Rechtskundeunterricht Unterrichtskonzept in Nordrhein-Westfalen im Ver-gleich mit anderen Bundesländern und europäischen Ländern
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Landtag Nordrhein-Westfalen • Postfach 10 11 43 • 40002 Düsseldorf 17 INFORMATION 17/302 Alle Abg Rechtskundeunterricht Unterrichtskonzept in Nordrhein-Westfalen im Ver- gleich mit anderen Bundesländern und europäi- schen Ländern Bearbeitung: Parlamentarischer Beratungs- und Gutachterdienst Datum: 13. Juli 2020 Landtag NRW • Platz des Landtags 1 • 40221 Düsseldorf • Telefonzentrale: (0211) 884-0 Bankverbindung: Helaba - Niederlassung Düsseldorf • BLZ 300 500 00 • Kto.-Nr. 4 054 011 IBAN DE80300500000004054011 • SWIFT/BIC WELADEDDXXX Internet: www.landtag.nrw.de
Dieses Gutachten hat der Parlamentarische Beratungs- und Gutachterdienst im Auf- trag des Landtagsabgeordneten Stefan Engstfeld (Bündnis 90/Die Grünen) erstellt. Der Abgeordnete hat das Gutachten zur Veröffentlichung freigegeben. Die Gutachten des Parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdienstes des Landtags Nordrhein-Westfalen sind urheberrechtlich geschützt. Die weitere Verar- beitung, Verbreitung oder Veröffentlichung - auch auszugsweise - ist nur unter An- gabe der Quelle zulässig. Jede Form der kommerziellen Nutzung ist untersagt.
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis A. GUTACHTENAUFTRAG ................................................................................................................ 4 B. EINLEITUNG .................................................................................................................................. 5 C. GUTACHTEN ................................................................................................................................. 7 I. RECHTSKUNDEUNTERRICHT IN NORDRHEIN-W ESTFALEN ................................................................ 7 II. RECHTSKUNDEUNTERRICHT IN ANDEREN BUNDESLÄNDERN ............................................................ 9 III. RECHTSKUNDEUNTERRICHT IN ANDEREN EUROPÄISCHEN LÄNDERN............................................... 14 1. Österreich ............................................................................................................................. 14 2. Großbritannien ..................................................................................................................... 14 3. Frankreich ............................................................................................................................ 15 4. Ungarn.................................................................................................................................. 15 5. Schweiz ................................................................................................................................ 16 6. Estland ................................................................................................................................. 16 IV. ZUSAMMENFASSUNG ................................................................................................................... 18 D. LITERATURVERZEICHNIS ......................................................................................................... 19
Gutachtenauftrag A. Gutachtenauftrag Seit rund fünfzig Jahren wird an Schulen in Nordrhein-Westfalen (NRW) im Rahmen freiwilliger Arbeitsgemeinschaften Rechtskunde für Schülerinnen und Schüler angebo- ten. Auch andere Bundesländer vermitteln Kenntnisse aus diesem Themenfeld. Es existieren landesspezifische Konzepte für Rechtskundeunterricht.1 Vor diesem Hintergrund hat der Landtagsabgeordnete Stefan Engstfeld (Bündnis 90/Die Grünen) den Parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdienst des Landtags Nordrhein-Westfalen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieses zielt auf die Beantwortung folgender Fragen: • Gibt es in anderen Bundesländern oder anderen europäischen Ländern ähnli- che Unterrichtsangebote? • Wie sind diese ausgestaltet? • Wie unterscheiden sich diese von dem nordrhein-westfälischen Unterrichtspro- gramm? 1 Für NRW vgl. https://www.justiz.nrw.de/BS/rechtskunde/allgemeine_informationen/index.php (abge- rufen am 1. Juli 2020). 4
