Puchheim, das Universum und Albert Einstein

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Puchheim, das Universum und Albert Einstein
Puchheim, das Universum und Albert Einstein
                                                                                    von Paulino Muñoz

„Zwei Dinge sind unendlich: das Universum und die menschliche Dummheit“, dies ist eine sehr bekannte
und starke Aussage, die sich, obwohl von Albert Einstein, als völlig falsch erweist – denn weder das
Universum noch die menschliche Dummheit sind unendlich, und das lässt sich beweisen.

Dass das Universum unendlich sei, davon war Einstein selbst nie ganz überzeugt, später bewies er sogar,
aufgrund seiner erweiterten Relativitätstheorie, dass das Universum zu einer Grenze neigt. Was soll das
bedeuten? Dass es jenseits dieses Universums einen leeren Raum gibt. Und jenseits dieses leeren
Raumes?… Nun, es ist nicht das Thema dieses Artikels. Hier wollen wir unsere Leser in diesem
Internationalen Jahr der Astronomie 2009 nur darauf hinweisen, dass die Intuition von Einstein äußerst
gewaltig war.

Was die menschliche Dummheit angeht, so liegt es auf der Hand, dass sie existiert. Die Realität zeigt sie
uns immer wieder, täglich und überall: Kriege, Umweltzerstörung, Brutalität, Leiden, Ungerechtigkeit,
Drogen… sowie eine lange und unaufhörliche Reihe von Interessenkonflikten zwischen Jung und Alt,
zwischen Frau und Mann, zwischen arm und reich, zwischen Yin und Yang: Die menschliche Dummheit, im
Sinne von Einstein, existiert also tatsächlich.

Das sollte aber nicht unbedingt heißen, dass sie „unendlich“ ist. Und in der Tat ist sie nicht unendlich: In
Puchheim (Bayern, Landkreis Fürstenfeldbruck) z.B. gibt es ein Zentrum mit Namen „ZaP“ (Zentrum aller
Puchheimer), wo täglich gezeigt wird, dass Menschen aller Generationen und Nationen sich nicht nur
gegenseitige Hilfe leisten, sondern auch mit Optimismus und gefeierter Lebensfreude gemeinsame
Unternehmungen wahrnehmen können.

Da gibt es ein Café. Ja, das ist das Herzstück jedes Mehrgenerationenhauses, denn das ZaP ist wie eine
große Familie und das Café ist das Wohnzimmer. Da gibt es Kaffee und Kuchen, kalte und warme Getränke
und sogar ein Klavier für musikalische Sternstunden. Im Café selbst finden viele Veranstaltungen statt,
darunter ein Spanisch-Stammtisch jeden zweiten Mittwoch ab 19 Uhr, also zweimal im Monat. Alle
Interessenten, die gerne Spanisch sprechen oder einfach nur der spanischen Sprache lauschen wollen und
einen kulturellen Austausch suchen, sind uns im ZaP herzlich willkommen. (www.zap-puchheim.de)

Allein die Tatsache, dass das ZaP existiert, ist ein Beweis dafür, dass Menschen auch vernünftig leben und
zusammenleben können. Also: die menschliche Dummheit ist nicht unendlich, die Folgen der
„menschlichen Unbewusstheit“ können gestoppt werden („zu einer Grenze gebracht werden“, in der
Sprache von Einstein). Und es handelt sich nicht um „nur“ ein Gegenbeispiel – etwa die Ausnahme, die die
Regel bestätigt – denn Mehrgenerationenhäuser gibt es überall in Deutschland. Auch Institutionen wie
ZaP, die darum kämpfen, die Folgen des unglücklichen menschlichen Tuns zu vermindern, sind in allen
Ländern und Kontinenten vorhanden, nicht nur in Puchheim.

Albert Einstein war zweifellos ein Wissenschaftler mit einem erstaunlich talentierten Verstand. Sein Name
und sein Bild werden recht oft als Symbol der menschlichen Intelligenz benutzt. Als aktiver
Friedenskämpfer reagierte er sehr sensibel auf Krieg und Hass. Vielleicht schmiedete er darum diesen eher
ironischen und humorvollen Satz in Bezug auf die „menschliche Dummheit“. (Ein Ausdruck, den wir hier
nur im friedlichen Sinne von „nichtintelligentem Zusammenleben“ benutzt haben.)

