Schulterchirurgie - Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie - österreichische Gesellschaft für ...
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EUR 9,– Jahrgang 23/2018 Österreichische Post AG, MZ 09Z038204M, Retouren an PF555, 1008 Wien ISSN 1997-8308, Universimed CMC GmbH, Markgraf-Rüdiger-Straße 6–8, 1150 Wien Offizielles Medium der ÖGO, ÖGU und ÖGOuT 6 / 2018 Orthopädie & Traumatologie www.universimed.com Rheumatologie © iStockphoto.com/AlenaPaulus Themenschwerpunkt | ab Seite 12 Schulterchirurgie Rheumatologie | Seite 60 Neue Kriterien für die Klassifikation des SLE
22. GOTS TREFFEN Österreich © Bernhard Fiedler WINTERSPORT – QUO VADIS ? THEMEN • Winter-Sportverletzungen und deren Auswirkungen • Knieverletzungen und deren Behandlung • Ortho meets Trauma • Vorträge, Diskussionen, Workshops, Consensus SPORTRESORT HOHE SALVE NEUE LOCATION A-6361 Hopfgarten im Brixental, Meierhofgasse 26 Mail: event/hohesalve.at • Web: www.hohesalve.at • Tel.: +43 5335 2420 505 Medizinischer Ehrengast: Professor Dr. Romain Seil, Luxemburg, GOTS-Präsident EHRENGÄSTE Sportehrengast: Mag. Anton Innauer, ehemaliger Skispringer und Skisprungtrainer, Olympiasieger und Weltmeister WISSENSCHAFTLICHE Univ.Prof. Dr. Stefan Nehrer, Donau Universität Krems, LEITUNG Zentrum für regenerative Medizin • Web: www.donau-uni.ac.at/zm Dr. Klaus Dann, Ordinationsgemeinschaft top-med • Web: www.top-med.at 28. bis 31. März 2019 Hopfgarten im Brixental • Diplom-Sportmedizin der ÖÄK Ärztesport EINGEREICHT FÜR • DFP-Programm Orthopädie und Orthopädische Chirurgie • Fachspezifische Punkte nur für ÖÄK Diplome ORGANISATION Mag. Eva Haas • Mail: office@evahaas.at • Tel.: +43 (0)664 406 4711 www.gots.at Vorträge | Diskussionen | Consensus | Workshops he date Save t OTP III kurs Grund Mai 2019 . 9. – 11 orf/See rsd Pode
Editorial C. Lindengrün ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE Sehr geehrte Leserinnen und Leser! Es ist bereits die letzte Ausgabe des Jahres 2018, die hier Patientinnen und Patienten der vor Ihnen liegt. Fast 500 Seiten JATROS Orthopädie & Trau- Orthopädie verständlich aufzu- matologie Rheumatologie haben wir heuer gedruckt. Ohne bereiten. Das zunehmende Interesse Ihre Hilfe wäre es nicht möglich gewesen, diese Seiten mit der Leser zeigt uns, dass wir damit ansprechenden, informativen Beiträgen zu füllen. Ich eine Lücke füllen konnten. In möchte mich daher bedanken: bei all den Experten, die mich vierteljährlichen Abständen wird bei der Themenauswahl unterstützt haben (in der aktuellen top Orthopädie weiterhin patienten- Ausgabe waren dies Prof. Christian Fialka und Dr. Werner relevante Themen aufgreifen. Wenn Anderl); bei den Autoren für ihre Bereitschaft, ihr Wissen via Sie diese Broschüren auch Ihren JATROS an Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben; bei Patienten im Wartezimmer kosten- unseren Inserenten und Sponsoren für die gute Zusammen- frei zur Verfügung stellen wollen: arbeit und freundliche Unterstützung und bei den Leserin- Patientenzeitung für Ihr Das Bestellformular finden Sie unter nen und Lesern für ihr Feedback und den wertvollen Input. Wartezimmer www.universimed.com/top-ortho. Es ist mir aber auch ein Anliegen, mich bei meinen Kollegin- nen und Kollegen hier im Universimed-Verlag zu bedanken, die „im Hintergrund“ für die hohe Qualität von JATROS Im Namen des gesamten Teams wünsche ich Ihnen nun Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie sorgen und einen angenehmen Jahresausklang und einen guten Start ins deren Namen in bescheidener Schriftgröße im Impressum neue Jahr. auf Seite 7 erscheinen. Ihre Neben den sechs JATROS-Ausgaben haben wir heuer neu auch vier Ausgaben der Patientenzeitung top Orthopädie Mag. Christine Lindengrün produziert. In Zusammenarbeit mit dem BVdO bemühen wir Chefredaktion uns, wissenschaftliche und medizinische Informationen für christine.lindengruen@universimed.com Wissenschaftliche Beiräte D. Aletaha, Wien; W. Anderl, Wien; C. Bach, Leverkusen; N. Böhler, Linz; P. Bösch, Wr. Neustadt; H. Boszotta, Eisenstadt; M. Breitenseher, Horn; W. Brodner, Krems; E. Cauza, Wien; K. Dann, Wien; M. Dominkus, Wien; U. Dorn, Salzburg; R. Dorotka, Wien; A. Engel, Wien; L. Erlacher, Wien; R. Eyb, Wien; C. Fialka, Wien; M. Friedrich, Wien; R. Ganger, Wien; A. Giurea, Wien; R. Graf, Stolzalpe; W. Graninger, Graz; W. Grechenig, Graz; F. Grill, Wien; J. Grisar, Wien; G. Grohs, Wien; G. Gruber, Graz; K. Gstaltner, Wien; J. Hochreiter, Linz; S. Hofmann, Stolzalpe; H. Imhof, Wien; S. Junk-Jantsch, Wien; F. Kainberger, Wien; R. Kdolsky, Wien; K. Knahr, Wien; R. Kotz, Wien; P. Krepler, Wien; M. Krismer, Innsbruck; W. Lack, Wien; B. Leeb, Stockerau; K. Machold, Wien; R. Maier, Baden; S. Marlovits; Wien; M. Mousavi, Wien; T. Muellner, Wien; S. Nehrer, Krems; T. Neubauer, Horn; M. Nicolakis, Wien; M. Nogler, Innsbruck; A. Pachucki, Amstetten; G. Pflüger, Wien; R. Puchner, Wels; F. Rainer, Graz; H. Resch, Salzburg; P. Ritschl, Wien; K. Schatz, Wien; G. Schippinger, Graz; M. Schirmer, Innsbruck; W. Schneider, Wien; H. Seitz, Judenburg; F. Singer, Laab i. W.; H. Tilscher, Wien; K. Trieb, Wels; H.-J. Trnka, Wien; C. Tschauner, Stolzalpe; A. Ulreich, Gröbming; V. Vécsei, Wien; A. Wanivenhaus, Wien; R. Windhager, Wien; C. Wurnig, Wien; P. Zenz, Wien; J. Zwerina, Wien Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 6 / 2018 3
GOTS 34. Jahreskongress der Gesellschaft für Orthopädisch- Traumatologische Sportmedizin 27. – 29. Juni 2019 Salzburg Congress, Österreich au pt th em en • Sp ort im Senium H • Sp or t m it Prothese • Prävention von ab – Rehab – Sp or tver letz un ge n • Pr eh Fo lgen w an n fangen wir • Sport und es an? bei Kindern h op s | In st ruktio n skur se | Symposien Works Kongresspräsident Wissenschaftliche Organisation Dr. med. univ. Rolf Michael Krifter Prof. Dr. med. Stefan Nehrer Prof. Dr. med. Romain Seil Kongresssekretär Prof. Dr. med. Thomas Tischer Dr. med. univ. Christian Lang Dr. med. Casper Grim Dr. Alli Gokeler www.gots-kongress.org | Veranstalter: Intercongress GmbH Partner der GOTS:
