Soziale Netzwerke Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit

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Der Bayerische Landesbeauftragte
für den Datenschutz informiert zum
Thema Soziale Netzwerke
                     Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen
                     in sozialen Netzwerken zum Zweck der
                     Öffentlichkeitsarbeit
                     28.03.2013

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Inhaltsverzeichnis

1               Einführung .................................................................................................................................. 3

2               Geht der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz davon aus, dass die Einrichtung
                bzw. Nutzung einer Fanpage bei Facebook (oder einem vergleichbaren sozialen Netzwerk)
                durch bayerische öffentliche Stellen datenschutzkonform ist? .................................................. 5
2.1             Mittelbare Verantwortlichkeit aufgrund der Vorbildfunktion der öffentlichen Verwaltung........... 5
2.2             Unmittelbare (Mit-) Verantwortlichkeit bayerischer öffentlicher Stellen im Hinblick auf das
                Telemediengesetz (Informationspflichten, Nutzungsdaten) ....................................................... 7
      2.2.1     Transparenz, Informationspflichten ............................................................................................ 7
      2.2.2     Zulässigkeit der Erhebung und Verwendung von Nutzungsdaten nach dem Telemediengesetz
                 .................................................................................................................................................... 9
2.3             Inhaltliche Kommunikation über eine Fanpage (Inhaltsdaten) ................................................. 14
      2.3.1     Einstellen von Inhaltsdaten durch bayerische öffentliche Stellen (Datenübermittlungen) ....... 14
      2.3.2     Eröffnung von Kommunikationskanälen für Nutzer auf der Fanpage (Datenerhebungen) ...... 15
      2.3.3     Speichern und Löschen von Inhaltsdaten ................................................................................ 16
      2.3.4     Technisch-organisatorische Maßnahmen ................................................................................ 18

3               Was empfiehlt der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz? Keine Fanpage in
                rechtlich unsicheren Angeboten! .............................................................................................. 19

4               Fanpage und Ausgestaltungsvarianten.................................................................................... 20
4.1             Bloße Verlinkung auf die Behördenseite .................................................................................. 20
4.2             Informationsseiten über eine bloße Verlinkung hinaus ............................................................ 20
4.3             Einräumung einer Kommunikationsmöglichkeit für Nutzer auf der Fanpage........................... 21
4.4             An Kinder und Jugendliche gerichtete Fanpage ...................................................................... 21

5               Fazit .......................................................................................................................................... 23

6               Weiteres.................................................................................................................................... 24
6.1             Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder .................................... 24
6.2             Weitere Informationen .............................................................................................................. 24

              Seite 2 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
1 Einführung

Die folgenden Ausführungen beziehen sich unter den Voraussetzungen des Art. 2
Abs. 2 Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) auch auf privatrechtlich organi-
sierte Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.

Viele bayerische Behörden veröffentlichen bereits seit Längerem Informationen auf ihrer
eigenen Webseite. Dazu gehören u.a. staatliche Behörden sowie Städte und Gemein-
den.

Behörden wollen mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit möglichst viele Menschen erreichen
und suchen daher nach weiteren, erfolgversprechenden Kommunikationswegen. Gera-
de in diesem Bereich fällt dann oftmals folgender Satz:

„Wir wollen die Menschen dort abholen, wo sie sind.“

Und wo befinden sich derzeit viele Internetnutzer? In sozialen Netzwerken. Allein bei
Facebook gibt es in Deutschland mehr als 25 Millionen Nutzer, die man dort - mögli-
cherweise - erreichen und „abholen“ könnte.

Daher will auch so manche bayerische öffentliche Stelle eine Fanpage auf Facebook
bzw. eine vergleichbare Seite bei einem anderen Netzwerk wie etwa Google+ einrichten
oder hat dies bereits getan.

Aber selbst wenn eine Fanpage die Chance eröffnet, auch Menschen anzusprechen,
die eine Behörde ansonsten möglicherweise nicht oder nicht so erreichen würde, bleibt
es dabei:

Grundlage und Maßstab für das Handeln bayerischer öffentlicher Stellen ist das
Rechtsstaatsprinzip.

Die jeweilige Behörde ist also dafür verantwortlich, dass sie rechtmäßig handelt, auch
soweit es um die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten geht. Dies gilt
im Übrigen unabhängig davon, wie „in“ soziale Netzwerke gerade sind, ob diese „Chan-

       Seite 3 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
cen eröffnen“ oder ob diese ggf. auch von anderen Stellen oder Personen genutzt wer-
den.

Im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken wie Facebook sind nach wie vor noch
nicht alle tatsächlichen Fragen geklärt. Zudem gibt es auch strittige Rechtsfragen.

Doch gerade noch ungeklärte bzw. strittige Fragen sollten bei bayerischen öffentli-
chen Stellen zu äußerster Zurückhaltung im Hinblick auf die Einrichtung und Nutzung
einer Fanpage führen. Behörden sind in besonderem Maße Recht und Gesetz verpflich-
tet. Daher sollten sie ein Vorhaben nicht nur bei allgemein erwiesener Unzulässigkeit
unterlassen, sondern bereits bei offenen datenschutzrechtlichen Fragen, die sie selbst
nicht rechtssicher ausräumen können bzw. die noch nicht grundlegend geklärt sind.

Die folgenden Ausführungen können und sollen nicht jedes Detail im Zusammenhang
mit sozialen Netzwerken und Fanpages umfassend darstellen. Die Angebote sozialer
Netzwerke wie etwa von Facebook und die von diesen veröffentlichten Informationen
und Nutzungsbedingungen ändern sich fortlaufend. Außerdem kann auch die konkrete
Ausgestaltung der Fanpage im Einzelfall von Bedeutung sein. Es sollen jedoch wesent-
liche Punkte und meine grundlegende Position im Hinblick auf die Einrichtung und
Nutzung einer Fanpage zur Öffentlichkeitsarbeit durch bayerische öffentliche
Stellen dargelegt werden.

