Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeinde-entwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt
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Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeinde- entwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt WIR GESTALTEN DEMOGRAFIE 1
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Impressum Herausgeber Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt Turmschanzenstraße 30 39114 Magdeburg Ansprechpartner: Karin Schultze Ines Heidler Referat Demografische Entwicklung und Prognosen www.demografie.sachsen-anhalt.de E-Mail: karin.schultze@mlv.sachsen-anhalt.de, ines.heidler@mlv.sachsen-anhalt.de Download Leitfaden: https://demografie.sachsen-anhalt.de/projekte-und-foerderung/ integrierte-gemeindliche-entwicklungskonzepte-igek/ Konzeption, Erstellung, Gestaltung und Satz Dr. Marie Bachmann Dr. Reinhard Aehnelt IfS Institut für Stadtentwicklung und Strukturpolitik GmbH Lützowstraße 93 10785 Berlin www.ifsberlin.de E-Mail: info@ifsberlin.de Stand: Juli 2019 Titelseite Oben links: Tor zu Stendal, Foto: Pressestelle, Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Sachsen-Anhalt Oben rechts: Im Klostergarten am Kloster Jerichow, Foto: Frank Boxler, Quelle: Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH Mitte links: Ortsrundgang des IGEK-Teams mit Verantwortlichen der Ortschaft und der Stadtverwaltung in Rackith, Foto: Dr. Bock & Partner GbR Halle (Saale), Quelle: IGEK Stadt Kemberg, 2014 Mitte rechts: Bodebrücke mit Blick auf Staßfurt, Foto: Referat Demografische Entwicklung und Prognosen, Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Sachsen-Anhalt Genehmigungen der jeweiligen Autoren zur Verwendung liegen vor Abbildungen und Fotos Abbildungen und Fotos aus bestehenden Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten sind jeweils mit einer Quellenangabe gekennzeichnet (Genehmigungen der Autoren zur Verwendung liegen vor). Alle wei- teren Grafiken ohne Quellenangabe beruhen auf einer eigenen Darstellung (IfS GmbH). Sprache Der Herausgeber weiß um die Bedeutung einer geschlechtergerechten Sprache und befürwortet grundsätzlich den Gebrauch von Parallelformulierungen. Von einer durchgehenden Benennung beider Geschlechter bzw. der konsequenten Verwendung geschlechtsneutraler Bezeichnungen wurde dennoch abgesehen, da dies die Lesbarkeit des vorliegenden Leitfadens deutlich erschwert.
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Inhaltsverzeichnis 1. Worum geht es? Einführung und Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 3 1.1 Rahmenbedingungen und aktuelle Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 3 1.2 Zielsetzung und Nutzen integrierter Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 5 1.3 Planungstheoretische Einordung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 6 1.4 Der Weg zum Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 7 2. Was sind die Inhalte eines Konzeptes? Themen und Handlungsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 8 2.1 Themenschwerpunkte und Querschnittsthemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 8 2.1.1 Gemeinde und Bürgerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 11 2.1.2 Bevölkerungsentwicklung und Sozialstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 12 2.1.3 Bauliche Entwicklung und Ortsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 14 2.1.4 Lokale Wirtschaft und Tourismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 15 2.1.5 Grundversorgung und soziale Infrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 16 2.1.6 Bildung und Betreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 17 2.1.7 Kultur, Freizeit und Erholung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 19 2.1.8 Verkehr und Mobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 20 2.1.9 Technische Infrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 21 2.1.10 Landschaft, Natur und Ressourcenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 22 2.2 Themenauswahl und Zusammenfassung zu Handlungsfeldern . . . . . . . . . Seite 23 2.2.1 Empfehlungen zu gemeindespezifischen Anpassungen . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 23 2.2.2 Zusammenfassung zu gesamtkommunalen Handlungsfeldern . . . . . . . . . Seite 25 3. Wie wird das Konzept gemacht? Dialogorientierte Erstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 26 3.1 Organisationsstruktur und Dialog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 26 3.1.1 Organisations- und Arbeitsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 28 3.1.2 Beteiligung von Akteuren und Bürgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 29 3.1.3 Intra- und interkommunale Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 31 3.1.4 Öffentlichkeitsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 31 3.2 Bestandsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 32 3.2.1 Bestandserfassung der kommunalen Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . Seite 32 3.2.2 Berücksichtigung vorhandener Konzepte und Pläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 33 3.2.3 Profile der Gemeinde und einzelner Ortschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 33 3.2.4 Stärken-Schwächen-Analyse und Einschätzung Handlungsbedarf . . . . . Seite 34 1
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt 3.3 Leitbild, Entwicklungsziele und Handlungskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 35 3.3.1 Leitbildprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 35 3.3.2 Ableitung der Entwicklungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 35 3.3.3 Handlungskonzeption mit Maßnahmen und Projektideen . . . . . . . . . . . . . . Seite 37 3.3.4 Vorhabenprioritäten und Leitprojekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 37 3.4 Konzepterstellung und Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 38 3.4.1 Text- und Kartenerstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 38 3.4.2 Offenlage der Entwurfsfassung und Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 40 3.4.3 Politische Bestätigung und Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 40 4. Wie geht es nach der Konzepterstellung weiter? Implementierung und nachhaltige Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 41 4.1 Verstetigung und Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 41 4.2 Monitoring und Controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 41 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 43 Muster IGEK-Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 44 Muster Profil/Steckbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 45 Muster Projektformular . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 46 Datenquellen für Bestandsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 47 Angaben zur Leerstandserfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 50 Angaben zum Flächenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 52 Fördermöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 53 Beispiele für innovative Projekte und Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 56 Quellen und weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 60 2