Als die ersten – von mir geleiteten – Spanisch-Stammtische von ZaP anfingen, machte ich mir oft Gedanken
darüber, was Albert Einstein machen würde, wenn er heutzutage leben würde und Bewohner von
Puchheim wäre. – Habt Ihr Euch, teure Leser und Leserinnen, nie im Leben dies oder etwas Ähnliches
Puchheim, das Universum und Albert Einstein
gefragt? – Da dieser privilegierte Astrophysiker, Nobelpreisträger und engagierte Friedenskämpfer auch
ein enormes Herz für Menschen hatte, bin ich sicher, dass wir ihn oft im „Café im ZaP“ sehen würden. Und
ich würde mich unbeschreiblich freuen, dass er sich bei uns engagieren würde – als Gast, als Unterstützer
oder als ehrenamtlich Mitwirkender!

Zusammenfassung:
a) Wenn es um ernsthafte Dinge geht, müssen wir mathematisch vorgehen. In der Mathematik nennt man
etwas einen „indirekten Beweis“, wenn man es vermag, die ursprüngliche Behauptung zu widerlegen,
indem gezeigt wird, dass genau das Gegenteil zutrifft: Allein die Existenz des ZaP hat uns erlaubt, indirekt
zu beweisen, dass der zweite Teil des Satzes von Einstein in Puchheim nicht gilt – und somit keine absolute
Wahrheit ist.

b) Das ZaP ist ein würdiges Beispiel von etwas Menschlichem und Grandiosem in unserer Gemeinde.
Darum will ich ihnen, obwohl eigentlich nur Vertreter meiner selbst, diesmal im Namen aller Puchheimer
„Danke“ sagen. Was mir dabei spontan einfällt, ist die folgende Aussage: „Zwei Dinge sind unendlich: die
Liebe und die Geduld, mit denen die ZaP-Leiterinnen und ihre Teams das Leben in Puchheim menschlicher
machen.“

c) Selbstverständlich gibt es viele andere Wege, um zu zeigen, dass der Satz von Einstein nicht zutrifft. Vor
kurzem erzählte mir ein befreundeter Astronom aus Puchheim von einer hierzu passenden Werbung eines
deutschen Verlages, die ich gerne wiedergebe: „Lesen gefährdet die Dummheit!“ – Dieser Satz lässt sich
aber auch leicht widerlegen, es sei denn, man fügt ihm den Zusatz hinzu: „… wenn man vernünftige Sachen
liest und sie richtig verdaut.“

Nun, ich weiß nicht, ob mein Schreiben dazu hilft, die menschliche Dummheit zu verringern. Eines aber ist
sicher: Die in Punkt b) aufgestellte Behauptung lässt sich überhaupt nicht widerlegen, weder direkt noch
indirekt! – da sie eine tatsächliche Realität ist, die in den Herzen vieler Leute lebt.

Dankbarkeit – so heißt das, was ich hier so oder so mit Worten zu fassen versucht habe – ist ein
menschliches Gefühl, das zu keiner Grenze neigt.

Und letztendlich bin ich ein Erdbewohner mit Herz und lebe in Puchheim. [PM]

Links: Solare Fotosphäre, Aktive Region AR10486. Instituto de Astrofísca de Canarias (Team des Dutch Open Telescope,
Sternwarte Roque de los Muchachos).

Rechts: Der Doppelstern Antares (ganz unten) ist das Herz des Skorpions, ein roter Überriese, der 10.000 mal heller leuchtet als
unsere Sonne. Unten rechts: der M4, ein 7.000 Lichtjahre von der Erde entfernter Sternhaufen mit mehr als 100.000 Sternen.
Die blaue Region von Rho Ophiuchi (ganz oben) ist die erdnächste Geburtstätte von Sternen, sie liegt „nur“ 500 Lichtjahre von
uns entfernt. Instituto de Astrofísica de Canarias (Daniel Lopez, Obervatorio del Teide, Tenerife).
Puchheim, das Universum und Albert Einstein
Sonnenuntergang
(Paulino Muñoz)

Die Sonne geht
und mein Herz
fliegt zum Paradies,
das eines Tages
der große Cantor* schuf.
Der Tag stirbt,
die Sonne geht.
                                                                       Sonnenuntergang in Puchheim
Die Sonne geht
und in meinem Herz
singt die ewige Mutter,
die das Feuer
der Liebe schürt.
Der Cardias glüht,
die Sonne geht.

Die Sonne geht
und es singt
in meinem Herz
die Menge der Firmamente,
die ich in mir trage
in bijektiver Abbildung
mit nicht-abzählbaren
Unendlichkeiten
des „singenden“
Universums.
*
 GEORG CANTOR („singender“) ist ein russisch-deutscher
Mathematiker, Schöpfer der Mengenlehre und der
Transfinitenzahlen.

