Spektroskopische Messung der Ausdehnungsgeschwindigkeit Planetarischer Nebel - Carl-Fuhlrott-Gymnasium, Wuppertal
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Carl-Fuhlrott-Gymnasium, Wuppertal Projektkurs Astronomie 2019/2020 20. Mai 2020 Spektroskopische Messung der Ausdehnungsgeschwindigkeit Planetarischer Nebel Autoren: Kursleiter: Adrian Groh Bernd Koch Ashraf Lutfi
Inhalt 1 Einleitung 2 2 Planetarische Nebel 3 2.1 Namensgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.2 Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.3 Eigenschaften und Vorkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.4 Gestalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.5 Unser Forschungsobjekt NGC 7662 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.5.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.5.2 Räumliche Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3 Fotografie 7 3.1 Verfahren und Aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.2 Kalibrierung der Aufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 4 Spektroskopie 11 4.1 Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4.2 Zerlegung von Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 4.3 Dopplereffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.4 Verbotene Linien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 5 Spektroskopie von NGC 7662 15 5.1 Wahl des Spektrographen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 5.2 Aufnahme der Spektren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 5.3 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 5.4 Fehlerdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 5.4.1 Thermische Drift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 5.4.2 Defokussierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5.4.3 Nachführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5.4.4 Staub auf dem Spektrographenspalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5.4.5 Subtraktion des Himmelshintergrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5.4.6 Theoretische Probleme bei der Messung der Ausdehnungsgeschwindigkeit durch Spektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 6 Anhang 22 6.1 Selbstständigkeitserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 6.2 Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 6.3 Abschlusserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1
1 Einleitung Unsere Begeisterung für die Astronomie begleitete uns schon eine lange Zeit und so fiel uns die Wahl des Projektkurses Astronomie am Ende der Einführungsphase nicht sonderlich schwer, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass wir in unserer Motivation durch den Besuch der ,,Astro-AG” während der zehnten Klasse mehr als bestätigt wurden. Nachdem wir also im Zuge des Projektkurses im ersten Quartal der Qualifikationsphase bis zu den Herbstferien mit den theoretischen Grundlagen der Astronomie sowie der Bedienung der typischen Geräte in der Praxis vertraut gemacht wurden, standen wir vor der breiten Auswahl der uns zur Verfügung ste- henden Themen, die wir in unserer Projektarbeit thematisieren könnten; von der Untersuchung von Exoplaneten bis hin zur Spektroskopie Planetarischer Nebel. Selbstverständlich haben wir uns bereits früh mit den verschiedenen Themen auseinander- gesetzt und so fühlten wir uns nach gründlicher Abwägung und Überlegung durch Fachliteratur und persönlicher Erfahrung schlicht von Planetarischen Nebeln angezogen, die sich nicht nur von ihrem atemberaubenden Erscheinungsbild, sondern auch von ihren physikalischen Eigen- schaften bestaunen lassen. Dabei stand für uns jedoch auch fest, dass eine rein oberflächliche Untersuchung eines Planetarischen Nebels nicht ausreichen würde, um unserem Ziel, eine wissen- schaftliche Arbeit zu verfassen, gerecht zu werden. Dies veranlasste uns zu der Idee, zusätzlich zur regulären Fotografie, die Ausdehnungsgeschwindigkeit des Planetarischen Nebels zu messen – ein Thema, welches Potenzial besaß und sich ausreichend ausbauen ließ. Auf der anschließenden Suche nach dem passenden Forschungsobjekt filterten wir dann die bekannten Nebel nach gewissen Kriterien, wie der Dauer der Sichtbarkeit in den Folgemonaten, bereits bestehendem Fachmaterial sowie natürlich dem Aussehen des Nebels. Dabei stießen wir auf den Planetarischen Nebel NGC 7662, welcher den Spitznamen ,,Blue Snowball” oder ,,Blauer Schneeball” besitzt und uns direkt ansprach, sodass wir uns letztendlich auch für diesen entschie- den. Bevor wir jedoch mit den Messungen beginnen konnten, besuchten wir einen fünftägigen Spektroskopiekurs während der ersten Herbstferienwoche, welcher uns von dem theoretischen Basiswissen bis hin zur aktiven Anwendung des Gelernten ausführlichst über dieses essenzielle Areal der Astronomie belehrte. Erst jetzt waren wir endgültig startklar für unsere Arbeiten und konnten es kaum erwarten loszulegen. 2
2 Planetarische Nebel 2.1 Namensgebung Der Name ,,Planetarischer Nebel” ist eigentlich ziemlich unpassend, da Planetarische Nebel an sich nichts mit Planeten zu tun haben. Dieser Name entstand, als der deutsch-britische Astronom Friedrich Wilhelm Herschel (Abb. 1) im Jahr 1785 mithilfe seines, im Vergleich zu heutigen Standards eher kleinem Teleskops bläulich-türkise Flecken entdeckte, die eine visuelle Ähnlichkeit mit den äußeren Gasplaneten des Sonnensystems Uranus und Neptun aufwiesen [13]. Der Ursprung eines Planetarischen Nebels ist jedoch ein ganz anderer als der eines Planeten. Während ein Planet bei der Bildung eines Sternensystems entsteht, ist ein Planetarischer Nebel der Überrest eines ,,toten” Sterns, welcher, nachdem die Kernfusion im Inneren des Sterns zum Stillstand gekom- men ist, seine Hüllen ,,abwirft” und somit einen Planetari- schen Nebel erzeugt (Abschnitt 2.2) [10]. Zusammengefasst ist ein Planetarischer Nebel also der Überrest eines Sterns, welcher nun von der Erde aus zu beobachten ist. 2.2 Entstehung Bevor sich ein Stern mit circa doppelter Sonnenmasse dem Ende seiner Entwicklungsphase zuneigt und sich von einem roten Riesen zum weißen Zwerg entwickelt, wird in dessen Kern die Kernfusion von Wasserstoff zu Helium betrieben, was einen hohen Strahlungsdruck nach außen bewirkt, wel- https://bit.ly/2YTJ2tp cher der hohen sterneneigenen Gravitation entgegenwirkt und ihn somit vor dem Kollaps bewahrt. Diesen Zusammen- Abbildung 1: Friedrich Wilhelm hang bezeichnet man als hydrostatisches Gleichgewicht [8]. Herschel Wenn der Wasserstoffvorrat der Sterne jedoch aufgebraucht ist, kommt es zur Kernfusion von Kohlenstoff zu Sauerstoff, da sich der Stern aufgrund des schwächeren