Einleitung B. Einleitung Die Gesetzgebungskompetenz für das Schulwesen liegt bei den Ländern (Art. 30, 70 Abs. 1 Grundgesetz). Regelungen zu dem Angebot an Schulfächern und deren In- halte unterfallen somit der Zuständigkeit der Bundesländer. Dennoch stimmen sich die Länder im freiwilligen Zusammenschluss als Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Kultusministerkonferenz) ab. So hat die Kultusministerkonferenz mit Beschluss vom 25. Mai 1973 nach wie vor gültige Bil- dungsziele festgelegt. Danach soll Schule „zur Wahrnehmung von Rechten und Pflich- ten in der Gesellschaft befähigen.“2 In Deutschland wird Rechtskunde an allgemeinbildenden3 und an berufsbildenden4 Schulen hauptsächlich in der Sekundarstufe I (Sek I)5 und in der Sekundarstufe II (Sek II) unterrichtet. Rechtskunde ist teilweise formal als ein eigenes Schulfach ausgestal- tet, zum Teil wird Rechtskunde aber auch im Rahmen anderer Fächer, wie insbeson- dere der Gemeinschaftskunde, bzw. fächerübergreifend oder auch im Rahmen von freiwilligen Arbeitsgemeinschaften behandelt. Inhaltlich umfasst Rechtskunde die Auseinandersetzung mit dem Aufbau und den Grundzügen des deutschen Rechtssystems. Die Schülerinnen und Schüler sollen ein Bewusstsein für rechtliches Handeln entwickeln. Dies dient zum einen dem Aufbau und der Vertiefung von Allgemeinbildung und zum anderen der individuellen Vorberei- tung der Schülerinnen und Schüler auf ihren künftigen Lebensalltag. Im Rahmen der Rechtskunde setzen sich die Jugendlichen mit den Grundzügen von Recht auseinan- der oder erlangen Kenntnisse in bestimmten Rechtsbereichen oder zu bestimmten grundlegenden, insbesondere staatsorganisationsrechtlichen Themen. Neben der Vermittlung von theoretischem Wissen werden häufig auch praktische Bezüge zum Unterricht hergestellt. Dies kann in Form eines Gerichtsbesuchs verbunden mit einer 2https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_12_16-Bildungsstan- dards-Konzeption-Entwicklung.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 3 Allgemeinbildende Schulen umfassen alle Schulen, die nicht mit einem Berufsabschluss enden. 4 Berufsbildende Schulen sind Schulformen, die mit einem Berufsabschluss oder einem berufsorientier- ten Abschluss enden. 5 Der Sekundarbereich I umfasst die schulischen Bildungsgänge von Jahrgangsstufe 5 bzw. 7 bis 9 bzw. 10 mit der Altersgruppe der Schülerinnen und Schüler von 10 bzw. 12 bis 15 bzw.16 Jahren, https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/Eurydice/Bildungswesen-dt-pdfs/sekundarbereich.pdf (ab- gerufen am 1. Juli 2020). 5
Einleitung Teilnahme an öffentlichen Verhandlungen oder in Form eines Besuchs von Juristinnen und Juristen an einer Schule erfolgen. Im Folgenden wird das Konzept des Rechtskundeunterrichts in Nordrhein-Westfalen vorgestellt und anschließend mit dem anderer Bundesländer verglichen. Dafür wird zunächst festgestellt, ob ein Fach des Rechts in dem jeweiligen Bundesland an Schu- len angeboten wird und wenn ja, inwiefern dieses ausgestaltet wird und worin die Un- terschiede zu dem nordrhein-westfälischen Unterrichtsprogramm liegen. Dafür werden die Lernziele, aber auch Inhalte des Unterrichts und Unterrichtsmethoden verglichen. Ferner wird zudem das Unterrichtskonzept einiger anderer europäischer Länder dar- gestellt und gezeigt, wie hier mit der Thematik Recht in den Schulen umgegangen wird. Anschließend werden wieder Vergleiche zu dem System in Nordrhein-Westfalen gezogen. Zum Schluss wird festgestellt, worin Vorteile und möglicherweise auch einige Nach- teile des nordrhein-westfälischen Unterrichtsprogramms im Gegensatz zu den ande- ren Unterrichtskonzepten liegen könnten. 6
Gutachten C. Gutachten I. Rechtskundeunterricht in Nordrhein-Westfalen Die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen (LV NRW) sieht in Art. 11 vor, dass in allen Schulen Staatsbürgerkunde Lehrgegenstand und staatsbürgerliche Erziehung verpflichtende Aufgabe ist. Im Zusammenhang mit den Erziehungszielen des Art. 7 LV NRW richtet sich die Regelung auf eine Erziehung zum aktiven Staatsbürger. Staatsbürgerkunde muss nicht als eigenständiges Unterrichtsfach gelehrt werden, sondern ist vielmehr als fächerübergreifendes, allen Fächern zugrunde liegendes Un- terrichtsprinzip zu verstehen.6 § 2 Absatz 6 Ziffer 6 Schulgesetz NRW konkretisiert den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule näher. Die Schülerinnen und Schüler sol- len insbesondere lernen „die grundlegenden Normen des Grundgesetzes und der Lan- desverfassung zu verstehen und für die Demokratie einzutreten“. Dementsprechend besteht in Nordrhein-Westfalen an allgemeinbildenden Schulen seit mehr als 50 Jahren die Möglichkeit, im Rahmen einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft Rechtskundeunterricht für circa zehn bis 25 Schülerinnen und Schüler, die in der Regel den Klassen neun und zehn (und der Sekundarstufe II) zugehören, anzubieten. Nach Angaben des Landgerichts Köln, welches für die Koordination des Rechtskundeunter- richts an allgemeinbildenden Schulen zuständig ist, nehmen jährlich ca. 10.000 Schü- lerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen an Rechtskunde AGs teil.7 Im Gemein- samen Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung und des Justizmi- nisteriums vom 19. September 20088 wird die Durchführung des rechtskundlichen Un- terrichts im Rahmen freiwilliger Arbeitsgemeinschaften geregelt. Leitlinien setzen in- haltliche Vorgaben für die rechtskundlichen Arbeitsgemeinschaften fest.9 6Kamp, in: Heusch/Schönenbroicher, Die Landesverfassung Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage, Art. 11 Rn 1 ff. 7https://www.lg-koeln.nrw.de/aufgaben/060_dienste/Rechtskundeunterricht/index.php (abgerufen am 1. Juli 2020). 8 Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung (524-6.03.15.06-69885) und des Justizministeriums (6124-V.1) vom 19.September 2008-JMBI.NW S.256 in der Fassung vom 11. April 2013-JMBI.NRW S.104, abrufbar unter http://www.jvv.nrw.de/anzeigeText.jsp?da- ten=878&daten2=Vor (abgerufen am 1. Juli 2020).. 9https://www.justiz.nrw.de/BS/rechtskunde/allgemeine_informationen/leitlinien/index.php (abgerufen am 1. Juli 2020). 7
