Rote Listen Sachsen-Anhalt - Landesamt für ...

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Rote Listen Sachsen-Anhalt
Berichte des Landesamtes                            15    Fische und Rundmäuler
für Umweltschutz Sachsen-Anhalt                           (Pisces et Cyclostomata),
Halle, Heft 1/2020: 357–365                               unter Berücksichtigung der Wanderarten

Bearbeitet von Bernd Kammerad, Otfried Wüstemann,        ermittlungen der Fischfauna erbrachten in den letzten
Kamilla Kubaczynski und Uwe Zuppke                       15 Jahren einen enormen Erkenntniszuwachs, insbe-
(3. Fassung, Stand: August 2019)                         sondere auch bei vielen kleinen Fließgewässern und
                                                         Grabensystemen, die keiner fischereilichen Nutzung
Einführung                                               unterliegen. Sie offenbarten zugleich überraschende
                                                         Wechsel der Fischartenhäufigkeiten und sogar das
2004 erschien die zweite Rote Liste der Fische und       Verschwinden oder Neuvorkommen einzelner Arten in-
Rundmäuler des Landes Sachsen-Anhalt, die den            nerhalb relativ kurzer Zeiträume. Waren diese positiven
rasanten Wiederbesiedlungsprozess der Gewässer           Veränderungen nach der Wende hauptsächlich durch
nach einer über 100 Jahre andauernden Verschmut-         die Wassergüteverbesserungen bedingt, so beeinflus-
zungs- und Verödungsperiode dokumentierte. Trotz         sen die Überwinterungsbestände des Kormorans in
der enormen Wassergüteverbesserungen in der Nach-        einigen Fließgewässern das Artengefüge, obwohl die
wendezeit und zunehmender Fischbesiedlung zeigte         Anzahl der Kormorane im Binnenland seit 2008 nicht
sich, dass eine gute Wasserqualität allein nicht aus-    weiter ansteigt sondern rückläufig ist. Das hat speziell
reicht, um die ehemals vorhandene Fischartenvielfalt     in den Gewässern der Forellen-, Barben- und Äschen-
wieder entstehen zu lassen. Vor allem anspruchsvolle     region Folgen für die Wildfisch-Populationen (Zuppke
Flussfischarten und diadrome Wanderfische stellen        & Wüstemann 2013). Die durch das Verschwinden der
Lebensraumansprüche, die über eine gute Wasser-          größeren Fische entstehenden Besiedlungslücken wer-
qualität hinausgehen. Sie benötigen naturnahe,           den in der Folge durch einige wenige Kleinfischarten
unverbaute und frei passierbare Gewässersysteme, in      ausgefüllt, welche aufgrund ihrer geringen Größe oder
denen alle Entwicklungsstadien vom Ei bis zum ver-       versteckten, substratgebundenen Lebensweise für
mehrungsfähigen Alttier ausreichende Lebensbedin-        Fressfeinde, wie den Kormoran schlecht greifbar sind
gungen vorfinden. Da solche Gewässerlebensräume          (z. B. Groppe, Elritze, Schmerle, Steinbeißer, Bitterling,
nicht nur im dicht besiedelten Deutschland, son-         Dreistachliger Stichling). Diese Kleinfische besetzen die
dern in allen europäischen Ländern immer seltener        Lebensräume der stark dezimierten Arten neu und ent-
wurden, kennzeichnete das Jahr 2004 zugleich auch        wickeln durch das Fehlen der natürlichen Fressfeinde
den Beginn der Umsetzungsphase der Europäischen          und Nahrungskonkurrenten größere Populationen, da
Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Es handelt sich           konkurrenzschwache Kleinfischarten innerhalb intak-
hierbei um ein grenzübergreifendes Regelwerk, das        ter Fischpopulationen generell in geringen Prozentzah-
erstmals alle EU-Staaten verpflichtet, spätestens bis    len vorkommen (Kammerad 2015).
zum Jahr 2027 neben dem guten chemischen Zu-                  Die seit dem 01.01.2015 in Kraft getretene Kor-
stand auch den guten ökologischen Zustand bei allen      moranverordnung vom 15.September 2014 dient als
Fließgewässern über 10 km2 Einzugsgebiet und allen       Regelwerk zur Vergrämung des Kormorans und zum
Standgewässern über 50 ha Fläche herbeizuführen.         Schutz der natürlichen Fischfauna sowie Abwendung
Seitdem wurden von den Unterhaltungspflichtigen          erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden durch
der Gewässer bereits zahlreiche Vorhaben insbeson-       Kormorane. Zu diesem Zweck ist den dazu berech-
dere zur Verbesserung der ökologischen Durchgängig-      tigten Personen erlaubt Kormorane in bestimmten
keit umgesetzt (z. B. an der Mulde und der Holtemme      Bereichen zu bejagen und die Entstehung von neuen
im Harz).                                                Brutkolonien zu verhindern.
    Die meisten Gewässer in Sachsen-Anhalt sind
noch weit von der Erreichung eines guten ökologi-        Datengrundlagen und Bemerkungen zu ausge-
schen Zustandes/Potenzials entsprechend WRRL             wählten Arten
entfernt (Landesverwaltungsamt 2016). Nur 5 % der
Oberflächengewässer weisen bislang einen guten           Wie bereits erwähnt, beruhen die wesentlichsten Er-
ökologischen Zustand auf, 23 % einen mäßigen, 43 %       kenntnisse der letzten 15 Jahre auf den regelmäßig
einen unbefriedigenden und 26 % einen schlechten         durchgeführten Fischbestandsuntersuchungen des
Zustand (3 % unbewertet). Das zeigt, dass die zukünf-    Gewässerkundlichen Landesdienstes in insgesamt
tige Renaturierung ausgebauter Flüsse und Bäche          335 WRRL-relevanten Oberflächenwasserkörpern des
noch sehr viel höhere gesellschaftliche Anstrengun-      Landes Sachsen-Anhalt (ca. 100 befischte Oberflächen-
gen und finanzielle Mittel erfordert, als sie für die    wasserkörper pro Jahr). Dazu kommen Befischungs-
Reinhaltung der Gewässer in den letzten 2 ½ Jahr-        daten, die das Landesverwaltungsamt (obere Fischerei-
zehnten nötig waren.                                     behörde) im Rahmen der Genehmigungserteilung zur
    Die mit Inkrafttreten der WRRL in dreijährigem       Elektrofischerei für wissenschaftliche Untersuchungen,
Untersuchungsrhythmus vorgeschriebenen Bestands-         Hegemaßnahmen und Fischevakuierungen (z. B. vor