Inhalt ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE ÖGOuT 24 Biomechanische Untersuchung der Tubercula-Refixation mit Kabel- oder 8 Der neue Facharzt für Faden-Cerclagen an die inverse Orthopädie und Traumatologie Schulterprothese D. Knierzinger, Innsbruck GOTS-NACHRICHTEN 28 Das „Plumbersyndrom“ 10 Kinder- und Jugendsport: A. Prodinger, Stolzalpe Effekte und Gefahren SCHULTER 32 Entgeltliche Einschaltung Die arthroskopische J-Span-Plastik bei vorderer 12 Microfracturing: Schulterinstabilität mit knöchernem Glenoiddefekt auch in der Schulter eine Option J. K. Frank, Wien W. Anderl, Mödling ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE 14 Infektionen in der Schulter- 36 Entgeltliche Einschaltung arthroskopie: selten, aber Impuls Hüfte – Tradition aus Leidenschaft nicht zu unterschätzen W. Anderl, Mödling, 38 Aufnahme und Freisetzung von Antibiotika L. Pauzenberger, Wien in humanen Knochenblöcken M. Barbeck, Hamburg 18 Tranexamsäure – Goldstandard auch in der Schulterendoprothetik L. Pauzenberger, Wien 41 Einfluss des OP-Zeitpunktes bei hüftnahen Brüchen T. Klestil, Krems, Baden/Mödling/Hainburg 21 Die Labral-Bridge-Technik – ein Update: Erfahrungen und Weiterentwicklung R. C. Ostermann, Wien 43 Roboterassistiertes Armtraining nach Schlaganfall Affinis Inverse mit vitamys Glenosphäre und ceramys Inlay Nickelfrei • Komplett nickelfrei, ideal für besonders empfindliche Patienten • Gehört zu den Keramiken mit der höchsten Berstfestigkeit • Glenosphäre aus vitamys mit hoher Oxidations-, Alterungs- und Abriebbeständigkeit Mathys Orthopädie Orthopädie & TraumatologieGmbH • Triesterstraße Rheumatologie 6 / 2018 10 / 4 / 4 / 4 • 2351 Wiener Neudorf • Österreich 5 www.mathysmedical.com
Österreichische Gesellschaft für Kongress ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE Rheumatologie & Rehabilitation Jahrestagung 29. 11. – 1. 12. 2018, Wien w w w. r h e u m at o l o g i e . at Veranstalter: Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie & Rehabilitation (ÖGR) • Präsident: Dr. Rudolf Puchner, Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie und Gastroenterologie, Wels • Wissenschaftliche Leitung: Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dr. med. univ. Christian Dejaco Ph. D.,MBA, Krankenhaus Bruneck, Dienst für Rheumatologie • Tagungsort: Tech Gate Vienna – Wissenschafts- und Technologiepark, Donau-City-Straße 1, 1220 Wien • ÖGR-Tagungssekretariat: Michaela Lederer, Boerhaavegasse 3/1/2, 1030 Wien, Tel/Fax: (+43/1) 80 39 880, E-Mail: office@rheumatologie.at • Fachausstellung: Medizinische Ausstellungs- und Werbegesellschaft, Freyung 6, 1010 Wien, Tel.: (+43/1) 536 63-33, Fax: (+43/1) 535 60 16, E-Mail: maw@media.co.at, www.maw.co.at 6 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 6 / 2018
Inhalt ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE RHEUMATOLOGIE 44 ASCO 2018 63 Neue EULAR-Leitlinie Handarthrose Fortschritte in der Sarkomtherapie Fünf Prinzipien und zehn Empfehlungen T. Brodowicz, Wien für eine bessere Lebensqualität 66 Interview 47 Kurzfassung der Ergebnisse der „Ein offener Dialog ist mir wichtig“ Klausurtagung der Österreichischen K. Redlich, Wien Gesellschaft für Fußchirurgie A. Wanivenhaus, Wien 68 Interview OSTEOLOGIE Neue Wege in der Rehabilitation G. Stummvoll, Baden 54 Neue Erkenntnisse in der Osteoporosetherapie Ein gutes Paar: Vitamin D und Vitamin K 70 DGRh 2018 Zwillingsforschung zeigt: RHEUMATOLOGIE Gene sind nicht allein verantwortlich 56 26. Osteoporoseforum Harte Schale, weicher Kern 58 Entgeltliche Einschaltung Baricitinib überzeugend wirksam bei rheumatoider Arthritis 60 Systemischer Lupus erythematodes Neue Kriterien für die Klassifikation des SLE Impressum Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH, Markgraf-Rüdiger-Straße 6–8, 1150 Wien. E-Mail: office@universimed.com. Tel.: +43 1 876 79 56. Fax: +43 1 876 79 56-20. Geschäftsführung: Dr. med. Bartosz Chłap, MBA. Chefredaktion: Mag. Christine Lindengrün. E-Mail: christine.lindengruen@universimed.com. Projektleitung: Mag. Manuela Moya. E-Mail: manuela.moya@universimed.com. Lektorat: DI Gerlinde Hinterhölzl, Dr. Patrizia Maurer, Mag. Sabine Wawerda. Grafik: Amir Taheri. Produktion & Druck: AV + Astoria Druck zentrum GmbH, 1032 Wien. Artikel mit grauer Hinterlegung sind im Sinne des Österreichischen Mediengesetzes §26 als Werbung, Promotion oder entgeltliche Einschaltung zu verste- hen. Gerichtsstand: Wien. Offenlegung: Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH (100%ige Tochter der Universimed Holding GmbH). Eigentümer und Medieninhaber: Universimed Holding GmbH Bezugsbedingungen Abonnement: Bestellung bei Universimed oder unter www.universimed.com. Jahresabo EUR 45,–, Einzelheft EUR 9,– inkl. MwSt. und Versand innerhalb von Österreich; im Ausland zzgl. Versandspesen. ISSN 1997-8308. Das Medium JATROS Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie ist für den persönlichen Nutzen des Lesers konzipiert und beinhaltet Informationen aus den Bereichen Expertenmeinung, wissenschaftliche Studien und Kongresse. Namentlich gekennzeichnete Artikel und sonstige Beiträge sind die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des Verfassers und müssen daher nicht mit der Meinung der Redaktion und des Herausgebers übereinstimmen. Mit der Übergabe von Manuskripten und Bildern gehen sämtliche Nutzungsrechte in Print und Inter- net an Universimed über. Copyright: Alle Rechte liegen bei Universimed. Nachdruck oder Vervielfältigung – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers. Die wiedergegebene Meinung deckt sich nicht in jedem Fall mit der Meinung des Herausgebers, sondern dient der Information des Lesers. Die am Ende jedes Artikels vorhandene Zahlenkombination (z.B.: n0918) stellt eine interne Kodierung dar. Geschlechterbe- zeichnung: Um die Lesbarkeit der Informationen zu erleichtern, wird bei Personenbezeichnungen in der Regel die männliche Form verwendet. Es sind jedoch jeweils männliche und weibliche Personen gemeint. Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 6 / 2018 7
ÖGOuT Österreichische Gesellschaft für ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE Unfallchirurgie C. Fialka, Wien Der neue Facharzt für Orthopädie und Traumatologie Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Freunde der österreichischen Orthopädie und Traumatologie! Die Statistik der Österreichischen Ärztekammer weist mit berechtigt, nach Eintragung in die Ärzteliste die Facharzt- April 2018 199 Fachärzte aus, die sich Fachärzte für Ortho- bezeichnung Orthopädie und Traumatologie zu führen.