Zur Vermeidung von Missverständnissen weise ich darauf hin, dass sich diese Ausfüh-
rungen auf allgemeine Öffentlichkeitsarbeit beziehen, nicht jedoch etwa auf die Öffent-
lichkeitsfahndung durch die Polizei (s. dazu mein 25. Tätigkeitsbericht unter 3.14).

       Seite 4 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
2 Geht der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz davon
aus, dass die Einrichtung bzw. Nutzung einer Fanpage bei Facebook
(oder einem vergleichbaren sozialen Netzwerk) durch bayerische öf-
fentliche Stellen datenschutzkonform ist?

Derzeit: Nein

Bei der rechtlichen Bewertung muss zwischen Nutzungsdaten (s. nachfolgend 2.2.2)
und Inhaltsdaten (s. nachfolgend 2.3) unterschieden werden. Bei Datenschutzverstößen
stellt sich jeweils die Frage, ob diese dem Anbieter des sozialen Netzwerks und/oder
der bayerischen öffentlichen Stelle (mit-) verantwortlich zuzurechnen sind.

2.1 Mittelbare Verantwortlichkeit aufgrund der Vorbildfunktion der öffentlichen
Verwaltung

Abgesehen von der Frage einer unmittelbaren rechtlichen (Mit-)Verantwortung für Da-
tenumgänge auf bzw. über Facebook haben bayerische öffentliche Stellen im Hin-
blick auf die Nutzung eines sozialen Netzwerks wie Facebook auch ihre Vorbildfunkti-
on zu beachten.

Bereits aus diesem Grund sollten bayerische öffentliche Stellen soziale Netzwerke,
die sich wiederholt nicht an europäische bzw. deutsche Datenschutzstandards
gehalten          haben            und          derzeit          weiterhin            nicht           halten            (etwa
Facebook), grundsätzlich nicht nutzen. Dies gilt umso mehr, als Datenschutzbeauf-
tragte des Bundes und der Länder bzw. Aufsichtsbehörden beispielsweise Facebook
wiederholt in Schreiben, bei Besprechungen und über Veröffentlichungen auf die
datenschutzrechtlichen Anforderungen an soziale Netzwerke nach europäischem bzw.
deutschem Recht hingewiesen haben.

Nur beispielhaft will ich außerdem folgende Punkte aufzeigen:
     -       Mittels seiner Nutzungsbedingungen will sich Facebook die weltweite,
             übertragbare Nutzungslizenz („IP-Lizenz“) an allen auf oder im Zusammen-
             hang mit Facebook geposteten Inhalten (einschließlich Fotos und Videos)
             einräumen lassen.

         Seite 5 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
-       Gemäß einem Urteil des Landgerichts Berlin (vom 06.03.2012, Geschäfts-
        nummer 16 O 551/10; nicht rechtskräftig) muss es Facebook unterlassen,
        Mitteilungen aus seiner „Freunde finden“ - Funktion ohne entsprechende
        Einwilligung der Betroffenen zu versenden und/oder versenden zu lassen. In
        diesem Verfahren angegriffene „Allgemeine Geschäftsbedingungen“
        bzw. „Datenschutzrichtlinien“ von Facebook hat das Landgericht Berlin
        als unwirksam bewertet, u.a. die „IP-Lizenz“.

-       Datenschutzaufsichtsbehörden haben bereits Anordnungen nach § 38
        Abs. 5 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gegen Facebook erlassen. So
        geht etwa das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-
        Holstein aktuell gegen Facebook im Hinblick auf die betriebene „Klarnamen-
        pflicht“ (entgegen § 13 Abs. 6 Telemediengesetz - TMG) vor. Das Verwal-
        tungsgericht Schleswig hat in Beschlüssen vom 14.02.2013 (8 B 60/12 und 8
        B 61/12) aufgrund summarischer Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfah-
        ren allerdings die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs von Facebook
        gegen die Anordnung wieder hergestellt bzw. angeordnet. Der weitere Ver-
        lauf des Verfahrens bleibt abzuwarten.

-       Facebook hatte 2009 seine Standardeinstellungen von sich aus und ohne
        ausdrückliche Einwilligung des jeweiligen Nutzers so verändert, dass
        viele Informationen der Facebook-Mitglieder sichtbar geworden sind. Da-
        durch wurden -zuvor nur einem eingeschränkten Kreis von Personen zu-
        gängliche- Daten und Fotos öffentlich sichtbar gemacht. Auch wenn diese
        und teils auch andere missglückte Aktionen später zurückgenommen wur-
        den, der „Schaden“ war jeweils bereits entstanden. Dabei sollte jedem be-
        wusst sein: Einmal veröffentlichte Daten können zumindest tatsächlich belie-
        big kopiert und weiterverbreitet werden.

-       Immer wieder neue Funktionen und Möglichkeiten auf Facebook, welche
        die Privatsphäre weiter aushöhlen, dabei auch Persönlichkeitsrechte
        dritter Personen. Nur beispielhaft seien die „Spotted“-Seiten auf Facebook
        oder die angekündigte Suchfunktion „Graph Search“ genannt. Nach Presse-
        berichten entwickelt Facebook zudem eine App für Handy-Nutzer, die den

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Standort von Nutzern überwacht, beispielsweise um Freunde zu finden, die
             sich in der Nähe aufhalten.

     -       Berichte über verspätete oder unvollständige Auskünfte von Facebook zu
             gespeicherten Daten und verspätete, unvollständige oder nicht erfolgte
             Löschungen von Daten.

Fazit zu 2.1:

Bayerische öffentliche Stellen sollten bereits aufgrund ihrer Vorbildfunktion grundsätz-
lich keine Fanpage in sozialen Netzwerken einrichten und nutzen, wenn und solange
diese nicht die Maßstäbe des europäischen bzw. deutschen Datenschutzrechts einhal-
ten. Behörden sollten sich bewusst sein, dass durch die Einrichtung einer Fanpage bzw.
deren Nutzung zumindest indirekt der Eindruck vermittelt wird, das soziale Netzwerk
beachte diese Datenschutzstandards.