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Abb. 1: Die Bestände des Aals (Anguilla anguilla) werden entsprechend EU-Aalschutzverordnung und auf Grundlage des von der EU be-
stätigten Aalmanagementplans für die Flussgebietseinheit Elbe massiv durch Besatz gestützt (Foto: S. Ellermann). Abb. 2: Die Bestände der
Äsche (Thymallus thymallus) sind europaweit infolge starker, winterlicher Präsenz des Kormorans (Phalacrocorax carbo) an den Gewässern
zusammengebrochen (Foto: S. Ellermann).

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Abb. 3: Aufgrund höheren erreichbaren Alters und deutlich höherer Endgrößen ist die Anfälligkeit der Barbe (Barbus barbus) gegenüber Prä-
dation durch den Kormoran (Phalacrocorax carbo) geringer als bei der Äsche (Foto: S. ellerMann). Abb. 4: Die Vorkommen des Lachses (Salmo
salar) im Elbeeinzugsgebiet basieren derzeit noch ausschließlich auf Besatzmaßnahmen (Foto: W. FIEDLER).

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Abb. 5: Der Steinbeißer (Cobitis taenia) konnte aufgrund zunehmender Verbreitung aus der Roten Liste entlassen werden (Foto: S. Eller-
mann). Abb. 6: Adulte Bachneunaugen (Lampetra planeri) bei der Gestaltung des Laichplatzes (Foto: S. Ellermann).