Gutachten Den Jugendlichen sollen die elementaren Kenntnisse der Rechtsordnung näher ge- bracht und das Wesen und die Ordnungsaufgabe des Rechts verständlicher gemacht werden. Ein weiteres Ziel ist die Verbesserung der individuellen Konfliktfähigkeit durch Kennenlernen der Rechtsfolgen von Handeln und der entsprechenden Aufgaben der Rechtspflege. Auf Grundlage dessen soll eine Basiskompetenz für den zukünftigen Umgang mit Rechtsfragen vermittelt werden.10 Die Arbeitsgemeinschaften haben einen halbjährlichen Unterrichtsumfang von zehn bis zwölf Doppelstunden. Sowohl Lehrerinnen und Lehrer mit entsprechender Lehrbe- fähigung als auch Volljuristinnen und -juristen (zweite juristische Staatsprüfung) oder Diplom-Rechtspflegerinnen und –Rechtspfleger können rechtskundlichen Unterricht erteilen. Wie im Runderlass festgelegt erfolgen die Mittel zur Entschädigung für die Erteilung rechtskundlichen Unterrichts aus den Mitteln des Justizhaushalts. Fahrtkos- ten werden in tatsächlicher Höhe erstattet.11 Es werden die Rechtsgebiete Strafrecht, Zivilrecht (insbesondere Erb- und Familien- recht), Arbeits- und Sozialrecht und Verwaltungsrecht behandelt. Im Rechtskundeun- terricht wird sich außerdem mit den Themen Rechtsextremismus und Rechtsstaatlich- keit befasst. Die Schülerinnen und Schüler lernen zudem die Hauptverhandlung eines Strafprozesses kennen, um auch die tatsächliche Anwendung des Rechts mitzuerle- ben.12 10 https://www.schulentwicklung.nrw.de/lehrplaene/lehrplan/190/KLP_GOSt_Recht.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 11Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung (524-6.03.15.06-69885) und des Justizministeriums (6124-V.1) vom 19. September 2008-JMBI.NW S.256 in der Fassung vom 11. April 2013-JMBI.NRW S.104 (9) abrufbar unter http://www.jvv.nrw.de/anzeigeText.jsp?da- ten=878&daten2=Vor (abgerufen am 1. Juli 2020). 12Rechtskundlicher Unterricht in der Sekundarstufe I der allgemeinbildenden Schulen Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung (524-6.03.15.06-69885) und des Justizmi- nisteriums (6124 - V. 1) vom 19. September 2008 - JMBI. NW S. 256 - in der Fassung vom 11. April 2013 - JMBl. NRW S. 104, abrufbar unter http://www.jvv.nrw.de/anzeigeText.jsp?daten=878&da- ten2=Vor (abgerufen am 1. Juli 2020). 8
Gutachten II. Rechtskundeunterricht in anderen Bundesländern In anderen Bundesländern wird mit dem Angebot des Faches Rechtskunde anders verfahren. Teilweise wird dieses als Wahlpflichtfach oder sogar Leistungskurs, teil- weise jedoch auch gar nicht angeboten. In den Bundesländern Baden-Württemberg, Bremen13, Hessen, Rheinland-Pfalz14, Schleswig-Holstein15 und dem Saarland16 gibt es an den allgemeinbildenden Schu- len kein eigenständiges Fach, welches die Inhalte der Rechtskunde vermittelt. Einige wenige Rechtsfragen werden hier jedoch, je nach Bundesland, in den Fächern Politik, Wirtschaft, Gesellschaft oder einem ähnlichen Fach abgedeckt. Ausnahmen gelten in diesen Bundesländern jedoch für die berufsbildenden Schulen. Hier wird je nach Fach- richtung ein Fach der Rechtskunde angeboten. In Hessen kann das Fach Rechtskunde aber in der gymnasialen Oberstufe im gesell- schaftswissenschaftlichen Aufgabenbereich gewählt werden. Es gehört nicht zu den Pflichtfächern. Als Grundkurs kann in dem Fach auch das Abitur abgelegt werden. Rechtskunde wird erst in der Oberstufe angeboten und baut auf den Fächern Sozial- kunde, dem Lernbereich Gesellschaftslehre und der Rechtserziehung aus Sekundar- stufe I auf. An einzelnen hessischen Schulen besteht die Möglichkeit, das Abitur in Rechtskunde abzulegen. Der Unterricht wird von regulären Lehrkräften geleitet.17 In- haltlich und konzeptionell verfolgt das Land Hessen einen ähnlichen Ansatz wie das Land Sachsen-Anhalt. In Hessen besteht ebenfalls ein verbindlicher Rahmenplan, der Ziele, Ablauf des Unterrichts und Rahmenthemen detailliert verbindlich regelt. In Baden-Württemberg wird das Pflichtfach „Gemeinschaftskunde“ unabhängig von der Schulform in der Sekundarstufe I (ab Jahrgangsstufe sieben) von Lehrerinnen und 13 https://www.lis.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen56.c.15219.de (abgerufen am 1. Juli 2020). 14 https://lehrplaene.bildung-rp.de/ (abgerufen am 1. Juli 2020); https://berufsbildendeschule.bildung- rp.de/fileadmin/user_upload/bbs/berufsbildendeschule.bildung-rp.de/Lehrplaene/Dokumente/lehr- plan_bbs_2004/lb/LB_Sozialkunde.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 15 https://lehrplan.lernnetz.de/index.php?wahl=5 (abgerufen am 1. Juli 2020); https://lehrplan.lern- netz.de/index.php?wahl=6 (abgerufen am 1. Juli 2020). 16 https://www.saarland.de/SharedDocs/Downloads/DE/mbk/Lehrplaene/Lehrplaene_berufliche_Schu- len/Lehrplaene_FOS/Lehrplaene_FOS_Gesundheit_Soziales/Lehrplan_Wirtschaft- Recht_FOS_GuS_1.8.15.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (abgerufen am 1. Juli 2020). 17 https://kultusministerium.hessen.de/sites/default/files/media/go-rechtskunde.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 9
