Spezial COVID-19- Impfung - Pro ...

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Spezial COVID-19- Impfung - Pro ...
Fachzeitschrift

                                                                            Spezial
Bild KEYSTONE/Urs Flueeler

                                                                              COVID-1
                                                                                      9-
                                                                               Impfung

                             2/2021

                              Wer und wo wird        Wie komme ich an      Was habe ich von
                              geimpft?               eine Impfung?         der Impfung?
                              Die Corona-Impf-       Pro Senectute hilft   Landwirt Albert Hersche
                              strategie des Bundes   bei Fragen und der    er­zählt, warum er sich
                              kurz erklärt.          Anmeldung weiter.     auf die Impfung freute.
                              Seiten 2 bis 4         Seiten 5 und 10       Seite 11
Spezial COVID-19- Impfung - Pro ...
Editorial                                           Schwerpunkt

                                                    Zum Schutz des Einzelnen
Eveline Widmer-Schlumpf, Stiftungsrats‑­
präsidentin Pro Senectute Schweiz

Unlängst haben wir alle Seniorinnen und             und der Allgemeinheit
Senioren dazu aufgerufen, sich mit den
zugelassenen Impfstoffen gegen das
Coronavirus impfen zu lassen. Sie
­                                                   Die Impfung gegen COVID-19 ist da, doch der Impfstoff ist noch knapp.
schützen dadurch nicht nur sich selbst
­                                                   Welche Bevölkerungsgruppen werden zuerst geimpft und wer muss sich
und vulnerable Gruppen, sondern auch                noch gedulden? Das Wichtigste zur Impfstrategie des Bundes und zur
ihre täglichen Kontakte wie ihre engsten            Umsetzung in den Kantonen.
Angehörigen und das Pflege- und Betreu-
ungspersonal. Die ganze Gesellschaft und            Die Impfung ist die grosse Hoffnungsträgerin im Kampf gegen COVID-19.
insbesondere viele Unternehmen haben                Mitte Januar haben auch die letzten Kantone damit begonnen, ihre Bür-
und werden weiterhin viele Entbehrungen             gerinnen und Bürger zu impfen. Die Spielregeln dafür legen allerdings
hinnehmen müssen, um die Menschen                   nicht die Kantone selber fest, sondern der Bund. Zentrales Dokument
mit einem erhöhten Risiko ­eines schwe-             dafür: die Impfstrategie des Bundesamts für Gesundheit (BAG) und der
ren Krankheitsverlaufs zu schützen und              Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF). Sie definiert die
der Pandemie Herr zu werden. Die Imp-               Ziele der Impfkampagne und zeigt auf, wie diese erreicht werden sollen.
fung ist deshalb auch ein Akt der Solidari-
tät mit der jüngeren und erwerbstätigen
Bevölkerung, welche die Massnahmen                  Die Ziele der Impfstrategie
zum Schutz der vulnerablen Menschen                 Die Impfung soll dazu beitragen, dass so wenige Menschen wie mög-
mitträgt. Mit der Impfung leisten Senio-            lich krank werden; insbesondere schwere und tödlich verlaufende
rinnen und Senioren einen wichtigen                 ­COVID-19-Erkrankungen gilt es zu vermeiden. Die Reduktion der Krank-
­Beitrag, dass wir in eine neue Normalität           heitsfälle liegt nicht nur im Interesse jedes Einzelnen, sondern auch der
             übergehen können.                       gesamten Gesellschaft. Je weniger Menschen krank werden, desto gerin-
                                                     ger ist die Gefahr, dass das Gesundheitssystem überlastet wird.
                 Auch wir wollen mithelfen
                 – insbesondere bei der
                Kommunikation. Wir stehen
                   der älteren Bevölkerung             «Die Reduktion der Krankheitsfälle liegt
                       wie auch deren An­
                        gehörigen mit dem
                                                       nicht nur im Interesse jedes Einzelnen,
                       ­flächendeckenden Be-          sondern auch der gesamten Gesellschaft.»
                       ratungsnetzwerk unse-
                      rer 24 kantonalen und
                    ­interkantonalen Organi-
                     sationen zur Seite. Als        Die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung ist denn auch das
                      grösste Fachorganisa­         ­zweite Ziel der Impfstrategie. Das Gesundheitssystem muss einerseits
                       tion für alle Altersfragen    sämtliche COVID-19-Fälle bewältigen können. Andererseits müssen
                       setzen wir uns ­     dafür    die Spitäler, Kliniken und Praxen der Schweizer Bevölkerung auch für
                         ein, dass Menschen,         alle anderen ambulanten und stationären Behandlungen weiterhin zur
                         die sich besonders vor      Verfügung stehen. Das gelingt nur, wenn – neben der Reduktion der
                         einer Ansteckung mit        Fallzahlen – der Gesundheitsschutz für diejenigen verbessert wird, die
                  COVID-19 schützen müs-             im Gesundheitswesen arbeiten.
                 sen, auch beim Zugang
                zu einem Impfstoff keine
                Nachteile haben.                    Nicht alle sind gleich betroffen
                                                    Schliesslich soll die Impfung auch jene negativen Auswirkungen der
                In diesem Sinne viel Ver­           Pandemie eindämmen, die nur indirekt mit der medizinischen Situation­
               gnügen bei der Lektüre und           zusammenhängen: die Einschränkung des kulturellen und sozialen
               bleiben Sie gesund.                  Lebens, Lücken im Bildungsangebot sowie wirtschaftliche Bedrohun-

