Markenkommunikation in Krisenzeiten - Wie Unternehmen und Marken jetzt zukunftsorientiert kommunizieren sollten - Agentur pilot

 
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PILOT RADAR

              Markenkommunikation
              in Krisenzeiten
              Wie Unternehmen und Marken
              jetzt zukunftsorientiert
              kommunizieren sollten
Inhalt
         Intro  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 4
         Phasen der Krise  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 6
         Phase 1: Lockdown-Schock  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 8
         Phase 2: Ernüchterung und Reality Check  .  .  .  . 11
         Phase 3: Sehnsucht nach einem neuen Normal 14
         Phase 4: Blick nach vorn .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 17
         Outro: Learning  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 20
Intro

    Krise ist nicht
    gleich Krise
    Es gibt keine verbindlichen
    Blaupausen zur kommunikativen
    Bewältigung von Außnahmesituationen.

4
pilot Radar:
kontinuierliche Befragungswellen

                             Welle         1    2    3    4      5         6       7    8    9    10   11     12      13

                             KW            12   13   14   15     16       17      18    19   20   22   24     26      28
 n = 1.000, repräsentative
     Online-Befragung

                               Stimmung in                                                              Implikationen für
                                                                     Konsumverfassung
                             der Bevölkerung                                                           Werbung und Marken

Dies gilt ganz besonders für die Corona-Krise, die uns         reihe „pilot Radar“ gestartet. Abgefragt wurden Items
mit einem wochenlangen Lockdown in eine Situation              zur Stimmungslage und zu Einstellungen, zum Konsum-
gezwungen hat, wie wir sie alle noch nicht erlebt haben.       und Medienverhalten sowie zur Markenwahrnehmung
Auch nicht die Werbewirtschaft. Kein Wunder also, dass         der Deutschen in Zeiten der Krise.
Werbetreibende sehr unterschiedlich reagiert haben:               Wie ein Katalysator hat Corona das Spannungsfeld
von sofortigem Kampagnenstopp über konsistentes                von gesellschaftlichen Veränderungen und Konsumver-
Festhalten an Jahresstrategien bis hin zu Budgeterhö-          halten für Marken und ihre Kommunikation verstärkt.
hungen.                                                           In diesem PILOTSPOTLIGHT analysieren wir daher
   Um die Bedürfnislage der Menschen besser zu ver-            nicht nur die Phasen der Krise mit ihren wichtigsten
stehen und situativ ausgerichtete Empfehlungen für die         Auswirkungen auf die Markenkommunikation, sondern
Markenkommunikation entwickeln zu können, hat pilot            leiten auch zentrale Empfehlungen für die Zukunft ab.
zu Beginn des Shutdowns die repräsentative Studien-

                                                                                                                            5
Phasen
     der Krise

    Vom akuten Schock
    zur Neuorientierung
    Auf der Basis von verschiedenen Modellen der Psychologie
    (z. B. Verena Kast, Johan Cullberg) wissen wir heute, dass
    Menschen in Krisen verschiedene Phasen durchlaufen:

6
Phasen der Krise

                                                                              GESELLSCHAFT

         Akuter Schock                 Reaktion                  Akzeptanz                   Neuorientierung

                                                                               INDIVIDUUM

• Phase 1 „Akuter Schock“: eine Art Lähmung und 		      bild, zum Konsumverhalten oder Einschätzungen der
  Nicht-wahrhaben-Wollen dominieren.                    persönlichen Situation Woche für Woche erhoben, wo-
                                                        durch in der Zeitreihe klare Tendenzen und selbst kleine
• Phase 2 „Reaktion“: chaotische Emotionen,             Veränderungen deutlich wurden. Gleichzeitig wurden
  Verdrängung und Aufkeimen von Angstgefühlen.          in jeder Welle neue Fragestellungen zu aktuellen Ent-
                                                        wicklungen und Themen mit aufgenommen, um deren
• Phase 3 „Akzeptanz“: konstruktives Akzeptieren und    Einfluss nachzuvollziehen.
  Suchen nach Lösungen.                                 		 Dabei zeigte sich deutlich, dass jede Phase eine spezi-
                                                        fische kommunikative Antwort erfordert und dass unre-
• Phase 4 „Neuorientierung“: Fokus auf Konsequenzen     flektiertes Festhalten an Standardlösungen für Marken
  für den Betroffenen selbst sowie sein Umfeld und      sogar zu einem Problem werden kann.
  seine Umwelt.

