PRESS REVIEW Tuesday, July 27, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal

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PRESS REVIEW Tuesday, July 27, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
PRESS REVIEW

         Daniel Barenboim Stiftung
Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal

          Tuesday, July 27, 2021
PRESS REVIEW Tuesday, July 27, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
PRESS REVIEW                                                          Tuesday, July 27, 2021

Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Der fliegende Holländer“ eröffnet die Bayreuther Festspiele. Dabei versetzen Asmik Grigorian als
Senta und Oksana Lyniv als Dirigentin das Publikum in einen Glückstaumel

Der Tagesspiegel
Die Dirigentin Oksana Lyniv und der Regisseur Dmitri Tcherniakov eröffnen mit dem „Fliegenden
Holländer“ die diesjährigen Bayreuther Festspiele

The New York Times
Review: At Wagner’s Festival, a „Dutchman” Never Sails

Süddeutsche Zeitung
Ein Abend ohne Idee: „Richard III.“ bei den Festspielen

The Guardian
Simon Rattle: I always avoided ‘jingoistic’ Last Night of the Proms

Berliner Morgenpost
Bund unterstützt Erhalt schriftlichen Kulturguts

Berliner Zeitung
Ein deutscher Verlag mit subversiver Aufklärung
PRESS REVIEW Tuesday, July 27, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal
27.7.2021                                              https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467373/9

        F.A.Z. - Feuilleton                                                                                        Dienstag, 27.07.2021

                                       Dieser Gesang ist eine Erlösung
        „Der fliegende Holländer“ eröffnet die Bayreuther Festspiele. Dabei versetzen Asmik
        Grigorian als Senta und Oksana Lyniv als Dirigentin das Publikum in einen
        Glückstaumel.

        Donner­grol­len der Eupho­rie: Das Publi­kum stimmt mit den Füßen ab. Kaum ist der letzte D-Dur-
        Akkord nach dem Erlö­sungs­schluss mit der bitter­süß einge­scho­be­nen Moll­sub­do­mi­nan­te – jener eroge­-
        nen Berüh­rung des Herzens, die dem Tod wieder einmal ein Orgas­mus­ver­spre­chen unter­schiebt –
        verklun­gen, bricht, noch bei geschlos­se­nem Vorhang, ein Orkan im Bayreu­ther Fest­spiel­haus auf dem
        Grünen Hügel los. Über Klat­schen, Tram­peln und Krei­schen entlädt sich die Erfah­rung, gerade eben,
        vor Bruch­tei­len von Sekun­den noch, Teil von etwas Großem gewe­sen zu sein. Als dann die litaui­sche
        Sopra­nis­tin Asmik Grigo­ri­an, die im „Flie­gen­den Hollän­der“ die Senta gesun­gen hat, allein auf die
        Bühne tritt, hält es die Hörer nicht mehr auf den Sitzen. Sie war und sie ist eine Wucht!

        Stimm­lich und darstel­le­risch setzt Grigo­ri­an einfach Maßstä­be. Der Regis­seur Dmitri Tcher­nia­kov pfeift
        darauf, Richard Wagners Ideal von der schick­sals­er­ge­be­nen – man könnte auch sagen: blind führer­-
        treu­en – Frau zu recht­fer­ti­gen, die auf den Mann ihres Lebens wartet, um ihm dann dieses Leben, ganz
        ohne Abwä­gung von Grün­den, wie eine Magda Goeb­bels oder Eva Braun zum Opfer zu brin­gen. Senta
        ist in dieser küsten­ne­bel­ge­plag­ten Klein­stadt mit den semmel­far­ben verklin­ker­ten Häus­chen, die sich
        eben­falls Tcher­nia­kov ausge­dacht hat, eine reni­ten­te Göre im Kapu­zen­hoo­die (Kostü­me: Elena Zayt­se­-
        va). Sie mischt den städ­ti­schen Frau­en­chor bei der Probe zum Spinn­stu­ben­ge­sang auf durch demons­-
        tra­ti­ve Wider­setz­lich­keit, wütend auf alles, was den Schein heiler Fami­lie zu wahren sucht, ein biss­chen
        so wie Julia Hummer, das Berufs­pro­blem­kind des damals jungen deut­schen Films, in „Northern Star“
        von Felix Randau. Viel­leicht erin­nern sich die Älte­ren unter uns noch an den Satz, den sie ihrer Lehre­-
        rin an den Kopf knallt: „Dein Mann fickt mit meiner Mutter.“

        In ähnli­cher Weise will Senta die Chor­lei­te­rin Mary, zugleich ihre Mutter, provo­zie­ren, weil sie weiß,
        dass Daland, ihr Vater, vor Jahren die Mutter mit einer ande­ren Frau betro­gen hat. Während des
        Vorspiels erzählt Tcher­nia­kov diese Geschich­te wie einen Stumm­film. Der kleine Sohn dieser Frau
        wurde damals Zeuge, wie Daland sich seine Mutter nahm. Die folgen­de Ächtung durch den bürger­li­chen
        Mob trieb die Frau in den Tod. Der Sohn fand die Erhäng­te. Er ist H., der flie­gen­de Hollän­der, der nun
        nach Jahren in die Stadt zurück­kehrt, um den Tod seiner Mutter zu rächen. Diese – eine völlig andere –
        Geschich­te schiebt Tcher­nia­kov unter Wagners „roman­ti­sche Oper“, um der verfüh­re­ri­schen Todes­ver­-
        göt­zung des Origi­nals zu entge­hen. Das Publi­kum dankt es ihm nicht.