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt 1. Worum geht es? Einführung und Hintergrund Mit diesem Leitfaden sollen die Träger eines Integ- demografischen Wandel besonders stark betroffen, rierten Gemeindeentwicklungskonzeptes (IGEK), die da durch fehlende Beschäftigungs- und Ausbildungs- Gemeinden oder Verbandsgemeinden im Land Sach- möglichkeiten besonders junge Menschen die Regi- sen-Anhalt, bei der Vorbereitung, Durchführung und onen verlassen. Hierdurch sinken die Steuereinnah- Umsetzung eines IGEK unterstützt werden. Hierzu men der ländlichen Gemeinden und die Kaufkraft erfolgt nach einer kurzen Einführung (Kapitel 1) der Bevölkerung. In der Konsequenz der sinkenden ein Überblick über die relevanten Themen und Hand- Bevölkerungszahlen kommt es zu Unterauslastun- lungsfelder eines IGEK (Kapitel 2). Strukturiert nach gen der Infrastruktur und zu Schließungen von Ein- den einzelnen Phasen der Konzepterstellung wer- richtungen wie Schulen, Arztpraxen, Einkaufsläden, den konkrete Hinweise zur Durchführung gegeben Gaststätten, Postfilialen sowie zu Ausdünnungen (Kapitel 3). Darüber hinaus erfolgen Hinweise zur des Öffentlichen Nahverkehrs. Diese Entwicklungen Weiterführung nach der Konzepterstellung (Kapitel bewirken, dass noch mehr Menschen abwandern 4) und es werden auch Vorlagen und Hinweise als bzw. zu wenige Menschen zuwandern. weitere Hilfestellung zur Verfügung gestellt (vgl. Anhang). In der zunächst folgenden Einführung wird Zwar kommt dem ländlichen Raum eine große und auf die Rahmenbedingungen und aktuellen Heraus- wachsende Bedeutung als ökologischer Ausgleichs- forderungen (Kapitel 1.1), Zielsetzung und Nutzen raum und als Erholungsraum zu. Doch gleichzeitig integrierter Konzepte (Kapitel 1.2), eine planungsthe- ist im ländlichen Raum die Sicherung von Angeboten oretische Einordnung (Kapitel 1.3) und auf den Weg der Daseinsvorsorge und die Versorgung der Bevöl- zum Konzept (Kapitel 1.4) eingegangen. kerung mit Gütern und Dienstleistungen zu gewähr- leisten. 1.1 Rahmenbedingungen und Neben dem demografischen Wandel gehören auch aktuelle Herausforderungen die nachstehenden Themen zu den weiteren Heraus- forderungen bzw. großen ökonomischen, technolo- Wirtschaftlicher Strukturwandel und massiver Bevöl- gischen, gesellschaftlichen und ökologischen Trends, kerungsrückgang haben die Gemeinden des Landes die auch im ländlichen Raum Auswirkungen zeigen: Sachsen-Anhalt im letzten Vierteljahrhundert vor große Herausforderungen gestellt. Zwischen 1990 Wandel der Arbeitswelt / und 2017 hat sich die Bevölkerungszahl Sachsen- Wandel zur Wissensgesellschaft Anhalts von 2,9 auf 2,2 Mio., um knapp ein Viertel, Digitalisierung / technologischer Fortschritt reduziert (– 23 Prozent). In den meisten Klein- und Globalisierung / Internationalisierung Mittelstädten und den ländlichen Gemeinden des Migration / Integration und Inklusion Landes zeichnet sich (noch) keine Trendwende bei soziokultureller Wandel / Wandel von Werten und der Bevölkerungsentwicklung ab. Gemäß der Lebensstilen 6. Regionalisierten Bevölkerungsprognose des Lan- erhöhte Mobilität / neue Mobilitätsformen des Sachsen-Anhalt aus dem Jahr 2016 ist bis zum ökologische Erfordernisse (Flächenverbrauch, Bio- Jahr 2030 mit einem weiteren starken Bevölkerungs- diversität, Klimawandel) rückgang zu rechnen (– 11,0 Prozent). Lediglich in den Ressourcenmangel / Energiewende. beiden Großstädten Magdeburg und Halle (Saale) werden keine Bevölkerungsverluste bis 2030 prog- Bedingt durch die starke Bevölkerungsabnahme und nostiziert (vgl. Abbildung 1). eine notwendige Bündelung der Kräfte, unter ande- rem um kommunale Einrichtungen wirtschaftlich/ Die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen effizient betreiben zu können, wurde in Sachsen- rühren aus zu geringen Geburtenzahlen, Abwan- Anhalt eine Gemeindegebietsreform durchgeführt, derungen und der damit einhergehenden weiteren die mit Beginn des Jahres 2011 abgeschlossen Schrumpfung und Alterung der Bevölkerung (demo- wurde. Die 218 neu gebildeten Gemeinden müssen grafischer Wandel). Die ländlichen Räume sind vom sich sowohl im ländlichen wie auch im städtischen 3
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Bereich Fragen der Entwicklung stellen. Dazu sind Deshalb haben das Ministerium für Landesent- Entwicklungskonzepte notwendig, die herausar- wicklung und Verkehr (MLV) und das Ministerium beiten, wie in den neuen politischen Strukturen die für Umwelt, Landwirtschaft und Energie (MULE) im aktuellen komplexen Herausforderungen gelöst Zeitraum 2012 bis 2013 in zehn Modellgemeinden werden können. die Erstellung von Integrierten Gemeindlichen Entwicklungskonzepten (IGEK) gefördert. In den neu geschaffenen Gemeinden Sachsen- Anhalts stimmten die räumlichen Ebenen für die Aufbauend auf den Ergebnissen und Erfahrungen verschiedenen formellen und informellen Entwick- in den zehn Modellgemeinden wurde in Sachsen- lungskonzepte und Planwerke nicht mehr überein. Anhalt 2014 der Entwurf eines Leitfadens für Abbildung 1 Datenquelle: Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, 6. Regionalisierte Bevölkerungsprognose Sachsen-Anhalt, 2016 4
