PTS-Forschungsbericht IK-MF 150045 Entwicklung von neuen spektroskopischen Analyse-verfahren zur Authentifi-zierung von Dokumenten und Kunstwer...
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www.ptspaper.de Dr. Enrico Pigorsch: PTS-Forschungsbericht IK-MF 150045 Entwicklung von neuen spektroskopi- schen Analyse-verfahren zur Authentifi- zierung von Dokumenten und Kunstwer- ken auf Papier Ansprechpartner Dr. Enrico Pigorsch Telefon: 03529-551 678 E-Mail: enrico.pigorsch@ptspaper.de Faserbasierte Lösungen für die Produkte von Morgen
Reg.-Nr.: IK-MF 150045 Papiertechnische Stiftung FuE-Einrichtung: Institut für Zellstoff und Papier – PTS-IZP, Heidenau Pirnaer Straße 37 01809 Heidenau Entwicklung von neuen spektroskopischen Analyse- Titel: verfahren zur Authentifizierung von Dokumenten und Kunstwerken auf Papier Projektlaufzeit: 01.04.2016 – 30.09.2018 Heidenau, den 07.01.2019 Name und Telefonnummer des Projektleiters: Dr. Enrico Pigorsch INNO-KOM-Ost – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
Inhaltsverzeichnis 1 Zusammenfassung .................................................................................................................... 1 2 Technisch-technologische Zielstellung des Vorhabens Zielsetzung des Vorhabens..... 2 2.1 Bedeutung und Notwendigkeit materialanalytischer Untersuchungen bei Echtheitsbestimmungen von Dokumenten und Kunstwerken.................................................... 2 2.2 Forschungsbedarf, abgeleitet aus dem Stand der Technik ........................................................ 4 3 Darstellung der erzielten Vorhabensergebnisse ................................................................... 5 4 Spektroskopische Geräte und Methoden ............................................................................... 6 5 Bewertung der erzielten Ergebnisse in Gegenüberstellung mit den Zielsetzungen des Antrages, Bezugnahme auf die Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit, Bezugnahme auf die wichtigsten Positionen des zahlenmäßigen Nachweises ................................................................................................................................. 7 5.1 Arbeitspaket 1 - Erarbeitung von Mitteln und Herangehensweisen sowie von Präpa- rationsmethoden zur zerstörungsfreien spektroskopischen Analyse von Papier ...................... 7 5.2 Arbeitspaket 2 - Beschaffung und Bewertung von Referenzpapieren ....................................... 8 5.3 Arbeitspaket 3 - Chemisch- und physikalisch-analytische Charakterisierung der historischen Referenzpapiere ...................................................................................................... 9 5.4 Arbeitspaket 4 - Mikroskopische Untersuchungen an historischen und neu hergestellten Referenzpapieren ....................................................................................................................... 11 5.5 Arbeitspaket 5 - Faseranalysen an den historischen Referenzpapieren ................................. 14 5.6 Arbeitspaket 6, 9, 10 - IR-Messungen an den Referenzpapieren und Auswertung ................ 16 5.7 Arbeitspaket 7, 9, 10 - Raman-Messungen an den Referenzpapieren und Auswertung ....... 22 5.8 Arbeitspaket 8, 9, 10 - NIR-Messungen an den Referenzpapieren und Auswertung ............. 31 5.9 Arbeitspaket 11 - Entwicklung von Spectral Imaging-Bewertungsmethoden .......................... 34 5.10 Arbeitspaket 12 und 13 - Spektroskopische Messungen an historischen Papieren bzw. Dokumenten und Auswertung ................................................................................................... 36 6 Zusammenstellung aller erfolgten bzw. geplanten Veröffentlichungen .......................... 39 Literatur ................................................................................................................................................ 39 INNO-KOM-Ost – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 1 1 Zusammenfassung Zielstellung Ziel des Forschungsprojekts war die Entwicklung von spektroskopischen Analy- severfahren zur umfassenden chemischen Charakterisierung von Papier in Hinsicht auf die Erkennung von Kunst- und Dokumentenfälschungen. Der Schwerpunkt wurde dabei auf die Anwendung der Raman-Mikroskopie gelegt. Die neuen Verfahren liefern ebenfalls Ergebnisse zur Bewertung des Erhal- tungszustandes von Papieren für die Ableitung von Archivierungs- und Konser- vierungsmaßnahmen. Mit den Projektergebnissen stehen den Nutzern neue effektivere Mittel im Kampf gegen Kunstfälschungen und zur Bewahrung von Kunst- und Kulturgü- tern zur Verfügung. Ergebnisse Die wesentlichen Ergebnisse des Forschungsprojekts sind: neue Mess- und Präparationsmethoden zur zerstörungsfreien spektroskopi- schen Analyse von Papieren neue Erkenntnisse zu den Möglichkeiten der spektroskopischen Analyse von Papieren mittels der ATR-IR-Spektroskopie, der Raman-Mikroskopie und der NIR-Imaging-Technik neue Kenntnisse zur detaillierten chemischen Zusammensetzung von alten und modernen Papieren Entwicklung neuer Spectral-Imaging Auswertemethoden zur Analyse der Messdaten sowie zur Visualisierung und Bewertung der chemischen Pa- pierstruktur erfolgreiche Demonstration und Anwendung der entwickelten Mess- und Auswertemethoden bei der Untersuchung von Dokumenten und Kunstwer- ken Schluss- Die Ergebnisse des Forschungsprojekts haben die Möglichkeiten der spektro- folgerung skopischen chemischen Papieranalyse demonstriert und wesentlich erweitert. Die Anwendung der neuen Mess- und Auswerteverfahren ergeben neue Mög- lichkeiten für Einsichten in alte Papierherstellungstechnologien, zur Papieral- tersbestimmung, zur Bewertung des Erhaltungszustands von Papier sowie für die forensische Papieruntersuchung in Hinsicht auf die Erkennung von Kunst- und Dokumentenfälschungen. Zielerreichung Das Ziel des Vorhabens wurde erreicht. Danksagung Die Ergebnisse wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens IK-MF 150045 gewonnen, das im Programm zur "Förderung von Forschung und Entwicklung bei Wachstumsträgern in benachteiligten Regionen" mit finanziellen Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) über den Projektträger EuroNorm Gesellschaft für Qualitätssicherung und Technologie mbH aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert wurde. Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 2 2 Technisch-technologische Zielstellung des Vorhabens Zielsetzung des Vorhabens 2.0 Forschungsziel des Projektes Ziel des Forschungsprojekts war die Entwicklung von spektroskopischen Analyseverfahren zur umfassenden chemischen Charakterisierung von Papier in Hinsicht auf die Erkennung von Kunst- und Dokumentenfälschungen. Der Schwerpunkt wurde dabei auf die Anwendung der Raman- Mikroskopie gelegt. Die neuen Verfahren liefern ebenfalls Ergebnisse zur Bewertung des Erhaltungszustandes von Papieren für die Ableitung von Archivierungs- und Konservierungsmaßnahmen. Mit den Projektergebnissen stehen den Nutzern neue effektivere Mittel im Kampf gegen Kunstfäl- schungen und zur Bewahrung von Kunst- und Kulturgütern zur Verfügung. 2.1 Bedeutung und Notwendigkeit materialanalytischer Untersuchungen bei Echtheitsbestimmungen von Dokumenten und Kunstwerken Papier als Träger Papier ist für gewöhnlich ein billiges bzw. preiswertes Massenprodukt. Es kann von Dokumenten aber in speziellen Fällen als Träger von Kunstwerken und historischen bzw. und Kunstwer- bedeutenden Dokumenten auch einen großen finanziellen und ideellen Wert ken besitzen und dadurch Anlass für Fälschungen sein. Geldumsatz im Der weltweite Kunstmarkt stellt nach Expertenschätzungen einen jährlichen weltweiten Umsatz von 30 bis 40 Milliarden € dar [1], davon 700 Mio € in Deutschland [2]. Kunstmarkt Dabei können, neben den Gemälden, auch Aquarelle und Zeichnungen be- kannter Künstler sowie Bücher, Manuskripte und andere Papierdokumente sehr hohe Preise von 100.000 € bis zu mehreren Millionen € erzielen. Zunehmende Die Zuwachsraten im Kunsthandel und die hohen Geldsummen, die für einzel- Zahl von Kunst- ne Kunstwerke gezahlt werden sind ein starkes Motiv für Fälschungen. Der fälschungen Kunstmarkt beklagt daher ein enormes Ansteigen der Zahl von in Umlauf ge- brachten gefälschten Kunstwerken [3]. Die finanziellen Schäden können dabei schon in einzelnen Fällen mehrere Millionen € betragen [4]. Als Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit, bei denen Papier als Träger von Kunstwerken bei Fälschungen eine wichtige Rolle gespielt hatte, seien hier genannt der Fall des Fälschers Beltracchi [4,5], die Fälschung einer angebli- chen Ausgabe von Galileo Galileis Buch Siderus Nuncius (1610) [6] oder die Fälschung von Aquarellen und Gouachen der Malerin Lou Albert-Lasard [7]. Erforderliche Angesichts der rasanten Zunahme von Kunstfälschungen und der zu Tage ge- Konsequenzen tretenen Defizite bei den Kontrollmechanismen in der Kunsthandelsbranche werden vehement Konsequenzen gefordert [1,3,5]. Das sind zum einen die Schaffung bzw. Durchsetzung von Standards und Regularien im Kunsthandels- geschäft selbst [1], aber auch der verstärkte Einsatz von materialtechnischen Untersuchungen zur Echtheitsprüfung [3,5]. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 3 Notwendigkeit Besonders die beiden oben genannten Fälle des Fälschers Beltracchi und der materialtech- Galileo-Buch-Fälschung haben in spektakulärer und sicher auch unglücklicher nischer Unter- Weise die Grenzen der stilkritischen Begutachtung von Kunstwerken und von suchungen historischen Dokumenten aufgezeigt. Des Weiteren führte im Fall des Galileo- Buches selbst die Anwendung von material- und drucktechnischen Untersu- chungen im „ersten Anlauf“ zunächst zu einer falschen Schlussfolgerung. Diese Beispiele zeigen zum einen die Notwendigkeit und Wichtigkeit der Kombination von kunstwissenschaftlichen mit materialwissenschaftlichen Un- tersuchungsmethoden bei der Erkennung von Kunstfälschungen. Des Weite- ren gilt es auch die bisher angewendeten chemischen Analysemethoden zu verbessern, zum Beispiel durch die Anwendung von modernen spektroskopi- schen Messverfahren. Anwendung Schwingungsspektroskopische Messverfahren, wie die Infrarot (IR)-, Nahinfra- spektroskopi- rot (NIR)- und Raman-Spektroskopie sind für die chemische Analyse von Ma- scher Messver- terialien in Kunstwerken und deren Inhaltsstoffe besonders gut geeignet [8,9]. fahren Sie besitzen eine hohe Spezifität für die Detektion und Identifizierung von chemischen Substanzen und können weitgehend zerstörungsfrei bzw. mini- malinvasiv eingesetzt werden. Schwingungsspektroskopische Messverfahren werden deshalb bereits in vielfältiger Weise bei der chemischen Analyse von Kunstwerken angewendet [9,10,11]. Enthaltene Die spektroskopischen Ergebnisse geben Informationen über die chemischen Informationen Inhaltsstoffe und deren Verteilung im Papier und damit über die Herkunft, das Alter und den Zustand der Papiere. Sie liefern somit objektive wissenschaftli- che Kriterien für die Echtheitsüberprüfung von Kunstwerken und Papierdoku- menten und geben wichtige Hinweise zur Beantwortung von Fragestellungen, die mit kunstwissenschaftlichen Methoden allein nicht zu lösen sind. Defizite bei der Die Auswertung der entsprechenden Fachliteratur zeigt, dass unserer Mei- spektroskopi- nung nach, die Potenziale der spektroskopischen Messverfahren für die Pa- schen Analyse pieranalyse, insbesondere an Kunstwerken, bisher nur ungenügend genutzt von Papier- werden. So werden die IR- und besonders die Raman-Spektroskopie umfang- dokumenten und reich für die Analyse von Druck- und Malfarben angewendet, jedoch kaum zur Forschungs- bedarf Analyse des Papierträgers [12,13]. Des Weiteren werden moderne spektrale bildgebende Verfahren, wie Raman- und NIR-Imaging noch sehr wenig für die Papieranalyse eingesetzt. Wichtig erscheint weiterhin eine engere Kombination von Papierwissen mit spektroskopischem Wissen, um die spektroskopischen Ergebnisse genauer und besser in Bezug auf die chemische Papierzusammensetzung und damit auf die Papierherkunft und den Zustand interpretieren zu können. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 4 2.2 Forschungsbedarf, abgeleitet aus dem Stand der Technik Gesamtziel Im beantragten Forschungsprojekt sollten unter Anwendung der IR-, NIR- und Raman-Spektroskopie Analysemethoden zur umfassenden chemischen Cha- rakterisierung von Papier entwickelt werden, in Hinsicht auf die Erkennung von Kunst- und Dokumentenfälschungen. Der Schwerpunkt sollte dabei auf die An- wendung der Raman-Mikroskopie gelegt werden. Darüber hinaus können die Ergebnisse der chemischen Charakterisierung von Papier auch Hinweise zum Erhaltungszustand und somit zur Erhaltung und Konservierung von Papierdokumenten liefern. Teilziele Erarbeitung von zerstörungsfreien bzw. minimal invasiven Methoden und Herangehensweisen zur umfassenden spektroskopischen Analyse von Papierdokumenten und Kunstwerken Systematische spektroskopische Untersuchungen zur chemischen Charakterisierung von Papieren und Erarbeitung von umfassendem Wissen zur detaillierten chemischen Zusammensetzung und zum Zu- stand von Papieren