        Aber Asmik Grigo­ri­an trägt diese Idee als rebel­lie­ren­des Mädchen, das die Lügen und Geheim­nis­se der
        Bieder­män­ner nicht mehr aushält, sich jedoch am Ende auch vom morden­den Hollän­der lossagt und
        Verständ­nis für Mary aufbringt. Als sie sich einschwingt zum Singen der Balla­de mit dem berühm­ten
        „Joho­hoe“, hört man die Komple­xi­tät ihrer Rolle in ihrem Gesang: Lock­ruf, Verlet­zung, Empö­rung,
        zugleich ein Bewusst­sein vom Charis­ma der eige­nen Stimme. Grigo­ri­an hat eine Höhe, die alles über­-
        strahlt, ohne zu glei­ßen. Man würde ihr, bei der lyri­schen Grund­far­be ihres Soprans, kaum diese
        immense Kraft zutrau­en, die sie übri­gens beson­ders in der Schluss­sze­ne noch aufzu­bie­ten weiß. Sie
        liefert in jeder Situa­ti­on keine einstu­dier­te Partie ab, sondern zeigt, was hand­lungs­be­zo­ge­nes Singen ist.

        Grigo­ri­an singt zum ersten Mal in Bayreuth. Die Senta ist ihre bislang einzi­ge Wagner-Partie. Sie selbst
        sieht sich auch nicht als Wagner-Sänge­rin, wie sie vorab dem Baye­ri­schen Rund­funk in einem Inter­view
        erklär­te. Aber sie tritt – wie vor zwei Jahren schon Lise David­sen als Elisa­beth im „Tann­häu­ser“ –
        einmal mehr den Beweis an, dass Wagner-Gesang kein Brül­len und Bellen sein muss. Nach der keifen­-
        den Ricar­da Merbeth, die zuletzt in der Vorgän­ger­pro­duk­ti­on des „Hollän­ders“ auf dem Grünen Hügel
        zu erdul­den war, ist Grigo­ri­an eine Erlö­sung.

https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/467373/9                                                                                 1/2
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        Über­haupt ist dieser Hollän­der gera­de­zu verschwen­de­risch gut besetzt mit einer so farben­rei­chen und
        in jedem Moment präsen­ten Sänge­rin wie Marina Pruden­skaya in der Neben­rol­le der Mary und mit
        Georg Zeppen­feld als Daland, der bei aller Wucht doch zier­lichs­te Genau­ig­keit in der Dikti­on bei den
        sing­spiel­haf­ten Passa­gen zu wahren weiß. Der Norwe­ger John Lund­gren singt den Hollän­der mit der
        Aura des Unheim­li­chen – einmal durch seine hünen­haf­te Gestalt mit dem kahlen Schä­del, zum andern
        durch die grau­si­ge Fahl­heit seines Bass­ba­ri­tons. Doch so kernig und verstö­rend er auftritt: Die Töne der
        Sehn­sucht und der Verletzt­heit, der tiefen Lebens­trau­rig­keit, die Wagners Hollän­der eben auch
        auszeich­nen, fehlen ihm. Das Rollen­kon­zept eines listig-bruta­len Amok­läu­fers, der sich in die Fami­lie
        des Schän­ders seiner Mutter einschleicht, um die ganze Stadt in Schutt und Asche zu legen, verlangt
        diese Mehr­di­men­sio­na­li­tät offen­bar nicht von ihm.

        Eric Cutler als Erik leis­tet ganz Erstaun­li­ches: ein Stimm­por­trät gestau­ter Erre­gung, bei stabi­ler voka­ler
        Statur, aber wie bei Grigo­ri­an exakt auf die drama­ti­schen Situa­tio­nen bezo­gen, bebend, fürsorg­lich,
        verzwei­felt. Es liegt gewiss auch an der Diri­gen­tin Oksana Lyniv, dass die Figur des Erik, über­haupt
        Eriks Dialo­ge mit Senta einen viel stär­ke­ren Eindruck als sonst hinter­las­sen.

        Oksana Lyniv ist nun nach 145 Jahren die erste Frau, die bei den Bayreu­ther Fest­spie­len diri­giert. Die
        anwe­sen­de Bundes­kanz­le­rin Angela Merkel hat es mit einem „Endlich!“ kommen­tiert. Und man merkt
        Lyniv an, wie ange­spannt, aber auch wie beispiel­haft vorbe­rei­tet sie ist. Manche Abstim­mung mit dem
        aus dem Proben­saal zuge­spiel­ten Chor oder mit den Sängern in den Daland-Hollän­der-Duet­ten mögen
        noch nicht hundert­pro­zen­tig gelun­gen sein. Doch die Unschär­fen sind auch keine Pein­lich­kei­ten. Dafür
        atmet sie hervor­ra­gend mit Grigo­ri­an und Cutler. Sie spürt viele psycho­lo­gi­sche und male­ri­sche Details
        im Orches­ter auf, entfacht nicht nur einen Sturm mit harschen chro­ma­ti­schen Böen, sondern zeigt auch
        das Schim­mern der Wogen in den Soli von Klari­net­te und Flöte. Und sie sorgt für dichte drama­ti­sche
        Anschlüs­se, ohne den Singen­den die Luft zu nehmen. Auch Lyniv wird vom Publi­kum, völlig zu Recht,
        mit einer Woge der Zunei­gung über­rollt.