Strahlungsdrucks kurzzeitig zusammenzieht, was eine temporäre Verdichtung bewirkt. Diese sorgt für einen Anstieg der Temperaturen und ermöglicht somit Fusionen schwererer Elemente wie der von Helium zu Kohlenstoff, welche abhängig zur Kernnähe und den damit verbundenen unterschiedlichen Druck- und Temperaturverhältnissen ablaufen [23]. Da die Heliumfusion ziemlich temperaturempfindlich verläuft und folglich ein rela- tiv geringer Temperaturanstieg schon für eine drastische Erhöhung der Fusionsgeschwindigkeit sorgt, welche wiederum einen zusätzlichen Temperaturanstieg durch die hohe Energiefreiset- zung bewirkt, kommt es zu alternierenden Ausdehnungs- und Kontraktionsprozessen im Stern, die weitere Temperaturschwankungen bewirken. Dies hat eine starke Pulsation des Sterns zur Folge, welche den nun entstandenen roten Riesen ziemlich instabil werden lässt und zum Aus- werfen der äußeren Sternatmosphären ins interstellare Medium führt. Die Temperatur des Kerns erhöht sich dabei von etwa 15.000.000 Kelvin auf circa 100.000.000 Kelvin [7] [8] [23]. Dieses aus- geworfene Gas der Sternhülle, welches auch als Sternwind bezeichnet wird, besitzt anfangs eine Temperatur von circa 10.000 Kelvin und dehnt sich mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 20- 40 km/s aus, was in astronomischer Relation vergleichsweise langsam ist. Die Dichte des Gases ist mit anfangs circa 1.000.000 Teilchen pro cm3 außerordentlich gering und nimmt mit zuneh- mendem Alter des Nebels sowie mit zunehmendem Abstand zum Zentralstern kontinuierlich ab [7] [23]. Währenddessen wird der immer heißer werdende Kern durch das Ausschleudern der Ma- terie immer weiter freigelegt, wobei sich seine Farbe von Orange über Gelb bis hin zu Weiß und schließlich Blau ändert [7] [23]. Im Inneren des weißen Zwerges laufen nun keine thermonuklearen Fusionsprozesse mehr ab [10]. Dies hat zur Folge, dass hochenergetische ultraviolette Photonen 3
ausgestrahlt werden, welche die zuvor ausgeworfene Materie ionisieren und folglich aufleuchten lassen, wodurch das Gas als leuchtender Nebel sichtbar wird [16]. Der Stern im Zentrum hat mittlerweile das Stadium des hochverdichteten und heißen weißen Zwergs erreicht und löst für die nächsten 10.000 Jahre die Ionisierung der Nebelmaterie aus, womit für dessen Sichtbarkeit gesorgt wird [23]. Diese entstandenen Nebel bestehen hauptsächlich aus Wasserstoff, Helium, Sauerstoff, Stickstoff, Neon, Schwefel und Argon, wobei erst- und zweiteres mit rund 70% und 28% meist überwiegen. Dazu können sie Durchmesser von ein bis zwei Lichtjahren erreichen [7] [23]. Die meisten Planetarischen Nebel bleiben von der Formation an für ca. 10.000 Jahre sichtbar, bis die Energieausstrahlung des Zentralsterns sowie die Dichte des Nebels abnimmt und beim Gas eine Rekombination, also eine neutralisierende Reaktion positiv und negativ geladener Teilchen, eintritt [23]. 2.3 Eigenschaften und Vorkommen Planetarische Nebel sind trotz ihrer relativ kurzen Lebensdauer von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung einer Galaxie, da sie aufgrund ihrer besonderen Zusammensetzung aus teilweise schwereren Elementen, welche, wie in Abschnitt 2.2 erwähnt, in der mit der Dichte- veränderung der Sterne zusammenhängenden schwereren Kernfusion begründet ist, als entspre- chende Donatoren für neue Stern- und Planetensysteme dienen, und somit deren jeweilige Ent- wicklung beeinflussen. Zusätzlich zu den Planetarischen Nebeln liefern auch Supernovae größerer Sterne solche bedeutsamen Resultate [8] [23]. Auch wenn es zunächst nicht so scheint, ist die Dichte dieser Nebel mit anfangs 1.000.000 Teilchen/cm3 und 1.000 Teilchen/cm3 in späteren Stadien der Nebelentwicklung in Relation zu irdischen Verhältnissen äußerst gering. So gering, dass nicht einmal die stärksten Vakuum-Pumpen der Welt dazu in der Lage sind, eine solch geringe Dichte zu erzeugen. Durch die stetige Ausdehnung des Nebels ohne kontinuierlichen ,,Nachschub” durch den Zen- tralstern nimmt die Dichte dementsprechend mit der Zeit stetig ab [7] [23]. Des Weiteren werden Planetarische Nebel, je nach Durchmesser des Gases und Strahlungsintensität des Zentralsterns, entweder als materie- oder als strahlungsbegrenzt klassifiziert. Bei materiebegrenzten Planetari- schen Nebeln senden die Zentralsterne genug, beziehungsweise mehr als genug Strahlungsenergie aus, um die vorhandene Nebelmaterie vollständig zu ionisieren. Es sind also ausreichend viele ultraviolette Photonen vorhanden, um den gesamten Nebel zu ionisieren und somit für das Au- ge sichtbar aufleuchten zu lassen. Folglich resultiert die sichtbare Grenze des Nebels aus der Menge der vorhandenen, den Stern umgebenden und stetig expandierenden Materie. Anders ist dies bei strahlungsbegrenzten Planetarischen Nebeln, bei denen die Menge der vom Zentralstern ausgesendeten Strahlung nicht ausreichend ist, um das gesamte Gas zur Ionisierung zu bringen. Dadurch reicht der Nebel also weiter als es mit dem menschlichen Auge zu erfassen ist und wird somit stetig von neutralem Gas umgeben [23]. Zudem lässt sich ein Planetarischer Nebel, je nach Entwicklungszustand, insgesamt vier Ent- wicklungsphasen zuordnen, wobei die erste Phase den jüngsten Zustand des Nebels darstellt, in welcher der Zentralstern noch zu kühl ist um die ihn umgebende Materie zu ionisieren, während die zweite Phase, welche auch als Kompressionsphase betitelt wird, eine ionisierte Doppel-Schalen-Struktur erkennen lässt. In der dritten evolutionären Phase besitzt der weiße Zwerg seine höchste Temperatur und auch die Konzentrationsgradienten zwischen den inneren und äußeren Hüllen befinden sich auf einem Maximum. In der vierten und letzten Phase ist der Weiße Zwerg wieder abgekühlt und es ist nur noch eine Schale zu erkennen, wobei die zweite möglicherweise bereits rekombiniert ist [6]. In unserer Galaxie sind derzeit etwa 1.500 Planetarische Nebel bekannt, wobei sich diese relativ geringe Anzahl unter anderem auf die ebenso geringe Lebensdauer von nur circa 10.000 Jahren zurückführen lässt [23]. Ihre tatsächliche Anzahl in unserer Galaxis wird hingegen auf 10.000 bis 50.000 geschätzt [8]. 4