verschiedenen Alters und Herkunft Entwicklung von Auswerte- und Bewertungsmethoden auf der Grundla- ge spektroskopischer Messverfahren zur Authentifizierung von Doku- menten und Kunstwerken auf Papier (u.a. „chemischer Fingerabdruck“) Arbeits- Die Arbeitshypothese des Projektantrags beruht auf der Überzeugung, dass hypothese über die Anwesenheit und Verteilung von chemischen Substanzen im Papier, insbesondere von Substanzspuren, Informationen über dessen mögliches Alter und Herkunft gewonnen werden können. Die genauen Zusammenhänge dafür sind noch nicht bekannt und müssen durch umfangreiche, systematische Un- tersuchungen erforscht und aufgedeckt werden. Forschungs- Der Forschungsbedarf lässt sich aus dem dargelegten Stand der Technik und bedarf aus des Wissens folgendermaßen ableiten: dem Stand der Die genaue chemische Zusammensetzung von alten Papieren ist noch nicht Technik wirklich vollständig aufgeklärt. Das betrifft u.a. Substanzspuren, die nicht be- wusst ins Papier gebracht worden sind bzw. erst durch bestimmte Herstel- lungsprozesse, Verarbeitungen, Behandlungen von Papier entstehen. Diese Substanzen gilt es zu detektieren und zu identifizieren, um ein Verständnis für ihre Herkunft zu entwickeln. Moderne schwingungsspektroskopische Messverfahren, insbesondere die Ra- man-Mikroskopie, ermöglichen die chemische Analyse von Papier in der erfor- derlichen hohen stofflichen Spezifität und hohen Ortsauflösung. Es gilt diese vorhandenen Messverfahren konsequent für die Analyse der chemischen Pa- pierstruktur anzuwenden, idealerweise in der Kombination mehrerer Verfahren. Wichtig erscheint weiterhin eine engere Kombination von kunstwissenschaftli- chem Wissen und Papierwissen mit spektroskopischem Wissen, um die spekt- roskopischen Ergebnisse genauer und besser in Bezug auf die chemische Pa- pierzusammensetzung und damit auf Identität, Herkunft und letztendlich Echtheit interpretieren zu können. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 5 3 Darstellung der erzielten Vorhabensergebnisse Mess- und Prä- Im Projekt wurden spektroskopische Messverfahren entwickelt, die es ermögli- parationsmetho- chen die chemische Zusammensetzung von Papieren detailliert und umfassend den zur zerstö- sowie zerstörungsfrei bzw. minimalinvasiv zu analysieren. Für die zerstörungs- rungsfreien freie Messung von alten Papieren bzw. wertvollen Dokumenten und Kunstwer- spektroskopi- ken wurden spezielle Probenpräparationsmethoden und Probenhalterungen schen Analyse von Papieren entwickelt. Neue Erkennt- Die durchgeführten systematischen Untersuchungen an einer großen Anzahl nisse zur spekt- von historischen und modernen Papieren erbrachten neue Erkenntnisse zu den roskopischen Möglichkeiten der spektroskopischen chemischen Analyse von Papier. Das Analyse von betrifft insbesondere die Anwendung der neueren Messmethoden Raman- Papieren Mikroskopie und NIR-Imaging als auch der klassischen ATR-IR-Spektroskopie. Mit den Untersuchungen konnten u.a. erstmals die Möglichkeiten zur Differen- zierung zwischen verschiedenen Faserstoffen mittels IR- und Raman- Spektroskopie und zur eindeutigen Detektion von Harzleim mittels IR- Spektroskopie aufgezeigt werden. Kenntnisse zur Insbesondere durch die Raman-mikroskopischen Untersuchungen konnten detaillierten neue Kenntnisse zur detaillierten chemischen Zusammensetzung von Papieren chemischen bis in den Spurenbereich gewonnen werden. Diese Ergebnisse ergeben neue Zusammen- Möglichkeiten für Einsichten in alte Papierherstellungstechnologien, zur Papier- setzung von altersbestimmung, zur Bewertung des Erhaltungszustands von Papier und für Papieren die forensische Papieruntersuchung. Spectral-Imaging Zur Auswertung der Raman- und NIR-Imaging-Messungen wurden zusätzliche Auswertemetho- Tools für eine Spectral-Imaging-Auswertesoftware entwickelt. Damit ist es mög- den zur Darstel- lich die Messergebnisse in Raman- und NIR-Bildern entsprechend zu analysie- lung und Bewer- ren, zu visualisieren und dann zu bewerten. Die Methoden dienen u.a. zur tung der schnellen Messdatenbearbeitung und -analyse sowie zur Erstellung von spekt- chemischen Papierstruktur ralen Bildern und deren Fusion. Demonstration Die entwickelten Messverfahren und Auswertemethoden wurden bereits wäh- und Publikation rend der Projektlaufzeit zur Untersuchung von Dokumenten und Kunstwerken der Anwendung erfolgreich angewendet, u.a. für das Kupferstichkabinett Dresden und das Ams- der entwickelten terdamer Stadtarchiv. Des Weiteren wurden die Projektergebnisse in Vorträgen Untersuchungs- und in Zeitschriften den entsprechenden Interessenten vorgestellt, u.a. auf Kon- methoden gressen der Gesellschaft für Forensische Schriftuntersuchung (GFS) und der International Association of Paper Historians (IPH). INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 6 4 Spektroskopische Geräte und Methoden Raman- Die Raman-Messungen erfolgten mit einem Raman-Mikroskop alpha 300M+ Spektrometer (WITec GmbH). Es wurde ein 532 nm Laser verwendet. Die Laserleistung an der Probe betrug zwischen 5 und 10 mW. FT-IR- Die IR-spektroskopischen Messungen erfolgten mit einem FT-IR-Spektrometer Spektrometer Tensor 27 (Bruker) mit einer ATR-Einheit (Attenuated Total Reflection). Es wurden jeweils drei Spektren auf jeder Papierseite gemessen und entspre- chende Mittelwertspektren gebildet. FT-NIR- Die NIR-spektroskopischen Messungen erfolgten mit einem FT-NIR- Spektrometer Spektrometer MPA (Multi Purpose Analyzer) (Bruker). Es wurden jeweils drei Spektren auf jeder Papierseite gemessen und ein Mittel- wertspektrum gebildet. NIR-Imaging- Die NIR-Imaging-Messungen erfolgten mit einem von der PTS entwickelten Messsystem Messsystem (IK-MF 110110, 2012-2013). Es besteht im Wesentlichen aus einer NIR-Zeilenkamera uniSpec2.2 HSI (LLA Instruments GmbH & Co. KG) mit Be- leuchtung, einem x-y-Probentisch (45 x 45 cm) und der Rechentechnik für die Ansteuerung der Kamera und des Probentisches sowie zur Auswertung der NIR-Imaging-Messung. Die Ortsauflösung der Messung beträgt 160 µm. Spectral- Für die Auswertung der Raman- bzw. NIR-Imaging-Messungen wurde eine Imaging- von der PTS entwickelte Spectral-Imaging-Auswertsoftware auf der Basis von Auswerte- MATLAB verwendet (IK-MF 120171, 2013-2015). software Die Software wurde, wie im Projektantrag vorgesehen, im Laufe des Projektes weiterentwickelt und um spezielle Auswertemodule ergänzt. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 7 5 Bewertung der erzielten Ergebnisse in Gegenüberstellung mit den Zielsetzungen des Antrages, Bezugnahme auf die Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit, Bezugnahme auf die wichtigsten Positionen des zahlenmäßigen Nachweises 5.1 Arbeitspaket 1 - Erarbeitung von Mitteln und Herangehensweisen sowie von Präpa- rationsmethoden zur zerstörungsfreien spektroskopischen Analyse von Papier Ziel Bei der Materialuntersuchung von Kunstwerken oder historischen Dokumenten sind in den meisten Fällen Probenentnahmen und selbst kleinste Spuren der Messungen kategorisch auszuschließen. Nur in wenigen Fällen sind minimalin- vasive Eingriffe erlaubt. Um diese Anforderungen zu erfüllen und trotzdem re- präsentative Messungen durchführen zu können, ist es notwendig, speziell auf das flächige Material Papier angepasste Mittel und Herangehensweisen zu er- arbeiten und zu entwickeln. Auflagetisch für Es wurde ein Auflagetisch für die Messung von Papierproben mit der ATR- IR-Messungen Einheit des IR-Spektrometers angefertigt. Der Tisch lässt sich bis unmittelbar vor dem Messpunkt anstellen. Dadurch ist es möglich größere aber auch kleine- re Papiere genau am Messpunkt zu positionieren, ohne das sie durch das Her- unterhängen und durch Kanten belastet werden. Halterung für Bei den bisher durchgeführten Untersuchungen von Kunstwerken an der PTS fixierte Papiere kam es oft vor, dass Papiere auf Unterlagen fixiert waren. Das Lösen der Papie- re von der Unterlage ist immer mit der Gefahr von Beschädigungen verbunden und sollte soweit wie möglich vermieden werden. Für solche Fälle wurde ein Tisch mit Halterung angefertigt mit dem das Kunst- werk gehalten wird und das Papier ohne größere Belastung zum Messpunkt der ATR- IR-Einheit geführt werden kann. Dafür ist nur das Lösen der unteren Fixie- rung des Papiers notwendig. Der Tisch besitzt eine Klappvorrichtung, so dass die Befestigung des Kunstwerkes ohne Belastung im Liegen erfolgen kann. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 8 Einspannvorrich- Raman-spektroskopische Messungen am Papierquerschnitt können sehr wich- tung für mikro- tige Informationen zur detaillierten chemischen Papierzusammensetzung liefern. skopische Mes- Sie erfordern jedoch zumindest eine minimalinvasive Präparation durch einen sungen am Schnitt am Papier. Solche Schnitte sind in vielen Fällen nur am Papierrand mög- Papierquer- lich bzw. erlaubt. schnitt Zur Positionierung der entsprechenden Schnittfläche unter dem Mikroskop wur- de eine Halterung angefertigt, die es erlaubt das Papier ohne größere Belastung und Knicken einzuspannen und entsprechend zu drehen. Die Breite der einzu- spannenden Papiere ist auf 22 cm begrenzt, was jedoch für die allermeisten alten und neuen Dokumentenpapiere ausreichend ist. Status Die Arbeiten wurden wie geplant durchgeführt und die angestrebten Ziele wurden erreicht. 5.2 Arbeitspaket 2 - Beschaffung und Bewertung von Referenzpapieren Ziel Für die Methodenentwicklung wurden Papiere sehr unterschiedlichen Alters und Zusammensetzung sowie mit zuverlässiger Datierung der Herstellung benötigt. Des Weiteren sollten Referenzpapiere mit definierter Zusammensetzung und Herstellungsart verwendet werden. Antiquarisch Ein größerer Bestand an datierten Papieren befand sich bereits aus früheren beschaffte Forschungsprojekten an der PTS. Dabei handelte es sich vorwiegend um Ge- Papiere und aus schäftsbriefe und Rechnungen sowie Buchpapiere aus der Zeit von 1800 bis zur eigenen Bestän- Gegenwart. Die Papiersammlung wurde durch den Erwerb weiterer Papiere den ergänzt. Die Bezeichnung der Papiere erfolgte mit dem Jahr des aufgedruckten oder geschriebenen Datums und einer fortlaufenden Nummer für jedes Jahr, z.B. 1650_01. Papiere aus Aus dem ehemaligen Musterzimmer der Papierfabrik Weißenborn konnten über Musterzimmer die Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig Papiermuster mit genau bekanntem Papierfabrik Herstellungsdatum aus dem Zeitraum von 1950 bis 1990 beschafft werden. Weißenborn Papiere aus Pa- Von der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig wurden aus deren Papier- piersammlung sammlung historische Papiere aus sechs sächsischen Papiermühlen für das der Deutschen Projekt bereitgestellt. Die Papiermühlen sind Kirchberg bei Zwickau, Nieder- Nationalbiblio- lungwitz (Erzgeb.), Oberschlema (Schneeberg), Penig, Schirgiswalde und thek Leipzig Zwickau. Die Papiere stammen aus dem Zeitraum von 1550 bis 1820. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 9 Bereitstellung Herr Gangolf Ulbricht stellte einige alte Papiere aus seiner Sammlung bereit, und Herstellung u.a. auch asiatische Papiere. Des Weiteren konnten für die Untersuchungen von Papierpro- Papierproben aus dem Buch von Stanislaus Mierzinski, Handbuch der prakti- ben durch die schen Papierfabrikation. Hartlebens chemisch-technische Bibliothek, A. Hartle- Papierwerkstatt ben Verlag, Wien, Pest, Leipzig, 1886 genutzt werden. Das Buch ist auf Papier- Gangolf Ulbricht bögen von verschiedenen Papierfabriken mit Angaben zur Papier- zusammensetzung gedruckt. Weiterhin wurden von Herrn Ulbricht in seiner Papierwerkstatt im Rahmen einer Drittleistung Referenzpapiere mit bekannter Zusammensetzung hergestellt und weitere Referenzmaterialien für die spektroskopischen Untersuchungen gelie- fert. Status Die Arbeiten wurden wie geplant durchgeführt und die angestrebten Ziele wurden erreicht. 5.3 Arbeitspaket 3 - Chemisch- und physikalisch-analytische Charakterisierung der historischen Referenzpapiere Ziel Von den Referenzpapieren wurden auch chemisch-physikalische Parameter bestimmt, da sie Informationen zum Erhaltungszustand und zur chemischen Zusammensetzung der Papiere liefern. Die Ergebnisse sollten mit den spektro- skopischen Ergebnissen korreliert werden. Beeinflussung Der pH-Wert von Papieren wird durch deren chemische Zusammensetzung und Auswirkun- bestimmt, und beeinflusst wesentlich die chemischen Veränderungen des Fa- gen des pH- serstoffs und damit die Alterung von Papier. Vor allem saure pH-Werte be- Werts von Papier schleunigen chemische Oxidationsprozesse in den Cellulosefasern. Insbesondere ab ca. 1820, mit der flächendeckenden Einführung der sauren Harzleimung, sind viele Papiere sehr „sauer“ mit pH-Werten von bis zu unter 5. Diese Papiere, insbesondere Buchpapiere, sind vom sogenannten Säurefraß bedroht. Zur Erhaltung dieser Bücher gibt es daher groß angelegte Programme zur Anwendung von Entsäuerungsverfahren. Ab den 1980er Jahren wurde die Papierproduktion auf das neutrale bzw. basi- sche Herstellungsverfahren umgestellt und die Leimung der Papiere erfolgt seitdem mit den synthetischen Leimungsmitteln AKD (Alkyl-Keten-Dimer) oder ASA (Alkenylbernsteinsäureanhydrid). Die pH-Werte der modernen Papiere liegen daher meist über 7. Mit der basischen Papierherstellung wurde auch die Anwendung von Calciumcarbonat statt Kaolin und Bariumsulfat als Füllstoff möglich. Der saure pH-Wert bei der Harzleimung wird wesentlich von dem dabei zuge- setzten Aluminiumsulfat bestimmt. Da bei der vor 1820 dominierenden Leimung mit Tierleim ebenfalls Aluminiumsulfat bzw. Alaun (Kalium-Aluminiumsulfat) eingesetzt wurde, ist zu erwarten, dass auch die alten Papiere, d.h. ab dem 13./14. Jh. saure pH-Werte besitzen. Dies wurde auch durch die pH- Messungen an den entsprechenden Papieren bestätigt. