Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Antikörpern gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor
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Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Antikörpern gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor Ergänzung der Leitlinie 030/057 Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne Entwicklungsstufe: S1 Zitierhinweis Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Diener HC, May A. et al. Prophylaxe der Migräne mit mono- Federführend klonalen Antikörpern gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor, Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen Ergänzung der S1-Leitlinie Therapie der Migräneattacke und Prof. Dr. med. Arne May, Hamburg Prophylaxe der Migräne, 2019, in: Deutsche Gesellschaft für Herausgegeben von der Kommission Leitlinien der Deut- Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in schen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Zusammenarbeit der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen mit der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft am TT.MM.JJJJ) (DMKG) Version Stand: 30. August 2019 Gültig bis: 1. September 2022 Kapitel: Kopfschmerzen und andere Schmerzen Empfehlungen der DGN und DMKG Autoren Hans-Christoph Diener, Stefanie Förderreuther, Charly Gaul, Florian Giese, Till Hamann, Dagny Holle-Lee, Tim P. Jürgens, Katharina Kamm, Torsten Kraya, Christian Lampl, Arne May, Uwe Reuter, Armin Scheffler, Peer Tfelt-Hansen Bibliografie Weiterhin werden Empfehlungen zur gezielten Patientenaus- DOI https://doi.org/10.1055/a-1083-7437 wahl sowie zur Beurteilung des Therapieerfolgs und der Dau- Nervenheilkunde 2020; 39: 2–24 er der Behandlung gegeben. Abschließend werden mögliche © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York Anwendungseinschränkungen für diese neue Substanzgruppe ISSN 1865–1739 diskutiert. Korrespondenzadresse ABS TR AC T hans.diener@uk-essen.de Monoclonal antibodies against the calcitonin gene-related www.dgn.org, www.awmf.org peptide (CGRP) receptor (erenumab) or against CGRP (eptine- zumab, fremanezumab, galcanezumab) are new substances for ZUSAM ME N FA SS U N G the preventive treatment of migraine. They represent an exten- Monoklonale Antikörper gegen den Calcitonin Gene-Rela- sion of the therapeutic options which already exist in migraine ted Peptide (CGRP)-Rezeptor (Erenumab) oder gegen CGRP prevention. In registration studies, the efficacy and good tol- (Eptinezumab, Fremanezumab, Galcanezumab) sind neue erability of these specific substances have been demonstrated Substanzen zur prophylaktischen Behandlung der Migräne. in patients with episodic and chronic migraine. The following Sie stellen eine Erweiterung der therapeutischen Optionen in treatment recommendation presents a summary of the pivotal der Migräneprophylaxe dar. In Zulassungsstudien wurden die studies. Recommendations are given for the targeted selection Wirksamkeit und die gute Verträglichkeit dieser spezifischen of patients as well as for the evaluation of therapeutic success Substanzen bei Patienten mit episodischer und chronischer and the duration of treatment. Finally, possible restrictions in Migräne nachgewiesen. Die folgende Empfehlung präsentiert the use of this new substance group are discussed. eine Zusammenfassung der Daten aus den Zulassungsstudien. S2 Diener H-C, May A. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Ant… Nervenheilkunde 2020; 39: S2–S24
InhaltSeite enumab) sind bei der prophylaktischen Therapie der episodischen 1. Fragestellungen S2 Migräne einer Behandlung mit Placebo überlegen. Die Reduktion 2. Empfehlungen S2 der Migränetage pro Monat bei der episodischen Migräne beträgt 3. Einleitung S3 zwischen 2,9 und 4,7 Tagen. Die 50 %-Responderrate nach 3–6 Mo- 4. Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) und naten liegt dabei zwischen 30 % und 62 %. Die 50 %-Responderraten Migräne S4 für Placebo liegen zwischen 17 und 38 %. Die Wirksamkeit kann in- 5. Erenumab zur Prophylaxe der episodischen Migräne S4 nerhalb von 4–8 Wochen evaluiert werden. Ein direkter Vergleich 6. Fremanezumab zur Prophylaxe der episodischen der monoklonalen Antikörper untereinander ist ebenso wenig mög- Migräne S7 lich wie ein Vergleich mit den bisher zur Verfügung stehenden Mi- 7. Galcanezumab zur Prophylaxe der episodischen gräneprophylaktika. Migräne S8 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. 8. Eptinezumab zur Prophylaxe der episodischen 2. Sind monoklonale Antikörper gegen CGRP oder den Migräne S9 CGRP-Rezeptor bei der chronischen Migräne prophylaktisch 9. Studien zur Prophylaxe der chronischen Migräne S9 wirksam? 10. Erenumab zur Prophylaxe der chronischen Migräne S10 11. Fremanezumab zur Prophylaxe der chronischen Die monoklonalen Antikörper gegen CGRP (Eptinezumab, Frema- Migräne S11 nezumab und Galcanezumab) oder gegen den CGRP-Rezeptor (Er- 12. Galcanezumab zur Prophylaxe der chronischen enumab) sind in der prophylaktischen Therapie der chronischen Migräne S11 Migräne einer Behandlung mit Placebo überlegen. Die Reduktion 13. Eptinezumab zur Prophylaxe der chronischen der Migränetage pro Monat liegt für die chronische Migräne zwi- Migräne S12 schen 4,3 und 6,6 Tagen. Die Responderrate nach 3 Monaten liegt 14. Leitlinien zum Einsatz von monoklonalen Antikörpern zwischen 27 und 57 %. Die 50 %-Responderraten für Placebo liegen zur Prophylaxe der Migräne S13 zwischen 15 und 40 %. Die Wirksamkeit konnte auch für Patienten 15. Vergleich der Wirksamkeit der monoklonalen mit Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Schmerz- oder Mig- Antikörper bei der episodischen und der ränemitteln (medication overuse headache = MOH) gezeigt wer- chronischen Migräne S13 den. Ein direkter Vergleich der monoklonalen Antikörper unterei- 16. Besondere Populationen und Fragestellungen nander ist ebenso wenig möglich wie ein Vergleich mit den bisher 17. Redaktionskomitee S20 zur Verfügung stehenden Migräneprophylaktika. 18. Leitlinienreport S21 19. Literatur S22 3. Welche Patienten sollten einen monoklonalen Antikörper zur Migräneprophylaxe bekommen? Fragestellungen Die Zulassung besteht für die Behandlung einer Migräne mit min- 1. Sind monoklonale Antikörper (monoclonal antibo- destens 4 Migränetagen/Monat. Nach dem Beschluss des Gemein- dies = MOAB) gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor bei der samen Bundesausschusses (GBA) ist eine Verordnung bei Patienten episodischen Migräne prophylaktisch wirksam? mit episodischer Migräne möglich, wenn mindestens 5 Substan- 2. Sind monoklonale Antikörper gegen CGRP oder den zen aus den 4 verfügbaren, zugelassenen medikamentösen phar- CGRP-Rezeptor bei der chronischen Migräne prophylaktisch makologischen Gruppen wie Betablocker (Metoprolol oder Propra- wirksam? nolol), Flunarizin, Topiramat, Valproinsäure oder Amitriptylin nicht 3. Welche Patienten sollten einen monoklonalen Antikörper zur wirksam waren, nicht vertragen wurden oder wenn gegen deren Migräneprophylaxe bekommen? Einnahme Kontraindikationen oder Warnhinweise bestehen. Be- 4. Wie wird der Therapieerfolg evaluiert? züglich Patienten mit chronischer Migräne wird empfohlen, dass 5. Wie lange sollte die Therapie erfolgen? diese zusätzlich nicht auf eine Therapie mit OnabotulinumtoxinA 6. Welche Gegenanzeigen und Warnhinweise bestehen für den angesprochen haben. Einsatz von monoklonalen Antikörpern? 