiele ab, bei denen die Ausgestaltung                                   Rechnung und stellte bei seiner Entscheidung darauf ab,
mit drei Freiheitsgraden lediglich als «bevorzugte» Ausfüh-                                dass die Patentbeschreibung den aktuellen Stand der Tech-
rungsform beschrieben wird. Insoweit genügte eine Ver-                                     nik nicht bloss begrüsst und lediglich verbessern will, son-
schwenkbarkeit um zwei Achsen, weil sich die Ausrichtung                                   dern diesen als nachteilhaft bezeichnet und ein im Patent-
jeder Schwenkachse bei einer Verschwenkung um eine an-                                     anspruch vorgesehenes Merkmal als Mittel zur Überwin-
dere Achse verändert. Ausserdem muss ein dreiachsiges Ge-                                  dung dieses Nachteils hervorhebt.
                                                                                                Bei der dritten Entscheidung (BGH vom 8. Juni 2021,
                                                                                           X ZR 47/19, «Ultraschallwandler») ging es um eine Patent-
A DRIAN E UGSTER , M.A. HSG in Law and Economics.                                          verletzung durch Belieferung eines im Ausland ansässigen
                                                                                           Abnehmers. Das Klagepatent betrifft dabei Ultraschall-
J ULIA P UGLIESE , MLaw, Luzern.
                                                                                           wandler, die als Teil von Einparkhilfesystemen für Kfz ein-
S EBASTIAN S UTER , MLaw, Zürich.                                                          gesetzt werden. Die Beklagte stellte in Taiwan Ultraschall-

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BERICHTE | RAPPORTS
wandler her und lieferte diese an den Automobilhersteller                                        werden dürfen. Gemäss G R ABINSKI reicht bei Vorliegen an-
Renault/Dacia, der in Marokko (ausserhalb der EU) produ-                                         derer Anhaltspunkte ein blosser Hinweis nicht aus. Bei Vor-
zierte. In der Annahme einer Patentverletzung bat die Kläge-                                     liegen einer Vermutung des Exports in patentgeschützte
rin die Beklagte, schriftlich darzulegen, weshalb sie berech-                                    Märkte muss man sich explizit erkundigen, ob dies tatsäch-
tigt sei, das Klagepatent benutzen zu dürfen. Gemäss bishe-                                      lich der Fall ist, und es sind entsprechende Vorkehrungen zu
riger Rechtsprechung des BGH hat nicht nur derjenige, der                                        treffen (z.B. durch vertragliche Abmachungen).
sich vorsätzlich an der Benutzung eines Patents durch einen
Dritten beteiligt, für eine Patentverletzung einzustehen,
                                                                                                 2. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA
sondern auch derjenige, der eine Benutzung des geschützten
Gegenstands durch einen Dritten durch eigenes pflichtwid-                                        Anschliessend präsentierte D R . F RITZ B LUMER , Mitglied einer
riges Verhalten ermöglicht. Eine solche Zurechnung setzt                                         der Juristischen Beschwerdekammern des Europäischen Pa-
aber die Verletzung einer Überprüfungs- oder Über-                                               tentamts in München, ausgewählte Rechtsprechung des
wachungspflicht des Handelnden voraus. Von diesen Pflich-                                        EPA. B LUMER ging zunächst auf die rechtlichen Entwicklun-
ten ging der BGH im Fall X ZR 120/15 «Abdichtsystem»                                             gen im Verfahrensrecht der Beschwerdekammer aufgrund
vom 16. Mai 2017 bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte                                           von COVID-19 ein. In der Anfangs 2020 (vor der Corona-
aus, die eine Weiterlieferung des Erzeugnisses in das patent-                                    Krise) angepassten Verfahrensordnung wurden Verhandlun-
geschützte Inland naheliegend erscheinen lassen. Konkrete                                        gen per Videokonferenz (ViKo) explizit nicht vorgesehen.
Anhaltspunkte sind dabei etwa, dass der Lieferant von der                                        Nach dem ersten Lockdown im März 2020 war jedoch ein
Weiterlieferung Kenntnis erlangt hat oder die abgenom-                                           Verzicht auf ViKo nicht mehr möglich: Bereits am 8. Mai
mene Menge so gross ist, dass sie schwerlich nur auf schutz-                                     2020 wurde die erste Videoverhandlung abgehalten; bis
freien Märkten vertrieben werden kann. Vorliegend ergaben                                        heute wurden ca. 1'500–2'000 solcher Verhandlungen
sich die Anhaltspunkte für eine Weiterlieferung aus dem                                          durchgeführt, wobei der Anteil dieser Durchführungsart
Schreiben der Beklagten an den Kläger sowie aufgrund der                                         momentan 70–80% aller mündlichen Verhandlungen in
geografischen Lage der Produktionsstätte in Marokko, bei                                         Prüfungs- und Einspruchsverfahren beträgt, obwohl An-
der eine Lieferung der Fahrzeuge mit den Wandlern in die                                         fangs die Durchführung einer ViKo nur mit Zustimmung
EU nahelag.                                                                                      der Parteien möglich war. Mit Ergänzung der Verfahrensord-
      Der vierte Entscheid (BGH vom 20. April 2021, X                                            nung der Beschwerdekammern per 1. April 2021 wurde eine
ZR 40/19, «Zahnimplantat») betraf die bildliche Darstellung                                      rechtliche Grundlage für die virtuelle Durchführung von
als Ausgangspunkt für technische Überlegungen. Das Streit-                                       Verhandlungen geschaffen, insbesondere auch für den Fall,
patent betrifft dabei ein Schraubimplantat zur Befestigung                                       dass eine der Parteien nicht zustimmen will. Vor Inkrafttre-