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Baumaßnahmen in Gewässern) erfasst. Eine weitere                     wurden. Um die besondere Gefährdung der Wan-
Quelle sind Befischungsdaten des Landesamtes für                     derform der Forelle zu verdeutlichen, werden deren
Umweltschutz (LAU) zur Beurteilung der Erhaltungszu-                 ökologische Formen Bachforelle und Meerforelle in
stände bei den FFH-Fischarten. Alle diese Befischungen               der vorliegenden Roten Liste voneinander unterschie-
werden in der Regel mit modernen Gleichstrom-Elektro-                den. Nach Schreiber & Diefenbach (2004) sowie Kottelat
fischfanggeräten durchgeführt, die heute zur Standard-               & Freyhof (2007) handelt es sich bei Bachforelle und
ausrüstung bei ichthyofaunistischen Untersuchungen                   Meerforelle lediglich um verschiedene Lebensstrate-
gehören. Damit kann man grundsätzlich einen aus-                     gien ein und derselben Art Salmo trutta, der Atlanti-
reichenden Überblick über den Bestandszustand der                    schen Forelle. Hingewiesen werden muss auch auf die
meisten Fischarten gewinnen. Lediglich Arten mit                     umstrittene Systematik der Großen Maränen. Da eine
hoher Fluchtdistanz (z. B. Rapfen, Zander) oder extrem               exakte Artbestimmung der im Arendsee und einigen
selten vorkommende Arten werden mit der Elektro-                     Tagebaurestseen vereinzelt vorkommenden Großen
fischerei nicht zufriedenstellend erfasst und erfordern              Maränen bislang nicht erfolgen konnte, wird hier wie
ergänzende Untersuchungen mit Netzfanggeräten der                    bei Füllner et al. (2005) weiter die alte Gruppenbezeich-
Berufsfischerei. Da in Sachsen-Anhalt noch immer ein                 nung Coregonus lavaretus verwendet. Auch die frühe-
Berufsfischer mit Scherbretthamen auf der Elbe fischt,               ren Elbschnäpel sollen neuerdings keine C. oxyrhyn-
gelingen so verschiedentlich auch Fänge von seltenen                 chus sein, sondern C. maraena (Kottelat & Freyhof 2007).
Wanderfischen, die mit anderen Methoden meist nicht                  Hier bleibt abzuwarten, ob auch nach perspektivischer
erfasst werden (z. B. Meerneunaugen, Flussneunaugen,                 Untersuchung der Coregonus-Arten mit neuesten ge-
Meerforellen, Großmaränen, Flundern). Eine weitere,                  netischen Bestimmungsverfahren die Systematik nicht
allerdings sporadische Datenquelle für den Nachweis                  nochmals überarbeitet wird. Für Sachsen-Anhalt muss
seltener Fischarten stellen Funktionskontrollen mittels              festgestellt werden, dass der siebenjährige Besatz der
spezieller Fangreusen in neuerbauten Fischpässen dar.                Elbe mit Jungschnäpeln (Herkunftsbestand: Treene)
Nur auf diese Weise konnte z.B. bislang das Vorkommen                erfolglos war. Die wieder eingebürgerten Schnäpel
der Nase in der Saale im Land Sachsen-Anhalt nach-                   waren augenscheinlich nicht in der Lage, bei der Rück-
gewiesen werden. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass                 wanderung aus dem Meer die Fischpässe am Wehr
aufgrund der besonderen Lebensweise der Fische sowie                 Geesthacht zu überwinden. Zu dem seit einigen Jahren
aufgrund des enormen materiellen und personellen                     durchgeführten Besatz mit Jungfischen des Europäi-
Aufwandes Bestandserfassungen bei Fischen grund-                     schen Störs in Elbe und unterer Mulde kann bislang
sätzlich schwieriger durchführbar sind als bei anderen               ebenfalls keine Erfolgsprognose erfolgen. Lediglich die
Wirbeltiergruppen. Kenntnislücken zu Vorkommen und                   Wiedereinbürgerungsprojekte von Lachs und Meerfo-
Lebensweise einzelner Arten sind bei Fischen deutlich                relle im Nuthe- und Jeetzesystem weisen bescheidene
häufiger zu finden als etwa bei Vögeln oder Säugetieren.             Rückkehrerzahlen auf.
     Nach Freyhof (2009) wurden in deutschen Bin-
nengewässern ca. 106 Arten Fische und Rundmäuler                     Gefährdungsursachen und erforderliche
nachgewiesen, einschließlich 14 Neozoen. Eine exakte                 Schutzmaßnahmen
Zahlenangabe ist nicht möglich, da die taxonomi-
sche Zuordnung noch nicht abgeschlossen ist. In der                  Von den 50 Arten der potenziell natürlichen Fischfauna
vorliegenden Roten Liste des Landes Sachsen-Anhalt                   des Landes Sachsen-Anhalt mussten 26 Arten (52 %) in
erfolgte die Zuordnung der Arten (mit Ausnahme der                   die vorliegende Rote Liste aufgenommen werden. Vier
Großcoregonen) in Anlehnung an Kottelat & Freyhof                    Arten (8 %) sind ausgestorben oder müssen zumindest
(2007). Unter Berücksichtigung dieser Bedingungen                    als verschollen gelten. Sechs Arten (12 %) sind „Vom
umfasst die potenziell heimische Fauna der Fische und                Aussterben bedroht“, zwei Arten (4 %) „Stark gefähr-
Rundmäuler in Sachsen-Anhalt 50 Taxa (Kammerad et                    det“ und acht Arten (16 %) „Gefährdet“. Die Große
al. 2012). Dazu kommen noch neun Neozoen, die aus                    Maräne (Coregonus lavaretus) des Arendsees und der
Nordamerika und Asien eingeführt bzw. eingeschleppt                  Stromgründling (Romanogobio belingi) wurden der