2
Spezial COVID-19- Impfung - Pro ...
Die COVID-19-Impfstrategie des Bundes (Bild Bundesamt für Gesundheit BAG).

gen durch Konkurse, Betriebsschliessungen oder Kurz-             hoch, jedoch entwickelt sich bei ihnen nur sehr selten ein
arbeit. COVID-19 betrifft nicht alle gleich. Unter jungen        schwerer Krankheitsverlauf. Anders bei älteren Patientinnen
Menschen sind die Ansteckungsraten zwar besonders                und Patienten: Die Wahrscheinlichkeit einer schweren oder
                                                                 ­sogar tödlichen Erkrankung ist viel höher. Die Impfstrategie
                                                                  ­berücksichtigt dies: Der Bund nennt vier Gruppen, die bevor-
                                                                   zugt geimpft werden sollen.
              Weitere
              Informationen                                      Die Priorisierung im Überblick
       Weitere Informationen gibt es via Info-                   Oberste Priorität haben besonders gefährdete Personen. Das
       line von Pro Senectute unter Tele-
       ­                                                         sind über 65-Jährige und Menschen mit Vorerkrankungen. Die
       fon 058 591 15 15 oder im Internet                        Impfung schützt sie vor den möglicherweise fatalen Folgen der
       unter www.prosenectute.ch/corona. Auf                     Krankheit. Gleichzeitig entlastet dies auch das Gesundheits­
       der Website www.bag-coronavirus.ch/                       system. In einem zweiten Schritt steht die Impfung den Mitar-
       impfung findet sich zudem eine Liste mit                  beitenden im Gesundheitswesen und Betreuungspersonen von
       Links zu den kantonalen Websites mit                      besonders gefährdeten Personen offen. Ihr Impfschutz soll
       spezifischen Informationen zur Durchfüh-                  ­sowohl sie selber als auch ihre Patientinnen und Patienten
       rung der Impfungen. Bei Fragen und Un-                     schützen. Zusätzlich können krankheitsbedingte Ausfälle am
       klarheiten bieten die 24 kantonalen und                    Arbeitsplatz minimiert werden. Dritte Priorität hat das Umfeld
       interkantonalen Pro Senectute Organisa-                    von besonders gefährdeten Personen, also beispielsweise
       tionen Unterstützung (Kontakte Seite 5).
                                                                                                            Fortsetzung Seite 4

                                                                                                             Psinfo 2 l 2021   3
Spezial COVID-19- Impfung - Pro ...
­ amilienmitglieder, die im gleichen Haushalt wohnen.
F                                                              ­ rsten Schritt sogar auf 80 Jahre. Das dürfte sich in den nächs-
                                                               e
Auch hier entlastet ein Impfschutz das Gesundheits­            ten Monaten schrittweise ändern: Je mehr Impfdosen geliefert
system: er verhindert, dass gefährdete Personen hospi-         werden, desto grösser wird der Kreis derjenigen, die zur
talisiert werden müssen, weil ihr Umfeld krank ist. Die        Impfung zugelassen sind. Erwachsene ohne besonderes Risiko
vierte und letzte Gruppe,                                                                     können sich impfen lassen, sobald

                                         24 kantonale und
die in der Impfstrategie                                                                      alle impfwilligen Personen der
priorisiert wird, umfasst
­                                                                                             Prioritätsstufen 1 bis 4 geimpft
                                                                                              ­
Bewohnerinnen und Be-                                                                         worden sind.
wohner      von   Gemein-
schaftseinrichtungen.
                                  interkantonale Pro Senectute
                                     Organisationen in allen                                 So funktioniert die Anmeldung
                                                                                             Das BAG rechnet damit, dass bis
Stand der Umsetzung in               Landesteilen helfen bei                                 im Sommer genügend Impf­dosen
den Kantonen                                                                                 für die gesamte Bevölkerung vor-
Umgesetzt wird die Impf-            Unklarheiten rund um die                                 handen sein werden. Die Zeitpläne
strategie von den Kanto-
                                 Impfung und stehen telefonisch                              unterscheiden sich allerdings von
nen. Zwar haben alle Kan-                                                                    Kanton zu Kanton; ebenso wie die
tone bereits mit dem                     zur Verfügung.                                      Standorte der Impfzentren: Spi­
Impfen begonnen, die                                                                         täler spielen in Kantonen wie dem
meisten Impfwilligen müs-                                                                    Aargau oder Schwyz die Haupt­
sen derzeit aber noch etwas Geduld haben. Die Nach­            rolle, andere wie Basel-­  Stadt und Luzern haben separate
frage übersteigt das Angebot bei Weitem.                       ­Einrichtungen für die Durch­führung der Impfung aufgebaut.

Das hängt damit zusammen, dass die Impfdosen nur
nach und nach ausgeliefert werden: Erst von den Her-           Bei Hausärzten und auf Websites informieren
stellern an den Bund, dann weiter an die Kantone. Auf-         Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen
grund der Knappheit des Impfstoffs haben die meisten           müssen sich nicht selber um einen Impftermin bemühen; das
Kantone damit begonnen, nur Personen der ersten Prio-          übernimmt die Wohneinrichtung. Personen mit schweren
ritätsstufe zu impfen.                                         Vorerkrankungen wenden sich am besten an ihren Arzt oder
                                                               ihre Ärztin. Alle anderen können sich in der Regel über die
Viele haben sogar zusätzliche Unterteilungen vorge-            ­Website ihres Kantons für einen Termin anmelden. Dort ist er-
nommen: Zürich und Bern beispielsweise setzten die              sichtlich, welche Prioritätsstufe bereits zur Impfung zugelassen
untere Altersgrenze auf 75 Jahre, St. Gallen in einem           ist.

