Resiliente Supply Chain - Der Schlüssel zu nachhaltigem Unternehmenserfolg - Oktober 2011 - goetzpartners

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Resiliente Supply Chain - Der Schlüssel zu nachhaltigem Unternehmenserfolg - Oktober 2011 - goetzpartners
Resiliente Supply Chain
Der Schlüssel zu nachhaltigem Unternehmenserfolg

Oktober 2011
Resiliente Supply Chain - Der Schlüssel zu nachhaltigem Unternehmenserfolg - Oktober 2011 - goetzpartners
Die Autoren                                        Inhalt
                                                   1. Vorwort                                      3
                     Marc Staudenmayer,
                     Managing Director             2. Management Summary                           4

                                                   3. Die Studie: Teilnehmer und Methodik          5

                                                   4. Der Begriff Resilienz                        6
                                                      4.1 Resilienz im Allgemeinen                 6
                                                      4.2 Resilienz für Supply Chains              7

                     Christophe Hudelmaier,        5. Faktoren für eine resiliente Supply Chain    8
                     Manager
                                                      5.1 Agilität                                 8
                                                      5.2 Redundanz                                11
                                                      5.3 Dezentralität                           14
                                                      5.4 Diversität                              16
                                                      5.5 Permanenter Lernprozess                 18

                                                   6. Ausblick                                    20

                                                   Abbildungsverzeichnis                          21
                                                   Über goetzpartners                             22

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern an der
Umfrage „Wie krisenfest ist Ihre Supply Chain?“.
Auf ihr basiert die vorliegende Studie.
Vorwort _ 3

1. Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,

bei goetzpartners beschäftigen wir uns seit fast 20 Jahren mit den The-
men Supply Chain Management, Einkauf, Logistik und Produktion. Ge-
rade in Krisensituationen haben wir immer wieder festgestellt, dass die
Supply Chains einiger unserer Kunden mit einer Notsituation besser zu-
rechtkamen als andere und damit einen Wettbewerbsvorteil verzeichnen
konnten.

Doch warum sind die Supply Chains erfolgreicher Unternehmen wider-
standsfähiger in Krisensituationen als die anderer Unternehmen? Die
Standardantwort „Risikomanagement“ ist unserer Erfahrung nach nicht
ausreichend, da sich Unternehmen im Risikomanagement fast aus-
schließlich mit bereits bekannten Risiken beschäftigen. Supply Chains
leiden aber vor allem unter vorher nicht identifizierbaren Krisensitua-
tionen.

Auf der Suche nach einer Antwort sind wir beim Thema Supply-Chain-
Resilienz fündig geworden, das wir mit der vorliegenden Studie näher
durchleuchten.

Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre.

Marc Staudenmayer
4 _ Resiliente Supply Chain

                                                                                                                     2. Management Summary

                                                                                                                     Nicht erst seit der Finanzkrise 2008 oder dem schweren Erdbeben in Japan
                                                                                                                     2010 müssen sich Unternehmen die Frage stellen, wie sie mit der Willkür-
                                                                                                                     lichkeit von Risiken und den daraus resultierenden Folgen für ihre Supply
                                                                                                                     Chain umgehen. Auch die Globalisierung der Wirtschaftswelt und weitere
                                                                                                                     externe Faktoren wie der sich beschleunigende Klimawandel oder eine
                                                                                                                     größere politische Instabilität haben zu einer höheren Unvorhersehbarkeit
                                                                                                                     und Häufigkeit von Krisensituationen geführt.

                                                                                                                     Die „Concentric Vulnerability Map“ von Yossi Sheffi legt dar, wie zahlreich und
                                                                                                                     mannigfaltig Einflüsse auf die Supply Chain sein können (siehe Abbildung 1).

                                                                                                                     Schwachstellen in der Supply Chain können eklatante Auswirkungen für
                                                                                                                     das gesamte Unternehmen nach sich ziehen. Zu den schlimmsten Effekten
                                                                                                                     zählen Lieferausfälle oder -verzögerungen, die verschobene Umsätze, Um-
                                                                                                                     satzeinbußen oder sogar den Verlust von Marktanteilen zur Folge haben.

                                                                                                                                                                                                     Darüber hinaus schmerzen die
     Abbildung 1: „Concentric Vulnerability Map“
                                                                                                                                                                                                     Unzufriedenheit der Kunden
                                                                                                                                                                                                     und die daraus resultieren-
     Financial                                                                                                                                                                          Strategic
     vulnerability                                                                      Credit default
                                                                                                             New or foreign
                                                                                                              competitors                                                            vulnerability   de schlechte Reputation. Das
                                                                                                                            Public boycott &
                                                                   Shareholder
                                                                    activism                                  Offensive
                                                                                                                             condemnation                                                            Vertrauen wiederzugewinnen
                                                                                                             advertising                  Negative media

                                             Interest Rate
                                                                                           Advers
                                                                                        changers in                      Timing of business
                                                                                                                                             coverage
                                                                                                                                                  Foreign market
                                                                                                                                                                                                     erfordert Ausdauer und Inves-
                                              fluctuations                                industry                       decisions & moves         protectionism
                                                                     Fuel prices        regulations
                                                                                                                 Corporate           Market share battles                                            titionen. Um einen Wettbe-
                                          Currency &                                                              culture
                                                                                                                                         Pricig & incentive wars
                                       foreignexchange
                                        ratefluctuations                               Liquidity/cash
                                                                                                                    Loss of intel.
                                                                                                                       property                     Attacs on brand loyalty
                                                                                                                                                                                                     werbsvorteil aus einer Krise zu
                        Financial                                  Asset valuation
                                                                                                                 Customer relations           Product-market alignment
                                                                                                                                                „gotta have products“
                                                                                                                                                                                                     ziehen und idealerweise sogar
                        markets                                                                               Supplier       Dealer
                                                                                                              relations    relations
                       instability
                                           Accounting/tax
                                                                                   Uncompetitive
                                                                                   cost structure
                                                                                                                                                  Program launch
                                                                                                                                              Customer demand
                                                                                                                                                                        Mergers & industry
                                                                                                                                                                           consolidation             gestärkt aus ihr hervorzuge-
                                            law changes                                                        Inadequate                   seasonality & variability
               Economic
               recession
                                                                     Revenue
                                                                    management
                                                                                                              mgmt. oversight
                                                                                                                                      Ineffective              Technology   decisions                hen, ist es daher notwendig,
                                                                                                                                       planning              Joint venture/alliance relations
                                    Averse changes
                                   in environmental
                                                                                     Debt & credit
                                                                                        rating
                                                                                                                   Ethic
                                                                                                                violations       Budget overruns or
                                                                                                                                                                    Perceived quality
                                                                                                                                                                                                     die unerwünschten Folgen für
                                      regulations                                                                               Unplanned expenses
                Currency
             inconvertibility
                                                                 Health care &
                                                                 pension costs
                                                                                                                          Union relations, labor
                                                                                                                            disagreements &
                                                                                                                                                               Product cevelopment process
                                                                                                                                                                                                     das eigene Unternehmen so
                                                                                                                                                            Product design & engineering
                                                                                                                           contract frustrations
             Asbestos exposure                                                                                                      HR risks – key skill shortage, personnel turnovers
                                                                                                                                                                                                     gering wie möglich zu halten.
                                           3rd party liability            Product liability
                                                                                                                        Harassment &                Vandalism             Warranty/product
              Mold exposure                                             General liability                               discrimination                                    recall campaigns
               Cargo losses                     Directors &                                                                         Loss of key           Arson
                                              officers liability               Property damage                Embezzlement                                                   Restriction of
               Geopolitical risks
                                                                        Bldg. or
                                                                                                                                    equipment            Kidnapping         access/egress            Um den abgebildeten und in
                                                                                               Loss of        Theft      Info. mgmt. problems        Extortion
                  Severe hot/                   Workers                equip. fire                                                                                      Dealer distribution
                 cold weather                 compensation
                                                                                              key facility
                                                                                                               Accounting or internal          Loss of key               network failures            ihrer Ausprägung unterschied-
                                                                       Boiler or machinery explosion              controls failures             personnel
                    Earthquake                                                                                                                                       Logistics provider
                     Flooding
                                                  Building collapse
                                                                                           Deductible
                                                                                                             Health &
                                                                                                               safety
                                                                                                                              IT system failures (hardware,
                                                                                                                                   software, LAN, WAN)
                                                                                                                                                                           failures                  lichen Einflüssen begegnen
                                                             Building subsidence             limits          violations                                        Logistics routeor mode
                         Terrorism/sabotage                                                                                          Computer virus/
                                                                 & sinkholes
                                                                                          Land, water,       Gov‘t inqiries
                                                                                                                                 denialof service attacs             disruptions                     zu können, reichen punktuell
                                Wildfire                                                                                                                       Service provider
                                                                   Lightning              atmospheric
                                  Disease/epidemic                  strikes                 pollution                        Workplace violence                    failures
                                                                                                                                                                                                     durchgeführte       Präventions-
                                      Tornados                             Wind damage                          Operator errors/           Tier 1, 2, 3, …n supplier
                                             Animal/insect infestation                            Tsunami         accidental
                                                                                                                   damage
                                                                                                                                          problems:financial trouble,
                                                                                                                                           quality„spills“, failure to
                                                                                                                                                                                                     maßnahmen nicht aus. Der
                                                        Blizzard/ice storms                                                                  delivermaterials, etc.
                                                       Hail damage
                                                                                     Volcano erupation
                                                                                                                      Loss of key
                                                                                                                       supplier          Supplier bus
                                                                                                                                                                                                     Mehrwert des Resilienzkon-
                                                                                                                                         interruption
     Hazard                                                             Hurricane/
                                                                                                                Utilities failures                                                    Operations     zepts liegt in der kombinierten
                                                                                                               communications,
     vulnerability                                                       typhoon          Heavy rain/          electricity, water,                                                   vulnerability
                                                                                        thunderstorms             power, etc.
                                                                                                                                                                                                     Anwendung heute bereits
                                                                                                                                                                                                     bekannter Managementme-
(goetzpartners, in Anlehnung an Sheffi, Yossi: The Resilient Supply Chain. Overcoming
Vulnerability For Competitive Advantage, The MIT Press Cambridge, Longon, 2007, S. 25)
2. Management Summary / 3. Die Studie: Teilnehmer und Methodik _ 5