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Fach-/ressortübergreifender, ganzheitlicher Ansatz Kommunen „Integrierte Gemeindliche Entwicklungs- konzepte (IGEK) in Sachsen-Anhalt“ erstellt (Quelle: Durch das große Spektrum der inhaltlichen Themen MLV 2014) und eine „Richtlinie über die Gewährung ist bei der Erstellung eines IGEK ein ganzheitlicher von Zuwendungen zur Förderung von Integrierten Ansatz von großer Bedeutung, in dem die verschie- Gemeindeentwicklungskonzepten“ erlassen (RIGEK, denen Fächer bzw. Ressorts in Verbindung mitei- RdErl. des MULE vom 16.9.2015). nander gesehen werden (integrativer Ansatz). In Fachkonzepten und rein sektoralen Betrachtungen Im Jahr 2018 erfolgte eine Evaluierung einer Auswahl werden die Auswirkungen auf andere Themen und zwischenzeitlich erstellter Integrierter Gemeinde- Wechselwirkungen häufig zu wenig oder gar nicht entwicklungskonzepte in Sachsen-Anhalt, in der vor berücksichtigt. allem der Gesamtprozess der Erstellung sowie die bisherige Zielerreichung der Gemeindeentwicklungs- Beteiligung und Einbeziehung der Akteure konzepte untersucht wurden (Quelle: Nexus 2018). und Bevölkerung Basierend auf den Erkenntnissen dieser Evaluierung soll den Gemeinden durch den vorliegenden überar- Die Einbeziehung der Bürger und Akteure bei der beiteten Leitfaden eine Orientierung und Anregung Erarbeitung eines IGEK ermöglicht eine frühe und im Rahmen der Erstellung weiterer Integrierter umfassende Identifizierung der relevanten Hand- Gemeindeentwicklungskonzepte gegeben und die lungsfelder aus verschiedenen Perspektiven inner- strategische Qualität der IGEK weiter geschärft wer- halb einer Gemeinde. Die einzelnen Ortschaften der den. Gemeinden mit ihren verschiedenen Erfordernissen werden so beteiligt und es können bereits während der Erstellung Multiplikatoren für die spätere Umset- 1.2 Zielsetzung und Nutzen zung gefunden werden. Die Beteiligung und Mitwir- integrierter Konzepte kung der Bürger und Akteure kann eine langfristige Stärkung und Aktivierung des bürgerschaftlichen Die Komplexität der aktuellen und zukünftigen Her- Engagements unterstützen. ausforderungen erfordert kommunal abgestimmte Strategien und Lösungen, die in integrierten Kon- Inhaltliche und räumliche Schwerpunktsetzungen zepten unter breiter Beteiligung der lokalen Akteure und Bürger entwickelt/erarbeitet werden sollen, um Wesentlich bei der Erstellung eines IGEK ist die Ab- so eine breite Akzeptanz zu erfahren. stimmung und Priorisierung der inhaltlichen und Durch den Perspektivwechsel von der lokalen zur räumlichen Schwerpunkte der zukünftigen Gemeinde- gesamtkommunalen Betrachtung vergrößern sich entwicklung. Aufbauend auf strategisch-konzeptionel- sowohl das Spektrum der inhaltlichen Themen als len Aussagen zu den relevanten kommunalen Themen auch die Anforderungen an den Prozess und die werden Handlungsstrategien und (Leit-)Projekte iden- Prozesssteuerung. tifiziert, die die strategische Ausrichtung auf der loka- len und gesamtkommunalen Ebene konkretisieren. Bedarfsgerechte Anpassung an den demografischen Wandel Optimierter Einsatz von Finanz- und Fördermitteln Mit einem IGEK sollen für alle Bereiche der kommu- Vor dem Hintergrund der angespannten kommuna- nalen Entwicklung, die durch den demografischen len Haushalte ist ein optimierter und abgestimmter und sozioökonomischen Wandel betroffen sind, die Einsatz knapper Finanz- und Fördermittel zwingend notwendigen Anpassungserfordernisse und Anpas- (Konsolidierung der kommunalen Haushalte). Gleich- sungsstrategien aufgezeigt werden. Hierzu müssen bleibende Infrastrukturausstattungen führen bei sin- Perspektiven und Strategien für die zukünftige kenden Einwohnerzahlen in der Regel zu Kostenstei- Entwicklung der gesamten Gemeinde mit ihren Ort- gerungen pro Einwohner (Kostenremanenz). Daher schaften (bzw. Orts-/Stadtteilen) erarbeitet werden. ist eine weitere Zielstellung der IGEK, innerhalb und Durch den Blick auf die gesamtkommunale Ebene zwischen den Gemeinden Synergieeffekte zu fördern sollen Lösungen zur Stärkung der zentralen Funkti- und nicht mehr bedarfsgerechte Investitionen zu onen sowie zur Sicherung der Lebensqualität gefun- verhindern. den werden. 5
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Abbildung 2 Abgestimmtes Steuerungs- und Kontrollinstrument 1.3 Planungstheoretische Einordung für 15 Jahre Mit den IGEK sollen sich die Gemeinden selber eine Integrierte Gemeindeentwicklungskonzepte (IGEK)1 Orientierungshilfe und einen Handlungsleitfaden für gehören zu den informellen Planungsinstrumenten, die langfristige Entwicklung geben (Zeithorizont 15 sind somit rechtlich nicht abschließend geregelt, Jahre). IGEK sollen darüber hinaus auch die Funktion erhalten aber durch den Beschluss der Gemeindever- eines Steuerungs- und Kontrollinstruments erfüllen, tretung eine verwaltungsinterne Selbstbindung. mit dessen Hilfe überprüft werden kann, in welchem Umfang die gesetzten Ziele der Gemeindeentwick- lung tatsächlich erreicht wurden. 1 Gelegentlich werden die IGEK in Sachsen-Anhalt auch als Integrierte Gemeindliche Entwicklungs- konzepte bezeichnet. In anderen Bundeslän- dern werden z.T. abweichende Bezeichnungen verwendet: IKEK – Integrierte kommunale Ent- wicklungskonzepte (Hessen, NRW), GEKO – Gemeindeentwicklungskonzepte (Saarland), GEK – Gemeindeentwicklungskonzepte (Bayern), GEK – Gemeindliche Entwicklungskonzepte (Thüringen). 6
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Als leitbildorientierte konzeptionelle Rahmenpla- rungs- und Entwicklungsmaßnahmen sowie Satzun- nung sind die Ergebnisse von Entwicklungskonzep- gen zu den formellen Instrumenten. Die genannten ten, wenn sie von der Gemeinde offiziell beschlossen Planungsinstrumente sind bei der Erstellung eines wurden, jedoch bei der Aufstellung von Bauleitplä- IGEK zu berücksichtigen (vgl. Kapitel 3.3.2). nen zu berücksichtigen (BauGB § 1 Abs. 6 Nr. 11). Auch die Integrierten Stadtentwicklungskonzepte 1.4 Der Weg zum Konzept (ISEK/INSEK) gehören zu den informellen Instru- menten. Diese werden für größere Gemeinden bzw. Die Gemeinde (oder Verbandsgemeinde) ist der Trä- Städte erstellt. In Sachsen-Anhalt ist in einer Anlage ger eines IGEK. Zunächst sind daher im Gemeinderat zur RIGEK festgelegt, dass die 45 Städte, die Mittel eine Diskussion und ein entsprechender Beschluss aus dem Städtebauförderprogramm Stadtumbau zur Erstellung eines IGEK notwendig. Darauf aufbau- bekommen haben und ein Stadtentwicklungskon- end können für die Erstellung des IGEK Fördermittel zept erstellt haben, keine Förderung zur Erstellung beantragt werden. Hierzu stehen in Sachsen-Anhalt eines