von Zahnersatz am Kiefer. Mit Blick auf die Entgegenhaltun-                                      ten der neuen Bestimmung wurde diese zur Prüfung ihrer
gen stellte sich insbesondere die Frage, ob es sein kann, dass                                   Vereinbarkeit mit Art. 116 EPÜ (Recht auf mündliche Ver-
im Hinblick auf den relevanten Stand der Technik tech-                                           handlung) der grossen Beschwerdekammer im Sinne einer
nische Merkmale allein durch die in einer Patentanmeldung                                        Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorgelegt (Verfahren
enthaltenen Zeichnungen offenbart sein können. Gemäss                                            G 1/21). Im Entscheidungstenor wurde klargestellt, dass
BGH kann sich ein vergleichbarer Offenbarungsgehalt auch                                         ViKo mündliche Verhandlungen seien, die Wahrnehmung
aus Zeichnungen oder bildlichen Darstellungen in den ver-                                        des rechtlichen Gehörs ermöglichten und die einzige Mög-
öffentlichten Unterlagen eines eingetragenen Designs er-                                         lichkeit darstellten, um die Funktion der Beschwerdekam-
geben. So kann im Einzelfall als Ausgangspunkt für tech-                                         mer aufrechtzuerhalten, solange klassische Verhandlungen
nische Überlegungen Anlass bestehen, nicht nur auf am                                            nicht möglich seien. Da diese aber dennoch nicht gleichwer-
Markt erhältliche Erzeugnisse zurückzugreifen, sondern                                           tig mit Verhandlungen mit persönlicher Anwesenheit seien,
auch auf Abbildungen solcher Erzeugnisse in den Unter-                                           wurden für die Anordnung einer ViKo gegen den Willen
lagen eines eingetragenen Designs.                                                               einer Partei drei Voraussetzungen aufgestellt: (1) Die ViKo
      KONSTANTIN S CHALLMOSER merkte zum Fall «Ultra-                                            muss eine geeignete, wenn auch nicht gleichwertige Alterna-
schallwandler» an, dass es in Frankreich Urteile gebe, die                                       tive zur mündlichen Verhandlung darstellen; (2) es müssen
dem Fall «Abdichtsystem» des BGH widersprächen und                                               spezifische Umstände vorliegen, die die Anordnung einer
wollte wissen, ob sich der BGH mit diesen Entscheidungen                                         ViKo rechtfertigen (z.B. allgemeine Reisebeschränkungen;
auseinandergesetzt habe. G R ABINSKI verneinte diese Frage                                       nicht verwaltungstechnische Überlegungen); (3) die Ent-
unter dem Hinweis, dass die Heranziehung voraussetzt,                                            scheidung über die Anordnung einer ViKo ist eine Ermes-
dass die Parteien diese Rechtsprechung vorlegen und ent-                                         sensentscheidung der ladenden Kammer im Einzelfall nach
sprechende Fragen aufwerfen würden, was hier nicht erfolgt                                       Anhörung der Parteien. Ziel sollte aber sein, dass es sich da-
sei. P ETER T HOMSEN stellte zum gleichen Fall die Frage, ob                                     bei lediglich um eine Übergangslösung handelt.
die Produzentin aus Taiwan die Überprüfungs- bzw. Über-                                                Darauffolgend erläuterte B LUMER das Thema künstliche
wachungspflicht hätte vermeiden können, wenn sie bei der                                         Intelligenz als Erfinder. Konkret ging es in dem vorgestellten
Lieferung an den Autoproduzenten explizit darauf aufmerk-                                        Fall um Lebensmittelbehälter mit einem fraktalen Grund-
sam gemacht hätte, dass die Ultraschallwandler nicht in                                          riss, der eine einfachere Verpackung mehrerer Behälter und
Fahrzeuge für einen patentgeschützten Markt eingesetzt                                           das Einsparen von Verpackungsmaterial ermöglicht. Die

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Adrian Eugster | Julia Pugliese | Sebastian Suter Praxis des Immaterialgüterrechts in Europa 2022

Neuigkeit der Idee soll von einer Software erkannt worden                                  Weiter wurden digitale Einrichtungen etabliert, etwa ein di-
sein. Gemäss EPÜ ist in der Anmeldung eines Patents, unter                                 gitales Einreichungs-Tool. Entsprechend musste der Rechts-
Einhaltung gewisser auf natürliche Personen zugeschnitte-                                  rahmen, insbesondere mit Blick auf Formerfordernisse, an-
nen Formvorschriften (Vorname, Name, Adresse), der Erfin-                                  gepasst werden.
der zu nennen. Da diese Formvorschriften von der Software                                        Anschliessend machte L UGINBÜHL Ausführungen zum
als Erfinder nicht eingehalten werden konnten, wurde die                                   Konvergenzprogramm des EPA. Dabei geht es darum, Un-
Anmeldung von der Eingangsstelle zurückgewiesen. Auch                                      terschiede bei den administrativen Praktiken der Patent-
in der mündlichen Verhandlung vor der juristischen Be-                                     ämter Europas zum Vorteil der Nutzer zu verringern bzw.
schwerdekammer wurde die Anmeldung zurückgewiesen                                          gänzlich abzubauen. Am 19. Januar 2022 startete die Pe-
und man wollte die Sache auch nicht der grossen Beschwer-                                  riode der vorläufigen Anwendbarkeit des EPGÜ (Überein-
dekammer vorlegen. Dies wurde damit begründet, dass der                                    kommen über ein einheitliches Patentgericht). Nach heuti-
Rechtserwerb Art. 60 EPÜ zu genügen habe, wonach der be-                                   gem Stand sollte das neue Patensystem Ende dieses oder
nannte Erfinder eine rechtsfähige Person sein müsse. Die                                   spätestens anfangs nächsten Jahres in Kraft treten können.