Das umfangreiche Studiendesign des pilot Radars und
die hohe Frequenz der Feldarbeit erlauben eine genaue
Beobachtung von Veränderungen nach einzelnen Kri-
senphasen. So wurden Frage-Cluster zum Stimmungs-

                                                                                                                     7
Phase 1

    Lockdown-
    Schock
    Im Januar ist von einem neuartigen Corona-Virus in China
    die Rede, Ende Februar richtet die Bundesregierung einen
    Krisenstab ein, Anfang März werden die ersten Veranstal-
    tungen abgesagt, am 22. März heißt es schließlich:
    „Lockdown“. Noch in der gleichen Woche geht die erste
    Umfragewelle des pilot Radars ins Feld, denn klar ist:
    Nichts ist mehr, wie es vorher war. Werbungtreibende
    müssen in ihrer Markenkommunikation auf diese ein-
    schneidenden Ereignisse reagieren und ihre Strategien
    kontinuierlich und agil anpassen.                          | KW 12 – 14
8
Stimmungsbild und Einstellungen                        Implikationen für die Markenkommunikation

• Corona wird zum alltagsbeherrschenden Thema.         Im Spannungsfeld zwischen der Sehnsucht nach
                                                       Normalität, der hohen Sorge vor gesundheitlichen
• Der Sorgenfaktor ist hoch                            Risiken und einer unsicheren Zukunft stehen
  (Gesundheit und wirtschaftliche Entwicklung).        Marken vor einer besonderen Herausforderung:
                                                       flexibles Agieren ohne hektischen Aktionismus. Es
• Starker Gemeinschaftssinn in der Gesellschaft.       gilt, die aktuellen gesellschaftlichen Strömungen
                                                       zu antizipieren.
• Verändertes Freizeitverhalten durch Quarantäne:
  Boom der Indoor-Hobbys.                              		 Manche Marken nutzen das (kurzzeitige)
                                                       Momentum des gesellschaftlichen Zusammenhalts
• Steigender Medienkonsum                              und profilieren sich über „Danke“-Kampagnen. Die
  (TV, Streaming und Social Media).                    Menschen beurteilen das in dieser Phase positiv.
                                                       Schnell zeigt sich aber auch, dass jedes Unter-
                                                       nehmen individuelle Lösungen finden muss, um
                                                       authentischen Purpose in Form von lebensbejahen-
Konsumverhalten und Markenorientierung                 den und konstruktiven Inhalten zu finden. Und:
                                                       In Zeiten der Homebound Economy sind gerade
• Marken genießen hohen Stellenwert:                   dialogorientierte Strategien besonders gefragt.
  Die Hälfte der Befragten traut ihnen zu, mehr an
  die Gesellschaft als an den eigenen Profit zu        		 Besser vermeiden: eine kommunikative
  denken. Dieser Wert sinkt kontinuierlich, im         Schockstarre. Sonst droht die Gefahr, essenzielles
  Gegenzug steigt das Preisbewusstsein.                Markenkapital zu vernichten. Selbst starke Marken
                                                       sind nicht automatisch krisenresistent und können
• Stabile Ausgabebereitschaft korreliert mit dem       in Wettbewerbssituationen geraten, in denen der
  Grad der Besorgtheit: Je größer die Sorgen sind,     Preis das stärkere Kaufargument bietet.
  desto weniger Geld sind die Menschen bereit
  auszugeben (vgl. Grafik 1 und 2, n. S.).             		 Empfehlung: imagebildende Ansprache und
                                                       glaubwürdiger Nachweis, dass das Unternehmen
• E-Commerce profitiert vom Shutdown, was die          bereit ist, Verantwortung für das Gemeinwohl zu
  Rabattfixierung befeuert.                            übernehmen.

• Zeit der Hamsterkäufe: Toilettenpapier, Hefe oder
  haltbare Lebensmittel sind gefragt – selbst Jünge-
  re (18 bis 29 Jahre) entdecken die Vorratshaltung.

                                                                                                            9
Sorgenbarometer der Deutschen (Grafik 1)

            75      77   75
                               71
                                     67   65
                                                 61    59   61
                                                                  56            58
                                                                                                                                                                        52
                                                                         48
                                                                                                                                                 41            42            42
                                                                                                                                        37            38
                                                                                                                          33   33
                                                                                                                    29
                                                                                                25    24       25

                          Macht mir sehr große / eher große Sorgen                                         Macht mir eher weniger / überhaupt keine Sorgen

     Frage: Bitte denken Sie an das Thema Corona-Virus. Wie würden Sie Ihre persönliche Wahrnehmung dieses Themas beschreiben?