                
                                                         VENUS ist der Morgenstern,
                                                         sie leuchtet in der Früh
                      Planetenlied                       und wenn die Sonne geht.
                       (Paulino Muñoz)
                                                         Sie glänzt auch in meiner Welt,
                                                         weil Du mich liebst.
Oft in den sternenklaren Nächten,
                                                         Rot wie das Feuer, rot wie der Kampf,
wenn das Ferne den Dichter verführt,
                                                         rot wie Deine Lippen, rot wie das Blut.
denke ich an mein Sonnensystem,
                                                         Rot erstrahl am Himmel MARS,
einen Punkt in einer Galaxie.
                                                         rot wie meines Herzens Glut.
MERKUR, der unsichtbare Kleine,
                                                         JUPITER, der Große, der Riese,
versteckt sich hinter der Sonne Licht,
                                                         ein Freund, der mir bringt Freude und Glück.
darum fragen sich immer die Weisen,
                                                         SATURN mit diesen bunten Ringen
wo er liegt.
                                                         macht mich ganz verrückt.
Die Unendlichkeit (ist) in meinem Garten,
                                                         URAN, NEPTUN und PLUTO,
gekommen durch mein Teleskop.
                                                         ERIS rechne ich mit.
Heute Nacht: das All ist klein,
                                                         Ich besinge unser Sonnensystem:
mein Herz ganz groß.
                                                         Einen Punkt einer Galaxie,
Sonnensystem, Sonnensystem…
                                                         die einer Ecke des Universums liegt.
Puchheim, das Universum und Albert Einstein
Sterne der Erde - Erzählung von Marie
Das Konzert ist vorbei. Die Gäste des Cafeniums unterhalten sich, genießen ihre Tapas und ihren Wein. Ein junger
Mann wendet sich etwas schüchtern dem spanischen Musiker zu: „Könnten Sie vielleicht noch einmal das
„Planetenlied“ singen?“

 „Ja, klar, gerne!“ Der Spanier singt das Lied. Es ist selbst komponiert, auf Deutsch. Die Gäste singen den Refrain mit.
Im Hintergrund erhebt sich plötzlich ein älterer Herr und kommt mit strahlenden Augen auf ihn zu. Das Stück ist zu
Ende, kollektiver Applaus. Der ältere Herr nennt seinen Namen und schüttelt dem Musiker herzlich die Hand. Es
stellt sich heraus: er ist Astronom.

Die beiden beginnen, sich über Astronomie zu unterhalten, als hätten sie nie etwas anderes getan. Ein Wort gibt das
andere, jede Frage, jede Antwort entzündet wahre Funkenregen im Gegenüber. Staub- und Gasnebel, Galaxien
ziehen vorbei, Außenplaneten, Plutoide, Kometen, Sonnen…. Wie zwei Kinder, begeistert, hingerissen, stehen sie,
vergessen über ihrem Gespräch die Zeit und alles andere.

Irgendwann, es ist schon sehr spät am Abend, verabschiedet man sich dann doch. Erst Monate später klingelt beim
Musiker das Telefon. Es ist der Astronom. Ob er immer noch Lust hat, am bundesweiten Tag der Astronomie auf der
Volkssternwarte zu spielen? Wie im Café angedacht? Ja, hat er. Nachdem dies geklärt ist, geht das
Astronomiegespräch der beiden auch am Telefon weiter, als hätte es nie geendet.

„Meinst du, das ist einer jener, die ihre Berufung leben?“, fragt der Musiker seine Frau, nachdem er endlich
aufgelegt hat.

„Ja… wie oft erlebt man schon jemanden so glücklich und erfüllt, wenn er über seine Arbeit spricht?“

Später geht es unter anderem um Emails, Fotos und Texte für Plakate, die den Astronomietag einschließlich des
Konzerts ankündigen sollen… Über die Details weiß der Astronom nicht so genau Bescheid. Seine Frau ist es, die sich
um solche Dinge kümmert. Ob er nur in seinem „Sternenhimmel“ lebt, und alles andere nicht wirklich wahrnimmt?