7. Ist es sinnvoll, bei Nichtansprechen der Therapie mit einem 4. Wie wird der Therapieerfolg evaluiert? CGRP-Antagonisten auf einen CGRP-Rezeptorantagonisten zu wechseln und umgekehrt? Bei der episodischen und chronischen Migräne ist ein Therapieer- folg definiert als eine Reduzierung der durchschnittlichen monat- Empfehlungen lichen Kopfschmerztage um 50 % oder mehr im Vergleich zur Vor- behandlung über einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten (Ta- 1. Sind monoklonale Antikörper (monoclonal antibo- gebuch-Dokumentation wird empfohlen) [1]. Alternative klinisch dies = MOAB) gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor bei der akzeptable Kriterien sind signifikante Verbesserungen von validier- episodischen Migräne prophylaktisch wirksam? ten, migränespezifischen, patientenbezogenen Outcome-Messun- gen wie: Die monoklonalen Antikörper gegen CGRP (Eptinezumab, Frema- ▪▪ eine 30 %ige Reduzierung des MIDAS-Scores für diejenigen mit nezumab und Galcanezumab) oder gegen den CGRP-Rezeptor (Er- Basiswerten über 20, Diener H-C, May A. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Ant… Nervenheilkunde 2020; 39: S2–S24 S3
Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. ▶Abb. 1 Flussdiagramm: Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Antikörpern ▪▪ Reduzierung der Punktzahl beim 6-Punkte-Headache-Im- 7. Ist es sinnvoll, bei Nichtansprechen der Therapie mit einem pact-Test (HIT-6) [2] um mindestens 5 Punkte. CGRP-Antagonisten auf einen CGRP-Rezeptorantagonisten zu wechseln und umgekehrt? 5. Wie lange sollte die Therapie erfolgen? Zu dieser Frage gibt es keine Daten aus den randomisierten Studi- Die Therapie sollte zunächst für 3 Monate erfolgen. Wenn kein be- en oder Registern. Der Versuch einer Therapieumstellung scheint friedigender Therapieeffekt besteht, wird die Therapie beendet. Bei gerechtfertigt (▶Abb. 1). Wirksamkeit der Therapie sollte nach 6–9 Monaten ein Auslass- versuch unternommen werden, um zu überprüfen, ob die Thera- Einleitung pie noch notwendig ist. Patienten mit häufigen oder schweren Migräneattacken benöti- 6. Welche Gegenanzeigen und Warnhinweise bestehen für den gen neben einer wirksamen Therapie der akuten Migräneattacke Einsatz von monoklonalen Antikörpern? eine nicht medikamentöse und/oder medikamentöse Migränepro- phylaxe [3]. Bisher standen hierfür nach den Leitlinien der Deut- Monoklonale Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor sol- schen Gesellschaft für Neurologie und der Deutschen Migräne- und len bei Schwangeren und während der Stillzeit nicht eingesetzt wer- Kopfschmerzgesellschaft die Beta-Rezeptorenblocker Propranolol, den. Sie sollten nicht eingesetzt werden bei Frauen, die keine oder Metoprolol und Bisoprolol, der Calciumantagonist Flunarizin, die keine ausreichende Kontrazeption betreiben. Weiterhin sollten sie Antikonvulsiva Valproinsäure und Topiramat sowie das trizyklische vorsichtshalber nicht eingesetzt werden bei Patienten mit korona- Antidepressivum Amitriptylin mit hohem Evidenzgrad zur Verfü- rer Herzerkrankung, ischämischem Insult, Subarachnoidalblutung gung [3]. Nach einem Beschluss des GBA darf Valproinsäure zur oder peripherer arterieller Verschlusskrankheit. Für Kinder und Ju- Migränebehandlung nur noch von Fachärzten für Nervenheilkun- gendliche gibt es bisher keine Informationen zur Verträglichkeit de, Psychiatrie oder Neurologie verordnet werden (https://www.g- und Sicherheit. Monoklonale Antikörper sollten bis auf weiteres ba.de/downloads/39-261-3911/2019-08-06_AM-RL-VI-SN_Val- nicht bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen, COPD, proinsaeure-Migraeneprophylaxe.pdf). Über die Notwendigkeit pulmonaler Hypertension, M. Raynaud, Wundheilungsstörungen zur konsequenten, sicheren Verhütung muss schriftlich aufgeklärt oder bei Transplantationsempfängern eingesetzt werden. Da die werden. Bei der chronischen Migräne sind Topiramat und Onabo- vorliegenden Studien bislang ausschließlich Patienten ohne rele- tulinumtoxinA wirksam. Die bisher eingesetzten Medikamente zur vante Vorerkrankungen eingeschlossen haben, sollte bei Patien- Migräneprophylaxe haben eine vergleichbare Wirkung. Als Zielkri- ten mit chronischen Vorerkrankungen zurückhaltend vorgegan- terium wird laut den aktuellen Empfehlungen der Internationalen gen werden. Kopfschmerzgesellschaft die 50 %-Responderrate herangezogen [4]. Diese beschreibt den Prozentsatz der Migränepatienten, bei S4 Diener H-C, May A. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Ant… Nervenheilkunde 2020; 39: S2–S24
denen es in der Regel nach 3-monatiger Therapie zu einer Reduk- ▶Tab. 1 Design der STRIVE-Studie [17] tion der Migränetage/Monat um ≥ 50 % vom Ausgangswert kommt. Die 50 %-Responderrate lag bisher zwischen 35 % und 50 %, was be- Studienziel Prophylaxe der episodischen Migräne deutet, dass es bei der Hälfte der Patienten unter einer Therapie Studiendesign multizentrisch, doppelblind, randomisiert, nicht zu einer signifikanten Abnahme der Migränehäufigkeit kam. placebokontrolliert In diesen Fällen mussten dann häufig die einzelnen Medikamenten- Einschlusskriterium 4–14 Migränetage, < 65 Jahre gruppen konsekutiv und zum Teil additiv eingesetzt werden, um n Patienten n = 955 eine wirksame und verträgliche Therapie zu finden. Intervention Placebo (n = 319), 70 mg Erenumab (n = 317), Die bisher verfügbaren Migräneprophylaktika sind bei vielen Pa- 140 mg Erenumab (n = 3 19) tienten gut wirksam. Ein Problem der meisten bisherigen Migräne- Behandlungsdauer 6 Monate prophylaktika sind allerdings unerwünschte Arzneimittelwirkun- Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Primärer Endpunkt Reduktion der Migränetage/Monat in den gen. Dies erklärt, warum Adhärenz und Persistenz gering sind [5]. Monaten 4–6 Daher bestand ein hoher Bedarf, neue Migräneprophylaktika mit Wichtige Ausschluss- > 2 gescheiterte Prophylaxen einem günstigeren Nebenwirkungsprofil zu entwickeln. kriterien NCT-Nummer NCT02456740 Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) und Migräne vollhumane, rekombinante Antikörper (Endung „umab“) von hu- 1990 identifizierten Goadsby und Edvinsson die wichtige Rolle von manisierten Antikörpern, die noch murine Anteile enthalten, un- CGRP in der Pathophysiologie der Migräne [6, 7]. Sie untersuch- terschieden (Endung „zumab“). Vollhumane und humanisierte mo- ten systematisch Neuropeptide in Blutproben der Vena jugularis noklonale Antikörper sind hochspezifisch und führen nur in mini- während akuter Migräneattacken. Dabei fanden sie heraus, dass malem Umfang zur Bildung von