IGEK erhalten. Es ist jedoch möglich, ein beste- zwei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: hendes (Stadtentwicklungs-)Konzept mit einem Gemeindeentwicklungskonzept gleichstellen zu Richtlinie IGEK-RIGEK zur Förderung ländlicher lassen, ggf. mit notwendigen Ergänzungen (dazu ist Städte und Gemeinden, 75 Prozent Förderanteil, eine Antragstellung beim zuständigen ALFF – Amt maximal 50.000,– Euro für Flurneuordnung und Forsten notwendig, vgl. Förderprogramm Demografie für Konzepte mit RIGEK). starker demografischer Orientierung, 80 Prozent Förderanteil, maximal 80.000,– Euro. Weitere informelle Planungsinstrumente sind Regio- Ausnahme: Bezieht die Gemeinde Fördermittel nale Entwicklungskonzepte (REK), Integrierte Ländli- aus dem Städtebauförderprogramm Stadtumbau che Entwicklungskonzepte (ILEK) und Kreisentwick- und gehört zu den 45 Stadtumbaustädten im Land lungskonzepte (KEK). Darüber hinaus gibt es auch Sachsen-Anhalt, können keine Fördermittel für ein Mischformen wie beispielsweise Integrierte Stadt- IGEK beantragt werden (hier steht die Städtebauför- entwicklungs-/Regionalkonzepte (ISREK). Ebenfalls derrichtlinie zur Verfügung, Förderanteile: 33 Pro- nur informelle Instrumente stellen Fachkonzepte/- zent Bund, 33 Prozent Land, 33 Prozent Kommune). pläne (z.B. für Sozialplanung, Schulentwicklung, Nach Erhalt des Fördermittelbescheides für die Einzelhandelsentwicklung, Integration, Hochwasser- Erstellung des IGEK schreibt die Gemeinde die Erstel- schutz), Machbarkeitsstudien, Gestaltungskonzepte, lung aus und beauftragt ein Planungs- oder Archi- Dorferneuerungskonzepte etc. dar. tekturbüro. Neben fachlichen, planerischen Fähig- keiten sind auch prozesssteuernde und moderative Zu den formellen Planungsinstrumenten, die im Kompetenzen empfehlenswert (Bürgerbeteiligung, Baugesetzbuch und den Raumordnungsgesetzen Öffentlichkeitsarbeit). Zu überlegen ist, ob eine Steu- der Länder geregelt sind, gehören hingegen der erungs-/Lenkungsgruppe bereits für den Prozess des Landesentwicklungsplan (LEP), die Regionalen Vergabeverfahrens einzurichten ist (vgl. Kapitel 3.1.1). Entwicklungspläne (REP) der fünf Planungsräume in Für die Erstellung eines IGEK ist eine Bearbeitungs- Sachsen-Anhalt sowie die regionalen Teilgebietsent- zeit von 12-15 Monaten einzuplanen. Der Ablauf und wicklungspläne (TEP). Auch die Bauleitplanung mit Prozess der Erstellung eines IGEK (vgl. Kapitel 3) den Flächennutzungsplänen (FNP) und den Bebau- sowie die abschließende Implementierung eines ungsplänen (B-Pläne) auf der Ebene der Gemeinde IGEK (vgl. Kapitel 4) wird in separaten Kapiteln gehören ebenso wie Landschaftspläne, Umweltprü- erläutert. fungen, Vorhabens- und Erschließungspläne, Sanie- 7
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt 2. Was sind die Inhalte eines Konzeptes? Themen und Handlungsfelder Bevor im nächsten Kapitel detaillierte Hinweise sehr vielen verschiedenen Themen. Folgende zehn für alle Phasen der Erstellung eines IGEK gegeben Themenschwerpunkte wurden identifiziert: werden (vgl. Kapitel 3) werden in diesem Kapitel zunächst die möglichen thematischen Inhalte eines Gemeinde und Bürgerschaft IGEK vorgestellt. Dazu werden Themenschwer- Bevölkerungsentwicklung und Sozialstruktur punkte und Querschnittsthemen beschrieben (vgl. Bauliche Entwicklung und Ortsbild Kapitel 2.1) und daran anschließend Hinweise zur Lokale Wirtschaft und Tourismus Themenauswahl und Zusammenfassung zu Hand- Grundversorgung und soziale Infrastruktur lungsfeldern (vgl. Kapitel 2.2) gegeben. Bildung und Betreuung Kultur, Freizeit und Erholung Verkehr und Mobilität 2.1 Themenschwerpunkte und Technische Infrastruktur Querschnittsthemen Landschaft, Natur und Ressourcenschutz. Das große inhaltliche Spektrum der IGEK erfordert Diese zehn Themenschwerpunkte werden nach- seitens der Gemeinden eine Auseinandersetzung mit folgend in einzelnen Kapiteln beschrieben und mit Abbildung 3 8
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Beispielen aus bereits erstellten IGEK verdeutlicht dung an den ÖPNV, flächendeckende Breitband- (vgl. Kapitel 2.1.1 bis Kapitel 2.1.10). Sie stellen den versorgung, Ärzteversorgung, Dorfläden sind hier inhaltlichen Rahmen für die Bestandsanalyse sowie wichtige Themen. für die Erarbeitung von Leitbild, Entwicklungszielen und Handlungskonzeption (vgl. Kapitel 3). Betroffen sind sowohl die Quantitäten als auch Ergänzend zu diesen zehn Themenschwerpunkten Qualitäten verschiedener Angebote. Denn es verän- gibt es weitere Themen bzw. Entwicklungen und dert sich nicht nur die Nachfragemenge insgesamt, übergeordnete Zielstellungen, die als Querschnitts- sondern es kommt auch zu einer Verschiebung der themen in mehreren Themen zu beachten sind und Bedürfnisse nach Altersgruppen: Die Nachfrage zunächst vorgestellt werden: nach Angeboten für Kinder und Jugendliche nimmt ab und gleichzeitig steigen die Anforderungen und demografischer Wandel Mengen der Angebote für ältere Menschen. Integration / Inklusion Seit 2018 gibt es in Sachsen-Anhalt ein aktualisiertes Digitalisierung Handlungskonzept „Nachhaltige Bevölkerungspolitik Klimaveränderungen. in Sachsen-Anhalt“. Im Demografie-Portal des Lan- Weitere mögliche Querschnittsthemen wie Nach- des wird umfangreich über aktuelle Veranstaltun- haltigkeit2, Flächenverbrauch, Familienfreundlich- gen, Wettbewerbe, Fördermöglichkeiten, erfolgrei- keit und Generationengerechtigkeit sind bei den che Projekte und Beispiele aus der Praxis informiert verschiedenen Themenschwerpunkten ebenfalls zu (www.demografie.sachsen-anhalt.de). berücksichtigen. Integration/Inklusion Demografischer Wandel Die Vielfalt der Gesellschaft wächst (Pluralisierung Die demografischen Entwicklungen im Gebiet einer der Lebensverhältnisse/-stile, Zuwanderung), woraus Gemeinde sind in einem IGEK als wichtiger Themen- geänderte Bedürfnisse und Aufgaben in verschie- schwerpunkt separat und umfassend zu behandeln denen Bereichen entstehen. Als Querschnittsauf- (vgl. Kapitel 2.1.2). Die Auswirkungen des demografi- gabe soll Integration/Inklusion eine Teilhabe und schen Wandels sind jedoch in nahezu allen Bereichen Chancengleichheit aller Einwohner einer Gemeinde der gemeindlichen Entwicklung festzustellen und sicherstellen. Die Einbeziehung einer kleineren stellen somit auch ein Querschnittsthema dar. Gruppe in eine größere Gruppe kann