“ pädie und Traumatologie nennen dürfen. OA Dr. Nicola Stadler hat ihre speziell ergänzende Ausbil- Drei Jahre nach der Schaffung des neuen Sonderfaches ist dung an der Unfallabteilung absolviert. Sie hat sich für den dies nur durch Übergangsbestimmungen möglich. Davon gibt neuen Facharzt entschieden, da er eine umfassendere Ausbil- es 2 Varianten: Mit §27 der ÄAO 2015 wurde für Turnusärzte dung im Bereich des Bewegungssystems bietet. Das Team der für Unfallchirurgie und Orthopädie die Möglichkeit geschaf- Unfallabteilung hatte sie schon von früher gekannt und sie fen, die begonnenen Ausbildungen im neuen Sonderfach konnte schon nach kurzer Zeit Traumapatienten vorerst kon- abzuschließen: servativ und dann operativ betreuen. Heute noch macht sie „(4) Personen, die bis 31. Mai 2015 eine Ausbildung im Dienste auf der Unfallabteilung, um die traumatologische Hauptfach Unfallchirurgie oder im Hauptfach Orthopädie Praxis zu erweitern. Der neue Facharzt ist nach ihrer Mei- und Orthopädische Chirurgie begonnen haben, haben bei nung die Zukunft. einem Wechsel in die Ausbildung zum Sonderfach Orthopä- OA Dr. Christof Pirkl ist einer von jenen Unfallchirurgen, die und Traumatologie gemäß § 15 Abs. 1 Z 22 zumindest die diese Möglichkeit der Übergangsbestimmungen wahrge- jeweils 32 Monate Ausbildung im Hauptfach Unfallchirurgie nommen haben. Die Kommission in der Österreichischen sowie Orthopädie und Orthopädische Chirurgie gemäß der Ärztekammer hatte ihm eine 12 Monate dauernde zusätzli- Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2006 nachzuweisen che Ausbildung vorgeschrieben, die er an der orthopädischen oder noch zu absolvieren. Die auf die Dauer von 72 Monaten Abteilung im eigenen Haus absolvierte. Fragt man ihn nach fehlenden Ausbildungszeiten können durch Ausbildungszei- seiner Motivation, nennt er fachliche Weiterentwicklung, die ten in bereits absolvierten Pflichtnebenfächern oder Wahl verbleibenden Jahre im Beruf und die besseren Karriere- nebenfächern gemäß der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsord- chancen. Er beschreibt das inzwischen abgeschlossene Aus- nung 2006 oder durch sonstige bereits absolvierte oder zu bildungsjahr als interessant, aber auch als nicht ganz ein- absolvierende Ausbildungszeiten, insbesondere in konserva- fach; vor allem durch die ausschließliche Verfügbarkeit auf tiven Fachgebieten, abgedeckt werden.“ der eigenen Unfallabteilung erst nach 16 Uhr. Müsste er sich heute nochmals entscheiden, würde er es wieder tun. Aber auch fertigen Fachärzten für Unfallchirurgie oder Einer der Ersten, der diese Übergangsbestimmungen in Orthopädie und Orthopädische Chirurgie wird mit §34 ÄAO Anspruch genommen hatte, ist OA Dr. Thomas Höritzer. Die 2015 die Möglichkeit des Überganges in das neue Sonderfach zusätzliche Ausbildungszeit empfand er als fachliche Berei- Orthopädie und Traumatologie geboten: cherung vor allem im Bereich der Kinderorthopädie, der Vor- „(1) Fachärztinnen/Fachärzte, die auf Grundlage entspre- fußchirurgie und der minimal invasiven Endoprothetik. chender Ausbildungen zur Führung der Facharztbezeichnung Auch heute hält er seine Entscheidung, die Übergangsbestim- Orthopädie und Orthopädische Chirurgie oder Unfallchirur- mungen zu nutzen, für richtig. gie berechtigt waren, sind Neben der erfreulichen Entwicklung im neuen Sonderfach 1. nach einer bis 31. Mai 2021 absolvierten speziellen Orthopädie und Traumatologie, die sich sicher auch 2019 ergänzenden Ausbildung auf Grundlage der Ausbildungsin- fortsetzen wird, sichern natürlich auch mehr als 2500 Fach- halte des Sonderfaches Orthopädie und Traumatologie in der ärzte für Unfallchirurgie und Orthopädie die Versorgung der Dauer von zumindest zwölf und höchstens 27 Monaten und Patienten mit orthopädisch-traumatologischen Krankheitsbil- 2. nach Absolvierung der Facharztprüfung für das Sonder- dern, und das ist jeder Fünfte, der ein Krankenhaus betritt. fach Orthopädie und Traumatologie Für all diese stellen die drei Fachgesellschaften ÖGOuT, ÖGU 8 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 6 / 2018
© Fleischmann ÖGOuT K. Trieb, Wels ORTHOPÄDIE & TRAUMATOLOGIE 35. Jahrestagung der Österr. Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie „Vielfalt in der Orthopädie“ 22.–24. Mai 2019, Wels 55. Jahrestagung der Österr. Gesellschaft für Unfallchirurgie „Knie & Kniegelenksnahe Strukturen“ 3.–5. Oktober 2019, Salzburg und ÖGO zahlreiche Fort- und Weiterbildungsveranstaltun- gen zur Verfügung. Besonders möchten wir auf die 35. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Orthopädie und orthopä- dische Chirurgie vom 22. bis 24. Mai 2019 in Wels und auf Prof. Dr. Christian Fialka Prof. Dr. Klemens Trieb die 55. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie vom 3. bis 5. Oktober 2019 in Salzburg hin- weisen. Der ÖGO-Kongress thematisiert die „Vielfalt in der Österreichische Gesellschaft für Orthopädie“ anhand von Krankheitsbildern wie Rheuma, Orthopädie und Traumatologie (ÖGOuT) Tumor, Arthrose und Trauma; der ÖGU-Kongress hat den inhaltlichen Schwerpunkt „Knie & Kniegelenksnahe Struk- Redaktion der Mitteilung: turen“. Dr. Erwin Lintner (office@orthopaedics.or.at) Wir hoffen, dass Sie zahlreich unser Angebot an wissen- Geschäftsstelle der ÖGOuT: schaftlicher Weiterbildung auch im Jahr 2019 annehmen. n Mag. Birgit Magyar (office@oegout.at) Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 6 / 2018 9
GOTS-NACHRICHTEN Kinder- und Jugendsport: Effekte und Gefahren Sport im Kindes- und Jugendalter wird angesichts von Bewegungsmangel und Übergewicht immer wich- tiger. Welche Besonderheiten im Unterschied zum Sport im Erwachsenenalter beachtet werden müssen. Z ahlreiche wissenschaftliche Arbeiten belegen, wie wichtig körperliche Akti- vität und Sport im Kindes- und Jugendal- ter sind. Die Gesundheit wird dadurch unter verschiedenen Aspekten positiv be- einflusst. Neben präventiven Effekten für das Herz-Kreislauf-System (Hypertonie etc.) und den Stoffwechsel (Diabetes, Adi- positas etc.) lassen sich überdies positive Auswirkungen auf die Schulleistung und nicht zuletzt auf die Psyche und die Per- sönlichkeitsentwicklung feststellen. Der Bewegungsapparat kann sich an Belastun- gen adaptieren und über eine Stärkung knöcherner Strukturen und des die Gelen- ke umgebenden Bindegewebeapparates (Muskeln, Sehnen) die Leistungsfähigkeit steigern. Selbstverständlich müssen die sportlichen Aktivitäten bei Kindern und Jugendlichen an die individuellen Mög- lichkeiten angepasst werden. In diesem Zusammenhang ist nicht zu- letzt die Einführung Olympischer Jugend- fende Verletzungen mit Beteiligung der lasteten Körperregionen zu kennen und spiele zu nennen, an der analog zu den Wachstumsfuge zu Achsabweichungen somit frühzeitig zu reagieren. Olympischen Spielen junge Sportler im führen, die je nach Ausprägung auch Spät- Alter von 14 bis 18 Jahren teilnehmen schäden nach sich ziehen können. Spezifische Verletzungsmuster können. Die erstmals im Jahr 2010 (Som- Aber auch repetitive gleichförmige Mi- merspiele) beziehungsweise 2012 (Win- krotraumata werden in gewissen Sportar- Im Vergleich zu Erwachsenen finden terspiele) durchgeführten Wettkämpfe ten dafür verantwortlich gemacht, dass sich bei Kindern deutlich weniger Muskel- haben dazu geführt, dass Kinder und