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 10 Ergebnisse der Die an den Papieren durchgeführten pH-Messungen bestätigten die vorange- pH-Messungen gangenen Aussagen zu den drei Leimungsverfahren in den entsprechenden Zeitperioden. Die folgende Tabelle zeigt mehrere und anschauliche Beispiele für den Zusammenhang zwischen der Papierzusammensetzung und dem pH- Wert. Eine wesentliche Erkenntnis daraus ist u.a., dass eine flächendeckende AKD- oder ASA-Leimung erst ab dem Anfang der 1990er Jahre zu verzeichnen ist. Für alle der untersuchten Papiere aus den 1980er Jahren konnte kein basi- scher pH-Wert gemessen werden. Diese Papiere enthalten auch kein Calci- umcarbonat, sondern Kaolin und/oder Bariumsulfat als Füllstoffe. Papier Faserstoff Leimung Füllstoff pH 1560_01 Hadern Tierleim - 4,5 1630_01 Hadern Tierleim - 4,6 1657_01 Hadern Tierleim - 4,5 1787_01 Hadern Tierleim - 6.0 1808_01 Hadern Tierleim - 5,5 1867_01 Hadern, Holzstoff Harzleim Kaolin 4,4 1894_02 Zellstoff Harzleim Kaolin 4,6 1910_02 Zellstoff Harzleim Kaolin 5,0 1938_02 Zellstoff Harzleim - 5,4 1957_01 Zellstoff Harzleim Kaolin 5,4 1975_02 Zellstoff Harzleim (Kaolin), BaSO4 6,1 1982_02 Zellstoff Harzleim Kaolin 5,4 1989_04 Zellstoff Harzleim Kaolin 5,2 1990_03 Zellstoff Harzleim Kaolin 5,0 1990_05 Zellstoff Harzleim Kaolin, BaSO4 5,4 1992_01 Zellstoff AKD CaCO3 6,9 1996_02 Zellstoff AKD CaCO3 8,4 1997_01 Zellstoff AKD CaCO3 8,4 2012_01 Zellstoff AKD CaCO3 9,2 INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 11 Polymerisations- Der Polymerisationsgrad (DP) gibt die durchschnittliche Anzahl von Monomeren grad (DP) in der Cellulosemolekülkette an und ist ein Maß für den chemischen Abbau der Cellulose. Die Ausgangswerte für unabgebaute Cellulose liegen zwischen 1000 und 2000. Der aktuelle DP-Wert sagt etwas über den Erhaltungszustand der Papiere aus. Die Ergebnisse der Polymerisationsgradbestimmung zeigten jedoch keine ein- deutigen definierten Korrelationen zwischen dem Polymerisationsgrad und dem Alter der Papiere. Das liegt vor allem daran, dass der Abbaugrad der Cellulose- fasern von sehr unterschiedlichen Umwelteinflüssen während eines „Papierle- bens“ abhängt. In der folgenden Tabelle sind beispielhaft gemessene DP-Werte für einige Pa- piere aufgeführt. Die höchsten DP-Werte zeigen, wie erwartet, ältere tiergeleim- te Hadernpapiere. Es ist bekannt, dass bei diesen Papieren der Celluloseabbau trotz niedrigem pH-Wert wesentlich langsamer vor sich geht [14]. Die niedrigs- ten DP-Werte wurden für harzgeleimte Zellstoff-Papiere bestimmt. Papiere Zusammensetzung DP-Wert 1787_01 Hadern, Tierleim 1080 1808_01 Hadern, Tierleim 1195 1854_01 Hadern, Harzleim 541 1870_01 Hadern, Harzleim 452 1953_01 Zellstoff, Harzleim 358 1969_01 Zellstoff, Harzleim 392 1982_02 Zellstoff, Harzleim 509 1990_14 Zellstoff, Harzleim 518 Status Die Arbeiten wurden wie geplant durchgeführt und die angestrebten Ziele wurden erreicht. 5.4 Arbeitspaket 4 - Mikroskopische Untersuchungen an historischen und neu hergestellten Referenzpapieren Ziel Die mikroskopische Morphologie der Papieroberfläche und von Fasern kann ebenfalls Informationen zum Aufbau und zum Zustand der Papiere liefern. Lichtmikroskop- Mit dem Lichtmikroskop wurden die Oberflächen verschiedener Papiere und Aufnahmen Faserpräparate untersucht. Im Wesentlichen ließen sich sowohl Verunreinigun- gen auf den älteren Papieren als auch bewusst hinzugegebene Substanzparti- kel feststellen. Den folgenden Abbildungen zeigen Beispiele von lichtmikrosko- pischen Aufnahmen an Papieren und Faserpräparaten. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 12 Lichtmikroskop- Oberfläche eines Papier von 1630 mit farbigen Textilfasern und Holzsplittern, Aufnahmen die ganz offensichtlich aus den bei der Papierherstellung verwendeten Holzbot- Papierober- tichen stammen. flächen Die folgende Abbildung zeigt Blaupigmentpartikel in einem Papier von 1816. Die Raman-spektroskopische Analyse der Partikel ergab, dass es sich bei dem Blaupigment um Preußisch Blau handelt. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 13 Lichtmikroskop- Die Faserpräparate wurden für die qualitative Faseranalyse angefertigt. Sie Aufnahmen erlauben aber auch eine Bewertung des Zustandes der Fasern. Die folgenden Faserpräparate Abbildungen zeigen den unterschiedlichen morphologischen Zustand von Fa- sern nach unterschiedlicher mechanischer Behandlung. Bis zum Ende des 17. Jh. wurde der Rohstoff zur Papierherstellung, die Hadern, mit Hammerwerken bearbeitet. Mit der Einführung des sogenannten Holländers um 1650 konnte die Bearbeitung der Fasern wesentlich intensiver erfolgen. Das Ergebnis ist deut- lich bei den Papierfasern von 1787 und 1854 zu sehen. Die Fasern sind kürzer und wesentlich stärker fibrilliert. Die Papierzellstofffasern aus Jahren 1950 und 1989 sind ebenfalls fibrilliert, aber in ihrer ursprünglichen Morphologie noch sehr gut erhalten. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 14 REM-Aufnahmen Rasterelektronenmikroskopische (REM) Aufnahmen ermöglichen die Visualisie- rung von Strukturen bis in den Nanometerbereich. In Papieren lassen sich so die Faserstrukturen und Spurenpartikel darstellen. Die durchgeführten REM- Untersuchungen ermöglichten zum einen die Identifikation von Faserarten. Des Weiteren konnte damit die Anwesenheit und Größe von kleinsten Spurenparti- kel bewertet werden, die dann mit den Raman-Messungen identifiziert wurden. Die folgenden Abbildungen zeigen zwei Beispiele von REM-Aufnahmen. In den REM-Bildern eines Papiers von 1560 lassen sich zum einen die Fasern anhand der Morphologie als Leinenfasern identifizieren. Des Weiteren erkennt man kleinste Partikel, die mit den Raman-Messungen als Calciumoxalat, Syngenit K2Ca(SO4)2 · 2H2O oder Calciumcarbonat identifiziert wurden. In den REM-Aufnahmen eines Japanpapiers erkennt man insbesondere Parti- kel in der Form von Drusen und Stäbchen, die für die Calciumoxalat- Modifikation Whewellit Ca(C2O4)·H2O charakteristisch sind (siehe auch Raman- Messungen). REM-Aufnahme eines Papiers von 1560 REM-Aufnahme eines Japanpapiers von um 1900 Status Die Arbeiten wurden wie geplant durchgeführt und die angestrebten Ziele wurden erreicht 5.5 Arbeitspaket 5 - Faseranalysen an den historischen Referenzpapieren Ziel Die mit den spektroskopischen Messverfahren bestimmte Faserstoffzusam- mensetzung sollte mittels mikroskopischer Faserstoffanalysen überprüft bzw. kalibriert werden. Das betrifft vor allem den Nachweis von geringen Faserstoff- anteilen. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 15 Faserstoffzu- In Europa wurden bis ca. 1860 für die Papierherstellung als Fasermaterial Alt- sammensetzung textilien (Hadern) verwendet. In diesen Papieren sind im Wesentlichen Leinen- von Papieren vor und Hanffasern zu erwarten, aus denen die große Masse der Textilien damals 1860 bestand. Baumwolle ist wesentlich seltener und wurde vor 1800 im größeren Maße nur in Mischgeweben mit Leinen (Barchentgewebe) eingesetzt. Erst im 19. Jh. war Baumwolle für die Herstellung von Massentextilien in den notwendi- gen Mengen verfügbar. Faserstoffzu- Mit dem Beginn der industriellen Papierproduktion ab ca. 1830 stieg der Bedarf sammensetzung an Papierrohstoffen, insbesondere an Faserstoff enorm an. Die Suche nach von Papieren Ersatzstoffen für Hadern führte zur Nutzung von Holz als Faserrohstoff. Die nach 1860 Herstellung von Holzstoff wurde 1844 erfunden und im größeren Maße ab ca. 1860 eingeführt. Die Herstellung von Zellstoff aus Holz begann 1864 in den USA und ab 1868 in England [15]. Weitere fünf Zellstofffabriken entstanden 1870/71 in Schweden. In Deutschland wurden zwischen 1872 und 1874 sechs erste Zellstofffabriken errichtet. Die Einführung von Zellstoff bei der Papierher- stellung erfolgte zunächst nur schrittweise als Zusatz („Ersatz“). Erst ab den 1890er Jahren ist damit zu rechnen, dass Papiere hauptsächlich aus Zellstoff hergestellt wurden. Mikroskopische Die folgenden Abbildungen zeigen charakteristische Merkmale für verschiedene Bilder charakte- Faserarten. ristischer Faser- merkmale Leinenfaser, rund, glatt mit Verdickungen Strohzellstoff mit Zackenzellen Gefäßzelle von Pappel Fichtenholzfaser mit Tracheiden Ergebnisse der Die durchgeführten Faseranalysen erbrachten u.a. die folgenden Ergebnisse: Faseranalysen Hadernpapiere vor 1800 bestehen hauptsächlich aus Leinenfasern Holzstoff wurde zum ersten Mal in einem Papier von 1867 nachgewie- sen Strohzellstoff konnte in vielen Papieren des 19. Jh. nachgewiesen wer- den Größere Mengen an Zellstoff wurde zum ersten Mal in einem Papier von 1886 nachgewiesen Status Das Arbeitspaket wurde vollständig bearbeitet. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 16 5.6 Arbeitspaket 6, 9, 10 - IR-Messungen an den Referenzpapieren und Auswertung Ziel Von allen Referenzpapieren wurden IR-Spektren mit einer ATR-Einheit gemes- sen. Die Spektren wurden interpretiert, in Hinsicht auf die einzelnen identifizier- baren Papierinhaltsstoffe und die Gesamtzusammensetzung. Allgemeine Die IR-Messungen wurden als ATR-Messungen (Attenuated Total Reflection) Anmerkungen durchgeführt. Diese Technik erlaubt eine zerstörungsfreie Analyse von Papier ohne Probenvorbereitung. Bei der Interpretation der Spektren ist jedoch zu be- achten, dass das Papier nur an der Oberfläche mit einer Eindringtiefe von ca. 2 µm gemessen wird. Der Messfleck beträgt ca. 2 mm, so dass im Prinzip mit jedem Spektrum das ganze Papier bewertet werden kann. Die IR-Spektren von Papier werden von den breiten und intensiven Banden der Cellulose bestimmt. Dadurch sind die IR-Banden anderer Papierkomponenten oft verdeckt oder erscheinen nur als Schultern auf den Cellulose-Banden. Des Weiteren können dadurch im Allgemeinen nur Inhaltsstoffe mit einem Gehalt von < 1% detektiert und identifiziert werden. Zur Auflösung und zum Sichtbarmachen von verdeckten Banden gibt es die Möglichkeiten der Bandenseparation (Curvefitting), der Spektrensubtraktion und der Bildung der 2. Ableitung. Die beiden letzten Methoden wurden angewandt. Faseranalyse Zur Identifizierung von verschiedenen Faserstoffen im Papier mittels IR- Spektroskopie ist Folgendes zu sagen. Da die Ortsauflösung der ATR-IR- Holzstoff Messung gering ist, wird immer ein Fasergemisch gemessen. Die Zuordnung eines Spektrums zu einem Fasertyp gelingt daher nur, wenn die entsprechende Faserart in der Mehrheit vorliegt. Eine Ausnahme bildet Holzstoff. In der folgen- den Abbildung sind die charakteristischen IR-Banden des Holzstoffs bzw. des Lignins bei 1733, um 1600, 1508 und 808 cm-1 deutlich zu erkennen. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 17 Faseranalyse Die IR-spektroskopische Unterscheidung zwischen verschiedenen Cellulose- bzw. Zellstofffasern ist schwieriger und nur in bestimmten Grenzen möglich. Die Hadern- und Zellstoff folgenden Ergebnisse und Aussagen wurden durch den systematischen Ver- gleich von IR-Spektren der Referenzproben und von Faseranalysen gewonnen und sind in dieser Weise in der bisherigen Literatur nicht zu finden. In der folgenden Abbildung ist eine Doppelbande bei 1369 und 1361 cm-1 er- kennbar, die charakteristisch für Hadernfasern ist. Eine weitere Differenzierung lässt sich auch zwischen Laub- und Nadelholzzell- stoff durchführen, wenn man die 2. Ableitung der Spektren bildet. Im Bereich um 1260 cm-1 zeigen die Spektren nun deutliche charakteristische Unterschie- de. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 18 Füllstoffe Die IR-Banden der wichtigsten Füllstoffe Kaolin, Talkum und Calciumcarbonat sind sehr charakteristisch und kaum von den Banden der Cellulose verdeckt. Sie sind daher auch in Spuren in den IR-Spektren gut erkennbar. Die folgende Abbildung zeigt IR-Spektren von Papieren mit den entsprechend gekennzeich- neten IR-Banden der Füllstoffe. Seit dem 19. Jh. ist auch BaSO4 ein wichtiger Papierfüllstoff. Die Sulfat-Banden werden durch die Cellulose-Banden stark verdeckt und lassen sich oft nur in einem Differenzspektrum oder in der 2. Ableitung identifizieren (siehe folgende Abbildungen). INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 19 Leimungsmittel Um Papiere beschreibbar zu machen, werden sie geleimt. Die frühen arabi- schen Papiere, die in Spanien hergestellt wurden, waren mit Stärke geleimt. Tierleim Seit dem 13. Jh. wurden die europäischen Papiere (zuerst in Italien) auf der Oberfläche mit Tierleim unter Zusatz von Alaun geleimt. Tierleim besteht im Wesentlichen aus Proteinen und ist in den IR-Spektren anhand der sogenann- ten Protein-Banden Amid I um 1650 cm-1 und Amid II um 1540 cm-1 identifizier- bar. Das Alaun ist im IR-Spektrum nicht oder nur indirekt detektierbar (siehe unten). Leimungsmittel Mit dem Beginn der industriellen Papierproduktion um 1820 wurde die diskonti- nuierliche Oberflächenleimung mit Tierleim durch eine Leimung in der Masse Harzleim mit Harzleim ersetzt. Die charakteristischen IR-Banden des Harzleims (Kolo- phonium) sind im Bereich zwischen 1750 bis 1550 cm-1 zu erwarten und wer- den meist durch eine OH-Bande der Cellulose bei 1640 cm-1 überdeckt und sind nur als Schultern erkennbar. Durch die Bildung der 2. Ableitung werden diese Banden besser sichtbar und erlauben eine eindeutige Identifizierung der Harzleimung. Jeweils zwei Banden sind der Harzsäure bzw. dem Salz der Harzsäure zuzuordnen. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 20 Leimungsmittel Die meisten der untersuchten Papiere aus dem 19. und 20. Jh. zeigen in den und Gips IR-Spektren die sehr charakteristischen Banden von Gips CaSO4 . 2H2O bei 1683 und 1620 cm-1. Auch viele tiergeleimte Papiere vor 1800 zeigen Spuren von Gips. Dieses Gips ist in praktisch allen Fällen nicht als Füllstoff im Papier enthalten, sondern ist nur auf der Oberfläche zu finden, wie in der folgenden Abbildung erkennbar ist. Die Ursache dafür ist sowohl bei den tiergeleimten als auch bei den harzgeleimten Papieren die Zugabe von Alaun KAl(SO ) oder 4 2 von Aluminiumsulfat Al2(SO4)3. Dabei bilden die Sulfationen mit den Calciumio- nen im sauren Prozesswasser den Gips, der sich beim Trocknen der Papierbö- gen bzw. der Papierbahn auf der Oberfläche absetzt. Der Gips ist somit ein indirekter Hinweis auf die Verwendung von Alaun oder Aluminiumsulfat bzw. von Harzleim. Leimungsmittel Die saure Harzleimung wurde in den 1980er Jahren durch die neutrale bzw. basische Leimung mit den synthetischen Leimungsmitteln AKD (Alkylketendi- AKD und ASA mer) oder ASA (Alkenylbernsteinsäureanhydrid) abgelöst. Der AKD- bzw. ASA- Gehalt in den Papieren liegt bei weniger als 0,5 %. Daher können diese Lei- mungsmitteln IR-spektroskopisch nicht detektiert werden. Ein indirekter Hinweis auf eine offensichtliche AKD- oder ASA-Leimung in Papieren ist die Anwesen- heit von Calciumcarbonat als Füllstoff, da dieser nur in neutralen oder basi- schen Papieren verwendet werden kann. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 21 Leimungsmittel Wie bereits erwähnt wurden die frühen arabischen Papiere auf der Oberfläche mit Stärke geleimt. Später und bis heute wird Stärke auch als Masseleimung Stärke verwendet. Des Weiteren sind moderne Kopier- und Druckpapiere sowie Ver- packungspapiere ebenfalls mit Stärke oberflächengeleimt. Massenstärke ist im Papier zu sehr homogen verteilt, um sie IR- spektroskopisch detektieren zu können. Oberflächenstärke lässt sich dagegen mit der ATR-Messung gut detektieren, jedoch nur als Differenzspektrum oder in der 2. Ableitung. Weitere Papier- Weitere Papierkomponenten, die für eine Altersbestimmung des Papiers bzw. komponenten eine Zuordnung zu einem Herstellungszeitraum relevant sein könnten, wie z.B. Farbpigmente, sind in der Regel zu gering konzentriert bzw. zu fein verteilt, um IR-spektroskopisch detektiert werden zu können. Andere Komponenten, insbesondere von modernen Papieren, wie Beschich- tungen, sollen hier nicht behandelt werden. Wesentliche Allgemein Ergebnisse der Es konnte gezeigt werden, dass mit ATR-IR-spektroskopischen Messungen die IR-spektros- chemische Zusammensetzung von Papieren sehr umfassend und zerstörungs- kopischen Unter- suchungen frei bestimmt werden kann. Durch die Untersuchung einer großen Anzahl von Referenzpapieren und dem Vergleich der Ergebnisse ist es zum Teil erstmals gelungen, selbst geringe spektrale Unterschiede in den IR-Spektren von Papie- rene zu detektieren und entsprechenden Papierinhaltsstoffen eindeutig zuzu- ordnen. Faserstoffe Es konnten charakteristische spektrale Merkmale für die Faserarten Hadern, Holzstoff, Laubholzzellstoff und Nadelholzzellstoff gefunden werden, die es in vielen Fällen erlauben, die hauptsächliche Faserart in einem Papier zu bestim- men. Von den untersuchten Papieren enthielt ein Buchpapier von 1867 zum ersten Mal Holzstoff. Ein Buchpapier von 1886 enthielt zum ersten Mal Zellstoff als hauptsächliche Faserart. Füllstoffe Die Füllstoffe Kaolin, Talkum und Calciumcarbonat lassen sich IR- spektroskopisch auch als Spuren eindeutig nachweisen. Andere Füllstoffe, wie z.B. Bariumsulfat, sind nach erst nach Spektrenbearbeitungen ebenfalls nach- weisbar. Von den untersuchten Papieren enthielt ein Papier von 1865 zum ersten Mal signifikante Mengen des Füllstoffs Kaolin. Calciumcarbonat als Füllstoff wurde zuerst in einem Papier von 1992 nachgewiesen und damit indirekt auch eine AKD-Leimung. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 22 Wesentliche Leimungsmittel Ergebnisse der Oberflächenleimungen mit Tierleim und Stärke lassen sich IR-spektroskopisch IR-spektros- eindeutig nachweisen. Durch die systematischen Untersuchungen an einer kopischen Unter- suchungen großen Anzahl von Referenzpapieren ist es gelungen, eindeutige spektrale Merkmale für die Harzleimung zu finden. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass das in vielen Papieren nachzuwei- sende Gips CaSO4 . 2H2O nicht als Füllstoff vorliegt, sondern bei der Papierlei- mung aus den Sulfationen des zugesetzten Alauns oder Aluminiumsulfats und den Calciumionen im Wasser gebildet wird. Eine AKD-Leimung wurde zum ersten Mal für ein Papier von 1992 nachgewie- sen. Status Die Arbeiten wurden wie geplant durchgeführt und die angestrebten Ziele wurden erreicht 5.7 Arbeitspaket 7, 9, 10 - Raman-Messungen an den Referenzpapieren und Auswertung Ziel An allen Referenzpapieren wurden Raman-Imaging-Messungen an den Papier- oberflächen oder am Querschnitt durchgeführt. Die Spektren wurden interpre- tiert, in Hinsicht auf die einzelnen identifizierbaren Papierinhaltsstoffe und die Gesamtzusammensetzung. Allgemeine Ein wesentlicher Vorteil der Raman-Spektroskopie gegenüber der IR- Anmerkungen Spektroskopie besteht darin, dass die intensiven IR-Banden der OH-und C-O- Schwingungen der Cellulose und des adsorbierten Wassers in den Raman- Spektren nicht vorhanden sind. Sie werden nicht angeregt. Dadurch sind die charakteristischen Banden der anderen Papierinhaltsstoffe wesentlich besser beobachtbar und analysierbar. Des Weiteren sind die Raman-Banden relativ schmal, so dass es zu weniger Bandenüberlappungen kommt. Die sehr hohe Ortsauflösung der Raman-mikroskopischen Messungen