        Ein star­ker Auftakt der Bayreu­ther Fest­spie­le. Und der Ersatz für Günther Groiss­böck als fahnen­flüch­ti­-
        gen Wotan für „Die Walkü­re“ ist auch gefun­den: Tomasz Koniecz­ny probt seit gestern mit Pieta­ri Inki­-
        nen. Jan Brach­mann

        Bayreu­ther Fest­spie­le

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       Dienstag, 27.07.2021, Tagesspiegel / Kultur

       Liebe unter Landeiern
       Schluss mit den Männerfantasien: Die Dirigentin Oksana Lyniv und der Re-
       gisseur Dmitri Tcherniakov eröffnen mit dem „Fliegenden Holländer“ die
       diesjährigen Bayreuther Festspiele
       Von Eleonore Büning

                                                                                               © E. Nawrath/Festspiele
                Im Spießerheim. Mary (Marina Prudenskaya) und Daland (George Zeppenfeld) schenken zum Abendessen
                                                               ein.

       Am Ende sinken sich die Frauen in die Arme. Sie haben es geschafft. Blattschuss. Der Hol-
       länder darf sterben, ohne dass ein weibliches Wesen sich für ihn und sein Seelenheil hat
       opfern müssen. Frau Mary erlegt ihn kurzerhand mit der Flinte, von hinten. Damit wird
       erstmals in der Inszenierungsgeschichte dieser Oper eingelöst, was Heinrich Heine als
       Moral der Geschicht’ einst zusammenfasste – und was, angewendet auf die Version Ri-
       chard Wagners, nie so richtig einen Sinn ergeben hatte: „Wir Männer ersehen aus diesem
       Stücke, wie wir durch die Weiber, im günstigsten Falle, zugrunde gehen.“

       Bei Wagner ist es in aller Regel umgekehrt: Da gehen die Frauen zugrunde an den Männer-
       fantasien. So ergeht es der dienenden Kundry, ebenso Brünnhild oder der heiligen Elisa-
       beth. Auch Seefahrertochter Senta, vom eignen Vater schnöde an einen Handelspartner
       verschachert, springt gehorsam ins nasse Grab, den beiden Herren zulieb. Da dieses Frau-
       enbild nicht mehr zeitgmäß ist, haben es Opernregisseure schwer. Sie erfinden allerhand
       psychoanalytischen Klimbim rund um die Mädchen herum, Traumwelten oder sich eman-
       zipierende Doppelgängerinnen.

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       Dmitri Tcherniakov hat jetzt für die Bayreuther Neuinszenierung des „Fliegenden Hollän-
       der“ sogar eine völlig neue Geschichte erfunden. Weder Meer noch Wellen sind zu sehen,
       weder Schiff noch Segel, da mögen Sturm und Brandung im Orchestergraben noch so ton-
       malerisch wüten. Stattdessen: ein pastellfarbenes Puppenstubendorf aus verklinkerten
       Flachbauten. Wenn in der Musik unüberhörbar mit gewaltigem Krachen das Gespenster-
       schiff im Hafen anlandet, fällt in der Dorfkneipe nur ein Klapptisch zusammen. Das ist,
       zumindest anfangs, noch lustig.

       Im Wiederholungsfall aber und auf Dauer wirkt dieses cleane Setting etwas lahm. Es ver-
       ortet die Handlung zeitlich in den sechziger Jahren, als es noch Mode war unter den jun-
       gen Leuten, aus Protest gegen all die verspießerten Landeier ringsum pausenlos Zigaret-
       ten zu rauchen. Was sowohl der glatzköpfige Fremde, der in dem Dorf auftaucht, beher-
       zigt, als auch die Tochter des Kolonialwarenhändlers, die selbigen irgendwie interessant
       findet, schließlich besitzt sie schon ein Foto von ihm, das man – durchaus abweichend von
       sonstigen filmdetailgetreuen Requisiten wie Biergläsern, Korkenziehern, Tellern, Pistolen
       oder Kerzenständern – auch ganz ohne Opernglas bis in die 28. Reihe des im Schachbrett-
       muster nur halb besetzten Bayreuther Festspielhauses gut erkennen kann.

       Die fünf Klinkerhäuschen samt Kirchlein werden, während der Verwandlungsmusiken,
       wie von Geisterhand bewegt. Mal sieht man in einen Laden, mal in eine Veranda hinein.
       Meist kreist das lautlos herum, mitunter aber auch krachend, und geht am Ende in Rauch
       und Flammen auf. Denn dieser Fremdling ist in Wahrheit gar nicht fremd, sondern selbst
       auch nur ein Landei, Teil der Dorfgemeinschaft, die er vor Jahren frustriert verlassen hat.
       Jetzt ist er zurückgekehrt, um sich an allen, insbesondere an dem skrupellosen Oberspie-
       ßer Daland, zu rächen.

       Wofür, weshalb – das wird in einer Pantomime während der Ouvertüre erzählt. Aber diese
       Vorgeschichte ist egal. Man braucht sie nicht, um zu begreifen, dass hier, in kleinteilig ver-
       häkelter Personenführung, ein Psychodrama eskaliert, wie man es aus ungezählten Fern-
       seh-Krimis kennt. Die Worte, die gesungen werden, haben mit der Story so wenig zu tun,
       wie die Begleitmusik, die aus dem unsichtbaren Orchestergraben heraufschwappt: wuch-
       tig und schnell, scharfkantig und kontrastreich dirigiert von Oksana Lyniv.