schriftliche Begründung ist noch ausstehend.                                               L UGINBÜHL erläuterte kurz das Konzept des Einheitspatents,
      Zuletzt thematisierte B LUMER die Rechtsprechung über                                einem europäischen Patent, dem auf Antrag des Patentinha-
die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen                                   bers nach dessen Erteilung einheitliche Wirkung zuerkannt
(CII). Im konkreten Fall geht es um die Simulation der Be-                                 wird, was einen vereinfachteren und breiteren Patentschutz
wegung einer autonomen Einheit durch eine Umgebung.                                        zu niedrigeren Kosten ermöglicht. Um die Aufnahme des
Eine Vielzahl von Fussgängern soll von einem Start- zu                                     Einheitspatents zu erleichtern, wird es einerseits möglich
einem Zielort gehen, wobei Wände und andere Fussgänger                                     sein, die Entscheidung über die Erteilung des europäischen
im Weg stehen. Solche Simulationen werden etwa zur Be-                                     Patents auf Antrag aufzuschieben, bis das neue System in
rechnung einer optimalen Evakuierung eines Flughafen-Ter-                                  Kraft ist, und andererseits können Anträge auf einheitliche
minals oder Bahnhofs verwendet. Die Rechtslage für CII be-                                 Wirkung bereits jetzt gestellt werden, auch wenn das System
inhaltet zwei Hürden unter dem EPÜ: 1) Die Qualifikation                                   noch nicht in Kraft ist. Das Amt wird dann die Eintragung
als patentierbare Erfindung gemäss Art. 52 EPÜ und 2) dass                                 erst vornehmen, wenn das EPGÜ-System in Kraft getreten
bei der erfinderischen Tätigkeit nach Art. 56 EPÜ nur dieje-                               ist. Die Eintragung der einheitlichen Wirkung ist an materi-
nigen Merkmale zu berücksichtigen sind, die zum tech-                                      elle und formelle Voraussetzungen geknüpft. Materiell muss
nischen Charakter der beanspruchten Erfindung beitragen,                                   das europäische Patent für alle 25 teilnehmenden Mitglied-
wobei die Zielsetzung der Erfindung auch in einem nicht-                                   staaten mit demselben Anspruchssatz erteilt worden sein
technischen Gebiet liegen kann (COMVIK-Rechtsprechung,                                     und formell muss der Antrag in der Verfahrenssprache in-
T 641/00). Die beantworteten Vorlagefragen waren nur vor                                   nerhalb eines Monats eingereicht werden. Die Kosteneffi-
dem Hintergrund dieser COMVIK-Rechtsprechung zu ver-                                       zienz des Einheitspatent resultiert daraus, dass das Amt für
stehen und ergaben Folgendes: 1) Nummerische Simulatio-                                    die Prüfung des Antrags auf einheitliche Wirkung und die
nen sind wie jede andere computerimplementierte Erfin-                                     Eintragung im Register keinerlei Gebühren erhebt, dass
dung zu behandeln und können zu einem technischen Cha-                                     keine Übersetzungen mehr eingereicht werden müssen
rakter beitragen, 2) es ist irrelevant, ob ein technisches oder                            (nach der Übergangszeit) und dass es nur noch ein Verfah-
ein nicht-technisches System oder Verfahren simuliert wird                                 ren mit einer Frist, einer Jahresgebühr und einer Währung
und 3) die Vorlagefragen sind nach den gleichen Kriterien                                  gibt. In der Folge gab L UGINBÜHL einen Überblick über das
zu beantworten, wenn die Simulation Teil eines Entwurfs-                                   EPG, ein neu geschaffenes, internationales Gericht für die
verfahrens ist.                                                                            Durchsetzung und Nichtigerklärung sowohl von Einheits-
      Betreffend das Verfahren über die Durchführung von                                   patenten als auch von klassischen europäischen Patenten.
Verhandlungen via ViKo erkundigte sich B EAT W EIBEL , ob                                  Dabei gibt es zwei europäische Instanzen: Die erste Instanz
die Entscheidung auch die mündlichen Verhandlungen vor                                     besteht aus Lokal- und Regionalkammern sowie einer Zen-
der Einspruchs- und Prüfungsabteilung betraf. BLUMER wies                                  tralkammer. Demgegenüber ist die Berufungsinstanz in Lu-
darauf hin, dass die grosse Beschwerdekammer die Frage                                     xemburg zentralisiert.
auf die Beschwerdeverhandlung begrenzte, auch deshalb,                                           Zur Frage der Vertretung der Schweiz in der europäi-
weil der zeitliche Druck sehr gross war.                                                   schen Patentorganisation führte L UGINBÜHL aus, dass auch
                                                                                           in diesem Jahr der Bestand der Schweizer im EPA – trotz
                                                                                           zahlreicher Bewerbungen – weiter abnahm und per Ende
3. Entwicklungen aus der Sicht des EPA; das EPG
                                                                                           2020 nur noch 57 betrug. Im Vergleich dazu stellt Deutsch-
Auch D R . S TEFAN L UGINBÜHL (Direktion Internationale                                    land 1'766 und Frankreich 1'186 Personen in Amt (zusam-
Rechtsangelegenheiten des Europäischen Patentamts) be-                                     men rund 50%). Aber auch kleinere Staaten stellen wesent-
richtete zunächst über die Auswirkungen der Pandemie auf                                   lich mehr Vertreter, so etwa die Niederlande deren 420, Bel-
seine Tätigkeit. Seit Januar bzw. Juli 2021 und vorerst bis                                gien deren 306, Österreich deren 191, Griechenland deren
Ende Mai 2022 werden alle mündlichen Verhandlungen                                         186 und Portugal deren 107. Noch bemerkenswerter sind
vor den Einspruchsabteilungen bzw. vor der Eingangsstelle                                  diese Zahlen, wenn man sie ins Verhältnis der Patentanmel-
und der Rechtsabteilung als Videokonferenz durchgeführt.                                   dungen setzt: So kamen 2020 aus den 38 Vertragsstaaten

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BERICHTE | RAPPORTS
5% oder 8'112 Anmeldungen aus der Schweiz. Damit                                                       Im dritten Entscheid, High Point v. KPN (Rechtbank
kommt die Schweiz nach Deutschland und Frankreich mit                                            Den Haag vom 15. Mai 2021, C/09/598504/HA ZA 20-
14% bzw. 6% aller Anmeldungen an dritter Stelle der EPÜ-                                         843), war das Zusammenspiel von EPA und nationalem
Vertragsstaaten. Diese Personalentwicklungen seien aus                                           Verfahren zu klären. Das Distriktgericht Den Haag hatte im
Sicht der Schweiz dramatisch, insbesondere da statutarisch                                       Jahr 2010 ein europäisches Patent von High Point für nich-
eine gehörige Vertretung aller Vertragsstaaten sichergestellt                                    tig erklärt und seine Verletzungsklage zurückgewiesen. Im
werden müsste und es durchaus auch im Interesse von                                              anschliessenden Berufungsverfahren verteidigte High Point
Frankreich und Deutschland sein sollte, dass die Schweiz                                         das Patent mit neuen Ansprüchen, welche vom Gericht als
als einer der wichtigsten Kunden des EPA, in einer wohl-                                         prozessual verspätet zurückgewiesen wurden. Daraufhin be-
bemerkt europäischen (und nicht EU-) Institution, gehörig                                        antragte High Point beim EPA eine Beschränkung des stritti-
vertreten ist.                                                                                   gen Patents, welche das EPA im Jahr 2017 gewährte. Im An-
                                                                                                 schluss verlangte High Point beim Berufungsgericht die
                                                                                                 Weiterverhandlung basierend auf den zentral beschränkten
4. Praxis der nationalen Gerichte zum EPÜ
                                                                                                 Ansprüchen. Das Berufungsgericht lehnte dies jedoch ab.