2.2 Unmittelbare (Mit-) Verantwortlichkeit bayerischer öffentlicher Stellen im Hin-
blick auf das Telemediengesetz (Informationspflichten, Nutzungsdaten)

2.2.1 Transparenz, Informationspflichten
Die Anwendung der Vorschriften des Telemediengesetzes (TMG) setzt insbesondere
voraus, dass bayerische öffentliche Stellen, die eine Fanpage etwa bei Facebook
einrichten, damit insoweit als Diensteanbieter i.S.d. Telemediengesetzes einzuord-
nen sind.

Das Landgericht Aschaffenburg hat im Urteil vom 19.08.2011 (Az.: 2 HK O 54/11) ent-
schieden, dass die Informationspflicht nach § 5 TMG (“Impressumspflicht“) auch eine
GmbH trifft, wenn diese als Nutzer von „Social Media“ einen Facebook-Account zu Mar-
ketingzwecken benutzt und nicht nur eine rein private Nutzung vorliegt. Auch weitere
Gerichtsentscheidungen weisen in Richtung einer eigenständigen Impressumspflicht für
- nicht rein private - Webauftritte in Internetportalen.

         Seite 7 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
Auch vor diesem Hintergrund sind bayerische öffentliche Stellen, die eine Fanpage et-
wa bei Facebook einrichten, als Diensteanbieter i.S.d. Telemediengesetzes einzuord-
nen.

Die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 5 TMG werden von den Behörden dann
grundsätzlich ebenfalls erfüllt. Denn sie dienen im Wesentlichen der Abgrenzung zu rein
privaten Webseiten.

Dementsprechend haben bayerische öffentliche Stellen die an die Diensteanbieterei-
genschaft anknüpfenden Regelungen nach dem Telemediengesetz zu beachten, insbe-
sondere die Informations- und Unterrichtungspflichten nach Maßgabe von §§ 5, 13
TMG.

Die nach § 5 TMG vorgeschriebenen Angaben („Impressumspflicht“) müssen „leicht
erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar“ sein. Dies muss daher trotz
der von Facebook vorgegebenen Parameter und nur eingeschränkten eigenen Gestal-
tungsmöglichkeiten sichergestellt werden.

Die nach § 13 TMG vorgeschriebene Unterrichtung über Art, Umfang und Zweck der
Erhebung und Verwendung entsprechender Daten ist -soweit sich dies hier etwa
auch auf Erhebungen und Verwendungen von Nutzungsdaten bezieht- derzeit kaum
ausreichend möglich. Denn die Hinweise und Informationen von Facebook werden den
Anforderungen des § 13 TMG weiterhin nicht gerecht, zumal bezüglich Datennutzungen
durch Facebook noch offene tatsächliche Fragen bestehen. Eine bayerische öffentliche
Stelle hat jedoch über die derzeitigen Angaben von Facebook hinaus keine fundierte
Grundlage für eine entsprechende Unterrichtung. Soweit Daten außerhalb des Anwen-
dungsbereichs der Europäischen Datenschutzrichtlinie (95/46/EG), also etwa in den
USA, verarbeitet werden, ist übrigens auch hierüber zu informieren.

Fazit zu 2.2.1:

Bayerische öffentliche Stellen müssen die „Impressumspflicht“ nach § 5 TMG und die
Unterrichtungspflichten nach § 13 TMG beachten. Letzteres ist derzeit nur unzurei-
chend möglich.

       Seite 8 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
2.2.2 Zulässigkeit der Erhebung und Verwendung von Nutzungsdaten nach dem
Telemediengesetz

Die Erhebung und Verwendung von Nutzungsdaten ist in § 15 TMG geregelt. Um Nut-
zungsdaten handelt es sich insbesondere bei Merkmalen zur Identifikation des Nut-
zers (u.a. IP-Adresse), Angaben über Beginn, Ende und Umfang der jeweiligen
Nutzung sowie Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Telemedien.
Nutzungsdaten werden bei Aufruf einer Fanpage erhoben und anschließend verwen-
det. Mittels dieser Daten kann etwa festgestellt werden, welche Webseite wann und wie
lange besucht worden ist. Nutzungsdaten erhebt und verwendet in dieser Form
grundsätzlich zunächst (nur) Facebook.

Nach § 15 Abs. 3 TMG ist die Erstellung von Nutzungsprofilen ohne Verwendung
von Pseudonymen nur für Zwecke der Werbung, Marktforschung oder bedarfsgerech-
ten Gestaltung der Telemedien und grundsätzlich nur mit Einwilligung des Nutzers zu-
lässig. Bei der Verwendung eines Pseudonyms genügt anstelle einer Einwilligung, dass
der Nutzer nicht widerspricht, wenn er auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen wurde.

Dies kann bei Facebook derzeit jedoch nicht als gewährleistet angesehen werden.
Ausführliche Dokumentationen hierzu hat das Unabhängige Landeszentrum für Daten-
schutz Schleswig-Holstein veröffentlicht.

Nach § 13 Abs. 4 Nr. 2 TMG besteht auch eine Löschungspflicht, die sicherzustellen ist.

Zudem spricht viel dafür, dass insbesondere durch das Setzen des datr-Cookies ein
Verstoß von Facebook gegen § 15 Abs. 1 TMG bzw. bei unmittelbarer Anwendung der
sog. E-Privacy-Richtlinie (2002/58/EG i.d.F. 2009/136/EG) gegen deren § 5 Abs. 3
vorliegt. Ausführungen zur Einordnung einzelner Cookie-Arten und bestehender Einwil-
ligungserfordernisse enthält die Stellungnahme der Artikel-29-Datenschutzgruppe
04/2012 (WP 194). Die Art. 29-Datenschutz-Gruppe wird so nach ihrer in Art. 29 der
Europäischen Datenschutzrichtlinie (95/46/EG) normierten Grundlage genannt. Dieses
Gremium ist unabhängig, berät die Europäische Kommission und besteht u.a. aus je
einem Vertreter der Datenschutz-Kontrollstelle der einzelnen Mitgliedstaaten.