2.4 Gestalt Die meisten Planetarischen Nebel weisen eine leicht asymmetrische und eher sphärische Form auf, wobei jedoch auch komplexere Formen auftreten können. Beispielsweise weisen etwa 10% aller Planetarischen Nebel eine bipolare Gestalt auf, bei der die Materie in zwei entgegen- gesetzte Richtungen expandiert [8] [23] (Abb. 2). Im Detail weist jeder Planetarische Nebel seine ganz eigenen, individuellen Besonderheiten auf, was jedem Nebel seine einzigartige Gestalt verleiht, welche aus dem Zusammenspiel diverser Faktoren resultiert. Auch wenn die exak- https://bit.ly/ ten Ursachen für die vielfältigen Formen noch nicht eindeutig geklärt 2Ak4JIL sind, lassen sich exogene Einflüsse als potenzielle Ursachen vermuten, Abbildung 2: Bipolarer wie etwa Gravitationsauswirkungen durch Begleitsterne oder beson- Nebel M2-9 (Schmet- ders massereiche Planeten, welche sich schließlich auf die Konforma- terlingsnebel), Auf- tion des Nebels auswirken und somit einzigartige Formen hervorrufen nahme des Hubble- können. Ebenso kann das ,,Verschlucken” von Planeten bei der Entste- Weltraumteleskops hung des Nebels für außergewöhnliche Formen sorgen. Ferner können auch andere Faktoren, wie etwa magnetische Einflüsse durch Magnet- felder der Zentralsterne, weitere, komplexere Formen verursachen, was jedoch eher seltener der Fall zu sein scheint [10] [23]. 2.5 Unser Forschungsobjekt NGC 7662 2.5.1 Allgemeines Der Planetarische Nebel NGC 7662 (Abb. 3), welcher aufgrund seines besonderen Aussehens oft auch als ,,Blauer Schneeball (Ne- bel)” betitelt wird, befindet sich im Sternbild Andromeda am nördlichen Sternenhimmel in einer Entfernung von rund 1.800 Lichtjahren von unserem Sonnensystem. Er umfasst eine Aus- dehnung von circa 50.000–60.000 Astronomischen Einheiten1 . Der heiße Zentralstern HD 220733, welcher einen weißen Zwerg mit ei- ner Oberflächentemperatur von ungefähr 75.000 Kelvin darstellt, lässt den ihn hauptsächlich umgebenden Sauerstoff durch sei- ne äußerst energiereiche UV-Strahlung aufleuchten, indem dieser Sauerstoff gleich zweifach ionisiert wird ([OIII]), was letztend- lich die Ausbildung seiner charakteristischen und namensgeben- den blau-grünen Farbe auslöst [22]. NGC 7662 lässt sich trotz https://bit.ly/3dByEdP seines energiereichen Zentralsterns als strahlungsbegrenzt klas- sifizieren, da er von neutraler Nebelmaterie umgeben wird [23]. Abbildung 3: NGC 7662, Entdeckt wurde dieser Planetarische Nebel erstmals vom deutsch- Aufnahme des Hubble- britischen Astronomen Wilhelm Herschel am 6. Oktober 1784 Weltraumteleskops [22]. 2.5.2 Räumliche Struktur Unser primäres Forschungsobjekt, der Planetarische Nebel NGC 7662, besitzt eine für Planeta- rische Nebel typische Schalenstruktur, welche konkret aus drei verschiedenen Schalen aufgebaut ist. Er besitzt einen Durchmesser von 0,8 Lichtjahren und seine nordöstliche Achse ist uns zuge- wandt. Wie bereits aufgeführt, befindet sich im Zentrum des Nebels der Zentralstern HD 220733, welcher als weißer Zwerg das Gas ionisiert und somit erst überhaupt für uns sichtbar macht. Dieser Zentralstern, welcher die 0,605-fache Masse unserer Sonne besitzt, wird zunächst von 1 Astronomische Einheit (AE) = Entfernung Erde-Sonne ≈ 150 Mio. km 5
Abbildung 4: Aufbau des Planetarischen Nebels NGC 7662 einem, zentralen Hohlraum umgeben. Dieser Hohlraum wird wiederum von einer konzentrischen inneren und äußeren Schale, sowie ganz außen von einer blassen Hülle umgeben. Die innere Schale stellt dabei diejenige mit der höchsten Dichte und folglich auch der größten Helligkeit dar und scheint an den beiden Polen in Richtung Nordwesten und Südosten etwas in die Länge gezogen zu sein. Sie umfasst eine scheinbare Winkelgröße von 17.9” x 14.2”. An den Rand dieser inneren Schale grenzt die sie unmittelbar umgebende äußere Schale, welche eine viel geringere Dichte und dementsprechend auch geringere Helligkeit besitzt, wobei ein ziemlich scharfer Übergang zwischen den beiden Hüllen festzustellen ist. Die Maße dieser äußeren Hülle betragen 30.8” x 27,2”. Zuletzt befindet sich um diese beiden vorherigen Schalen eine letzte, blasse Hülle, welche die geringste Dichte aufweist und teilweise schon neutralisiert ist, was ihre visuelle Sichtbarkeit erheblich beeinträchtigt und sie folglich ohne Bearbeitung der Aufnahme kaum sichtbar macht. Der Durchmesser dieser äußersten Hülle beträgt circa 134” [6] (Abb. 4). Die Elektronen-Temperaturen reichen von 8.500 K in den niedrig ionisierten Arealen (außen) bis 14.000 K in den hoch-erregten Regionen (innen) des Nebels, sodass sich mit zunehmendem Abstand vom Zentralstern auch analog die Temperatur des Nebels verringert. Darüber hinaus scheint sich NGC 7662 in seiner zweiten evolutionären Phase, der Kompres- sionsphase (Abschnitt 2.3) zu befinden, da die äußere Schale immer noch ziemlich ausgedehnt ist. Er könnte sich aber auch schon relativ dicht zur dritten evolutionären Phase befinden, was darauf zurückzuführen ist, dass die innere Schale nicht so stark vom Innenraum komprimiert zu sein scheint. 6
3 Fotografie 3.1 Verfahren und Aufnahme Vor der Spektroskopie des Planetarischen Nebels NGC 7662 haben wir ihn an zwei vorausgehenden Abenden fotografiert. Die Aufnahmen (Tabelle 1) sind mit Hil- fe der monochromen CCD-Kameras2 SBIG STF-8300M (Abb. 6) und SBIG STX-16803M (Abb. 5) entstanden, welche im Gegensatz zu den typischerweise in Farbka- meras verwendeten CMOS-Sensoren3 eine deutlich bes- sere Digitalisierung ermöglichen. Dies bedeutet im De- tail, dass der maximale ADU-Wert4 der Kamera 16- Bit (216 = 65536 ADU) statt den 12-Bit (212 = 4096 ADU) bei einem CMOS-Sensor beträgt, wodurch das Bild deutlich mehr Helligkeitsstufen besitzt und somit einen höheren Detailgrad aufweist [11]. Der Nachteil der Abbildung 5: CDK 20 Teleskop mit verwendeten CCD-Kameras besteht jedoch darin, dass STX-16803M (1) diese nur monochrome Aufnahmen anfertigen können. Um dennoch ein Farbbild zu erhalten, ist es möglich, einen Filter vor den Sensor zu setzen, welcher jeweils nur für eine der drei RGB-Farben durchlässig ist (Abb. 7). Diese einzelnen Auf- nahmen lassen sich dann im Nachhinein zu einem einzelnen Farbbild vereinen, welches ein bei Weitem geringeres Rauschen aufweist als ein Bild, das alle Farbinformation aus einer einzigen Aufnahme erhalten hat. Um das Rauschen noch weiter zu verringern, haben wir zusätzlich die Methode des sog. Stackings angewandt. Diese besteht darin, dass anstatt einer langen Belich- tung viele kürzere Belichtungen aufgenommen werden, welche dann digital übereinandergelegt und zu einem Bild zusammengefügt werden. Dies sorgt ebenfalls für eine erhebliche Senkung des Bildrauschens, da das Signal-Rausch-Verhältnis5 verbessert wird. Dazu bringt es den Vorteil mit sich, dass sich kleinere Fehler in der Nachführung im Nachhinein mithilfe eines ,,Alignments”6 der Aufnahmen ausgleichen lassen und der Verlust bei misslungenen Aufnahmen, zum Beispiel wenn ein Satellit oder Flugzeug das Bild durchkreuzt hat, geringer ist. Zusätzlich zu den eigentlichen Aufnahmen (so- genannte Lightframes) haben wir Darkframes und, für jeden Farbkanal einzeln, Flatframes aufgenommen. Die Darkframes werden möglichst