thoden und -tools auf die Supply Chain, unabhängig davon, ob mögliche
Risiken vorher identifiziert wurden oder nicht. Eine resiliente Supply Chain        Abbildung 2: Umfrageteilnehmer: Branchen
muss in der Lage sein, auch unvorhergesehene Situationen abzufedern,
erst dadurch wird sie „überlebensfähig“.                                                                                5%
                                                                                                         23%                 9%

Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass ein Großteil der teilneh-
menden Unternehmen das Resilienzkonzept begrifflich nicht zuord-
nen kann, Teile davon allerdings unbewusst umgesetzt werden. Jedoch                                                               23%

müssen Krisenbewältigung und Widerstandsfähigkeit der Supply Chain
auf der Managementagenda stehen und ganzheitlich in Unternehmens-
entscheidungen und -prozesse einfließen. Dies gelingt anhand der fünf
Faktoren Agilität, Redundanz, Dezentralität, Diversität und Permanenter                                       45%
Lernprozess. So kann sich ein Unternehmen gegenwärtig und in Zukunft
gegen Krisen wappnen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil generieren.               Automobilindustrie                             (goetzpartners)
                                                                                    Chemie und Pharma
                                                                                    Elektro- und Elektronikindustrie
                                                                                    Maschinen- und Anlagenbau

3. Die Studie: Teilnehmer                                                           Sonstige

   und Methodik

In die vorliegende Studie sind die Ergebnisse zahlreicher Supply-Chain-
Management-Projekte mit eingeflossen, sowie eine umfassende Befra-
gung von Supply-Chain-Managern, Einkaufs- und Logistikleitern aus den
unterschiedlichsten Branchen im August 2011. Der Fokus lag hierbei auf der
Fragestellung, mit welchen Maßnahmen die Teilnehmer ihre Supply Chain
vor Störfaktoren schützen und sie stärken (siehe Abbildung 2).

Die gesamte Bandbreite der deutschen Wirtschaft wurde in puncto Um-
satz, Einkaufsvolumen und Mitarbeiter stichprobenartig abgebildet (siehe
Abbildung 3).

 Abbildung 3: Umfrageteilnehmer: Umsatz, Einkaufsvolumen, Mitarbeiter

     0 bis 50 Mio. EUR                      weniger als 50 Mio. EUR                                      Unter 250 MA

   50 bis 100 Mio. EUR                          50 bis 100 Mio. EUR                                   250 - 1.000 MA

  100 bis 500 Mio. EUR                        100 bis 250 Mio. EUR                                  1.000 - 3.000 MA

  250 bis 500 Mio. EUR                        250 bis 500 Mio. EUR                                  3.000 - 6.000 MA

     > 1.000 Mio. EUR                        500 bis 3.000 Mio. EUR                                   Über 6.000 MA

                                                  > 3.000 Mio. EUR

                                                                                                                                   (goetzpartners)
6 _ Resiliente Supply Chain

                              Die Umfrage basiert auf einem standardisierten Fragebogen mit insge-
                              samt 58 Fragen, der in die folgenden vier Bereiche unterteilt war:

                              1) Supply-Chain-Strategie: Im Rahmen dieses Teils wurden Fragestel-
                                 lungen zur Standortwahl – politisch wie geologisch – näher beleuchtet,
                                 ebenso wie die Themenbereiche Produktion, Lieferanten, Transport
                                 und Lagerung.

                              2) Supply-Chain-Organisation: Dieser Abschnitt beschäftigte sich mit der
                                 Struktur der Supply-Chain-Organisation und deren Organisationsein-
                                 heiten und Funktionen.

                              3) Supply-Chain-Prozesse: Dieser Bereich betrachtete die Prozesse und
                                 insbesondere den Informationsfluss über die gesamte Supply Chain
                                 hinweg – sowohl intern als auch mit externen Partnern.

                              4) Human Resources: Der vierte Teil der Befragung stellte die Unterneh-
                                 menskultur und dabei vor allem die Mitarbeiter der Supply Chain in
                                 den Fokus. Nach welchen Kriterien werden sie rekrutiert, welche Wei-
                                 terbildungsmaßnahmen und Trainings werden angeboten?

                              4. Der Begriff Resilienz
                              4.1 Resilienz im Allgemeinen

                              Der Begriff Resilienz leitet sich vom englischen „resilience“ = Elastizität,
                              Spannkraft ab und wird je nach Disziplin unterschiedlich interpretiert. Ur-
                              sprünglich stammt der Begriff aus der Physik und beschreibt die Toleranz
                              eines Systems gegenüber Störungen. So verändert beispielsweise ein Ball
                              durch Energieeinwirkung kurzfristig seine Form, kehrt danach aber wieder
                              zum Ausgangszustand zurück. Die maximale Kompression, bei der der Ball
                              noch nicht platzt, ist das Maß seiner Resilienz.

                              Bekannt wurde der Begriff durch die Psychologie, insbesondere durch
                              die Entwicklungspsychologie. In diesem Rahmen wird das Phänomen der
                              „Stehaufmännchen“ erläutert, d. h. Menschen, die trotz erschwerter Be-
                              dingungen in der Lage sind, Krisen durch Rückgriff auf persönliche und so-
                              zial vermittelte Ressourcen zu meistern.
4. Der Begriff Resilienz _ 7

4.2 Resilienz für Supply Chains                                                Abbildung 4: Resiliente Supply Chain: Bekanntheit des Themas
                                                                               und aktive Behandlung im Unternehmen
Der Begriff Resilienz als feststehender Termi-                                    Ist Ihnen das Thema Resilienz in Bezug   Wird das Thema Supply-Chain-Risiken
                                                                                  auf die Supply Chain bekannt?            in Ihrem Unternehmen aktiv behandelt?
nus war den meisten unserer befragten Unter-
nehmen nicht bekannt. So antworteten gerade
einmal 1/5, dass sie bereits einmal davon gehört                                                             22%
                                                                                                                                28%
hatten (siehe Abbildung 6). Dass das Thema
jedoch sehr wohl von Bedeutung ist, wird da-
durch deutlich, dass 72% der befragten Unter-
nehmen Supply-Chain-Risiken aktiv behandeln                                              78%                                                          72%
(siehe Abbildung 4).

                                                                                                                                                              Ja       Nein
Rice & Caniato1 sowie Sheffi & Rice2 definieren
                                                                                                                                                            (goetzpartners)
Resilienz als physische Fähigkeit eines Materials, nach einer Deformation
wieder in die Ursprungsform oder -position zurückzufinden. Diese Auslegung
lehnt sich stark an die vorher erwähnte physikalische Erklärung an.

Christopher & Peck gehen ein Stück weiter. Sie definieren Resilienz als
Fähigkeit eines Systems, in den Ursprungszustand oder darüber hinaus
in einen neuen, erstrebenswerteren Zustand nach einer Störung zurück-
zufinden.3 Resilienz heißt also, nach Rückschlägen durch unvorhersehbare
Ereignisse wie Naturkatastrophen oder Unfällen kurzfristig ohne Schaden
wieder zum Tagesgeschehen übergehen zu können, oder besser noch ge-
stärkt aus der Krise hervorzugehen, idealerweise mit Neuerungen und Ver-
besserungen.

Unsere Erfahrung zeigt, dass die letzte Begriffsbestimmung am umfas-
sendsten ist und der Unternehmensrealität am besten entspricht.