       Sie hat die heikle Akustik des Hauses bewundernswürdig gut im Griff. Nur wenige Wack-
       ler sind zu verzeichnen, was dem Umstand geschuldet sein mag, dass der Chor als einer
       der Hauptakteure des Stückes aus hygienetechnischen Gründen von einer Probebühne
       aus zugespielt werden muss – während parallel auf der Bühne andere, stumme Choristen
       agieren. Lyniv, vormals Chefdirigentin in Graz, hat den „Fliegenden Holländer“ bereits
       mehrfach dirigiert. Sie hat als Assistentin von Kirill Petrenko beim Castorf-„Ring“ längst
       ihre Erfahrungen gesammelt mit den Tücken der Zeitverzögerung im Bayreuther
       Abgrund.

       Sie ist, kurzum, eine brillante Kapellmeisterin, von der Pike auf, wie es so schön quasimili-
       tärisch heißt. Dies und die Tatsache, dass sie als erste Dirigentin in Bayreuth so erfolg-
       reich eine Premiere wuppt, nach 145 Jahren reiner Männerherrschaft, muss nur deshalb
       eigens erwähnt werden, weil hier schon sehr viele Kollegen mit wesentlich weniger For-
       tune debütiert haben, zuletzt, um nur einen großen Namen zu nennen: Valery Gergiev,
       mit dem „Tannhäuser“, vor zwei Jahren. Allerdings dirigiert Oksana Lyniv, zumindest an
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       diesem Premierenabend, auch auf Sicherheit, mit noch allzu fester Hand die effektvollen
       Höhepunkte ansteuernd. Der Klang entfaltet sich nicht, er atmet nicht mit den Sängern.

       Bühne und Graben gehen also getrennte Wege, das Gesamtkunstwerk rundet sich nicht,
       trotz der grandiosen Sängerbesetzung, die ihr eigenes Ding macht, frei nach dem Motto:
       Auf Wiedersehen bei der Fermate. Der junge Steuermann-Tenor (Attilio Glaser) singt sein
       Strophenlied mit bildschöner Stimme, aber ohne den hingebungsvollen Sehnsuchts-Ziep
       zu erzielen, der diese Kantilene so unwiderstehlich macht. Holländer-Bariton John Lund-
       gren tritt zwar nuancenreicher an, auch mit Durchschlagskraft, doch dafür singt er keh-
       lig-knödelig in den eignen Hals hinein. Seine bange Frage „Wird sie mein Engel sein?“ tönt,
       als wär’s ein Stück von Loriot, nach „WuahWuah-WamWam“. Vielleicht ist das, weil er an-
       ders handelt, als der Text behauptet, besser so.

       Auch der sonst so wunderbar ausdrucksintensive Daland-Bass Georg Zeppenfeld kommt
       im Kennenlernduett mit dem Holländer nicht recht über die Rampe. Selbst die ansonsten
       unschlagbare Marina Prudenskaya, als resolute Mary die Frauen des Dorfes anführend,
       die, auf der Straße zwischen den Puppenhäusern, eine pittoreske Chorprobe abhalten,
       wirkt seltsam unfrei. Einzig das verhinderte Liebespaar sorgt für ungetrübte vokale
       Glanzlichter. Es hat zwei fabelhafte, geschlossene Duett-Nummern, und man begreift ein-
       mal mehr, warum Tenor und Sopran zwingend zusammengehören.

       Eric Cutler singt seine Erik-Partie mit süßem Schmelz und streitbarer Stärke, grandios
       fordernd und so leidenschaftlich, dass sich Senta alias Asmik Grigorian seiner nur erweh-
       ren kann, indem sie handgreiflich wird. Die Grigorian ist, mit ihrem unverwechselbaren,
       stählern-schimmernden Timbre, eine ganz außerordentliche Senta, ihre Ballade atemrau-
       bend. Diese junge Revoluzzerin bewegt sich wie ein Kerl, selbstbewusst, breitbeinig, eckig,
       widerborstig. Allein ihre Haltung signalisiert: Nicht mit mir! Und wenn sie, in der Ausein-
       andersetzung mit Erik, kokett behauptet: „Ich bin ein Kind, ich weiß nicht, was ich singe“,
       dann sieht man ihrer Körpersprache an, dass das Gegenteil der Fall ist.

       Am Ende werden zwei Frauen frenetisch gefeiert, mit nicht endenwollenden Bravo- und
       Trampelkanonaden: Asmik Grigorian, Oksana Lyniv. Nicht ausgeschlossen, dass sich das
       Bayreuther Publikum damit auch den Tag bejubelt, an dem auf dem Hügel endlich wieder
       gespielt werden darf.

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27.7.2021                                           Review: At Wagner’s Festival, a ‘Dutchman’ Never Sails - The New York Times

                            https://www.nytimes.com/2021/07/26/arts/music/fliegende-hollander-bayreuth-review.html

Review: At Wagner’s Festival, a ‘Dutchman’ Never Sails
With neither ship nor sea, Dmitri Tcherniakov’s new Bayreuth Festival staging recasts the opera as a tale of violent revenge.

         By Joshua Barone

July 26, 2021

BAYREUTH, Germany — The pilgrims to the Green Hill, who have been making their way to the storied festival Richard Wagner founded here 145 years
ago, looked more like cattle on Sunday. The theater’s bucolic grounds had become a network of roped-off, one-way sidewalks and checkpoints.