     Stabile Kaufbereitschaft (Grafik 2)

                                                                                              61 61
                                                                                  57 56 58 59
                                                                      54 54 54 56
                                                                 50
         45 43
               41 42 40 39 39
                              37 36
                                    34 34

                                                                                                                          5    4    5        4   4    4    5        4   3    5    5

                 Ich werde weniger Geld ausgeben.                      Ich werde genauso viel Geld ausgeben.                   Ich bin bereit, mehr Geld auszugeben.

     Frage: Wie schätzen Sie ganz allgemein Ihre Ausgabebereitschaft für neue Waren und Dienstleistungen in den nächsten Wochen ein – verglichen mit der
            Zeit vor der Corona-Krise?

     Angaben in %                     Phase 1 (KW12-KW14)                     Phase 2 (KW15-KW17)                   Phase 3 (KW18-KW22)                        Phase 4 (KW24-KW28)
     Quelle: pilot Radar / Basis: Gesamt / n = 1.000

10
Phase 2

Ernüchterung
und Reality Check
Nach einer Verlängerung der Kontaktbeschränkungen
sehnen sich Ende April alle nach ersten vorsichtigen Locke-
rungen. Geschäfte bis 800 m2 dürfen wieder öffnen und
die Maskenpflicht wird eingeführt, die in den kommenden
Wochen zum „neuen Normal“ wird. Ob EU oder Bundesre-
gierung – milliardenschwere Konjunktur- und Kreditpro-
gramme sollen die Wirtschaft wieder in Schwung bringen,
Sozialleistungen werden ausgebaut. Es gibt erste positive
Meldungen über die Entwicklung von Impfstoffen. Gleich-
zeitig steigt der gesellschaftliche Frust: Am 1. Mai wird
daher nicht für Arbeitnehmerrechte protestiert, sondern
gegen Hygieneauflagen und Abstandsgebote. Verschwö-
rungstheorien haben Hochkonjunktur.                           | KW 15 – 17
                                                                             11
Stimmungsbild und Einstellungen                         • Immer beliebter: Motive, die Rabatte oder Sonder-
                                                               angebote kommunizieren.
     • Corona spaltet die Gesellschaft in Lockdown-
       Befürworter und -Gegner und offenbart Span-
       nungsfelder zwischen dem Wunsch nach körper-
       licher Unversehrtheit und wachsender Angst vor        Implikationen für die Markenkommunikation
       finanziellen Risiken.
                                                             Situative Haltungskampagnen haben ausgedient,
     • Zusammengehörigkeitsgefühl weicht Ernüchte-           stattdessen verstärkt sich der Konsumentenfokus
       rung und Fixierung auf das eigene Schicksal (vgl.     auf den Preis. Die Menschen wollen kaufen – und
       Grafik 3, rechts).                                    damit einen Schritt zurück in die Normalität gehen.
                                                             Für Marken bedeutet das, die Produktbotschaften
     • Optimismus, dass sich die Lage schnell wieder         diesem Trend anzupassen, z. B. über Preiskam-
       normalisiert, sinkt, dafür steigen das Lagerkoller-   pagnen. Die Markenkommunikation steht vor der
       Gefühl und das Bedürfnis nach Realitätsflucht.        Aufgabe, das Verhältnis zwischen inhaltlichem
                                                             Anspruch und Produktwerbung sensibel auszuta-
     • Urlaubsplanung verliert vorerst an Relevanz.          rieren.

                                                             		 Der Medienkonsum stabilisiert sich auf sehr
                                                             hohem Niveau, der Hunger nach Informationen
     Konsumverhalten und Markenorientierung                  lässt etwas nach, das Bedürfnis nach Ablenkung ist
                                                             unverändert hoch. TV erzielt sehr hohe Reichwei-
     • Mit den ersten Lockerungen steigt die Anschaf-        ten, kann aber vom Nutzungshype in der Belegung
       fungsabsicht für Waren, deren Kauf im Lockdown        nicht profitieren.
       zurückgestellt wurde, wie Möbel oder Brillen.
                                                             		 Eine lukrative Option für Werbungtreibende:
     • Nach Öffnung der Geschäfte bleibt der große           Schon lange nicht mehr hatte ein reichweitenstar-
       Ansturm wegen Abstandsregelung und Masken-            kes Massenmedium wie TV ein so attraktives
       pflicht aus.                                          Preis-Leistungs-Verhältnis.