1) Siehe Rice, James B./Caniato, Frederico: Building a Secure and Resilient Supply Network. Supply Chain Management
   Review, Vol. 7, No. 5, 2003, S. 22–30, hier S. 24
2) Siehe Macdonald, John Russell: Supply chain disruption management: A conceptual framework and theoretical
   model, University of Maryland, College Park. Business and Management: Logistics, Business & Public Policy,
   ProQuest, 2008, S. 44
3) Siehe Christopher, Martin/Peck, Helen: Building the resilient supply chain, Cranfield School of Management,
   International Journal of Logistics Management, Vol. 15, No. 2, 2004, S. 1–13, hier S. 4
8 _ Resiliente Supply Chain

                                                                     5. Faktoren für eine
                                                                        resiliente Supply Chain
                                                                     Auf Basis unserer Projekterfahrung, der aktuellen Befragung sowie der Se-
                                                                     kundärliteratur haben wir fünf Fähigkeiten identifiziert, die eine resiliente
                                                                     Supply Chain prägen:

                                                                          Agilität
                                                                          Redundanz
                                                                          Dezentralität
                                                                          Diversität
                                                                          Permanenter Lernprozess

                                                                     Darauf aufbauend haben wir das „goetzpartners Supply-Chain-Resilienz-
                                                                     Modell“ entwickelt. Es unterteilt die fünf Fähigkeiten in 15 Faktoren, an-
                                                                     hand derer sich Handlungsfelder für eine nachhaltigere Supply Chain iden-
                                                                     tifizieren lassen (siehe Abbildung 5). Auf den folgenden Seiten werden die
                                                                     einzelnen Faktoren eingehend beleuchtet.

  Abbildung 5: goetzpartners Supply-Chain-Resilienz-Modell                                                                       5.1 Agilität

                                                                                                                                 Eine der wichtigsten Voraus-
                                                   Resilienz
                                                                                                                                 setzungen für die Resilienz einer
                                                                                                                                 Supply Chain ist ihre Agilität.

         Agilität             Redundanz          Dezentralität                   Diversität                Permanenter
                                                                                                           Lernprozess           Van Assen und Youssef definie-
                                                                                                                                 ren Agilität als schnelle und flexi-
        Einflussnahme                              Produktions-                                              Produktions-
         auf Kunden-
                               Redundanzen
                                Produktion          und Lager-
                                                                                   Diversity
                                                                                  Management                 anpassungs-         ble Reaktion auf äußere Einflüs-
           wünsche                                   standorte                                               management
                                                                                                                                 se. 4 Wenn die Supply Chain in der
                               Redundanzen         Lieferanten-                                               Task Force
                                                                                                                                 Lage ist, sich aktiv und flexibel an
          Frühwarn-
           systeme            Lager- & Distri-       struktur                     Gruppenarbeit              Management
                              butionslogistik                                                                                    die veränderten Bedingungen
                                                                                                                                 anzupassen, können Krisen be-
          Dual- und            Gleichteile-/
        Multisource im          Normteile-       Informationsfluss
                                                   und -systeme
                                                                                                              Fort- und
                                                                                                             Weiterbildung
                                                                                                                                 wältigt werden. 5 D. h. die „Über-
           Einkauf               strategie
                                                                                                                                 lebensfähigkeit“ (=Resilienz) der
                                Varianten-
                                                                                                                                 Supply Chain baut auf der Fähig-
                              bestimmungs-
                                  punkt                                                                                          keit des schnellen Kurswechsels
                                                                                                                                 (=Agilität) auf.
(goetzpartners)
                                                                     Im Falle der agilen Supply Chain wird nach einer Störung die Ausgangssi-
                                                                     tuation nicht unbedingt wieder erreicht. Sie nimmt die äußeren Einflüsse
                                                                     auf, reagiert unmittelbar auf die Störung und bleibt im Fluss. Als Beispiel

                                                                     4) Marcel F. van Assen, (2000) „Agile-based competence management: the relation between agile manufacturing
                                                                        and time-based competence management“, International Journal of Agile Management Systems, Vol. 2 Iss: 2,
                                                                        S.142–155 hier S. 142
                                                                     5) Youssef, Adel M.: Agile manufacturing; the battle ground for competition in the 1990s and beyond.
                                                                        International Journal of Operations Production Management, 1994, Issue 14, No. 11, S. 4–6, hier: S. 4
5. Faktoren für eine resiliente Supply Chain _ 9

kann der Wechsel eines Liefe-
                                       Abbildung 6: Agile und resiliente Supply Chains
ranten angeführt werden, der
den vorherigen ohne weitere           Supply-Chain-Niveau                                           Supply-Chain-Niveau
Auswirkungen auf Qualität und                                AGILITÄT                                                         RESILIENZ
Prozesse ersetzt (siehe Abbildung,                                                                                                                              Optimierter
                                                                                                                                                                Zustand

                                                            Krise
nach Husdal, www.husdal.com).                                                                                                                    Ursprungs-
                                                                                                                                                 zustand

                                                                                Krise
Im Falle der resilienten Supply
Chain wird dagegen nach einer
Störung die Ausgangssituation
aus eigener Kraft wieder erreicht,

                                                                        Krise

                                                                                                                                   Krise
z. B. nach einer Naturkatastrophe
(siehe Abbildung 6).                                                                    Zeit                                                                        Zeit

                                                                                                                              (goetzpartners, in Anlehnung an Husdal)
Einflussnahme auf Kundenwünsche
Die Wünsche des Kunden zu kennen steht für die Erreichung von Agilität
                                                                                               Abbildung 7: Einflussnahme auf Kundenwünsche
ganz oben. So geben alle Unternehmen an, regelmäßig auf Grundlage von
Kundenportfolioanalysen die Kundenwünsche und -zufriedenheit zu eva-                           Wie nehmen Sie auf die Wünsche der Kunden Einfluss?

luieren.                                                                                            94%

Um Änderungen in Bedarf und Nachfrage schnellstmöglich zu erfassen oder                                             61%
sogar steuern zu können, finden weitere Maßnahmen Anwendung: An ers-
                                                                                                                                   44%
ter Stelle stehen individualisierte Angebote, die auf den jeweiligen Kunden
                                                                                                                                                    28%
zugeschnitten werden. An zweiter und dritter Stelle folgen Bonus- und Ra-                                                                                           22%

battsysteme sowie Multi-Channel-Vertriebskonzepte. Auf den hinteren Plät-
zen folgen Social-Media-Aktivitäten und Kundenforen, wobei diese beiden
                                                                                               Individualisierte Bonus- und Multi-Channel- Social-Media- Kundenforen
Optionen als zukunftsträchtig angesehen werden (siehe Abbildung 7).                               Angebote       Rabattsystem Vertriebs-
                                                                                                                               konzept
                                                                                                                                            Aktivitäten

                                                                                                                                                               (goetzpartners)
Die genannten Konzepte sind zeit-, personal- sowie kostenintensiv, jedoch
sowohl vor als auch während einer Krise ausschlaggebend, um (Folge-)
Schäden ausgleichen und schnell auf sich verändernde Marksituationen                           Abbildung 8: Häufigkeit von Lieferausfällen
reagieren zu können.                                                                           Wie oft war Ihr Unternehmen in den vergangenen 12 Monaten für
                                                                                               mehr als einen Tag lieferunfähig, d. h. mehr als 24 Stunden nicht
                                                                                               in der Lage, Ihre Kunden zu beliefern?
Frühwarnsysteme
                                                                                                                                           6%
Wie bereits erwähnt, können Krisen verheerende Auswirkungen auf die
                                                                                                                                                 6%
Supply Chain nach sich ziehen. Insbesondere Lieferausfälle oder -verzöge-
rungen sind hier zu nennen, die zu Umsatzeinbußen oder dem Verlust von                                                                                    11%
Marktanteilen führen können.

                                                                                                           55%
Dass Lieferausfälle eine große Herausforderung für die Mitarbeiter des Sup-
ply-Chain-Managements, Einkaufs oder der Logistik darstellen, wurde auch                                                                               22%
durch die Teilnehmer der Umfrage bestätigt. So geben 45% der Unterneh-
men an, dass sie innerhalb des letzten Jahres mit Lieferausfällen zu kämpfen
hatten, 22% davon sogar mehr als fünfmal im Jahr (siehe Abbildung 8).
                                                                                               Kein einziges Mal      1-mal       2-mal         3- bis 5-mal     Öfter als 5 mal
                                                                                                                                                               (goetzpartners)
10 _ Resiliente Supply Chain

                                                                 Die Gründe für Lieferausfälle oder -verzögerungen sind unterschiedlichster
                                                                 Natur. Am häufigsten wurden zu geringe Lagerbestände und Produktions-
                                                                 kapazität, zu lange Durchlaufzeiten, technische Produktionsprobleme und
                                                                 geringe Komponentenverfügbarkeit aufgrund von unvorhergesehenen
                                                                 externen Einflüssen wie die Japan-Krise und Qualitätsprobleme beim Lie-
                                                                 feranten genannt.