von unter 1 µm erlauben die Detektion und Identifizierung von sehr kleinen Spuren- partikeln und Substanzen in geringen Konzentrationen. Insbesondere anorgani- sche bzw. mineralische Partikel und Farbpigmente sind anhand ihrer scharfen und charakteristischen Raman-Banden sehr gut detektierbar. Raman-Imaging-Messungen erlauben die Visualisierung von Papierinhaltsstof- fen und deren Verteilung auf der Papieroberfläche oder im Querschnitt. Dabei wird mit einem Raman-Mikroskop eine Fläche Schritt für Schritt abgerastert. Die farbkodierte Darstellung der Papierkomponenten erfolgt anhand der Intensitäten ihrer charakteristischen Raman-Banden in den gemessenen Spektren. Die Messungen insbesondere an älteren Papieren sind oft durch Fluoreszenz- und Absorptionseffekte behindert. Dadurch können nur geringe Laserleistungen verwendet werden, was wiederum zu geringen Signalintensitäten führt. Durch systematische Untersuchungen konnten entsprechende Messparameter für die verschiedensten Papiere gefunden werden, die es erlaubten, jeweils ein opti- males Ergebnis zu erzielen. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 23 Faseranalyse Ähnlich wie in den IR-Spektren lassen sich Zellstoff und Holzstoff in den Ra- Raman-Spektren man-Spektren sehr gut anhand von charakteristischen Banden des Holzstoffs bzw. Lignins unterscheiden (Banden bei 3076, 1658 und 1605 cm-1). Die Unterscheidung zwischen verschiedenen Cellulosefasern ist nicht so ein- deutig möglich. Durch Vergleich der Raman-Spektren von Referenzfaserproben konnten spektrale Merkmale um 500 cm-1 gefunden werden, die zumindest eine Differenzierung und in manchen Fällen auch eine Identifizierung ermöglichen. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 24 Faseranalyse Auf der Grundlage der spektralen Informationen in den Raman-Spektren lassen Raman-Images sich mittels Raman-Imaging-Messungen am Papierquerschnitt verschiedene Fasern in einem Papier differenzieren. Die folgende Abbildung zeigt das Bei- spiel einer Messung an einem Buchpapier von 1886. Für das Papier ist folgen- de Faserzusammensetzung bekannt: 18 % Zellstoff (Sulfit), 10 % Baumwolle und 60 % Strohcellulose. Füllstoffe Die Füllstoffe Kaolin, Talkum, Calciumcarbonat und BaSO4 lassen sich anhand der charakteristischen Raman-Spektren sehr gut nachweisen. Wesentlich dabei ist, dass auch wenige kleinste Partikel nachgewiesen werden können, die nicht als Füllstoffe zugegeben wurden, sondern mit anderen Komponenten ins Papier eingebracht wurden oder sich bei der Papierherstellung bilden. So können bei alten Papieren Kaolinpartikel über das Flusswasser eingetragen werden. Des Weiteren werden Calciumcarbonat-Partikel bei der Aufarbeitung von Alttextilien mit Kalkmilch gebildet. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 25 Leimungsmittel Die Leimungsmittel Tierleim, Harzleim und Stärke sind in den IR-Spektren be- reits gut detektierbar. Mit den Raman-Imaging-Messungen lässt sich auch de- ren Verteilung auf oder im Papier analysieren. Des Weiteren können auch ge- ringe Mengen bzw. Konzentrationen dieser Substanzen nachgewiesen werden. Auch die synthetischen Leimungsmittel AKD und ASA können in einigen Fällen detektiert werden. Blaupigmente Bereits im 18. Jh. wurden Papiere Blaupigmente zugesetzt, um die grauen oder bräunlichen Fasern visuell weißer erscheinen zu lassen. Diese Blaupigmente waren meist synthetisch hergestellte Substanzen deren Erfindung und erste Anwendungen man datieren kann. Ihre Anwesenheit kann somit Hinweise zum möglichen oder unmöglichen Alters eines Papieres geben. Die wichtigsten Blaupigmente in alten Papieren sind Smalte (Cobalt dotiertes Glas, um 1500), Ultramarin (Schwefel-dotiertes Natriumaluminiumsilikat, 1828), Preußisch Blau (Fe4[Fe(CN)6]3 . 14H2O), 1704). Diese Pigmente können an- hand der Raman-Spektren sehr gut detektiert werden. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 26 Blaupigmente Moderne Papiere werden mit den synthetischen Cyanpigment PB15 und/oder und optische mit dem Violettpigment PV23 gebläut. Beide Pigmente wurden in den unter- Aufheller suchten Papieren zuerst in Papieren von 1973 bzw. 1975 nachgewiesen. Diese Blaupigmente werden praktisch immer in Kombination mit optischen Aufhellern auf der Basis von Bisphenol A angewendet. So ein optischer Aufheller wurde in den untersuchten Papieren zuerst in einem Papier von 1972 nachgewiesen. Andere Anorganische und synthetische organische Farbpigmente werden auch zum Farbpigmente Färben von Papier verwendet. Im Projekt wurden die Raman-Spektren einer größeren Anzahl von Farbpigmenten aufgenommen. Als Beispiele sind die Spektren Chromgelb PbCrO4 und Umbra (Hämatit-Eisenoxid Fe2O3) dargestellt. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
MF 150045 – Papierechtheit Seite 27 Mineralische Insbesondere bei der Herstellung der alten Papiere wurden über das verwende- Spuren te Flusswasser viele mineralische Bestandteile als Spuren in das Papier einge- tragen. Da das örtliche Vorkommen dieser Mineralien sehr unterschiedlich sein kann, ergibt sich mit deren Nachweis die Möglichkeit, Papiere zu verorten oder zumindest verschiedene Papiere einem möglichen gemeinsamen Herstellungs- ort zuzuordnen. Die überwiegend silikathaltigen Mineralien lassen sich sehr gut anhand ihrer charakteristischen Raman-Spektren identifizieren. Bei den durch- geführten Untersuchungen wurden in den Papieren neben Quarz (Sand) häufig Glimmer und Orthoklas (Feldspat) und seltener Biotit, Albit sowie Pargasit ge- funden. Titandioxid Titandioxid und seine beiden Modifikationen Anatas und Rutil werden in der forensischen Untersuchung von Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen als wichtiger Marker verwendet. Das betrifft den Beginn der Anwendung von Ana- tas als Farbpigment (künstlich hergestellt ab ca. 1923) und den Beginn der künstlichen Herstellung von Rutil (ca. 1947) und dessen Anwendung. Beim Papier kann jedoch der Nachweis von Titandioxid nicht als sicherer Marker verwendet werden, insbesondere wenn nur Spuren gefunden werden. Zunächst ist festzustellen, dass Titandioxid als Anatas immer als Spurenpartikel und zum Teil auch in größeren Mengen im Füllstoff Kaolin zu finden ist. Des Weiteren werden auch über das Flusswasser Spuren von Titandioxid in das Papier eingetragen. In den allermeisten Fällen handelt es sich dabei um Ana- tas. Es wurden aber auch einzelne Partikel von Rutil und der noch selteneren Modifikation Brookit gefunden. INNO-KOM – Marktorientierte Forschung und Entwicklung Sachbericht
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