       Seite 9 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
Entsprechende Verstöße von Facebook -bei Zugrundelegung des Telemedienge-
setzes- sind bayerischen öffentlichen Stellen jedenfalls in folgenden Konstellati-
onen unmittelbar zurechenbar:

     A) Das         Telemediengesetz               ist    für    entsprechende             Datenerhebungen              und
          -verarbeitungen durch Facebook anzuwenden und Verstöße gegen das Tele-
          mediengesetz durch Facebook sind bayerischen öffentlichen Stellen unmittel-
          bar verantwortlich zuzurechnen.

     Oder

     B) Facebook verarbeitet Daten im Auftrag der Behörde (Auftragsdatenverarbei-
          tung), so dass die Behörde als Auftraggeber für die Einhaltung des für sie gel-
          tenden Telemediengesetzes verantwortlich ist.

Zu beiden Konstellationen gibt es noch strittige Fragen.

Zu A)

Für die Anwendbarkeit deutschen Datenschutzrechts (wie das Telemediengesetz) auf
Facebook ist von Bedeutung, in welchem Land/ in welchen Ländern ein datenschutz-
rechtlich relevanter Sitz von Facebook liegt bzw. ob Facebook und seine deutschen
Nutzer wirksam die Geltung deutschen Datenschutzrechts vereinbart haben (s. Nr. 17.3
mit den besonderen Bestimmungen der Nutzungsbedingungen für deutsche Nutzer
i.V.m. Nr. 16.1 der Nutzungsbedingungen von Facebook).

Das Verwaltungsgericht Schleswig hat in einem anderen Zusammenhang (anonyme
oder pseudonyme Nutzung von Facebook) im Rahmen eines nicht rechtskräftigen, vor-
läufigen Rechtsschutzverfahrens (Az. 8 B 60/12 und 8 B 61/12) geäußert, dass es auf-
grund summarischer Prüfung einen datenschutzrechtlich maßgeblichen Sitz von Face-
book in Irland annimmt; damit sei insofern irisches -und nicht deutsches- Datenschutz-
recht auf Facebook anzuwenden. Eine Vereinbarung der Geltung deutschen Daten-
schutzrechts sei insofern hingegen nicht wirksam erfolgt.

        Seite 10 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Datenschutzbeauftragte bzw. Datenschutzaufsichtsbehörden gehen demge-
genüber von der Anwendbarkeit des Telemediengesetzes u.a. begründet mit § 1
Abs. 5 Satz 2 BDSG i.V.m. Art. 4 Abs.1 Buchstb. c) der Europäischen Datenschutzricht-
linie (95/46/EG) aufgrund des maßgeblichen, angenommenen Sitzes von Facebook in
den USA oder eines maßgeblichen Sitzes in Deutschland aus.

Auch das Landgericht Berlin wendet in seinem Urteil vom 06.03.2012 (Geschäftsnum-
mer 16 O 551/10) ausdrücklich deutsches Datenschutzrecht einschließlich des Teleme-
diengesetzes an, obwohl Facebook auch in diesem Verfahren vorgetragen hat, es gelte
irisches Datenschutzrecht. Das Landgericht Berlin geht von einer wirksamen Rechts-
wahl (Vereinbarung) deutschen Datenschutzrechts aus.

Verstöße von Facebook gegen das Telemediengesetz müssten der Behörde aller-
dings auch verantwortlich zurechenbar sein.

Zum Bestehen einer solchen zurechenbaren (Mit-)Verantwortlichkeit von Behörden,
die „lediglich“ eine Fanpage auf der von Facebook zur Verfügung gestellten Plattform
einrichten und nutzen, werden erneut unterschiedliche Auffassungen vertreten.

Unstreitig ist zwar, dass hier Nutzungsdaten unmittelbar und tatsächlich nur von Fa-
cebook erhoben und gespeichert werden und kein unmittelbar-tatsächlicher Zugriff
auf diese Daten durch eine Behörde als Fanpageersteller erfolgt.

Dennoch ist nach meiner Auffassung von einer (Mit-) Verantwortlichkeit bayerischer
Behörden auszugehen.

Durch Auslegung des Begriffs der „verantwortlichen Stelle“ unter Bezugnahme auf
Art. 2 Buchstb. d) der Europäischen Datenschutzrichtlinie (95/46/EG) ist verant-
wortliche Stelle, wer allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mit-
tel der Verarbeitung personenbezogener Daten entscheidet.

      Seite 11 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
Von einer solchen gemeinsamen Entscheidung über die Zwecke und Mittel der Daten-
verarbeitung in diesem Sinne und damit einer entsprechend zurechenbaren (Mit-) Ver-
antwortlichkeit bayerischer öffentlicher Stellen gehe ich hier auch aus folgenden
Gründen aus:

     -        Erst durch das Einrichten der Fanpage durch eine Behörde werden
              sämtliche Erhebungen und Verwendungen von Nutzungsdaten durch Face-
              book ermöglicht. Ohne Behörden-Fanpage kann Facebook insoweit rein tat-
              sächlich kein einziges Datum erheben oder verwenden. Insoweit kann hier
              sogar ein Erst-Recht-Schluss gegenüber einer Mitentscheidung (nur) über
              Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung gezogen werden.

    -       Für bayerische öffentliche Stellen kann es zudem nicht angehen, eine Platt-
            form zu nutzen, die sich nicht an die Maßstäbe des europäischen bzw. deut-
            schen Datenschutzrechts hält, die Verantwortung für die hierdurch entstehen-
            den Datenerhebungs- und Verwendungsmöglichkeiten dann aber ausschließ-
            lich dieser Plattform zuzuordnen. Die Behörde müsste bei Nutzung ihrer eige-
            nen Webseite auch diese Maßstäbe des Telemediengesetzes beachten. Hier
            darf sich durch eine „Verlagerung auf eine andere Plattform“ für Behörden
            keine andere rechtliche Situation ergeben.