dabei integrativ (als eine Teilgruppe) oder inklusiv (gleichberechtigt, Schrumpfungsprozesse haben Auswirkungen auf ohne Gruppenzugehörigkeit) vollzogen werden weitere Bereiche wie die infrastrukturelle Aus- (vgl. Abbildung 4). stattung (Unterauslastung) und die Siedlungsent- wicklung (Leerstand). In ländlichen Räumen sind Abbildung 4 Einrichtungen der Daseinsvorsorge wie Schulen, Postfilialen, Läden und Arztpraxen durch Schließung bedroht. Dadurch werden ländliche Räume weniger attraktiv für Ansiedlungen von Gewerbe und den Zuzug junger Familien. Der demografische Wandel kann so zu einer Abwärtsspirale führen. Für Strate- gien der Gemeinden heißt das, dass alle Maßnah- men und Konzepte die demografische Entwicklung berücksichtigen müssen und neue Wege nötig sind, um der veränderten Bevölkerungsstruktur Rechnung zu tragen. Mobilität in ländlichen Räumen, Anbin- Bei der sozialen und gesellschaftlichen Integration/ Inklusion geht es um die Berücksichtigung und Einbeziehung verschiedener Altersgruppen, sozialer 2 Im Mai 2019 wurde von der Landesregierung Milieus sowie kranker oder behinderter Menschen, Sachsen-Anhalt eine „Nachhaltigkeitsstrategie“ aber auch um eine Akzeptanz und Gleichberechti- beschlossen. gung/Partizipation verschiedener Kulturen, 9
ge Ideen und Handlungsansätze zur Entwicklung der masc Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Gemeinden im ländlichen Raum zu „smart villages“ Ener bzw. „digitalen Dörfern“. gieef rend Religionen, Ethnien/Nationalitäten und Genderzuge- Abbildung Abbildung 5 5 nach hörigkeiten. Netzwerke, Begegnungsangebote und Redu Möglichkeiten zur Teilhabe können darüber hinaus die Identität, die lokale Bindung, das Zugehörigkeits- Schu gefühl und das (soziale) Engagement der Einwohner einer einer Gemeinde stärken. bilitä Ener Integration und Inklusion findet auf der kommuna- Anla len Ebene statt, beginnt in der Dorfgemeinschaft, im Vereinsleben, auf dem Spielplatz, in der Schule und Weit im Betrieb. Bürgerschaftliches Engagement stärkt www.digitale-doerfer.de und den gesellschaftlichen Zusammenhalt und wirkt www.digitale-doerfer.de und vor Ort vorbeugend gegen Entfremdungsprozesse Die Verfügbarkeit des Internet und eine umfassende Breitbandversorgung als Teil der technischen Infra- lenan (Demokratiemüdigkeit, Ausgrenzungsphänomene, struktur (vgl. Kapitel Sach Rechtsextremismus). Die Verfügbarkeit des2.1.9) ist dafür Internet eineumfassende und eine grundlegen- de Basis. Dies gilt besonders Breitbandversorgung als Teil derfür global agierende technischen Infra- Regio In Sachsen-Anhalt gibt es hierzu einen Integrati- struktur (vgl. Kapitel 2.1.9) ist dafür eine grundle- klein- und mittelständische Unternehmen jenseits der Klima onsbericht (2018), einen Bericht zur Inklusion („Auf gende Basis. Dies gilt („hidden Zentren/Metropolen besonderschampions“) für global agierende und jün- stellt dem Weg zur Inklusion“, 2015) und einen Landesak- klein- und mittelständische gere Menschen. Unternehmen jenseits tionsplan („einfach mitmachen“ Unser Weg in eine der Zentren/Metropolen („hidden champions“) und Seite inklusive Gesellschaft, 2013). jüngere Seit 2018Menschen. gibt es in Sachsen-Anhalt eine Digitale zum Agenda (https://digital.sachsen-anhalt.de). Hier ist „Beo Seit 2018 gibt es in Sachsen-Anhalt eine Digitale 2018 Digitalisierung vermerkt, dass gemeindliche Digitalisierungskonzepte Agenda (https://digital.sachsen-anhalt.de). Hier ist den Die Digitalisierung umfasst nahezu alle Gesell- als Bestandteil vermerkt, eines IGEK definiert dass gemeindliche und eingeführt Digitalisierungskon- werden ein schafts- und Wirtschaftsbereiche und beschreibt die zepte alskönnen und eines Bestandteil die Erstellung aus Mitteln IGEK definiert der und einge- Transformation von analogen zu digitalen Prozessen. Gemeinschaftsaufgabe führt werden können undAgrar- und Küstenschutz die Erstellung aus Mitteln (KEK Informations- und Kommunikationstechnologien (GAK) gefördert werden kann der Gemeinschaftsaufgabe (Quelle: Agrar- und Digitale Agen- Küstenschutz (I&K) ermöglichen Automatisierungen, Vernetzun- (GAK) gefördert da, S. 44). werden kann (Quelle: Digitale gen und Innovationen (E-Mails, Smartphones, Navi, Agenda, S. 44). Online-Handel, Streaming-Dienste etc.). Auch im ländlichen Raum sind durch die Digitali- Klimaveränderungen sierung bereits Veränderungen festzustellen (z.B. Nahversorgung/Online-Handel/e-commerce, digi- Die durch den Menschen verursachte globale Erwär- 7 tale Verwaltung/e-Government, Mobilitätsportale). mung der Erde, häufig als „Klimawandel“ bezeich- Für die zukünftige Entwicklung sind weitere Poten- net, ist auf eine Zunahme der Treibhausgase durch ziale zu prüfen und zu nutzen (z.B. Online-Markt- mehrere Belastungsfaktoren/Verursacher zurückzu- plätze, Co-Working-Spaces, Homeoffice/Telearbeit, führen (vor allem: Energiewirtschaft, Verkehr, Indu- E-Health/ Telemedizin, Pflegeroboter, Car-/Bike- strie, Landwirtschaft, Feuerungsanlagen/Heizung). Sharing, e-Ticket-Buchung, ÖPNV-on-demand, Digital Temperaturanstiege, Klimaschwankungen und Farming, kommunale Geoportale, smart grids). Es zunehmende Extremwetterereignisse sind die spür- gibt vielfältige Ideen und Handlungsansätze zur baren Folgen der Klimaveränderungen, von denen Entwicklung der Gemeinden im ländlichen Raum zu auch die Gemeinden im ländlichen Raum betroffen „smart villages“ bzw. „digitalen Dörfern“. sind (Landwirtschaft, Dürren, Überschwemmungen, Hochwasser etc.). Klimaschutz beginnt vor Ort: Klimaschutzmaßnah- men und Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung sind auch im ländlichen Raum von großer Bedeutung und in vielen Gemeinden gibt es bereits Klima- schutzkonzepte und/oder zur Koordination Klima- schutzmanager. Klimaschutzmaßnahmen sind eng 10