Autoantikörpern. Aufgrund ihrer während Migräneattacken CGRP ausgeschüttet wurde und dass die biologischen Eigenschaften haben die Antikörper gegen den Ligan- CGRP-Konzentration abnahm, wenn die Attacke erfolgreich mit Su- den CGRP oder den CGRP-Rezeptor selbst ein günstiges Nebenwir- matriptan behandelt wurde. Kurz danach wurde CGRP im Ganglion kungsprofil. Dies hängt auch mit der Größe der Antikörper zusam- trigeminale des Menschen [8] sowie in den Wänden zerebraler Ar- men, da sie die Blut-Hirn-Schranke nicht in relevantem Ausmaß terien nachgewiesen [7, 9]. In den folgenden Jahren identifizierten überwinden und keine zentralnervösen Nebenwirkungen haben. Goadsby und Edvinsson CGRP-Rezeptoren in den Wänden zereb- Bedingt durch den Abbau zu Aminosäuren, interagieren sie durch raler Gefäße und Arterien der Dura, im trigemino-vaskulären Sys- Umgehung hepatischer und renaler Eliminationsschritte nicht mit tem und in zentralen schmerzleitenden Strukturen [10]. CGRP ist anderen Medikamenten. Monoklonale Antikörper müssen entwe- ein potenter Vasodilatator [11]. CGRP-Rezeptoren finden sich dar- der subkutan oder intravenös verabreicht werden, wobei die ent- über hinaus ubiquitär im Körper, unter anderem in der Darmmuko- sprechenden Dosierungsintervalle abhängig von der Halbwertzeit sa und im respiratorischen Endothel. CGRP liegt in einer Alpha- und und der Dosis zwischen 4 Wochen und für Fremanezumab 3 Mo- in einer Betaform vor, wobei für die Pathophysiologie und Therapie naten liegen. der Migräne nur die Alphaform relevant ist. Die Betaform von CGRP Im Folgenden werden die Ergebnisse der Phase-3-Studien zur ist im enterischen System bedeutsam [12]. Zwischen den beiden episodischen und chronischen Migräne dargestellt. Studien, wel- Formen besteht eine Strukturanalogie von über 90 %. che die einzelnen Antikörper vergleichen, fehlen ebenso wie Ver- Die Freisetzung von CGRP in den Gefäßwänden von Arterien der gleichsstudien mit den bisher etablierten und empfohlenen Mig- Dura und des Gehirns erfolgt über Synapsen des N. trigeminus. Die räneprophylaktika. Um einen indirekten Vergleich zu ermöglichen, Freisetzung im Nervensystem erfolgt v. a. aus den trigeminalen wird über die Studien hinweg die 50 %-Responderrate benutzt. Es C-Fasern, während Rezeptoren auf den trigeminalen A-delta-Fasern muss aber berücksichtigt werden, dass die Einschlusskriterien und gefunden wurden. Die Ausschüttung von CGRP wird durch die Akti- Definitionen der Endpunkte in den referierten Studien zum Teil un- vierung von 5-HT-1B und 5-HT-1D-Rezeptoren gehemmt. An diesen terschiedlich waren und daher ein direkter Vergleich der Wirksam- Rezeptoren greifen beispielsweise die Triptane an. keit der einzelnen Antikörper nicht möglich ist. Im zweiten Teil der Der endgültige Beweis, dass ein Eingriff in den CGRP-Kreislauf Übersicht werden die Ergebnisse für wichtige Untergruppen von wirksam gegen Migräneattacken ist, war eine placebokontrollier- Patienten beschrieben. te Studie von Olesen und Diener, in der ein CGRP-Antagonist sig- nifikant wirksam Migräneattacken beendete [13]. Erenumab zur Prophylaxe der episodischen 4 monoklonale Antikörper – Eptinezumab, Erenumab, Frema- nezumab und Galcanezumab – wurden umfangreichen klinischen Migräne Studien bei episodischer und chronischer Migräne unterzogen und Die Darstellung der Studienergebnisse für Erenumab stützt sich auf zeigten eine Überlegenheit gegenüber Placebo [14]. Monoklonale eine Übersichtsarbeit von Diener und Gaul [16]. Antikörper haben ein Molekulargewicht von um die 150 kDa und können die intakte Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden. Daher Die STRIVE-Studie bezeichnet man diese als „large molecules“ im Gegensatz zu her- Die erste Phase-3-Studie bei der episodischen Migräne war eine kömmlichen Pharmaka und den „Gepanten“ [15], die „small mo- randomisierte placebokontrollierte Studie (STRIVE-Studie), in der lecules“ darstellen. Aufgrund des Herstellungsprozesses werden die Migränepatienten über eine Zeitraum von 6 Monaten einmal Diener H-C, May A. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Ant… Nervenheilkunde 2020; 39: S2–S24 S5
Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie pro Monat entweder Erenumab 70 mg, 140 mg oder Placebo sub- ▶Tab. 2. Erenumab in der Prophylaxe der episodischen Migräne, kutan injiziert bekamen [17]. Der primäre Endpunkt der Studie war STRIVE [17] die Änderung der Migränehäufigkeit zwischen der Baseline und den Monaten 4 bis 6, gemessen mit der mittleren Zahl der Migräneta- Placebo Erenumab Erenumab ge pro Monat. Sekundäre Endpunkte waren die 50 %-Responder- (n = 319) 70 mg 140 mg (n = 317) (n = 319) rate, die Zahl der Tage mit Einnahme von Akutmedikation und die Änderung der Lebensqualität, gemessen mit dem Migraine Physi- cal Function Impact Diary (MPFID). Mean monthly migrai- 8,3 8,3 8,3 ne days (MMD) bei In die Studie wurden insgesamt 955 Patienten eingeschlossen. Studienbeginn 319 erhielten Placebo, 317 die niedrige (70 mg) und 319 die hohe Reduktion der Migrä- –1,6 –3,2 –3,7 Dosis (140 mg) von Erenumab. Das mittlere Alter der Patienten be- Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. netage (MMD) in den trug 41 Jahre und 85 % waren Frauen. 60 % benutzten zur Behand- Monaten 4–6 lung der Migräneattacken Triptane und 78 % Analgetika. 40 % der Zahl der MMD in den 6,5 5,1 4,6 Patienten hatten Erfahrung mit anderen Medikamenten zur Mig- Monaten 4–6 (% der (78 %) (61 %) (55 %) räneprophylaxe. 40 % gaben an, dass frühere Migräneprophylaxen Baseline) entweder nicht wirksam waren oder inakzeptable Nebenwirkun- > 50 %-Responderra- 84 (26,6 %) 138 (43,3 %) 159 (50,0 %) gen hatten. In der Baseline-Phase hatten die Patienten im Mittel te für MMD in den TG = 17 % TG = 23 % 8,2 Migränetage pro Monat und 9,3 Kopfschmerztage. Sie nahmen Monaten 4–6 (95 %-CI = (95 %CI = 9–24 %) 16–31 %) im Mittel an 3,4 Tagen pro Monat Triptane ein. NNT = 5,9 NNT = 4,3 Die Reduktion der Migränetage pro Monat betrug 3,2 in der SAE 7 8 6 70-mg-Erenumab-Gruppe und 3,7 in der 140-mg-Erenumab-Grup- AE mit Studienab- 8 7 7 pe, verglichen mit 1,8 Tagen in der Placebo-Gruppe (▶Tab. 2). Die- bruch ser Unterschied war statistisch signifikant. Die 50 %-Responderrate, bezogen auf die monatlichen Migränetage, betrug 43,3 % für die TG = Therapeutischer Gewinn (Differenz zwischen Verum und niedrige Dosis und 50 % für die hohe Dosis von Erenumab, vergli- Placebo), NNT = Number needed to treat, SAE = schwerwiegende chen mit 26,6 % in der Placebo-Gruppe. Auch dieser Unterschied unerwünschte Arzneimittelwirkungen, AE = unerwünschte Arznei- war signifikant. Signifikante Unterschiede zeigten sich auch für mittelwirkungen die Einnahme spezifischer Migränemittel (z. B. Triptane), die um 1,1 Tage in der mit 70 mg behandelten Gruppe und 1,6 Tage in der mit 140 mg behandelten Gruppe abnahm, verglichen mit 0,2 Tagen ▶Tab. 3 Design der ARISE-Studie [18] in der Placebo-Gruppe. Die Scores auf der MPFID-Skala (Migraine Physical Function Impact Diary), welche