"Selbstbestimmtes Leben im Alter" - Zweiter Demografiegipfel der Bundesregierung - Ergebnisse der Arbeitsgruppe - BMFSFJ

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Zweiter Demografiegipfel der
Bundesregierung –
Ergebnisse der Arbeitsgruppe
„Selbstbestimmtes
Leben im Alter“

Auszug aus der Gipfelbroschüre „Jedes Alter zählt“ des Zweiten
Demografiegipfels am 14. 5. 2013
22 |   JEDES ALTER ZÄHLT

                        Selbstbestimmtes Leben im Alter
Vorsitz:    Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ko-Vorsitz: Prof. Dr. Wolfgang Schuster, Oberbürgermeister a. D.

             Strategisches Konzept „Selbstbestimmt altern“

• Kommunen entwickeln ihre Beratungs- und Unterstützungsangebote für ein
  selbstbestimmtes Leben im Alter in Richtung auf Zusammenarbeit und Vernetzung weiter.

• Die Bundesregierung bündelt ihre Unterstützungsmöglichkeiten unter drei
  Strategieschwerpunkten: sorgende Gemeinschaften; Wohnen und Mobilität; Prävention,
  Gesundheitsförderung und Pflege.

• Bund, Länder und Verbände haben die „Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive
  Altenpflege“ gestartet und einen Ausbildungspakt unterzeichnet.
III. SELBSTBESTIMMTES LEBEN IM ALTER | 23