                                                           *

Er und ein Kollege stehen unter einem Paravent auf einem Kunst-Event auf dem Land. Neben sich haben sie auf der
Wiese ein paar Teleskope aufgebaut. Durch besondere Filter hindurch können die Besucher die Sonne näher
betrachten. Es ist brütend heiß, sie können sich der Bremsen kaum erwehren. „Es wird schlechtes Wetter geben“,
unkt der Astronom und zieht seine freundliche breite Stirn in traurige Falten, „und wir werden wie immer gar nichts
mehr sehen können…!“

An der Wand hängen Fotos von Planeten, in einem Ständer stehen Exemplare zum Verkauf. Und zwei Bilder mit
kosmischen Motiven, die die Frau des Astronomen gemalt hat. Ab und an nähern sich Besucher dem Stand. Ein
neugieriger Junge lehnt sich unabsichtlich an eines der Teleskope, bevor er durch den Sucher schaut. Nein, so geht
das nicht. Der Astronom justiert das Gerät wieder. „So, auf ein Neues! Siehst du die Sonne jetzt?“

„Ah, ja!“

Nun riskiert auch die Mutter einen schnellen Blick - und schon sind sie wieder fort. Die Sonne anzuschauen ist nur
ein Eindruck von vielen hier.

Der Kollege erinnert sich lachend. „Ja, ja, wenn sie auf unseren öffentlichen Vorträgen anfangen zu gähnen und dann
den Raum verlassen… Man redet sich geradezu den Mund fransig, um sie zu interessieren…“

Ein anderer Junge hat die Situation unbemerkt mitbekommen. „Dann lieben Sie wohl sehr die Sterne da am
Himmel?“

„Ja, gewiss, das tun wir“, lächelt der Astronom. Seine großen blauen Augen glänzen.

Beide schweigen, wie selbstverständlich. Ein grün schillernder Käfer hat sich dem Jungen auf die Hand gesetzt. Der
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Junge schaut ihn achtsam an, der Käfer sitzt ganz ruhig. Der warme Wind streichelt das angrenzende Weizenfeld und
fährt auch den Menschen durch das Haar. Ein Entenpaar schwimmt gemächlich durch den kleinen Bach, kümmert
sich nicht um die ungewohnt vielen Menschen.

„Hast du Durst?“, fragt die Frau des Astronomen ihren Mann, beiläufig, doch liebevoll.

Er nickt ihr zu, wischt sich den Schweiß von der Stirn. „Ja, etwas Wasser wäre nicht schlecht.“

„O. k., ich gehe welches am Getränkestand holen. Und schon marschiert sie los.

Ein tiefes Leuchten zieht dem Jungen über das Antlitz, kaum sichtbar.

„Die Sterne sind schön in der Nacht“, meint er, „wunderschön! und so geheimnisvoll…“

„Ja, das sind sie“, hält der Astronom inne und beugt sich hinab zu dem Jungen. „Kennst du denn die Namen all der
Sterne da oben? Hast du schon viel vom Sternenhimmel gesehen?“

„Nein, nicht wirklich“, erwidert dieser und strahlt über das ganze Gesicht. „Aber heute und gerade eben habe ich
einen ganzen Haufen Sterne der Erde erblickt. Danke…!“

Und er verneigt sich leicht, kaum merklich, dreht sich um und geht weg.

Die Erzählung „Sterne der Erde“ von MARIE ist ihrem
Buch „Wilde Blüten“ entnommen. Eine Sammlung
von literarischen Perlen – nicht nur zum Verschenken,
auch zum selber lesen! Christel Bönte meint dazu:
„Das Buch ist mein Betthupferl. Ich genieße einen der
kurzen Text wie ein Praliné, um zur Ruhe zu kommen
und dann genüsslich einzuschlafen“. (Erhältlich in der
Buchhandlung Bräunling und in Zellers Bio-Laden.)

                                                               Paulino Muñoz ist ein Puchheimer vhs-Dozent, der auch im
                                                               Cafenium unterrichtet. Spanisch für Schule und Beruf, oder
                                                               einfach weil Lernen Spaß macht. (Im Bild mit der lernenden
                                                               Lena und dem tüchtigen René.) Nur Einzelunterricht oder
                                                               ganz kleine Gruppen. Interessierte können sich melden
            Lochhauserstr. 18, Puchheim                        bzw. zum wöchentlichen Infotreff – immer am Freitag-
                                                               nachmittag – kommen. 089 / 89 40 68 87 (Cafenium)

                                                               Bio-Sterne von Puchheim
                                                               Ein irdischer Sternenhaufen netter Leute trifft sich im
                                                               Puchheimer „Zellers Bio-Laden“. Wer kennt Bernd
                                                               und Mariella und ihr Team noch nicht? Tag für Tag am
                                                               Grünen Markt 1. Puchheim lebt, und zwar gesund. –
                                                               Ja. „Ein Mensch ist, was er isst“.
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