                                                                                                            Um diesen Problemen zu be-
  Abbildung 9: Standardsituationen und Notfallpläne
                                                                                                            gegnen und agil reagieren zu
                                                                                                            können, sind daher Frühwarn-
     Logistik                                               Organisation und Human Resources
                                                                                                            systeme unerlässlich. So gab die
        Konsignationslager (mit Min.-/Max.-Steuerung)         Funktionierendes Risikomanagement/Krisen-
        Verteilte Distributionszentren                        und Eskalationsmanagement                     Hälfte der befragten Unterneh-
        Halb- und Pufferlager Europa (Überseelieferanten)     Rasche Reaktionsfähigkeit des Teams
                                                              Redundanz in Personal und Systemen            men an, Notfallpläne entwickelt
                                                                                                            zu haben. Diese sehen ein kon-
                                                                                                            zernweites Frühwarnsystem für
                                                                                                            Krisenfälle auf Basis eines konti-
     Einkauf                                                Bestandsmanagement                              nuierlichen Informationsflusses
        Lieferfristen bei den Lieferanten                     Regelmäßig aktualisierte Absatzplanung –      sowie Alternativpläne für Stan-
        Serienqualifizierte Zusatz-Lieferanten                Collaborative Planning
        Double Sourcing/strategisches Lieferanten-            Koordinierte Ein-/Auslaufplanung
                                                                                                            dardsituationen vor. Die Antwor-
        management                                            Gesteigerte Bevorratung/Materialbevorratung   ten lassen sich in die vier Katego-
                                                              Akzeptanz von Mehrkosten in Sonderfällen
                                                              durch Teillieferungen                         rien Logistik, Organisation und
                                                              Strategisches Bestandsmanagement
                                                              Vorausschauende Disposition                   Human Resources, Einkauf und
                                                                                                            Bestandsmanagement einteilen
                                                                                                            (siehe Abbildung 9).
(goetzpartners)

                                                                 Die weite Verteilung der Antworten über Maßnahmen, Handlungsfelder
                                                                 sowie Strategien hinweg liefert einen Hinweis darauf, dass das Thema Kri-
                                                                 senbewältigung punktuell, jedoch in den meisten Fällen nicht gesamtheit-
                                                                 lich angegangen wird.

                                                                 Erstaunlich ist, dass die Befragten Kennzahlen nicht als separates Thema
                                                                 zur Erkennung und Bekämpfung von Krisensituationen angeben, was den
                                                                 Erfahrungen aus unserer täglichen Projektarbeit widerspricht. Kennzahlen
                                                                 zur Messung der Effizienz von Prozessen und Organisation sind für den
                                                                 nachhaltigen Unternehmenserfolg unabdingbar.

                                                                 Mit Kennzahlen kann auf Grundlage eines IST-SOLL-Vergleichs die Errei-
                                                                 chung von gesetzten Zielen überprüft werden. Grundsätzlich sind diese im-
                                                                 mer unternehmensspezifisch zu entwickeln und anhand von Faktoren wie
                                                                 eindeutige Kennzahlendefinition, Akzeptanz durch die Nutzer, Nachvoll-
                                                                 ziehbarkeit, Verständlichkeit, Datenverfügbarkeit und -vergleichbarkeit.

                                                                 Neben der Messung der Zielerreichung stellen Kennzahlen darüber hinaus
                                                                 ein geeignetes Instrument dar, um schleichende negative Entwicklungen
                                                                 aufzuspüren und zeitnah auf diese reagieren zu können.
5. Faktoren für eine resiliente Supply Chain _ 11

Dual- oder Multi-Source im Einkauf
                                                                                Abbildung 10: Backup-Strategie für Single-
Um Agilität zu erreichen, ist es notwendig, sich von Single Sourcing zu         Source-Lieferanten
verabschieden. Dabei möchten wir zunächst den Unterschied zwischen              Wie sieht Ihre Backup-Strategie für Single-Source-Lieferanten aus?

Gleich-, Normteil- oder Plattformstrategien und Single-Source-Strategien
                                                                                                               6%          11%
herausstellen. Beide sind sowohl unabhängig als auch in Kombination
zu betrachten. Häufig führen Gleich-, Normteil- oder Plattformstrategien                          17%                                  6%
aber auch zu Single Source-Strategien, da die Versuchung, dadurch Kosten
zu optimieren, sehr groß und sofort berechenbar ist. Die Auswirkungen
dieser Kostendreduktion auf die Supply-Chain-Resilienz werden dabei oft
außer Acht gelassen.

Diese Problemstellung fließt in den meisten Fällen bei den befragten Un-
ternehmen in die Lieferantenstrategie ein. So geben 61% der Teilnehmer                                              61%

an, bei strategischen Materialien Zweitlieferanten identifiziert und qualifi-
                                                                                 Wir kennen unsere Single-Source-Lieferanten nicht
ziert zu haben. 17% haben dies für alle Materialien, jedoch nur 6% verwen-
                                                                                 Wir kennen unsere Single-Source-Lieferanten und haben von
den die Teile der Zweitlieferanten auch mindestens einmal im Jahr (siehe         allen Materialien eine entsprechende Bevorratung
                                                                                 Bei strategischen Materialien haben wir Zweitlieferanten
Abbildung 10).                                                                   identifiziert und qualifiziert
                                                                                 Bei allen Materialien haben wir Zweitlieferanten identifiziert
                                                                                 und qualifiziert
Dies liegt insbesondere daran, dass die meisten bisher noch nicht mit            Bei allen Materialien haben wir Zweitlieferanten identifiziert,
                                                                                 qualifiziert und verwenden ihre Teile mindestens einmal im Jahr
einem Lieferausfall ihres Single-Source-Lieferanten konfrontiert waren.
                                                                                                                                             (goetzpartners)
Durch Single Sourcing leidet die Supply Chain aber nicht nur unter Stö-
rungen im Logistikprozess. Weitaus größer sind die Auswirkungen im Falle
von Störungen, die erst nach Produktauslieferung durch fehlerhafte Zu-
liefererteile auftreten. Durch Single Sourcing wird die Wahrscheinlichkeit
von Störungen um ein Vielfaches erhöht. Wenn im schlimmsten Fall die
gesamte Produktion von fehlerhaften Teilen betroffen ist, kann dadurch
die bloße Existenz von Unternehmen bedroht sein.

5.2 Redundanz

Eine weitere Fähigkeit, die die Resilienz einer Supply Chain stärkt, ist Re-
dundanz. Das mehrfache Vorkommen von Informationen oder auch Ele-
menten führt zu einheitlichen, vergleichbaren und somit austauschbaren
Prozessen. Obwohl die Erzeugung von Redundanz die einfachste Methode
ist, um eine Supply Chain resilient zu machen, ist sie auch die kapitalinten-
sivste und steht im klaren Widerspruch zwischen dem, was heute als leis-
tungsfähiges, schlankes Produktionssystem angesehen wird. Daher sollte
als Entscheidungsgrundlage eine detaillierte Kosten-Nutzen-Rechnung
durchgeführt werden.

Redundanzen in der Produktion
Kern der Redundanz in der Produktion sind standardisierte Strukturen im
Produktionsverbund bzw. in der Produktion und insbesondere das Vorhal-
ten zusätzlicher Produktionskapazitäten. Das mehrfache Vorkommen von
Informationen oder auch Elementen führt zu einheitlichen, vergleichbaren
und somit austauschbaren Prozessen.
12 _ Resiliente Supply Chain

                                                                                                                         Die Hälfte der Befragten gab an, im Hinblick auf
   Abbildung 11: Redundanzen in der Produktion
                                                                                                                         Redundanzen in der Produktion einen Standard
       Existiert ein Standard (hinsichtlich Layout, Infrastruktur,   Wie viel Prozent Ihrer Werke wurden nach            für Layout, Infrastruktur, Produktionslinien
       Produktionslinien, Technik), welcher als Basis für Ihre       diesem Konzept gebaut?
       Werke weltweit dient?                                                                                             und Technik zu verfolgen, der als Basis für die
                                                                                                                         Werke weltweit dient. Bei über 80% werden
                                                                                                                         sogar über die Hälfte bis nahezu alle Werke
                                                                                             18%
                                                                                                                         nach einem Standard gebaut. Dies spart nicht
            39%
                                                                                                                         nur Kosten und Zeit, sondern ermöglicht im
                                                                     45%
                                                                                                                         Ernstfall auch ein Ausweichen auf andere Pro-
                                         61%
                                                                                                                         duktionsstandorte (siehe Abbildung 11).
                                                                                                36%

                                                                                                              Darüber hinaus ist es sinnvoll, zusätzliche Kapa-
                                                                                                              zitäten wie Produktionsanlagen, die im Falle ei-
  Ja      Nein                                                           Unter 60%   60% bis 80% 80% bis 100%
                                                                                                              ner Störung genutzt werden können, zu halten.
(goetzpartners)
                                                                                 Wesentliches Kriterium hierbei ist die Kenntnis der Produktionsengpässe.
                                                                                 Die Praxis zeigt, dass es möglich ist, mit teilweise geringen Investitionen
                                                                                 ausreichend Reserven zu schaffen und die Produktion am Laufen zu halten.

                                                                                 Ein Instrument zum Aufbau von Redundanz ist die Möglichkeit, wesent-
  Abbildung 12: Produktion von A-Produkten
                                                                                 liche Produkte, sogenannte A-Produkte, an verschiedenen Standorten pro-
  Wo werden Ihre A-Produkte produziert?                                          duzieren zu können. Dies ist jedoch nicht in allen Unternehmen möglich.
                                                                                 Immerhin 33% geben an, dass ihre A-Produkte einzig und allein einem Werk
                                                                                 zugeordnet sind. Bei 28% sind die Haupttechnologien oder die Hauptkom-
                                                                                 ponenten in anderen Werken vorhanden. Lediglich 39% geben an, dass
                                                          33%
                                                                                 ihr Unternehmen die A-Produkte in unterschiedlichen Werken produziert
                  39%
                                                                                 (siehe Abbildung 12).