die körperliche Beeinträch- Studienziel Prophylaxe der episodischen Migräne tigung misst, verbesserten sich um 4,2 und 4,8 Punkte in den Eren- umab-Gruppen, verglichen mit 2,4 Punkten in der Placebo-Grup- Studiendesign multizentrisch, doppelblind, randomisiert, place- bokontrolliert pe. Auch dieser Unterschied war signifikant. Die Häufigkeit uner- wünschter Arzneimittelwirkungen war zwischen Erenumab und Einschlusskrite- ≥ 4– < 15 Migränetage, 18–65 Jahre rium Placebo nicht unterschiedlich. n Patienten n = 577 Die ARISE-Studie Intervention Placebo (n = 291), 70 mg Erenumab (n = 286) Die zweite Phase-3-Studie (ARISE) war eine randomisierte, doppelb- Behandlungs- 12 Wochen dauer linde, placebokontrollierte Studie, in die 577 Patienten mit episo- discher Migräne eingeschlossen wurden [18]. Die Patienten erhiel- Primärer End- Änderung der Migränetage/Monat punkt ten entweder alle 4 Wochen 70 mg Erenumab subkutan oder Pla- cebo. Der primäre Endpunkt war die Abnahme der Migränetage pro Sekundäre End- ≥ 50 % Reduktion der Migränetage/Monat punkte Änderung der Einnahme von Medikamenten zur Monat. Sekundäre Endpunkte waren die 50 %-Responderrate für Therapie der Migräneattacke Migränetage, die Veränderung der Tage, an denen eine migräne- ≥ 5 Punkte Reduktion des Migraine Physical Functi- spezifische symptomatische Akutmedikation eingenommen wurde on Impact Diary (z. B. Triptane), und eine Verbesserung um 5 oder mehr Punkte des Wichtige Aus- > 2 gescheiterte Prophylaxen in der Vergangenheit „Migraine Physical Function Impact Diary Score“. Diese Endpunk- schlusskriterien te wurden am Ende der dreimonatigen Behandlungsphase erfasst. NCT-Nummer NCT02483585 Die Patienten waren im Mittel 42 Jahre alt und 85 % waren Frau- en. Die Migräne bestand im Mittel seit 20 Jahren. Etwa die Hälfte der Patienten hatte eine Migräne mit Aura. Die Hälfte der Patienten Unter Erenumab kam es innerhalb von 3 Monaten zu einer sig- hatte bisher keine Migräneprophylaxe erhalten. 60 % der Patienten nifikanten Abnahme von 2,9 Migränetagen pro Monat, verglichen nahmen spezifische Migränemittel wie Triptane zur Behandlung mit 1,8 Tagen unter Placebo (▶Tab. 4). Die 50 %-Responderrate be- akuter Migräneattacken ein. Die Zahl der Migränetage pro Monat trug 39,7 % für Erenumab und 29,5 % für Placebo mit einer Odds betrug bei Studienbeginn im Mittel 8,2 Tage. Ratio (OR) von 1,9, einem 95 %-Konfidenzintervall zwischen 1,12 S6 Diener H-C, May A. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Ant… Nervenheilkunde 2020; 39: S2–S24
▶Tab. 4 Ergebnisse der ARISE-Studie mit Erenumab bei Patienten ▶Tab. 6 Ergebnisse der LIBERTY-Studie mit Erenumab bei Patienten mit episodischer Migräne mit episodischer Migräne [20] Placebo Erenumab 70 mg Placebo Erenumab 140 mg (n = 288) (n = 282) (n = 125) (n = 121) Mean monthly migraine days 8,4 8,1 Mean monthly migraine days 9,2 9,3 (MMD) bei Studienbeginn (MMD) bei Studienbeginn Reduktion der MMD von der Base- –1,8 –2,9 Reduktion der MMD von der Base- –0,2 –1,8 line zu Monat 3 line zu Monat 3 Zahl der MMD im Monat 3 6,6 (79 %) 5,2 (64 %) Zahl der MMD im Monat 3 9,0 (97 %) 7,5 (80 %) Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. (% der Baseline) (% der Baseline) > 50 %-Responderrate für MMD im 85 (29,5 %) 112 (39,7 %) > 50 %-Responderrate für MMD im 17 (14 %) 36 (30 %) Monat 3 TG = 10 % Monat 3 TG = 16 % (95 %-CI = 2–18 %) (95 %-CI = 5–26 %) NNT = 10 NNT = 6,3 SAE 5 3 SAE 1 2 AE mit Studienabbruch 1 5 AE mit Studienabbruch 1 0 TG = Therapeutischer Gewinn (Differenz zwischen Verum und TG = Therapeutischer Gewinn (Differenz zwischen Verum und Placebo), NNT = Number needed to treat, SAE = schwerwiegende Placebo), NNT = Number needed to treat, SAE = schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkung, AE = unerwünschte Arzneimit- unerwünschte Arzneimittelwirkungen, AE = unerwünschte Arznei- telwirkung mittelwirkungen oberen Atemwege und einige Patienten beklagten Schmerzen an ▶Tab. 5 Design der LIBERTY-Studie [20] der Injektionsstelle (12/289 mit Placebo, 17/283 mit Erenumab). Nur 5 Patienten brachen in der Erenumab-Gruppe die Behandlung Studienziel Prophylaxe der episodischen Migräne wegen Nebenwirkungen ab. Studiendesign multizentrisch, doppelblind, randomisiert, placebo- Die LIBERTY-Studie kontrolliert Einschlusskrite- ≥ 4– < 15 Migränetage, 18–65 Jahre, in der Vergan- Die LIBERTY-Studie untersuchte prospektiv die Gabe von Erenu- rium genheit waren 2–4 prophylaktische Therapien nicht mab 140 mg alle 4 Wochen bei Patienten, bei denen in der Ver- wirksam gangenheit zwischen 2 und 4 Substanzen zur Migräneprophylaxe n Patienten n = 246 nicht wirksam waren oder nicht vertragen wurden [19]. In die Stu- Intervention Placebo (n = 120), 140 mg Erenumab (n = 121) die wurden 246 Patienten aufgenommen und über 12 Wochen mit Behandlungs- 12 Wochen Erenumab oder Placebo behandelt. Anschließend wurden die Pati- dauer enten über 156 Wochen offen weiterbehandelt. Der primäre End- Primärer End- ≥ 50 %-Reduktion der Migränetage/Monat punkt war eine mindestens 50 %ige Reduktion der Migränetage in punkt den Wochen 9–12 (▶Tab. 5). Sekundäre End- Reduktion der Migränetage/Monat, Verände- Im Rahmen der Studie hatten 39 % der Patienten 2 vergebli- punkte rung der monatlichen Tage mit Akutmedikation, che Therapieversuche mit Migräneprophylaktika, 38 % 3 Versuche 75 %- und 100 %-Responderraten für Migränetage, und 23 % 4 Versuche. Die am häufigsten abgebrochenen Therapien Änderungen im Migraine Physical Function Impact Diary und Work Productivity and Activty Impair- waren Topiramat (85 %), Amitriptylin (45 %), Propranolol (45 %) und ment Score Metoprolol (38 %). In der Woche 12 betrug die 50 %-Responderra- NCT-Nummer NCT03096834 te unter Erenumab 30,3 % und in der Placebo-Gruppe 13,7 %. Dies entspricht einer Odds Ratio von 2,73 mit einem 95 %-CI von 1,43– 5,19. Erenumab war auch für alle sekundären Endpunkte wirksa- mer als Placebo. Zusätzlich wurden patientenorientierte Endpunk- und 2,27. Es zeigte sich auch eine signifikante Reduktion der Tage, te untersucht. Hier zeigte sich eine Überlegenheit von Erenumab in an denen spezifische Migränemedikamente eingenommen wur- der HIT-6-Skala (Headache Impact Test) und einem Score, der die den, wobei die Reduktion 1,2 Tage unter Erenumab und 0,6 Tage Produktivität am Arbeitsplatz misst (WPAI = Work Productivity and unter Placebo betrug. Dieser Unterschied war mit einem p-Wert Activity Impairment Score). von 0,002 signifikant. Die Leistungsfähigkeit, gemessen mit „Phy- Fasst man die randomisierten Studien zur Wirksamkeit von Eren- sical Impairment and Impact on Everyday Activities Domain Score umab bei der episodischen Migräne zusammen, sind beide Dosen measured by the Migraine Physical Function Impact Diary“ war von 70 und 140 mg besser wirksam als Placebo. Die Reduktion der nicht unterschiedlich. Erenumab hatte ein Nebenwirkungsprofil Migränetage pro Monat lag zwischen 2,9 und 3,7 Tagen, vergli- vergleichbar mit Placebo. Gelegentlich kam es zu Infektionen der chen mit 1,8 bis 2,3 Tagen für Placebo. Über die 3 Studien hinweg Diener H-C, May A. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Ant… Nervenheilkunde 2020; 39: S2–S24 S7
Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie ▶Tab. 7 Fremanezumab zur Prophylaxe der episodischen Migräne ▶Tab. 8 Fremanezumab zur Prophylaxe der episodischen Migräne (HALO) [21] [21] Studienziel Prophylaxe der episodischen Migräne Placebo Fremanezumab Fremanezumab n = 294 1 × pro Monat 1 × für 3 Monate Studiendesign multizentrisch, doppelblind, randomisiert, placebo- n = 290 n = 291 kontrolliert Einschlusskrite- ≥ 4 Migränetage/Monat rium Mean monthly 9,1 8,9 9,2 migraine days n Patienten n = 875 (MMD) bei Studi- Intervention Placebo, 225 mg Fremanezumab s. c. pro Monat, enbeginn Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. 1 × 675 mg Fremanezumab 1 × in 3 Monaten Reduktion der –2,6 –4,0 –3,9 Behandlungs- 12 Wochen MMD von der Ba- dauer seline zu Monat 3 Primärer End- Reduktion der Migränetage/Monat über 12 Wochen Zahl der MMD im 6,5 4,9 5,3 punkt Monat 3 71,4 % 55,1 % 57,6 % Sekundäre End- Tage mit Einnahme von Akutmedikation, Migraine (% der Baseline) punkte Disabiity Assessment Score (MIDAS) > 50 %-Responder- 82 138 (47,7 %) 129 (44,4 %) Wichtige Aus- > 2 gescheiterte Prophylaxen in der Vergangenheit rate für MMD im (27,9 %) TG = 20 % TG = 16 % schlusskriterien Monat 3 (95 %-CI = (95 %-CI = NCT-Nummer NTC02629861 12–28 %) 9–24 %) NNT = 5,1 NNT = 6,1 SAE 7 3 3 AE mit Studienab- 5 5 5 betrug die mittlere Zahl der Migränetage in der Baseline 8,4 und bruch wurde durch Erenumab im Mittel um 3,3 Tage reduziert. Die mitt- lere 50 %-Responderrate lag bei 45 % für Erenumab und 24–27 % TG = Therapeutischer Gewinn (Differenz zwischen Verum und für Placebo. Placebo), NNT = Number needed to treat, SAE = schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen, AE = unerwünschte Arznei- mittelwirkungen Fremanezumab zur Prophylaxe der episodischen Migräne Fremanezumab wurde in einer ersten Phase-3-Studie mit Placebo me von 4,0 Migränetagen, verglichen mit 2,6 Migränetagen unter verglichen [21]. Es handelte sich um eine doppelblinde, placebo- Placebo. Bei der einmaligen höheren Dosis von Fremanezumab kam kontrollierte Parallelgruppenstudie, die an 123 Kopfschmerzzent- es zu einer Abnahme der Migränetage pro Monat von 3,9 Tagen. ren in 9 Ländern durchgeführt wurde. Nach einer 28-tägigen Base- Auch hier war der Unterschied zu Placebo (Abnahme um 2,6 Tage) line erfolgte die Behandlung über 12 Wochen mit einer subkutanen signifikant. Die 50 %-Responderrate, bezogen auf die Migräneta- Gabe von Fremanezumab. Einschlusskriterien waren unter anderem ge pro Monat, betrug 47,7 % in der Fremanezumab-Gruppe, in der ein Alter zwischen 18 und 70 Jahren und eine episodische Migräne 3-mal injiziert wurde, 44,4 % bei den Patienten, die nur 1-mal mit mit 4–14 Kopfschmerztagen pro Monat. Es wurden nur Patienten 675 mg Fremanezumab behandelt wurden, und 27,9 % in der Pla- eingeschlossen, die in der Vergangenheit auf maximal 2 Klassen cebo-Gruppe. Diese Unterschiede waren signifikant (▶Tab. 8). Si- einer migränepräventiven Therapie entweder nicht angesprochen gnifikante Unterschiede zugunsten von Fremanezumab ergaben hatten, diese nicht vertragen hatten oder bei denen die entspre- sich auch für alle sekundären Endpunkte wie beispielsweise die Ein- chende Medikamentenklasse kontraindiziert war. Etwa 20 % der nahmetage von Medikamenten zur Behandlung von Kopfschmer- Studienteilnehmer waren stabil auf eine medikamentöse Migräne- zen sowie die Beeinträchtigung durch die Migräne, gemessen mit prophylaxe eingestellt und führten diese in der Studie fort. Die Pa- dem MIDAS-Score. Bezüglich unerwünschter Arzneimittelwirkun- tienten wurden in 3 Gruppen randomisiert. 290 Patienten erhiel- gen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den ten 225 mg Fremanezumab alle 4 Wochen, 291 Patienten erhielten 3 Therapiegruppen. Am häufigsten wurden Schmerzen an der In- eine einmalige Dosis von 675 mg Fremanezumab und 294 Patien- jektionsstelle und Infektionen der oberen Atemwege beklagt. Die ten erhielten Placebo. Der primäre Endpunkt war die mittlere Än- Therapie wurde von jeweils 5 Patienten in jeder Therapiegruppe derung der Migränetage pro Monat über die 12-wöchige Behand- wegen Nebenwirkungen abgebrochen. lungsphase. Bei Patienten mit episodischer Migräne, die auf mindestens Die Patienten waren im Mittel 42 Jahre alt und 85 % waren Frau- 2 Klassen von Migräneprophylaktika in der Vergangenheit nicht en. Die Migräne bestand im Mittel seit 20 Jahren. In der Baseline ansprachen, führte Fremanezumab über eine 12-wöchige Behand- hatten die Patienten im Mittel 9 Migränetage und an 7,7 Tagen lungsperiode, verglichen mit Placebo, zu einer statistisch signifi- nahmen die Patienten Medikamente zur Behandlung der Migrä- kanten Reduktion von 1,3 bis 1,5 Migränetagen pro Monat. Die neattacke ein. An 6–7 Tagen erfolgte die Einnahme einer spezifi- Behandlung mit Fremanezumab wurde gut toleriert. schen Migränemedikation. In der Therapiegruppe, die einmal mo- natlich Fremanezumab erhielt, kam es zu einer signifikanten Abnah- S8 Diener H-C, May A. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Ant… Nervenheilkunde 2020; 39: S2–S24
▶Tab. 9 Galcanezumab zur Prophylaxe der episodischen Migräne ▶Tab. 11 Galcanezumab zur Prophylaxe der episodischen Migräne EVOLVE-2 [23] EVOLVE-1 [22] EVOLVE-2 [23] Placebo Galcanezumab Galcanezumab Studienziel Prophylaxe der episodi- Prophylaxe der episodi- (n = 461) 120 mg 240 mg schen Migräne schen Migräne (n = 231) (n = 223) Studiendesign doppelblind, randomi- doppelblind, randomi- siert, placebokontrolliert siert, placebokontrolliert Mean monthly 9,2 9,1 9,1 Einschlusskri- 4–14 Migränetage/Mo- 4–14 Migränetage/Mo- migraine days terium nat, 18–65 Jahre nat, 18–65 Jahre (MMD) bei Studien- beginn n Patienten n = 858 n = 915 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Intervention Placebo, 120 mg Galcane- Placebo, 120 mg Galcane- Reduktion der MMD –2,3 –4,3 –4,2 zumab, 240 mg Galcane- zumab, 240 mg Galcane- über die Monate zumab pro Monat s. c. zumab pro Monat s. c. 1–6 Behandlungs- 6 Monate 6 Monate Zahl der MMDs im 6,9 (75 %) 4,8 (53 %) 4,9 (54 %) dauer Monat 6 (% der Baseline) Primärer Reduktion der Migräneta- Reduktion der Migräneta- Endpunkt ge Monat 1–6 ge Monat 1–6 > 50 %-Responderra- 36 % 59 % 57 % te für MMD über die TG = 23 % TG = 20 % Sekundäre 50 %-, 75 %-, 100 %-Re- 50 %-, 75 %-, 100 %-Re- Monate 1–6 (95 %-CI = 15– (95 %-CI = 13– Endpunkte sponderrate, Tage mit sponderrate, Tage mit 31 %) 28 %) Akutmedikation, Akutmedikation, MIDAS, MIDAS, MSQ MSQ NNT 4,3 4,8 Wichtige ≥ 3 erfolglose vorherige ≥ 3 erfolglose vorherige Ausschlusskri- Prophylaxen, keine ande- Prophylaxen, keine ande- TG = Therapeutischer Gewinn (Differenz zwischen Verum und Pla- terien re Prophylaxe re Prophylaxe cebo), NNT = Number needed to treat NCT-Nummer NCT02614183 NCT02614196 MIDAS = Migraine Disability Assessment Score , MSQ = Migraine Galcanezumab zur Prophylaxe der Specific Quality of Life Questionnaire episodischen Migräne Die beiden EVOLVE-Studien (Evaluation of LY2951742 in the pre- vention of episodic migraine) waren doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Studien, die die subkutanen Injektionen von Galcanezumab mit Placebo verglichen [22, 23]. Die Patienten er- ▶Tab. 10 Galcanezumab zur Prophylaxe der episodischen Migräne. hielten über einen Zeitraum von 6 Monaten 1 × monatlich eine sub- EVOLVE-1 [22] kutane Injektion von Galcanezumab 120 mg, 240 mg oder Placebo. Eingeschlossen wurden Patienten mit 4–14 Migränetagen/Monat. EVOLVE-1 Placebo Galcanezumab Galcanezumab Der primäre Endpunkt der Studien war die mittlere Reduktion der (n = 433) 120 mg 240 mg Migränetage während der Studiendauer, verglichen mit der Base- (n = 213) (n = 212) line. Außerdem wurden die 50 %-, 75 %- und 100 %-Responderra- ten berechnet, Migränetage mit der Einnahme von Akutmedikation Mean monthly 9,1 9,2 9,1 sowie die Lebensqualität und die Einschränkung im Alltag durch die migraine days Migräne. Eine vorbestehende medikamentöse Migräneprophylaxe (MMD) bei Stu- dienbeginn musste vor Studieneinschluss beendet werden. Reduktion der –2,8 –4,7 –4,6 Ergebnisse MMD über die Monate 1–3 In die EVOLVE-1-Studie wurden 858 Patienten aufgenommen. Das Zahl der MMD 6,3 (69 %) 4,5 (49 %) 4,5 (49 %) mittlere Alter der Patienten betrug 40,7 Jahre und 84 % waren Frau- im Monat 6 (% en. In der Baseline-Periode betrug die mittlere Häufigkeit der Mi- der Baseline) gränetage pro Monat 9,1. Beide Dosierungen von Galcanezumab > 50 %-Res- 39 % 62 % 61 % waren signifikant besser wirksam als Placebo. Die Reduktion der ponderrate für TG = 24 % TG = 22 % Migränetage betrug im Mittel 4,7 Tage (120 mg) und 4,6 Tage MMD über die (95 %-CI = 15– (95 %-CI = 14– (240 mg) für Galcanezumab, verglichen mit Placebo mit 2,8 Tagen Monate 1–3 32 %) 30 %) (p < 0,001). Die Studie zeigte auch signifikante Unterschiede für alle NNT 4,3 4,5 sekundären Endpunkte zugunsten von Galcanezumab. In die EVOLVE-2-Studie wurden 915 Patienten aufgenommen TG = Therapeutischer Gewinn (Differenz zwischen Verum und Pla- und ebenfalls mit 120 mg (n = 231) oder 240 mg (n = 223) Galcane- cebo) , NNT = Number needed to treat zumab 1 × monatlich behandelt. 461 Patienten erhielten Placebo. Die Patienten waren im Mittel 41,9 Jahre alt und 85,4 % waren Diener H-C, May A. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Ant… Nervenheilkunde 2020; 39: S2–S24 S9
Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie weiblich. In der Baseline betrug die mittlere Häufigkeit der Mig- ▶Tab. 12 Eptinezumab zur Prophylaxe der episodischen Migräne ränetage 9,1 pro Monat. Die Reduktion der Migränetage betrug im Mittel 4,3 Tage (120 mg) und 4,2 Tage (240 mg) für Galcanezu- PROMISE-1 mab, verglichen mit Placebo mit 2,3 Tagen (p < 0,01). Auch in die- ser Studie zeigte sich eine Überlegenheit von Galcanezumab ge- Studienziel Prophylaxe der episodischen Migräne mit hoher Frequenz genüber Placebo für die sekundären Zielparameter. Die 50 %-Re- sponderraten betrugen in den beiden Studien 62,3 % und 59,3 % Studiendesign randomisiert, doppelblind, placebokontrolliert für die 120-mg-Dosis von Galcanezumab, 60,9 % und 56,5 % für Einschlusskrite- ≤ 14 Kopfschmerztage/Monat davon ≥ 4 Tage die 240-mg-Dosis, verglichen mit 38,6 % und 36 % mit Placebo. rium Migräne Die 100 %-Responderraten betrugen 15,6 % und 11,5 % (120 mg), n Patienten n = 888 14,6 % und 13,8 % (240 mg), verglichen mit Placebo 6,2 % und 5,7 %. Intervention Eptinezumab 30, 100, 300 mg 1 × intravenös, Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass sich diese Placebo Raten nicht auf eine komplette Schmerzfreiheit über die gesam- Behandlungs- Phase 1: 12 Wochen, Phase 2: 48 Wochen dauer ten 6 Monate bezogen, sondern auf mindestens einen (oder mehre- re) attackenfreie Monate. Diese Raten lagen gepoolt für beide Stu- Primärer End- Reduzierung der monatlichen Migränetage in punkt den Monaten 1 bis 3 dien bei 0,7 % für 120 mg und 1,4 % für 240 mg Galcanezumab [24]. Sekundäre End- 50 %- und 75 %-Responderraten für Migränetage/ Die Therapie mit Galcanezumab wurde sehr gut vertragen. punkte Monat, SF-36 Außer Reaktionen an der Injektionsstelle zeigten sich keine Un- NCT-Nummer NCT0255989 terschiede in den unerwünschten Arzneimittelwirkungen zwi- schen Verum und Placebo. Nur wenige Patienten brachen die Stu- die wegen Nebenwirkungen ab. Die Häufigkeiten waren 1,7 % und 2,3 % für Placebo, 2,2 % und 4,2 % für die 120-mg-Dosis und 4,0 % und 3,3 % für 240-mg-Dosis von Galcanezumab. ▶Tab. 13 Eptinezumab zur Prophylaxe der episodischen Migräne Der monoklonale Antikörper gegen CGRP Galcanezumab war PROMISE-1, zitiert in Tepper 2018 [25] in 2 randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studi- en über einen Zeitraum von 6 Monaten in der Prophylaxe der epi- Placebo Eptinezu- Eptine- Eptine- sodischen Migräne besser wirksam als Placebo. Zwischen den bei- n = 222 mab zumab zumab 30 mg 100 mg 300 mg den Dosierungen von 120 und 240 mg bestanden keine Unterschie- n = 219 n = 223 n = 224 de in der Wirksamkeit. Mean monthly 8,4 8,7 8,7 8,6 Eptinezumab zur Prophylaxe der episodischen migraine days (MMD) bei Stu- Migräne dienbeginn Die hier vorgestellten Daten zu Eptinezumab zur episodischen Mi- Reduktion der –3,2 –4,0 –3,9 –4,3 gräne müssen noch mit Zurückhaltung bewertet werden. Die Er- MMD von der gebnisse wurden auf Kongressen als Abstract und als Pressemel- Baseline zu Monat 3 dung kommuniziert, aber noch nicht in einer Peer-reviewten Zeit- schrift publiziert (Zeitpunkt August 2019). Zahl der MMD 5,2 (62 %) 4,7 (54 %) 4,8 (55 %) 4,3 (50 %) im Monat 3 In der PROMISE-1-Studie erhielten erwachsene Migränepatien- (% der Base- ten mit Kopfschmerzen an ≤ 14 Tagen im Monat, von denen ≥ 4 die line) ICHD-II-Kriterien für Migräne erfüllten, alle 12 Wochen Eptinezumab Zahl der MMD 5,2 – 4,2 3,3 30, 100, 300 mg intravenös oder Placebo. Der primäre Endpunkt war Woche 37–48 die Reduktion der monatlichen Migränetage über die Wochen 1–12. > 50 %-Res- 37,4 % – 49,8 % 56,3 % Die Studie erstreckte sich über insgesamt 48 Wochen. Für die Aus- ponderrate für TG = 12,4 % TG = 18,9 % wertung standen 888 Patienten zur Verfügung. Die durchschnittli- MMD Wochen 95 %-CI = 95 %-CI = che Zahl der Migränetage pro Monat in der Baseline betrug im Mit- 1–12 3–21 % 10–28 % NNT = 8,1 NNT = 5,3 tel 8,5 Tage in allen Behandlungsgruppen. Eptinezumab 30, 100 und 300 mg vs. Placebo verringerte die Migränetage pro Monat gegen- > 50 %-Res- 55,4 % – 64,7 % 69,8 % ponderrate für über dem Ausgangswert in den Wochen 1–12 um –4,0, um –3,9, MMD für die um –4,3 versus –3,2 für Placebo. Der Prozentsatz der Patienten mit Wochen 37–48 einer ≥ 50 %igen Reduktion der Migränetage pro Monat betrug für Eptinezumab 30 mg 50,2 %, für 100 mg 49,8 %, für 300 mg 56,3 % TG = Therapeutischer Gewinn (Differenz zwischen Verum und Pla- und für Placebo 37,4 %. Alle Unterschiede zwischen Eptinezumab cebo), NNT = Number needed to treat und Placebo waren signifikant. Unerwünschte Arzneimittelwirkun- gen waren zwischen Eptinezumab und Placebo nicht unterschiedlich. Nur obere bronchopulmonale Infekte, Nasopharyngitis und Sinusi- tis waren numerisch unter Eptinezumab häufiger als unter Placebo. S10 Diener H-C, May A. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Ant… Nervenheilkunde 2020; 39: S2–S24
