Predigt zu Judica, 29.03.2020 Wort: Jesus hat, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. So lasst uns nun ...

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Predigt zu Judica, 29.03.2020
Wort: Jesus hat, damit er das Volk heilige durch sein eigenes
Blut, gelitten draußen vor dem Tor. So lasst uns nun zu ihm
hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen. Denn wir
haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen
wir. Hebräer 13,12–14
Gemeinde Jesu Christi!
Jesus stirbt draußen vor den Toren Jerusalems. Deshalb berufen
wir uns auf das Opfer Jesu Christi, halten wir uns zu dem
geschändeten Christus und sehnen uns nach der himmlischen
Stadt.
1. Wir berufen uns auf das Opfer Jesu Christi
Der Apostel sagt: „Jesus hat, damit der das Volk heilige durch
sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.“ Draußen vor
dem Tor, vor den Stadttoren Jerusalems starb Jesus. Dorthin
wurden die Kadaver der Opfertiere entsorgt. Dort befand sich
die Müllhalde des Tempels. Dort wurde öffentlich durch
Hinrichtung festgestellt, dass einer sein Leben ein für allemal
verwirkt hatte. Die Gesetzlosen, die Entrechteten fanden dort
ihr Ende. So erging es Jesus am Karfreitag. Er fand seinen Platz
auf der Müllhalde der Religionsgeschichte. Man könnte fast
meinen, da sei einer gescheitert. Aber es war anders. Wenn
Jesus dort starb, wo man die Überreste der Opfertiere
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entsorgte, dann unterstreicht der Apostel dies: Jesus ist an die
Stelle dieser alttestamentlichen Sühneleistungen getreten. An
die Stelle des großen Versöhnungstages tritt Golgatha, und
zwar ein für allemal. Bis zum Äußersten gibt Jesus sich hin. Kein
Opfer scheut er. Er, der Reine, lässt sich verunreinigen, damit
wir Menschen mit Gott im Reinen sind. Er gibt sich auf, damit
wir bei Gott aufgehoben sind. Warum ist Golgatha das bessere
Opfer? Weil Jesus nicht seinen verdienten Tod stirbt, sondern
unsern; und weil er nicht zu Recht hingerichtet wird, sondern zu
Unrecht, damit wir vor Gott gerecht sind. Für alle, die mit Gott
in Feindschaft leben, denen er gleichgültig ist, die meinen, ohne
ihn leben zu können, ist Jesus Christus gestorben. Er vollbringt,
was uns mit Gott ins Reine bringt. Jesus starb draußen vor dem
Tor, damit uns das Himmelstor offen steht. Es steht uns und
vielen ungezählten Menschen offen. Hindurchgehen müssen
wir selber.
2. Wir halten uns zu dem geschändeten Christus
„So lasst uns nun hinausgehen aus dem Lager und seine
Schmach tragen“, sagt der Apostel. Und das geschah ja auch in
den ersten nachchristlichen Jahrhunderten. Es gab die
Märtyrer, die im Glauben, also bei ihrem Christus blieben und

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mit ihrem Leben bezahl-ten. Christsein schließt ein, dass man
die weltlichen Sicherungen verlässt, wenn es vom Evangelium
her geboten ist. Und dass man es dann aushält, wenn andere
einem nachsagen, man habe den Anschluss an eine veränderte
Zeit verpasst. Wir sind doch nicht gerufen, uns an die Zeit
anzupassen, sondern die Menschen jeder Zeit müssen sich
fragen lassen, ob sie das, was sie tun bzw. lassen vor Gott
verantworten können. Gott hat sich nicht vor uns zu
verantworten. Er hat auf die Sünde der Menschheit
geantwortet im Opfer seines Sohnes. Wenn wir es mit unserem
Christsein, wenn wir es mit unserem Christus ernst meinen,
dann begeben wir uns mit ihm in eine Schicksalsgemeinschaft,
in eine Weggemeinschaft, ja auch in eine Leidensgemeinschaft.
Es bleibt dann z.B. nicht aus, dass man von anderen immer
wieder in Frage gestellt wird; in diesem Zusammenhang
erwarten manche Menschen, dass man als Christ doch immer
fröhlich sein und jeden verstehen müsse; und dass man einem
Christenmenschen in jeder Situation seinen Glauben vom
Gesicht ablesen müsse. Die Forderung nach zwanghafter
Fröhlichkeit in jeder Situation nimmt den Menschen nicht ernst.
Im Neuen Testament finden wir keine Schablone für ein

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allgemeines Auftreten der Christen. Und man muss dann eben
auch damit aufhören, von anderen immer zu erwarten, dass sie
so sind, wie man es sich erwartet. Vielmehr sollen wir als
Gemeinde Jesu Christi einander so achten, wie wir sind. Denn:
Das Leben prägt uns auch. Schicksalsschläge muss man nicht
verbergen, indem man versucht, diese zu überspielen.
Schauspielerei ist hier ein schlechter Berater.
Dann aber gehört man nicht zur satten Mehrheit, die nach
gesellschaftsanerkannten Mustern lebt. Man wird uns dann mit
Kopfschütteln und Unverständnis begegnen. Wir wissen aber,
dass wir nicht auf die Anerkennung der Welt, nicht auf die
Anerkennung vermeintlich wichtiger Leute angewiesen sind,
sondern auf die Wertschätzung dessen, der uns liebt: Jesus
Christus. Wenn wir uns zum geschändeten Christus halten,
zeigen wir, dass wir uns seiner nicht schämen. Bleiben wir bei
dem, der uns zugesagt hat, bei uns zu bleiben alle Tage bis an
der Welt Ende. Wer sich dieser Zusage bewusst ist, kann
manche Schmach in der Nachfolge des Kreuzes Jesu Christi
tragen. Man muss sich dann nicht alles gefallen lassen. Aber
solche Leute wissen auch, dass die Treue zu Christus nicht von
der Welt, sondern von ihm allein belohnt wird.

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3. Wir sehnen uns nach der himmlischen Stadt
„Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die
zukünftige suchen wir“, sagt der Apostel. Es erscheint
erstrebenswert, dass wir uns in dieser Welt auf Dauer
einrichten. Warum? Weil wir uns wohl fühlen, weil wir
Menschen nicht verlieren wollen; weil wir Geborgenheit
suchen. Geborgenheit in dieser Welt aber ist begrenzt und kann
auch enttäuscht werden. Der Apostel nimmt uns hinein in eine
Ernüchterung, die Gelassenheit schenkt. Er sagt uns, wo wir
nicht hingehören und wo wir in Wahrheit bleiben dürfen; was
wir getrost hinter uns lassen dürfen und wohin wir uns
zuversichtlich aufmachen sollen. Christlicher Glaube versteht
sich folglich nicht als Weltanschauung zur Verbesserung
irdischer Verhältnisse, sondern nimmt in den Blick, dass das Ziel
unseres Lebens in Gottes Ewigkeit liegt. Wer also hinausgeht
vor das Tor, der stellt sich nicht nur den innerweltlichen Dingen;
er stellt sich schon gar nicht dieser Welt gleich. Wer hinausgeht
vor das Tor, wer sich auf Golgatha unter Jesu Kreuz begibt, wird
nicht bodenlos, sondern gewinnt seinen festen Standort im
himmlischen Jerusalem, also in Gottes kommender Welt.

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Jesus stirbt draußen vor dem Tor. Bleiben wir bei ihm wie Maria
und Johannes, als er starb. Amen!

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