                                                                                 Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Standardisierung der Organisation. So-
                                                                                 mit werden pro Einheit dieselben Positionen mit denselben Aufgaben und
                                                                                 Funktionen besetzt. Im Ernstfall steht dadurch nicht nur fachliches und
                                           28%
                                                                                 funktionales Know-how, sondern auch schnell verfügbares Wissen über
                                                                                 Strukturen und Prozesse zur Verfügung. Dieser Gedankengang wird auch
  Einzig in einem Werk                                                           bei den befragten Unternehmen verfolgt. So sind die Produktionsstand-
  Haupttechnologien und Hauptkomponenten
  sind in unterschiedlichen Werken vorhanden                                     orte entweder alle funktional oder nach Produktionslinien organisiert,
  A-Produkte werden in unterschiedlichen Werken produziert
                                                                                 oder aber sie besitzen eine Matrixorganisation, um die Vorteile der Dezen-
(goetzpartners)                                                                  tralisation mit der Koordination zu vereinigen.6 Nur in drei Fällen findet
                                                                                 eine Vermischung der Organisationsoptionen statt.

                                                                                 6) Bea, Franz Xaver/Haas, Jürgen: Strategisches Management, UTB, 2005, S. 408
5. Faktoren für eine resiliente Supply Chain _ 13

Redundanzen in der Lager- und Distributionslogistik
                                                                                                            Abbildung 13: Organisationsform der Lager
Wesentliche Stellgrößen in der Lager- und Distributionslogistik sind stan-
dardisierte Strukturen und das Vorhalten von Sicherheitsbeständen.                                          Welcher Organisationsform folgen Ihre Lager?

In Bezug auf die Organisationsform ändert sich das Bild im Vergleich zur
Produktion: So geben 50% der Unternehmen an, dass ihre Lagerstandorte
zu 100% nach Bereichen wie Kommissionierungszone, Kleinteillager etc.
organisiert sind. Der überwiegende Teil der zweiten Hälfte teilt sich zwi-                                              39%

schen der Organisation nach Bereichen und der Organisation nach End-                                                                                       50%
produkten auf. Lediglich 11% geben an, dass ihre Lager nach Endprodukten
organisiert sind (siehe Abbildung 13).

                                                                                                                                      11%
Neben der Organisationsform der Lager ist natürlich auch ihr Standort von
Interesse. Existiert ein Zentrallager, so ist im Störfall die gesamte Lieferfä-
higkeit in Gefahr. Daher ist eine Abwägung zwischen zentraler oder dezen-                                    Organisation nach Bereichen
                                                                                                             Organisation nach Endprodukten
traler Standortstruktur zu bedenken (siehe Punkt 5.3).
                                                                                                             Mix aus den beiden Organisationsformen

                                                                                                                                                            (goetzpartners)
Dennoch ist es von Belang, weitere Optionen im Blick zu behalten, um bei
Störfällen schnell reagieren und ausweichen zu können. Hierbei spielen
alternative Distributionskanäle eine wichtige Rolle. Zwei Drittel der Un-
ternehmen sind hier gut aufgestellt und kennen Ansprechpartner sowie
Firmen, die im Notfall einspringen könnten. Vom übrigen Drittel müssten
lediglich 5% von null beginnen, Firmen sowie Namen recherchieren und
Angebote einholen.

Gleichteile-/Normteilestrategie
Im Sinne der Redundanz ist eine Gleichteile- bzw. Normteilestrategie in
der Supply Chain ein wichtiges Thema. So wird die Entwicklungszeit enorm
verkürzt, die Anzahl der aktiven Materialnummern und dadurch die Kom-
plexität reduziert, wodurch erhebliche Kosten eingespart werden. Dieser
Hebel dient den Unternehmen dazu, „FuE-Kapazitäten weiter zu kompri-
mieren und Synergien zu nutzen“.7

Überwiegend wird diese Vorgehensweise aber nur bei neueren, aktiven
Produkten angewandt. Über Dreiviertel der Befragten geben jedoch an,
dass ältere, aber immer noch aktive Produkte unberücksichtigt bleiben.
Diese stellen aber häufig einen hohen Kostenblock dar, der sich durch die
Gleichteile- bzw. Normstrategie leicht reduzieren ließe.

7) Sauter, Ralf/Paul, Stefan: Forschung und Entwicklung zwischen Kostenschraube und Innovationsdruck, in:
   Gleich, Ronald (Hrsg.): Perspektiven des Innovationsmanagements, LIT Verlag, Münster, 2010, S. 144f
14 _ Resiliente Supply Chain

  Abbildung 14: Optimierung des Varianten-                                  Variantenbestimmungspunkt
  bestimmungspunktes                                                        Im Rahmen der Redundanz spielt auch der Variantenbestimmungspunkt
  Wie optimieren Sie Ihren Variantenbestimmungspunkt?                       eines Produktes eine gewichtige Rolle. Je früher die Produktvarianten grei-
                                                                            fen, desto höherer Aufwand muss betrieben werden. Je weiter der Vari-
                                                                            antenbestimmungspunkt also nach hinten verlegt wird, d. h. je näher er
                                                                            am Endprodukt bzw. -kunden ist, desto höher der Anteil an leichter verfüg-
                  33%
                                                        33%                 baren Standardkomponenten.

                                                                            Dass dies leichter gesagt als getan ist, zeigen die Zahlen der Umfrage. So
                                                                            geben immerhin 33% der Befragten an, dass sie den Variantenbestim-
                                                                            mungspunkt ihrer Produkte nicht kennen würden und dieser nicht be-
                                                  13%                       stimmbar wäre (siehe Abbildung 14). Von den restlichen 67% sagt ca. die
                            20%
                                                                            Hälfte aus, den Variantenbestimmungspunkt fortlaufend mit dem Ziel zu
                                                                            analysieren, ihn in Richtung des Endproduktes zu schieben. Die Entwick-
                                                                            lung von Standardprodukten sollte jedoch im Vordergrund stehen, da sie
  Der Variantenbestimmungspunkt ist nicht definierbar
  Wir kennen unseren Variantenbestimmungspunkt                              aufgrund der reduzierten Varianten leichter produzierbar und durch ihre
  Wir analysieren den Variantenbestimmungspunkt JEDES JAHR
  Wir analysieren den Variantenbestimmungspunkt FORTLAUFEND
                                                                            Austauschbarkeit leichter verfügbar sind.
(goetzpartners)
                                                                            5.3 Dezentralität

                                                                            Dezentralität ist Grundvoraussetzung für die Entkopplung von Steuerungs-
                                                                            prozessen sowie die Erhöhung der Autonomie und Innovationsfähigkeit.
                                                                            Sie beginnt mit der direkten Verantwortlichkeit jedes einzelnen Akteurs.

  Abbildung 15: Berücksichtigung geologischer                               Produktions- und Lagerstandorte
  und politischer Risiken bei der Standortwahl                              Zur Unternehmensstrategie zählt die Standortwahl. Die Entscheidung für
  Berücksichtigen Sie systematisch folgende Faktoren bei der Standortwahl   oder gegen einen Standort ist von vielen Faktoren abhängig und von enor-
  Ihrer Produktions- und Lagerstätten?
                                                                            mer Bedeutung, denn die Auswirkungen sind langfristig spürbar. Neben
                                        5%                                  den bekannten quantitativen und qualitativen Faktoren gewinnen zwei
                                                                            weitere im Zuge der Globalisierung an Bedeutung: die Frage nach geolo-
                                                                            gischer sowie politischer Sicherheit.
                                                        25%

                                                                            Boykotte, Kriegsausbrüche oder Naturkatastrophen: Diese externen Ein-
                                                                            flüsse auf die Supply Chain sind unberechenbar und stellen eine Bedrohung
                                                                            für das Unternehmen dar. Hier ist es notwendig, immer auf dem neuesten
                  70%
                                                                            Stand zu sein, sich mit Mitarbeitern, Lieferanten und dem gesamten Netz-
                                                                            werk auszutauschen und mögliche Gefahren ständig in die Überlegungen
                                                                            einfließen zu lassen.

  Geologisches Risiko
  Politisches Risiko
                                                                            So geben nahezu Dreiviertel der Teilnehmer an, dass bei der Standortwahl
  Geologisches und politisches Risiko                                       sowohl politische als auch geologische Faktoren berücksichtigt werden
(goetzpartners)                                                             (siehe Abbildung 15).

                                                                            Jedoch geben die übrigen 25% an, dass sie im Wesentlichen lediglich Wert
                                                                            auf die Vermeidung von politischen Risiken legen. Dass die geologischen
                                                                            Risiken weniger Beachtung finden, spiegelt sich auch in der Verteilung der
5. Faktoren für eine resiliente Supply Chain _ 15

Standorte wider. So besitzen 50% der Befragten mehr als eine Produktions-
und Lagerstätte in geologisch unsicherem Gelände, die anderen 50% mehr
als zehn. Die Frage nach dem politischen Risiko fließt bei nahezu allen Teil-
nehmern in die Standortwahl ein. Lediglich drei Unternehmen gaben an,
Gedanken an das politische Risiko zu vernachlässigen. Diese haben aber
auch nur sehr vereinzelt Produktions- oder Lagerstätten in einem politisch
unsicheren Gelände.

