RTL, ProSiebenSat.1, SRF und Co. finden vor Gericht kei Gehör im Streit um Replay-TV
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20.9.2018 Replay-TV: SRF, RTL und Co. finden vor Gericht kein Gehör | NZZ RTL, ProSiebenSat.1, SRF und Co. finden vor Gericht kei Gehör im Streit um Replay-TV Die Fernsehsender möchten über direkte Verhandlungen mit den Verbreitern höhere Entschädigungen für Replay-TV durchsetzen. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht in einem neuen Urteil einen Riegel geschoben. Doch die Sender geben noch nicht auf. Christoph G. Schmutz 20.9.2018, 12:28 Uhr In der Schweiz schwelt ein Streit um die korrekte Entschädigung und akzeptable Rahmenbedingungen für zeitversetztes Fernsehen. Mit einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht dabei den Fernsehsendern einen Dämpfer verpasst. Bei Replay-TV handelt es sich insbesondere um Angebote von Telekomunternehmen wie der Swisscom, die den Konsumenten ermöglichen, eine Sendung nach der erstmaligen Ausstrahlung anzuschauen und dabei auch die Werbung zu überspringen. Dadurch sinkt für die Fernsehsender selbstredend die Reichweite, weniger Menschen schauen die Reklame-Spots, und dadurch sinken tendenziell die Werbeeinnahmen. Für das Replay-TV gibt es eine Entschädigung, die Swisscom und andere Verbreiter an die Fernsehsender abführen müssen. Diese wird durch das Urheberrecht geregelt und ist SRF, RTL & Co. zu niedrig. Dadurch könne man die theoretisch errechneten Ausfälle bei der Werbung niemals kompensieren, heisst es von ihrer Seite. In der konkreten Auseinandersetzung vor Gericht ging es um die Frage, ob die Fernsehsender die entsprechende Entschädigung und weitere Bedingungen direkt mit den Verbreitern aushandeln können. Der im Urheberrechtsgesetz geregelte Prozess sieht keine solchen direkten Verhandlungen vor. https://www.nzz.ch/wirtschaft/replay-tv-srf-rtl-und-co-finden-vor-gericht-kein-gehoer-ld.1421601 1/6
20.9.2018 Replay-TV: SRF, RTL und Co. finden vor Gericht kein Gehör | NZZ Zank um zeitversetztes Fernsehen Christoph G. Schmutz / 4.4.2018, 07:00 Denn das Replay-TV wird grundsätzlich als private Kopie der Zuschauer eingestuft, auch wenn sie von einem Dienstleister angefertigt wird. Die private Kopie wurde vor einigen Jahrzehnten eingeführt, als technische Möglichkeiten es den Konsumenten erstmals erlaubten, Radio- und Fernsehsendungen auf Kassetten und Videobänder aufzuzeichnen. Man stellte sich die Frage, ob diese Möglichkeit verboten werden sollte oder nicht. Viele Länder, auch die Schweiz, folgten dann dem zunächst in Deutschland gewählten Vorgehen. Demnach ist die private Kopie erlaubt, sie muss aber entschädigt werden. Die Entschädigung ist geschuldet von den Konsumenten und steht den Rechteinhabern zugute. Dabei handelt es sich aber nicht nur um die Fernsehsender, sondern im Prinzip um jeden Künstler, Schauspieler, Komponisten und weitere Kreative, die in irgendeiner Weise zu einer Sendung, einem Film oder zu einem anderen ausgestrahlten Beitrag beigetragen haben. Grundsätzlich müsste also eigentlich jeder einzelne Konsument mit jedem Rechteinhaber vertraglich regeln, welche Entschädigung fällig ist. Tarif wird ausgehandelt Da das nicht umsetzbar ist, wurde das System der kollektiven Rechteverwertung auf die Entschädigung der Privatkopie angewandt. Das heisst, beide Seiten – Nutzer und Rechteinhaber – müssen sich von Verbänden vertreten lassen, die ihre Rechte bündeln. Diese Vertreter, es handelt sich auf der Seite der Rechteinhaber um fünf sogenannte Verwertungsgesellschaften wie etwa die Suisa und Swissperform, einigen sich dann auf einen Tarif, der von der Eidgenössischen Schiedskommission gutgeheissen wird. https://www.nzz.ch/wirtschaft/replay-tv-srf-rtl-und-co-finden-vor-gericht-kein-gehoer-ld.1421601 2/6