With stricter pandemic safety measures than many other European opera houses, the Bayreuth Festival’s opening night — a new production of “Der
Fliegende Holländer” (“The Flying Dutchman”) — lacked some of its usual glamour. Indeed, the romance ended at the sight of mobile bathrooms outside
the theater; the ones inside had been deemed too risky. The audience was limited to 900, less than half the house’s capacity.

Yet the unpleasantness of these restrictions faded as the lights dimmed, the hall resounded with the stormy opening of “Holländer,” and the Bayreuth
experience began to work its usual magic.

And what a sound it was: The orchestra, propulsive and spirited from the start, was led by Oksana Lyniv, the first female conductor in the festival’s
history. Much has rightly been made of that milestone, however embarrassingly overdue.

Lyniv’s “Holländer” was occasionally a little brash, but it was always both driven by and driving the drama, with sharp attention to detail and pacing — in
a work whose repetitive score can easily sag under a less assured baton.

She wasn’t the only newcomer at the festival this summer: Dmitri Tcherniakov, virtually unavoidable at European houses in recent years, was directing
his first Bayreuth production. And Asmik Grigorian, a steel-voiced soprano and one of the finest acting talents in opera, was making her debut here as
Senta — a performance met with a roaring ovation.

There was polite applause for Grigorian’s colleagues, as well; the audience seemed ready to warmly greet whatever they saw after Bayreuth was
canceled last year. But although there were some elements of normalcy on Sunday — Chancellor Angela Merkel was even back in her usual box — the
festival was still far from its former self.

The full forces of Bayreuth’s fabled chorus, for example, were not allowed onstage. Instead they were divided: half singing in the theater, complemented
by an ensemble of lip-syncing actors, and half broadcast from a separate hall. The effect was at times acoustically disorienting.

As a director, Tcherniakov is often interested in trauma: the ways in which it is overcome, sublimated or succumbed to. Here, that was manifest in
the Dutchman’s origin story, recounted in a series of vignettes during the overture.
The Dutchman, in this telling, grew up in a small town — possibly coastal, though there is neither a ship nor sea in sight — with uniform, clean,
monochromatic, rather sinister architecture. His single mother had an affair with a married man, who violently broke things off with her. Gossip
spread, and she became an outcast, isolated in an already isolating place. So she hanged herself; the boy, unable to help, was left mournfully holding
onto her swinging foot.
He leaves his hometown and later returns — like the libretto’s cursed Dutchman, docking his ship every seven years in search of a love that will
redeem him. Now an adult, with an imposing build and furrowed brow, he is unrecognizable at a local bar, where he tells his tale to a half-interested
crowd. (The baritone John Lundgren’s delivery of the monologue was strained, and misaligned with the menacing force of his demeanor.)
Among the people the Dutchman meets at the bar is Daland — in the libretto a sea captain and the father of the opera’s heroine, Senta, but here a
clean-cut, middle-class man. (Indeed, the one who ruined his mother’s life.) The bass Georg Zeppenfeld portrays him with a warm tone and a touch
of naïve insouciance.

The cityscape shifts between scenes, its buildings fluidly rearranging into new configurations. At the beginning of Act II, they create a plaza-like
space for the “Spinning Chorus,” led by Mary, Senta’s nurse (though in Tcherniakov’s staging presented as her mother and played, often silently, by
Marina Prudenskaya with weary exasperation).
This scene introduces Grigorian’s Senta, a young woman with Billie Eilish hair and a defiant streak. She sings her Ballad — which recounts the
Dutchman legend, with an emphasis on his redemption by a woman who will be faithful to him until death — with dramatic gesticulations and a
sense of ironic overstatement. But later, when she is alone onstage and her theme returns, Grigorian delivers the tune with quiet, sincere longing,
perhaps seeing in the Dutchman a kindred spirit.
She and the Dutchman meet over an awkward dinner at her house, separated by her parents and seated at opposite ends of the table, which is laid
out slowly and fussily. It’s not exactly a meet-cute, but something clicks, and the parents fade to invisibility as Senta and the Dutchman sing what
came off on Sunday as a mismatched duet, Grigorian luxuriously lyrical and Lundgren a little thin. (Eric Cutler, who sang the role of Erik, the
Dutchman’s rival for Senta’s affections, similarly struggled to rise to her level.)

https://www.nytimes.com/2021/07/26/arts/music/fliegende-hollander-bayreuth-review.html                                                                   1/4
27.7.2021                                      Review: At Wagner’s Festival, a ‘Dutchman’ Never Sails - The New York Times

 Act III opens like most any “Holländer” production, with the town’s women bringing the men food — only here they gather to enjoy it together. Off to the
 side, though, is a group of sullen men whose dark clothing contrasts with the earth tones of the locals. Traditionally, they would be the Dutchman’s ghostly
 crew, and they provide one strategic use of the broadcast choir. As their lines are played through speakers, the men onstage remain threateningly silent.

 They are, it becomes apparent, willing collaborators in the Dutchman’s plot to exact deadly revenge on the town. After Erik confronts Senta about their
 now-broken promises to each other, a fight breaks out in which the Dutchman coolly shoots someone while the crowd retreats back into the town — which
 the mysterious men have set on fire.