Gutachten Lehrern unterrichtet. Thematisiert werden Grundrechte, Frieden und Menschenrechte sowie staatsorganisatorische und teils politische Fragen, etwa die politische Willens- bildung in Deutschland oder die rechtliche Stellung des Jugendlichen18. In der gymna- sialen Oberstufe kann „Gemeinschaftskunde“ wahlweise als Basis oder Leistungsfach gewählt werden. Je nach Wahl werden dabei Themen wie Gesetzgebung und Regie- ren oder politische Teilhabe unter dem Oberpunkt politisches System vertieft. Im Übri- gen stehen politische Fragestellungen im Vordergrund. 19 In den übrigen Bundesländern Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg- Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bieten allge- meinbildende Schulen ebenfalls ein Fach an, das den Schülerinnen und Schülern rechtliche Inhalte vermittelt. Die Ausgestaltung ist jedoch unterschiedlich: Rechtskunde wird in Berlin, Brandenburg20, Hamburg21, Niedersachsen und Sach- sen-Anhalt22 als ein eigenständiges Unterrichtsfach angeboten. Es handelt sich in diesen Bundesländern um ein System, in dem Rechtskunde primär in der gymnasialen Oberstufe im Grund- oder Leistungskurs als Wahlpflichtfach und nicht wie in NRW in der Sekundarstufe I im Rahmen einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft unterrichtet wird. Die rechtliche Grundbildung wird dabei als ein „elementarer Teil der Allgemein- bildung“23 und zudem als Voraussetzung zum Verständnis der Welt und der politischen Bildung gesehen. Themenschwerpunkte liegen auch in diesen Bundesländern auf dem Verständnis des Rechtssystems sowie der Rechtsgeschäfte. Teilweise werden auch wie in Nordrhein-Westfalen Grundlagen des Arbeits-, Straf-, Familien-, Sachen- oder Erbrechts vermittelt. 18 http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/SEK1/GK (abgerufen am 1. Juli 2020); http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GYM/GK (abgerufen am 1. Juli 2020). 19 http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GYM/GK (abgerufen am 1. Juli 2020). 20https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/unterricht/rahmenlehrplaene/gymnasi- ale_oberstufe/curricula/2018/RLP_GOST_Recht_BB_2018.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 21https://www.hamburg.de/contentblob/2447694/aa62ad12f69b6a1e3ca3bed0d10f760d/data/recht- gyo.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 22https://kleineanfragen.de/sachsen-anhalt/7/363-rechtskundeunterricht-an-den-schulen-in-sachsen- anhalt (abgerufen am 1. Juli 2020). 23https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/unterricht/rahmenlehrplaene/gymnasi- ale_oberstufe/curricula/2018/RLP_GOST_Recht_BB_2018.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 10
Gutachten In Berlin wird in der gymnasialen Oberstufe das Schulfach „Recht“ angeboten, das an die in der Sekundarstufe I unterrichteten gesellschaftlichen Fächer anknüpft. Inhaltlich deckt das Fach einen großen Bereich ab. So werden, verbindlich als Kerncurriculum festgelegt, in jeweils einem Kurshalbjahr die Bereiche Privatrecht, Strafrecht, Arbeits- recht und Familienrecht unterrichtet. Das Fach kann sowohl als Grundkurs wie auch als Leistungskurs gewählt werden. Die genauen Inhalte und Anforderungen variieren je nach Wahl.24 In Hamburg werden beispielsweise die Grundzüge des Verbraucherrechts, Arbeits- rechts und Strafrechts unterrichtet.25 Bemerkenswert ist, dass das Fach Recht - anders als beispielsweise in Berlin - nicht erst in der gymnasialen Oberstufe angeboten wird, sondern bereits an sogenannten „Stadtteilschulen“ (fünfte bis elfte Klasse).26 In Sachsen-Anhalt ist das Fach Rechtskunde am Gymnasium als Fach des Wahl- pflichtkreises ab Klasse neun mit zwei Wochenstunden belegbar und kann als Wahl- pflichtfach in der gymnasialen Oberstufe bis zum Abitur belegt werden. Auch an Ge- samtschulen kann das Fach beginnend im neunten Schuljahr mit zwei Wochenstunden gewählt werden. Ein Fachlehrplan legt die Unterrichtsziele und Inhalte für jeden Un- terrichtsabschnitt fest.27 Rechtskunde wird regulär durch Lehrkräfte unterrichtet. Juris- tinnen und Juristen unterstützen im Rahmen von Diskussionen, Fallbesprechungen, Interviews oder Gerichtshospitationen. In Sachsen wird an Gymnasien das Fach „Gemeinschaftskunde/Rechtserzie- hung/Wirtschaft“ von der siebten bis zur zwölften Klasse unterrichtet. Dieses Fach kann in den unteren Klassen als Wahlpflichtfach, in den oberen Klassen als Grund- oder Leistungskurs gewählt werden. Die Schüler erhalten einen umfassenden Einblick in die deutsche Rechtsordnung und befassen sich mit Demokratie, Gerechtigkeit und 24 https://www.berlin.de/sen/bildung/unterricht/faecher-rahmenlehrplaene/rahmenlehrplaene/mdb-sen- bildung-schulorganisation-lehrplaene-sek2_recht.