Ju- Epiphysen unphysiologisch belastet wer- und Sehnenverletzungen. Es treten jedoch gendliche in vielen Sportarten durch die den und damit ein Fehlwachstum einge- Entzündungen und Reizzustände am Seh- Errichtung von Jugendleistungszentren leitet wird. Am auffälligsten sind diese nenansatz auf. Häufig sind die Ansatzzo- und Sportinternaten schon in jungen Jah- Phänomene bei jugendlichen Fußballspie- nen der großen Sehnen an den Apophysen ren hochintensiv belastet werden und so- lern an den Kniegelenken (O-Beine) sowie betroffen. Auch hier ist die Kniegelenk- mit der wachsende Bewegungsapparat an den Hüftgelenken durch die Ausbil- region mit der Ansatzzone der Patella- gefordert wird. Aber nicht nur im Leis- dung eines femoroazetabulären Impinge- sehne an der Tibia prädisponiert. tungssport, sondern auch im Breitensport ments, wodurch das normale Bewegungs- Neben Überlastungsreaktionen mit finden sich in der medizinischen Betreu- spiel gestört ist. Entzündungssymptomatik kann es auch ung Besonderheiten, welche den Jugend- Bei akuten Verletzungen im Kindesalter zu Dislokationen oder kompletten Ausriss- lichen vom Erwachsenen unterscheiden. sollte daher im gelenknahen Bereich nach verletzungen der Apophyse kommen, die Worauf muss geachtet werden? klinischer Untersuchung frühzeitig eine je nach Dislokationsgrad ein operatives bildgebende Diagnostik veranlasst wer- Vorgehen notwendig machen. Dagegen Schwachstelle Wachstumsfuge den. Bei Kindern und Jugendlichen, die können knöcherne Verletzungen ohne Ge- mit Leistungsanspruch ein erhöhtes Trai- lenkbeteiligung je nach Alter und Lokali- Sowohl akute Verletzungen als auch ningsvolumen absolvieren, sollte an die sation in vielen Fällen konservativ behan- chronische Belastungen können zu Verlet- Ausbildung derartiger Phänomene gedacht delt werden, da selbst bei Dislokation bei zungen der Wachstumsfuge und einem und beim Auftreten erster klinischer Be- jungen Kindern Selbstheilungs- und Kor- Fehlwachstum der betroffenen Extremität schwerden eine weiterführende Diagnos- rekturprozesse vorhanden sind, die zu führen. Insbesondere im Bereich des El- tik in die Wege geleitet werden. Für den einer folgenlosen Ausheilung führen kön- lenbogens und Kniegelenks können gelenk- betreuenden Sportarzt ist es erforderlich, nen. Bei Jugendlichen werden zunehmend nahe oder auch das Gelenk direkt betref- die sportartspezifisch unterschiedlich be- operative Maßnahmen empfohlen, um 10 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 6 / 2018
GOTS-NACHRICHTEN frühzeitig eine stabile Situation herbeizu- Sporttauglichkeit Beurteilung der Sporttauglichkeit bei or- führen und Folgeschäden möglichst zu thopädischen Erkrankungen erforderlich. vermeiden. Die Bewertung der Sporttauglichkeit Zu nennen wäre dabei beispielsweise die bei Einschränkungen im Bereich des Be- Hüftdysplasie, da hier das Ausmaß der Therapie und Rehabilitation wegungsapparates ist bisweilen nicht ein- Veränderung und die sportartspezifische fach. Akute Verletzungen lassen sich häu- Belastung des betroffenen Körperteils be- Therapeutische Maßnahmen richten fig relativ sicher einschätzen, und auch die rücksichtigt werden müssen. Es gibt nur sich nach der betroffenen Extremität, der Ausheilung kann bei einem regelhaften sehr wenige wissenschaftliche Studien zu vorliegenden Verletzung, der Versorgung Verlauf zeitlich kalkuliert werden. Hieraus den betroffenen Krankheitsbildern und und dem Alter des Kindes beziehungswei- resultieren Empfehlungen für den Schul- sportlicher Belastbarkeit. Die Kommission se Jugendlichen. Bei Kindern im Alter von und Vereinssport. Kindersportorthopädie der GOTS wird 10–12 Jahren ist zumeist eine eher defen- Bei Überlastungsphänomenen können sich dieser Thematik annehmen und re- sive Nachbehandlung anzuraten, da die in den meisten Fällen nur Sportpausen gelmäßig über Empfehlungen informie- Kinder alleine durch ihren Bewegungs- gegebenenfalls mit begleitenden physika- ren.(red) n drang nach Rückgang der Schmerzen zu- lischen Maßnahmen eine Ausheilung be- nehmend belasten und sich mit ihren Ak- wirken. Erst wenn sich eine beschwerde- Autor: Prof. Dr. Holger Schmitt tivitäten an den dabei auftretenden Be- freie Situation unter Alltagsbedingungen Deutsches Gelenkzentrum Heidelberg schwerden orientieren. Im Jugendalter für mindestens 2 Wochen eingestellt hat, Leiter der Kommission Kindersportorthopädie richten sich die therapeutischen Empfeh- kann in Absprache mit den beteiligten der GOTS lungen häufig nach denen der Erwachse- Trainern und Eltern eine Wiederaufnahme n nen und müssen in vielen Fällen nicht der sportlichen Aktivitäten geplant werden. Quelle: abweichen. Ein hohes Maß an Erfahrung ist bei der www.gots.org Frühjahr 2019: Start des 2. Lehr- ganges „Sportmedizin, MSc“ Berufsbegleitender Universitätslehrgang In Kooperation zwischen der Donau-Universität Krems, der Gesellschaft für Orthopädisch-Trauma- tologische Sportmedizin (GOTS) und der Österrei- chischen Gesellschaft für Sportmedizin und Prä- vention (ÖGSMP) wurde der interdisziplinäre Mas- Sportmedizin, MSc terstudiengang „Sportmedizin, MSc“ entwickelt hjahr 2019 www.donau-uni.ac.at/sportmedizin sstart Frü en! Lehrgang h bewerb und konnte im April 2018 erstmals erfolgreich Jetzt noc gestartet werden. Über die Dauer von 5 Semestern bietet der modular aufgebaute, berufsbegleitende Studiengang eine fachspezifische Weiterbildung Ziel des Universitätslehrganges „Sportme- im Bereich der Sportmedizin auf aktuellem wissen- dizin, MSc“ ist es, den AbsolventInnen eine kompetente medizinische Betreuung von schaftlichem Niveau und zielt ab auf die Befähi- SportlerInnen aller Leistungsstufen – vom gung zu einer kompetenten medizinischen Betreu- Breiten- bis zum Spitzensport – zu ermög- lichen. Ein komplexes Weiterbildungskon- ung von Sportlerinnen und Sportlern aller Leis- zept vereint sportmedizinische Grundlagen tungsstufen – vom Breiten- bis zum Spitzensport. sowie Inhalte verwandter Fachdisziplinen Thematisch bietet der Lehrgang eine Vertiefung im auf aktuellem wissenschaftlichem Niveau. Die enge Zusammenarbeit mit unseren Bereich der Sportmedizin des Bewegungsappara- Partnerinstitutionen GOTS und ÖGSMP tes (Ortho-/Trauma-/physikalische Medizin) oder stellt die Praxisnähe der Studieninhalte si- cher. alternativ dazu im Bereich der leistungsphysiologi- schen/internistischen Sportmedizin. Start: 15.01.2019 (Wahlfach A) bzw. Im Frühjahr 2019 werden wieder 24 Studienplätze 04.03.2019 (Wahlfach B) angeboten – der Studieneinstieg ist abhängig vom Dauer: 5 Semester berufsbegleitend Wahlfach: 15. 1. 2019 Wahlfach A: orthopädisch- Abschluss: Master of Science (MSc) traumatologische, physikalische Sportmedizin, 4. 3. 2019 Wahlfach B: leistungsphysiologische, internistische, pädiatrische Sportmedizin Detaillierte Informationen zum Curriculum, zur Donau-Universität Krems Zentrum für Gesundheitswissenschaften und Medizin Organisation und zur Anmeldung erhalten Sie unter www.donau-uni.ac.at/sportmedizin. Michaela Moser, BA E-mail: michaela.moser@donau-uni.ac.at Tel.: +43 (0)2732 893-3116 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 6 / 2018 www.donau-uni.ac.at/sportmedizin 11