    -       Dies gilt umso mehr, wenn diese Behörden auch noch von den durch Face-
            book am Maßstab des Telemediengesetzes unzulässig erhobenen bzw. ver-
            wendeten Nutzungsdaten profitieren. Denn Facebook stellt den Behörden
            über „Facebook Insights“ kostenfrei ein Instrument zur Verfügung, mit dem
            diese Statistiken über die Nutzung ihrer Fanpage abrufen können, die auf
            entsprechenden Nutzungsdaten beruhen.

    -       Auch nach Äußerungen der Artikel-29-Datenschutzgruppe können solche
            Mitverantwortlichkeiten bestehen (WP 169 bzw. 179).

         Seite 12 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
Zu B)
Selbst wenn man nicht grundsätzlich von der Anwendbarkeit deutschen Datenschutz-
rechts auf Facebook ausgeht, ist das Telemediengesetz für das Vorgehen von Face-
book unmittelbar relevant, wenn und soweit zwischen der Behörde und Facebook eine
Auftragsdatenverarbeitung stattfindet. Dabei ist auf die vorliegenden Verhältnisse
abzustellen und nicht auf die bloße Bezeichnung durch die Beteiligten.

Für bayerische Behörden, die eine Fanpage einrichten, gilt das Telemediengesetz. So-
weit dann eine Auftragsdatenverarbeitung etwa im Hinblick auf die von Facebook für
„Facebook Insights“ erhobenen und verarbeiteten Daten besteht, ist die bayerische Be-
hörde dann als Auftraggeber verantwortliche Stelle: auch und gerade im Hinblick auf
das (für sie und damit abgeleitet auch für den Auftragnehmer Facebook) einzuhaltende
Telemediengesetz.

Ausführliche Darlegungen zum Vorliegen einer Auftragsdatenverarbeitung hat das Un-
abhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein veröffentlicht.

Darüber hinaus müssen Behörden bedenken, dass selbst bei Anwendbarkeit iri-
schen Datenschutzrechts die jeweilige Behörde prüfen müsste, ob dann nicht nach
diesem Maßstab entsprechende, zurechenbare Verstöße vorliegen. Dies gilt insbe-
sondere vor dem Hintergrund, dass sowohl durch das deutsche Telemediengesetz als
auch durch die irischen Regelungen dasselbe europäische (Datenschutz-) Recht umge-
setzt wird.

Fazit zu 2.2.2:

Auch wenn eine abschließende, insbesondere gerichtliche, Klärung noch nicht erfolgt
ist, stehen doch entsprechende Datenschutzverstöße (insbesondere gegen § 15 TMG)
im Raum, die bayerischen Behörden zugerechnet werden können, soweit sie eine Fan-
page auf Facebook einrichten.

        Seite 13 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
2.3 Inhaltliche Kommunikation über eine Fanpage (Inhaltsdaten)

Bei Texten, Bildern und Videos, die eine Behörde als Seitenersteller oder ein Seiten-
besucher auf einer Fanpage einstellen, handelt es sich um sog. Inhaltsdaten. Sei-
tenbesucher können auf der Fanpage bei entsprechender Gestaltung etwa Kommenta-
re zu Inhalten der Fanpage abgeben. Die Zulässigkeit insbesondere der Erhebung und
Übermittlung von Inhaltsdaten richtet sich nicht nach dem Telemediengesetz, sondern
nach den allgemeinen datenschutzrechtlichen Regelungen.

Maßstab für bayerische öffentliche Stellen ist dabei grundsätzlich das Bayerische Da-
tenschutzgesetz. Soweit bereichsspezifisch vorrangige Datenschutzvorschriften
existieren, sind diese zu beachten. Beispielsweise gelten im Anwendungsbereich des
Sozialgesetzbuchs die speziellen sozialdatenschutzrechtlichen Vorschriften.

Die Verantwortung für die Zulässigkeit entsprechender Datenerhebungen und
-übermittlungen über eine Fanpage liegt hier eindeutig bei der bayerischen öffentli-
chen Stelle.

2.3.1 Einstellen von Inhaltsdaten durch bayerische öffentliche Stellen (Daten-
übermittlungen)
Soweit Behörden auf einer Fanpage im Einzelfall zu Zwecken der Öffentlichkeitsarbeit
personenbezogene Inhaltsdaten veröffentlichen, handelt es sich um Datenübermitt-
lungen. Diese sind nur bei Vorliegen einer entsprechenden datenschutzrechtli-
chen Befugnis zulässig.

Darüber hinaus sind insoweit ggf. weitere Aspekte zu beachten: Bei der Veröffentli-
chung von Fotos und Videos sind das insbesondere Urheberrechte und das Recht am
eigenen Bild.

Fazit zu 2.3.1:

Die jeweilige Behörde ist für die Zulässigkeit ihrer Datenübermittlungen auf einer Fan-
page nach den geltenden (Datenschutz-)Vorschriften verantwortlich.

       Seite 14 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
2.3.2 Eröffnung von Kommunikationskanälen für Nutzer auf der Fanpage (Daten-
erhebungen)
Allein durch die Eröffnung eines allgemeinen Kommunikationskanals wie der Einrich-
tung einer E-Mail-Adresse kann -nach herrschender Meinung- nicht ohne Weiteres von
einer Datenerhebung ausgegangen werden.

Doch spätestens mit dem Zulassen von Kommentierungen zu Inhalten der Fanpage
werden Daten über die kommentierenden Personen (gezielt) beschafft. Die Begriffsbe-
stimmung einer Datenerhebung (Art. 4 Abs. 5 BayDSG) ist damit erfüllt. Denn die
Kommentierungsfunktion dient gerade dazu, inhaltliche Äußerungen und Positionen
von Bürgerinnen und Bürgern zum entsprechenden Thema zu erlangen. Datenerhe-
bungen sind nur unter den Voraussetzungen der jeweils einschlägigen Daten-
schutzvorschriften zulässig (bspw. BayDSG oder SGB).

