Schlussbericht der 24. Weltfilmtage Thusis
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Schlussbericht der 24. Weltfilmtage Thusis Zum 24. Mal wurde vom 4.-9. November 2014 das kleine, aber feine Kino Rätia in Thusis zum Zentrum des “Weltkinos“. Zu sehen waren 44 Filme aus über 20 Ländern. Länder, die üblicherweise nicht im Zentrum des cinematographischen Interesses stehen. Im Fokus des grössten und traditionsreichsten Bündner Filmfestivals stand dieses Jahr der indische Subkontinent. Ehrengast war der indische Menschenrechtsaktivist Rajagopal P.V., der im Kanton Graubünden gleich eine ganze Reihe von Auftritten hatte. Ergänzt wurde das reichhaltige Programm wie jedes Jahr durch Filmgespräche mit Filmemachern aus der ganzen Welt. Parallel dazu brachte die Kino-Beiz im Hotel Weiss Kreuz die auf der Leinwand präsentierten Länder wie immer aufs Feinste auf den Teller. Am Sonntag dem 9. November sind die Weltfilmtage in Thusis mit dem chinesischen Spielfilm„Nightingale/Nachtigall“ erfolgreich zu Ende gegangen. Insgesamt besuchten 3700 Zuschauerinnen und Zuschauer die 44 Dokumentar- und Spielfilme, die im Kino Rätia zu sehen waren. Dies ist eine leichte Steigerung der Publikumszahlen im Vergleich zu den Vorjahren, wobei auch die Zahl der Vorführungen dieses Jahr leicht höher war. Insbesondere die Abendvorstellungen der Filme aus über 20 verschiedenen Ländern waren sehr gut besucht und am Wochenende regelmässig ausverkauft. Brennpunkt Indien Der indische Subkontinent mit seinen sozialen und ökonomischen Ungerechtigkeiten sowie seiner Tradition der Gewaltfreiheit im Zeichen Mahatma Gandhis stand im Fokus der diesjährigen Weltfilmtage Thusis. Höhepunkte des Programms der 24. Ausgabe waren die Auftritte des indischen Menschenrechtsaktivisten P.V. Rajagopal, der sich seit Jahrzehnten gewaltfrei für die rechtlose indigene Landbevölkerung, die Adivasi, einsetzt. Gleich zwei gezeigte Filme aus der Schweiz befassten sich mit dem indischen Menschenrechtsaktivisten P.V. Rajagopal und seinem Engagement für die rechtlose, ärmste Landbevölkerung. In “Millions can walk” dokumentiert der Schweizer Filmemachers Christoph Schaub, den Protestmarsch von hunderttausend landlosen Bauern und Ureinwohner nach Delhi. Unter ihnen der charismatische Rajagopal, ehemaliger Ghandi-Schüler, nun Leader und Vordenker der Bewegung. Schaub wurde von der indischen Regierung die Einreise für die Dreharbeiten untersagt. Er konnte den Film schliesslich nur via Telefon und mit Hilfe seines schweizerisch-indischen Kollegen Kamal Musale fertig
stellen. Ebenfalls mit dem Schicksal der Adivasi und Rajagopals humanitärem Engagement beschäftigt sich der Film “Ahimsa - Die Stärke von Gewaltfreiheit” des Schweizer Regisseurs Karl Saurer, der am Samstagmorgen der Weltfilmtage zu sehen war. Filmmstill aus „Milions can walk“ von Christoph Schaub P.V. Rajagopal und Küde Mayer (CESCI)
P.V. Rajagopal äusserte sich in Thusis zufrieden über die bisherigen Zugeständnisse der indischen Behörden, den Adivasi Landrechte einzuräumen. Aber man wolle den Druck aufrechterhalten und plane bereits einen neuen, noch grösseren Protestmarsch nach Delhi in fünf Jahren. Im Rahmen der Weltfilmtage hatte Rajagopal in Zusammenarbeit mit dem "Centre for Socio-Cultural Interaction" (CESCI) gleich mehrere Auftritte im Kanton Graubünden, in Ilanz, Disentis und Maloja, und berichtete dabei von seinem humanitären Einsatz. Der schweizerische Förderverein CESCI war zudem die diesjährige Gastorganisation an den Weltfilmtagen und hatte die Gelegenheit sich dem interessierten Publikum vorzustellen, so auch mit einer informativen Ausstellung und einem Verkaufsstand während der ganzen Weltfilmtagewoche im Kirchgemeindesaal der Evangelischen Kirche Thusis. Ein weiterer Gast aus Indien war die in Zürich lebende indische Filmemacherin Farida Pacha. Für ihren Film “My name is salt” portraitierte sie zusammen mit ihrem Kameramann und Lebenspartner Lutz Konermann indische Salzbauern, die der Wüste und dem Meer in traditioneller Handarbeit mühevoll und mit stoischer Geduld das weisse Gold Salz abtrotzen. Die preisgekrönte Dokumentation hat auch das Thusner Publikum begeistert. Und im Anschluss an den Film gab es viel Lob und ein überaus angeregtes Filmgespräch mit Farida Pacha. Links: Farida Pacha beantwortete die zahlreichen Fragen des Publikums geduldig und ausführlich. Rechts: Filmmstill aus „My Name is Salt“ Bereichernder Austausch mit Filmemachern aus aller Welt Das Filmfestival in Thusis ist bekannt für die familiäre Atmosphäre und die persönlichen Filmgespräche mit Gästen aus aller Welt. Ein weiterer Höhepunkt an den 24. Weltfilmtagen war die Werkschau und der Besuch des aus dem Nordirak stammenden kurdischen Regisseurs Shawkat Amin Korki. In den drei Filmen, die er bisher realisierte, thematisiert Korki hauptsächlich das Leben von Irakischen Kurden im Norden des Iraks. Die 24.Weltfilmtage Thusis zeigten sie alle drei: „Crossing the Dust“ (2006), „Kick Off“ (2009) und sein neuster Film „Memories on Stone“. „In jeder Tragödie findet man auch eine Komödie“ zitierte die Südostschweiz vom 10.