▶Tab. 14 Monoklonale Antikörper in der Prophylaxe der chroni- Studien zur Prophylaxe der chronischen schen Migräne Migräne Erenumab Fremanezumab Bei der chronischen Migräne ist eine prophylaktische Wirkung Phase-2-Studie HALO-CM [35] durch methodisch solide placebokontrollierte Studien nur für Ona- [34] botulinumtoxinA und Topiramat belegt. In die beiden PREEMPT-Stu- dien mit OnabotulinumtoxinA wurden insgesamt 1384 Patienten Studienziel Prophylaxe der chro- Prophylaxe der chroni- mit chronischer Migräne eingeschlossen [26, 27]. Im Rahmen der nischen Migräne schen Migräne doppelblinden Studie wurden 2 Behandlungszyklen im Abstand Einschlusskrite- ≥ 15 Kopfschmerzta- ≥ 15 Kopfschmerztage von 3 Monaten untersucht, gefolgt von einer 6-monatigen offe- rium ge pro Monat pro Monat nen Behandlungsphase. In einer gepoolten Analyse [28] reduzierte Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. n Patienten n = 667 n = 1130 OnabotulinumtoxinA im Vergleich zu Placebo signifikant die Tage Intervention 70 mg oder 140 mg 225 mg pro Monat mit Kopfschmerzen, die Häufigkeit der Migräneattacken, Tage mit pro Monat s. c. (675 mg Loading Dose) ausgeprägten Kopfschmerzen, die kumulativen Kopfschmerzstun- oder 675 mg alle 3 Mo- nate s. c. den pro Tag und die subjektive Beeinträchtigung. Die Anzahl der Kopfschmerztage im Monat reduzierte sich von 19,9 um 8,4 Tage Behandlungs- 12 Wochen 12 Wochen dauer in der OnabotulinumtoxinA-Gruppe und von 19,8 um 6,6 Tage in Primärer End- Reduktion der Mi- Reduktion der Kopf- der Placebo-Gruppe. Auch bei Patienten mit Übergebrauch von punkt gränetage Wochen schmerztage pro Monat, Schmerz- oder Migränemitteln zeigte OnabotulinumtoxinA eine 9–12 Wochen 1–12 gute Wirkung [29]. Wichtige sekun- ≥ 50 %-Responder- ≥ 50 %-Responderrate, Die Wirksamkeit von Topiramat in der Behandlung der chroni- däre Endpunkte rate, Einnahme von Einnahme von Akutthe- schen Migräne konnte in 2 randomisierten placebokontrollierten Triptanen rapie Studien belegt werden. 59 Patienten wurden über 16 Wochen mit Wichtige Aus- > 3 unwirksame > 2 unwirksame vorher- Placebo oder Topiramat 100 mg/Tag behandelt [30]. 22 % der mit schlusskriterien vorhergehende gehende Therapien Topiramat behandelten Patienten zeigten eine mindestens 50 %ige Therapien Reduktion der Kopfschmerztage/Monat (0 % in der Placebo-Grup- NCT-Nummer NCT02066415 NCT02621931 pe, p = 0,012) [31, 32]. Die Kopfschmerztage reduzierten sich im Durchschnitt um –3,5 ± 6,3 im Monat in der Verum-Gruppe und um 0,2 ± 4,7 in der Placebo-Gruppe (p = 0,02). Es zeigte sich auch eine signifikante Besserung der Kopfschmerztage (p < 0,03) bei den ▶Tab. 15 Monoklonale Antikörper in der Prophylaxe der chroni- Patienten (78 %) mit Medikamentenübergebrauch (3,5 ± 7,1 Tage). schen Migräne Ein ähnliches Ergebnis zeigte eine größere (n = 306) amerikanische Studie [33]. In der Topiramat-Gruppe fand sich auch hier eine si- Galcanezumab RE- Eptinezumab [37] gnifikante Reduktion (6,4 ± 5,8) der Migränetage im Vergleich zu GAIN [36] Placebo (4,7 ± 6,1; p = 0,01). Studienziel Prophylaxe der chroni- Prophylaxe der chro- schen Migräne nischen Migräne Erenumab zur Prophylaxe der chronischen Einschlusskrite- ≥ 15 Kopfschmerztage ≥ 15 Kopfschmerzta- Migräne rium pro Monat ge pro Monat Erenumab wurde bei der chronischen Migräne in einer Phase-2-Stu- n Patienten n = 1113 n = 616 die untersucht [34]. Es handelte sich um eine randomisierte dop- Intervention 120 mg pro Monat 1 × 10, 30, 100 oder pelblinde placebokontrollierte multizentrische Studie, in die Pati- (240 mg Loading Dose) 300 mg i. v. oder 240 mg pro Monat enten mit chronischer Migräne in den Vereinigten Staaten und Eu- s. c. ropa eingeschlossen wurden. Die Patienten wurden im Verhältnis Behandlungs- 3 Monate 3 Monate 3 : 2 : 2 zu subkutanem Placebo, Erenumab 70 mg oder Erenumab dauer 140 mg alle 4 Wochen für 12 Wochen randomisiert. Der primäre Primärer End- Reduktion der Migräne- ≥ 75 %-Responderrate Endpunkt war die Änderung der Migränetage pro Monat von der punkt tage über 3 Monate Woche 1–12 4-wöchigen Baseline zu den letzten 4 Wochen der doppelblinden Wichtige sekun- ≥ 50 %-, 75 %-, ≥ 50 %-Responderrate Behandlungsphase. däre Endpunkte 100 %-Responderraten, Zwischen April 2014 und Dezember 2015 wurden 667 Patienten MSQ in die Studie eingeschlossen. 286 erhielten Placebo, 191 die nied- Wichtige Aus- > 3 unwirksame vorher- Opioide oder Barbi- rige Dosis und 190 die hohe Dosis von Erenumab. Die monatliche schlusskriterien gehende Therapien turate an > 4 Tagen im Reduktion der Migränetage betrug für die beiden Dosierungen von Monat Erenumab 6,6 Tage und für Placebo 4,2 Tage. Der absolute Unter- NCT-Nummer NCT02614261 NCT02275117 schied von minus 2,5 Tagen war signifikant. Nebenwirkungen be- richteten 39 % der Patienten in der Placebo-Gruppe, 44 % bei der niedrigen Dosis und 47 % bei der hohen Dosis von Erenumab. Die Diener H-C, May A. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Ant… Nervenheilkunde 2020; 39: S2–S24 S11
Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie ▶Tab. 16 Prophylaxe der chronischen Migräne mit Erenumab [34] ▶Tab. 17 Fremanezumab zur Prophylaxe der chronischen Migräne [35] Placebo Erenumab Erenumab n = 286 70 mg 140 mg Placebo Fremanezu- Fremanezu- n = 191 n = 190 n = 375 mab mab 1 × 3 Monate 1 × Monat n = 376 n = 379 Mean monthly 18,4 17,9 17,8 migraine days (MMD) bei Studi- Mean monthly 16,4 16,2 16,0 enbeginn migraine days (MMD) bei Studien- Reduktion der –4,2 –6,6 –6,6 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. beginn MMD von der Ba- seline zu Monat 3 Reduktion der MMD –3,6 –5,2 –5,3 Zahl der MMD im 14,2 11,3 (63 %) 11,2 (63 %) von der Baseline zu Monat 3 (% der (77 %) Monat 3 Baseline) Zahl der MMD im 12,8 11,0 (70 %) 10,7 (69 %) > 50 %-Respon- 23 % 40 % 41 % Monat 3 (80 %) derrate für MMD TG = 17 % TG = 18 % (% der Baseline) Wochen 1–12 95 %-CI = 8–25 % 95 %-CI = 10–27 % > 50 %-Responderra- 18 % 38 % 41 % SAE 7 6 2 te für MMD Wochen TG = 20 % TG = 23 % 1–12 95 %-CI = 14– 95 %-CI = 16– SAE mit Studie- 2 0 2 26 % 29 % nabbruch NNT = 5,0 NNT = 4,3 SAE 6 3 5 TG = Therapeutischer Gewinn (Differenz zwischen Verum und Pla- AE mit Studienab- 8 5 7 cebo), SAE = schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen bruch TG = Therapeutischer Gewinn = Differenz zwischen Verum und häufigsten Nebenwirkungen waren Schmerz an der Injektionsstel- Placebo, NNT = Number needed to treat, SAE = schwerwiegende le, Übelkeit und Infektion der oberen Atemwege. Bei 11 Patienten unerwünschte Arzneimittelwirkungen, AE = unerwünschte Arznei- mittelwirkungen in der Niedrigdosisgruppe