W OLR AD P RINZ ZU WALDECK UND P YRMONT, Rechtsanwalt in                                         Daraufhin gelangte die Frage an den Hoge Raad. Dieser
Düsseldorf, stellte vier wichtige Entscheide nationaler Pa-                                      stellte im Februar 2020 fest, dass die Zurückweisung der Be-
tentgerichte vor.                                                                                rufung zulässig war, jedoch keine sachliche Entscheidung
      Zunächst präsentierte P RINZ ZU WALDECK UND P YRMONT                                       über den Rechtsbestand der zentral eingeschränkten An-
den Entscheid Nokia v. Oppo ([2021] EWHC 2952 (Pat)                                              sprüche beinhalte, weshalb es High Point unbenommen
vom 4. November 2021) des englischen High Court, bei                                             bleibe, den Rechtsbestand der eingeschränkten Ansprüche
dem sich das Gericht mit der Frage der Zuständigkeit für                                         in einem neuen Verfahren zur Überprüfung zu stellen. High
die Festsetzung globaler FRAND-Rates beschäftigte. Nach                                          Point leitete daraufhin das hier vorgestellte neue Verfahren
dem Scheitern der Verhandlungen über die Verlängerung                                            ein und beantragte bei der Rechtsbank Den Haag die Über-
einer Lizenz erhob Nokia Klage wegen Patentverletzung ge-                                        prüfung des Rechtsbestands der eingeschränkten Ansprüche.
gen mehrere in- und ausserhalb Englands ansässige Gesell-                                        Die Rechtsbank Den Haag liess das Verfahren zu mit der Be-
schaften des Oppo-Konzerns. Das Gericht bestätigte, dass                                         gründung, dass die Nichtigerklärung des ursprünglichen Pa-
eine internationale Zuständigkeit für die Festlegung einer                                       tents erst 2020 – somit nach Abschluss des Beschränkungs-
FRAND-Rate besteht, wenn in- und ausländische Patente                                            verfahrens im Jahr 2017 – rechtskräftig geworden sei und
mitbetroffen sind und die Bedingungen für die Zustellung                                         die rechtskräftige Nichtigerklärung des erteilten Patents
der Klage an eine Gesellschaft mit Sitz ausserhalb des UK                                        keine Aussage zum Rechtsbestand des zentral beschränkten
gemäss CPR 6.36 und 6.37 gegeben sind. Weiter war strittig,                                      Patents beinhalte.
ob das Verfahren auszusetzen sei, da gleichzeitig ein Verfah-                                          Zuletzt stellte P RINZ ZU WALDECK UND P YRMONT noch
ren in Chongqing (VRC) anhängig war, welches sich eben-                                          den Entscheid Menzis v. AstraZeneca (Gerechtshof Den
falls mit globalen FRAND-Rates beschäftigte. Das Gericht                                         Haag vom 14. Oktober 2020, C/09/541261/HA ZA 17-1084)
erkannte die suboptimale Situation, in der parallel zwei Ver-                                    des Gerechtshof Den Haag vor. Nach der Aufrechterhaltung
fahren geführt werden müssen, hielt jedoch fest, dass das                                        des Patents in erster Instanz wurde das streitauslösende Pa-
Verfahren nicht ausgesetzt werden könne, solange es keinen                                       tent von AstraZeneca im Berufungsverfahren für nichtig er-
internationalen Mechanismus zur Koordination gebe.                                               klärt. Im Anschluss an das erstinstanzliche Urteil hielt der
      Im Anschluss befasste sich P RINZ ZU WALDECK UND P YR-                                     Patentinhaber andere Wettbewerber mit einstweiligen Ver-
MONT mit der Entscheidung Vestel v. Philips (NL), (Recht-                                        fügungen vom Eintritt in den Markt ab. Die Klägerin Menzis,
bank Den Haag vom 15. Dezember 2021, C/09/604737/HA                                              eine Krankenversichererin, war der Ansicht, dass sich Astra-
ZA 20–1236), in welcher das Gericht zu entscheiden hatte,                                        Zeneca so zu ihrem Nachteil ungerechtfertigt bereichert
ob zusammen mit der niederländischen Phillips auch drei                                          habe, da sie ihren Kunden anstelle der günstigeren Generika
ausländische Gesellschaften eines Patentpools verklagt wer-                                      die teureren AstraZeneca-Produkte zu erstattet hatte. Nach-
den können. Das Gericht stellte fest, dass die ZPO (NL) im                                       dem das Bezirksgericht ab dem Zeitpunkt der Zustellung der
Unterschied zur EuGVVO vorsehe, dass mehrere Personen                                            einstweiligen Verfügung eine ungerechtfertigte Bereicherung
an einem für einen Beklagten örtlich zuständigen Gericht                                         bejahte, gelangte die Beklagte an den Gerechtshof Den Haag,
verklagt werden können, wenn die Forderungen gegen die                                           welcher der Berufung stattgab. Dieser verneinte eine Haftung
Beklagten in einem solchen Zusammenhang stehen, dass es                                          für Schäden bei der Durchsetzung von Patenten, welche spä-
zweckmässig erscheint, sie gemeinsam zu verhandeln und                                           ter für ungültig erklärt werden. Daran ändert auch nichts,
zu entscheiden. Das niederländische Recht gehe somit wei-                                        dass Menzis als Krankenversicherer sich nicht selbst über das
ter als die EuGVVO, in der eine gemeinsame Verhandlung                                           Patent hinwegsetzen konnte. Eine ungerechtfertigte Berei-
angezeigt ist, sofern eine gemeinsame Verhandlung geboten                                        cherung lehnte das Gericht ebenfalls ab, da das Patent wäh-
erscheint, um widersprechende Entscheidungen zu vermei-                                          rend der Durchsetzung in Kraft war.
den. Das Gericht bejahte vorliegend eine ausreichend enge
Verknüpfung, da die Beklagten ein abgestimmtes Klagever-
halten an den Tag legten.