Neben den Produktionsstätten gilt es auch, ein Augenmerk auf die Läger
zu richten. Sind diese dezentral verteilt, aber dennoch redundant im Hin-
blick auf die gelagerten Produkte, ist im Ernstfall die Versorgung mit Kom-
ponenten und Endprodukten sichergestellt oder zumindest eingeschränkt
möglich.

Lieferantenstruktur
Darüber hinaus ist es zweckmäßig, eine globale Lieferantenstruktur zu er-      Abbildung 16: Lieferantenverteilungsstruktur
richten. Dies ist auch bei den befragten Unternehmen ein Thema und wird        Wie verteilen sich Ihre Lieferanten geografisch?
als solches umgesetzt. Lediglich 23% der Unternehmen gaben an, dass
mehr als 70% der Lieferanten in der Nähe, d. h. in einem halben Tag mit                                      6%

dem Lkw erreichbar seien. Die Lieferantenstruktur der weiteren teilneh-                                                           22%
                                                                                               17%
menden Betriebe ist räumlich verteilt. Bei einschneidenden Erlebnissen
wie einer Naturkatastrophe ist somit nicht die gesamte Produktionsver-
sorgung in Gefahr (siehe Abbildung 16).

                                                                                           17%
Informationsfluss und -systeme
Dezentralität findet sich auch in der Weitergabe von Information wieder.                                                           39%
In Bezug auf die Mitarbeiter der Supply Chain bezieht sich dieser Informa-
tionsfluss beispielsweise auf die Bestandshöhen in den einzelnen Lager-
                                                                               Weniger als 30% mit dem Lkw in 1/2 Tag erreichbar
stätten. So geben Dreiviertel der Teilnehmer an, dass die Informationen an
                                                                               Weniger als 50% mit dem Lkw in 1/2 Tag erreichbar
einer zentralen Stelle gebündelt werden, jedoch haben nahezu in allen Un-      Über 50% sind mit dem Lkw in 1/2 Tag erreichbar
                                                                               Über 70% sind mit dem Lkw in 1/2 Tag erreichbar
ternehmen sämtliche Mitarbeiter der Supply Chain Zugriff darauf. Nur bei       Über 90% sind mit dem Lkw in 1/2 Tag erreichbar
6% verwaltet und sichtet allein die Zentrale dieses Wissen. Um gegen Wi-                                                                 (goetzpartners)
derstände von außen gerüstet zu sein, ist es wichtig, Informationen nicht
an einem einzigen Ort zu bündeln.
                                                                               Abbildung 17: Informationsfluss und -systeme
Ein weiterer Schlüssel für eine schnelle Reaktion auf Krisensituationen
                                                                               Wie werden Ihre Mitarbeiter über die Unternehmensentwicklung informiert?
ist, Informationen über die Unternehmensentwicklung und aktuelle wirt-
                                                                                   Der Vorgesetzte informiert
schaftliche Veränderungen immer zeitnah an die Mitarbeiter weiterzuge-             regelmäßig über bereichs-                                  100%
                                                                                 übergreifende Entwicklungen
ben. Um den Informationsfluss nach innen zu gewährleisten, berichten bei
den befragten Unternehmen die Vorgesetzten regelmäßig über bereichs-              auf Betriebsversammlungen                                   100%

übergreifende Entwicklungen. Zudem werden die Ziele auf Betriebsver-
                                                                                     über ein Schwarzes Brett                           60%
sammlungen vermittelt. Mehr als die Hälfte der Unternehmen verfügen
                                                                                                  über eine
darüber hinaus über ein Schwarzes Brett und/oder eine Unternehmenszei-                  Unternehmenszeitung                             60%
tung. In geringem Maße findet auch das Intranet Anwendung, um Neuig-
                                                                                                      Intranet       15%
keiten und Wissenswertes über die einzelnen Abteilungen und Mitarbeiter
weiterzugeben (siehe Abbildung 17).
                                                                                                                                         (goetzpartners)
16 _ Resiliente Supply Chain

  Abbildung 18: Intensität der Lieferanten-                               Die Unternehmenskommunikation ist somit ein wesentlicher und fest
  beziehung                                                               installierter Teil der Unternehmenskultur. Die Weitergabe der Unterneh-
  Wie intensiv ist Ihre Lieferantenbeziehung (Mehrfachantwort möglich)?   menswerte und -ziele spiegelt sich auch in der Motivation der Mitarbei-
               Wir pflegen einen
                                                                          ter im Hinblick auf die Entscheidungsfindung wider. Sie sind sich dessen
                kontinuierlichen                                 95%      bewusst, dass ihre Entscheidungen Risiken bergen oder diese minimieren
          Informationsaustausch

    Es findet eine Kooperation in
                                                                          können.
             der Produktion statt                       50%

     Wir führen gemeinsam eine                                            Ebenso relevant ist der ständige Informationsfluss mit externen Netz-
    Logistik- und Lagerbestands-                     45%
               optimierung durch
                                                                          werkpartnern der Supply Chain, insbesondere mit den Lieferanten. Von
           Wir stimmen unsere
         Unternehmensstrategie                 28%                        der rein manuellen und bedarfsgesteuerten Bestellabwicklung als einziger
                 gemeinsam ab
                                                                          Schnittstelle (11%) ist die Mehrheit der Befragten abgekommen. Vielmehr
       Gemeinsam stimmen wir
      unsere IT-Landschaften ab            22%                            werden die Lieferanten in unterschiedlichste Prozesse integriert, wie in der
       Der Austausch beschränkt
                                                                          Produktion, aber auch in der gemeinsamen Logistik- und Lagerbestands-
   sich auf die bedarfsabhängige         11%                              optimierung. Über 20% der Teilnehmer gaben sogar an, dass sie gemein-
                     Beschaffung

                                                                          sam mit ihren Lieferanten die Unternehmensstrategie abstimmen (siehe
(goetzpartners)
                                                                          Abbildung 18).

  Abbildung 19: Informationsfluss bei                                      Ein kontinuierlicher und rascher Informationsfluss hin zum Erstlieferanten
  Bedarfsschwankungen                                                     über mengen- und zeitmäßige Veränderungen der Bedarfsschwankungen
  Wie lange benötigt der Informationsfluss, bis eine Endkundenbedarfs-    beim Endkunden ist Ausdruck sicherer Supply-Chain-Informationsflüsse.
  schwankung bei Ihren Erstzulieferern verarbeitet ist?
                                                                          Damit wird einem weiteren wichtigen Faktor im Krisenfall, dem sogenann-
                                    6%                                    ten Bullwhip-Effekt entgegengewirkt, d. h. großen Schwankungen in der
                                                                          Bestellmenge beim Hersteller trotz verhältnismäßig großer Beständigkeit
                                                                          in der Nachfrage von Kundenseite. Diese Denkweise spiegelt sich auch in
                                                                          den Ergebnissen unserer Umfrage wider. So geben 56% der Teilnehmer an,
                                                                          dass sie weniger als zwei Tage benötigen, bis diese Veränderungen um-
              39%
                                                         56%              gesetzt werden können, 39% sehen eine Zeitspanne zwischen 2 Tagen bis
                                                                          einer Woche als realistisch an und lediglich 6% gehen von einem Zeitraum
                                                                          von ein bis zwei Wochen aus (siehe Abbildung 19).

                                                                          Ein transparenter Informationsfluss ist für alle Beteiligten der Supply Chain
                                                                          von Vorteil – ob zu Mitarbeitern, Lieferanten oder anderen Unternehmens-
  < 2 Arbeitstage
                                                                          bereichen. Wenn das gesamte Netzwerk zusammenarbeitet, können Pro-
  2 Arbeitstage bin zu 1 Woche
  1 bis 2 Wochen                                                          zesse schnell hinterfragt, umgestellt und optimiert werden.
(goetzpartners)

                                                                          5.4 Diversität

                                                                          Diversity Management
                                                                          Der in den USA entwickelte Managementansatz Diversity Management
                                                                          findet seit den 90ern Eingang in europäische Unternehmen, v. a. durch
                                                                          internationale Großkonzerne mit amerikanischen Beteiligungen. In den
                                                                          ersten Zügen ging es um das Einhalten gesetzlicher Antidiskriminie-
                                                                          rungsvorgaben. Neu ist der Fokus auf den betriebswirtschaftlichen Vor-
                                                                          teil Vielfalt als Innovationspotenzial für die Arbeit und damit als Faktor
                                                                          für wirtschaftlichen Erfolg oder die Spiegelung der Kundenstruktur als
                                                                          Wettbewerbsvorteil. Diversität ist die Grundvoraussetzung für Kreativität,
5. Faktoren für eine resiliente Supply Chain _ 17

Wachsamkeit und Innovation. In Bezug auf die Supply Chain bezieht sich         Abbildung 20: Qualifizierte Bewerber im
dieser Gedanke zum einen intern auf das Einstellen und die Integration         Vergleich zu offenen Stellen
von „Querdenkern“ und das Fördern von interdisziplinären wie interkultu-       Können SIe alle Stellen mit qualifizierten Bewerbern besetzen?

rellen Vermischungen. Extern wird insbesondere das Lieferantenmanage-
ment angesprochen.                                                                                        11%

Dem Recruiting im Bereich Supply Chain kommt eine besondere Bedeu-
tung zu, da gerade hier die Mitarbeiter kontinuierlich mit Neuerungen
und Veränderungen auf dem Markt zu kämpfen haben. Der bereits in den                       28%
Medien oft diskutierte Fachkräftemangel ist auch bei unserem Teilneh-
merkreis ein wichtiges Thema. So geben 61% der Befragten an, dass sie zu                                                              61%

wenig qualifizierte Bewerber im Vergleich zur Anzahl der offenen Stellen
haben (siehe Abbildung 20).