 As smoke fills the space and the Dutchman violently casts Senta aside — just as her father once did to his mother — Mary enters with a shotgun, aims it
 directly at the Dutchman’s chest and pulls the trigger. It’s a lot of violence in not a lot of time, and it wasn’t easy to follow on opening night.

 But one thing was clear. Even though this production, as it had been described in advance press, is focused on the psychology and background of the
 Dutchman, the redemptive power of Senta was inescapable. Rather than join him in an act of eternal devotion, she takes the gun from her shaking mother
 and holds her, bringing a sense of calm as the curtain comes down.

 So while Tcherniakov might have been most interested in the psyche of an angry and vengeful man, the only character who truly changes — and,
 indeed, matures — in his staging is Senta. Especially with Grigorian onstage, it’s very much her opera.
 Der Fliegende Holländer
 Through Aug. 20 at the Bayreuth Festival, Germany; bayreuther-festspiele.de. Also streaming Tuesday on DG Stage; dg-premium.com.

https://www.nytimes.com/2021/07/26/arts/music/fliegende-hollander-bayreuth-review.html                                                                    3/4
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       Das Mor­den nutzt sich ab

       Ein Abend oh­n e Idee: „Ri­c hard III.“ bei den Fest­s pie­l en

       Es gibt wie­d er Schlacht­p lat­t e bei den Salz­b ur­g er Fest­s pie­l en. Die gro­ß e, ge­n annt „Schlach­t en!“, ser­-
       vier­t e hier auf der Per­n er-In­s el in Hal­l ein 1999 Luk Per­c e­val, brauch­t e da­f ür ei­n en gan­z en Tag, und
       da­n ach war die Thea­t er­welt ei­n e an­d e­re. Die klei­n e­re gibt es jetzt, Ka­r in Hen­kel hat sie an­g e­r ich­t et,
       sie hei­ßt „Ri­c hard the Kid & the King“, dau­e rt vier Stun­d en, und da­n ach wird die Schau­s pie­l e­r in Li­n a
       Beck­m ann vom dann mehr­h eit­l ich ste­h en­d en Pu­b li­k um ge­fei­e rt, als ha­b e sie eben das Thea­t er er­f un­-
       den.

       Hen­kel be­g nügt sich mit zwei Shake­s peare-Dra­m en, „Hen­r y VI.“ und „Ri­c hard III.“, wo­b ei sie vom
       „Hein­r ich“ die sehr ei­g en­s tän­d i­g e Ver­s i­o n nimmt, die Tom La­n oye da­m als für Per­c e­val ge­s chrie­b en
       hat­t e, Ti­t el: „Ed­dy the King“. Und wie Per­c e­val ließ sie sich die kar­g e Büh­n e von Kat­r in Brack bau­e n,
       ei­n e dunk­l e, kreis­r un­d e Schei­b e, über der vie­l e un­t er­s chied­l ich gro­ß e Leucht­k u­g eln auf und ab
       schwe­b en, sanft die Far­b e wech­s eln, von Weiß bis Apri­c ot.

       Ri­c hard, der grö­ß­t e Un­h old des Thea­t ers, kommt zur Welt, und gleich drei Müt­t er ste­h en zur Sei­t e,
       um ihm klar­z u­m a­c hen, was für ein häss­l i­c hes, wi­d er­wär­t i­g es, ver­wach­s e­n es Kind er sei. Da geht es,
       mit den Wor­t en von La­n oye, gleich ein­m al sprach­l ich wüst und derb zu, und, im Fall von Ka­t e Strong,
       die bald auf der Büh­n e die al­l ei­n i­g e Mut­t er­rol­l e über­n eh­m en wird, auch er­s chre­c kend ba­n al. In
       „Schlach­t en!“ er­f and La­n oye ei­n en kon­t i­n u­ier­l i­c hen Ver­f all der Spra­c he, sein „Ed­dy“ war die vor­l etz­-
       te Sta­t i­o n. Da­m it setzt Hen­kel nun ein, oh­n e Vor­b e­rei­t ung.

       Das Ein­g angs­b ild kommt nach vier Stun­d en wie­d er, Ri­c hard wie­d er auf ei­n em Schau­kel­p ferd­c hen,
       die Müt­t er. Die­s e Klam­m er soll­t e ei­n en aber nicht ver­a n­l as­s en, hier von ei­n em strin­g ent durch­g e­-
       plan­t en Abend zu re­d en. Viel­m ehr wirkt Hen­kels In­s ze­n ie­r ung gut er­d acht, aber fah­r ig um­g e­s etzt,
       un­fer­t ig, im­p ro­v i­s iert, viel zu lang und oh­n e je­d es Rhyth­m us­g e­f ühl hin­g e­s tol­p ert. Ob­wohl es hier
       auch viel Mu­s ik gibt, in Fet­z en, Pop, Pas­s i­o n und Kla­v ier, „Fire­s tar­t er“ (ver­m ut­l ich), al­s o Bumms.

       Der Be­g inn, in den sich Shake­s peares „Ri­c hard III.“ und der gan­z e Win­t er des Miss­ver­g nü­g ens lang­-
       sam hin­e in­s chie­b en – ein dra­m a­t ur­g isch tat­s äch­l ich span­n en­d er Vor­g ang – ist in­s o­fern noch auf­re­-
       gend, als Hen­kel sich um die Eta­b lie­r ung von Fi­g u­ren be­m üht, was ihr im Ver­l auf des Abends zu­n eh­-
       mend wurscht ist. Gleich­wohl tau­g en die an­f äng­l i­c hen Fa­m i­l i­e n­g e­s chich­t en nicht zur psy­c ho­l o­g i­-
       schen Be­g rün­d ung von Ri­c hards spä­t e­ren Ta­t en – er will der Grö­ß­t e wer­d en, weil ihn al­l e hän­s eln,
       das war’s schon.