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Adrian Eugster | Julia Pugliese | Sebastian Suter Praxis des Immaterialgüterrechts in Europa 2022

                                                                                            tes Mal die Streitsache kommentiere. In der Instruktions-
5. Diskussion
                                                                                            verhandlung erörtere der Fachrichter in der Regel seine
In der Folge leiteten M ARK S CHWEIZER und D R . T OBIAS B REMI ,                           Position ein erstes Mal. Dies diene einem ähnlichen Zweck
beide Richter am Bundespatentgericht, eine Diskussion zu                                    wie der Hinweis, dass die Möglichkeit bestehe, nach dem
aktuellen Themen im Patentrecht.                                                            Fachrichtervotum Hilfsanträge einzureichen.
      Zu Beginn wies B REMI auf eine Entscheidung hin, in der
festgestellt wurde, dass keine Rechtsgrundlage für die An-
passung der Patentbeschreibung durch die Beschwerdekam-                                     II. Marken- und Designrecht
mer bestehe. B REMI wollte von B LUMER wissen, ob ein Pa-                                   1. Praxis der Beschwerdekammer des EUIPO und
tentinhaber von der Beschwerdekammer verlangen könne,                                          des EuGH
dass diese die Sache direkt an die Einspruchsabteilung zu-
rückschicke, ohne die Beschreibung anzupassen. B LUMER                                      E LISABETH F INK , Mitglied der Beschwerdekammern des
stellte fest, dass die Kammer die Beschreibung nicht selbst                                 EUIPO, stellte vier Entscheide im Marken- und zwei weitere
anpasse, sondern diese an die Einspruchsabteilung mit der                                   Entscheide im Designrecht vor.
Massgabe zurückschicke, die Beschreibung sei «falls nötig»                                        Thema der ersten Entscheidung (GBK vom 10. Juni
anzupassen. Zurzeit sei jedoch noch nicht klar, wohin sich                                  2021, R 368/2016, «Inmobiliaria Portixol») war die Schutz-
diese Rechtsprechung entwickle.                                                             fähigkeit von geografischen Herkunftsangaben in Fällen, in
      Die Diskussion ging anschliessend über zu Fragen der                                  denen es sich um ein sehr kleines geografisches Gebiet han-
Einschränkung des Patentes während des Prozesses. S CHWEI-                                  delt. Die zentrale Frage war, welche Voraussetzungen ge-
ZER führte aus, das Bundesgericht habe entschieden, dass                                    geben sein müssen, um davon ausgehen zu dürfen, dass
eine zentrale Einschränkung nach Aktenschluss nicht mehr                                    eine Ortsbezeichnung einem erheblichen Teil der relevanten
berücksichtigt werde, da es sich in der Regel um ein unech-                                 Verkehrskreise bekannt ist. «Portixol» sei ein Stadtteil von
tes Novum handle. B REMI führte aus, dass nach schweizeri-                                  Palma de Mallorca, der touristisch sehr begehrt und deshalb
scher Rechtsprechung nicht klar sei, ob nach Erledigung des                                 sehr bekannt sei, weshalb die Ortsangabe den relevanten
Verfahrens ein Patentinhaber erneut mit einer eingeschränk-                                 Verkehrskreisen in der EU bekannt sei. Da der Nachweis we-
ten Fassung ans Gericht gelangen könne. Er wies auf Recht-                                  der für Spanien noch für die EU erbracht werden konnte,
sprechung hin, welche besagt, dass alle Ansprüche gegen                                     wurde der negative Entscheid der Vorinstanz gestützt.
einen Verletzer in einem Verfahren geltend gemacht werden                                         Die nächste Entscheidung der Beschwerdekammer
müssen. B REMI fragte die deutschen Diskussionsteilnehmer,                                  (GBK vom 26. März 2021, R 551/2018, «Device») themati-
wie dies in Deutschland gehandhabt werde, wenn parallel                                     sierte die Verwechslungsgefahr bei Einzelbuchstaben. Die
ein Nichtigkeitsverfahren beim Bundespatentgericht und                                      erste Instanz hat einem Widerspruch stattgegeben, mit der
ein Verletzungsverfahren vor den Zivilgerichten stattfindet.                                Begründung, beide Bildelemente zeigten ein A, wodurch
P RINZ ZU WALDECK UND P YRMONT führte aus, dass ein Urteil                                  sich bildlich, klanglich und begrifflich eine Verwechslungs-
im Verletzungsverfahren die Parteien meist dazu bewege,                                     gefahr ergebe. Die grosse Beschwerdekammer erkannte keine
einen Vergleich abzuschliessen und es deshalb keine Ent-                                    Verwechslungsgefahr und hob die Entscheidung auf. Sie be-
scheidung im Nichtigkeitsverfahren gebe. Wenn sich am                                       gründete dies damit, dass keine Zeichenähnlichkeit bestehe,
Ende des Nichtigkeitsverfahrens herausstellte, dass das Pa-                                 da der Querbalken eines A fehle. Der visuelle Gesamtein-
tent nicht aufrechterhalten werden könne, gebe es die Mög-                                  druck sei zudem grafisch unterschiedlich. Das Gericht fol-
lichkeit, ein Wiederaufnahmeverfahren zu starten, sofern                                    gerte daraus, dass, wenn man den Grossbuchstaben A nicht
klar sei, dass die Verletzungsform nicht mehr vom Patent er-                                erkenne, auch der Klang nicht ähnlich sei.