Tab. 1: Übersicht zum Gefährdungsgrad der Fischfauna Sachsen-Anhalts, aufgegliedert nach Lebensraumtypen (Schiemer & Waidbacher 1992).

                                                       Gefährdungskategorie                           Rote Liste         Gesamt
                                           0           R        1         2               3
marinlimnische Arten                       3           3        3         -               -                9                11
Fließgewässerarten                         1           -        3         2               5               11                18
Stillgewässerarten                         -           -        -         -               3                3                12
eurytope Arten                             -           -        -         -               -                -                9
Artenzahl (absolut)                        4           3        6         2               8               23                50
Anteil an der Gesamtartenzahl (%)         8,0         6,0      12,0      4,0             16,0            46,0

                                                                                                                             361
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Tab. 2: Übersicht zur Einstufung in die sonstigen Kategorien der Roten Liste.

                                                              Kategorien                  Sonstige Gesamt          Gesamt
                                                     D            G              V
marinlimnische Arten                                 -            -              1                1                   11
Fließgewässerarten                                   1            -              -                1                   18
Stillgewässerarten                                   1            -              -                1                   12
eurytope Arten                                       -            -              -                -                    9
Artenzahl (absolut)                                  2                           1                3                   50
Anteil an der Gesamtartenzahl (%)                   4,0             -           2,0              6,0