Facebook ist ein relativ offen zugängliches soziales Netzwerk, das sich -abgesehen von
einem „Mindestalter“- nicht an einen speziell abgegrenzten Nutzerkreis wendet. Doch
auch wenn man eine Fanpage auf Facebook als allgemein zugängliche Quelle einord-
net, ändert dies nichts daran, dass die geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmun-
gen von Behörden auch bei Datenerhebungen über eine Fanpage beachtet werden
müssen. Zudem besteht hier die Besonderheit, dass Behörden nicht nur auf entspre-
chend veröffentlichte Daten zugreifen, sondern durch die Einrichtung einer Fanpage
und beispielsweise das Einstellen von Inhalten mit entsprechender Kommentierungs-
funktion erst dafür sorgen, dass entsprechende Daten von Nutzern überhaupt veröffent-
licht werden.

Bei besonders sensiblen Daten wie beispielsweise politischen Meinungen und Daten
über die Gesundheit sind hierfür geltende Sonderregelungen zu berücksichtigen (s. et-
wa Art. 15 Abs. 7 BayDSG).

Gerade in diesem Zusammenhang kann es auch bedeutsam werden, dass regelmäßig
weder Facebook noch die Behörde sicherstellen kann, dass hinter dem jeweiligen Fa-
cebook-Account tatsächlich die genannte Person steht und es sich nicht um eine Identi-
tätsübernahme handelt.

       Seite 15 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
In Frage zu stellen sind zudem insbesondere Datenerhebungen zu Inhalten, die mit
der eigentlichen Aufgabenstellung der jeweiligen Behörde in keinem Zusammen-
hang stehen, sondern etwa lediglich dazu dienen, die Fanpage durch -mehr oder we-
niger- interessante Inhalte zu bewerben. Hierzu gehören im Besonderen Datenerhe-
bungen zu Nachrichten aus Gesellschaft und Sport oder Abfragen privater Lebensge-
wohnheiten zu Weihnachten oder Ostern. Behörden sollten hier insgesamt den Grund-
satz der Erforderlichkeit in Bezug auf die eigentliche Aufgabenstellung beachten.

Im Anwendungsbereich des Sozialgesetzbuchs besteht die Besonderheit, dass sich
eine bayerische öffentliche Stelle bereits im Grundsatz -also unabhängig von den An-
forderungen an eine wirksame Einwilligung- nicht auf eine Einwilligung betroffener Nut-
zer berufen kann. Denn aus §§ 67 ff SGB X ergibt sich, dass im Anwendungsbereich
des Sozialgesetzbuchs eine Datenerhebung einer bayerischen öffentlichen Stelle
-anders als eine Datenverarbeitung oder Datennutzung- grundsätzlich nicht auf eine
Einwilligung gestützt werden kann.

Fazit zu 2.3.2:

Für die Zulässigkeit von Datenerhebungen über eine Fanpage ist die jeweilige bayeri-
sche öffentliche Stelle verantwortlich. Sie hat die Zulässigkeit entsprechender Datener-
hebungen vorab jeweils genau zu prüfen. Maßstab sind das Bayerische Datenschutz-
gesetz bzw. vorrangige bereichsspezifische Normen wie die datenschutzrechtlichen
Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs.

2.3.3 Speichern und Löschen von Inhaltsdaten
Die auf der Fanpage eingestellten Inhaltsdaten, sei es von der Behörde oder von Nut-
zern, werden bei Facebook gespeichert. Die Daten „liegen“ also auf den Servern von
Facebook. Dies ist übrigens unabhängig davon, ob eine Behörde Kommentierungen
erst nach einer Prüfung jedes einzelnen Kommentars (etwa auf unzulässige Inhalte)
freigibt. Denn auch nicht von der Behörde freigegebene Inhalte sind bereits auf den
Servern von Facebook gespeichert.

       Seite 16 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
Für die Sicherstellung der Löschung von Inhaltsdaten bzw. auch von Auskunfts-
ansprüchen steht eine (Mit-)Verantwortlichkeit bayerischer öffentlicher Stellen im
Raum, wenn die Behörde diese Daten erhoben hat.

Hierfür sprechen insbesondere Gesichtspunkte, die bereits oben bei 2.2.2 dargestellt
sind.

Im Hinblick auf die Löschung entsprechender Daten muss sich eine bayerische Be-
hörde fragen lassen, wie sie eine Löschung von Daten bei Facebook oder Auskunftser-
teilungen durch Facebook sicherstellen will. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um die
Speicherung besonders sensibler Daten wie beispielsweise politische Meinungen und
Gesundheitsdaten handelt.

Die Zielrichtung der von Facebook eingeführten Chronik („Timeline“) ist auf eine dauer-
hafte Speicherung von Inhalten ausgerichtet. Wie lange soll jedoch eine öffentliche Dar-
stellung solcher Äußerungen im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsarbeit einer Be-
hörde erfolgen? Wann werden also welche Inhalte ggf. aus der Chronik der Behörde
entfernt? Und wann löscht Facebook diese Daten dann tatsächlich von seinen Servern?

Fazit zu 2.3.3:

Eine Behörde, die Bürgerinnen und Bürger animiert, in einem rechtlich und technisch
unsicheren Umfeld personenbezogene Daten öffentlich zu machen, sollte zwar eine
eigene (Mit-)Verantwortlichkeit für die endgültige Löschung dieser Daten bzw. die Erfül-
lung von Auskunftsansprüchen wahrnehmen. Eine entsprechende Einfluss- oder Kon-
trollmöglichkeit bayerischer öffentlicher Stellen besteht im Hinblick auf die Betreiber so-
zialer Netzwerke wie Facebook jedoch gerade nicht. Auch insoweit können daher der
Behörde zurechenbare Datenschutzverstöße vorliegen.

        Seite 17 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
2.3.4 Technisch-organisatorische Maßnahmen
Nach Art. 7 BayDSG haben bayerische öffentliche Stellen, die Daten erheben, ver-
arbeiten und nutzen, die technisch-organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen, die
zur Sicherstellung des Datenschutzes erforderlich sind.