III. Selbstbestimmtes Leben im Alter

1. Einführung                                                   2. Handlungsfelder
Die höhere Lebenserwartung spiegelt verbesserte Gesund-         2.1	Rahmenkonzept
heits- und Lebenschancen wider; immer mehr Menschen                  „Sorgende Gemeinschaften“
leben ein längeres, aktives Alter. Gleichzeitig sind steigen-
de Unterstützungsbedarfe zu erwarten; in Zukunft wird           Sorgende Gemeinschaften organisieren sich auf kommu-
die Zahl der Pflegebedürftigen steigen. Mit den Potenzia-       naler Ebene und setzen sich aus öffentlichen Einrichtun-
len verfügbarer Zeit, besserer Gesundheit und höherer           gen, privatwirtschaftlich orientierten Dienstleistern,
Bildung für die Einzelnen gewinnen gleichzeitig die Mög-        gemeinnützigen Organisationen, ehrenamtlich Tätigen
lichkeiten älterer Menschen, einen verantwortlichen             und nicht zuletzt den Menschen im Wohnviertel zusam-
Beitrag zum Gelingen von Gesellschaft zu leisten, an            men. Gemeinsam erbringen sie besondere Leistungskom-
Bedeutung. Dabei steht die Verantwortung des Staates –          binationen, maßgeschneiderte Dienstleistungen oder
Bund, Länder und Kommunen – für das selbstbestimmte             neue Akteurskooperationen; allgemein finden sie ihren
Leben im Alter mit der Eigenverantwortung der Men-              Ausdruck in Orten, Verfahren und den Menschen, die sich
schen in einer Wechselwirkung: Angebote und Vorausset-          dafür engagieren. Sorgende Gemeinschaften umfassen alle
zungen müssen vorhanden sein; es ist an den älteren             Generationen. Bezogen auf ältere Menschen leisten sie
Menschen selbst, sie zu nutzen. Selbst- und Mitverantwor-       Beiträge zu Unterstützung und Pflege und bieten gleich-
tung, Bezogenheit auf andere und der Wunsch nach                zeitig Gelegenheit zu Aktivität und Engagement.
Selbstbestimmung und Teilhabe verlieren nicht an Bedeu-
tung, sobald ein Mensch Unterstützung oder Pflege               Vernetzte Anlaufstellen im Wohnviertel, die bestehende
braucht. Strukturen und Angebote für ein aktives Alter          Strukturen (zum Beispiel Senioren-/Quartiertreffs, Pflege-
sollten nach Möglichkeit auch Menschen mit Unterstüt-           stützpunkte, Mehrgenerationenhäuser) integrieren, spie-
zungs- und Pflegebedarf zur Verfügung stehen. Deren             len dabei eine wichtige Rolle. Sie führen Informations-
Situation und Bedürfnisse allerdings erfordern darüber          und Beratungsangebote, Unterstützung und bürgerschaft-
hinaus besondere Vorkehrungen.                                  liches Engagement zusammen. Kommunen, die sich am
                                                                Programm „Anlaufstellen für ältere Menschen“ oder an
Auf der Grundlage des Leitbilds sorgender Gemeinschaf-          dem Förderschwerpunkt der Bundesregierung „Kommu-
ten hat die Arbeitsgruppe „Selbstbestimmtes Leben im            nale Beratungsstellen‚ Besser Leben im Alter durch Tech-
Alter“ ein strategisches Konzept „Selbstbestimmt altern“        nik“ beteiligen, entwickeln sich in diese Richtung weiter.
entwickelt, das beide Dimensionen, das aktive Altern wie
den Bedarf an Unterstützung und Pflege, verbindet. Es           Auch der wachsende Unterstützungs- und Pflegebedarf
beschreibt Leitlinien und Handlungsempfehlungen und             erfordert das Zusammenwirken von Eigenverantwortung,
hat im Blick, dass Lösungen vor Ort aufgrund der regional       familiärer Unterstützung, bürgerschaftlichem Engage-
unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedarfe vielfältig        ment, professionellen Sozialdiensten und staatlicher
sind. Die Bundesregierung nimmt den Dialogprozess im            Absicherung. Auf lokaler Ebene gelingt dies am besten. Die
Rahmen der Demografiestrategie zum Anlass, ihre eigenen         Gestaltungspartner unterstützen die Vision eines sozial-
Maßnahmen unter drei Strategieschwerpunkten ressort-            raumbezogenen Miteinanders und tragen dazu bei, For-
übergreifend zu bündeln. Für das aktive wie für das unter-      men guter Praxis zu verbreiten.
stützungsbedürftige Alter gleichermaßen relevant sind die
Chancen, die technologische Innovationen bieten. Ihre           Da sich die Situation vor Ort sehr unterschiedlich gestal-
Erforschung ist weiterhin von grundlegender Bedeutung.          tet, muss jede Stadt, jede Gemeinde, jeder Landkreis selbst
                                                                Strategien entwickeln und umsetzen. Überall jedoch gilt:
                                                                Politik für eine älter werdende Gesellschaft muss mit den
                                                                Bürgerinnen und Bürgern, ob alt oder jung, und mit ihren
                                                                Interessenvertretungen gemeinsam gestaltet werden – im
                                                                Demografiedialog. Beteiligungsmöglichkeiten sollten
24 |    JEDES ALTER ZÄHLT