     • Phänomene wie Social Distancing führen dazu,
       dass Konsumenten Marken im gesellschaftlichen
       wie persönlichen Kontext völlig neu bewerten
       (vgl. Grafik 3, rechts).

     • Deutlich veränderte Einstellung zur Werbung:
       Der Sättigungsgrad in Bezug auf situative
       Haltungskampagnen ist erreicht, Marken haben
       genug „Danke“ gesagt.

12
Stimmungsbild in Corona-Zeiten (Grafik 3)

                                                                                                                                                   70
Die Corona-Krise schweißt uns als Gesellschaft                                                                                               63
                                                                                                                                     59
stärker zusammen.                                                                                                        50
                                                                                                                         50
                                                                                                                         50
Ich traue den meisten Marken / Unternehmen zu,                                                              37
                                                                                                           36
dass sie mehr an die Gesellschaft als an den Profit denken.                                    28
                                                                                                29
                                                                                                                                   57
Ich vertraue der Politik / Verwaltung, dass sie die                                                                                           65
                                                                                                                                    58
Lage sehr gut im Griff hat.                                                                                                           60
                                                                                                                                    58
                                                                                                                                                                               94
In der Corona-Krise trägt jeder Einzelne Verantwortung                                                                                                                  89
                                                                                                                                                                      87
für die Gemeinschaft, nicht nur für sich selbst.                                                                                                                      87
                                                                                                                                                                        89

Frage: Nachfolgend sehen Sie einige Aussagen, die wir von anderen Menschen zur Corona-Krise gehört haben. Wie ist das bei Ihnen persönlich?
       Inwiefern stimmen Sie diesen Aussagen zu?

Veränderte Einstellung zur Werbung (Grafik 4)

                                                                                                                        63
                  55   58   58    56   54      58     56      54                                                              58        55    56
    50    53                                                                                                                                       53        52      51   50
                                                                   47    44   46    43         44                                                       47
                                                                                          41         40      41

               Werbung, die Sonderangebote /                       Werbung, die zeigt, welchen positiven                           Werbung, die zeigt, wie wir als
                       Rabatte zeigt.                                 Beitrag Marken aktuell leisten.                              Gesellschaft zusammenstehen.

Frage: Wie beurteilen Sie aktuell diese inhaltlichen Ausgestaltungsarten von Werbung? Antwortmöglichkeiten: „gefällt mir gar nicht”, „gefällt mir weniger gut”,
       „ist mir egal”, „gefällt mir eher gut”, „gefällt mir besonders gut” / Grafik zeigt Top-2-Werte (eher gut/besonders gut)

Angaben in %                       Phase 1 (KW12-KW14)                  Phase 2 (KW15-KW17)                       Phase 3 (KW18-KW22)                    Phase 4 (KW24-KW28)
Quelle: pilot Radar / Basis: Gesamt / n = 1.000