unter den gleichen äußerlichen Bedingungen, also bei gleicher Tempera- tur und Luftfeuchtigkeit wie die Lightframes, jedoch bei geschlossenem Sensor aufgenommen. Dies dient da- zu, dass nur das Dunkelrauschen7 , welches bei jedem elektronischen Bildsensor vorhanden ist, aufgenommen wird und im Anschluss von den Lightframes subtrahiert werden kann. Dieser Vorgang senkt das Bildrauschen ebenfalls erheblich. Die Flatframes dagegen werden mit bit.ly/36eJHHz geöffnetem Sensor aufgenommen, während das Teleskop auf eine gleichmäßig weiß beleuchtete Fläche gerichtet Abbildung 6: SBIG STF-8300M CCD- ist. Dadurch können Ungleichmäßigkeiten in der Belich- Kamera tung, wie eine Vignettierung und Staub auf optischen 2 ,,Charge-coupled Device” [2] 3 ,,complementary metal oxide semiconductor” [3] 4 Analog-Digital-Unit (Analog-Digital-Einheit) 5 ein stärkeres Signal ,,übertönt” das Grundrauschen mehr und sorgt für ein klareres Endbild 6 Digitales Verschieben und Verzerren der Bilder, sodass sie genau aufeinander passen 7 Grundrauschen, das durch Molekularbewegungen und Wärmeaustausch in der Kamera entsteht [18] 7
Abbildung 7: Filterkurven der Baader LRGB-Filter Filter Belichtung Anzahl Beginn der Beobachtung Kamera Teleskop Luminanz 20s 66 2019-10-30 18:38:42 UT STF-8300M Celestron 11 Rot 60s 35 2019-12-18 19:44:20 UT STX-16803M CDK 20 Grün 60s 19 2019-12-18 19:10:46 UT STX-16803M CDK 20 Blau 60s 20 2019-12-18 18:35:42 UT STX-16803M CDK 20 Tabelle 1: Details zu den Aufnahmen Teilen erfasst werden und von den Lightframes subtrahiert werden, wodurch die Bildqualität weiter verbessert wird. Die Flatframes müssen im Gegensatz zu den Darkframes für jeden Farb- kanal einzeln aufgenommen werden, da so auch Staub auf den Farbfiltern ausgeglichen werden kann. Des Weiteren haben wir für einen höheren Detailgrad des Ergebnisses an einem anderen Abend eine weitere Bilderserie ohne jeglichen Farbfilter (sog. Luminanzbild) aufgenommen, um ein schwarz-weiß Bild zu erhalten, welches die Struktur des Nebels möglichst gut widerspiegelt. 3.2 Kalibrierung der Aufnahmen Alle Schritte der Verarbeitung unserer Aufnahmen sowie die Aufnahmen selber wurden mit der Software MaximDL durchgeführt, da diese alle für uns notwendigen Funktionen der Bild- bearbeitung besitzt und speziell für die Astrofotografie entwickelt wurde. Die Auswertung der Aufnahmen wurde damit begonnen, dass wir alle Lightframes auf Fehlaufnahmen, in denen et- wa ein Flugzeug oder Satellit das Bild durchkreuzt oder eine Wolke das Objekt blockiert hat, überprüft und aussortiert haben, da sich diese Makel ansonsten durch das Stacking auf das End- bild übertragen hätten. Der zweite Schritt bestand darin, die Flatframes und Darkframes (Abb. 8) jeweils mit Hilfe der Funktion ,,Set Calibration” zu Masterframes (Abschnitt 3.1) zu kombi- nieren um die Belichtungszeit künstlich zu erhöhen. Diese wurden im Anschluss mit ,,Calibrate All” auf alle gelungenen Lightframes angewendet. Dieser Vorgang musste für jeden Farbkanal sowie für den Luminanzkanal wiederholt werden. Im Anschluss wurde das Stacking für jeden Farbkanal und das Luminanzbild durchgeführt. Dies erfuhr mit Hilfe der Funktion ,,Stack” (Abb. 9) bei der die jeweils bereits kalibrierten Farbbilder hinzugefügt wurden. Das Ergebnis ist ein kalibriertes und gestacktes Bild für jeden Farbkanal (Abb. 10). Auffällig ist dabei, dass das Luminanzbild deutlich klarere Strukturen des Nebels als die Farbaufnahmen enthält. 8
Abbildung 8: Erstellung der Master Dark- und Flatframes Abbildung 9: Stacking der Einzelbelichtungen 9
Abbildung 10: Gestackte Ergebnisse der einzelnen Farbkanäle Abbildung 11: Zusammengefügtes LRGB-Bild von NGC 7662 Diese vier Einzelergebnisse mussten nun nur noch zu einem einzelnen Farbbild zusammen- gefügt werden. Dies geschah mit Hilfe der ,,Combine Color” Funktion. In dieser musste angege- ben werden, welches Luminanz-, Rot-, Blau- und Grün-Bild man verwenden möchte, aus denen dann ein Gesamtbild errechnet wird (Abb. 11). 10
4 Spektroskopie 4.1 Licht Licht stellt die absolute Grundlage unserer Arbeiten dar und beschreibt im Grunde genommen nichts weiteres als elek- tromagnetische Strahlung, welche zeitgleich sowohl Wellen- als auch Teilcheneigenschaften aufweist. Dies lässt sich un- ter anderem durch diverse Experimente bestätigen. Huygens (1629-1695) beispielsweise war der festen Überzeugung, dass Licht ein reines Wellenphänomen sei, was er unter anderem durch sein berühmtes Doppelspaltexperiment zur Geltung brachte, in welchem er eine intransparente Platte mit zwei gleich großen Spalten mit Licht bestrahlte. Es ließen sich für Wellenphänomene typische Interferenzmuster feststellen (Abb. 12), welche eindeutig für die Wellenvorstellung des Lichts sprechen. Isaac Newton (1643-1727) hingegen ver- trat die Ansicht, dass Licht ein Teilchenphänomen sei, al- so, ähnlich wie gewöhnliche Materie, aus Teilchen bestehen https://bit.ly/3cm22Vi müsse. Dies konnte unter anderem durch eine modifizierte Version des Doppelspaltversuchs bestätigt werden, bei dem Abbildung 12: Veranschaulichung der Doppelspalt mit einem ,,Abschwächer”, wie etwa ein ei- des Doppelspaltexperimentes ner dünnen Zinkplatte, versehen und anschließend ebenfalls mit Licht bestrahlt wird. Auffällig bei der genauen Erfassung der aufgezeichneten Ergebnisse ist das Aufkommen einiger einzelner ,,Treffer” auf der Messplatte, was eindeutig für das Bestehen des Lichts aus Teilchen zu sprechen scheint. Da jedoch bis heute keine der beiden Theorien vollständig widerlegt, sondern nur jeweils die gegenteilige Ansicht bestätigt werden konnte, ist man sich heutzutage über die Koexistenz beider Phänomene einig, welche zusammen das uns bekannte Licht als sog. Quantenobjekt bilden [25]. Des Weiteren kann es bei Interaktion von Licht mit Materie zu verschiedenen Wechselwir- kungen, wie der Reflexion, Streuung, Absorption oder auch Brechung des eintreffenden Lichts kommen [21]. Je nach Medium besitzt es außerdem auch unterschiedliche Geschwindigkeiten, wobei es sich im Vakuum mit konstanten c = 299.792.458 m/s bewegt und somit die schnellste überhaupt erreichbare Geschwindigkeit in unserem Universum darstellt [21]. Die Teilchen stellen dabei Photonen als sogenannte Quantenobjekte dar, welche bei Energieverlust eines Elektrons abgegeben werden [9]. Um einen solchen Energieverlust zu erfahren, muss das Elektron zunächst einmal durch exogene, energetische Einflüsse angeregt werden, damit es seinen sogenannten Grundzustand verlassen kann. Dieser Grundzustand beschreibt eine Elektronenbahn in der Atomhülle, welche die niedrigsten Energieniveaus besitzt, sich also am nächsten zum Atomkern befindet. Durch