insbesondere auch für ältere Migrantinnen und Migranten            unter Einbeziehung freiwilliger Hilfe geben bereits
geschaffen werden.                                                 gesammelte gute Erfahrungen weiter. Die Bereitstellung
                                                                   von finanziellen Mitteln, Personal und Räumlichkeiten
Kernmaßnahmen der Bundesregierung                                  für diese Aufgabe bedarf weiterhin gemeinsamer An-
                                                                   strengungen.
 D
  as  Programm „Anlaufstellen für ältere Menschen“
  unterstützt die Weiterentwicklung vernetzter Anlauf-            H
                                                                   aushaltsnahe   Dienstleistungen und unentgeltliche
  stellen im Wohnviertel und die Entwicklung bzw. Er-              Hilfen stärken: Unterstützung in Alltag und Haushalt ist
  weiterung kommunaler Konzepte und Strategien.                    eine Chance für alle Generationen. Ältere Menschen, die
                                                                   auf diese Weise ihre Selbstständigkeit erhalten, bilden
 U
  nter  dem Förderschwerpunkt „Kommunale Bera-                    ein wachsendes Kundensegment. Haushaltsnahe
  tungsstellen‚ Besser Leben im Alter durch Technik“               Dienstleistungen müssen leicht zugänglich, qualitativ
  werden kommunale Beratungsmaßnahmen zu techni-                   gut, transparent und bezahlbar sein. In der Arbeitsgrup-
  schen Hilfs- und Assistenzsystemen für mehr Lebens-              pe „Familie als Gemeinschaft stärken“ wird empfohlen,
  qualität und Selbstbestimmung im Alter unterstützt.              Plattformen für die Vermittlung von Dienstleistungen
                                                                   zu entwickeln und die Qualifizierung der Anbieter zu
 D
  as Wissenschaftsjahr 2013 „Die demografische Chan-              befördern.
  ce“ bringt Bürgerinnen und Bürger mit Wissenschaft
  und Forschung in den Dialog über Herausforderungen              K
                                                                   ommunale    Demografiekonzepte entwickeln und
  und Gestaltungsmöglichkeiten des demografischen                  austauschen: Demografiepolitik erfordert die Abstim-
  Wandels.                                                         mung von Sozial- und Wohnungspolitik, Infrastruktur-
                                                                   und Sozialplanung. Sie sollte mit realistischen Zielen
 D
  ie Bundesregierung bündelt ihre Maßnahmen für                   versehen und öffentlich diskutiert werden. Ressourcen
  sorgende Gemeinschaften auf lokaler Ebene nach abge-             sollten auch in einen stärkeren Austausch und Vernet-
  stimmten inhaltlichen Leitlinien und durch intensiven            zung (lokal bis bundesweit) investiert werden.
  Austausch zwischen den durchführenden Ressorts.

Weitere Maßnahmen und Empfehlungen aus dem                       2.2 Wohnen und Mobilität im Alter
­strategischen Konzept „Selbstbestimmtes Altern“
                                                                 Um älteren oder in ihrer Mobilität eingeschränkten Men-
 A
  ltersbilder verändern:  Selbstbestimmtes Leben im             schen einen Verbleib in der gewohnten Umgebung zu
  Alter fordert Altersbilder, die für die Vielfalt des Alters,   ermöglichen, ist ein breites Angebot an alters- und behin-
  für Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten im Alter             dertengerechtem bezahlbarem Wohnraum unverzichtbar.
  sensibilisieren.                                               Notwendig ist die Anpassung von Wohnungsbestand,
                                                                 Wohnumfeld und Infrastruktur. Bis 2020 müssten etwa
 E
  ngagement   fördern: durch gute Zusammenarbeit                drei Millionen Wohnungen, in denen mobilitätseinge-
  zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen, eine Anerken-              schränkte Menschen wohnen, mit Investitionskosten von
  nungskultur und eine kommunale Infrastruktur. Neben            ca. 39 Milliarden Euro saniert werden. Priorität hat der
  der Unterstützung durch Bund, Länder und Kommunen              alters- und behindertengerechte Umbau des Wohnungs-
  sind auch Unternehmen, Stiftungen und andere Organi-           bestandes nach den technischen Mindestanforderungen,
  sationen der Zivilgesellschaft daran beteiligt und ge-         die im Rahmen des Programms „Altersgerecht umbauen“
  fragt.                                                         entwickelt worden sind. Dabei wird der Bedarf an altersge-
                                                                 rechten Wohnungen in Abhängigkeit von der unterschied-
 Ü
  bergänge   gestalten: Eine Aufgabe der Zukunft wird es        lichen Entwicklung des Anteils älterer Menschen regional
  sein, die Verlängerung des Arbeitslebens mit Aktivitäten       stark schwanken. Die Weiterentwicklung der Bestände ist
  in anderen Bereichen (Familie, Zivilgesellschaft) auszu-       Aufgabe von Wohnungsunternehmen, Kleinvermietern
  balancieren.                                                   und selbstnutzenden Eigentümern. Sie sind dazu bereit
                                                                 und engagieren sich schon jetzt auf vielfältige Weise.
 G
  emeinwesenarbeit  fördern: Zur Ausstattung vernetzter         Aufgrund der zum Teil erheblichen Umbaukosten kann
  Anlaufstellen im Wohnviertel gehören Gemeinschafts-            eine schnelle Ausweitung des Angebotes vielfach jedoch
  räume sowie Personal für koordinierende Aufgaben.              nur durch gezielte staatliche Förderung erreicht werden.
  Modellprojekte quartiersnaher Pflegearrangements               So wird die Schaffung von altersgerechtem Wohnraum
III. SELBSTBESTIMMTES LEBEN IM ALTER | 25