Bei der Auswahl der Bewerber ist neben der fachlichen Qualifikation vor         Wir haben zu wenig qualifizierte Bewerber für die Anzahl offener Stellen
allem die Persönlichkeit des Mitarbeiters von Interesse. Dass bei der Aus-     Wir haben ca. genauso viele qualifizierte Bewerber
                                                                               Wir haben immer sehr viel mehr qualifizierte Bewerber als offene Stellen
wahl der potenziellen neuen Mitarbeiter auf den gezielten Aufbau von He-
                                                                                                                                          (goetzpartners)
terogenität im Unternehmen geachtet wird, manifestiert sich jedoch nicht
in der Unternehmensstruktur. So ist die Funktion eines Diversity-Manage-
ment-Verantwortlichen nur selten (ca. 25%) im Unternehmen etabliert.

Gruppenarbeit
Neben der Motivation und Qualifikation der Mitarbeiter spielt auch Grup-
penarbeit für eine effiziente und effektive Supply Chain eine essenzielle
Rolle. Um Spitzenleistungen zu erreichen, ist es notwendig, die Mitarbeiter
zu fördern, aber auch zu fordern. Hierbei existieren unterschiedlichste Kon-   Abbildung 21: Umsetzungsgrad von Gruppen-
zepte für Gruppenarbeit, wobei die folgenden Kriterien für eine gelungene      arbeit im Unternehmen
Teamleistung ausschlaggebend sind:                                             Wie hoch ist der Umsetzungsgrad von Gruppenarbeit in Ihrem
                                                                               Unternehmen?

   Die Unternehmens- und Teamziele werden von allen Mitgliedern                                              6%
   verstanden
                                                                                               17%
   Das Team ist offen, effizient und möchte sich kontinuierlich verbessern                                                           33%
   Die Mitglieder besitzen das notwendige Know-how
   Die Mitglieder kennen sich mit den Analysemethoden relevanter
   Daten aus
                                                                                            17%

Gruppenarbeit gehört heute zum Standard – dies wird auch in der Auswer-
tung der Umfrageergebnisse deutlich (siehe Abbildung 21).                                                             28%

Jedoch sieht es hinsichtlich der Übergabe von Verantwortung, d. h. der         Gruppenarbeit wurde eingeführt. Die Teams organisieren sich selbst
kompletten Autonomie für den Bereich Supply Chain Management anders            Die Teams erarbeiten Verbesserungsvorschläge und setzen diese um
                                                                               Die Teams setzen ihre erarbeiteten Verbesserungsvorschläge um und
aus. Immerhin 28% der Supply-Chain-Mitarbeiter innerhalb der befragten         verwalten ihr Budget selbst
                                                                               Unsere Mitarbeiter arbeiten autonom
Unternehmen erarbeiten selbstständig Verbesserungsvorschläge und set-          Die Mitarbeiter arbeiten in Teams, organisieren und qualifizieren sich selbst
zen diese dann auch autonom um. Weitere 17% verfügen darüber hinaus                                                                       (goetzpartners)
über die komplette Budgetverantwortung in ihrem Bereich.
18 _ Resiliente Supply Chain

  Abbildung 22: Prognosegenauigkeit in der                                 5.5 Permanenter Lernprozess
  Absatzplanung
  Wie hoch liegt die Prognosegenauigkeit Ihrer Absatzplanung?              Absatzplanung
                                                                           Eine weitere Grundvoraussetzung für Resilienz in oder nach einer Krise ist
                       17%                 11%                             die Fähigkeit, einen permanenten Lernprozess über wesentliche Umwelt-
                                                                           veränderungen, eigene Stärken und Schwächen sowie einen Mechanismus
                                                                           von Systemanpassungen zu etablieren. Der ständige Wandel der Umwelt
                                                                           ist so in das Unternehmenssystem zu integrieren, dass er nicht als Bedro-
                                                         28%               hung, sondern als Herausforderung, besser noch als Chance gesehen wird.
                                                                           Für die Supply Chain bedeutet das vor allem, Produktionskapazitäten opti-
                                                                           mal zu nutzen und Notfallszenarien systematisch vorbereiten zu können –
                  39%
                                                                           auf Basis einer zutreffenden Absatzplanung. In der vorliegenden Umfrage
                                               6%
                                                                           geben über 50% der Befragten eine Prognosegenauigkeit von über 80%,
                                                                           6% eine Genauigkeit über 70%, 28% über 60% und lediglich 11% über 50%
  Über 50%       Über 60%       Über 70%       Über 80%         Über 90%
                                                                           an. Weniger als 50% Prognosewahrscheinlichkeit wurde von keinem Teil-
(goetzpartners)
                                                                           nehmer genannt (siehe Abbildung 22).

  Abbildung 23: Krisenteams in Unternehmen
                                                                           Task Force Management
  Existiert in Ihrem Unternehmen ein auf Supply-Chain-Themen               Über 50% der Unternehmen geben an, in Notsituationen sofort eine Task
  spezialisiertes Team für Krisensituationen?
                                                                           Force zu gründen. Die Existenz eines solchen Teams zeigt, dass Risikoma-
                            11%                                            nagement und die Gefahren von Lieferausfällen als bedeutendes Thema
                                                                           innerhalb des Supply-Chain-Managements angesehen werden und die
                                                                           Unternehmen damit auch schon vielfach zu kämpfen hatten. 17% verfü-
                 17%
                                                                           gen sogar über eine eigene Risikomanagement-Abteilung und weitere 11%
                                                                           über eine Einheit für „Business Continuity Management“ (siehe Abbildung
                                                          56%              23). Um nachhaltige Auswirkungen auf Markt und Kunden zu vermeiden,
                                                                           ist die Entwicklung eines Business Continuity Management erforderlich,
                   17%                                                     um Strategien und Prozesse im Angesicht drohender Krisen ausarbeiten
                                                                           zu können.

  Wir bilden im Schadensfall eine Task Force                               Die Auswertung der Umfrage ergab darüber hinaus, dass die Leiter im Be-
  Ein bestehendes cross-funktionales Team wird von der
  Unternehmensführung aktiviert                                            reich Supply Chain Management, Einkauf und Logistik davon ausgehen,
  Wir haben eine SC-Risikomanagement-Abteilung
                                                                           dass eine sehr hohe emotionale Bindung zum Unternehmen eine höhere
  Wir haben eine „Business Continuity Management“-Abteilung
(goetzpartners)                                                            Supply-Chain-Resilienz bedingt (siehe Abbildung 24).

  Abbildung 24: Emotionale Bindung zum                                     Fort- und Weiterbildung
  Unternehmen
                                                                           Kontinuierliches Lernen bezieht sich natürlich nicht zuletzt auf den Ausbau
  Wie viel Prozent Ihrer Mitarbeiter haben eine sehr hohe emotionale
  Bindung zum Unternehmen?                                                 von fachlichem Know-how. Somit werden durch die berufliche Tätigkeit
                                                                           erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten ausgebaut und immer aktuell ge-
                                                                           halten. In 56% der befragten Unternehmen wird Weiterbildung als äußerst
                                                                           wichtiges Thema betrachtet. So sind die Vorgesetzten hier verpflichtet,
                                  35%
                                                                           ihre Mitarbeiter für regelmäßige Schulungen freizustellen. Auf der ande-
                                                25%                        ren Seite werden in 28% der Fälle keine Weiterbildungsmaßnahmen ver-
                     20%
                                                             15%           folgt (siehe Abbildung 25).
        5%
     unter 50%    50%-60%       60%-70%      80%-90%        über 90%

(goetzpartners)
5. Faktoren für eine resiliente Supply Chain _ 19

Durch interne Schulungen werden Erfahrungen innerhalb des Unterneh-
                                                                              Abbildung 25: Qualifikation von Mitarbeitern
mens und die interdisziplinär differenten Herangehensweisen ausge-
tauscht sowie durch externe Workshops und Seminare neue Konzepte              Wie qualifizieren Sie Ihre Mitarbeiter?

und Methoden erlernt. Dabei sind die Themen vielfältiger Natur: z. B. von
Bestandsmanagement mit SAP-Systemen, Einkaufscontrolling oder Kenn-
                                                                                                                                17%
zahlen über Lieferantenmanagement und -qualifikation bis hin zu Com-
pliance. Um nachhaltige Qualifizierung zu erzielen, sind unternehmens-,
aber auch bereichs- und mitarbeiterspezifische Trainings, Seminare und                     56%
Schulungen erforderlich.