November 2014 den Regisseuren Korki zu Gast in Thusis. Korkis Zuversicht und Optimismus während dem Filmgespräch hat das Publikum berührt. So bezeichnete Korki auch die derzeitige Lage in seiner Heimat zwar als kritisch, aber nicht als aussichtslos und er kehrte gleich nach seinem Besuch in Thusis in den umkämpften Nordirak zurück. Das Filmplakat zu Korkis Film „Memories on Stone“ und Korki beim angeregten Filmgespräch in Thusis. Lisa Fässler auf einer Gedenkskarte und Kameramann Pio Corradi im Kino Rätia.
Ein weiterer Gast an den 24. Weltfilmtagen in Thusis war der Kameramann Pio Corradi. Anlässlich der Vorführung „Tumult im Urwald“ würdigte Corradi das Leben und Schaffen der kürzlich verstorbenen Dokumentarfilmerin Lisa Fässler, die mit ihren Arbeiten regelmässig und mehrmals in Thusis zu Gast war. Weiter zeigte die Österreichische Dokumentarfilmerin, Theatermacherin und Aktivistin Tina Leisch ihren Film „ Roque Dalton, erschiessen wir die Nacht“ persönlich in Thusis und stellte sich nach der Vorführung den Fragen des Publikums. Filmstill aus „Roque Dalton erschiessen wir die Nacht“ und Tina Leisch im Gespräch mit Daniel Von Aarburg. Höhepunkte des aktuellen Weltkinos in Thusis Wie jedes Jahr hat es die Programmkommission auch dieses Jahr geschafft, die Höhepunkte des Filmjahres im engagierten Dokumentarfilm und fiktionalen Autorenkino aus der ganzen Welt ins kleine, aber feine Kino Rätia in Thusis zu holen. Einen Schwerpunkt im Programm der 24. Weltfilmtage bildeten Filme zum demokratischen arabischen Frühling bzw. der fundamentalistischen Gegenrevolution. Mit “The Square” zeigten die Weltfilmtage eine Hommage an den Tahrir-Platz in Kairo. Der Film begleitete über mehrere Jahre Demonstranten bei der ägyptischen Revolution, die mit Hosni Mubaraks Sturz noch lange nicht zu Ende gehen sollte. Der Film erhielt seit seiner Weltpremiere am Sundance Film Festival 2013 zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem die Nomination für den Oscar 2014 in der Kategorie bester Dokumentarfilm. Filmstill aus „The Square“ und aus „Kinder des Himmels“ In einer ausverkauften Schweizer Vorpremiere zeigten die 24.Weltfilmtage auch den Spielfilm “Timbuktu” von Abderrahmane Sissako aus Mali. Der Film erzählt die brisante Geschichte der sagenumwobenen malischen Stadt Timbuktu, die von
Dschihadisten übernommen wird. Im Programm immer auch einige Filme Schweizer Filmschaffender, die sich mit Themen aus den so genannten Schwellen- bzw. Entwicklungsländern auseinandersetzen. So zeigten die 24. Weltfilmtage den Film „Eduardo Falú“, den die zwei Filmemacher und Musiker aus der Region Arno Oehri und Oliver Primus realisiert haben. Mit dem Film haben sie dem vergangenes Jahr verstorbenen argentinischen Meistergitarristen Eduardo Falú (1923 – 2013) eine filmische Hommage gewidmet. Ausgehend von dessen spezieller Beziehung zur Landschaft im Nordwesten Argentiniens, zu einer Heimatstadt Salta, zu den weiten Ebenen der Pampa und dem hochaufragenden Gebirge der Anden, verfolgt das Filmportrait die Stationen von Falús Leben und Karriere. Weltfilmtage für junges Publikum Der Förderverein der Weltfilmtage sponsert jedes Jahr verschiedene Veranstaltungen in Thusis und neu auch in Bergün, durch die man sich ein künftiges Weltfilmtage-Publikum heranzuziehen hofft. In Bergün wurde Schülerinnen und Schülern im Vorfeld der Weltfilmtage ein Kinobesuch im Saal des Hotels Kurhaus ermöglicht, in Thusis ein Workshop für Kinder in Zusammenarbeit mit dem "Centre for Socio-Cultural Interaction" (CESCI) durchgeführt. Ausserdem gehörte der schulfreie Mittwochnachmittag an den Weltfilmtagen traditionellerweise einem Programm mit Filmen speziell für Kinder und Jugendliche. In Zusammenarbeit mit dem Kinderfilmkulb Zauberlaterne wurde dieses Jahr der Film “Kinder des Himmels” gezeigt, ein Film aus dem Iran um ein Geschwisterpaar, das sich ein Paar Schuhe teilen muss. Eine Spezialvorführung des Films gab es für die 3.