                                                                                                                                                                                    13
Phase 3

     Sehnsucht
     nach einem
     neuen Normal
     Während die Ministerpräsidenten über den Grad der Locke-
     rungen streiten, sorgen die Bürger für Fakten: Am sonnigen
     Pfingstwochenende werden die Ausflugsziele gestürmt. Zur
     Freude der Fußballfans startet die Bundesliga wieder – als
     Geisterspiele, aber Deutschland übernimmt damit eine
     Vorreiterrolle. Mecklenburg-Vorpommern heißt wieder
     Urlauber willkommen. Und die ersten Impfstofftests an
     Menschen verlaufen erfolgreich.                              | KW 18 – 22
14
Stimmungsbild und Einstellungen                          • Regionale Urlaubsangebote profitieren von den
                                                           ersten Lockerungen.
• Der Einfluss von Corona auf das tägliche Leben
  sinkt, die persönliche wirtschaftliche Situation
  gewinnt an Bedeutung.
                                                         Implikationen für die Markenkommunikation
• Optimismus macht sich breit, fast die Hälfte der
  Deutschen ist Anfang Juni der Meinung, „dass           Der Blick auf die Produkte verändert sich, das
  sich die Lage schnell wieder normalisiert“.            Markenkapital gerät zunehmend unter Druck. Aber
                                                         die intensivere Auseinandersetzung der Menschen
• Der Zwiespalt der Gefühle bleibt: Trotz sinkender      mit dem Konsum birgt auch Chancen für Marken.
  Infektionszahlen ist die Furcht vor einer Erkran-      Die richtige Zeit, das Wertegerüst von Unterneh-
  kung groß.                                             men zu überprüfen und die Markenstrategie glaub-
                                                         würdig daran auszurichten.
• Persönliche Kontakte werden wieder intensiviert.       		 Kampagnen zu Sonderangeboten oder Rabat-
                                                         ten erfahren weiter hohen Zuspruch, Motive zum
• Das Gemeinschaftsgefühl schwindet weiter, im           gesellschaftlichen Beitrag von Marken verlieren an
  Spannungsfeld zwischen Verantwortungsgefühl            Zustimmung.
  für die Gesellschaft und Individualinteressen,         		 Die Herausforderung für Unternehmen: Stär-
  bleibt aber immer noch auf einem hohen Niveau.         kung ihrer Marken über stringente werteorien-
                                                         tierte Strategien für die Zeiten eines möglichen
                                                         Konjunktureinbruchs. Um einem zunehmenden
                                                         Preisdruck zu begegnen, sollte die Marke im Rele-
Konsumverhalten und Markenorientierung                   vant Set der Konsumenten verankert werden und
                                                         gute Argumente für einen Kaufwunsch liefern.
• Trotz konjunktureller Alarmstimmung:                   		 Die Menschen wünschen sich positive Marken-
  Ausgabebereitschaft der Konsumenten ist unver-         botschaften: Zuversicht und ein gewisses Quantum
  ändert stabil, solange sie sich in einer wirtschaft-   Euphorie. Statt Corona-Washing heißt es nun,
  lich sicheren Situation sehen. Menschen, die von       Phantasien der Hoffnung und Zuversicht zu entwi-
  der Krise wirtschaftlich betroffen sind, wollen        ckeln.
  ihre Ausgaben zurückfahren (vgl. Grafik 5, n. S.).     		 Für Mediastrategien gilt: Die Dynamik bei der
                                                         intendierten Mehrnutzung von „Indoor-Medien“
• Preisfokussierung übertrumpft Markenorientie-          schwächt sich kontinuierlich ab, liegt aber immer
  rung bei Produkten des täglichen Bedarfs sowie         noch über den üblichen Durchschnittswerten,
  bei größeren Anschaffungen (vgl. Grafik 6, n. S.).     wodurch sich unverändert hervorragende Reich-
                                                         weitenziele umsetzen lassen. Das Smartphone als
• Konsumverhalten tendiert zu Smart Shopping mit         mobiler Alltagsbegleiter rückt wieder stärker in
  digitalem Preisvergleich für die Wunschmarke.          den Fokus.

                                                                                                              15
Wirtschaftliche Situation beeinflusst Konsumbereitschaft (Grafik 5)

                       Menschen, die weder persönlich noch am                                                      Menschen, die persönlich von der Krise
                    Rande von der Krise wirtschaftlich betroffen sind                                                  wirtschaftlich betroffen sind

                                                                           71
                                                                  67 70 65
                                                       63 63
                                                 59 60                                          58         59 56    59 56 57
                                                                                                     52          53
                                                                                                                                                    44                 43           43
                                                                                                                                           38                     40
        36 35
                 32 30                                                                                                                                       35             35 37
                       28 25 30 27

        Ich werde weniger Geld ausgeben.       Ich werde genauso viel Geld ausgeben.            Ich werde weniger Geld ausgeben.         Ich werde genauso viel Geld ausgeben.

     Frage: Nachfolgend sehen Sie einige Aussagen, die wir von anderen Menschen zur Corona-Krise gehört haben. Wie ist das bei Ihnen persönlich?
            Inwiefern stimmen Sie diesen Aussagen zu?

     Preisfixierung nimmt in der Krise zu (Grafik 6)

                                                                                   60                             59
                                                                56 56 57 56                  57 57        56 56
                                                                                        53           52

         39 37                   40 39 40
               36 37 36 38 35 35          37

                                                                                                                             5   7   6                   6    5         5   5   5
                                                                                                                                          4     2                  4                4

             Ich achte vor allem / eher auf den Preis.                  Ich achte auf den Preis und die Marke.                   Ich achte vor allem / eher auf die Marke.

     Frage: Achten Sie beim Einkaufen von Waren des täglichen Bedarfs eher auf den Preis oder eher auf die Marke?