               Die drei wichtigsten Antworten zur Impfstrategie
            Wer wird zuerst geimpft?         Wer soll sich nicht impfen lassen?      sind, respektive die Isolation been-
            Priorität haben besonders ge-    Für Kinder und Jugendliche gibt es      det ist. Wer von einer COVID-19-­
       fährdete Personen. Gemäss Impf-       noch keine Daten zur Impfung,           Erkrankung genesen ist, kann sich
       strategie des Bundes sind dies Per-   ­deshalb ist sie nur für über 16-Jäh-   hingegen problemlos impfen las-
       sonen über 65 Jahren und/oder          rige zugelassen. Schwangeren und       sen.
       Personen mit Vorerkrankungen.          Personen mit einer schweren Aller-
       Einzelne Kantone haben die Alters-     gie auf einen Bestandteil des Impf-    Wann können sich Menschen ohne
       grenze auf 75 oder 80 Jahre an­        stoffs wird von der Impfung abge­      erhöhtes Risiko auf einen schweren
       gehoben, weil der Impfstoff noch       raten.                                 Krankheitsverlauf impfen lassen?
       nicht in ausreichenden Mengen                                                 Das BAG rechnet damit, dass alle,
       vorhanden ist.                        Wer Krankheitssymptome hat oder         die dies möchten, bis im Sommer
                                             sich noch in Quarantäne befindet,       geimpft sein werden. Entscheidend
                                             sollte mit der Impfung zuwarten,        ist die Verfügbarkeit der Impfstoffe.
                                             bis die Symptome verschwunden

4   Psinfo 2 l 2021
Spezial COVID-19- Impfung - Pro ...
Service

Pro Senectute steht in allen Landesteilen bei
Fragen zur Impfung telefonisch zur Verfügung

                                                                                    058 591 15 15
    Aargau                    Genève                             Obwalden                        Ticino e Moesano
    Suhrenmattstrasse 29      Route de Saint-Julien 5b           Marktstrasse 5                  Via Vanoni 8/10
    5035 Unterentfelden       1227 Carouge                       6060 Sarnen                     Postfach 4664
    Telefon 062 837 50 70     Telefon 022 807 05 65              Telefon 041 666 25 45           6904 Lugano
    info@ag.prosenectute.ch   info@ge.prosenectute.ch            info@ow.prosenectute.ch         Telefon 091 912 17 17
    www.ag.prosenectute.ch    www.ge.prosenectute.ch             www.ow.prosenectute.ch          info@prosenectute.org
                                                                                                 www.ti.prosenectute.ch
    Appenzell Innerrhoden     Glarus                             St. Gallen
    Marktgasse 10c            Gerichtshausstrasse 10             Davidstrasse 16                 Uri
    9050 Appenzell            Postfach 655                       Postfach, 9001 St. Gallen       Gitschenstrasse 9
    Telefon 071 788 10 21     8750 Glarus                        Telefon 071 227 60 06           6460 Altdorf
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Spezial COVID-19- Impfung - Pro ...
Fachwissen

«Der Nutzen ist viel grösser als die Risiken»
Aktuell sind in der Schweiz zwei Corona-Impfstoffe zugelassen. Wie diese wirken und weshalb ihre Entwicklung so schnell ging,
erklärt Julia Djonova von Swissmedic. Und sie legt dar, warum Impfen aus Solidarität Sinn macht.

Wie wirken die Impfstoffe des US-Konzerns Moderna             Wie funktionieren andere Corona-Impfstoffe?
und des amerikanisch-deutschen Konsortiums Pfizer/            Bei den «klassischen» Impfstoffen lösen Teile der Erreger oder
BioNtech?                                                     Virusproteine die Immunantwort aus. Andere COVID-19 Impf-
Dr. Julia Djonova, Swissmedic: Beide Impfstoffe bringen       stoffe enthalten virale Vektoren. Sie zielen ebenfalls auf die kör-
die Körperzellen dazu, ein bestimmtes Protein herzu-          pereigene Produktion des Spike-Proteins ab, allerdings nicht
stellen – das sogenannte Spike-Protein. Dieses ist ty-        mithilfe von mRNA, sondern durch veränderte Viren, die als
pisch für das SARS-CoV-2-Virus. Sobald das Immun­             Träger von Erbmaterial des neuartigen Coronavirus dienen.
system das Spike-Protein erkennt, startet es die
Antikörper-Produktion.                                         Wieso sind die ersten zugelassenen Impfstoffe in der Schweiz
                                                              ­gerade mRNA-Produkte?
Beide Impfstoffe basieren auf der neuen mRNA-Techno­           Wann ein positiver Zulassungsentscheid gefällt werden kann,
logie. Was ist das Spezielle daran?                            hängt von den Unterlagen ab, welche die Hersteller einreichen.
mRNA ist eine Substanz, die den Zellen als Produktions-        Bei den Impfstoffen von Moderna und Pfizer/BioNtech lagen
vorlage für Eiweisse dient. Die mRNA in den Impfstoffen        uns schlicht genügend Daten vor, um das Nutzen-Risiko-Profil
ist synthetisch hergestellt und trägt den Bauplan für das      zuverlässig zu bewerten. Bei den beiden anderen eingereichten
COVID-19-typische Spike-Protein in die Körperzellen,           Gesuchen von Astra-Zeneca und Johnson & Johnson – übrigens
was eine Immunreaktion hervorruft.                             Vektorimpfstoffe – läuft die Begutachtung noch.