fasst ist. G R ABINSKI wies auf die Möglichkeit hin, in solchen                                   In der dritten Entscheidung (EuGH vom 16. Juli 2020,
Fällen eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH zu erhe-                                     C-714/18, «tigha/TAIGA»), welche F INK vorstellte, hatte das
ben, mit dem Antrag, die Beschwerde sei auszusetzen.                                        Gericht die Möglichkeit, seine Rechtsprechung zur Frage der
      B REMI schilderte das Unbehagen des Schweizer Bun-                                    teilweisen Benutzung nochmals zu erläutern. Eine bereits äl-
despatentgerichts im Umgang mit Patentinhabern, welche                                      tere Marke war für die Kategorien «Bekleidung» und «Ober-
nach Aktenschluss ein zentrales Beschränkungsverfahren                                      bekleidung» eingetragen. Die Widerspruchsgegnerin strebte
anstreben. B REMI fragte, wie die Erkenntnisse eines Be-                                    eine Neueintragung ihres Zeichens für die Waren der Unter-
schränkungsverfahrens in Deutschland berücksichtigt wür-                                    kategorie «Wetterschutzoberbekleidung nur zum Schutz ge-
den. G R ABINSKI erklärte, dass in Deutschland der Hinweis                                  gen Kälte, Wind und/oder Regen» an. Zumal in Bezug auf
nach § 83 Patentgesetz eine wichtige Rolle spiele. Falle der                                die relevanten Kriterien zur Bestimmung einer als selbstän-
Hinweis zu Ungunsten des Patentinhabers aus, so müsse                                       dig qualifizierenden Untergruppe der Zweck und die Be-
dieser alle Hilfsanträge stellen. Nur wenn der Hinweis dem                                  stimmung der fraglichen Waren oder Dienstleistungen we-
Patentinhaber einen Verfahrensausgang zu seinen Gunsten                                     sentliche Kriterien darstellen, ist das Gericht in diesem Fall
prognostiziere, brauche der Pateninhaber keine Hilfsanträge                                 von einem einheitlichen Zweck der Waren der Kategorie
zu stellen und könne seine Hilfsanträge im späteren Be-                                     «Bekleidung» und «Oberbekleidung» ausgegangen, da alle
rufungsverfahren bringen. S CHWEIZER warf ein, dass das Ge-                                 Kleider/Oberbekleidung zur Bedeckung resp. zum Schutz
richt mit dem Fachrichtervotum streng genommen ein zwei-                                    des Körpers dienen. Die Kategorie «Wetterschutzbekleidung»

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BERICHTE | RAPPORTS
sah das Gericht deshalb nicht als selbstständige Untergruppe                                     richtsbarkeit der Unionsmarkengerichte bereits aufgrund
an und bejahte eine Verwechslungsgefahr.                                                         von Art. 131 UMV nicht absolut sei, weshalb es durchaus
      Im letzten Urteil zum Markenrecht (EuGH vom 11. No-                                        rechtmässig sein könne, auch in Unionsmarkenstreitigkei-
vember 2020, C-809/18, «MAGIC MINERALS BY JEROME                                                 ten das nationale Gericht anstelle des Unionmarkengerich-
ALEXANDER/MINERAL MAGIC») hatte das Gericht eine                                                 tes anzurufen.
Streitigkeit im Zusammenhang mit einer sog. Agentenmarke                                              In seinen weiteren Ausführungen machte H ILDEBR ANDT
zu beurteilen. Die Inhaberin der Widerspruchsmarke hatte                                         auf die seit langem umstrittene Frage aufmerksam, ob aus
gestützt auf Art. 8 UMV Widerspruch gegen die neu an-                                            eingetragenen, schutzunfähigen Zeichen Ansprüche abgelei-
gemeldete Marke «MINERAL MAGIC» eingelegt. Die Be-                                               tet werden können. Trotz gegenteiligem Ergebnis einer von
schwerdekammer vertrat die Auffassung, dass gestützt auf                                         der EU in Auftrag gegebenen Abklärung und entsprechender
Art. 8 die Eintragung untersagt werden könne, wenn die Zei-                                      Amtspraxis haben weder der EuG noch der EuGH bislang
chen ähnlich sind. Das erstinstanzliche Gericht war hin-                                         bestätigt, dass aus schutzunfähigen Zeichen keine Ansprü-
gegen der Auffassung, dass nur bei Identität der Zeichen die                                     che abgeleitet werden können. Vielmehr halten die beiden
Eintragung gestützt auf Art. 8 UMV verwehrt werden könne.                                        Gerichte an ihrer uneinheitlichen Entscheidungspraxis fest,
Auf Klage des EUIPO hin hob der EuGH das Urteil auf. Der                                         was nunmehr auch den deutschen Bundesgerichtshof in Ab-
Wortlaut des Art. 8 UMV sei nicht klar, weshalb aus der feh-                                     weichung zu seiner bisherigen Praxis dazu veranlasst hat,
lenden Bezugnahme zum Begriff der Ähnlichkeit nicht                                              grundsätzlich schutzunfähigen Zeichen Schutz zuzuspre-
geschlossen werden könne, dass nur identische Marken                                             chen (BGH vom 14. Februar 2019, I ZB 34/17, «KNEIPP»).
gemeint sind.                                                                                         In den beiden darauffolgenden, von H ILDEBR ANDT vor-
      Im ersten Urteil zum Designrecht (GBK vom 24. März                                         getragenen Fällen ging es insbesondere um Fragen des har-
2021, T-515/19) war das Design eines Lego-Steins umstrit-                                        monisierten Rechts und den in diesem Zusammenhang feh-
ten. Die Beschwerdekammer hatte dem Löschungsantrag ge-                                          lenden Austausch in der EU. So entschied zum Beispiel ein
stützt auf die Technizität stattgegeben. Der Gerichtshof hob                                     rumänisches Gericht, dass eine Gesellschafterhaftung in je-
die Anordnung mit der Begründung auf, die Nichtigkeits-                                          nen Fällen denkbar ist, in denen die Gesellschafter einen ak-
erklärung setze voraus, dass alle Erscheinungsmerkmale                                           tiven Beitrag zur Markenrechtsverletzung leisten (Tribunal
technisch bedingt sind. Die Beschwerdeführerin habe die                                          Bucharest vom 6. Oktober 2020, 26303/3/2019), oder dass
glatte Oberseite des Bausteins nicht als Erscheinungsmerk-                                       gegen einen Markenrechtsverletzer in jedem Fall ein Unter-
mal berücksichtigt und damit nicht alle Merkmale geprüft.                                        lassungsanspruch besteht, selbst wenn die Verletzung be-
      Im zweiten und letzten Urteil (GBK vom 14. April                                           endet ist (Tribunal Bucharest vom 22. Juli 2020, 3663/3/
2021, T-579/19) zum Designrecht wurde thematisiert, in-                                          2019). Angewendet wurde in diesen Fällen nationales
wiefern eine Sammelanmeldung mit einer Priorität einer                                           Recht, obwohl der Begriff der «Verletzung» bzw. der «dro-
PCT-Anmeldung in Anspruch genommen werden kann.                                                  henden Verletzung» harmonisiertes Recht darstellt.
