Shownotes Folge 3 - Ertrinkungsnotfälle - Fein Dosiert

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Shownotes Folge 3 - Ertrinkungsnotfälle - Fein Dosiert
Shownotes Folge 3 – Ertrinkungsnotfälle

Fein dosiert mit neuer Homepage!
Wir haben unsere neue Homepage veröffentlicht. Darin sind die Inhalte der bisherigen
übernommen und verfeinert worden. Alle weiteren Folgen werden weiterhin wie gewohnt
über Spotify, Apple etc. online sein. Die Shownotes der Folge 4 und aller weiteren Folgen
findet ihr dann auf unserer neuen Website:
www.fein-dosiert.de

Bolusgabe – Notfallbild: Ertrinkungsnotfälle
DEFINITION
Die ILCOR definiert Ertrinken seit 2003 als: „Ertrinken ist ein Prozess, der aus einer primären
Atemstörung durch Submersion oder Immersion in einem flüssigen Medium resultiert.“ 1
Damit werden andere Definitionen, wie ‚Beinahe-Ertrinken‘, unnötig. Submersion bedeutet,
dass ein Mensch untertaucht, während bei der Immersion nur ein Teil des Körpers eingetaucht
wird (Ertrinken im Suppenteller).

INZIDENZ
In Deutschland wurde 2018 insgesamt über 800 Mal die Diagnose „Ertrinken und
nichttödliches Untertauchen“ gestellt. 2
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Shownotes Folge 3 - Ertrinkungsnotfälle - Fein Dosiert
PATHOPHYSIOLOGIE
Infolge des Bedeckens der Atemwege mit Wasser kommt es zu einer Verlegung der
Atemwege. Primär kann der Körper reflektorisch ein Einatmen im Wasser unterdrücken.
Durch die fehlende Ventilation kommt es zum Sauerstoffmangel (Hypoxie) und zur
Anreicherung von Kohlenstoffdioxid (Hyperkapnie) Bei länger andauerndem Unter- bzw.
Eintauchen überwiegt mit zunehmender Unterversorgung des Gehirns dann jedoch der
Atemreiz. Während dieser Zeit gelangt regelhaft viel Wasser in den Magen und in die
Atemwege. Dadurch kommt zu der Ventilationsstörung noch eine Diffusionsstörung hinzu. Die
zunehmende Hypoxie führt dann zu einem zunehmenden Abfall der Herzfrequenz
(Bradykardie) und mündet schließlich im Herzstillstand (Asystolie).4
Das Wasser in der Lunge und das damit zerstörte Surfactant sorgen für eine schlechtere
Dehnbarkeit der Lunge (Compliance). Bei Eindringen von Wasser kann, zumindest theoretisch,
zwischen einer Süß- und einer Salzwasseraspiration gesprochen werden. Entscheidend dabei
ist, ob das Wasser weniger (hypoton) oder mehr (hyperton) Elektrolyte besitzt als das Blut.
Dabei spielt der Salzgehalt der Flüssigkeit, die in die Lunge gelangt, eine relevante Rolle bei
der Pathophysiologie des Ertrinkungsnotfalles:
Bei einer Süßwasseraspiration3 folgt die hypotone Flüssigkeit in den Alveolen dem Salz in den
Blutgefäßen. Das führt zu einem Funktionsverlust des Surfactants und damit zu Atelektasen,
also dem Verkleben von Alveolen. Außerdem kommt es je nach Menge an aspiriertem Wasser
durch eine Hypervolämie zu einem Verdünnungseffekt (Hyponatriämie und
Hypoproteinämie). Zudem dringt das noch immer hypotone Wasser dann in die Erythrozyten
ein und bringt diese zum Platzen (Hämolyse). Das in den Erythrozyten befindliche Kalium
gelangt so in die Blutbahn und verursacht eine Hyperkaliämie.
Bei der Salzwasseraspiration3 wird durch den hohen Salzgehalt in den Alveolen zusätzlich
Plasma in diese gezogen. Dadurch wird das Lungenödem zusätzlich verstärkt. Diffundieren
dann die Salze in die Lungenkapillare kommt es zu einer Hypernatriämie und Hyperkaliämie.