Energieaufnahme ,,springt” dieses Elektron dann vom Grundzustand auf einen angeregten Zu- stand (Quantensprung), einen Quantenzustand, welcher diskret ist, sodass sich ein Elektron nach den uns bekannten Naturgesetzen nicht auf Bahnen zwischen diesen Quantenzuständen bewegen kann. Allerdings ist es immer noch möglich, einen Quantenzustand zu ,,überspringen” und sich gleich auf einen noch höheren zu begeben, wobei die Energiedifferenzen mit zunehmendem Quan- tenzustand immer geringer werden (Abb. 16). Ist die absorbierte Energie eines Photons jedoch selbst für den höchsten Quantenzustand zu groß, so löst sich das Elektron komplett vom Atom- verband. Man bezeichnet dies als Photoionisation. Durch eine sogenannte Rekombination kann es sich diesem wieder anschließen, wobei es nach und nach die verschiedenen Quantenzustände wechselt und die dafür überflüssige Energie in Form von Photonen emittiert, bis es letztendlich in seinen Grundzustand zurückkehrt, da Elektronen allgemein die Tendenz besitzen, möglichst niedrige Energieniveaus einzunehmen. Abhängig von der spezifischen Art des Atoms variieren die 11
Energiedifferenzen zwischen diesen Quantenzuständen, was die Emission von Photonen unter- schiedlicher Energieniveaus bewirkt und somit Rückschlüsse auf die jeweilige Atomart ermöglicht [8] [21] [25]. Demnach ist Licht nicht immer gleich Licht, da es als elektromagnetische Strahlung auch unterschiedliche Wellenlängen aufweist. Das für uns sichtbare Spektrum liegt dabei bei 380–750 nm, wobei wir die kurzwelli- gen Bereiche als Violett bis Blau und die langwelligen Bereiche dieses Spektrums als rot wahrnehmen. Dabei gilt: Je größer der Energieverlust eines Elektrons ist, de- sto kurzwelliger und folglich energiereicher ist das ab- gestrahlte Licht. Jedoch ist das Licht nicht auf dieses Spektrum beschränkt, sondern kann auch Wellenlängen von wenigen Ångström8 (z.B. Gamma-Strahlung) bis mehrere Kilometer (z.B. Radiostrahlung) einnehmen [9] [25]. https://bit.ly/2yYB8Eh Abbildung 13: Funktionsweise eines 4.2 Zerlegung von Licht Prismenspektrographen Zur Untersuchung Planetarischer Nebel ist es weiter- hin notwendig, das entsprechende Licht zu zerlegen, um die jeweiligen Wellenlängen bestimmen zu können. Da- zu verwendet man sogenannte Spektrographen. Eine mögliche Art des Spektrographen stellt dabei der Prismenspektrograph (Abb. 13) dar, welcher schon von Isaac Newton in Form eines klassischen Glasprismas um das Jahr 1666 benutzt wurde, um den sichtbaren Bereich des Lichts in ,,Regenbogenfarben” zu zerlegen, welche wieder- um in ihrer Gesamtheit das gewöhnliche weiße Licht ergeben. Dabei werden die verschiedenen Farben wegen ihren unterschiedlichen Wellenlängen beim Eintritt in den Glaskörper aufgrund der Änderung des Mediums unterschiedlich stark abgelenkt, beziehungsweise gebrochen, was zu einer Richtungsverschiebung und folglich auch zur Entstehung des Prismenspektrums führt [25]. Eine zweite, modernere, effizientere und auch präzisere Methode zur Zerlegung des Lichts wird jedoch durch den Gitterspektrographen (Abb. 14) dargestellt, welcher den Prismen- spektrogaphen aufgrund diverser entscheiden- der Vorteile in der modernen Astronomie mittlerweile fast vollständig verdrängt hat und somit unter anderem auch in unseren Messungen Verwendung fand. Diese Gitter- spektrographen machen im Gegensatz zu den Prismen Gebrauch von der Lichtbeugung, in- dem sie die Welleneigenschaften des Lichts zur https://bit.ly/3fCHk5r Erzeugung von Interferenzmustern ausnutzen, Abbildung 14: Funktionsweise eines Gitterspek- ähnlich wie beim bereits aufgeführten Dop- trographen pelspaltexperiment. Je nach Wellenlänge des Lichts wird dieses an den Spalten unterschied- lich stark gebeugt, wodurch letztendlich das gewünschte Spektrum entsteht. Dabei gilt: Je mehr Spalte im Gitterspektrographen vorhanden sind, desto höher aufgelöst erscheint das Spektrum. Aufgrunddessen werden heutzutage gleich tausende solcher äußerst feiner Spalte auf ein in- transparentes Trägerobjekt aufgetragen, welches dann das optische Gitter darstellt, das in der 8 1 Ångström (Å) = 0,1nm 12
modernen Astronomie in fast jedem Spektrographen zu finden ist [25]. Je nach Art des Gitter- spektrographen kann dessen Aufbau von Hersteller zu Hersteller variieren, wobei für gewöhnlich eine Kollimatorlinse für eine gleichmäßige Ausleuchtung des Gitters sorgt und ein Objektiv das vom Gitter reflektierte Spektrum auf einem Sensor abbildet [17]. Bevor das eintretende Licht je- doch auf diese fällt, betritt es den Spektrographen meist durch einen dünnen Spalt, um als Spek- trum eine Serie aneinandergereihter Spalte zu sehen. Dies ist der Fall, da das Spektrum immer aus Abbildungen des spektroskopierten Objektes besteht, welches bei dieser Bauweise der Spalt darstellt. Früher wurden zur Aufzeichnung der Spektren Fotoplatten als Empfänger verwendet, welche sich hinter den Gittern befanden und die Spektren dann jeweils durch Schwärzungen erstellten. Heute finden anstelle dieser alten Fotoplatten moderne Strahlungsdetektoren in Form von Kameras Verwendung, welche dazu in der Lage sind, die aufgezeichneten Photonen in elek- trische Signale umzuwandeln [20]. Nichtsdestotrotz bleibt Spektrum nicht immer gleich Spektrum, da auch hier verschiedene Arten existieren, deren Unterschiede vor allem durch verschiedene Arten von Lichtquellen ent- stehen. So erzeugen glühende, feste Körper, wie etwa Glühdrähte oder glühende Flüssigkeiten sowie Gase, sogenannte rein kontinuierliche Spektren, welche sich durch ein Band aus inein- ander übergehenden ,,Regenbogenfarben” auszeichnen. Typisch für Strahlungsquellen, welche hingegen kontinuierliches Licht durch kühleres Gas hindurchscheinen lassen, bevor es beim Be- obachter ankommt, sind Absorptionslinienspektren, welche dunkle, parallel verlaufende Linien an bestimmten Stellen des kontinuierlichen Spektrums aufweisen, die wiederum als Absorptionsli- nien bezeichnet werden. Diese entstehen, indem das Gas die Photonen bestimmter Wellenlängen der ursprünglichen Lichtquelle absorbiert. Der Großteil der Sterne, unter anderem auch unsere Sonne, erzeugt solche Absorptionslinienspektren [25]. Relevant für unsere Arbeit sind jedoch vor allem die letzte Art von Spektren, die sogenannten Emissionslinienspektren, welche im Gegensatz zu den anderen Arten keine Kontinuitäten abbilden, sondern vielmehr aus einzelnen hellen Linien bestehen, welche je nach Wellenlänge das entsprechende ausstrahlende Element repräsentieren. In der Astronomie treten diese Emissionslinienspektren insbesondere bei jeglichen Formen von Nebeln, darunter auch Planetarischen Nebeln auf [8] [25]. Aus diesen Emissionslinienspektren lassen sich nicht nur die jeweilige chemischen Konfigurationen der Gasnebel ermitteln, sondern ebenso deren Expansions- beziehungsweise Ausdehnungsgeschwindigkeiten. Dies geschieht mit- hilfe des Dopplereffektes. 