20.9.2018 Replay-TV: SRF, RTL und Co. finden vor Gericht kein Gehör | NZZ Die Fernsehsender waren nun unzufrieden mit den von ihrer Verwertungsgesellschaft Swissperform ausgehandelten Bedingungen und Preisen. Deshalb wollte man direkte Verhandlungen anstreben. Die Schiedskommission hat jedoch den Fernsehsendern diese sogenannte Parteistellung verwehrt und die Berufungsinstanz, das Bundesverwaltungsgericht, hat diese Sichtweise gutgeheissen. Stark vereinfacht gesagt meinte das Gericht, dass die Rechte der Fernsehsender im bestehenden Prozess ausreichend wahrgenommen würden und dass es keinen Grund gebe, wieso die TV-Stationen – nur weil sie mit den Bedingungen unzufrieden seien – nun einen Platz im Verhandlungstisch bräuchten. Rückschlag für die TV-Sender Für die Fernsehsender handelt es sich um einen Rückschlag in einer für sie sehr wichtigen Angelegenheit. In einer Stellungnahme schreibt die Interessengemeinschaft Radio und Fernsehen (IRF), man prüfe einen Weiterzug des Urteils ans Bundesgericht. Gleichzeitig ist aber die IRF daran, weitere Hebel in Bewegung zu setzen, um den für sie unbefriedigenden Zustand zu ändern. Im Vordergrund steht dabei eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen. Dabei versuchten die Sender zunächst, ihr Anliegen im derzeit in Revision stehenden Fernmeldegesetz (FMG) unterzubringen. Das gelang zunächst auch, doch wurden die entsprechenden Passagen nach der Beratung in der vorbereitenden Kommission wieder aus dem Gesetzesentwurf entfernt. Die Problematik solle im Urheberrecht geregelt werden, hiess es, dort gehöre die Sache hin, nicht ins FMG. Schützen des Programms statt der Sendung https://www.nzz.ch/wirtschaft/replay-tv-srf-rtl-und-co-finden-vor-gericht-kein-gehoer-ld.1421601 3/6
20.9.2018 Replay-TV: SRF, RTL und Co. finden vor Gericht kein Gehör | NZZ Beim IRF laufen nun die Arbeiten, einen Vorschlag für eine Anpassung des Urheberrechtsgesetzes zu machen, der sie zufriedenstellen würde. Dabei steht im Vordergrund, dass man statt die Sendung künftig das Programm schützen will. In Artikel 37 steht dazu, dass die Sendeunternehmen das ausschliessliche Recht haben, ihre Sendungen zugänglich zu machen. Dieser Schutz soll von der einzelnen Sendung auf das Programm an sich ausgeweitet werden. Dahinter steht folgende Überlegung. Wer das Programm etwa von RTL über das Internet zeitversetzt zur Verfügung stellt, wie etwa auch Wilmaa, Zattoo und andere TV-Streaming-Anbieter, der soll den normalen Tarif dafür begleichen. Wer aber das Programm abändern will, es also unter Aussparung der Werbung oder unter Ergänzung von eigener Werbung ausstrahlen möchte, der muss dazu zuerst das Einverständnis der Sender abholen. Die IRF strebt also an, Swisscom & Co. an den Verhandlungstisch zu zwingen. Man will demnach Replay-TV nicht verhindern, aber man will nicht tatenlos zuschauen, wie die Verbreiter mit einem fremden Produkt Geld machen, ohne dafür eine in einer direkten Verhandlung ermittelte, angemessene Entschädigung zu bezahlen. Nicht viel zu holen Eine weitere Option wäre, dass die Fernsehsender versuchen, ihre Stellung in der Verwertungsgesellschaft zu stärken. Das könnte etwa mit einer Klage bei der Aufsichtsbehörde der Schiedskommission geschehen, dem Institut für geistiges Eigentum. Oder aber indem wieder eine Erfordernis von einstimmigen Entscheidungen eingeführt wird und die Sender damit nicht mehr so einfach von den übrigen Rechteinhabern überstimmt