neben dem aktuellen Eigenmittelprogramm der Kredit­             zu sorgen. Auch wird die Genehmigung flexibler Bedie-
anstalt für Wiederaufbau (KfW) „Altersgerecht Umbauen“          nungsformen im ÖPNV erleichtert.
zum Beispiel auch durch die soziale Wohnraumförderung
unterstützt. Die Zuständigkeit hierfür liegt bei den Län-      D
                                                                ie  Forschungsagenda der Bundesregierung für den
dern; der Bund beteiligt sich mit Kompensationsmitteln,         demografischen Wandel „Das Alter hat Zukunft“ unter-
die bis 2013 zweckgebunden für investive Maßnahmen              stützt die Erforschung und Verbreitung innovativer
der Wohnraumförderung eingesetzt werden müssen. Aus             Technik. Förderschwerpunkte sind zum Beispiel „Mobil
dem Kreis der Gestaltungspartner wird gefordert, den            bis ins hohe Alter – nahtlose Mobilitätsketten zur Besei-
altersgerechten Umbau nicht nur durch zinsgünstige              tigung, Umgehung und Überwindung von Barrieren“
Kredite, sondern (wie bereits bis 2011) auch durch Zu-          und „Altersgerechte Assistenzsysteme für ein gesundes
schüsse zu fördern.                                             und unabhängiges Leben“.

In der Verbindung von altersgerechtem Umbau, Dienst-          Weitere Maßnahmen und Empfehlungen aus dem
leistungen und ambulanter Pflege können ältere Men-           ­strategischen Konzept „Selbstbestimmtes Altern“
schen auch bei Unterstützungs- und Pflegebedarf in der
angestammten Wohnung bleiben. Ist dies nicht mehr              S
                                                                oziale Wohnraumförderung      erhalten: Die Zuständig-
möglich, sollten ergänzend zur stationären Pflege Wohn-         keit liegt bei den Ländern; der Bund beteiligt sich mit
und Betreuungsformen vorhanden sein, die möglichst              Kompensationsmitteln, die den Wegfall früherer Bun-
lange eine Versorgung in der Wohnung ermöglichen.               desfinanzhilfen bis 2019 kompensieren.