Referat J. K. Frank, Wien W. Anderl, Mödling SCHULTER Microfracturing: auch in der Schulter eine Option Durch die steigende Anzahl an durchgeführten Schulterarthroskopien werden auch bei jüngeren Patienten vermehrt glenohumerale Knorpelläsionen diagnostiziert. Die Therapie solcher Läsionen stellt in diesem Patientenkollektiv eine Herausforderung für die behandelnden Ärzte dar. Ziel der Behandlung ist, neben der Wiederherstellung bestmöglicher Funktion, eine Progression zur Omarthrose zu verzögern und einen frühen Gelenkersatz zu vermeiden. K norpelläsionen bedeuten für den Pati- enten neben Schmerzen auch eine Einschränkung der Funktion und führen Knorpeldefekte des Humeruskopfes und Glenoids zur Darstellung. Goldstandard der radiologischen Bildgebung osteochon- chens soll eine Blutung induziert wer- den.16 Nach dem Wolff’schen Gesetz kön- nen sich undifferenzierte Stammzellen in weiterer Folge zur Progression einer draler Läsionen ist die MRT, wobei die aus dem Knochenmark (Fibroblasten) in Omarthrose. Während die Therapieoptio- Sensitivität hierbei durch die Knorpeldi- Abhängigkeit von der mechanischen Be- nen für diffuse Knorpelschäden in einem cke der glenohumeralen Gelenkspartner anspruchung zu Tenozyten (unter Zugbe- älteren, sportlich inaktiven Patientenkol- limitiert ist.5 In einer Studie von Krishnan anspruchung), Osteozyten (unter Druck) lektiv im Sinne einer endoprothetischen et al.6 zeigt sich dabei, dass mittels MRT oder Chondrozyten (unter wechselnden Versorgung hinlänglich bekannt sind, so 70% der nachfolgend arthroskopisch be- Druck- und Zugkräften bzw. Scherkräften) stellen isolierte, umschriebene Knorpellä- stätigten chondralen Läsionen identifiziert ausdifferenzieren.17, 18 sionen vor allem bei jüngeren Patienten werden. Bei jüngeren Patienten können Gelangen Fibroblasten mit einem Blut- eine therapeutische Herausforderung fokale chondrale Läsionen oft nur als Aus- koagel aus dem Knochenmark in einen dar.1, 2 Konservative Therapieoptionen be- schlussdiagnose gestellt werden.7 Die Prä- Knorpeldefekt, so kann sich das Koagel stehen hauptsächlich aus oraler Medikati- valenz symptomatischer chondraler Läsi- unter günstigen mechanischen Bedingun- on mit antiinflammatorischen Präparaten, onen (Outerbridge II–IV)8 in diagnosti- gen (Gelenkbewegungen ohne Überbelas- intraartikulären Injektionen oder physika- schen Arthroskopien wurde dabei mit bis tung) zu Faserknorpel entwickeln und lischer Therapie.1 Jedoch hat sich in der zu 17% beschrieben.9, 10 eine Defektauffüllung bewirken. Im anglo- Literatur gezeigt, dass es bei diesen Knor- amerikanischen Raum wird in diesem pelläsionen nahezu nie zu einer selbst- Während im Kniegelenk seit Steadman Zusammenhang oft der Begriff des „Su- ständigen Heilung bzw. vollständigen Be- et al.11 der positive Effekt knochenmark- perclots“ verwendet, welcher das große schwerdebesserung kommt, unabhängig stimulierender Verfahren bereits gründ- Potenzial eines Blutkoagels mit entwick- davon, ob die Läsion akut, chronisch oder lich erforscht und in der Literatur belegt lungsfähigen Zellen und Zytokinen be- degenerativ auftritt.3, 4 ist, zeigt sich im Vergleich dazu im Bereich schreibt.19, 20 Entscheidend hervorzuhe- Letztlich ist somit oft eine chirurgische des Schultergelenks nur eine sehr spärli- ben ist, dass der Ersatzknorpel nicht die Therapie indiziert. Für die Wahl des chir- che Datenlage. Morphologisch zeigen sich Qualität eines hyalinen Knorpels aufweist, urgischen Verfahrens sind vor allem Grö- jedoch signifikante Unterschiede zwischen wobei der Anteil an Kollagen Typ II unter ße, Tiefe und Lokalisation des Defekts dem Knie und dem Schultergelenk mit einer 50% liegt.21–23 entscheidend. Zu berücksichtigen sind geringeren Knorpeldicke vor allem im weiters die Stabilität des Gelenks, Begleit- Bereich des Glenoids und des Humerus- OP-Technik pathologien sowie patientenspezifische kopfes von etwa 1,88mm bzw. 1,24mm.12, 13 Faktoren. Zunächst wird im Rahmen einer diag- Die Indikation zur arthroskopischen nostischen Arthroskopie eine Evaluation Diagnose Mikrofrakturierung der Schulter kann bei des Knorpelschadens vorgenommen. Die hochgradigen fokalen Knorpelschäden Lokalisation und Ausdehnung des Defek- Die Diagnose osteochondraler Läsionen von limitierter Ausdehnung gestellt wer- tes müssen inspektorisch und durch Tast- lässt sich glenohumeral nicht immer ein- den.14 Die maximale Defektgröße, bei der hakenuntersuchung bestimmt werden. deutig stellen. Hohen Stellenwert haben das Verfahren sinnvoll ist, wird mit ca. Eine Beurteilung möglicher Begleitverlet- einerseits die klinische Untersuchung, an- 25mm im Durchmesser angegeben.15 zungen der Rotatorenmanschette, des La- dererseits die radiologische Bildgebung. Ziel dieser Operationstechnik ist die brums oder der Bizepssehne ist obligat. Mittels Standardröntgen der Schulter Stimulation von Knorpelersatzgewebe. Nach Überprüfen der Indikation wird zu- kommen allerdings meist nur sehr große Durch Perforation des subchondralen Kno- nächst ein sorgfältiges Débridement 12 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 6 / 2018
Referat SCHULTER durchgeführt. Degeneratives Knorpelge- Durchführbarkeit, die geringe Patienten- © Herz Jesu KH Wien webe muss radikal und vollständig bis in morbidität und die Kosteneffektivität.2 die Randbereiche des Defektes entfernt Auf Basis der bestehenden Literatur werden. Entscheidend für den Erfolg der zeigt sich die arthroskopische Mikrofrak- Technik ist die Schaffung einer stabilen turierung als zuverlässig und erfolgreich, Schulter am Defektrand. Nur dadurch sowohl als eigenständiges als auch als be- wird ein mechanisch geschützter Hohl- gleitendes Verfahren. Weitere Studien sind raum geschaffen, in dem die Organisation jedoch erforderlich, um die Effektivität eines Blutkoagels stattfinden kann.15 Für und Ökonomie im Vergleich zu konkurrie- die eigentliche Mikrofrakturierung stehen renden Verfahren zu untersuchen. n gebogene Ahlen mit verschiedenen Win- kelgraden zur Verfügung. Der subchond- Autoren: rale Knochen wird nun von peripher be- Dr. Julia Katharina Frank ginnend perforiert. Die Löcher sollten