Kategorie „D“ zugerechnet; die Wanderfische Flun-                        (Lota lota), der Maifisch (Alosa alosa), der Lachs (Salmo
der (Platichthys flesus), Meerneunauge (Petromyzon                       salar) und die Meerforelle (Salmo trutta).
marinus) und Stint (Osmerus eperlanus) der Kategorie                     Die meisten Rote-Liste-Arten, nämlich jeweils elf, gehö-
„R“. Flunder und Stint sind weit verbreitete Brackwas-                   ren der marinlimnischen Gilde (42,3 %) und der rheo-
serfische, die in geringer Zahl bzw. bei bestimmten                      philen Gilde (42,3 %) an. Vier Arten (15,4 %) bevorzugen
Wasserständen auch bis in die Mittelläufe großer                         Stillgewässer als Lebensraum und aus der eurytopen
Flüsse aufsteigen. Verbesserte Aufstiegsbedingungen                      Gilde sind überhaupt keine Vertreter in der vorliegen-
am Wehr Geesthacht ermöglichen diesen Arten wieder                       den Roten Liste mehr enthalten. Die hohe Zahl der
ein Vordringen bis in die Mittelelbe hinein. Das Meer-                   gefährdeten Fließgewässerarten und der Langdistanz-
neunauge war auch früher nur selten im Mittelelbege-                     wanderer zeigt, dass der Schwerpunkt der Gefährdun-
biet anzutreffen, weshalb die Zuordnung zur Kategorie                    gen nach wie vor bei solchen Arten liegt, die unverbaute
„R“ gerechtfertigt ist. Der Aal (Anguilla anguilla) wurde                Flusssysteme und saubere, nicht kolmatierte Kiesbänke
in die Vorwarnliste aufgenommen. Zwar fangen die                         zur Fortpflanzung benötigen. Arten mit unspezialisier-
Berufs- und Angelfischer noch ca. 10 t/a; aber der                       ten Habitatansprüchen sind dagegen deutlich geringer
Bestand wird in Umsetzung der EG-Aalverordnung                           gefährdet. Die wichtigsten Gefährdungsursachen für
mit umfangreichen Besatzmaßnahmen gestützt. Im                           die Fischfauna der Binnengewässer in Sachsen-Anhalt
Vergleich zur Roten Liste 2004 hat sich die Zahl der ge-                 sind nach Kammerad & Wüstemann (2016):
fährdeten Arten um sechs verringert. So wurden neben
den fischereilich nutzbaren Arten Wels (Silurus glanis),                 − Gewässerunterhaltungsmaßnahmen und bauliche
Bachforelle (Salmo trutta) und Kleine Maräne (Corego-                      Eingriffe in Fließgewässern,
nus albula) die drei Kleinfischarten Steinbeißer (Cobitis                − Anthropogene Stoffeinträge (Nährstoff- und Schad-
taenia), Elritze (Phoxinus phoxinus) und Bitterling (Rho-                  stoffeinträge aus Landwirtschaft und Industrie)
deus amarus) aus der Roten Liste entlassen.                              − Prädation (Kormoran),
      Genetische Untersuchungen an Steinbeißerpopu-                      − Wasserkraftnutzung,
lationen haben ergeben, dass neben Cobitis taenia                        − Kolmatierung der Gewässersohle in Fließgewässern
auch ein Hybride zwischen C. taenia und C. elongatoi-
des (Donausteinbeißer) in Sachsen-Anhalt vorkommt.                       Die Bestimmungen der WRRL zwingen die Unter-
      Aufgrund stabiler Bestände der Bachforelle                         haltungspflichtigen zu einer weiteren Verbesserung
(Salmo trutta) im Bereich des Harzes und Harzvor-                        sowohl des chemischen als auch des ökologischen
landes, wurde die Art aus der Roten Liste entlassen.                     Zustandes der Gewässer. Nichtsdestotrotz fehlen,
Punktuell konnten jedoch gleichzeitig Defizite der                       insbesondere im landwirtschaftlich geprägten Raum,
Art in den Flachlandbächen der Dübener Heide und                         Schonstreifen zur Rückhaltung bzw. Minimierung von
des Flämings verzeichnet werden. Ein Grund für den                       Nährstoff-, Schadstoff- und Feinsedimenteinträgen in
Bestandsrückgang der Bachforelle in diesem Bach-                         die Gewässer bei steigenden Pestizid- und Düngemit-
system liegt höchstwahrscheinlich in der verstärkten                     telkonzentrationen. Auch das derzeit noch bestehen-
Präsenz des Bibers begründet, der durch seine zahlrei-                   de Problem der Fischverluste an Wasserkraftanlagen
chen Dammbauten die natürliche Gewässerdynamik                           lässt sich nicht vollständig beseitigen, sondern allen-
verändert, so dass potentielle Bachforellenlaichplätze                   falls durch bereits erprobte praxistaugliche Lösungen
verlorengegangen sind (Zuppke 2004).                                     auf ein verträgliches Maß reduzieren. Eine weitere
      Drei Fischarten mussten in der Gefährdung höher                    Gefährdungsursache für die Fischfauna sind die in
eingestuft werden: Zope (Ballerus ballerus), Äsche (Thy-                 den letzten Jahren gehäuft auftretenden extremen
mallus thymallus) und Zährte (Vimba vimba). In der                       Wettersituationen, wie lang anhaltende Wärme- und
Gefährdung heruntergestuft wurden u. a. der Rapfen                       Trockenperioden, oder sommerliche Hochwasserer-
(Aspius aspius), die Groppe (Cottus gobio), der Aal (An-                 eignisse, die insbesondere in kleinen Fließgewässern
guilla anguilla), das Flussneunauge (Lampetra fluviati-                  und Auegewässern Einfluss auf den Fischbestand und
lis), das Bachneunauge (Lampetra planeri), die Quappe                    die Fischartenzusammensetzung haben können. Das