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 25https://www.hamburg.de/contentblob/2975712/cc85f727a3bd5ad343dd37e7e9cbee8d/data/recht- gym-seki.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 26https://www.hamburg.de/contentblob/2967758/4e6e5f665e81bf235d92ff03a3183a5f/data/recht- sts.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 27https://lisa.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MK/LISA/Unterricht/Lehr- plaene/Gym/LP_Gym_Rechtskunde_LT.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 11
Gutachten teilweise auch mit dem internationalen Recht. Unterrichtsinhalte sind u.a. Verfassungs- recht, das politisches System, Funktion der Rechtsprechung und der Rechtsstaat.28 In Bayern und Thüringen wird ein Kombinationsfach „Wirtschaft und Recht“ als Wahl- pflichtfach von regulären Lehrkräften unterrichtet. Das Fach wird sowohl im Gymna- sium (9.-12. Klasse) als auch in der Gemeinschafts- und Regelschule angeboten. In Thüringen umfasst das Schulfach weite Bereiche des Rechts. Spätestens in der zwölf- ten Klasse sind juristische Techniken wie das Auslegen und Anwenden von Normen, sowie erste Kenntnisse in spezifischen Rechtsgebieten wie dem Sachenrecht Unter- richtsgegenstand. Es ist möglich, die Abiturprüfung im Fach Wirtschaft und Recht ab- zulegen.29 In Bayern wird das Unterrichtsfach an Realschulen oder an Gymnasien un- terrichtet und kann auch ein Abiturfach darstellen.30 Genauer Inhalt und Intensität va- riieren je nach Schulform und Art des Kurses. Allerdings bestehen einheitliche Prü- fungsanforderungen für das Abitur. Das Fach Wirtschaft und Recht stellt ein Pflichtfach am Gymnasium in der neunten und zehnten Klasse dar und kann anschließend als Wahlfach belegt werden; an Wirtschafts– und Sozialwissenschaftlichen Gymnasien setzt der Unterricht in der achten, an allen anderen Ausbildungseinrichtungen des Gymnasiums in der neunten Klasse ein. Inhaltlich deckt das Fach ein weites Spektrum ab: Wirtschaftliche Aspekte zur sozialen Marktwirtschaft werden ebenso abgedeckt wie die Grundlagen des deutschen Rechtssystems, Grundfragen der juristischen Ar- beitstechnik, Prinzipien des Strafrechts oder Systematik des Bürgerlichen Gesetz- buchs.31 Insgesamt findet im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen in einigen anderen Bundeslän- dern eine tiefergehende Vermittlung des Rechts statt, indem teilweise spezielle The- men und Probleme behandelt werden. Eine vergleichbare Vermittlung kann im Rah- men einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft mit einem Umfang von zwölf Doppelstun- den nicht gewährleistet werden. Einige Bundesländer bieten ein Schulfach im Bereich 28 https://www.schule.sachsen.de/lpdb/web/downloads/2447_lp_gy_gemeinschaftskunde_recht_wirt- schaft_2019.pdf?v2 (abgerufen am 1. Juli 2020). 29 https://www.schulportal-thueringen.de/tip/resources/medien/15754?dateiname=LP_GY_WR_End- fassung_290713_1.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020); https://www.schulportal-thueringen.de/tip/re- sources/medien/6272?dateiname=rs_elp_wrt.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 30 www.isb.bayern.de/gymnasium/faecher/gesellschaftswissenschaften/wirtschaft-und-recht/weitere- informationen/epa-abiturpruefung-wirtschaft-und-recht/ (abgerufen am 1. Juli 2020). 31 www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/id_26398.html (abgerufen am 1. Juli 2020). 12
Gutachten Recht an. Andere Bundesländer decken grundlegende rechtliche Strukturen wie den Aufbau des Staates, rechtliche Moralvorstellungen oder Funktionen des Rechts in Fä- chern wie Gemeinschaftskunde ab. 32 32Eine Übersicht über die Lehrpläne aller Bundesländer findet sich unter www.lehrer-online.de/fokus- themen/dossier/do/lehrplaene-der-bundeslaender (abgerufen am 1. Juli 2020). 13
Gutachten III. Rechtskundeunterricht in anderen europäischen Ländern Im Folgenden wird der Umgang mit dem Rechtskundeunterricht33 in anderen europäi- schen Ländern erläutert und ein Vergleich mit dem System in Nordrhein-Westfalen gezogen. Dafür werden als Beispiele Österreich, Großbritannien, Frankreich, Ungarn, die Schweiz und Estland herangezogen. 