Wer sein Leben selbstbestimmt gestalten will, muss auch        B
                                                                eratung verbessern: Wohnberatung    ausbauen, auch
mobil sein können – ob zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem         mit Blick auf das wachsende Interesse an gemeinschaft-
öffentlichen schienen- und straßengebundenen Perso-             lichen Wohnprojekten.
nennahverkehr oder mit dem Auto. Die Erreichbarkeit von
öffentlichen und privaten Angeboten der Daseinsvorsorge        N
                                                                eue Wohnformen     stärken: Durch das Pflege-Neuaus-
wird für ältere Menschen zu einer wachsenden Herausfor-         richtungs-Gesetz (PNG) sind zusätzliche Leistungen für
derung. Das eigene Auto ist gerade für viele ältere Men-        Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen
schen – besonders in ländlichen Regionen – für die eigene       und eine Anschubfinanzierung zur Gründung dieser
Versorgung und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben         Wohngruppen eingeführt worden. Zudem werden zur
häufig unverzichtbar. Als Alternative zum eigenen Auto          wissenschaftlich gestützten Weiterentwicklung neuer
kommt dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)                Wohnformen modellhafte innovative Konzepte einer
eine Schlüsselrolle zu. In vielen ländlichen Regionen muss      bewohnerorientierten, individuellen Versorgung Pflege-
der ÖPNV aufgrund zurückgehender Schülerzahlen zu-              bedürftiger gefördert.
nehmend um öffentliche und private Bedarfsverkehre
flexibel ergänzt werden, um die Mobilität für ältere Men-       Klare Abgrenzung
                                                                                  zwischen innovativen vorstationären
schen zu sichern. Übergreifenden integrierten Mobilitäts-       Wohnformen und Heimen: Die Immobilienwirtschaft
konzepten kommt in Zukunft daher eine wachsende                 beschäftigt sich seit Jahren mit der Schnittstelle zwischen
Bedeutung zu. Innovative Technik und Maßnahmen zur              Wohnungs- und Betreuungsangeboten. Die rechtlichen
altersgerechten Gestaltung können in der Wohnung                Rahmenbedingungen zwischen allgemeinem Mietrecht,
ebenso wie im Verkehr ein selbstbestimmtes Leben er-            Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz und Heimrecht
leichtern.                                                      sollten solche Kooperationen nicht erschweren.

Kernmaßnahmen der Bundesregierung                              F
                                                                lexible Verkehrsangebote   in ländlichen Räumen stär-
                                                                ken, zum Beispiel im Rahmen von integrierten Mobili-
 D
  ie Eigenmittelprogramme „Altersgerecht umbauen“              tätskonzepten durch Ergänzung des klassischen Buslini-
  und „Barrierearme Stadt“ der KfW im Auftrag der               enverkehrs um öffentliche und private Bedarfsverkehre
  ­Bundesregierung stellen zinsgünstige Kredite bereit.         (Rufbusse, Anrufsammeltaxen, Bürger- oder Kombibus-
                                                                se, Mitfahrten in Privatfahrzeugen etc.) und Carsha-
 I
   ndem 2013 in Kraft gesetzten novellierten Personen-         ring-/Carpooling-Angebote.
  beförderungsgesetz wird den Aufgabenträgern aufgege-
  ben, grundsätzlich bis 2022 für eine vollständige barrie-    V
                                                                erkehrssicherheit verbessern, zum
                                                                                                 Beispiel durch
  refreie Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs          Fahrerassistenzsysteme und personalisierte Navigati-
26 |   JEDES ALTER ZÄHLT

  onshilfen, die im Auto dazu beitragen können, nachlas-       Stärkung von Nachbarschaft und Wohnviertel sowie der
  sende körperliche Fertigkeiten auszugleichen. Das            Unterstützung pflegender Angehöriger verbinden. Dazu
  Verkehrssicherheitsprogramm der Bundesregierung, die         ist es auch notwendig, dass sich die professionellen Helfer-
  Initiative „Straße des 21. Jahrhunderts“ sowie weitere       berufe wie Medizin und Pflege an die sich verändernden
  Forschungsprojekte dienen diesem Ziel.                       Herausforderungen anpassen.