     Angaben in %                      Phase 1 (KW12-KW14)                   Phase 2 (KW15-KW17)                       Phase 3 (KW18-KW22)                         Phase 4 (KW24-KW28)
     Quelle: pilot Radar / Basis: Gesamt / n = 1.000

16
Phase 4

Blick
nach vorn
Die Infektionszahlen gehen zurück, Sorgen bereitet die
Wirtschaft. Die Bundesregierung beschließt das Konjunk-
turpaket 2, darunter eine Senkung der Mehrwertsteuer und
einen Kinderbonus. Die Hygiene-Beschränkungen werden
zunehmend gelockert. Mitte Juni startet die Corona-Warn-
App. Gleichzeitig erfordern lokale „Super Spreader“-Ereig-
nisse die Rückkehr zu punktuellen Lockdowns und führen
uns vor Augen, dass uns die Pandemie noch längere Zeit
begleiten wird. Die Fortschritte in der Impfstoffentwick-
lung machen Hoffnung. Und Mallorca öffnet die Tore für
Touristen – und schließt gleich wieder den Ballermann.
                                                             | Ab KW 24
                                                                          17
Stimmungsbild und Einstellungen                          • Mit den neuen Freiheiten und Grenzöffnungen
                                                                steigt die Lust an der Urlaubsplanung, die nach
     • Das Sorgenbarometer fällt, der Grad der                  wie vor eine hohe Relevanz hat.
       Entspanntheit nimmt zu und die persönliche
       finanzielle Situation bleibt relevant.

     • Das Leben verlagert sich wieder nach draußen,          Implikationen für die Markenkommunikation
       das Freizeitverhalten normalisiert sich, Beein-
       trächtigungen durch Corona werden immer weni-          Mehrwertsteuersenkung als Konjunkturmotor:
       ger wahrgenommen (vgl. Grafik 7, rechts).              Viele Konsumenten sind skeptisch, ob Handel und
                                                              Unternehmen diese Steuererleichterung uneinge-
     • Die Stimmungslage bleibt komplex zwischen              schränkt weitergeben. In Kombination mit dem
       Zuversicht und Verunsicherung, getrieben durch         Relevanzverlust, den Marken während der Coro-
       aktuelle Skandalmeldungen (z. B. fleischverarbei-      na-Zeit in der Wahrnehmung der Konsumenten
       tende Industrie).                                      gegenüber Preisargumenten erlitten haben, gilt es
                                                              nun, das Vertrauen in Marken und Unternehmen
     • Das Interesse am Konjunkturpaket ist groß, der         zu stärken. Eine wirkungsvolle Maßnahme: die
       große „Wumms“ wird aber nicht erwartet.                Steuererleichterung ohne Einschränkungen weiter-
                                                              zugeben – und dies glaubwürdig zu vermitteln.

                                                              		 Eine Chance für Marken ergibt sich aus dem
     Konsumverhalten und Markenorientierung                   eskapistischen Bedürfnis, sich nun etwas zu
                                                              gönnen und unterwegs zu sein. Für ein begrenztes
     • Die Krise sorgt zunehmend für eine Spaltung der        Zeitfenster entstehen dadurch kommunikative
       Gesellschaft (vgl. Grafik 8, rechts). Diese zeichnet   Ansatzpunkte über die Inszenierung inspirieren-
       sich auch finanziell ab: Die Hälfte der Deutschen      der Verwendungsanlässe. Denn: Corona hat den
       sieht sich von der Krise weder persönlich noch         Deutschen zwar die Freude am Einkaufsbummel
       am Rande wirtschaftlich betroffen. Ein Drittel         getrübt, die Lust am Konsum aber ist geblieben.
       der Deutschen befürchtet Einbußen und plant, die       Dies können Marken nun befeuern. Optionen erge-
       Ausgaben zu reduzieren.                                ben sich für höherpreisige Produkte wie Genuss-
                                                              mittel, Markenkleidung, Outdoorprodukte oder
     • Dem gut situierten Teil der Deutschen ist es           Technik. Insbesondere die Kreation ist hier aufge-
       gerade jetzt wichtig, sich etwas Gutes zu tun:         rufen, genau dieses Lebensgefühl zu unterstützen.
       feiern mit Freunden, Online-Shopping, Restau-
       rantbesuche oder Anschaffungen für den Wohn-
       raum.

     • Die Maskenpflicht beeinträchtigt das Einkaufser-
       lebnis und dämpft den Handel.