1. Österreich In Österreich wird kein eigenständiges Fach unterrichtet, welches die rechtlichen Grundlagen lehrt. Es gibt lediglich die Fächer Wirtschaftskunde und Sozialkunde/poli- tische Bildung, in denen teilweise rechtliche Fragen behandelt werden.34 In dieser Fä- chergruppe werden mehrere rechtliche Thematiken angesprochen. Zu nennen sind beispielsweise das Rechtssystem Österreichs, die Grundrechte sowie der Aufbau der Demokratie.35 2. Großbritannien In Großbritannien besteht seit dem Jahr 2002 das Fach „Citizenship“ als verpflichten- des Schulfach für alle 11 bis 16-jährigen an allen weiterführenden staatlichen Schulen, zudem wird es teilweise an Grundschulen unterrichtet.36 Grundsätzlich sollen Schulen britische Werte und die staatsbürgerliche Erziehung der Schüler fördern. Die im Fach „Citizenship“ zu vermittelnden Inhalte sind in Richtlinien festgelegt, wie z. B. Prinzipien einer Demokratie, das Rechtssystem des Vereinigten Königreichs, internationales Recht oder das Wahlrecht des Vereinigten Königreichs.37 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Fach „Citizenship“ von der Konzeption mit dem in Teilen Deutschlands unterrichteten Fach „Gemeinschaftskunde“ vergleichbar ist. Inhaltlich geht das Fach zumindest seinem Lehrplan nach jedoch deutlich über das deutsche Fach hinaus und behandelt eine große Bandbreite rechtlicher Gebiete. 33Im europäischen Ausland existiert kein einheitliches Unterrichtsfach „Rechtskunde“. Zu der Bürgerer- ziehung an europäischen Schulen sei auf eine Studie der EU verwiesen, https://op.europa.eu/en/publi- cation-detail/-/publication/6b50c5b0-d651-11e7-a506-01aa75ed71a1/language-de/format-PDF (abge- rufen am 1. Juni 2020). 34 https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnum- mer=10008568 (abgerufen am 1. Juni 2020). 35 http://docshare04.docshare.tips/files/29440/294402286.pdf (abgerufen am 1. Juni 2020). 36https://www.bpb.de/veranstaltungen/netzwerke/nece/214156/citizenship-education-in-the-uk#Le- gal%20Environment (abgerufen am 1. Juni 2020). 37 https://www.gov.uk/government/publications/national-curriculum-in-england-citizenship-program- mes-of-study (abgerufen am 1. Juni 2020). 14
Gutachten 3. Frankreich Das Schulsystem besteht hier aus der École maternelle, die eine Art Vorschule dar- stellt, der École élémentaire, die mit der hiesigen Grundschule zu vergleichen ist, je- doch die Schülerinnen und Schüler von Klasse 1 bis 5 betreut, dem Collège, welches die Klassen 6 bis 9 betreut und somit eine Sek I darstellt, sowie dem Lycée, welches hier mit der Sek II des Gymnasiums verglichen werden kann. In der französischen Vorschule (École maternelle), die freiwillig besucht wird, findet eine rechtliche Ausbil- dung nicht statt. In der Grundschule (École élémentaire) wird die sogenannte „éduca- tion civique“, also die „Staatsbürgerkunde“, mit in den Unterricht eingebracht. Hierbei geht es darum, den Schülerinnen und Schülern die wesentlichen Werte der französi- schen Republik und Demokratie näher zu bringen. Die Kinder sollen lernen, sich ein Urteil zu bilden, indem sie sich auf wichtige Gründungstexte, wie die Erklärung der Menschen- oder Bürgerrechte oder das Internationale Übereinkommen über die Rechte des Kindes, beziehen. Zudem setzen sich die jungen Menschen auch mit Dis- kriminierung und Toleranz auseinander. Ziel dabei ist, die Konfliktfähigkeit sowie die Kommunikationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Dieser Ansatz wird auch im Collège und im Lycée fortgeführt. Im Collège werden im Rechtskundeun- terricht, der als „éducation civique, juridique, sociale“ bezeichnet wird, diese Fähigkei- ten dahingehend vertieft, dass konkrete Studien behandelt werden, die die Frage nach kollektiven Regeln untersuchen, die das Leben aller in der Gesellschaft organisieren und die Rechtsstaatlichkeit etablieren. Damit sind die Themenbereiche, die hier be- handelt werden, denen in Nordrhein-Westfalen sehr ähnlich. Der wöchentliche Umfang des Faches „éducation civique, juridique, sociale“ beträgt in Frankreich jedoch nur 30 Minuten und unterschreitet damit den Umfang der Unterrichtsstunden des Rechtskun- deunterrichts in Nordrhein-Westfalen deutlich.38 4. Ungarn Das Schulsystem in Ungarn unterscheidet sich ebenfalls in einigen Teilen von dem deutschen Schulsystem. Es ist in fünf Stufen gegliedert: Vorschule, Grundschule, Gymnasium, Berufsbildende Schule und Hochschule/Universität. Unterschieden wird hier für den Lehrplan in zwei Unterrichtsphasen: die Jahrgänge eins bis sechs und die Jahrgänge sieben bis zehn. Weiterhin sind Inhalte und Anforderungen nicht an ein konventionelles Fachsystem gebunden, sondern es gibt zehn Bildungsbereiche. Einer 38http://www.education.gouv.fr/cid52692/les-enseignements-nouvelle-seconde.html (abgerufen am 1. Juli 2020). 15