II. Orthopädische Abteilung, Abb. 1 mindestens 3–4mm auseinanderliegen, Herz Jesu Krankenhaus Wien um einen Kollaps der Knochenbrücken zu E-Mail: JuliaKatharina.Frank@kh-herzjesu.at verhindern.11 humeralen als auch isolierten glenoidalen Dr. Werner Anderl Nachbehandlung Knorpelläsionen zeigen. Eigene Untersu- Vienna Shoulder & Sports Clinic chungen zeigten bei einem Nachuntersu- Schulter und Sport Zentrum Mödling Die postoperative Therapie wurde nach chungszeitraum von 10 Jahren sehr gute E-Mail: ordination@anderl.at dem Vorbild des arthroskopischen Mi- klinische Ergebnisse sowohl für isolierte n04 crofracturing am Kniegelenk modifiziert. humerale als auch isolierte glenoidale Lä- Das Tragen und Heben von schweren Ge- sionen. In der Mehrzahl der Fälle konnte wichten soll unterlassen werden. Eine pas- radiologisch keine Progression der Arth- sive und assistive Physiotherapie ist be- rose festgestellt werden. Bei bipolaren Literatur: reits direkt postoperativ möglich, wäh- Läsionen zeigten sich klinisch schlechtere 1 Millett PJ et al.: Arthroscopy 2009; 25(8): 856-63 2 Elser rend eine aktive Physiotherapie erst nach Ergebnisse. An dieser Stelle muss jedoch F et al.: Arthroscopy 2010; 26(5): 685-96 3 McCarty LP, 6 Wochen begonnen werden soll.24 Das festgehalten werden, dass in sämtlichen Cole BJ: Arthroscopy 2005; 21(9): 1131-42 4 Mundi R et al.: postoperative Nachbehandlungsschema Studien die Anzahl der bipolaren Läsionen Am J Sports Med 2016; 44(7): 1888-95 5 Carroll KW et al.: Am J Roentgenol 2001; 176(2): 393-7 6 Krishnan SG et al.: muss jedoch je nach Behandlung der Be- innerhalb der Gruppen sehr klein war und J Bone Joint Surg Am 2007; 89(4): 727-34 7 Bhatia S et al.: gleitpathologie adaptiert werden.16 somit nur eine eingeschränkte Aussage Adv Orthop 2012; 2012: 846843 8 Steadman JR et al.: Ar- Bereits publizierte mittel- bis langfris- diesbezüglich getroffen werden kann. throscopy 2003; 19(5): 477-84 9 Paley KJ et al.: Arthro- tige Ergebnisse in der Literatur zeigen sich Bei allen klinisch guten Ergebnissen scopy 2000; 16(1): 35-40 10 Gartsman GM, Taverna E: Ar- vielversprechend. Mikrofrakturierung im muss beachtet werden, dass die Patienten throscopy 1997; 13(4): 450-5 11 Steadman JR et al.: Clin Orthop Relat Res 2001; (391 Suppl): S362-9 12 Frank RM Schulterbereich erzielt demnach gute Er- auch eine Behandlung von Begleitpatho- et al.: Am J Sports Med 2010; 38(4): 772-81 13 Yeh LR et gebnisse zur Reduktion der Schmerzsym- logien erhielten, welche ebenfalls einen al.: Skeletal Radiol 1998; 27(9): 500-4 14 Outerbridge RE: ptomatik und der Bewegungseinschrän- Einfluss auf das gute klinische Outcome J Bone Joint Surg Br 1961; 43-B: 752-7 15 Banke IJ et al.: kung. Einige Autoren postulieren, dass die haben.12, 24, 25 Orthopäde 2011; 40(1): 85-92 16 Hensley CP, Sum J: Int J Erfolgsrate abhängig von der Lokalisation Nach Hünnebeck et al.24 beeinflusst die Sports Phys Ther 2011; 6(1): 10-26 17 Buckwalter JA: J Orthop Sports Phys Ther 1998; 28(4): 192-202 18 Buck- des Knorpelschadens ist und bessere Er- Mikrofrakturierung nicht die radiologi- alter JA: Clin Orthop Relat Res 2002; (402): 21-37 19 Gill gebnisse bei isolierten humeralen Defek- sche Arthroseprogression. Bei Patienten TJ et al.: J Orthop Sports Phys Ther 2006; 36(10): 728-38 ten erzielt werden können.24–26 Eine Stu- ohne radiologische Arthrosezeichen prä- 20 Lewis PB et al.: J Orthop Sports Phys Ther 2006; die von Kerr und McCarty25 verglich uni- operativ erbringt die Behandlung bessere 36(10): 717-27 21 Cuéllar A et al.: Arthrosc Tech 2016; 5(2): polare mit bipolaren Läsionen und konnte Ergebnisse und stellt somit eine gute lang- e223-7 22 Gillogly SD et al.: J Orthop Sports Phys Ther 1998; 28(4): 241-51 23 Browne JE, Branch TP: J Am Acad zeigen, dass Patienten mit unipolaren fristige Therapieoption bei akzidentell Orthop Surg 8(3): 180-9 24 Hünnebeck SM et al.: Obere Läsionen höhere Outcome-Scores aufwie- entdeckten Chondralschäden der Schulter Extrem 2017; 12(3): 165-70 25 Kerr BJ, McCarty EC: Clin sen. Hünnebeck et al.24 konnten gute kli- dar. Vorteile der Mikrofrakturierung sind Orthop Relat Res 2008; 466(3): 634-8 26 Snow M, Funk L: nische Ergebnisse sowohl bei isolierten die vergleichsweise einfache technische Int J Shoulder Surg 2008; 2(4): 72 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 6 / 2018 13
Referat W. Anderl, Mödling, SCHULTER L. Pauzenberger, Wien Infektionen in der Schulterarthroskopie: selten, aber nicht zu unterschätzen Insgesamt stellen Infektionen in der Schulterarthroskopie KEYPOINTS glücklicherweise eine seltene, jedoch aufgrund der damit ●● Infektionen in der Schulterar- throskopie sind glücklicher- einhergehenden erheblichen Morbidität ernst zu nehmende weise selten, können jedoch Komplikation dar, welche durch die steigende Zahl an mit erheblicher Morbidität ein- hergehen. Schulterarthroskopien weiter an Bedeutung gewinnen wird. Liegt der ●● Für die erfolgreiche Therapie Verdacht einer postoperativen Infektion nahe, sind die rasche sind eine schnelle Diagnose Diagnosestellung sowie Therapieeinleitung entscheidend für ein und rasche Behandlung uner- lässlich. gutes funktionelles Ergebnis. Eckpfeiler der Therapie ist ein ●● Eckpfeiler der Therapie ist ein ausgiebiges chirurgisches Débridement inklusive Materialentfernung ausgiebiges chirurgisches in Kombination mit adäquater Antibiose. Débridement inklusive Materi- alentfernung in Kombination mit adäquater Antibiose. D ie arthroskopische Versorgung von Pathologien des Schultergelenks entwickelte sich in den letzten Jahren zu Antibiotika behandelt. Eine weitere Dia- gnostik wurde nicht durchgeführt. Da diese Maßnahme allerdings keinerlei Bes- ●● Stellt sich ein Patient nach Schulterarthroskopie mit Schmerzen vor, so ist auch bei einer der am häufigsten durchgeführten serung brachte, wurde die Antibiose be- nur geringen klinischen Symp- und erfolgreichsten orthopädischen endet und der Patient zur weiteren Be- tomen an die Möglichkeit Operationen weltweit. Die Zahl der jähr- handlung an den Physiotherapeuten ver- einer Infektion zu denken. lich ambulant durchgeführten arthrosko- wiesen. Circa 6 Monate nach initialer pischen Rekonstruktionen der Rotato- Operation wurde der Patient an unserer renmanschette wurde dabei zuletzt auf Abteilung mit weiterhin bestehender über 300 000 alleine in den USA ge- Symptomatik vorstellig. Es zeigte sich die unter oraler Antibiose für 4 Wochen nach schätzt.1, 2 Obwohl es sich bei der arth- Schulter äußerlich nur minimal gerötet, Hause entlassen werden. Im Zuge der roskopischen Versorgung der Schulter jedoch druckdolent, Fieber bestand kei- Nachkontrollen