4.3 Dopplereffekt Beim Dopplereffekt kommen vor allem die Welleneigenschaften des Lichts ins Spiel, da dieser generell nur auf Wellenbewegungen anzuwenden ist. Der Effekt beschreibt dabei im Wesentlichen die Veränderung der Frequenz einer ausgesendeten Welle entsprechend der Bewegungsgeschwin- digkeit und -richtung der Quelle. Der Empfänger, welcher sich ebenfalls bewegen kann, nimmt daraufhin dann eine andere Wellenlänge wahr, als sie ursprünglich entsendet wurde. Dieses Phänomen sorgt aufgrund der re- lativen Eigenbewegung der Quelle entweder für eine sogenannte ,,Blauverschiebung” des Lichts, also eine ,,Verkürzung” oder ,,Stau- chung” der entsendeten Wellenlängen, wenn sich diese dem Empfänger nähert, oder ana- log für eine ,,Rotverschiebung”, also eine ,,Verlängerung” oder ,,Streckung” der ent- sandten Wellenlängen, wenn die Distanz zwi- https://bit.ly/2SRtCBW schen den beiden Punkten mit der Zeit zu- nimmt [4] [19] (Abb. 15). Anhand dieses Abbildung 15: Veranschaulichung des Doppler- Phänomens lässt sich letztendlich auch, un- effektes ter Berücksichtigung der Eigenbewegung des 13
Empfängers (in dem Fall also uns als Beobachter), die Ausbreitungsgeschwindigkeit unseres Planetarischen Nebels ermitteln. Wenn man nun davon ausgeht, dass Planetarische Nebel gleichmäßig in alle Richtungen expandieren, müsste in dem Spektrum des Zentrums des Ne- bels jede Emissionslinie in eine rot- und eine blauverschobene Linie aufgespalten sein. Dies lässt sich bei unseren eigenen Spektren wiederfinden (Abschnitt 5.2). Dadurch, dass in dem verwen- deten Spektrographen ein Spalt verwendet wird, welcher dann durch das Gitter spektroskopiert wird, erhält man als Ergebnis ein zweidimensionales Spektrum, bei welchem sich die Wellenlänge auf der x-Achse und die vertikale Spaltposition auf der y-Achse befindet. Man kann sich das so vorstellen, dass man nicht nur ein Spektrum eines Objektes, sondern viele übereinander auf- nimmt. Im Fall unseres Planetarischen Nebels bedeutet dies, dass wir zum Beispiel nicht nur ein Spektrum des Mittelpunktes des Nebels erhalten, sondern, falls der Spalt lang genug sein sollte, für alle Positionen von Rand bis Mitte des Nebels eine Aussage über die Ausdehnungsgeschwin- digkeit treffen können. Bevor man jedoch mit der Spektroskopie des Untersuchungsobjekts ansetzt, sollte vorher sichergestellt werden, dass der Spektrograph auch korrekt eingestellt ist, also, dass die jeweili- gen Wellenlängen richtig eingestellt sind, was etwa durch die Umgebungstemperatur beeinflusst werden kann. Dies lässt sich mithilfe von sogenannten Kalibrieraufnahmen gewährleisten, welche anhand spezifischer Lampen erstellt werden, deren markanteste Emissionslinien bereits bekannt sind. Durch einen Abgleich lässt sich anschließend der Spektrograph korrekt kalibrieren. Das Ganze ist nötig, da bei vielen hochauflösenden Spektrographen wie wir ihn verwendet haben, immer nur ein kleiner Ausschnitt des Gesamtspektrums gleichzeitig zu sehen ist. 4.4 Verbotene Linien Wie bereits erwähnt haben Photonen ihren Ursprung in Energieveränderungen von Elektronen, welche sich, abhängig vom jeweiligen Element, nach den uns bekann- ten Naturgesetzen nur auf bestimmten, diskreten Bah- nen um den Atomkern aufhalten können, den sogenannten Elektronenschalen. Nichtsdestotrotz ist es auch möglich, dass diese Elektronen etwa durch exogene Einflüsse an- geregt werden und sich auf Bahnen begeben, die nach unserem bisherigen Verständnis für sie eigentlich nicht betretbar sind. Nach unseren bisherigen Gesetzen ist ihr Aufenthalt auf diesen Bahnen also ,,verboten”, da diese es nicht erlauben würden, was die Namensgebung veran- lasste. Dennoch ist dieser ,,verbotene” Aufenthalt auf den https://bit.ly/3fH30gC Bahnen nur von äußerst kurzer Dauer, da Elektronen für Abbildung 16: Energieniveaus von gewöhnlich die Tendenz besitzen, möglichst geringe Ener- [OIII], grüne Pfeile bezeichnen die gieniveaus einzunehmen, und die Elektronen infolgedes- ,,verbotenen” Übergänge sen wieder auf ihre ursprünglichen Bahnen zurückkehren, wobei sie die überflüssige Energie in Form von Photonen abgeben [8] [24] [25]. Diese Photonen zeichnen sich dann im Spektrum ebenfalls als Emissionslinien ab, welche jedoch an Stellen auftreten, an denen man sie ursprünglich nicht erwartet hätte. Somit kam es anfangs beispielsweise zur fälschlichen Hypothese der Entdeckung eines neuen Elements in einem Planetarischen Nebel, welches als ,,Nebulium” bezeichnet wurde, bevor das Phänomen der verbotenen Linien entdeckt wurde [24]. Als markantes Beispiel einer solchen verbotenen Emissionslinie lässt sich die [OIII]-Linie des zweifach ionisierten Sauerstoffs bei 5007 Å nennen (Abb. 16). Das Phänomen tritt ausschließlich in stark verdünnten Gasen, wie etwa in Planetari- schen Nebeln auf, da die Teilchen hier aufgrund der geringen Dichte nicht so häufig aneinander stoßen und sich damit rekombinieren können, sodass sie ihre Anregungsenergie ,eigenständig’ abstrahlen können [24]. 14
5 Spektroskopie von NGC 7662 5.1 Wahl des Spektrographen Nicht nur die Wahl des idealen Planetarischen Nebels, sondern auch die des geeigneten Spektrographen mus- ste getroffen werden. In dem Spektroskopiekurs, wel- chen wir während den Herbstferien besucht haben, wur- den wir bereits mit dem DADOS-Spalt-Spektrographen vertraut gemacht. Dieser besitzt jedoch eine zu gerin- ge Auflösung9 , um die Rot- und Blauverschiebung des Nebels genau genug feststellen zu können. Als Alterna- tiven standen uns der LHIRES III Spektrograph und der Baches Echelle Spektrograph zur Verfügung. Der große Vorteil des Baches Echelle besteht darin, dass durch seine Konstruktion nicht nur ein kleiner Bereich des Spektrums gleichzeitig zu sehen ist, sondern mehre- https://bit.ly/2WD35dK re Reihen des Spektrums übereinander abgebildet sind, wodurch man mit jedem Bild hochaufgelöste Spektren Abbildung 17: Aufbau des LHIRES III eines großen Ausschnitts des Farbbereichs erhält. Trotz Gitterspektrographen dieses Vorteiles haben wir uns letztendlich jedoch für den LHIRES III Spektrographen (Abb. 17) entschieden, da dieser zum einen ebenfalls die nötige Auflösung besitzt und zum anderen einen deutlich längeren Spektrographenspalt als der Echelle Spektrograph aufweist, was für unser Projekt den Vorteil darstellt, dass wir den Planetarischen Nebel in seiner vollen Länge spektroskopieren können und auch die Ausdehnungsgeschwindigkeit in den Randbereichen bestimmen können. 