Gutachten davon nennt sich „Mensch und Gesellschaft“. Hier werden überwiegend Themen aus der Richtung Soziologie und Geschichte, aber zum Teil auch rechtliche Themenge- biete behandelt. Ein eigenständiges Fach, das rechtliche Grundkenntnisse und Struk- turen vermittelt, gibt es in Ungarn jedoch nicht.39 5. Schweiz In der Schweiz unterscheiden sich die Konzepte bezüglich des Rechtskundeunter- richts in den verschiedenen Kantonen nicht erheblich. An den berufsbildenden Schu- len wird hier je nach Fachrichtung ein Fach angeboten, welches rechtliche Grundlagen und Werte vermittelt. An den allgemeinbildenden Schulen bestehen die Unterrichtsfä- cher für die Schülerinnen und Schüler grundsätzlich aus sieben Grundlagenfächern, einem Schwerpunktfach und einem Ergänzungsfach. Das Fach Recht wird hier in ei- nem Kombinationsfach als „Wirtschaft und Recht“ als Schwerpunktfach oder auch als Ergänzungsfach angeboten. Damit unterscheidet sich dieses System deutlich von dem in Nordrhein-Westfalen, indem die Thematik in der Schweiz breiter gefächert und ver- tiefter behandelt wird. In der zehnten Klasse beschäftigen sich die Jugendlichen 2,5 Stunden pro Woche mit den verschiedenen Rechtsgebieten, dem Personenrecht oder auch dem Gesellschaftsrecht. In der elften und zwölften Klasse kommen, ebenfalls in 2,5 Wochenstunden, noch weitere Rechtsgebiete hinzu, wie im Zivilrecht das Sachen- oder auch Arbeitsrecht, das Strafrecht oder aus dem öffentlichen Recht das Verwal- tungs- und Prozessrecht. Damit bekommen die Jugendlichen einen tiefergehenden und detaillierteren Einblick in die Thematik und auch die verschiedenen Rechtsgebiete als in Nordrhein-Westfalen.40 6. Estland In Estland erfolgt rechtskundliche Vermittlung in mehreren Unterrichtsfächern. Es be- steht ein landesweit gültiges Curriculum aus dem Jahr 2014 für Grund- und weiterfüh- rende Schulen.41 Zum einen besteht das verpflichtende Fach Sozialwissenschaften. Dieses deckt an weiterführenden Schulen folgende rechtliche Inhalte ab: Verschie- dene Staatsformen und deren Aufbau, Menschenrechte, Familienrecht, Funktion und 39http://doku.iab.de/ibv/2000/ibv4300_4417.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020); https://www.research- gate.net/publication/280671238_Der_Nationale_Grundlehrplan_in_Ungarn_Neue_Perspektiven_- _neue_Aufgaben (abgerufen am 1. Juli 2020). 40 https://www.erz.be.ch/erz/de/index/mittelschule/mittelschule/gymnasium/lehrplan_maturitaetsausbil- dung/lehrplan-2005.assetref/dam/documents/ERZ/MBA/de/AMS/ams_klm_wirtschaft_recht.pdf (abge- rufen am 1. Juli 2020). 41 https://www.hm.ee/en/national-curricula-2014 (abgerufen am 1. Juli 2020). 16
Gutachten Grundlagen des Steuerrechts, Verbraucherrecht, Aufbau des Parlaments, der Regie- rung und der Gerichte Estlands, Aufbau und Funktion europäischer Gerichte, Wahl- recht und Aufbau der EU sowie Grundlagen des Völkerrechts.42 Darüber hinaus kön- nen im fakultativ angebotenen Kurs „Economic and Business Studies“ Einblicke in wei- tere wirtschaftsnahe Rechtsgebiete gewonnen werden.43 In dem Fach „National De- fence“ werden das Prinzip und die rechtliche Ausgestaltung der NATO, die die natio- nale Verteidigung betreffende Gesetzgebung und völker- und kriegsrechtliche Aspekte behandelt.44 Daneben werden sowohl in den genannten drei Fächern als auch als interdisziplinäres Lernziel Kompetenzen wie das Analysieren von Normen und das kri- tische Hinterfragen von bestehenden Gesetzen und Ordnungen oder Argumentations- techniken vermittelt.45 42https://www.hm.ee/sites/default/files/est_upper_secondary_nat_cur_2014_appendix_5_final.pdf (ab- gerufen am 1. Juli 2020). 43https://www.hm.ee/sites/default/files/est_upper_secondary_nat_cur_2014_appendix_10_final.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020). 44https://www.hm.ee/sites/default/files/est_upper_secondary_nat_cur_2014_appendix_9_final.pdf (ab- gerufen am 1. Juli 2020). 45 https://www.hm.ee/sites/default/files/est_upper_secondary_nat_cur_2014_appendix_14_final.pdf 17
Gutachten IV. Zusammenfassung Insgesamt lässt sich feststellen, dass Rechtskunde in den jeweiligen Lehrplänen der Bundesländer unterschiedlich ausgestaltet ist. Das gilt umso mehr im Vergleich zu der Konzeption in anderen europäischen Ländern. Während einerseits teilweise überhaupt kein Rechtskundeunterricht in der gesamten Schullaufbahn vorgesehen ist, bieten Schulen andererseits Rechtskunde sogar als Leistungskurs an. Die häufigste Form der thematischen Behandlung erfolgt im Rahmen eines Kombina- tionsfachs, in dem rechtliche, wirtschaftliche und auch politische Themen behandelt werden. Dies hat für Schülerinnen und Schüler den Vorteil, dass sie sich im Wahlbe- reich für ein Fach entscheiden können, in dem sie in einem Kurs mehrere Fachgebiete kennenlernen und grundlegende miteinander verwobene Kenntnisse erlangen kön- nen. Gleichzeitig bedeutet dies jedoch auch, dass die Rechtsthematik lediglich neben den anderen Inhalten unterrichtet und damit jedenfalls weniger intensiv behandelt wird. Eine hohe Bedeutung wird dem Rechtskundeunterricht beispielsweise in Sachsen und in der Schweiz eingeräumt. Dort wird Rechtskunde in der Sekundarstufe II unterrichtet und sogar als Leistungskurs und somit als bedeutsamer Bestandteil der Abiturleistung angeboten. Das Arbeitsgemeinschaftsangebot in Nordrhein-Westfalen übertrifft bezüglich Umfang und Tiefe der Themen das Angebot anderer Bundesländer. Auch das Betreuungsver- hältnis und die Qualifikation des Lehrpersonals können als gut gewertet werden. Be- sonders zu berücksichtigen ist allerdings auch, dass es sich um ein freiwilliges Zusatz- angebot handelt. Damit erlangen allein die ohnehin interessierten Schülerinnen und Schüler vertiefte Rechtskenntnisse. 18