   362
Fische und Rundmäuler

Tab. 3: Änderungen in der Anzahl der Einstufungen in die Gefährdungskategorien im Vergleich der Roten Listen der Fischfauna Sachsen-An-
halts aus den Jahren 2004 und 2020.

                                                               Rote Liste 2004                          Rote Liste 2020
Gefährdungskategorie
                                                                   (AZ = 50)                                (AZ = 50)
                                                         (absolut)           (%)                  (absolut)             (%)
0 – Ausgestorben oder verschollen                            8               16,0                     4                 8,0
R – Extrem seltene Arten mit geographischer
                                                             2                  4,0                    3                   6,0
    Restriktion
1 – Vom Aussterben bedroht                                   3                   6,0                  6                    12,0
2 – Stark gefährdet                                          12                 24,0                   2                    4,0
3 – Gefährdet                                                5                  10,0                  8                    16,0
Gesamt                                                       30                 60,0                  23                   46,0

unüberlegte Entfernen von uferbegleitenden schat-                      verbesserten Passierbarkeit des einzigen deutschen
tenspendenden Großbäumen kann in solchen Wär-                          Elbwehres bei Geesthacht.
me- und Trockenperioden, wie zum Beispiel im Jahr                      Erst nachträglich bekannt geworden ist der Fang von
2018, die Austrocknung bzw. übermäßige Erwärmung                       zwei Maifischen durch einen Berufsfischer in der
der Gewässer fördern und zum Absterben der Fisch-                      Havel bei Quitzöbel 2001 sowie im Bereich der Ein-
population führen.                                                     mündung des Schleusenkanals Havelberg in die Elbe
                                                                       1996. Da dieser Berufsfischer Mitglied einer branden-
Vergleich zur Roten Listen 2004 (Analyse)                              burgischen Fischereischutzgenossenschaft war, sind
                                                                       die Belegexemplare in ein brandenburgisches Mu-
Gegenüber der vorigen Roten Liste (Kammerad et al.                     seum gelangt. Hierbei handelt es sich vermutlich um
2004) haben sich einige bemerkenswerte Verän-                          Irrläufer aus anderen europäischen Beständen. Die
derungen ergeben. So wurde der erst 1998 in der                        Zahl der nachgewiesenen Neozoen hat sich ebenfalls
Stromelbe in Sachsen-Anhalt nachgewiesene Weiß-                        weiter erhöht. So konnte mit der Schwarzmund-
flossige Gründling (Nellen et al. 1999) nunmehr als                    grundel (Neogobius melanostomus) eine weitere hoch
Stromgründling (Romanogobio belingi) neu bestimmt                      invasive gebietsfremde Art in der Elbe und im Bereich
(Füllner et al. 2005). Von drei Arten, die noch 2004                   des Wasserstraßenkreuzes Magdeburg festgestellt
als verschollen bzw. ausgerottet galten, gibt es in-                   werden. Die Schwarzmundgrundel stammt ursprüng-
zwischen vereinzelte Nachweise. Dabei wurden die                       lich aus den südosteuropäischen Brackwasserge-
Wanderfischarten Meerforelle, Lachs und Maifisch                       bieten des Schwarzen und Asowschen Meeres und
von Berufsfischern in Elbe bzw. Havel gefangen. Hier-                  wurde mit dem Ballastwasser von Frachtschiffen in
bei handelt es sich meist um Durchzügler, die Sach-                    verschiedene schiffbare Flusssysteme Mitteleuropas
sen-Anhalt auf dem Weg zu ihren Laich- oder Fressge-                   und Nordamerikas eingeschleppt. Der Erstnachweis
bieten durchwandern. Alle diadromen Wanderfische                       in Sachsen-Anhalt erfolgte am 12. Mai 2016 durch
(u.a. Stint, Flunder) profitieren maßgeblich von der                   einen Berufsfischer aus Hohengöhren.