Mit der Einrichtung und Nutzung einer Fanpage verwendet eine bayerische öffentliche
Stelle die Plattform des sozialen Netzwerks. Soweit sie dort Daten übermittelt bzw. er-
hebt, hat sie insofern auch die Vorgaben des Art. 7 BayDSG zu beachten.

Fazit zu 2.3.4:

Bei Datenübermittlungen bzw. -erhebungen über Fanpages trifft bayerische Behörden
die Sicherstellungspflicht nach Art. 7 BayDSG auch für diese genutzte Plattform. Dies
kann beispielsweise im Hinblick auf die Löschung von Daten relevant werden. Eine ech-
te Einflussmöglichkeit auf einen Plattformbetreiber wie Facebook besteht für bayerische
Behörden jedoch nicht.

       Seite 18 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
3 Was empfiehlt der Bayerische Landesbeauftragte für den Daten-
schutz? Keine Fanpage in rechtlich unsicheren Angeboten!
Ich wende mich nicht aus Prinzip gegen soziale Netzwerke und deren Nutzung. Privat-
personen steht es zudem grundsätzlich frei, auf ihre eigene Person bezogene Daten
auch über Plattformen zu offenbaren, die nicht datenschutzkonform arbeiten. Behörden
müssen jedoch unabhängig davon datenschutzrechtliche Bestimmungen beachten.

Bayerische öffentliche Stellen sollten schon aufgrund ihrer Vorbildfunktion keine
Fanpage in sozialen Netzwerken wie etwa Facebook unterhalten, die sich fortlau-
fend nicht an Maßstäbe des deutschen bzw. europäischen Datenschutzrechts halten.

Darüber hinaus gehe ich aus den unter 2. genannten Gründen derzeit nicht davon
aus, dass die Einrichtung und Nutzung einer Fanpage bei Facebook und ver-
gleichbaren sozialen Netzwerken durch bayerische öffentliche Stellen daten-
schutzkonform ist.

Umso mehr empfehle ich bayerischen öffentlichen Stellen, keine Fanpage in ei-
nem solchen Netzwerk einzurichten bzw. zu nutzen.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat einen
Katalog der Anforderungen an soziale Netzwerke zusammengestellt sowie eine
Orientierungshilfe „Soziale Netzwerke“ veröffentlicht. Diese Dokumente können die Ein-
ordnung des jeweiligen sozialen Netzwerks unterstützen.

      Seite 19 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
4 Fanpage und Ausgestaltungsvarianten
Soweit eine bayerische öffentliche Stelle -angesichts noch umstrittener Fragen und der
dortigen, dokumentierten und begründeten Rechtsauffassung- entgegen meiner Emp-
fehlung eine Fanpage einrichtet oder nutzt, sollte die Fanpage dann zumindest nur als
reine Informationsseite ausgestaltet werden. Hierzu weise ich auf Folgendes hin:

4.1 Bloße Verlinkung auf die Behördenseite

Auch innerhalb der Gruppe reiner Informationsseiten gibt es eine eindeutig vorzugswür-
dige Variante: Auf der Fanpage sollten gar keine Inhalte veröffentlicht werden, son-
dern es sollte lediglich auf das Informationsangebot der jeweiligen Behördenseite
verlinkt werden. Diese Verfahrensweise werde ich -trotz verbleibender datenschutz-
rechtlicher Bedenken- derzeit grundsätzlich nicht beanstanden.

4.2 Informationsseiten über eine bloße Verlinkung hinaus

Zudem werde ich derzeit jedenfalls in folgender Konstellation die Einrichtung und Nut-
zung einer entsprechenden Fanpage ebenfalls grundsätzlich nicht beanstanden:

     -        Eine Fanpage erfüllt die „Impressumspflicht“ nach § 5 TMG,

     -        sie erfüllt -im Rahmen des Möglichen- die Unterrichtungspflichten nach § 13
              TMG,

     -        die Behörde stellt im Wege der Öffentlichkeitsarbeit lediglich datenschutz-
              rechtlich zulässige Inhalte auf die Fanpage,

     -        es wird keine Kommunikationsmöglichkeit für Seitenbesucher eröffnet, etwa
              auf der Pinnwand oder über Kommentierungsfunktionen,

     -        die Fanpage wird nicht im Besonderen außerhalb von Facebook beworben
              und

         Seite 20 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
-        die Prüfung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Vorgehens und ggf.
              die Durchführung eines dementsprechend erforderlichen Freigabeverfahrens
              nach Art. 26 BayDSG ist entsprechend der dokumentierten und begründeten
              Einschätzung bei der jeweiligen Behörde erfolgt.

4.3 Einräumung einer Kommunikationsmöglichkeit für Nutzer auf der Fanpage

Wenn eine Behörde über eine reine Informationsseite hinaus auf der Fanpage
auch eine Kommunikationsmöglichkeit für Nutzer einräumt, verstärken und verdichten
sich hierdurch schrittweise die Argumente für eine zurechenbare (Mit-) Verantwort-
lichkeit der Behörde (s. insbesondere oben unter 2.2.2 A)). Vor allem entscheidet sich
die Behörde dadurch für die Ausgestaltung und Nutzung der Fanpage in Richtung
von „noch mehr Daten“.

Zudem sind dann grundsätzlich auch die Inhaltsdaten der Nutzer am Maßstab der Aus-
führungen unter 2.3 zu messen.

Insbesondere wenn Behörden dabei Bürgerinnen und Bürger zur inhaltlichen Kom-
munikation auf bzw. über die Fanpage ermuntern, behalte ich mir daher gerade bei
besonders sensiblen Daten eine Beanstandung vor.

Eine solche Ermunterung kann beispielsweise in der Aufforderung zur öffentlichen Äu-
ßerung politischer Meinungen auf einer Fanpage liegen.