Literaturverzeichnis D. Literaturverzeichnis Heusch, Andreas/ Schönenbroicher, Klaus, Kommentar zur Landesverfassung, 2. Auf- lage 2019 Internetquellen Bundesländer in Deutschland Baden-Württemberg http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG#FaecherGS (ab- gerufen am 1. Juli 2020) Bayern https://www.isb.bayern.de/schulartspezifisches/lehrplan/gymnasium/ (abgeru- fen am 1. Juli 2020) Berlin https://www.berlin.de/sen/bildung/unterricht/faecher-rahmenlehrplaene/rah- menlehrplaene/mdb-sen-bildung-schulorganisation-lehrplaene-sek2_recht.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020) Brandenburg https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/unterricht/rahmen- lehrplaene/gymnasiale_oberstufe/curri- cula/2018/RLP_GOST_Recht_BB_2018.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020) Bremen https://www.lis.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen56.c.15219.de (ab- gerufen am 1. Juli 2020) Hamburg https://www.hamburg.de/content- blob/2447694/aa62ad12f69b6a1e3ca3bed0d10f760d/data/recht-gyo.pdf (ab- gerufen am 1. Juli 2020) Hessen https://kultusministerium.hessen.de/schulsystem/bildungsstandards-kerncurri- cula-und-lehrplaene/kerncurricula/gymnasiale-oberstufe?page=1 (abgerufen am 1. Juli 2020) https://kultusministerium.hessen.de/sites/default/files/HKM/rechtskunde.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020) Nordrhein Westfalen https://www.justiz.nrw.de/BS/rechtskunde/allgemeine_informationen/index.php (abgerufen am 1. Juli 2020) https://www.schulentwicklung.nrw.de/lehrplaene/lehr- plan/190/KLP_GOSt_Recht.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020) 19
Literaturverzeichnis Rheinland-Pfalz https://lehrplaene.bildung-rp.de/ (abgerufen am 1. Juli 2020) https://berufsbildendeschule.bildung-rp.de/fileadmin/user_upload/bbs/berufs- bildendeschule.bildung-rp.de/Lehrplaene/Dokumente/lehr- plan_bbs_2004/lb/LB_Sozialkunde.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020) Saarland https://www.saarland.de/SharedDocs/Downloads/DE/mbk/Lehrplaene/Lehrpla- ene_berufliche_Schulen/Lehrplaene_FOS/Lehrplaene_FOS_Gesundheit_So- ziales/Lehrplan_Wirtschaft-Recht_FOS_GuS_1.8.15.pdf?__blob=publication- File&v=3 (abgerufen am 1. Juli 2020) Sachsen https://www.schule.sachsen.de/lpdb/web/downloads/1531_lp_gy_gemein- schaftskunde_rechtserziehung_wirtschaft_2013.pdf?v2 (abgerufen am 1. Juli 2020) Sachsen-Anhalt https://kleineanfragen.de/sachsen-anhalt/7/363-rechtskundeunterricht-an-den- schulen-in-sachsen-anhalt (abgerufen am 1. Juli 2020) Schleswig-Holstein https://lehrplan.lernnetz.de/index.php?wahl=5 (abgerufen am 1. Juli 2020) https://lehrplan.lernnetz.de/index.php?wahl=6 (abgerufen am 1. Juli 2020) Thüringen https://www.schulportal-thueringen.de/web/guest/lehrplaene/gymnasium (ab- gerufen am 1. Juli 2020) https://www.schulportal-thueringen.de/media/detail?tspi=2843 (abgerufen am 1. Juli 2020) 20
Literaturverzeichnis Internetquellen Europäische Länder Estland https://www.hm.ee/en/national-curricula-2014 (abgerufen am 1. Juli 2020) https://www.hm.ee/sites/default/files/est_upper_secondary_nat_cur_2014_ap- pendix_5_final.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020) https://www.hm.ee/sites/default/files/est_upper_secondary_nat_cur_2014_ap- pendix_10_final.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020) https://www.hm.ee/sites/default/files/est_upper_secondary_nat_cur_2014_ap- pendix_9_final.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020) https://www.hm.ee/sites/default/files/est_upper_secondary_nat_cur_2014_ap- pendix_14_final.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020) Frankreich http://www.education.gouv.fr/cid52692/les-enseignements-nouvelle-se- conde.html (abgerufen am 1. Juli 2020) Großbritannien https://www.bpb.de/veranstaltungen/netzwerke/nece/214156/citizenship-edu- cation-in-the-uk#Legal%20Environment (abgerufen am 1. Juli 2020) https://www.gov.uk/government/publications/national-curriculum-in-england- citizenship-programmes-of-study (abgerufen am 1. Juli 2020) Österreich https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Ge- setzesnummer=10008568 (abgerufen am 1. Juli 2020) http://docshare04.docshare.tips/files/29440/294402286.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020) Schweiz https://www.erz.be.ch/erz/de/index/mittelschule/mittelschule/gymnasium/lehr- plan_maturitaetsausbildung/lehrplan-2005.asse- tref/dam/documents/ERZ/MBA/de/AMS/ams_klm_wirtschaft_recht.pdf (abge- rufen am 1. Juli 2020) Ungarn http://doku.iab.de/ibv/2000/ibv4300_4417.pdf (abgerufen am 1. Juli 2020) https://www.researchgate.net/publication/280671238_Der_Nationale_Grund- lehrplan_in_Ungarn_Neue_Perspektiven_-_neue_Aufgaben (abgerufen am 1. Juli 2020) 21
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