 B
  arrieren in der Infrastruktur der Deutsche Bahn AG          Kernmaßnahmen der Bundesregierung
  abbauen durch barrierefreie Gestaltung weiterer Bahn-
  höfe, Verbesserungen in vorhandenen Fahrzeugen, bei           Ä
                                                                 ltere Menschen sind eine zentrale Zielgruppe der
  Kundeninformation und Service sowie bei zukünftigen            Präventionsstrategie und des von der Bundesregierung
  Zuggenerationen.                                               am 20. März 2013 beschlossenen Gesetzentwurfs zur
                                                                 Förderung der Prävention. Für Leistungen zur primären
                                                                 Prävention sollen die Krankenkassen deutlich mehr
2.3	Prävention, Gesundheitsförderung                            ausgeben als bisher; zum Beispiel sollen die Ausgaben
     und Pflege                                                  für Leistungen zur Prävention in Lebenswelten der
                                                                 Versicherten (unter anderem in Seniorenheimen) min-
Ältere Menschen sind von den meisten Krankheiten                 destens verdreifacht werden. Außerdem sollen die
stärker betroffen als jüngere. Zudem wächst das Risiko           Krankenkassen mit ihren Leistungen zur primären
einer chronischen Erkrankung und des gleichzeitigen              Prävention und mit Unterstützung der Bundeszentrale
Auftretens mehrerer Erkrankungen. Bis ins hohe Lebens-           für gesundheitliche Aufklärung das Gesundheitsziel
alter und auch bei Hilfs- und Pflegebedürftigkeit verfügen       „gesund älter werden“ umsetzen.
ältere Menschen jedoch über Rehabilitationspotenziale
ebenso wie über die Möglichkeit, sich präventiv um ihre         I
                                                                  nder Forschungsagenda der Bundesregierung für den
Gesundheit zu kümmern. Geistige und körperliche Aktivi-          demografischen Wandel „Das Alter hat Zukunft“ sind
täten sowie eine gesundheitsbewusste Lebensführung               den Themen „Gesundheit“ und „Pflege“ zwei eigene
leisten einen wichtigen Beitrag, um lange gesund und             Forschungsfelder gewidmet. Dabei werden unter ande-
selbstständig leben zu können. Gesundheitsförderung und          rem im Rahmen des Wettbewerbs „Gesundheits- und
Prävention haben insofern hohe und zunehmende Bedeu-             Dienstleistungsregionen von morgen“ Regionen und
tung für ein selbstbestimmtes Leben im Alter. Erfolg             regionale Verbünde unterstützt, die modellhaft Lösun-
versprechend sind vor allem sozialraumbezogene Maß-              gen für eine bessere Vernetzung von medizinischen,
nahmen, die die Lebenswelten und das Umfeld der Men-             pflegerischen und sozialen Dienstleistungen entwickeln
schen einbeziehen. Heute werden 70 % aller Pflegebedürf-         (2013 bis 2016).
tigen zu Hause versorgt, davon zwei Drittel allein durch
Angehörige. In Zukunft ist zu erwarten, dass aufgrund der       D
                                                                 ie Bundesregierung hat gemeinsam mit den Ländern
steigenden Lebenserwartung auch die Zahl der Pflegebe-           und Verbänden im Jahr 2011 eine „Ausbildungs- und
dürftigen weiter deutlich ansteigen wird – je nach demo-         Qualifizierungsoffensive Altenpflege“ gestartet und
grafischen Rahmenbedingungen regional sehr unter-                Ende 2012 einen Ausbildungspakt mit konkreten Ver-
schiedlich. Ihre Angehörigen werden aber oftmals – viel-         einbarungen unterzeichnet. Ein Gesetzesentwurf für ein
fach aus Gründen berufsbedingter Mobilität – nicht in der        Pflegeberufegesetz wird erarbeitet.
Nähe leben und nicht die Möglichkeit haben, sie zu pfle-
gen. Um das erforderliche qualifizierte Personal für die        M
                                                                  itdem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz werden die
Pflege zu gewinnen, ist es erforderlich, die Aus-, Fort- und     Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung des
Weiterbildung in den Pflegeberufen zu stärken und die            individuellen Wohnumfelds, die Förderung des Auf-
Attraktivität des Beschäftigungsfeldes zu steigern.              und Ausbaus von Selbsthilfegruppen und die Einbezie-
                                                                 hung von ehrenamtlich Engagierten in die Pflege ge-
Gleichzeitig muss Pflege stärker kleinräumig organisiert         stärkt. Modellprogramme unterstützen die Erprobung
werden. Professionelle Strukturen sollten von bürger-            von Betreuungsdiensten und die Weiterentwicklung
schaftlichem Engagement begleitet und im Sozialraum              neuer Wohnformen. Auch pflegende Angehörige wer-
verankert werden. Bundesregierung und Gestaltungspart-           den entlastet.
ner unterstützen daher die Weiterentwicklung und Ver-
breitung von quartiersbezogenen Pflegearrangements, die
professionelle Pflege mit freiwilligem Engagement, einer
III. SELBSTBESTIMMTES LEBEN IM ALTER | 27