zeigte sich der Patient in- generell um erfolgreiche und sichere nes, jedoch berichtete der Patient bei ge- fektfrei und größtenteils auch relativ frei Operationen handelt, kommen Kompli- nauer Anamnese von Abgeschlagenheit von Schmerzen, jedoch war die Funktion kationen dennoch gelegentlich vor. 3, 4 und zuvor unbekanntem deutlichem der betroffenen Schulter bzw. des Armes Dabei machen Infektionen mit einer In- Nachtschweiß. Im Labor ergab sich einzig massivst beeinträchtigt, seiner manuellen zidenz von bis zu 3,4% einen zwar rela- ein leicht erhöhter CRP-Wert (18,5mg/l). Arbeit konnte der Patient nicht mehr tiv geringen, aber aufgrund der damit Eine durchgeführte Gelenkspunktion er- nachgehen. Derzeit wünscht der Patient einhergehenden schwerwiegenden Fol- gab getrübtes Punktat, sodass die Indika- aufgrund der relativen Schmerzfreiheit gen für das Schultergelenk und somit die tion zur Schulterarthroskopie gestellt keine Operation, jedoch ist im Falle zu- Funktion des gesamten Armes nicht un- wurde. Intraoperativ bestätigte sich der nehmender Beschwerden aufgrund der wesentlichen Teil aus. 3–7 Verdacht einer chronischen Infektion. kompletten Destruktion des Gelenks bzw. Durch das protrahierte Infektgeschehen der Rotatorenmanschette die Implantati- Kasuistik bestanden quasi das gesamte Gelenk be- on einer inversen Schulterprothese ange- treffende massive Chondrolysen, die Ro- dacht. Ob der Patient zu seiner berufli- Ein 43-jähriger, handwerklich tätiger tatorenmanschette war irreparabel dest- chen Tätigkeit zurückkehren kann, ist Patient unterzog sich an einer auswärti- ruiert (Abb. 1). Sämtliche Materialien der mehr als fraglich. gen Abteilung einer arthroskopischen Ro- Erstoperation wurden entfernt, ein Dé- tatorenmanschettenrekonstruktion. Circa bridement wurde durchgeführt und das Eigene Erfahrungen 4 Wochen nach Operation stellte sich der Gelenk ausgiebig gespült. Dieser Eingriff Patient mit diffusen Schulterschmerzen wurde nach 3 Tagen nochmals wieder- In eigenen Untersuchungen wurden und leicht erhöhten Entzündungsparame- holt. Nach 5 Tagen intravenöser Antibio- alle Patienten, die über einen 10-Jahres- tern wieder an der erstbehandelnden Ab- tikatherapie konnte der Patient in gutem Zeitraum an unserer Abteilung arthrosko- teilung vor. Daraufhin wurde der Patient Allgemeinzustand, mit blandem Lokalbe- pisch mit einer Naht der Rotatorenman- intermittierend 6 Wochen lang mit oralen fund und sinkenden Entzündungswerten schette versorgt wurden, erfasst.8 Dabei 14 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 6 / 2018
Referat SCHULTER • Rasche Diagnose klinischer Verlauf mit typischen Infektzei- • Genaue Anamnese und klinische Untersuchung chen wie deutlich reduziertem Allgemein- • Laborwerte zustand, Fieber, Schmerzen, Sekretion • Gelenkspunktion und hohen laborchemischen Infektpara- • Bei unklarem Befund Indikation zur quasi diagnostischen Arthroskopie metern zeigte, verliefen Infektionen mit C. acnes klinisch relativ lange unauffällig mit • Genaues Débridement, Fremdmaterialentfernung und ausgiebige Spülung oft nicht bzw. nur minimal erhöhten La- • Offen vs. arthroskopisch – höhere Invasivität vs. mehrmalige Operationen borwerten und hauptsächlich diffuser • Breitbandantibiotika i.v. (ca. 5d) und orale Antibiotika (ca. 14d) Schmerzsymptomatik. • Kefazolin & Fusidin/Moxifloxacin bis zur Erregeridentifikation Liegt der Verdacht auf eine Infektion • C. acnes: Kefazolin & Moxifloxacin/Doxycyclin (14d i.v. + 4–6 Wochen p.o.) nahe, so sind die rasche diagnostische Tab. 1: Vorgehen bei Verdacht auf Infektion nach arthroskopischer Operation Abklärung und Therapie die entscheiden- den Faktoren für ein funktionell zufrie- denstellendes Outcome. Aufgrund oft ergab sich eine totale Infektionsrate von bei stellte sich als einziges uniform vor- nicht aussagekräftiger Laborwerte und 8,5 pro 1000 Operationen bzw. eine Re- handenes Symptom diffuser Schmerz im unspezifischer Klinik ist bei fraglichem duktion auf 2,8 pro 1000 Operationen Bereich der operierten Schulter heraus, Infektgeschehen eine genaue Anamnese nach Einführung routinemäßiger prophy- dessen Auftreten in den ersten postopera- wichtig sowie immer auch eine Gelenks- laktischer perioperativer Antibiose ab tiven Wochen sicherlich im Rahmen des punktion durchzuführen. Erhärtet sich in 2010. Eine Analyse zeigte bei einer ähnli- normalen Verlaufs nichts per se Unge- Zusammenschau aller erhobenen Befunde chen Anzahl an nicht rekonstruktiven Ein- wöhnliches darstellt. Eindeutige klinische der Verdacht auf eine Infektion, sollte oh- griffen (z.B. Entfernung eines Kalkdepots, Zeichen für eine vorliegende Infektion ne Verzögerung eine operative Therapie AC-Gelenksresektionen etc.) keine einzige waren nicht regelhaft vorhanden. So zeig- eingeleitet werden. In diesem speziellen Infektion, unabhängig davon, ob prophy- ten sich lokale Infektzeichen nur bei etwa Setting kann bei unklarem Befund durch- laktisch ein Antibiotikum verabreicht wur- zwei Dritteln, eine Sekretion bei der Hälf- aus auch die Indikation zur quasi diagnos- de. Wir empfehlen deshalb unbedingt die te und Fieber gar nur bei knapp einem tischen Arthroskopie gegeben sein. Be- Gabe einer antibiotischen Prophylaxe, z.B. Drittel der Fälle. Diese uneindeutige klini- steht der Verdacht einer möglichen Infek- mit einem Cephalosporin der 1. Generati- sche Präsentation erschwert oft die rasche tion, insbesondere nach vorangegange- on (z.B. 2000mg Kefazolin i.v.) oder alter- Diagnose einer Infektion. Vor allem, wenn nem Eingriff mit Einbringung von Fremd- nativ bei relevanten Allergien mit einem sich die initiale postoperative und die frü- materialien (z.B. Fadenanker etc.), ist die Lincosamid (z.B. 900mg Clindamycin i.v.), he Rehabilitationsphase unauffällig dar- alleinige Antibiotikagabe ohne chirurgi- für alle arthroskopischen Rotatorenman- stellen, ist auch bei Fehlen klarer Infekt- sches Débridement nicht mehr zulässig schetten-Rekonstruktionen sowie sämtli- zeichen immer an die Möglichkeit einer (vgl. Kasuistik). che Eingriffe, bei denen mit der Einbrin- Infektion zu denken und eine solche aus- Dabei stellt sich die Frage, ob der Ein- gung von Fremdmaterialien zu rechnen zuschließen. Oft lassen sich bei genauer griff wiederum rein arthroskopisch oder ist. Für die übrigen Arthroskopien des Anamnese schließlich doch subtile Hin- in offener Weise durchgeführt werden Schultergelenks scheint eine solche pro- weise auf ein Infektgeschehen erheben soll. Die Vor- und Nachteile beider Verfah- phylaktische Antibiotikagabe nicht zwin- (z.B. verstärkter Nachtschweiß etc.). Im ren müssen abgewogen werden. Über die gend