                                                                                                                                    17%
Ein weiteres Instrument zur Personalentwicklung ist Job Rotation, d. h. der
systematische Arbeitsplatzwechsel für einen terminierten Zeitraum. Doch                                                     11%
der Arbeitsplatzwechsel gehört noch in den wenigsten Fällen zum Berufs-
alltag. Nur 12% der befragten Unternehmen geben an, dass bei ihnen Job
Rotation entweder für Führungskräfte oder für alle zur Pflicht gehört.         Weiterbildung folgt dem Prinzip learning by doing
                                                                              Der erforderliche Schulungsbedarf wird vom Vorgesetzten organisiert
                                                                              Regelmäßig angebotene Schulungen werden oft aus Zeitgründen
Die Vorteile liegen auf der Hand und sollten gerade im Hinblick auf den be-   nicht besucht
                                                                              Die Vorgesetzten sind verpflichtet, die Mitarbeiter für regelmäßige
reits bestehenden und sich noch zuspitzenden Fachkräftemangel Eingang         Schulungen freizustellen

in die Personalpolitik der Unternehmen finden:                                                                                            (goetzpartners)

   Steigerung der Flexibilität
   Erweiterung der eigenen Kompetenz
   Höhere Produktivität                                                       Abbildung 26: Job Rotation in Unternehmen
   Erhöhte Mitarbeitermotivation
                                                                              Wie werden Arbeitsplatzwechsel in Ihrem Unternehmen durchgeführt?
   Trainieren übergreifender Schlüsselqualifikationen
   Förderung bereichsübergreifenden Denkens und Handelns                                                      6%
                                                                                                     6%
                                                                                                                               22%
Der organisierte Arbeitsplatzwechsel führt darüber hinaus dazu, dass der
einzelne seine eigenen Prozesse und Vorgehensweisen reflektiert und
durch Anregungen aus der Job Rotation optimieren kann.                                                                                  6%

                                                                                                    61%

                                                                              Wer sich verändern will, muss sich selbst aktiv darum bemühen
                                                                              Im Mitarbeitergespräch wird jeder nach beruflichen Wünschen gefragt,
                                                                              jedoch bleibt dies meist ohne konkrete weitere Schritte
                                                                              Die Veränderungswünsche werden in weiteren Gesprächen konkretisiert
                                                                              Job Rotation ist Pflicht für ausgesuchte Führungskräfte
                                                                              Job Rotation ist Pflicht für alle
                                                                                                                                         (goetzpartners)
20 _ Resiliente Supply Chain

                               6. Ausblick

                               Zunächst möchten wir uns ausdrücklich bei allen Teilnehmern dieser ers-
                               ten Resilienzstudie für ihre Mitarbeit bedanken. Sie haben es uns durch
                               ihre Antworten ermöglicht, das goetzpartners Supply-Chain-Resilienz-
                               Modell in seiner heutigen Form zu entwickeln.

                               Supply-Chain-Resilienz bedeutet, Unternehmen einfacher durch diese
                               Krisen zu steuern und schnell wieder einen stabilen Zustand zu erreichen.
                               Resilienz beruht dabei auf fünf grundlegenden Fähigkeiten von Unterneh-
                               men: Agilität, Redundanz, Dezentralität, Diversität und permanenter Lern-
                               prozess, die wiederum auf 15 messbaren Faktoren aufbauen. Diese sind in
                               allen Ausprägungen in unserem Supply-Chain-Resilienz-Modell hinterlegt.
                               Durch den Supply-Chain-Resilienz-Index können wir Unternehmen so re-
                               gelmäßig untereinander vergleichen und auch zeitliche Fortschritte einzel-
                               ner Unternehmen feststellen. Dies werden wir in Zukunft durch die Durch-
                               führung eines jährlichen Resilienz-Barometers unterstützen.

                               Resilienz stellt ein sehr gutes Mittel dar, um herauszustellen, wodurch
                               Unternehmen Krisen besser meistern als andere und dadurch nachhal-
                               tiger wirtschaften. Denn hier existiert ein klares Spannungsfeld zwischen
                               kurz- und mittelfristigen Optima und Resilienz, wie wir bei Single-Source-
                               Situationen gesehen haben. Supply-Chain-Resilienz bietet daher allen
                               vorausschauend und nachhaltig agierenden Managern einen Blickwinkel
                               auf strategische Unternehmensentscheidungen, der weit über die gän-
                               gigen Kosten-Nutzen- oder Business-Case-/Return-on-Investment-Berech-
                               nungen hinausgeht.

                               Unsere langjährige Erfahrung hat gezeigt, dass das Resilienzkonzept ent-
                               weder unbekannt ist oder vollkommen unterschätzt wird. Dabei liegt es in
                               vielen Unternehmen in einem Teil der 15 Faktoren bereits vor. Was fehlt,
                               ist die systemische und gesamthafte Betrachtung und Umsetzung, um
                               darauf aufbauend die Supply Chain-Organisation und ihre Prozesse resis-
                               tenter gegen Störfälle zu machen.

                               Diese Vorgehensweise sehen wir als unsere Aufgabe an, um unserem An-
                               spruch „Creating Sustainable Value“ gerecht zu werden.
6. Ausblick/Abbildungsverzeichnis _ 21

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1  „Concentric Vulnerability Map“                           4
Abb. 2  Umfrageteilnehmer: Branchen                              5
Abb. 3  Umfrageteilnehmer:                                       5
        Umsatz, Einkaufsvolumen, Mitarbeiter
Abb. 4 Resiliente Supply Chain: Bekanntheit des                  7
        Themas und aktive Behandlung im Unternehmen
Abb. 5  goetzpartners Supply-Chain-Resilienz-Modell              8
Abb. 6 Agile und resiliente Supply Chains                        9
Abb. 7  Einflussnahme auf Kundenwünsche                           9
Abb. 8 Häufigkeit von Lieferausfällen                             9
Abb. 9 Standardsituationen und Notfallpläne                     10
Abb. 10 Backup-Strategie für Single-Source-Lieferanten           11
Abb. 11 Redundanzen in der Produktion                           12
Abb. 12 Produktion von A-Produkten                              12
Abb. 13 Organisationsform der Lager                             13
Abb. 14 Optimierung des Variantenbestimmungspunktes             14
Abb. 15 Berücksichtigung geologischer und politischer           14
        Risiken bei der Standortwahl
Abb. 16 Lieferantenverteilungsstruktur                          15
Abb. 17 Informationsfluss und -systeme                           15
Abb. 18 Intensität der Lieferantenbeziehung                     16
Abb. 19 Informationsfluss bei Bedarfsschwankungen                16
Abb. 20 Qualifizierte Bewerber im Vergleich zu offenen Stellen   17
Abb. 21 Umsetzungsgrad von Gruppenarbeit im Unternehmen         17
Abb. 22 Prognosegenauigkeit in der Absatzplanung                18
Abb. 23 Krisenteams in Unternehmen                              18
Abb. 24 Emotionale Bindung zum Unternehmen                      18
Abb. 25 Qualifikation von Mitarbeitern                           19
Abb. 26 Job Rotation in Unternehmen                             19
22 _ Resiliente Supply Chain

                               Über goetzpartners

                               goetzpartners ist ein führendes unabhängiges europäisches Beratungs-
                               unternehmen, das M&A-Beratung (Mergers & Acquisitions) und Manage-
                               ment Consulting unter einem Dach kombiniert. Mit diesem einzigartigen
                               Angebot berät goetzpartners Unternehmen entlang ihrer gesamten Wert-
                               schöpfungskette und schafft für sie nachhaltige Werte. Die Gruppe ist mit
                               Büros in München, Düsseldorf, Frankfurt, London, Madrid, Moskau, Paris,
                               Prag, Shanghai und Zürich sowie internationalen Kooperationen vertreten.
                               goetzpartners Management Consultants berät schwerpunktmäßig in den
                               Bereichen Strategie, Operational Excellence und Business Transformation.
                               Fokus von goetzpartners Corporate Finance ist die Beratung bei Unterneh-
                               menskäufen, -verkäufen und Fusionen.

                               goetzpartners ist „Hidden Champion“ 2009 in den Beratungssektoren Fu-
                               sions-/Kooperationsstrategien, Finanzierungs- und Mergerstrategien so-
                               wie Post-Merger-Integration (Resultat der „Hidden Champion“-Studie 2009
                               von Prof. Fink in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsmagazin Capital).

                               Service Line Supply Chain Management
                               goetzpartners berät internationale Konzerne und Mittelständler bei der
                               Optimierung ihrer Supply Chain. Unser goetzpartners Supply-Chain-Mo-
                               dell zeigt unseren Kunden klare und strukturierte Wege auf, Optimie-
                               rungspotenziale entlang des Produktlebenszyklus zu identifizieren und zu
                               heben. Das beginnt bei der Integration von Beschaffung und Logistik in die
                               Produktneuentwicklung und geht bis hin zur Optimierung der Einkaufs-
                               kosten oder des Working Capital. goetzpartners unterstützt seine Kunden
                               dabei, mit effizientem Supply Chain Management ihre Lieferkette nach-
                               haltig optimal zu gestalten.
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