Weitere Maßnahmen und Empfehlungen aus dem                      P
                                                                 flegende Angehörige    unterstützen: Gesellschaftliche
­strategischen Konzept „Selbstbestimmtes Altern“                 Anerkennung, Vereinbarkeit von Pflege und Beruf,
                                                                 Selbsthilfe-, Beratungs- und Entlastungsangebote hel-
 P
  rävention   ausbauen: Durch kognitive und körperliche         fen, Pflege besser zu bewältigen.
  Aktivität sowie durch gesundheitsbewusste Lebens­
  führung in allen Abschnitten des Lebenslaufs werden           I
                                                                  nnovative Technik nutzen, zum Beispiel durch automa-
  wichtige Beiträge zur Erhaltung von Selbstständigkeit,         tische Routine- und Dokumentationstätigkeiten in der
  Selbstbestimmung und Teilhabe bis ins hohe Lebens­             Pflege: Die Bundesregierung fördert die Entwicklung
  alter geleistet. Die Krankenkassen haben sich darauf           dieser Technologien in dem Förderschwerpunkt „Assis-
  verständigt, älteren Versicherten bei der Angebots­            tierte Pflege von morgen – ambulante technische Unter-
  planung und Ansprache verstärkte Aufmerksamkeit zu             stützung und Vernetzung von Patienten, Angehörigen
  widmen.                                                        und Pflegekräften“.

 D
  ie Erforschung des Alter(n)s vorantreiben: Die Bundes-       H
                                                                  ospizarbeit und Palliativmedizin unterstützen: ambu-
  regierung fördert dies mit einer Initiative zur Unterstüt-     lante und stationäre Hospizarbeit, eine Palliativversor-
  zung neuer Nachwuchsgruppen und Lehrstühle für                 gung auch zu Hause, Hospizkultur und Palliativkompe-
  Geriatrie und Gerontologie.                                    tenz in Einrichtungen der stationären Altenpflege.

 S
  portangebote  auf ältere Menschen zuschneiden: In
  verschiedenen Projekten hat der Deutsche Olympische
  Sportbund zum Beispiel Modelle für Neu- und Wieder-
  einsteiger entwickelt.

 K
  ommunen     bewegungsfreundlich gestalten: Dazu
  gehören Sportstätten und Schwimmbäder, Walking­
  strecken und Spazierwege, Bänke und öffentliche Toilet-
  ten, Bewegungsparcours und Fahrradwege ebenso wie
  die Beseitigung von Stolperfallen und eine sichere
  Beleuchtung.

 A
  ngebote   zu Hause machen: Auch für multimorbide
  und pflegebedürftige Menschen sind Bewegungsange-
  bote geeignet, um die Gesundheit zu erhalten. Je älter
  die Zielgruppe und je eingeschränkter die Möglichkei-
  ten, desto wichtiger werden aufsuchende Angebote.

 A
  ndere Hilfen gehen einer rechtlichen Betreuung vor:
  Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der
  Funktionen der Betreuungsbehörde.

 R
  ehabilitation vor Pflege: Rehabilitationsmaßnahmen,
  insbesondere die geriatrische Rehabilitation, können
  gerade auch für pflegebedürftige oder von Pflegebedürf-
  tigkeit bedrohte Menschen von großem Nutzen sein.

 V
  om  Krankenhaus in den Alltag zurückfinden: Nach
  Krankenhausaufenthalten kommt es bei verändertem
  Unterstützungs- und Pflegebedarf auf eine bedarfsge-
  rechte Anpassung der Wohn- und Lebensbedingungen
  an die neue Situation an.
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