       Aber: Die Ko­p ro­d uk­t i­o n mit dem Ham­b ur­g er Schau­s piel­h aus prunkt mit tol­l en Men­s chen auf der
       Büh­n e, vor al­l em Kris­t of Van Bo­ven. Er spielt al­l e Mit­g lie­d er der Fa­m i­l ie Lan­c as­t er, den mü­d en Kö­n ig
       Hein­r ich VI., die macht­g ie­r i­g e Mar­g a­re­t ha, Prinz Ed­ward und La­dy An­n e, ist teil­wei­s e im Dia­l og mit
       sich selbst und schafft es, prä­g nant je­d e Fi­g ur mit Le­b en zu fül­l en. Im zwei­t en Teil ist er vor al­l em
       An­n e, ein Schmet­t er­l ings­we­s en. In die­s em zwei­t en Teil, der Bal­l a­d e von Ri­c hards Mor­d en, gibt es
       noch wei­t e­re er­f reu­l i­c he Er­s chei­n un­g en, Paul Her­w ig als op­p or­t u­n is­t i­s chen Kron­rat-Stra­t e­g en, Alex­-
       an­d er Ma­r ia Schmidt als zau­d ern­d en Kil­l er.

       Vor al­l em aber gibt es Li­n a Beck­m ann, sie spielt Ri­c hard III.. Sie ist fast im­m er auf der Büh­n e, kom­-
       men­t iert die­s e Auf­g a­b e ge­n au­s o wie ih­ren S-Feh­l er, den das Mi­k ro­p ort auch schön her­a us­s tellt. Sie
       ist an­g e­m alt wie der bö­s e Clown, den sie spielt, sie gei­fert und greint, sie ist ei­n e phy­s i­s che Wucht,
       vol­l er halt­l o­s er En­e r­g ie. Aber selbst sie fin­d et kein Mit­t el ge­g en Hen­kels Ide­e n­l o­s ig­keit, das Mor­d en
       nutzt sich ab, wer da ge­ra­d e stirbt, ist ei­n em ir­g end­wann egal, zu­m al die Ta­t en teil­wei­s e un­f rei­w il­l ig

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       ul­k ig sind – ein­m al räumt Beck­m ann ei­n e Bauch­h öh­l e leer und för­d ert Ge­d är­m e wie Würstel­ket­t en
       zu­t a­g e, al­s o Schlacht­p lat­t e.

       Und doch ist Beck­m ann vir­t u­o s, kriegt die männ­l i­c he Un­h old-Phy­s io­g no­m ie sehr gut in ih­ren Kör­p er,
       ist voll­kom­m en furcht­l os, matscht mit Blut und Es­s en her­u m, kann auch schlag­a r­t ig wit­z ig sein, flir­-
       tet mit dem Pu­b li­k um. Aber nie ist ihr Ri­c hard furcht­e rre­g end, mit­l eid­e rre­g end erst recht nicht. Der
       gan­z e lau­t e, pol­t ern­d e Abend ist mehr Vor­f üh­r ung als Auf­f üh­r ung. Bleibt die Fra­g e, was das al­l es
       soll.Eg­b ert Tholl

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27.7.2021                             Simon Rattle: I always avoided ‘jingoistic’ Last Night of the Proms | Simon Rattle | The Guardian

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   Simon Rattle
   Simon Rattle: I always avoided ‘jingoistic’ Last Night of the Proms

   Lanre Bakare
     @lanre_bakare
   Tue 27 Jul 2021 00.01 BST

   Simon Rattle has said he avoided conducting at the Last Night of the Proms throughout his career because of his
   discomfort at its “jingoistic elements”.

   In an interview with Radio Times, the conductor – who announced earlier this year he would be leaving the
   London Symphony Orchestra and relocating to Germany – said nationalistic aspects of the event left him
   “uneasy”.

https://www.theguardian.com/music/2021/jul/27/simon-rattle-i-always-avoided-jingoistic-last-night-of-the-proms                            1/3
27.7.2021                                 Simon Rattle: I always avoided ‘jingoistic’ Last Night of the Proms | Simon Rattle | The Guardian

       The Last Night of the Proms at the Royal Albert Hall in a pre-pandemic year. Photograph: Alex Sudea/REX/Shutterstock

   “I never conducted the Last Night, always avoided it a bit. I’ve been uneasy about some of the jingoistic elements,
   ever since the Falklands in 1982,” he said.

   He added that he thought the event was “a kind of extraordinary thing where people got together and celebrated
   the end of what is a unique series of concerts”.

   Rattle has previously spoken about being “uncomfortable” with the imperial suite of songs that is played on the
   last night of the event, and his comments come a year on from a row over whether the lyrics of Land of Hope and
   Glory, and Rule, Britannia! should be sung.

   The conductor – whose decision to leave London came just before plans were scrapped for a £288m concert hall
   he had advocated for that was supposed to be “the Tate Modern of classical music” – also raised concerns about
   the number of classical musicians who had left the industry during lockdown.

   Rattle said many freelance musicians he had approached to perform in a concert planned for earlier this year
   turned the down opportunity because they had moved on to other forms of employment.