und bei 3 Patienten in der Hochdosis- gruppe ließen sich Autoantikörper gegen Erenumab nachweisen. Im Bereich der Laborwerte oder des EKGs fanden sich keine Auf- fälligkeiten. Die Patienten waren im Mittel 41 Jahre alt und 88 % waren Frauen. Der CGRP-Rezeptorantikörper Erenumab ist in beiden Dosierun- 20 % nahmen eine Migräneprophylaxe ein. 30 % hatten Erfahrung gen von 70 und 140 mg wirksamer als Placebo für die Reduktion der mit Topiramat und 15 % mit Botulinumtoxin. Die mediane Zeit der Migränetage bei Patienten mit chronischer Migräne. Kopfschmerztage in der Baseline betrug 13 Tage und die Zahl der Tage mit jedweder Kopfschmerzintensität 20 Tage. 16 Migräneta- Fremanezumab zur Prophylaxe der ge wurden in der Baseline beobachtet, an 13 Tagen wurden Medi- kamente zur Behandlung der Kopfschmerzen eingenommen und chronischen Migräne an 11 Tagen spezifische Migränemittel. Die mittlere Reduktion der Bei der HALO-Studie handelte es sich um eine randomisierte, pla- Kopfschmerztage pro Monat betrug 4,3 nach der einmaligen Gabe cebokontrollierte Studie an Patienten mit chronischer Migräne, bei von Fremanezumab, 4,6 mit der monatlichen Gabe und 2,5 mit denen die Patienten in 3 Therapiegruppen eingeteilt wurden [35]. Placebo. Dieser Unterschied zu Placebo war statistisch signifikant. Die erste Therapiegruppe erhielt eine initiale Dosis von 675 mg Fre- Die 50 %-Responderrate betrug 38 % und 41 % für Fremanezumab manezumab und Placebo subkutan nach 4 und 8 Wochen. In der und 18 % für Placebo. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen waren zweiten Gruppe erhielten die Patienten initial 675 mg Fremanezu- vergleichbar ausgeprägt. Bei 5 Patienten kam es unter Fremanezu- mab und 225 mg nach 4 und 8 Wochen, in der dritten Gruppe Pla- mab und bei 3 Patienten in der Placebo-Gruppe zu einem Anstieg cebo. Der primäre Endpunkt war die mittlere Änderung der Kopf- der Leberenzyme. schmerztage pro Monat, wobei diese definiert wurden als Tage mit Kopfschmerzen, die mindestens 4 Stunden anhielten, die eine In- Galcanezumab zur Prophylaxe der tensität von mindestens moderat hatten oder mit spezifischer Mi- gränemedikation wie Triptanen oder Mutterkornalkaloiden behan- chronischen Migräne delt wurden. Berechnet wurde die Häufigkeit von Kopfschmerzta- Bei der REGAIN-Studie handelte es sich um eine randomisierte, dop- gen pro Monat über 12 Wochen. pelblinde, placebokontrollierte Studie bei Patienten mit chroni- scher Migräne [36]. Die Studie hatte eine dreimonatige doppelb- Ergebnisse linde placebokontrollierte Phase und eine neunmonatige Phase Es wurden insgesamt 1130 Patienten eingeschlossen. 376 erhiel- mit offener Therapie. Eingeschlossen wurden Patienten mit chroni- ten Fremanezumab einmalig, 379 monatlich und 375 Placebo. scher Migräne im Alter zwischen 18 und 65 Jahren, die im Verhält- S12 Diener H-C, May A. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Ant… Nervenheilkunde 2020; 39: S2–S24
nis 2 : 1 : 1 zu Placebo (n = 558), Galcanezumab 120 mg mit einer lichen Migränetage während der 3-monatigen doppelblinden Be- initialen Dosis von 240 mg (n = 278) oder 240 mg Galcanezumab handlungsphase, verglichen mit der Baseline. (n = 277) randomisiert wurden. Die Behandlung erfolgte einmal Die Patienten waren im Mittel 39–42 Jahre alt, wobei die Grup- monatlich. Der primäre Endpunkt war die Reduktion der monat- pe, die mit Galcanezumab 120 mg behandelt wurde, signifikant jün- ger war als die Placebo-Gruppe. 85 % der Studienteilnehmer waren Frauen. Die Migräne bestand im Mittel seit 21 Jahren und die mitt- lere Zahl der Migränetage pro Monat während der Baseline betrug ▶Tab. 18 Galcanezumab zur Prophylaxe der chronischen Migräne 19,4. Die mittlere Zahl der Kopfschmerztage pro Monat betrug 21. [38] 78 % der Patienten hatten bereits Erfahrung mit einer prophylakti- schen Therapie und bei 31 % der Patienten hatten in der Vergangen- heit bereits 2 oder mehr prophylaktische Behandlungen versagt. Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Placebo Galcanezumab Galcanezumab n = 558 120 mg 240 mg Bei 64 % der Patienten bestand ein Übergebrauch von Schmerz- und n = 278 n = 277 Migränemitteln. Unter Galcanezumab kam es zu einer signifikant größeren Reduktion der Zahl der Migränetage pro Monat, vergli- Mean monthly 19,6 19,4 19,2 chen mit Placebo. Die Reduktion der Migränetage pro Monat be- migraine days trug unter Placebo 2,7, unter der niedrigeren Dosis von Galcanezu- (MMD) bei Studien- beginn mab 4,8 und unter der höheren Dosis 4,6. Die 50 %-Responderrate betrug 15,4 % unter Placebo, 27,6 % unter der niedrigen und 27,5 % Reduktion der MMD –2,7 –4,8 –4,6 von der Baseline zu unter der hohen Dosis von Galcanezumab. Auch für die verwende- Monat 3 ten Lebensqualität-Instrumente ergab sich eine signifikante Über- Zahl der MMD im 16,9 14,6 (75 %) 14,6 (76 %) legenheit von Galcanezumab. Galcanezumab wurde sehr gut ver- Monat 3 (86 %) tragen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Schmerzen an der (% der Baseline) Injektionsstelle und respiratorische Infekte, die allerdings zwischen > 50 %-Responderra- 15,4 % 27,6 % 27,5 % den 3 Therapiegruppen nicht unterschiedlich waren. te für MMD Wochen TG = 12,2 % TG = 12,1 % Galcanezumab ist bei Patienten mit chronischer Migräne signi- 1–12 95 %-CI = 95 %-CI = fikant besser wirksam als Placebo. Die Verträglichkeit ist sehr gut. 6–18 % 6–18 % SAE NA NA NA SAE mit Studienab- Eptinezumab zur Prophylaxe der chronischen bruch Migräne Eptinezumab wurde in einer doppelblinden, randomisierten, Pla- TG = Therapeutischer Gewinn = Differenz zwischen Verum und cebo-kontrollierten Phase-2b-Studie an 616 Patienten mit chroni- Placebo, NNT = Number needed to treat, SAE = schwerwiegende un- erwünschte Arzneimittelwirkungen, AE = unerwünschte Arzneimit- scher Migräne untersucht [37]. Die Patienten wurden zu einer In- telwirkungen, NA = Daten nicht verfügbar jektion mit Eptinezumab 300 mg, 100 mg, 30 mg, 10 mg oder Pla- cebo randomisiert. Der primäre Endpunkt war der Prozentsatz der ▶Tab. 19 Eptinezumab bei chronischer Migräne [37] Placebo Eptinezumab 10 mg Eptinezumab 30 mg Eptinezumab Eptinezumab n = 130 n = 122 100 mg 300 mg n = 121 n = 122 n = 121 Mean monthly migraine 16,4 16,4 16,2 16,9 16,5 days (MMD) bei Studien- beginn Reduktion der MMD von –6,1 –6,7 –7,9 –7,6 –8,2 der Baseline zu Woche 12 Zahl der MMD im Monat 3 10,3 (63 %) 9,7 (59 %) 8,3 (51 %) 9,3 (55 %) 8,3 (50 %) (% der Baseline) > 50 %-Responderrate für 40,5 % 43,9 % 55,6 % 55,1 % 57 % MMD Wochen 1–12 TG = 3,4 % TG = 15,1 % TG = 14,6 % TG = 16,5 % SAE 17 (14,0 %) 21 (16,2 %) 18 (14,8 %) 24 (19,8 %) 21 (17,4 %) AE mit Studienabbruch 0 0 4 2 4 TG = Therapeutischer Gewinn = Differenz zwischen Verum und Placebo, NNT = Number needed to treat, SAE = schwerwiegende unerwünschte Arznei- mittelwirkungen, AE = unerwünschte Arzneimittelwirkungen Diener H-C, May A. Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Ant… Nervenheilkunde 2020; 39: S2–S24 S13
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