                                                              Die Gegenüberstellung von Nutzen und Risiken von neuen
                                                              ­Arzneimitteln ist der Kern Ihrer Arbeit. Wie ist dieses Verhältnis
       Zur Person                                              bei den zugelassenen Impfstoffen?
                                                               Der Nutzen übersteigt die Risiken in beiden Fällen sehr deut-
       Dr. Julia Djonova (58) ist Ärztin mit klini-            lich: Sieben bis 14 Tage nach der zweiten Impfung beträgt der
                   scher Erfahrung in der Kardio-              Schutz vor COVID-19 über 90 Prozent. Bei älteren Personen ist
                     logie. Seit 2007 leitet sie die           die Wirksamkeit ähnlich hoch, was bei Begleiterkrankungen
                      Einheit Transplantate des                oder einem schwächeren Immunsystem nicht selbstverständ-
                      Schweizerischen Heilmittel­              lich ist. Dabei sind die bisher beobachteten häufigsten Neben-
                     instituts Swissmedic. Die                 wirkungen ähnlich wie bei Grippeimpfungen.
                   Einheit ist für die Zulassung
       und Überwachung von Produkten zu­                      Und was sind die häufigsten Nebenwirkungen?
       ständig, die auf neuartigen Therapien                  Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Injektions­
       basieren – unter anderem mRNA- und
       ­                                                      stelle, Fieber oder Kopf- und Muskelschmerzen. Die Beschwer-
       Vektor-Impfstoffe.                                     den sind meistens leicht ausgeprägt und verschwinden nach
                                                              wenigen Tagen. Die Gefahren der Impfung sind viel kleiner
       Djonova und ihr Team bewilligen die kli­­              als diejenigen einer COVID-19-Erkrankung – vor allem für
       nischen Studien zu diesen Produkten,                   ­Menschen mit Risiko auf einen schweren Krankheitsverlauf.
       lassen die Arzneimittel zu, erteilen Be-
       ­
       triebsbewilligungen und führen Inspek­                 Aber es sind Fälle von schweren allergischen Reaktionen be-
       tionen durch.                                          kannt.
                                                              Ja, das stimmt. Diese sogenannten anaphylaktischen Schocks
       Vor ihrer Tätigkeit bei Swissmedic ar­bei­             kamen bei mehreren Millionen geimpften Personen bisher
       tete­Djonova beim Bundesamt für Ge-                    allerdings nur rund 30-mal vor. Wir haben die Schweizer
                                                              ­
       sundheit und forschte an den Universi­                 ­Arzneimittelinformationen entsprechend angepasst: Personen
       täten Lausanne und Freiburg.                            mit bekannten Allergien auf die Inhaltsstoffe sollten sich nicht
                                                               impfen lassen.

6   Psinfo 2 l 2021
Spezial COVID-19- Impfung - Pro ...
Bilder zvg und KEYSTONE-sda/Laurent Gillieron
                                                                     Bild xxx

Die Impfstoffe sind innerhalb eines Jahres auf den Markt     fend erhobenen und nachgereichten Daten ab. Die Anstren-
gekommen – normalerweise dauert es mehrere Jahre, bis        gungen, die offenen Fragen schnell zu klären, sind jedoch im-
ein Stoff das schafft. Was weiss man wirklich schon über     mens.
die Produkte?
Sämtliche präklinischen und klinischen Studien wurden        Über die langfristige Sicherheit der Impfstoffe wird man aber
durchgeführt. Allerdings fanden die drei Studienphasen       noch Jahre nichts wissen.
«Sicherheit», «Dosierung» und «Wirksamkeit» nicht            Das stimmt nicht ganz. Aus den bereits verfügbaren präklini-
– wie sonst üblich – nacheinander statt, sondern parallel.   schen und klinischen Daten können wir das Sicherheitsprofil für
Das hat den Prozess stark beschleunigt, genauso wie die      die COVID-19-Impfstoffe ableiten und wissen, was ungefähr zu
rollende Überprüfung der Gesuche bei Swissmedic.             erwarten ist.

Dennoch: Bis jetzt weiss man zum Beispiel noch nicht,        Es ist das erste Mal, dass mRNA-Impfstoffe eingesetzt werden.
wie lange die Impfung wirkt.                                 Gehen damit nicht auch zusätzliche Risiken einher?
Das ist richtig. Sie müssen allerdings bedenken, dass die    Die mRNA-Technologie ist keine totale Unbekannte. Sie wird
klinischen Studien der Hersteller bis zu zwei Jahre wei-     zwar zum ersten Mal in diesen Massstäben als Impfstoff an
terlaufen. Wir erhalten also ständig neue Erkenntnisse,      ­gesunden Menschen eingesetzt. Es gibt aber seit mehr als
auch aus den weltweiten Impfaktionen oder aus zusätz-         15 Jahren Grundlagenforschung und Erfahrungen aus der
lichen unabhängigen Studien.                                  Krebsforschung. Ausserdem überwacht Swissmedic die Neben-
                                                              wirkungen der zugelassenen Impfstoffe sehr streng.
Eine weitere offene Frage ist, ob die Impfung auch gegen
die Verbreitung des Virus schützt. Bringt es also gar        Können die mRNA-Impfstoffe Gene verändern?
nichts, sich etwa als Pflegefachperson aus Solidarität       Nein. Die Impfstoffe haben gar nicht die nötigen Mechanismen,
impfen zu lassen?                                            um in den Zellkern einzudringen. Ausserdem sind die Stoffe
Ob man trotz Impfung infektiös sein kann, ist in der Tat     nach wenigen Tagen abgebaut.
noch nicht geklärt. Allerdings möchte ich nochmals be-
tonen: Die Risiken der Impfung sind verglichen mit dem       Mittlerweile existieren verschiedene Mutationen des Corona­
Nutzen klein. Und die Chance, dass die Impfung die Ver-      virus. Schützt die Impfung vor allen Varianten?
breitung des Virus tatsächlich stoppt oder mindestens        Bis jetzt weist alles darauf hin, dass das so ist.
stark eindämmt, ist sehr gross.

