Rechtspsychologische Tätigkeit bei der Niederländischen Polizei: Ein erster Erfahrungsbericht.
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1 3. Tag der Rechtspsychologie Rechtspsychologische Tätigkeit bei der Niederländischen Polizei: Ein erster Erfahrungsbericht. Dipl.-Psych. Jan Winter, M.Sc. Korps Landelijke Politiediensten Fakultät Psychologie Nationale Niederländische Polizei Freie Universität Brussel (VUB)
2 3. Tag der Rechtspsychologie Übersicht Werdegang Arbeitsplatz & Weiterbildung Tätigkeitsbereiche & Erfahrungen Fallanalyse – Ermittlungsunterstützung (GRA) Vernehmungsberatung Beurteilung von ‘schwerwiegenden’ Fällen des Sexualmissbrauchs (LEBZ) Risikoeinschätzung und Fallmanagement ‘fixierter’ Personen (PDM)
4 3. Tag der Rechtspsychologie Werdegang 2004 - Dipl. Klinische Psychologie (VUB, Brüssel) 2006 - M.Sc. Investigative Psychologie (The University of Liverpool) 2004 - Praktikum in der therapeutische Ambulanz für Sexualstraftäter (UFC, Antwerpen) 2003/2011 - Praktika beim Verhaltenswissenschaftlichen Dienst der Belgischen Föderalen Kriminalpolizei (Brüssel) Seit 2007 - Promotionsforschung über die Täter-Opfer Interaktion in Vergewaltigungen Seit 2006 - Lehr/Vorlesungstätigkeiten über Persönlichkeitsdiagnostik & Psychopathy
6 3. Tag der Rechtspsychologie Arbeitsplatz & Weiterbildung ‚Korps landelijke politiediensten‘, FI-D, ‚Gedragsanalyse‘ 8 ‚Gedragsdeskundige adivseurs‘: 7 Dipl. Psychologen, 3 mit zusätzlichem Jurastudium 1 Kriminalbeamter mit FBI Ausbildung Landesweiter Zuständigkeitsbereich Vielfältige Ermittlungsunterstützung, Schwerpunkte: Schwere Sexualverbrechen (Sexual-)Mord Brandstiftung Stalking Begutachtung von ‚schwerwiegenden‘ Sexualmissbrauch Bedrohungsbeurteilungen & Risikoprognosen im Rahmen der öffentlichen Sicherheit Lehrauftrag und Fortbildungen zu diversen Themen Stichworte ‚Schriftlich & Unabhängig‘
7 3. Tag der Rechtspsychologie Arbeitsplatz & Weiterbildung Einjähriger Zusatzkurs ‚Ermittlungspsychologie‘ (‚Recherchepsychologie‘) 5 Module analog zum Tätigkeitsbild 5 schriftliche Prüfungen & Endgespräch Intervisions- und Fortbildungsplicht Zwischenzeitige Bilanz: 27 schriftliche & mündliche Fallberatungen seit 01.01.2012 12 Risikoprognosen
8 3. Tag der Rechtspsychologie Tätigkeitsbereiche & Erfahrungen
9 3. Tag der Rechtspsychologie Fallanalyse – Ermittlungsunterstützung „Bei der (Operativen) Fallanalyse handelt es sich um ein kriminalistisches Werkzeug, welches das Fallverständnis bei Tötungs- und sexuellen Gewaltdelikten sowie anderen geeigneten Fällen von besonderer Bedeutung auf der Grundlage von objektiven Daten und von möglichst umfassender Informationen zum Opfer mit dem Ziel vertieft, ermittlungsunterstützende Hinweise zu erarbeiten.“ (Projektgruppe des Bundes und der Länder 201, S.14f.) Vorzug der Teamarbeit & Vorteil der Objektivität (Dern, 2011) Kernstück ist die Rekonstruktion des Tathergangs, Ziel Verhaltens- & Motivbewertung (Dern, 2011)
10 3. Tag der Rechtspsychologie Fallanalyse – Ermittlungsunterstützung Beispiele von Fallberatungen: Täterprofil und Ermittlungshinweise bei einer schweren Vergewaltigung mit Lebensgefahr in Gouda (Jan. 2012) Vergleichende Fallanalyse, geografische Fallanalyse und Ermittlungshinweise bei einer Serienvergewaltigung in Ostende (Feb-Okt. 2012) Vergleichende Fallanalyse, geografische Fallanalyse und Ermittlungshinweise bei einem Cold-Case in Eindhoven (Okt. 2012) Täterprofil und Ermittlungshinweise bei einer Serienbrandstiftung in Helmond (Nov. 2012) Wichtig: Er- und Aufklärung seltsamer Phänomene, Erfassung von abweichenden Mustern und Fallgestalten (Dern, 2011) Akkumulation von ‚Expertenwissen‘, kein stringent wissenschaftlicher Anspruch
11 3. Tag der Rechtspsychologie Vernehmungsberatung 3 mögliche Perspektiven (Eshof, 2012): Kommunikationsperspektiv (Verhältnis zwischen Vernehmungsbeamten und Verdächtigen, Live-Feedback) P-Perspektiven (Beratung aufgrund von Persönlichkeit, Pathologie, Psychische Störungen, Parafilieën) Lieber nicht ohne forensisch-diagnostische Basis Wahrheitsfindungsperspektiv (Erkennung von Risikos und ‚verletzlichen‘ Verdächtigen) Imaging, Shaping, Pseudo-Bekenntnis, Memory Distrust, Suggestion, Compliance Verhöraufbau, Planung und Begleitung vs. retrospektive Analyse Er-und Aufklärung bezüglich non-verbalen Verhaltens, dubioser Techniken wie NLP, etz.