-6. Klasse der Primarschule Filisur. Welch wertvollen Eindruck so ein Film bei Kinder hinterlassen kann, schreibt die Lehrerin Christina Bürgy in ihrer Rückmeldung an die Weltfilmtage: „Ich möchte mich im Namen der 3.-6. Klasse Filisur ganz herzlich bei Ihnen für den tollen Film bedanken. Wir haben am nächsten Tag den Film besprochen. Wir waren eine ganze Lektion intensiv mit Gesprächen beschäftigt. Den Schülerinnen und Schüler hat der Film sehr Eindruck gemacht und ich habe viele positive Rückmeldungen erhalten. Für die Kinder war es sehr eindrücklich und spannend, eine andere Kultur zu sehen, aber auch den eigenen Wohlstand zu erkennen. Nochmals vielen Dank dafür.“ Schon seit acht Jahren sind die Filmtage21 (bisher hiessen sie Filmtage Nord/Süd) fester Programmpunkt der Weltfilmtage. Dieses Jahr präsentierten die Filmtage21 danach wieder eine Auswahl von Kurz- und Dokumentarfilmen, die aktuelle Themen aufgreifen und für Unterricht und Bildungsarbeit geeignet sind. In diesem Jahr ging es unter anderem um die Umweltverschmutzung durch Plastik, sowie um Kurzfilme zu Chancen und Herausforderungen der multikulturellen Gesellschaft. Mit Engagement und Zuversicht in die Zukunft Kommendes Jahr feiern die Weltfilmtage ihren 25-jährigen Geburtstag. Das Programm für dieses Jubiläum ist derzeit noch in der Planungsphase. Das Organisationskomitee der Weltfilmtage blickt zuversichtlich die Zukunft, obwohl die Finanzierung des Festivals jedes Jahr eine Herausforderung ist. Einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung leistet Förderverein Weltfilmtage. Dieser wurde 2010 aus der Taufe gehoben, als ausgerechnet zum 20-Jahr-Jubiläum die
Weltfilmtage aus finanziellen Gründen ernsthaft in Frage gestellt waren. Das grösste und traditionsreichste Bündner Filmfestival sollte trotz abnehmender Unterstützungsgelder noch lange weitergeführt werden können. Rund 130 begeisterte Kinogängerinnen und Kinogänger helfen nun mit ihrem Beitrag das jeweilige Restdefizit zu decken und somit langfristig die Weltfilmtage finanziell abzusichern. Zudem sponsert der Förderverein jedes Jahr einen Film für das Kinderprogramm und der Vorstand des Fördervereins hilft den Weltfilmtagen sich in Politik, Filmbranche und Wirtschaft vermehrt zu vernetzen. Allen Gönnerinnen und Gönnern des Fördervereins auch auf diesem Weg ein herzliches Dankeschön. Ebenso geht der Dank an die Sponsoren. Ohne deren Unterstützung, allen voran der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, aber auch der Kulturförderung Graubünden, der Graubündner Kantonalbank, dem Migros Kulturprozent und dem Claro Laden wäre die 24. Ausgabe der Weltfilmtage nicht möglich gewesen. Ein herzliches Dankeschön auch an die lokalen und regionalen Medien, die auch dieses Jahr wieder zahlreich und umfangreich über die 24. Weltfilmtage berichtet haben. Am Stammtisch der Kinobeiz im Restaurant Weiss Kreuz und zufriedenes Publikum im Kino Rätia. Urheber aller Fotos in diesem Schlussbericht ist Thomas Keller. Thusis, November 2014 /FB
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