Wann werden diese offenen Fragen geklärt sein?
Das kann sehr bald sein oder auch noch Monate dauern.        Dieses Interview basiert auf dem Informationsstand bei Redaktions-
Wie schnell wir Antworten erhalten, hängt von den lau-       schluss am 5. Februar 2021

                                                                                                           Psinfo 2 l 2021    7
Standpunkt

Die Geschichte des Impfens: Von der Ausrottung
der Pocken zur ­Corona-Impfung
Hoffnungen, Zweifel, Sensationen und Rückschläge: Seit der Entwicklung der ersten Impfung bewegt das Thema die Gemüter.
­Sicher ist: Impfungen haben Menschen vor Krankheit und Tod bewahrt. Mit der Entwicklung des Corona-Impfstoffs beginnt nun
 ein weiteres Kapitel der Impfgeschichte.

Das Zeitalter der modernen Impfung begann 1796 mit          Weil Jenner den Pockeneiter einer Kuh verwendete, nannte er
einem Experiment. In ländlichen Gegenden war be-            seine Methode Vakzination – vom lateinischen Wort für Kuh,
kannt, dass Menschen, die Kuhpocken gehabt hatten,          «vacca». Das Prinzip der Impfung hatte Jenner aber nicht er­
nicht an Menschenpocken erkrankten. Diese Beobach-          funden. Die ersten Versuche, Menschen vor Pocken zu schüt-
tung verleitete den englischen Landarzt Edward Jenner       zen, fanden bereits vor vielen Jahrhunderten statt: In Indien,
zu einem gewagten Versuch: «Er übertrug Pustelflüssig-      China und der Türkei ritzte man gesunden Menschen die Haut
keit einer an Kuhpocken erkrankten Melkerin dem Sohn        auf und führte nach Möglichkeit Pockeneiter aus mild verlau-
seines Gärtners», erzählt die Medizinhistorikerin und       fenden Epidemien in die Wunde ein, worauf diese gezielt an
Ärztin Iris Ritzmann.                                       den gefährlichen Pocken erkrankten.

Der Achtjährige erkrankte leicht: Er klagte über Frost,     Auch bei dieser sogenannten Variolation gab es Todesfälle.
Appetitlosigkeit und Kopfschmerzen. Nach überstande-        Doch wer die Krankheit überlebte, war danach geschützt. Dem-
ner Krankheit setzte ihn Jenner dem Menschen­pocken-        gegenüber hatte die Vakzination viele Vorteile: Die Kuhpocken
Erreger aus – und siehe da: der Bub zeigte keine            waren keine tödliche Krankheit, und die Geimpften stellten
Reak­tion. Sein Körper hatte nach durchgestandener          ­keine Ansteckungsquelle für die Menschenpocken dar. Schon
Kuhpocken-Erkrankung Abwehrkräfte gegen die Men-             bald waren in vielen europäischen Ländern Impfungen gegen
schenpocken entwickelt – er blieb gesund. Eine Sensa­        die Pocken möglich. Die Pocken-Impfung wurde zu einem der
tion! Denn die Virusinfektion hatte jahrhundertelang         grössten Erfolge globaler Impfprogramme. Heute gilt die Krank-
Schrecken verbreitet. Wer sich ansteckte, den erwartete      heit als ausgerottet.
hohes Fieber, Pusteln am ganzen Körper und sehr oft:
der Tod. «Die Pocken waren gefährlich. Man schätzt,
dass jeder dritte bis zehnte Erkrankte starb», sagt Ritz-
mann.