5.2 Aufnahme der Spektren Die Aufnahme der Spektren erfolgt an sich ähnlich wie die Fotografie des Nebels, mit dem großen Unterschied, dass bei der Spektroskopie ein Spektrograph zwischen Teleskop und Kamera sitzt, durch welchen, wie in Ab- schnitt 4.2 beschrieben, das Licht des Nebels zerlegt wird und die Kamera somit ein zweidimensionales Spek- trum aufnimmt (Abb. 18). Bei diesem liegt die Wel- lenlänge des Lichtes auf der x-Achse und die vertikale räumliche Ausdehnung des Nebels auf der y-Achse. Es ist auch bei Spektren wie bei der Astrofotografie üblich, Abbildung 18: 300s Rohspektrum der Darkframes aufzunehmen, um das Rauschen der Bilder 5006,84 Å [OIII] Linie (rechts) von zu verringern. Zusätzlich werden allerdings auch noch, NGC 7662 — 20.11.2019 18:14 UT möglichst bei derselben Teleskopposition, Kalibrierauf- — CDK 20 Teleskop — SBIG STF- nahmen mit Hilfe einer Kalibrierlampe aufgenommen, 8300M CCD Kamera — LHIRES III um eine genaue Wellenlängenkalibrierung durchführen Spektrograph — Sternwarte des CFG zu können. Zusätzlich zu der Hauptkamera haben wir Wuppertal — Adrian Groh und Ashraf eine Videokamera zur Nachführung verwendet. Diese Lutfi macht es zum einen möglich, den Nebel genau auf den Spektrographenspalt zu legen und zum anderen, Fehler in der Nachführung der Montierung aus- zugleichen, indem mit Hilfe der Software SpecTrack nachgesteuert wird, sollte sich der Nebel von dem Spalt wegbewegen. Es wird dann eine Serie von Spektren aufgenommen, welche auch wieder gestackt werden. 9 Anzahl der Spalte auf dem Gitter — mehr Spalte = höhere Auflösung 15
Abbildung 19: Entfernen von Hotpixeln in dem Summenspektrum in Maxim DL 5.3 Ergebnis Die Auswertung der Spektren erfolgt zum größten Teil mit der Software BASS. Bevor die Spek- tren jedoch in diese geladen werden, werden sie zunächst in Maxim DL vorbereitet. Dort erfolgt, wie bei der Fotografie, ein Abzug der Dunkelbilder und das Zuschneiden der Bilder auf das Spektrum, sowie das Entfernen von Hotpixeln (Abb. 19). Das Stacken der Spektren kann sowohl in Maxim DL als auch in Bass geschehen, in unserem Fall geschah dies in Maxim DL (Abb. 20). Der erste Schritt besteht darin, festzulegen, in welchen Bereichen des Bildes sich das Spek- trum und in welchen der Himmel befindet, um einen reineren ,,Scan” zu erhalten (Abb. 21). Darauf folgt die sogenannte Wellenlängenkalibrierung. Dabei wird das Spektrum der Kali- brierlampe, welches im besten Fall genau auf das Spektrum des Nebels passt, in BASS geladen und die bekannten Wellenlängen, welche in diesem Spektrum zu sehen sind, werden mit genauen Werten versehen (Abb. 22). Auf Basis dieser Informationen berechnet BASS eine Funktion, welche einen Zusammenhang von Pixel in vertikaler Richtung und Wellenlänge angibt. Diese ist theoretisch zwar linear, durch verschiedene Verzerrungen in der Optik des Teleskops und der Kamera muss jedoch meistens auf eine Funktion 3. oder 4. Grades zurückgegriffen werden. Diese Funktion kann im Anschluss auf das Spektrum des Nebels angewandt werden, wodurch man die Wellenlängen der erkennbaren Linien ermitteln kann. BASS kann aufgrund dieser Infor- mationen auf Basis einer gegebenen Ruhewellenlänge die Geschwindigkeitsdifferenz mit Hilfe der Dopplerformel λE = λS (1 + vc ) ⇔ v = ( λλES − 1) × c, wobei λS der tatsächlichen, λE der gemes- senen Wellenlänge und c der Lichtgeschwindigkeit entspricht [1], in beide Richtungen ermitteln und diese als neue Skala angeben, sodass die Geschwindigkeit abgelesen werden kann. Dabei ist zunächst jedoch noch wichtig, den sog. ,,Doppler Shift” mit Hilfe von BASS aus der Geschwindigkeit herauszurechnen (Abb. 23). Dabei handelt es sich um die Geschwindigkeit, mit der sich die Erde zum Zeitpunkt der Aufnahme um die Sonne bewegt hat. Diese muss mit der Rot- und Blauverschiebung des Nebels verrechnet werden, um ein genaueres Ergebnis zu erlangen. Dazu müssen in BASS die genaue Position, sowie der genaue Zeitpunkt der Aufnahme angegeben werden. Letztendlich erhielten wir als Ergebnis für die Ausdehnungsgeschwindigkeit des Nebels 22,76 km/s (Abb. 24). In Anbetracht unserer Messgeräte ist dies ein relativ guter Wert. Verschiedene Literaturquellen berichten von 26 km/s [12] und 26,4 km/s [15] für [OIII], was einer Abweichung von 6-9% entspricht. 16
Abbildung 20: Stacking der [OIII] Spektren in BASS Abbildung 21: Festlegen der ,,Active Binned Region” in BASS 17
Abbildung 22: Wellenlängenkalibrierung am Referenzspektrum in BASS Abbildung 23: Herausrechnen der Bewegung der Erde um die Sonne in BASS 18
Abbildung 24: Berechnung des Durchschnitts der Ausdehnungsgeschwindigkeit in Excel anhand von Messungen an verschiedenen Stellen im Spektrum 5.4 Fehlerdiskussion Da unsere Messergebnisse mehr oder weniger von den Referenzwerten abweichen, ist es nötig, verschiedene mögliche Fehlerursachen zu diskutieren und abzuwägen. 5.4.1 Thermische Drift Zunächst fiel vor der eigentlichen Auswertung unserer Messergebnisse auf, dass die zu unter- schiedlichen Zeitpunkten aufgenommenen Referenzspektren horizontale Abweichungen aufwei- sen. Da die beiden Spektren in einem zeitlichen Abstand von circa 1,5 Stunden aufgenommen wurden, einmal vor und einmal nach den Anfertigungen der eigentlichen Spektren des Nebels, lassen sich diese beobachteten Abweichungen wohl auf thermische Unterschiede des Spektrogra- phen zu diesen unterschiedlichen Messzeitpunkten zurückführen, da dieser mit der Zeit aufgrund der kühlen Außentemperatur zum Messzeitpunkt abgekühlt zu sein scheint. Die Folge daraus ist eine thermische Verschiebung beziehungsweise eine thermische Drift zwischen den beiden Referenzspektren. Dies stellt ein Problem dar, da nun entschieden werden muss, welches dieser Referenzspektren bei der Auswertung als verlässlicher zu bewerten ist. Da sie jedoch beide un- gefähr im gleichen zeitlichen Abstand zu den restlichen Aufnahmen des Nebels angefertigt wur- den, erfolgt diese Entscheidung letztendlich relativ subjektiv, was das Fehlerpotenzial erhöht. Schließlich entschieden wir uns zunächst für die Verwendung des zweiten Referenzspektrums, basierend auf der Überlegung, dass dieses aufgenommen wurde, als der Spektrograph bereits ausgekühlt war und somit zu dem Großteil der Spektren passen müsse. Als wir darauf aufbau- end weiter arbeiteten, fiel im Verlauf der Arbeit jedoch auf, dass die Abweichungen zwischen Referenzspektrum und dem des Planetarischen Nebels zu stark waren um sie zu ignorieren. Dies veranlasste uns zur Anfertigung eines Stackings, welches beide Referenzspektren kombinierte, um die thermische Drift in gewisser Weise umgehen zu können, da die beiden Aufnahmen, wie bereits erwähnt, fast in gleichem Abstand zu den restlichen Aufnahmen des Nebels aufgenom- men wurden. Dies sollte das Fehlerpotenzial kompensieren. Mit dieser neuen Anfertigung wurde die Arbeit letztlich auch fortgeführt, auch wenn immer noch minimale Abweichungen zwischen gestackten Referenzspektrum und dem Spektrum unseres Planetarischen Nebels zu registrieren waren. 19