Art (lat.)                                                          Art (deutsch)          Kat.                    Bem.
Acipenser sturio Linnaeus, 1758                                   Europäischer Stör         0           § EG A, FFH II/IV, BK, BO
Alburnoides bipunctatus (Bloch, 1782)                                 Schneider             0              h V in ST unklar, BK
Alosa alosa (Linnaeus, 1758)                                           Maifisch             1         2 Zufallsfunde, FFH II/V, BK
Alosa fallax (Lacepede, 1803)                                           Finte               0                  FFH II/V, BK
Anguilla anguilla (Linnaeus, 1758)                                        Aal               V            besatzgestützt, § EG B
Aspius aspius (Linnaeus, 1758)                                         Rapfen               3                  FFH II/V, BK
Ballerus ballerus (Linnaeus, 1758)                                       Zope               2           deutliche Abnahme, BK
Barbus barbus (Linnaeus, 1758)                                          Barbe               2         a P in der Helme vAb, FFH V
Carassius carassius (Linnaeus, 1758)                                  Karausche             3
Chondrostoma nasus (Linnaeus, 1758)                                     Nase                1                h V in ST unklar, BK
Coregonus lavaretus (Linnaeus, 1758)                               Große Maräne             D              nur Arendsee, FFH V, BK
Coregonus oxyrinchus (Linnaeus, 1758)                             Nordseeschnäpel           0                  §, FFH II*/IV, BK
Cottus gobio Linnaeus, 1758                                            Groppe               3                       FFH II
Lampetra fluviatilis (Linnaeus, 1758)                              Flussneunauge            3                 § BA, FFH II/V, BK
Lampetra planeri (Bloch, 1784)                                     Bachneunauge             3                  § BA, FFH II, BK
Leucaspius delineatus (Heckel, 1843)                               Moderlieschen            3                         BK

                                                                                                                                 363
Fische und Rundmäuler

Art (lat.)                                                      Art (deutsch)        Kat.                   Bem.
Lota lota (Linnaeus, 1758)                                         Quappe             3
Misgurnus fossilis (Linnaeus, 1758)                           Schlammpeitzger         3                   FFH II, BK
Osmerus eperlanus (Linnaeus, 1758)                                   Stint            R               h V in ST unklar
Petromyzon marinus Linnaeus, 1758                              Meerneunauge           R      Einzel-N in der Elbe, § BA, FFH II, BK
Platichthys flesus (Linnaeus, 1758)                                Flunder            R             Einzel-N in der Elbe
Romanogobio belingi (Slastenenko, 1934)                        Stromgründling         D                     FFH II
Salmo salar Linnaeus, 1758                                          Lachs             1        besatzgestützt, FFH II/V, BK
Salmo trutta Linnaeus, 1758 (anadrome Wanderform)                Meerforelle          1                besatzgestützt
Thymallus thymallus (Linnaeus, 1758)                                Äsche             1         starke Abnahme, FFH V, BK
Vimba vimba (Linnaeus, 1758)                                       Zährte             1             starke Abnahme, BK

Nomenklatur nach Kottelat & Freyhof (2007).