                                                                                                                              Bilder AdobeiStock/Markus Mainka, zvg

8   Psinfo 2 l 2021
Erlösung oder Gefahr?                                        30 Jahren keinen Poliofall mehr. Gegen viele weitere Krank­
Die Verbreitung der Vakzination löste riesige Hoff­          heiten sind heute Impfstoffe verfügbar. 13 Impfstoffe zählen
nungen aus. Denn am Anfang des 19. Jahrhunderts              bei uns zu den empfohlenen Basisimpfungen – darunter auch
­sahen sich die Menschen von etlichen Seuchen bedroht:       gegen die Masern, Pneumokokken oder HPV. Andere wichtige
 Tuberkulose, Cholera, Typhus – die Liste der Krank­heiten   Impfstoffe fehlen allerdings noch immer, zum Beispiel gegen
 war lang. Zudem waren die Menschen durch Hunger und         Malaria und Aids. Sie gehören weltweit zu den opferreichsten
 verschmutztes Wasser geschwächt. Die Impfeuphorie           «Killern»: Über eine Million Menschen sterben jährlich daran.
 war gross. Doch es gab auch kritische Stimmen: «Die         Im Kampf gegen Malaria gibt es allerdings Hoffnung: Im
 Impfskepsis existiert so lange wie Impfungen selbst»,       ­vergangenen Jahr wurde hier ein möglicher Durchbruch erzielt.
 sagt Eberhard Wolff, Kulturwissenschaftler und Medizin­
 historiker.
                                                             So schnell wie noch nie
Früher befürchteten Ärzte, dass den Menschen mit den         Wie die Impfungen gegen COVID-19 in die Geschichte einge-
Kuhpocken gleichzeitig auch tierische Eigenschaften          hen werden, wird sich noch zeigen. Sicher ist: Noch nie zuvor
eingeimpft würden. Solche Überlegungen gehören ­heute­       haben so viele Forschende gleichzeitig und in Konkurrenz zu­
der Vergangenheit an. Andere hingegen sind über Jahr-        einander an der Entwicklung eines Impfstoffs gearbeitet.
hunderte gleichgeblieben: «Die Frage nach Sicherheit         ­Zudem halten die heute zugelassenen Corona-Impfstoffe nicht
und Wirksamkeit der Impfung gab es schon immer,               nur den Schnelligkeitsrekord, sie beruhen auch auf einer neuen
ebenso wie das Abwägen zwischen Impfrisiken und               Methode (siehe Interview Seiten 6 und 7). «Erweisen sie sich als
­Gefahren der Krankheit», sagt Wolff.                         erfolgreich und bleiben grössere Nebenwirkungen langfristig
                                                              aus, könnte das zukünftigen Impfungen desselben Prinzips den
                                                              Weg ebnen», sagt Ritzmann. «Vielleicht finden sich unter den
                                                              zahlreichen parallel verlaufenden Forschungsprojekten aber
     «So lange es Impfungen gibt,                             auch noch ganz andere innovative Entwicklungen.» Somit
                                                              könnten die Anstrengungen für die Corona-Impfung helfen,
       so lange gibt es auch die                              auch andere Krankheiten zu bekämpfen. Hoffen darf man
             Impfskepsis.»                                    – denn die Geschichte der Impfung ist noch nicht zu Ende.

                   Eberhard Wolff,
      Kulturwissenschaftler und Medizinhistoriker

                                                                    Die Experten
Das erstaunt nicht: Früher führten Impfungen häufig zu
Komplikationen. Denn durch sie konnten andere Krank-                Das Expertenpaar Iris Ritzmann und Eberhard
heiten übertragen werden. Auch die Angst vor Impf-                               Wolff hat sich vor vielen Jahren über
zwang, beziehungsweise der Wunsch nach Selbstbe-                                    ihr gemeinsames Interesse an
stimmung über den eigenen Körper, zieht sich durch die                               der Geschichte der Pocken­
Impfgeschichte und ist auch heute aktuell. Solche                                    schutzimpfung kennengelernt.
­Vorbehalte seien wichtig, ist Ritzmann überzeugt. «Sie                             Iris Ritzmann ist Medizinhistori-
 haben im Laufe der Zeit bewirkt, dass Schwächen                                  kerin und Ärztin. Sie ist seit 30 Jah-
 ­erkannt und Fehler verbessert werden konnten.»                    ren Lehrbeauftragte der Medizinischen Fakultät
                                                                    der Universität Zürich. Mit dem Thema Impfun-
                                                                    gen befasste sie sich erstmals im Rahmen ihrer
Besserer Schutz vor Kinderkrankheiten                                         Forschung über die Veränderung der
Auf die Pockenschutzimpfung, die aus der Laienmedizin                              Todesursachen in der Schweiz.
entstanden war, folgte nach vielen Jahrzehnten die Toll-
wutimpfung durch Louis Pasteur, die er in den                                        Eberhard Wolff ist Kulturwissen-
1870er-Jahren mit Tierversuchen im Labor entwickelte.                                schaftler und Medizinhistoriker.
Neben anderen Impfstoffen gegen Krankheiten im                                      Er lehrt und forscht an den Uni-
­Kindesalter wie Keuchhusten und Diphtherie liess auch                           versitäten in Zürich und Basel. Be-
 der Impfstoff gegen das Poliovirus, das bis in die 1950er          reits seine Dissertation schrieb er über die
 zahlreiche Kinder gelähmt zurückliess oder gar tötete,             ­Skepsis gegenüber der Pockenschutzimpfung.
 Eltern aufatmen. In der Schweiz gab es seit über

                                                                                                            Psinfo 2 l 2021   9
Pro Senectute vor Ort

Unkomplizierte Hilfe bei der Impfanmeldung
Senioren helfen Senioren: Wer im Kanton Glarus mit der Anmeldung zur COVID-19-Impfung übers Internet nicht zurechtkommt,
erhält auch hier Hilfe von Pro Senectute. Das Angebot von Pro Senectute Kanton Glarus entstand in nur wenigen Tagen.

15 IT-affine ältere Menschen helfen für Pro Senectute Kanton Glarus bei den Anmeldungen zur COVID-19-Impfung (Bild zvg).

Möchte man sich im Kanton Glarus zur Corona-Impfung                fon 055 645 60 20 anrufen und seine Kontaktdaten hinter­
anmelden, muss man dies online tun. Damit tut sich                 lassen. Jemand aus dem IT-Team ruft dann zurück, geht mit
aber ausgerechnet jener Teil der Bevölkerung oft schwer,           dem Kunden Punkt für Punkt den Fragebogen für das Anmelde-
welcher sich als erstes impfen lassen kann: die über               prozedere durch und gibt die Antworten direkt in das On-
75-Jährigen. Pro Senectute Kanton Glarus hat dies                  line-Formular ein. Bestehen zum Beispiel Vorerkrankungen, hat
­erkannt und schnelle Hilfe in die Wege geleitet. «Wir             man die Impfung mit seinem Facharzt besprochen oder lebt
 übernehmen die Anmeldung – telefonisch und kosten-                man in einer Gemeinschaftseinrichtung? Hat der oder die IT-Ex-
 los», sagt Geschäftsstellenleiter Peter Zimmermann. Ein           pertin die Registrierung erfolgreich abgeschlossen, erhält der
 Team von 15 IT-affinen Seniorinnen und Senioren ist seit          Kunde eine SMS mit dem Impftermin. Hat der Kunde kein Han-
 Impf­beginn im Einsatz. Wer mit dem Online-Tool nicht             dy, teilt ihm Pro Senectute den Termin telefonisch mit. «Viele
 zurechtkommt, kann Pro Senectute unter der Tele-
 ­                                                                 unserer Kunden sind von den vielen Fragen und dem Tool an
                                                                   sich überfordert», sagt Zimmermann.