5.4.2 Defokussierung Eine weitere mögliche Fehlerursache ist die Defokussierung des Spektrographen. Sollte dieser von vornherein nicht optimal fokussiert gewesen sein oder, wie die thermische Drift, durch äußerliche Bedingungen, zum Beispiel der sinkenden Temperatur, dem Schwenken des Teleskops, etc. de- fokussiert worden sein, ergibt sich hieraus ebenfalls eine potentielle Fehlerquelle, da Messwerte wie die Halbwertsbreite10 verändert werden und von den eigentlichen Werten abweichen. 5.4.3 Nachführung Zudem kann es möglicherweise vorgekommen sein, dass Fehler in der Nachführung des Teleskops dazu geführt haben, dass der Nebel während einer einzigen Belichtung im Spektrographenspalt verschoben wurde und sich die Expansionsgeschwindigkeiten des Kernes des Nebels und äußerer Bereiche im Spektrum überlagern, wodurch die rotverschobene und blauverschobene Linie ver- breitet wird und diese somit nicht mehr klar voneinander zu trennen sind. Dieses Phänomen lässt sich bei unseren Aufnahmen eindeutig wiederfinden, was darauf hindeutet, dass Fehler in der Nachführung mit großer Sicherheit für Fehler in unseren Aufnahmen geführt haben. Um diese zu minimieren, haben wir bei der Aufnahme unserer Spektren zwar eine Videokamera als Guiding verwendet, jedoch haben starke Windböen während der Aufnahme vermutlich dafür gesorgt, dass der Nebel mehrfach für kurze Zeit leicht aus der Mitte des Spektrographenspaltes verschoben wurde, was zu genau dieser Ungenauigkeit geführt hat. 5.4.4 Staub auf dem Spektrographenspalt Des Weiteren kann auch Staub auf der Optik und besonders auf dem Spektrographenspalt zu einer Verfälschung des Ergebnisses führen. Diesem Problem kann man durch die Aufnahme so- genannter Flatfield Bilder (Abschnitt 3.1) entgegenwirken. Im Fall der Spektroskopie haben wir uns aber gewollt dagegen entschieden, Flatfields zu verwenden, da dieses Verfahren durch die Subtraktion des nicht vollständig rauschfreien Flatfield-Bildes in jedem Fall mit einem Signal- verlust verbunden ist. 5.4.5 Subtraktion des Himmelshintergrundes Darüber hinaus stellt letztendlich auch der Himmel zum Beobachtungszeitpunkt an sich eine weitere potenzielle Fehlerquelle dar, da die Qualität der angefertigten Aufnahmen während der langen Aufnahme-Zeitspanne durch schlechtes Seeing11 beeinträchtigt werden kann. Dies lässt sich etwa auf physische Verdeckungen wie durchziehende Wolken oder gegebenenfalls auch pas- sierende Flugzeuge und deren Kondensstreifen sowie Satelliten zurückführen. Auch wenn wir hinterher versuchten, diese grobe Fehlerquelle durch ein Filtern der aufgenommenen Messungen zu kompensieren, weisen einige unserer letztendlich weiterverwendeten Exemplare immer noch einige, wenn auch geringfügigere, Makel auf. Des Weiteren subtrahierten wir die oberen und unteren Bereiche des Spektrums, welche die verschiedenen Intensitäten des Himmels darstellen, indem wir deren Mittelwert bestimmten und abschließend von dem Nebelspektrum subtrahier- ten. Somit erhielten wir also ein subtrahiertes Spektrum, welches jedoch einen Signalverlust zur Folge gehabt haben könnte und dadurch eine weitere potenzielle Fehlerquelle darstellt. Die Sub- traktion war jedoch notwendig, um unser Spektrum vom Himmelslicht, welches beispielsweise durch Mondlicht oder Straßenlichtern beeinflusst werden kann, zu beseitigen. 10 Breite einer Kurve im Spektrum in halber Höhe des Maximums der Kurve [5] 11 durch Temperaturunterschiede bedingte Unruhen in der Luft 20
5.4.6 Theoretische Probleme bei der Messung der Ausdehnungsgeschwindigkeit durch Spektroskopie K. Gesicki und A. A. Zijlstra haben sich ausführlich mit Ausdehnungsgeschwindigkeiten von Planetarischen Nebeln beschäftigt und sich dabei unter anderem die Frage gestellt, wie genau die Messung mithilfe von Spektroskopie überhaupt ist [14]. Dazu haben sie einen künstlichen, exakt runden Nebel mit konstanter Aus- dehnungsgeschwindigkeit und Emission erzeugt und die- sen mit verschiedenen Blenden spektroskopiert. Aus die- ser Messung ist Abbildung 25 entstanden; die vertika- le gestrichelte Linie gibt dabei die tatsächliche Aus- dehnungsgeschwindigkeit des Nebels an. Auffällig ist, dass eine größere Messblende dafür sorgt, dass die rot- und die blauverschobene Komponente des Nebels in- einander übergehen und die gemessene Ausdehnungs- geschwindigkeit (das Maximum) somit nicht mehr mit der tatsächlichen übereinstimmt. Aus dieser Erkenntnis Abbildung 25: Beispiel des von Gesicki lässt sich schließen, dass bei unserer Messung, bei der und Zijlstra untersuchten Phänomens ein Übergang der Komponenten sichtbar ist, die gemes- sene Geschwindigkeit unterhalb der tatsächlichen liegt. Diese Annahme lässt sich auch bei einem Vergleich unserer Messwerte mit Literaturwerten bestätigen, da diese Geschwindigkeiten etwas über unseren Messwerten liegen. 21
6 Anhang 6.1 Selbstständigkeitserklärung Hiermit erklären wir, dass wir die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst und keine anderen Quellen als die angegebenen verwendet haben. Insbesondere versichern wir, dass wir alle wörtlichen und sinngemäßen Übernahmen aus anderen Werken als solche kenntlich gemacht haben. 6.2 Danksagung Abschließend wollen wir uns zunächst bei all den Personen bedanken, welche die Errichtung einer Sternwarte und eines entsprechenden Projektkurses der Astronomie an unserer Schule überhaupt ermöglicht haben, und uns so die Option boten, daran teilhaben zu dürfen. Den größten Dank widmen wir selbstverständlich unserem Projektkursleiter Herrn Bernd Koch, der uns vor und während den Arbeiten, auch in den besonderen Zeiten der COVID-19 Pandemie, stetig unterstützte und uns das nötige Wissen vermittelte. 6.3 Abschlusserklärung Hiermit versichern wir, dass wir diese Arbeit selbstständig angefertigt, keine anderen als die von uns angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt und die Stellen der Projektarbeit, die im Wortlaut oder dem Inhalt nach aus anderen Werken entnommen wurden, in jedem einzelnen Fall mit genauer Quellenangabe kenntlich gemacht haben. Wir sind damit einverstanden, dass die von uns verfasste Projektarbeit der schulinternen Öffentlichkeit in der Bibliothek der Schule zugänglich gemacht wird. Adrian Groh Ashraf Lutfi 22
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