Der Prüfer hatte die Anmeldung gestützt auf Art. 41(1) GGV                                            H ILDEBR ANDT setzte seinen Vortrag fort mit zwei Fällen,
zurückgewiesen, da diese länger als sechs Monate zurück-                                         mittels welchen er die grossen Hürden für Ansprüche aus
liege. Die Entscheidung wurde vom Gerichtshof mit der Be-                                        Unionsmarken erläuterte. So zeigte er zunächst anhand des
gründung aufgehoben, das Gesetz sehe keine Regelung zur                                          Falls «conectabalear» (Alicante Provincial Court vom
Inanspruchnahme einer Patentanmeldung vor, weshalb es                                            25. April 2019, 538/2019) auf, wie Art. 16 UMV beinahe
sich um eine Regelungslücke handle, welche zu ergänzen                                           zur Vernichtung des Unterlassungsanspruchs der Unions-
sei. Das Gericht kam letztendlich zum Schluss, dass das Prio-                                    marke führt, da ein Unionsmarkenrechtsinhaber aufgrund
ritätsrecht nach dem älteren Recht zu bestimmen sei. Die                                         der Zuständigkeitsregelung nur dann auf Unterlassung der
Zurückweisung des Prioritätsanspruchs sei deshalb fehler-                                        Benutzung einer in einem anderen Land eingetragenen
haft.                                                                                            Marke klagen kann, wenn er in dem jeweiligen Land vorab
                                                                                                 erfolgreich die Feststellung der Nichtigkeit der Marke er-
                                                                                                 wirkt hat. Anhand des Falles «LEDARE» (Gerechtshof Den
2. Praxis der Unionsmarkengerichte
                                                                                                 Haag vom 28. September 2021, 200.289.220/01) erläuterte
Im Anschluss referierte P ROF. D R . U LRICH H ILDEBR ANDT,                                      H ILDEBR ANDT im Anschluss die Problematik, dass Art. 132
Rechtsanwalt in Berlin, über die Praxis der Unionsmarken-                                        und 128 UMV einem Unionsmarkenrechtsverletzer die
gerichte.                                                                                        Möglichkeit eröffnen, jedes Verfahren stoppen und ausset-
     Vor dem Hintergrund des nach wie vor bestehenden                                            zen zu lassen.
Bedarfs nach Harmonisierung ging er in der Folge zunächst                                             R ITSCHER und H ILDEBR ANDT kamen anschliessend zum
auf Art. 123 UMV (Unionsmarkengerichte) und Art. 124                                             gemeinsamen Schluss, dass einerseits die Durchsetzung
UMV (Zuständigkeit für Klagen betreffend Verletzung und                                          einer Unionsmarke ausgesprochen schwierig ist. Es bestün-
Rechtsgültigkeit) ein und skizzierte insbesondere redaktio-                                      den dabei insbesondere in prozessualer Hinsicht nach wie
nelle Fehler im Gesetzestext.                                                                    vor derart viele systemimmanente «Bremsklötze», dass ein
     Dazu veranschaulichte H ILDEBR ANDT anhand eines                                            Obsiegen im Unionsmarkenrechtsverfahren beinahe un-
kurzen Falles (Rechtbank Rotterdam vom 20. Februar 2020,                                         möglich geworden sei, weshalb auch die Empfehlung klar
C/10/590180/KG ZA 20-65), dass die ausschliessliche Ge-                                          dahin gehen müsse, Marken immer auch auf nationaler

                                                               © 2022 sic! Stiftung, Bern / Helbing Lichtenhahn Verlag, Basel
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Adrian Eugster | Julia Pugliese | Sebastian Suter Praxis des Immaterialgüterrechts in Europa 2022

Ebene anzumelden. Andererseits sollten sich nationale Ge-
                                                                                           IV. IP in Osteuropa
richte und Anwälte dringend mit dem Unionsmarkenrecht
vertraut machen, da es durchaus vorkommen könne, dass                                      Zum Abschluss der Tagung ging M ICHAEL W OLLER , Rechts-
ausländisches Recht und damit auch Unionsmarkenrecht                                       anwalt in Wien, auf das Thema IP in Osteuropa ein.
angewendet werden müsse.                                                                         W OLLER begann sein Referat mit Ausführungen zu den
                                                                                           teils verkürzten Verjährungsfristen bei Dauerdelikten in ost-
                                                                                           europäischen Ländern und dem damit einhergehenden Er-
III. Urheberrecht: Praxis des EuGH und der nationalen                                      fordernis erhöhter Aufmerksamkeit. Er verwendete dazu
     Gerichte                                                                              einen Beispielfall aus Ungarn, welcher von einer aus Ab-
P ROF. D R . T HOMAS D REIER , Professor und Institutsleiter am                            wandlung eines Musikstücks resultierenden Urheberrechts-
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), referierte zur ur-                              verletzung handelte, und zeigte auf, dass Zahlungsansprü-
heberrechtlichen Praxis des EuGH und der nationalen Ge-                                    che aufgrund der in Ungarn geltenden Vorschriften zur
richte.                                                                                    allgemeinen Verjährungsfrist – mit Ausnahme der Klage in-
      Zunächst wies D REIER darauf hin, dass das Urheberrecht                              nert eines Jahres ab erstmaliger Kenntnisnahme – nur für
zwar wie alle anderen IP-Rechte auch im europäischen Mehr-                                 Eingriffshandlungen der letzten fünf Jahre bestehen. Des-
ebenensystem verankert ist, es im Gegensatz zum Gemein-                                    halb sollten sich Urheberrechtsinhaber schon frühzeitig mit
schaftsmarken- oder Designrecht jedoch kein Gemein-                                        der Abwendung allfälliger Verletzungen befassen.