erforderlich. Zweifel sollten die entsprechenden Blut- letzten 10 Jahre mussten wir die Erfah- parameter kontrolliert werden, wobei sich rung machen, dass rein arthroskopische Insgesamt konnte als häufigster Erreger in unserer Untersuchung nur CRP als re- Revisionen jeweils mehrmals wiederholt Staphylococcus epidermidis in 39% der Fäl- gelmäßig erhöht ergab. werden mussten, um ein zufriedenstellen- le isoliert werden, gefolgt von Cutibacteri- Dabei ist festzuhalten, dass in Abhän- des Ergebnis zu erreichen, wohingegen um acnes (vormals Propionibacterium ac- gigkeit vom verursachenden Pathogen offen operativ behandelte Infekte meist nes)9 in 29% und Staphylococcus aureus in sowohl die klinische Symptomatik als (>95%) mit einem einzigen Eingriff sa- 7% der Fälle. Dabei ist jedoch äußerst auch die laborchemische Aufarbeitung niert werden konnten. Es steht hierbei die interessant, dass durch die Einführung deutlich variieren können. So gibt es deut- minimal invasive, weichteilschonende (M. routinemäßiger prophylaktischer Antibio- liche Unterschiede zwischen den Infekti- subscapularis bzw. M. deltoideus) Vorge- tikagabe in unserer Patientenpopulation onen mit den „klassischen“ Gelenksempy- hensweise im Rahmen der Arthroskopie nur mehr Infektionen mit C. acnes auftraten. emerregern (z.B. S. epidermidis, S. aureus dem damit verbundenen protrahierten etc.) und Infektionen mit C. acnes. So stell- Infektgeschehen sowie den Nachteilen Im Durchschnitt wurden die Patienten ten sich Patienten mit ersteren Infektionen mehrmaliger Operationen gegenüber. Ein mit Infektionszeichen 28 Tage (2–6 Wo- deutlich früher wieder mit Beschwerden Vorteil der offenen Operation ist weiters chen) nach Operation wieder an unserer vor (ca. 24d) als Patienten mit C.-acnes- die Möglichkeit einer einfachen Rekonst- Abteilung vorstellig. Obwohl sich Patien- Infektionen (ca. 42d). Während sich bei ruktion der defekten Rotatorenmanschet- ten oft mit typischer Anamnese und Klinik Patienten mit den häufigen Erregern S. te in transossärer Technik ohne neuerliche zeigen, war dies nicht immer der Fall. Da- epidermidis und S. aureus ein fulminanter Einbringung von Ankermaterialien (die Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 6 / 2018 15
Referat SCHULTER Abb. 1: Intraoperative arthroskopische Bilder der Schulter eines 44-jährigen Patienten mit ausgedehnter Chondrolyse bei inadäquat behandelter chro- nischer Infektion 6 Monate nach initialer Rotatorenmanschettennaht alleinige Einbringung von Fadenmaterial muss in weiteren Studien jedoch noch Autoren: scheint keinen negativen Einfluss auf die untersucht werden. Weitere, jedoch nicht Dr. Werner Anderl Infektausheilung zu haben). Welche Me- näher untersuchte Möglichkeiten, um das Vienna Shoulder & Sports Clinic thode gewählt wird, bleibt letztlich dem Infektionsrisiko potenziell zu reduzieren, Schulter und Sport Zentrum Mödling Chirurgen unter Beachtung der individu- umfassen unter anderem die sorgfältigst E-Mail: werner@anderl.at ellen Patientensituation überlassen. Mit sterile Handhabung von Fadenmateriali- beiden Methoden konnten unserer Erfah- en, die in und aus der Schulter geshuttelt Dr. Leo Pauzenberger rung nach auch im mittel- bis langfristigen werden, möglicherweise die Verwendung Vienna Shoulder & Sports Clinic Verlauf zufriedenstellende bis gute funk- von Kanülen, besonders in komplexen Fäl- Wien tionelle Ergebnisse erzielt werden. len mit vorhersehbar vielen Portalwech- E-Mail: p.leo@gmx.at seln bzw. Hautpassagen, sowie eine mög- n04 Sollte sich nach Infektausheilung eine lichst zügige Operation durch einen erfah- Defektsituation zeigen, so kommen bei in- renen Operateur. Literatur: takten Knorpelverhältnissen z.B. Mus- 1 Iyengar JJ et al.: Arthroscopy 2014; 30: 284-8 2 Jain NB keltransferoperationen zum Einsatz, um Schlussfolgerung et al.: BMC Musculoskelet Disord 2014; 15: 4 3 Brislin KJ et al.: Arthroscopy 2007; 23: 124-8 4 Berjano P et al.: Arth- eine zumindest teilweise Wiederherstellung roscopy 1998; 14: 785-8 5 Weber SC et al.: Arthroscopy der Funktion zu erreichen. Oft zeigt sich Infektionen in der Schulterarthrosko- 2002; 18: 88-95 6 Heitmann C et al.: J Shoulder Elbow nach durchgemachtem Infekt jedoch auch pie sind glücklicherweise äußerst selten, Surg 2004; 13: 13-7 7 Mirzayan R et al.: J Bone Joint Surg eine ausgedehnte Knorpeldestruktion bzw. können jedoch mit erheblicher Morbidität Am 2000; 82-A: 1115-21 8 Pauzenberger L et al.: Knee eine rasch progrediente sekundäre gleno- einhergehen. Für die erfolgreiche Thera- Surg Sports Traumatol Arthrosc 2017; 25(2): 595-601 9 Scholz CFP, Kilian M: Int J Syst Evol Microbiol 2016; humerale Arthrose, sodass auch bei relativ pie sind eine rasche Diagnose und Be- 66(11): 4422-2 10 Dizay HH et al.: J Shoulder Elbow Surg jungen Patienten durchaus die Indikation handlung unerlässlich. Stellt sich ein Pa- 2017; 26(7): 1190-5 11 Sabetta JR et al.: J Shoulder Elbow zur endoprothetischen Versorgung bzw. in- tient in den Wochen nach Schulterarthro- Surg 2015; 24(7): 995-1004 12 Kolakowski L et al.: J versen Schulterprothese zu stellen ist. skopie mit Schmerzen vor, so ist auch bei Shoulder Elbow Surg 2018; 27(9): 1539-44 13 Scheer VM nur geringen klinischen Symptomen an et al.: J Shoulder Elbow Surg 2018; 27(6): 957-61 Im Gegensatz zu anderen Pathogenen die Möglichkeit einer Infektion zu den- erweisen sich die üblichen prophylakti- ken. Bei fraglichem Infektgeschehen ist schen Maßnahmen als nicht annähernd eine genaue Anamnese besonders wich- effektiv, weshalb in den letzten Jahren tig, immer sollte im Zweifel auch eine zahlreiche Strategien zur Verminderung Gelenkspunktion durchgeführt werden. des Infektionsrisikos durch C. acnes unter- Erhärtet sich der Verdacht auf eine Infek- sucht wurden. Am meisten Erfolg zu ver- tion in Zusammenschau der Befunde, soll- sprechen scheint derzeit die Applikation te ohne Verzögerung mit der Therapie von auch in der Aknetherapie eingesetz- begonnen werden. Die Eckpfeiler stellt tem 5%igem Benzylperoxid-Gel 2x/Tag für dabei ein sorgfältiges chirurgisches Dé- 48h bzw. 1x morgens vor Schulteroperati- bridement inklusive Materialentfernung onen, welche das Vorkommen von C. acnes in Kombination mit adäquater Antibiose im OP-Gebiet an der Schulter deutlich dar. Wird rasch auf eine Infektion re- reduziert.10–13 Ob sich diese Verminde- agiert, können im mittel- bis langfristigen rung auch in einer Reduktion von postope- Verlauf vielfach gute funktionelle Ergeb- rativen Infektionen manifestieren wird, nisse erzielt werden. n 16 Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 6 / 2018
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