Abkürzungen und Erläuterungen:                                    WRRL –   EG-Wasserrahmenrichtlinie
                                                                  BA   –   Bundesartenschutzverordnung
§      – Gesetzlicher Schutz nach § 7 (2) Nr. 13 u. 14 Bun-
                                                                  BK   –   Berner Konvention; BK (fett) streng geschützte Art
         desnaturschutzgesetz bezüglich Anhang A und B
                                                                  BO –     Bonner Konvention (1982)
         der EG-VO Nr. 338/97, FFH-Richtlinie Anhang IV,
                                                                  ST   –   Sachsen-Anhalt
         Vogelschutz-Richtlinie (Europäische Vogelarten)
                                                                  a    –   authochthon
         und Bundesartenschutzverordnung Anlage 1: § –
                                                                  h    –   historisch
         besonders geschützte Art: EG-VO Anhang A und B
                                                                  V    –   Verbreitung
         (EG A, EG B), FFH Anhang IV, Europäische Vogelar-
                                                                  N    –   Nachweis(e)
         ten (VR) und BA Anlage 1; § – (fett) streng ge-
                                                                  P    –   Population
         schützte Art: EG-VO Anhang A (EG A), FFH Anhang
                                                                  vAb –    vom Aussterben bedroht
         IV und BA Anlage 1, Kreuz in Spalte 3
FFH    – FFH-Richtlinie 92/43/EWG der EU: FFH II – Art im
         Anhang II aufgeführt, * – Prioritäre Art, FFH IV – Art
         im Anhang IV aufgeführt, FFH V – Art im Anhang V
         aufgeführt

Literatur:
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    Pilze Deutschlands – Band 1: Wirbeltiere. – Natur-            Kottelat, M. & J. Freyhof (2007): Handbook of European
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    291–316.                                                         and Freyhof, Berlin, 646 S.
Füllner, G., Pfeifer, M. & A. Zarske (2005): Atlas der            Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt (2016): Gewäs-
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    Landwirtschaft (Dresden), 351 S.                                 2016–2021, 18 S.
Kammerad, B. (2015): Zum Einfluss des Kormorans auf               Nellen, W., Thiel, R. & R. Ginter (1999): Ökologische
    Fischbestände und zur Notwendigkeit von Kor-                     Zusammenhänge zwischen Fischgemeinschafts-
    moranabwehr- und Vergrämungsmaßnahmen für                        und Lebensraumstrukturen der Elbe (ELFI) – Sach-
    den Erhalt biotoptypischer Fischpopulationen in                  standsbericht 01.03.1997-31.01.1999. – Universi-
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Fische und Rundmäuler

Zuppke, U. (2004): Folgen einer Biberbesiedlung für die   Handlungsempfehlungen zu praxisbezogenen
   Fischfauna des Fliehtbaches/Dübener Heide. – Na-       Schutzmaßnahmen. – Naturschutz im Land Sach-
   turschutz im Land Sachsen-Anhalt 41 (1): 45–49.        sen-Anhalt 50: 66–74.
Zuppke, U. & O. Wüstemann (2013): Zur Bedeutung von
   Fischen und Rundmäulern im Naturschutz und

Anschriften der Autoren
Bernd Kammerad
Landesverwaltungsamt
Ref. 409, Obere Fischereibehörde
Dessauer Straße 70
06118 Halle (Saale)
E-Mail: bernd.kammerad@lvwa.sachsen-anhalt.de

Otfried Wüstemann
Nationalpark Harz
Lindenallee 35
38885 Wernigerode
E-Mail: otfried.wuestemann@npharz.sachsen-anhalt.de

Kamilla Kubaczynski
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt
Reideburger Str. 47
06116 Halle (Saale)
E-Mail: kamilla.kubaczynski@lau.sachsen-anhalt.de

Dr. Uwe Zuppke
Heideweg 1 A
06886 Lutherstadt Wittenberg
E-Mail: uwe.zuppke@t-online.de

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