schaftsurheberrecht gibt. Unterschiede, die sich aus der na-                                     Als nächstes griff W OLLER das Thema fremdsprachige
tionalen Gesetzgebung ergeben, seien deshalb grundsätzlich                                 Begriffe in der Werbung (inkl. Werbeslogans) auf. Er ging in
hinzunehmen. Zwar wurde seit 1991 eine ganze Reihe sog.                                    diesem Zusammenhang auf die in den meisten osteuropäi-
Harmonisierungs-Richtlinien auf dem Gebiet des Urheber-                                    schen Ländern vorhandene Einschränkung ein und erläu-
rechts und der verwandten Schutzrechte verabschiedet, wel-                                 terte, dass die Verwendung fremdsprachiger Begriffe – da ge-
che dazu dienen sollten, das Urheberrecht anzugleichen und                                 setzlich nicht bzw. nur beschränkt erlaubt – allenfalls zur
Unterschiede in den Rechtsordnungen der einzelnen Mit-                                     Verhängung von Verwaltungsstrafen führen kann. Erlaubt
gliedsstaaten zu verringern oder aufzuheben. Dass daraus in                                ist die Verwendung fremdsprachiger Begriffe meist nur
absehbarer Zeit ein Gemeinschaftsurheberrecht entstehen                                    dann, wenn die Begriffe für den Verbraucher leicht verständ-
wird, sei jedoch nahezu ausgeschlossen. D REIER erklärte wei-                              lich (z.B. «pizzeria» oder «pub») oder zusätzlich in die jewei-
ter, dass in der Praxis deshalb insbesondere dem EuGH eine                                 lige Landessprache übersetzt sind, wobei dann keine Über-
entscheidende Rolle zukomme, wenn es darum geht, das Ur-                                   setzung notwendig ist, wenn der Werbeslogan bereits als
heberrecht der EU-Länder einander anzugleichen. Der EuGH                                   Marke registriert ist.
werde aufgrund des strikten Anwendungsvorrangs des                                               W OLLER setzte seine Präsentation mit drei Fällen zur
EuGH-Rechts immer dann von den nationalen Gerichten an-                                    Durchsetzung von Farb- und Ausstattungsmarken fort. Er be-
gerufen, wenn es um die Auslegung der europäischen Vor-                                    gann mit einer Entscheidung des obersten Kassations-
gaben geht. Es sei dabei jedoch zwischen dem nicht (voll-                                  gerichtshofs Serbiens, aus der hervorgeht, dass Verwechs-
ständig) harmonisierten und dem (voll- und teil-)harmo-                                    lungs- und Assoziationsgefahr in Serbien als Rechtsfrage
nisierten Bereich zu unterscheiden. Dabei nehme der EuGH                                   vom Gericht selbst und nicht durch einen Sachverständigen
im Bereich der Vollharmonisierung die volle Auslegungs-                                    zu beurteilen sind. Anhand eines aus Bulgarien stammenden
kompetenz für sich in Anspruch, einschliesslich der Anwen-                                 Falls zum Thema Durchsetzung von Farb- und Ausstattungs-
dung der europäischen Grundrechte. Zur methodischen Vor-                                   marken zeigte W OLLER ferner auf, dass es in vielen osteuro-
gehensweise des EuGH führte D REIER weiter aus, dass sich der                              päischen Ländern eine «Toolbox» gibt, die weit über das hin-
Gerichtshof bei der Auslegung europäischer Rechtsbegriffe                                  ausgehen kann, was aus der eigenen Heimatjurisdiktion
stark an den korrespondierenden Rechtsbegriffen internatio-                                bekannt ist. So kann die Durchsetzung von Farb- und Aus-
naler Konventionen orientiere, seiner Auslegung Wortlaut,                                  stattungsmarken in Bulgarien beispielsweise nicht nur auf
Ziel und Verhältnismässigkeit zugrunde lege sowie die Erwä-                                gerichtlichem Wege, sondern auch über die Wettbewerbs-
gungsgründe zu den verschiedenen Richtlinien heranziehe                                    behörde oder das Patent- und Markenamt erfolgen. Der
und damit, trotz fehlendem Gemeinschaftsurheberrecht,                                      dritte von W OLLER behandelte Fall handelte von einem Tank-
eine mit dem Markenrecht vergleichbare Lage schaffe. Im An-                                stellendesign in Albanien, mit welchem eine Assoziations-
schluss erläuterte D REIER im Detail vier Trends im Sinne ge-                              gefahr einherging, obwohl in Albanien selbst kein vergleich-
meinsamer Grundkriterien, welche sich aus den mittlerweile                                 bares Tankstellendesign bestand. Das Design der Tankstelle
doch zahlreichen urheberrechtlichen Entscheidungen des                                     war aber jenem eines Anbieters aus der zentralöstlichen und
EuGH herausbilden lassen: (1) Vereinheitlichung statt (nur)                                südöstlichen europäischen Region sehr ähnlich und deshalb
Harmonisierung, (2) inhaltliche Konsolidierung, (3) Heran-                                 Fernfahrern, Urlaubern und Geschäftsreisenden aus Nach-
ziehung der Grundrechte und (4) Berücksichtigung der Ver-                                  barländern bekannt und somit geeignet, eine Assoziations-
hältnismässigkeit. Damit schaffe man die Möglichkeit, schon                                gefahr hervorzurufen.
vorgängig besser abschätzen zu können, wie der EuGH aller                                        Zuletzt widmete sich W OLLER dem Thema Erschöpfung
Vermutung nach entscheiden würde.                                                          des Markenrechts und in diesem Zusammenhang unter an-
                                                                                           derem dem Fall «SILHOUETTE» (EuGH vom 16. Juli 1998,

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BERICHTE | RAPPORTS
C-355/96), in welchem der EuGH entschieden hatte, dass es                                        stösst, nicht grundsätzlich die Versagung der Anerkennung
im Markenrecht nur eine EWR- und keine weltweite Er-                                             dieser Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat auf-
schöpfung gibt. Dennoch geht das oberste Kassationsgericht                                       grund eines Verstosses gegen den ordre public dieses Staates
Bulgariens von einer weltweiten Erschöpfung aus. Im Fall                                         rechtfertigt. Die Geltendmachung eines allfälligen Verstos-
«DIAGEO» (EuGH vom 16. Juli 2015, C-681/13) stellte der                                          ses gegen den ordre public setze ohnehin die vorgängige Be-
EuGH klar, dass der Umstand, dass eine in einem Mitglieds-                                       schreitung des gesamten Rechtswegs im jeweiligen Land
staat ergangene Entscheidung gegen das Unionsrecht ver-                                          voraus.

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