       Zur Person                                                  Das Angebot findet denn auch grossen Anklang. «Der Bedarf ist
                                                                   riesig. Schon in der ersten Woche führten wir auf diese Weise
       Peter Zimmermann leitet die Glarner Ge-                     rund 100 Anmeldungen durch.» Die Kunden seien erleichtert
                   schäftsstelle von Pro Senectute                 und den betagten IT-Experten ­mache die Arbeit Spass – umso
                     seit fast acht Jahren. Der                    mehr, weil wegen Corona viele andere Aktivitäten ausfallen.
                      56-Jährige brachte bereits                   ­Einige aus dem Team führten normalerweise für Pro Senectute
                      jahrzehntelange Erfahrung                     Workshops durch, in denen sie zum Beispiel erklären, wie Apps
                     als Leiter von Alters- und                     funktionieren. Von der Idee bis zur Umsetzung des Angebots
                   Pflegeheimen mit. Seine Karri-                   ging es ruck, zuck. «Als wir erfuhren, dass man sich nur online
       ere begann er allerdings als Koch – ein                      zur Impfung anmelden kann, realisierten wir sofort, dass wir
       ­Talent, das er auch heute noch gerne teilt:                 handeln müssen. Vier Tage später w  ­ aren wir bereits startklar»,
        in Kochkursen von Pro Senectute.                           sagt Zimmermann. «Wir sind froh, können wir die Bevölkerung
                                                                   auf diese Art und Weise unterstützen.»

10 Psinfo 2 l 2021
Porträt

«Nicht impfen ist das g
                      ­ rössere Risiko»
Albert Hersche gehörte zu den ersten, die im Kanton Appenzell Inner­rhoden gegen das Coronavirus geimpft wurden. Eine Vorer-
krankung bewog den 82-Jährigen zu diesem Schritt. Nun freut sich der Landwirt darauf, möglichst bald wieder am sozialen Leben
teilnehmen zu können.

Albert Hersche hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Der      fung sieht er der Öffnung der Gastrobetriebe mit Vorfreude
82-Jährige erlitt im Juni einen Herzinfarkt. Er verbrachte    ­entgegen: «Wieder mal im ‹Anker› einkehren oder ins Migros-­
zehn Tage im Spital und eine Woche in der Rehabilita­         Restaurant, darauf freue ich mich.»
tion. Nach wie vor fühlt sich der Appenzeller Landwirt
gesundheitlich angeschlagen. «Es ist nicht mehr das
Gleiche», sagt er nach dem frühmorgendlichen Melken.
«Ich werde schnell müde und auch die Kälte setzt mir                 Hier wird geholfen
mehr zu als früher.» Wegen seiner gesundheitlichen
Probleme war für Albert Hersche schnell klar, dass er                In Appenzell Innerrhoden führt ein Grossteil der
sich gegen COVID-19 impfen lassen will. «Ich weiss aus               Hausärzte COVID-19-Impfungen durch. Zudem
eigener Erfahrung, dass eine Impfung überlebens­                     steht für die Anmeldung eine Hotline zur Verfü-
wichtig sein kann», erzählt er. Bei einer Grippewelle vor            gung (Telefon 071 788 99 66), wobei Impftermin
­einigen Jahren wurde sein Vater aufgrund einer Vor­                 und Ort via E-Mail, SMS oder WhatsApp verein-
 erkrankung geimpft, Albert Hersche und seine Mutter                 bart werden. Da nicht alle älteren Personen Zu-
 hingegen nicht. Kurz darauf wurden beide schwer krank,              gang zu diesen Kommunikationsmitteln haben,
 doch dem Vater konnten die Grippeviren nichts anha-                 bietet Pro Senectute auch in diesem Kanton Un-
 ben. «Die Impfung hat meinem Vater das Leben geret-                 terstützung (siehe ebenfalls Seite 5). Betroffene
 tet», sagt Hersche. Als der Kleinbauer in seinem Umfeld             Personen werden von der Hotline auf das Angebot
 immer häufiger von schweren Verläufen von COVID-19                  hingewiesen und können bei Bedarf ihre Kontakt-
 hörte, begann er sich für die Impfung zu interessieren.             daten hinterlassen. Pro Senectute ruft darauf zu-
 Er informierte sich in der Zeitung über die Impfstoffe,             rück und hilft bei den weiteren Schritten.
 die ersten Tests im Ausland und die Impfstrategie der
 Schweiz. Bedenken wegen der vieldiskutierten Risiken
 hatte er keine. «Wer sich nicht impfen lässt, geht das                                                      Albert Hersche,
 grössere Risiko ein», ist Hersche überzeugt.                                                           Jahrgang 1938, lebt
                                                                                                        ­zusammen mit drei
Auf Anraten seines Hausarzts meldete sich Albert Her-                                                Kühen und zwei Katzen
sche telefonisch beim Spital Appenzell für die Impfung                                                 auf einem Bauernhof
an. Weil er eine Vorerkrankung hat, kam er rasch zu                                                          in der Nähe von
­einem Termin und erhielt Anfang Januar die erste der                                                              Appenzell
 beiden Spritzen. «Es hat sich wie eine Grippeimpfung                                                              (Bild zvg).
 angefühlt», erzählt Hersche wenige Tage danach.
 Nebenwirkungen habe er keine gespürt. Trotz
 ­
 seiner gesundheitlichen Probleme will Albert
 ­
 Hersche seinen Bauernhof weiterführen. Hier,
 unweit von Appenzell, auf einem Hügel mit
 Blick auf die Sitter, ist er aufgewachsen.
 Sein Bruder und sein Nachbar unter-
 stützen ihn punktuell bei der Arbeit
 auf dem Hof. Die beiden sind
 ­momentan fast seine einzigen Kon-
  takte. Der alleinstehende
  Landwirt vermisst das so­
  ziale Leben. Dank der Imp-
Zur Vertiefung                                                                       In eigener Sache