werden könnten. Das dürfte allerdings als unerfreuliche Konsequenz gleichzeitig den Prozess der Tarifermittlung erheblich verlangsamen und behindern. Zudem ist im Gesetz die maximale Entschädigung bei 13% der Einnahmen der Verbreiter gedeckelt. Es gibt also auf diesem Wege gar nicht so viel zu holen, wie die Sender möchten. Grundsätzlich führt das derzeitig gültige urheberrechtliche Prozedere also tatsächlich dazu, dass die Fernsehsender sich gegenüber den Verbreitern in keiner allzu starken Position befinden. Dass das Parlament diese Position im revidierten Urheberrecht etwas stärken will, ist durchaus bedenkenswert. Schliesslich stellt der staatliche Zwang zur Kollektivverwertung von Urheberrechten, wie er in diesem Gebiet zur Anwendung kommt, einen erheblichen staatlichen Eingriff dar. https://www.nzz.ch/wirtschaft/replay-tv-srf-rtl-und-co-finden-vor-gericht-kein-gehoer-ld.1421601 4/6
20.9.2018 Replay-TV: SRF, RTL und Co. finden vor Gericht kein Gehör | NZZ Überspulen lässt sich kaum verbieten Ebenso sollten aber die Fernsehsender das grosse Bild nicht aus den Augen verlieren und sich nicht zu stark auf die heutige Technologie fokussieren. Sobald genügend grosse Speichermedien zur Verfügung stehen, dass jeder einzelne Konsument sämtliche freien Fernsehsender während einer Woche oder mehr gleichzeitig selbst bei sich zu Hause aufzeichnen kann, löst sich der ganze Zank in Luft auf. Denn wer würde ernsthaft auf die Idee kommen, dass Konsumenten bei sich zu Hause auf ihrer quasi digitalen Videokassette die Werbung eines aufgezeichneten Films nicht überspulen dürfen? Insofern liegen die Fernsehsender richtig, dass sie sich vor dem Replay-TV fürchten. Doch es würde sie unter Umständen weiter führen, wenn sie sich auf ihre Stärken, nämlich eigene, qualitativ hochstehende und unterscheidbare Inhalte, fokussieren würden. Gleichzeitig müssen sie sich wohl auch an die schwierige Aufgabe machen, neue Geschäftsmodelle zur Monetarisierung dieser Inhalte zu entwickeln. Denn das lineare TV mag sich noch einige Zeit halten, doch Netflix, Youtube & Co. zeigen, dass sich diese Ära früher oder später wohl dem Ende zuneigt, Replay-TV hin oder her. Kommission kippt Verbot von Replay-TV wieder – und setzt auf anderen Weg Das zeitversetzte Fernsehen soll möglich bleiben, doch soll die Abgeltung neu geregelt werden. Das will die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates. Lukas Mäder, Bern / 28.8.2018, 20:19 Die Fernsehstationen verlangen mehr Mitsprache bei TV-Angeboten der Zukunft Anbieter von Replay-TV und Mediatheken mit einzelnen Sendungen machen den Fernsehstationen Werbeeinnahmen streitig. Die Sender wehren sich und suchen Unterstützung bei der Politik. Doch damit stossen sie auf Widerstand. Lukas Mäder, Bern / 25.8.2018, 05:30 https://www.nzz.ch/wirtschaft/replay-tv-srf-rtl-und-co-finden-vor-gericht-kein-gehoer-ld.1421601 5/6
20.9.2018 Replay-TV: SRF, RTL und Co. finden vor Gericht kein Gehör | NZZ Newsletter Wirtschaft Bleiben Sie mit unserem täglichen Newsletter auf dem Laufenden. Überblick und Einordnung der wichtigsten Wirtschaftsthemen. Vor Börsenbeginn ausgewählt von der Redaktion. Hier können Sie sich mit einem Klick kostenlos anmelden. Copyright © Neue Zürcher Zeitung AG. Alle Rechte vorbehalten. Eine Weiterverarbeitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung zu gewerblichen oder anderen Zwecken ohne vorherige ausdrückliche Erlaubnis von Neue Zürcher Zeitung ist nicht gestattet. https://www.nzz.ch/wirtschaft/replay-tv-srf-rtl-und-co-finden-vor-gericht-kein-gehoer-ld.1421601 6/6
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