   “Many of the first-choice people said, ‘Look I’m sorry, I’m not doing this any more. I have a family. I had to take
   another profession. Six months ago, I’d have welcomed it’,” he said.

   “We are not going to realise about this for a long time, and then it’s going to be too late. A lot of musicians are
   looking into the abyss.”

   Rattle has consistently argued for support for classical musicians throughout the pandemic, and used his voice to
   criticise the lack of straightforward touring arrangements for musicians post-Brexit.

                         Rattle, who will leave London for the Bavarian Radio Symphony Orchestra in 2023, was
   critical of politicians who love classical music but don’t say so publicly for fear of being seen as high-brow and
   elitist.

   He said he’d noticed that opera-lovers among members of parliament “tend to find a way to slip in after the
   curtain has gone up and leave before it’s gone down”.

   “You are one or the other,” he added. “I long for politicians who have as many interests as possible, who are multi-
   cultured.”

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             KULTUR                                                                              SEITE 9 | DIENSTAG 27. JULI 2021

             Originale
             Bund unterstützt Erhalt schriftlichen
             Kulturguts
             Mit rund zwei Millionen Euro unterstützt der Bund in
             diesem Jahr Projekte zur Rettung historischer Akten,
             Handschriften und Bücher in Archiven oder Bibliothe-
             ken. „Der Erhalt unseres schriftlichen Kulturerbes ist ein
             nationaler Kraftakt, den unsere kulturellen Einrichtungen
             aufgrund des Umfangs der Schäden nicht allein stemmen
             können“, so Kulturstaatsministerin Monika Grütters
             (CDU) am Montag. dpa

             Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2021 - Alle Rechte vorbehalten.

https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/999/articles/1415220/9/8                                  1/1
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               Dienstag, 27. Juli 2021, Berliner Zeitung /

               LGBTIQ* auf Ungarisch
               Ein deutscher Verlag mit subversiver Aufklärung

                 Ein Plakat mit Viktor Orbán beim Christopher Street Day in Frankfurt
                                             am Main dpa

               CORNELIA GEISSLER

               A
                               us Hamburg ist zu hören, dass der Migo-Verlag mehrere Kapitel des Bu‐
                               ches „Was ist eigentlich dieses LGBTIQ*? Dein Begleiter in die Welt von
                               Gender und Diversität“ ins Ungarische übersetzen ließ. Schon dieser erste
                               Teil der Nachricht birgt einigen Sprengstoff. Denn Ungarisch ist keine

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               Weltsprache wie Englisch, die Übersetzung wendet sich gezielt an ein Publikum in je‐
               nem Land, wo gerade versucht wird, Kindern und Jugendlichen jegliche Information
               zu diesen Themen vorzuenthalten. Per Gesetz.

               Das Buch, erst vor zwei Wochen auf Deutsch erschienen, ist gedacht für Leser ab elf
               Jahren und sagt im Vorwort, es zeige, „wie vielfältig die Welt ist und wie verschieden
               du leben kannst“. Es klärt mit in kurze Abschnitte portionierten Texten und bunt ge‐
               zeichneten Bildern auf. Die Kapitelüberschriften führen deutlich zu den Themen:
               „Homo, hetero, bi ... in wen verliebe ich mich?“ zum Beispiel oder „Wie läuft eigent‐
               lich ein Coming-Out?“

               Als Download kostenfrei

               Der zweite Teil der Nachricht ist noch aufregender. Der zur Oetinger-Gruppe gehö‐
               rende Verlag stellt das Buch, das hierzulande für 15 Euro erhältlich ist, auf Ungarisch
               als Download kostenfrei im Netz zur Verfügung. Der Verleger Thilo Schmid teilt mit:
               „Die Diskriminierung von Minderheiten in einem europäischen Land kann uns nicht
               gleichgültig sein und wir wollen ein politisches Zeichen setzen. Mit diesem Gesetz
               wird eine Grenze überschritten. Jetzt überschreiten wir mit digitalen Möglichkeiten
               und unseren Inhalten Staatsgrenzen und hoffentlich auch die Grenzen in den Köpfen.“

               Diese Grenzüberschreitung zeigt, wie der Kampf gegen Zensur sich verändert hat. Im
               sozialistischen Ungarn wie in der Sowjetunion oder der DDR wurden manch heikle
               Bücher heimlich vervielfältigt, oft nur als Schreibmaschinen-Typoskripte oder im Or‐
               mig-Verfahren. Ostdeutsche Leser konnten sich glücklich schätzen, wenn ihre Ver‐
               wandten und Bekannten aus dem Westen sich zum Bücherschmuggel bereitfanden.

               Der Trick mit dem Namen

               Der einfachste Trick war, den eigenen Namen reinzuschreiben und dem Grenzbeam‐
               ten gegenüber so zu tun, als wäre es die Reiselektüre. Und Seiten aus Spiegel oder Zeit
               als Einwickelpapier im Päckchen enthielten oft wesentliche Texte, auch von aus der
               DDR vertriebenen Autoren.

               Das weltweite Netz, an dessen Schlingen sich bekanntlich auch kriminelle Dinge wie
               Waffenhandel oder Kinderpornografie entlanghangeln können, hat in Sachen Infor‐
               mationsverbreitung seine großen Vorteile. Deren Überträger müssen nicht an kriti‐
               schen Augen vorbeilaufen.

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