MAßNAHMEN
Ertrinkungsopfer profitieren von einer raschen Behebung der Hypoxie, die in der Regel zum
Kreislaufstillstand führt. Daher lautet die Empfehlung der ERC 2015, dass trainierte Helfer
direkt nach der Rettung 5 Initialbeatmungen durchführen sollen, bevor sie mit der
Reanimation beginnen.4,5,6
Bei unterkühlten Reanimationspatienten müssen wir bei der Medikamentengabe wachsam
sein. Zwischen 35°C bis 30°C wird das Intervall der Medikamentengabe verdoppelt (Adrenalin
alle 6 – 10 Minuten). Unter 30°C Körpertemperatur wird die Medikamentengabe ausgesetzt
und bei defibrillierbaren Rhythmen nur 3 Schocks abgegeben.4
Die Versorgung geretteter Patienten mit Kreislauf wird nach dem bekannten ABCDE-Schema
vorgenommen. Besonderes Augenmerk muss auch hier auf mögliche A- und B-Problematik
gelegt werden.

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„Notfallspezialist für unterwegs“ - Die DLRG
Organisation und Aufgaben der DLRG
Die DLRG (Deutsche Lebensrettungsgesellschaft) ist eine ehrenamtliche und gemeinnützige
Organisation. Sie ist mit rund 560.000 Mitgliedern die größte freiwillige
Wasserrettungsorganisation der Welt. Das Hauptziel der DLRG ist es, seit der Gründung im
Jahr 1913, Menschen vor dem Ertrinkungstod zu bewahren. Sie bietet Kurse zur
Schwimmausbildung und zur Sicherheit am und im Wasser an. In einigen Bundesländern, wie
beispielsweise in Baden-Württemberg, ist die DLRG mit ihrer Aufgabe des
Wasserrettungsdienstes im Landesrettungsdienstgesetz verankert. Im Einsatzfall werden die
Einheiten der DLRG über die jeweiligen Rettungsleitstellen alarmiert und rücken von den
jeweiligen Stützpunkten zum Unfallort aus. Die Ausbildungen der DLRG-Angehörigen sind
vielseitig und reichen von Rettungsschwimm- und Sanitätsausbildung bis hin zu
fachspezifischen Kenntnissen als Taucher*in oder Bootsführer*in. Die Rettung von Personen
aus wasserspezifischen Gefahrenlagen führt die DLRG bis zu einem sicheren Übergabepunkt
durch. Die Schnittstellen mit dem bodengebundenen Rettungsdienst können vielseitig sein:

Einsatztaktische Einheiten bei der DLRG:
Die DLRG rückt zu Einsätzen mit unterschiedlichen Einsatzkräften an. Je nach Lage vor Ort
kommen speziell ausgebildete Gruppen zum Einsatz:

   •   Bootseinheit: Der Bootsführer besetzt mit seiner Mannschaft das Rettungsboot und
       kann überall dort eingesetzt werden, wo ein Transport auf dem Wasser notwendig
       wird
   •   Taucheinheit: Rettungstaucher durchlaufen eine spezielle Ausbildung und sind im
       Einsatz immer mit einem Signalmann außerhalb des Wassers verbunden. Durch eine
       Leine können sich Taucher und Signalmann verständigen und Unterwasserflächen
       gezielt absuchen
   •   Strömungsretter: Die Mitglieder dieser Spezialeinheit sind für das Schwimmen und
       Arbeiten in schnell fließenden Gewässern wie beispielsweise dem Rhein ausgebildet.
       Auch bei Hochwassereinsätzen und technischen Rettungen aus der Höhe oder Tiefe
       können sie eingesetzt werden, wofür sie mit geeignetem Seil- und Klettermaterial
       ausgestattet sind

                         Shownotes Folge 3 – Ertrinkungsnotfälle
•   Gruppenführer und Einsatzleiter: Sie bilden wie in anderen Hilfsorganisationen die
       Leitungsebene ihrer Einsatzeinheiten. Als Rettungsdienstmitarbeiterinnen und –
       mitarbeiter erkennen wir sie an den blauen und gelben Westen als Ansprechpartner
       im Einsatz. Mit dem Einsatzleiter stimmt der Rettungsdienst dann einen geeigneten
       Übergabeort für die Patientenübernahme ab.
Viele DLRG-Einsatzkräfte sind auch in Grundlagen des Sanitätsdienstes ausgebildet und
können in manchen Situationen eine gute Unterstützung für die hauptamtlichen Kräfte des
Rettungsdienstes sein. Auch hier gilt wieder: Reden, Reden, Reden! Kommuniziert
untereinander und nutzt alle verfügbaren Ressourcen an der Einsatzstelle optimal.