4.4 An Kinder und Jugendliche gerichtete Fanpage

Zudem werde ich eine Fanpage bayerischer öffentlicher Stellen, die sich gezielt an Kin-
der und Jugendliche richtet, besonders kritisch prüfen. Hier behalte ich mir im Be-
sonderen ausdrücklich eine Beanstandung vor, ggf. auch unabhängig von der Aus-
gestaltung der Fanpage (etwa gemäß Nr. 4.1 oder 4.2).

         Seite 21 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
Denn neben der allgemein höheren Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugend-
lichen -auch wenn es sich um Angehörige der Generation Web 2.0 handelt- ist Folgen-
des zusätzlich von Bedeutung:

Am Maßstab deutschen Rechts kann regelmäßig nicht davon ausgegangen werden,
dass zwischen dem sozialen Netzwerk und einem Minderjährigen im Hinblick auf das
Netzwerk ein wirksamer Vertrag geschlossen worden ist. Wenn man die Gruppe der
Sieben- bis Siebzehnjährigen betrachtet, wären entsprechende Verträge, aus denen
sich ggf. eine Legitimation für Datenverarbeitungen ergeben könnte, regelmäßig nicht
wirksam (§§ 104 ff BGB). Denn das Vorliegen einer entsprechenden Zustimmung der
Eltern (gesetzlichen Vertreter) kann nicht grundsätzlich unterstellt werden. Zudem wäre
das tatsächliche Vorliegen einer -behaupteten- Zustimmung ebenso wie das genaue
Alter weder für soziale Netzwerke wie Facebook noch für die Behörde überprüfbar.

Auch eine -von entsprechenden Vertragsschlüssen getrennt zu betrachtende- daten-
schutzrechtliche, wirksame Einwilligung kann bei Kindern und Jugendlichen nicht ein-
fach unterstellt werden. Zum einen ist das tatsächliche Alter kaum überprüfbar, zum
anderen wird für die entsprechende Einwilligungsfähigkeit auf die entsprechende Ein-
sichtsfähigkeit im Einzelfall abzustellen sein. Auch diese Einschätzung wird regelmäßig
weder dem sozialen Netzwerk noch der Behörde möglich sein.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf veröffentlichte Berichte hinweisen, dass
etwa die FTC beim sozialen Netzwerk Path das Sammeln persönlicher Informationen
von rund 3000 Kindern unter 13 Jahren gerügt hat. Die FTC ist eine US-amerikanische
Handelsbehörde, die in der US-Verwaltung Aufgaben des Verbraucher- und Daten-
schutzes wahrnimmt.

      Seite 22 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
5 Fazit

Ich gehe derzeit nicht davon aus, dass die Einrichtung und Nutzung einer Fanpa-
ge auf Facebook (oder vergleichbaren sozialen Netzwerken) durch bayerische öffentli-
che Stellen datenschutzkonform ist.

Daher empfehle ich, grundsätzlich keine entsprechende Fanpage einzurichten
oder zu nutzen.

Soweit bayerische Behörden dieser Empfehlung nicht folgen, werde ich sie derzeit ins-
besondere angesichts noch umstrittener Fragen jedenfalls in den unter 4.1 und 4.2 dar-
gestellten Konstellationen grundsätzlich (Ausnahme s. 4.4) nicht beanstanden.

Im Übrigen behalte ich mir -insbesondere wenn eine bayerische öffentliche Stelle Bür-
gerinnen und Bürger zur Offenbarung besonders sensibler Daten auf der Fanpage er-
muntern sollte- ausdrücklich eine Beanstandung vor.

      Seite 23 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
6 Weiteres

6.1 Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder

In der Entschließung „Datenschutz bei sozialen Netzwerken jetzt verwirklichen!" stellt
die 82. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder klar, dass
sich die Anbieter sozialer Netzwerke, die auf den europäischen Markt zielen, auch dann
an europäische Datenschutzstandards halten müssen, wenn sie ihren Sitz außerhalb
Europas haben.

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat auch einen
Katalog der Anforderungen an soziale Netzwerke zusammengestellt sowie eine
Orientierungshilfe „Soziale Netzwerke“ veröffentlicht. Beispielsweise Facebook hält ent-
sprechende Datenschutzstandards derzeit nicht ein.

Bereits in der oben genannten Entschließung führt die Konferenz außerdem aus, dass
öffentliche Stellen auf solchen Plattformen unbeschadet der rechtlichen Verantwortlich-
keit keine Profilseiten oder Fanpages einrichten sollten.

6.2 Weitere Informationen

Weitere Informationen im Zusammenhang mit der Nutzung sozialer Netzwerke durch
bayerische öffentliche Stellen finden sich unter anderem hier:

Nr. 1.3 meines 25. Tätigkeitsberichts:
        Die Bayerische Verwaltung im Zeitalter des Social Web

Nr. 3.14 meines 25. Tätigkeitsberichts:
        Nutzung sozialer Netzwerke für polizeiliche Zwecke

Meine Orientierungshilfe zu
        Social Plugins auf Webseiten bayerischer öffentlicher Stellen

       Seite 24 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
Kurzleitfaden für die Beschäftigten der Bayerischen Staatsverwaltung zum Umgang mit
Sozialen Medien des IT-Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung

Leitfaden „Der rechtliche Rahmen für den Umgang der Beschäftigten der Bayerischen
Staatsverwaltung mit Sozialen Medien“ des IT-Beauftragten der Bayerischen Staatsre-
gierung

Diese Orientierungshilfe zu Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen bleibt auf meiner
Homepage abrufbar und wird bei gegebenem Anlass aktualisiert.

Zur Unterrichtung über jeden wesentlichen, neuen Inhalt auf meinen Webseiten
- damit auch über eine Aktualisierung dieser Orientierungshilfe - biete ich zudem fol-
genden RSS Feed an:
           http://www.datenschutz-bayern.de/rss/inhalte.xml

      Seite 25 Fanpages bayerischer öffentlicher Stellen in sozialen Netzwerken zum Zweck der Öffentlichkeitsarbeit
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