18
Einfluss von Corona auf das tägliche Leben sinkt (Grafik 7)

In folgenden Bereichen hat sich etwas „sehr stark geändert”:

                                                   67 69 66
                                                               63
                                              59                    57

                                                                         45
                                                                              40
   35
        32 32 30                                                                   30
                 29                                                                     28 29
                        25
                             21 22                                                              22                                  21 19
                                       18                                                            18 19 17                  17         17 15
                                                                                                                13 15 14                        13 11 11
                                                                                                                                                         10

        Gewohnte Ausübung der Arbeit               Treffen mit Freunden outdoor           Einkauf des täglichen Bedarfs                Nutzung Fernsehen

Frage: Welchen Einfluss hat das Thema Corona-Virus auf diese Bereiche Ihres täglichen Lebens?

Krise spaltet die Gesellschaft (Grafik 8)

                                                                                                                                              41
Ich bin optimistisch, dass sich die Lage schnell wieder                                                                                          43
normalisiert.                                                                                                                                  42
                                                                                                                                                           49
                                                                                                                                              41
                                                                                                                               33
Nach der Corona-Krise wird für mich persönlich vieles                                                                     29
schlechter sein als zuvor.                                                                                                     33
                                                                                                                          29
                                                                                                                               33

Frage: Nachfolgend sehen Sie einige Aussagen, die wir von anderen Menschen zur Corona-Krise gehört haben. Wie ist das bei Ihnen persönlich?
       Inwiefern stimmen Sie diesen Aussagen zu?

Angaben in %                      Phase 1 (KW12-KW14)                    Phase 2 (KW15-KW17)               Phase 3 (KW18-KW22)                 Phase 4 (KW24-KW28)
Quelle: pilot Radar / Basis: Gesamt / n = 1.000

                                                                                                                                                                     19
Outro

     Learnings
     für die Marken-
     kommunikation
     Das Kapitel Corona ist vermutlich längst noch nicht abge-
     schlossen, dennoch zeichnen sich bereits klare Tendenzen
     ab, was die Menschen von Marken erwarten und welche
     Erkenntnisse sich für werbungtreibende Unternehmen
     daraus ergeben:
20
Nicht werben ist die schlechteste Lösung                   müssen Unternehmen frühzeitig und konsequent reagie-
                                                           ren. Denn nur starke Marken, die einen überzeugenden
Krisen schaden der Brand Awareness – schon alleine         Konsumwunsch auslösen können und fest im Relevant
durch die thematische Überlagerung und den gestiege-       Set verankert sind, können sich in schwierigen Wettbe-
nen News-Flow und Noise-Level. Es zeigt sich aber, dass    werbssituationen oder rezessiven Konjunkturphasen
Marken, die konstant weiterwerben, ein deutlich höhe-      erfolgreich behaupten.
res Ad-Awareness-Niveau halten können als Marken, die
in den kommunikativen Shutdown geschickt und deren         Der Wert einer werteorientierten Kommunikation
Kampagnen gestoppt werden (siehe Grafik 10, n. S.).
                                                           Gerade in Krisen erwarten die Menschen von Unterneh-
Krisen erfordern gezielt ausgesteuerte                     men und Marken Haltung. Durch die hohe Volatilität
Phasen-Strategien                                          – beispielsweise durch neue Lebenssituationen – gilt
                                                           es gerade jetzt, Markenwerte neu zu diskutieren und
Einstellungen und Verhalten verändern sich unter dem       auszurichten. Um dies glaubwürdig transportieren zu
Eindruck besonderer Ereignisse. Bei längeren Krisen        können, muss es auf der Basis eines soliden Wertege-
wie der Corona-Pandemie erfolgt dies in verschiedenen      rüstes des Unternehmens erfolgen. Situative Haltungs-
Phasen. Werbungtreibende Unternehmen sollten diese         kampagnen wie „Danke“-Aktionen haben nur eine kurze
Strömungen antizipieren und ihre Markenstrategien agil     Halbwertszeit.
auf die aktuellen Bedürfnislagen der Menschen ausrich-
ten. Schließlich gibt es weiterhin viele Unbekannte:       Nachhaltigkeit bleibt eines der Top-Themen
von einem zweiten Shutdown bis zur Rezession. Umso
wichtiger ist es, dass Unternehmen über kontinuierliche    Die Themen Sustainability und soziale Verantwortung
Trackings verfügen, die das Lebensgefühl, Konsum-          konnten ihre Relevanz auch durch die Krise hindurch
verhalten und die Mediennutzung ihrer Zielgruppen          konsistent erhalten. Die Menschen überdenken – auch
erfassen.                                                  und gerade – in schwierigen Zeiten ihr eigenes Handeln
                                                           sowie mögliche kausale Zusammenhänge und setzen
Konsumverhalten im Wandel                                  sich mit Verzicht und Nachhaltigkeit auseinander. Von
                                                           den Unternehmen erwarten sie ein glaubwürdiges
Nicht nur Stimmungen schwanken, auch die Einstellung       Engagement und Handeln, das langfristig verfolgt und
zum Konsum. Die Menschen zeigen sich unverändert           konsequent durchgehalten wird (vgl. Grafik 9, n. S.).
offen für werbliche Botschaften, setzen sich aber inten-
siver mit dem Thema Konsum auseinander. Zwischen           Fazit
Hamsterkauf und „Gönn dir was“-Momentum öffnet
sich ein breites Kommunikationsspektrum. Der Handel        Dieses PILOTSPOTLIGHT zeigt, wie volatil die Umwelt
sieht sich anders gefordert als der E-Commerce, daher      ist, sich gelebte Glaubenssätze von einem auf den
erfordert jede Kategorie eine spezifische Bedürfnis- und   anderen Tag verändern können und getroffene Entschei-
Motivanalyse. Dies kann sich beispielsweise auf den        dungen immer auch zeitnah adjustiert werden müssen –
Wunsch nach Inspiration oder konstruktiver Lebens-         ohne dabei aktionistisch langfristige Strategien aus den
hilfe beziehen.                                            Augen zu verlieren. Was sich in Krisenzeiten bewährt:
                                                           die viel beschworene und notwendige Kollaboration von
Marken unter Druck                                         Marktpartnern (Kunden – Agenturen – Vermarktern),
                                                           das richtige Mindset sowie ein handlungsfördernder
Es ist nicht nur ein Krisenthema, aber Corona hat die      Datenschatz.
Entwicklung beschleunigt: Die Markenorientierung
erodiert zugunsten einer zunehmenden Preisfixierung.
Dies gefährdet langfristig das Markenkapital. Darauf