Aus der Bibliothek
Wir empfehlen euch in dieser Folge den Blick in die ERC Leitlinien zur Wiederbelebung von
2015. In dem Kapitel über Herzkreislaufstillstände in besonderen Situationen könnt ihr euch
nochmals gezielt darüber informieren, welche Maßnahmen eingeleitet werden und wie ihr
den Algorithmus zur Wiederbelebung anpassen müsst.
Außerdem ist die Internetpräsenz der DLRG (www.dlrg.de) lesenswert und informativ, falls ihr
mehr über das Aufgaben- und Einsatzspektrum der DLRG erfahren möchtet. Zusätzlich sind
Regeln zum Verhalten im und am Wasser aufgeführt – für die bevorstehende Sommerzeit
sicher nützliche Tipps für dienstfreie Tage.

LESSON LEARNED
Schnell und kompakt zusammengefasst – Hier kommen unsere Punchlines für diese Folge:

          •   Ertrinken wirkt sich in komplexer Weise auf unsere Lunge aus. Die
              nachfolgende Hypoxämie schädigt Herz und Gehirn
          •   Ertrinken ist nicht gleich Ertrinken: Wir kennen die Unterschiede zwischen
              Süß- und Salzwasserertrinken und kennen die Begriffe Immersion und
              Submersion
          •   Die Reanimationsmaßnahmen ändern sich bei Ertrinkungsunfällen im
              initialen Beatmungsmanagement. Achtet auf die Temperatur der Patienten
              und passt gegebenenfalls die erweiternden Maßnahmen an
          •   Rettung überlassen wir den Spezialkräften von DLRG, Feuerwehr und
              Wasserwacht
          •   Für eine optimale Symbiose zwischen allen Rettungskräften müssen wir
              direkt Kontakt zum Einsatzleiter vor Ort aufnehmen, um die Übergabe und
              weitere Maßnahmen abzustimmen

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Quellen & Literatur
(1) Papa, Linda; Hoelle, Robyn; Idris, Ahamed (2005): Systematic review of definitions for drowning incidents.
    In: Resuscitation 65 (3), S. 255–264. DOI: 10.1016/j.resuscitation.2004.11.030.
(2) Statistisches Bundesamt (2020): Ergebnisse der Todesursachenstatistik für Deutschland. Ausführliche
    vierstellige ICD10-Klassifikation - 2018. Online verfügbar unter, zuletzt aktualisiert am 19.05.2020, zuletzt
    geprüft am 26.06.2020.
(3) Hintzenstern, Ulrich von (Hg.) (2017): Notarzt-Leitfaden. Unter Mitarbeit von Susanne Adler. 8. Auflage:
    Urban & Fischer.
(4) Truhlář, A., Deakin, C., Soar, J. et al. (2015): Kreislaufstillstand in besonderen Situationen. Notfall
    Rettungsmed 18, 833–903. https://doi.org/10.1007/s10049-015-0096-7
(5) Stuhr, M. Kerner, T. (2019): Kardiopulmonale Reanimation von Ertrinkungsunfallopfern. In Scholz, J.,
    Gräsner, J. Bohn, A. (Hrsg). Referenz Notfallmedizin. 1. Auflage: Thieme Verlag
(6) Olfe, J., Gottschalk, U., Singer, D. (2018): Ertrinkungsunfälle bei Kindern und Jugendlichen. Notfallmedizin
    up2date 12(2), 187 – 207. Thieme Verlag
(7) Bildnachweis: Jahresstatistik DLRG 2019. Abgerufen unter www.dlrg.de – Mit freundlicher Genehmigung der
    DLRG Bundesgeschäftsstelle

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