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt mit der Nutzung von Energieeinsparpotenzialen und 2.1.1 Gemeinde und Bürgerschaft Steigerung der Energieeffizienz (energetische Sanie- rungen, flächensparende Siedlungsentwicklung, Zur Einordnung und Beschreibung der äußeren Rah- vgl. Kapitel 2.1.3), einer nachhaltigen Landwirtschaft menbedingungen einer Gemeinde können folgende (extensive Tierhaltung, Reduktion Düngemittel, vgl. Merkmale herangezogen werden: Kapitel 2.1.4), dem Schutz der Natur (Aufforstungen, vgl. Kapitel 2.1.10), einer klimafreundlichen Mobilität räumliche Lage innerhalb von Sachsen-Anhalt (ÖPNV, Elektromobilität, vgl. Kapitel 2.1.8) sowie einer administrative Zugehörigkeit (Landkreis, regiona- veränderten Energieproduktion (erneuerbare Ener- ler Planungsraum) gien, dezentrale Anlagen, vgl. Kapitel 2.1.9) verbun- Raumtyp (Umlandgemeinde, ländlicher Raum) den. zentrale Funktion (Grund-/Mittelzentrum) Gemeindetyp (Einheitsgemeinde, Mitgliedsge- Weiterführende Literatur zum Thema Klimaschutz meinde einer Verbandsgemeinde) und ländlicher Raum gibt es vom Umweltbundes- Verwaltungsgliederung/-sitz und innergemeindli- amt und vom Deutschen Institut für Urbanistik (vgl. che Gliederung (Ortschaften, Ortsteile) Quellenangaben im Anhang). Für die drei Bundes- Mitgliedschaften und Koorperationen länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt Flächenausdehnung (Größe), Flächennutzung es ein Regionales Klimainformationssystem (ReKIS), kommunale Finanzkraft (Steuereinnahmen/EW, welches Klimadaten und Klimainformationen zur Schulden/EW). Verfügung stellt (www.rekis.org). Seitens der Landesregierung Sachsen-Anhalt gibt Eine Gemeinde zeichnet sich darüber hinaus aber es zum Thema Klimaveränderungen eine Broschüre auch durch weitere „weiche“ Merkmale aus, die die „Beobachteter Klimawandel in Sachsen-Anhalt“ von Bürgerschaft betreffen: 2018, eine „Strategie des Landes zur Anpassung an den Klimawandel“ von 2019 (Fortschreibung) sowie Traditionen, Brauchtum, Ortsgeschichte ein „Klima- und Energiekonzept Sachsen-Anhalt kommunale Identität, Alleinstellungsmerkmale, (KEK)“ von 2019. Besonderheiten, Image Sozialleben, dörfliches Miteinander, Feste Vereinskultur/-wesen (z.B. Sportvereine) Ehrenamt, bürgerschaftliches Engagement (z.B. Freiwillige Feuerwehr, Kirchen, Nachbarschaftshil- fen, Unterstützung von Integration, Flüchtlings- hilfe). Für das Sozialleben sind aktive Gruppen und Ver- eine von großer Bedeutung. Traditionelle Strukturen ändern sich jedoch und es sind Veränderungen zu eher flexiblen und ggf. nur temporären Formen des ehrenamtlichen Engagements möglich. Eine Anpas- sung des bürgerschaftlichen Engagements an den demografischen Wandel ist notwendig. 11
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Abbildung 6 Lage der Gemeinde Muldestausee in der Planungsregion Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg Quelle: IGEK Muldestausee, 2018 (erstellt durch: Dr. Bock & Partner GbR, Halle (Saale)) 2.1.2 Bevölkerungsentwicklung und Altersaufbau/-struktur (Altersklassen, Jugend-/ Sozialstruktur Altenquotienten, Hochbetagte) Bevölkerungsprognose/Szenarien (auch nach Da die Bevölkerungsentwicklung für so gut wie alle Ziel-/Altersgruppen) anderen Themenbereiche der entscheidende Faktor Bevölkerungszusammensetzung (Ausländer, Per- ist, sollten die Situation und Entwicklung anhand fol- sonen mit Migrationshintergrund, Zuwanderung/ gender Merkmale möglichst genau und umfassend Migration). beschrieben werden (Entwicklung der letzten zehn Jahre und Prognose der nächsten zehn bis 15 Jahre: Als Grundlage für die Bevölkerungsprognose kann die jeweils aktuelle Bevölkerungsprognose des Bevölkerungsentwicklung mit natürlicher Bevöl- Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt verwen- kerungsentwicklung (Geburten, Sterbefälle) und det werden. Wanderungsbewegungen (Zuzüge, Wegzüge) 12
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Die Sozialstruktur einer Gemeinde kann anhand der Die Erfassung der Bevölkerungsentwicklung und nachfolgenden Merkmale eingeordnet werden: der Sozialstruktur sollte in einem sozial innovativen strategischen Planungsinstrument fachübergreifend Haushalte (Anzahl, Größe) Anwendung finden. Familienstand, Alleinerziehende Qualifikation/Bildungsabschlüsse Beschäftigungs-/Erwerbstätigenquote Arbeitslosigkeit (relative Arbeitslosenquote) Transferabhängigkeit, Sozialleistungen (SGB II-Quote, SBG XII-Quote, Pflege/SGB XI) Pflege (Empfänger von Pflegeleistungen) Einkommen (Einkünfte pro Steuerpflichtiger) Kaufkraft. Abbildung 7 Natürliche Bevölkerungsentwicklung und Wanderungsbewegungen nach Ortsteilen im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2016 Ortsteile L14 1 4 4 L1 32 Landkreis Anhalt-Bitterfeld 22 67 9,0 4,0 Ostrau 41 32 7,0 Krosigk Legende Gemarkungen 19 21 6,6 Saalekreis 3,6 37 19 Petersberg 13 62 57 3,6 5,0 Geburten Sterbefälle Kütten Zuzüge 6,8 14,3 16 19 Wegzüge 2,8 3,0 Wallwitz 31 36 Nehlitz 8,3 4,3 59 Brachstedt 48 4 1 L1 ) ng lan u 8 12,3 3( P 58 4 A1 44 30 34 Teicha 9,8 74 6,3 67 6,8 8,3 Morl Gutenberg 11 6,0 Sennewitz 4 A1 L145 B6 Stadt Halle Mit Erlaubnis des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt. Nummer:LVermGeo/A7-097-2006-14 * Quelle: Raumordnungskataster Sachsen-Anhalt Stand Dez. 2012 Quelle: IGEK Petersberg, 2018 (erstellt durch: Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH) 13
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt 2.1.3 Bauliche Entwicklung und Ortsbild Energetischer Sanierungsbedarf (Steigerung der Energieeffizienz) Eine nachhaltige, flächensparende Entwicklung der Siedlungsflächenentwicklung, Bauleitplanung Siedlungsstruktur ist von großer Bedeutung (Innen- (Flächennutzungsplanung, Bebauungsplanung) entwicklung, integrierte Wohnstandorte, Anbindung Flächenmanagement (Flächenpotenziale, Nahverkehr). Zu berücksichtigen sind die notwendi- Baulücken, Brachflächen). gen Anpassungen an den demografischen Wandel (Barrierefreiheit, neue Wohnformen). Der siedlungs- Zur Leerstanderfassung und zum Flächenmana- strukturelle Zustand und die bauliche Entwicklung gement gibt es im Leitfaden an gesonderter Stelle ist anhand folgender Merkmale beschreibbar: weiterführende Hinweise (vgl. Anhang). Bebauungsstruktur (Baualter, Sanierungsstand) Für die Bewertung der Siedlungsstruktur, der Wohn- Wohnraumversorgung/-bedarf und Lebensqualität, der Identifikation der einheimi- (Wohnungsangebot/-qualität, Miet-/Kaufpreise, schen Bevölkerung, der Attraktivität für potenzielle Bautätigkeit) Neubürger sowie eines (ggf. touristisch nutzbaren) Leerstand, Umnutzung und Rückbau (Wohnen, Image ist das Ortsbild von großer Bedeutung. Fol- Gewerbe, Infrastruktur, ungenutzte Hofstellen) gende Aspekte gehören dazu: Fördergebietskulissen (Dorfentwicklung, Städte- bauförderung) Abbildung 8 Defizite bei Baustruktur, Leerstand und Nutzungen in Hoym (Ausschnitt), Bestandsaufnahme 2017 Quelle: IGEK Stadt Seeland, 2017 (erstellt durch: Wenzel & Drehmann PEM GmbH) 14