Literatur und Medien
Der Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit
der Schweizer Bevölkerung und die psychiatrisch-
psychotherapeutische Versorgung in der Schweiz
Bundesamt für Gesundheit (BAG), Erster Teilbericht, November 2020

                                                                                                                                Bild Pro Senectute Schweiz
(Online: www.bag.admin.ch)
Die COVID-19-Pandemie und die Massnahmen zum Schutz der
öffentlichen Gesundheit sind mit tiefgreifenden Veränderungen des
Alltags und des gesellschaftlichen Zusammenlebens verbunden, die
für die psychische Gesundheit eine besondere Herausforderung
darstellen können. Im Auftrag des BAG werden in dieser Studie die
Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit und die                    Grösste gerontologische Fachbibliothek
Gesundheitsversorgung untersucht.                                                  wird in ZHAW integriert
                                                                                   Mit viel Herzblut baute das Bibliotheks­
                                                                                   team von Pro Senectute Schweiz seit 1968
COVID-19-Ageism: Altersdiskriminierung in Zeiten der COVID-19-                     die grösste Sammlung von Fachmedien
Pandemie. Zu den subjektiven Erfahrungen von Personen ab 65 Jahren                 rund um das Thema Alter im Land auf und
in der Deutschschweiz                                                              vermittelte diesen Fundus von über
Julia Reiner, Stephanie Lehmann, Ostschweizer Fachhochschule, Institut für         67 000 Titeln an interessierte Privatper-
Altersforschung, Rapperswil 2020 (Online: www.ost.ch)                              sonen, Studierende, Fachpersonen und
Für diese Studie wurden in der Deutschschweiz Personen ab 65 Jahren                Organisationen.
zu ihrem Erleben der Corona-Pandemie befragt, um die Formen und
Bereiche subjektiv erlebter Altersdiskriminierung sowie ihre persön­               Dieser Bestand soll nun noch weiteren
liche Bewertung zu erfahren.                                                       Kreisen zugänglich gemacht werden. Hier-
                                                                                   für bündeln Pro Senectute Schweiz und
                                                                                   die ZHAW Zürcher Hochschule für Ange-
COVID-19 – eine sozialwissenschaftliche Perspektive                                wandte Wissenschaften ihre Kräfte: Der
Fiorenza Gamba, Marco Nardone, Toni Ricciardi und Sandro Cattacin (Hg.), Zürich/   Bestand der Fachbibliothek von Pro
Genf 2020                                                                          Senectute Schweiz wird zwischen März
Die Sozialwissenschaften sind besonders dafür geeignet, die sozialen,              und April diesen Jahres an die Hochschul-
politischen und ökonomischen Folgen einer Krankheit zu verstehen,                  bibliothek der ZHAW am Standort Win-
die für die einen die Züge des Teufels trägt, während sie für die anderen          terthur übergehen. «Mit diesem Schritt
als banale Grippe in Erscheinung tritt. In diesem Buch entschlüsseln               werden wir die Wissensvermittlung rund
27 Forschende, wie Einzelpersonen, Organisationen und Gemein­                      um das Thema Alter weiter intensivieren
schaften COVID-19 begegnen, darunter leiden und darauf reagieren.                  können und unsere Literatur an bester
                                                                                   Lage einem noch breiteren Publikum zu-
                                                                                   gänglich machen», erklärt Dieter Sulzer
                                                                                   (im Bild), der in den letzten neun Jahren
Impressum                                                                          den Pro-Senectute-Bestand verantwortet
Herausgeberin: Pro Senectute Schweiz, Lavaterstrasse 60, Postfach, 8027 Zürich,    hat.
Telefon 044 283 89 89, kommunikation@prosenectute.ch,
www.prosenectute.ch                                                                Ab April 2021 finden alte und neue Biblio-
Gesamtverantwortung: Peter Burri Follath                                           thekskundinnen und -kunden von Pro
Redaktion und Layout: Tatjana Kistler                                              Senectute Schweiz die gewohnte Medien-
Texte: Tatjana Kistler, sda awp multimedia mit Bettina Bhend, Sarah Hadorn,        auswahl in den gut zugänglichen und an
Ralph Hofbauer und Andrea Schmits                                                  sechs Tagen pro Woche betreuten Räum-
Übersetzung: Pro Senectute Schweiz, roestibruecke.ch, Bernadette Coquoz            lichkeiten der ZHAW-Hochschulbiblio-
Druck: Gutenberg Druck AG                                                          thek am Standort Winterthur in unmittel-
© Pro Senectute Schweiz                                                            barer Nähe des Bahnhofs.
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