12 3. Tag der Rechtspsychologie Beurteilung von ‘schwerwiegenden’ Fällen des Sexualmissbrauchs (LEBZ) Landelijke Expertisegroep Bijzondere Zedenzaken Leitung Mr. Drs. Paul van den Eshof Sachverständigen-Pool, fallspezifische Gruppenzusammenstellung: Universitäre Rechtspsychologen Klinische Psychologen Polizeiliche Sachbearbeiter für Sexualstraftaten KLPD Fallanalytiker Keine Beurteilung des Wahrheitsgehalts oder der Glaubwürdigkeit
13 3. Tag der Rechtspsychologie Beurteilung von ‘schwerwiegenden’ Fällen des Sexualmissbrauchs (LEBZ) Pflicht Indikatoren: ‚wiedergefundene‘ Erinnerungen Erinnerungen an Sexualmissbrauch vor dem 3. Lebensjahr Rituelle Misshandlungen Freiwillige Konsultation: Sexualmissbrauch bei/nach Scheidung Gruppenvergewaltigung mit unbekannten Tätern Misshandlung die 8 Jahre oder länger zurückliegt Ermittlungsempfehlungen (Disclosure Entwicklung; Fakten kontrollieren; erneute Vernehmung des Opfers; Ermittlungen abschließen)
14 3. Tag der Rechtspsychologie
15 3. Tag der Rechtspsychologie Risikoeinschätzung und Fallmanagement ‘fixierter’ Personen (PDM) Ziel: Erfassung und Behandlungszuführung von fixierten, risikovollen Individuen im ‚Rijksdomein‘ 60-80% Attentäter mit psychiatrischer Problematik ‚Fixierung‘ mit Vielzahl an Motiven Frustration und/oder Verwirrung Oftmals sichtbare Alarmsignale Oft kein strafbares Verhalten Stalking als Basis Phänomen
16 3. Tag der Rechtspsychologie Risikoeinschätzung und Fallmanagement ‘fixierter’ Personen (PDM) Pilot Dreigings Mangement Englischer ‚Fixated Threat Assessment Centre‘ Model als Vorbild Zusammenarbeit unterschiedlicher Dienste im ‚Blau- Weißen‘ Rahmen Früherkennung, oft Anmeldung durch Partnerdienste Informationsaustausch mit dem Gesundheitswesen (z.B. Psychiatrische Ambulanz) Intervention im Sinne des Risk-Need Prinzips (Andrews, Bonta & Hoge, 1990) Unterstützung des Personenschutz bei Nationalen Feiertagen Auch Textanalyse, Gefahrenanalyse
17 3. Tag der Rechtspsychologie Risikoeinschätzung und Fallmanagement ‘fixierter’ Personen (PDM) Stalking Risk Profile Faktoren abhängig vom ‚Typus‘ Beurteilung von 3-5 Risikogebieten: Fortwähren / Wiederholung Verstörungen* Eskalation* Gewalt Negative psychosoziale Folgen Personszentriertes Fallmanagement mit Fallkonferenzen
18 3. Tag der Rechtspsychologie Risikoeinschätzung und Fallmanagement ‘fixierter’ Personen (PDM) Training der Militärpolizei (Erkennen und Entschärfen) Training von Personenschützern Aufklärung und Training von Ministerialstäben und Parlamentariern Veränderung der ‚Betriebskultur‘ Entmystifizierung der Wissenschaft
19 3. Tag der Rechtspsychologie Risikoeinschätzung und Fallmanagement ‘fixierter’ Personen (PDM)
20 3. Tag der Rechtspsychologie Resümee Abwechslungsreiches Betätigungsfeld Vielschichtige Herausforderungen Gut gemeint ≠ Gut gemacht Verführerische Expertenstatus Daseinsberechtigung des Rechts-/Recherchepsychologen im Ermittlungsverfahren? Ja, wenn objektive Verhaltensbeurteilungen möglich sind Nein, wenn der Auftrag nicht mit dem eigenen Sachverstand und Fachwissen vereinbar ist Kritische Laus im Pelz? Ja, gerne.
21 3. Tag der Rechtspsychologie Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Fragen? Email: jan.winter@klpd.politie.nl
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