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Ortsbildprägende Gebäude (Lage, individueller 2.1.4 Lokale Wirtschaft und Tourismus Charakter, identitätsstiftende Wirkung) Baukultur (bau-/kulturgeschichtliches Erbe) Im ländlichen Raum sind durch den Strukturwandel, Denkmalschutz (Gebäude, Bauwerke) insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft, viele Ortszentrum, Freiraumsituation und Wohnumfeld Arbeitsplätze verloren gegangen (z.T. verbunden mit (Plätze, Treffpunkte, Aufenthaltsqualität) negativen Folgen für die Pflege der Kulturlandschaft städtebauliche Qualitäten (Straßen, Fußwege, und das Ortsbild). Potenziale bestehen in der regio- Beleuchtung) nalen Erzeugung, Weiterverarbeitung und Vermark- Problemlagen, untergenutzte Flächen tung. Ortseingänge/-ränder Ortstypische Bau- und Gestaltungsmerkmale Für die lokale Wirtschaft sollen in den IGEK die wich- (Gestaltungsrichtlinien). tigsten Strukturmerkmale und Entwicklungspotenzi- ale bzw. -chancen aufgezeigt werden. Hierzu bieten sich folgende Merkmale an: Abbildung 9 Lage der Gewerbestandorte im Gebiet der Verbandsgemeinde Obere Aller Quelle: IGEK Obere Aller, 2018 (erstellt durch: Dr. Bock & Partner GbR, Halle (Saale)) 15
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Arbeitsmarkt, SVB-Sozialversicherungspflichtig 2.1.5 Grundversorgung und soziale Beschäftigte am Arbeitsort (Arbeitsplatzbesatz, Infrastruktur Pendler) Betriebe (Land- und Forstwirtschaft, Handwerk, Für die Grundversorgung und soziale Infrastruktur Dienstleistungen, Gewerbe, Industrie, Bergbau) sind eine umfassende Darstellung und Bewertung Gewerbestandorte (Gewerbeflächen/-gebiete, der folgenden Aspekte/Einrichtungen notwendig: Gewerbebrachen, Altindustrieflächen) Grund- und Nahversorgung (Lebensmittel/Einzel- Wirtschaftsförderung (Bestandspflege, handel, Wochenmarkt, Banken, Post, Tankstelle, Ansiedlungen). Gastronomie etc.) Gesundheitswesen und Pflege (Haus-/Fachärzte, Apotheken, Krankenhäuser, ambulante/stationäre In einigen Gemeinden bestehen aufgrund der Einrichtungen, Tagespflege, Quartiersarbeit) räumlichen Lage und vorhandener Attraktionen auch Seniorenbetreuung (Sozialstation, ambulant Entwicklungspotenziale für den Tourismus: betreute Wohngemeinschaften, Altersheim) Wohnformen für bestimmte Zielgruppen (z.B. Touristische Infrastruktur (Wegeführungen, Infor- betreutes Wohnen, Angebote für Jugendliche) mations-/Leitsysteme, Übernachtung) Dienstleistungsangebot der Gemeinde (öffentli- Ortsbild und Sehenswürdigkeiten (Kirchen, che Verwaltung, Friedhöfe) Museen, Findlinge, Naturlehrpfade etc.) Sicherheit und Gefahrenabwehr (Katastrophen- Kulturlandschaft (Landschaftsbild/-pflege) schutz, abwehrender Brandschutz, Wasserwehr). Kulturrouten Naturraum (Naturpark, Geopark, Biotop) Als zentrale Bereiche der Daseinsvorsorge sind die Professionalisierung (Service, Qualität) Grundversorgung und soziale Infrastruktur wesent- Zielgruppen, Angebotspakete/-pauschalen lich für die Funktionsfähigkeit einer Gemeinde. Wenn das letzte Einzelhandelsgeschäft schließt, Für die Betriebe der lokalen Ökonomie und die Tou- dann verschwindet nicht nur die lokale Nahversor- rismuswirtschaft ist der Ausbau der Breitbandver- gung mit Gütern des täglichen Bedarfs, sondern es sorgung von zentraler Bedeutung (vgl. Kapitel 2.1.9). verschwindet häufig auch der soziale Treffpunkt Offene Räume (z.B. open labs, Maker spaces, co-wor- einer Gemeinde (insbesondere für ältere Menschen). king-space) können zur Erhöhung oder Entwicklung Treffpunkte wie Gemeinbedarfseinrichtungen sind der Innovationskraft vor Ort beitragen. für ein bürgerschaftliches Engagement sehr wichtig (vgl. Kapitel 2.1.1 und Kapitel 2.1.7). Der Bereich Einzelhandel/Nahversorgung ist dem Themenschwerpunkt Grundversorgung zugeordnet Auch die medizinische Versorgung und Pflegever- (vgl. Kapitel 2.1.5). sorgung sind in vielen Gemeinden des ländlichen Raums nicht ausreichend gewährleistet und Haus- arztstellen bleiben oftmals unbesetzt (in Sachsen- Anhalt wird wegen des Landärztemangels bereits eine Landarztquote diskutiert). Um jüngere Men- schen und Familien halten zu können bzw. sogar als neue Gemeindemitglieder gewinnen zu können, ist es ganz wesentlich, dass das soziale Angebot einer Gemeinde gestärkt, den Zielgruppen bekannt gemacht und die Erreichbarkeit sichergestellt wird (vgl. Kapitel 2.1.8). 16
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Abbildung 10 Grundversorgung, Basisdienstleistungen und Erreichbarkeit von Lebensmittelmärkten Grundversorgung, Basisdienstleistungen und Erreichbarkeit von Lebensmittelmärkten Quelle: IGEK Zahna-Elster, 2017 (erstellt durch: Stadt- und Landschaftsplanung Lutherstadt Wittenberg, Bearbeiterin Kristin Hönschker) 2.1.6 Bildung und Betreuung Schulangebot (Schultyp, Schulträgerschaft, Durch abnehmende Kinder- und Schülerzahlen sind Schulstandorte, Schülerzahlen) im ländlichen Raum auch Einrichtungen zur Bildung Ausbildungsplätze (Betriebe, Fachschulen) und Betreuung von Schließung bedroht. Aktuell und außerschulische Bildung für unterschiedliche zukünftig sind daher eine hinreichende Kapazität Altersgruppen (Volkshochschulen, Musik-/Kunst- und Auslastung sowie eine gute Erreichbarkeit von schulen) großer Bedeutung zur Standortsicherung. Durch Wissenschaft („Sommer-Universitäten“, Betriebsschließungen verlagern sich Ausbildungs- „kreative Pioniere“). plätze in größere Zentren. Ein qualitativ hochwertiges und regional ausgewo- Für den Bereich Bildung sind nachfolgende Aspekte genes Netz an Schulen und anderen Bildungsein- in einem IGEK zu überprüfen: richtungen ist in allen Landesteilen vorzuhalten. Noch weiter verbesserte Kooperationsbeziehungen 17
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt zwischen den einzelnen Schulen sowie zwischen den Dem Bereich Bildung und Betreuung kommt hin- Schulen und anderen (außerschulischen) Bildungs- sichtlich einer Attraktivität für Familien eine große einrichtungen können einen wesentlichen Beitrag Bedeutung zu (Familienfreundlichkeit). leisten. Die Betreuung von weiteren Gruppen wie Senioren Für den Bereich Betreuung sind insbesondere ist anderen Themenschwerpunkten zugeordnet (vgl. folgende Angebote wichtig: Kapitel 2.1.5). (Klein-)Kinderbetreuung, Kindertageseinrichtungen außerschulische Kinder- und Jugendarbeit (Betreuung von Kindern/Jugendlichen in der Freizeit, Jugendhilfe). Abbildung 11 Schulstandorte, Einzugsgebiete und Schülerzahlen für die Gemeinde Hohe Börde im Schuljahr (2016/2017) Quelle: IGEK Hohe Börde, 2014 (erstellt durch: Dr. Bock & Partner GbR, Halle (Saale)) 18