                                                                                                                      21
Nachhaltigkeit als krisenresistentes Thema (Grafik 9)

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        ... die zeigt, welchen positiven Beitrag Marken                                                                                                 52       52      50         53
                                                                             4     8                35                    43              10
        (zukünftig) für die Gesellschaft leisten können.
        ... die das soziale Engagement von Unternehmen /                                                                                                51       51      52         53
                                                                             5      7               35                    42              11
        Marken thematisiert.
        ... die auf die Nachhaltigkeitsstrategie des werbenden                                                                                          57       59                 59
                                                                             3 8               30                  44                   16                               55
        Unternehmens eingeht.
                                                                                                                                                      KW 22 KW 24 KW 26 KW 28

       Angaben in %                             Gefällt mir gar nicht            Gefällt mir weniger gut   Ist mir egal        Gefällt mir eher gut          Gefällt mir besonders gut

       Frage: Bleiben wir einmal bei dem Thema Marken und Werbung. Unabhängig von der Corona-Krise können Marken in ihrer Werbung ja unterschiedlich stark Themen
              wie soziales Engagement, Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung aufgreifen. Inwiefern gefällt Ihnen dies persönlich gut oder weniger gut?
       Quelle: pilot Radar / Basis: Gesamt / n = 1.000 / Das linke Balkendiagram visualisiert KW28

       Werbe-Shutdown schadet den Marken (Grafik 10)

                           Jahreswechsel                       Beginn der                                    • Insgesamt wurden 116 Marken des YouGov BrandIndex betrachtet.
                             2019/2020                        Corona-Krise                                              In der Krise weitergeworben
                          80                                                                                            In der Krise begonnen
     Ad Awareness Index

                                                                                                                        Nicht in der Krise geworben
                                                                                                                        Gar nicht geworben
                          70
                                                                                                             • Im Fokus stand bei der Betrachtung die Ad Awareness der jeweiligen
                                                                                                               Markencluster.
                          60
                                                                                                             • Es zeigt sich, dass Marken, die nicht aufgehört haben zu werben, im
                                                                                                               Vergleich ein deutlich stärkeres Ad-Awareness-Niveau halten konnten.
                          50

                          40                                                                                 Datenbasis YouGov BrandIndex | 116 Marken ab KW11 (Start verschärfter
                               52 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20                Einschränkungen in DE) in Betrachtung | Ad-Awareness-Verläufe stellen
                               Kalenderwoche                                                                 eine Verdurchschnittlichung aller Marken eines Typs dar.

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Martina Vollbehr                             Chris Schneider

Geschäftsführerin pilot Insight & Strategy   Geschäftsleiter | Director Strategy
M.Vollbehr@pilot.de                          C.Schneider@pilot.de

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