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt 2.1.7 Kultur, Freizeit und Erholung Spiel- und Sporteinrichtungen (Sportstätten, Neben den Angeboten für Bildung und Betreuung Schwimmbäder, Spielplätze) stellen attraktive Angebote und Einrichtungen im Gemeinschaftseinrichtungen (z.B. Dorfgemein- Bereich Kultur, Freizeit und Erholung ganz wesentli- schaftshäuser, Bürgerhäuser, Vereinsheime, Schüt- che Haltefaktoren für den ländlichen Raum, insbe- zenhäuser) sondere für Jugendliche und Familien, dar: Kleingartenwesen (Leerstand, Neustrukturierung, Rückbau). kulturelle Einrichtungen (z.B. Museen, Büche- reien/Bücherbus, Theater, Kino, Kulturhalle, Zu den kulturellen Angeboten gehören im ländlichen Kirchen, Gedenkstätten, etc.) Raum traditionelle Angebote (Brauchtumspflege, Freizeit-/Erholungseinrichtungen (Jugendfrei- Laienkultur, Feste), die zur Identifikation der Bevölke- zeiteinrichtungen, Jugendclubs, Seniorentreffs, rung beitragen und auch ein positives Image fördern Freizeitpark, Minigolf etc.) (Synergien zum Tourismus). Darüber hinaus sind Abbildung 12 Einrichtungen der Freizeitgestaltung Quelle: IGEK Zahna-Elster, 2017 (erstellt durch: Stadt- und Landschaftsplanung Lutherstadt Wittenberg, Bearbeiterin Kristin Hönschker) 19
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt jedoch auch innovative Ansätze der kulturellen Bil- Einen weiteren Schlüssel zu gesellschaftlicher Teil- dung notwendig, um gerade jüngere Menschen vor habe und gesellschaftlichem Zusammenhalt stellen Ort zu halten. Hier bietet sich eine Weiterentwick- Angebote im öffentlichen Raum dar (lebendige Orts- lung und Förderung von Büchereien/Bibliotheken mitte/Dorfkern, Treffpunkte im Freien, Mehrgenera- zu multifunktionalen Kultur- und Bildungseinrich- tionenspielplätze). In diesem Zusammenhang wird tungen an, die als „Dritter Ort“ für Kommunikation auch auf den Sportatlas Sachsen-Anhalt verwiesen. sowie Lern- und Bildungsort für (digitale) Kompeten- zen eine nicht-kommerzielle und niedrigschwellige Anlaufstelle für verschiedene Generationen darstel- 2.1.8 Verkehr und Mobilität len können (mit freiem W-Lan, PC-Plätzen, 3D-Dru- cker, Schulungsangeboten). Ein ähnliches Konzept Bedingt durch eine zunehmende Funktionstrennung kann auch in Dorfgemeinschaftshäusern umgesetzt (Wohnen, Arbeiten, Versorgung nicht am gleichen werden. Ort) kommt es zu steigendem Verkehrs- und Pend- leraufkommen. Die öffentlichen (nah-)verkehrlichen Abbildung 13 Busrouten und Haltestellen Quelle: IGEK Stadt Möckern 2014 (erstellt durch: Büro für urbane Projekte) 20
Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt Angebote wurden in vielen ländlichen Räumen aus- 2.1.9 Technische Infrastruktur gedünnt, so dass es zu einer Zunahme des Individu- alverkehrs kommt. Für alle Anlagen der technischen Infrastruktur spie- len die aktuellen und zukünftigen Auslastungen – in Zur Gewährleistung der Mobilität ist eine Anbin- Abhängigkeit der demografischen Entwicklungen dung und Erreichbarkeit (mit/ohne eigenes Auto) sowie technischen Neuerungen – eine wichtige in hinreichender bzw. attraktiver Quantität und Rolle. Im IGEK kann die technische Infrastruktur mit Qualität wichtig. Ein funktionierender ÖPNV ist für folgenden Einrichtungen und Angeboten abgebildet alle Bevölkerungsgruppen relevant, die aus Alters-, werden: Gesundheits- oder sonstigen Gründen nicht mit dem privaten Pkw ihre Wege zurücklegen können (dazu Wasserver-/entsorgung (Trinkwasser, Abwasser) gehören neben Schülern und Auszubildenden insbe- Energieversorgung (auch erneuerbare Energien sondere ältere und behinderte Menschen). aus Wind, Wasser, Biomasse, Solar/Photovoltaik) Der Fokus der gemeindlichen Entwicklung sollte Gas daher auf dem qualitativen Ausbau der ÖPNV-Ange- Fernwärme bote liegen (Reduzierung Flächenverbrauch, Klima- Geothermie schutz). Abfallentsorgung Kommunikationsdienste (Telekommunikation, Im IGEK können für den Bereich Verkehr und Mobili- Breitband/DSL, Mobilfunk) tät folgende Aspekte relevant sein: städtische Liegenschaften (z.B. Bauhöfe, Feuer- wehr). Schienenpersonen(nah-)verkehr (Bahnanbindung, Bahnhöfe, Haltepunkte) und übriger ÖPNV (Lini- Die Verkehrsinfrastruktur ist gesondert beschrieben enbusse, Rufbusse, Schülerverkehr) (vgl. Kapitel 2.1.8). alternative Bedienformen (Bürgerbus, Mitfahrsys- teme, Ruf-/Sammeltaxi, Car-Sharing, KombiBus) Insbesondere im Bereich der technischen Infrastruk- Verkehrswege, Straßen- und Wegenetz (Unterhal- tur kommen interkommunaler Zusammenarbeit und tung, Instandsetzung/Sanierung, Rückbau) Kooperationen eine besondere Rolle zu (vgl. Kapitel Pendlerbewegungen/-ströme 3.1.3). Elektromobilität (Ladestationen, Fuhrpark der Kommune/Stadtwerke) Hinsichtlich der Energieversorgung bestehen auch Verkehrsberuhigung und Parkplatzsituation. auf der Ebene der Gemeinde Herausforderungen aus der Energiewende sowie Möglichkeiten einer dezen- Zur Mobilität gehören auch mobile Versorgungsan- tralen Energieversorgung (z.B. Blockheizkraftwerke). gebote (fahrende Bibliothek, mobiles Bürgerbüro, Im Interesse des Klimaschutzes und der Entlastung mobiler Laden, Marktwagen, medizinische Dienste, der kommunalen Haushalte sollen mit Aussagen Liefer- und Kurierdienste), die eingesetzt werden, zum Energieverbrauch öffentlicher Einrichtungen wenn sich stationäre Einrichtungen unter betriebs- Einsparpotenziale ermittelt werden. wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr loh- nen. Sie können stationäre Versorgungseinrichtun- Eine flächendeckende stabile Breitbandversorgung gen ergänzen und bringen das Produkt zum Kunden stellt für Wirtschaftsunternehmen, Bildungseinrich- (vgl. Kapitel 2.1.5 und Kapitel 2.1.7). tungen, kulturelle Einrichtungen, den Nahverkehr/ Mobilitätsportale, private Haushalte und die öffentli- che Verwaltung eine elementare Standortbedingung dar (vgl. Kapitel 2.1). Gerade in ländlichen Räumen kann ein diesbezüglich gutes Angebot die Attraktivi- tät als Wohn- und Lebensstandort erheblich erhöhen (z.B. Online-Marktplätze, Homeoffice/Telearbeit). 21
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