Starke Form mit haptischen Reizen - Dr. Deuring + Oehninger AG

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Starke Form mit haptischen Reizen - Dr. Deuring + Oehninger AG
20       Rohe Schönheiten                                          TEC21 23–24/2021

Trotz einer Länge
von knapp 120 m bildet
das rote Mauerwerk
keinen harten Riegel;
es ist vielmehr die
Leinwand für ein
repetitives, einfach
verständliches
Hausmuster.

                      Starke Form mit
                     haptischen Reizen
             Ein Baukörper aus Backstein von Atelier Scheidegger Keller schafft es,
                    dem Unort an der lärmigen Bucheggstrasse in Zürich
               urbanen Charme zu verleihen. Auch innenräumlich prägen taktile
                       ­Materialien das neue Zuhause für Studierende.
                                      Text: Hella Schindel, Paul Knüsel
Starke Form mit haptischen Reizen - Dr. Deuring + Oehninger AG
TEC21 23–24/2021                                                                            Rohe Schönheiten           21

                                                                                                                                          A
                                                                                                                                                          uf dem Stadtplan von Zürich betrachtet,      An der parkseitigen Fassade bilden gleichformatige
                                                                                                                                                          scheint das Grundstück an der Buch­egg­      Fenster die Rückzugsräume der Studierenden ab. Mit
                                                                                                                                                          strasse, in Verlängerung der umstritte-      den gleichen Bauteilen entstehen im Ausdruck zwei
                                                                                                                                                           nen Rosengartenstrasse, fantastisch zu      unterschiedliche Fassaden.
                                                                                                                                                          liegen: nah zum Escher-Wyss-Platz, ei-               Unterbrochen wird der Rhythmus an den offe-
                                                                                                                                                           nem lebendigen öffentlichen Raum und        nen Loggien mit Feuerstellen, die sich jeweils zwischen
                                                                                                                                          Verkehrsknotenpunkt, unweit der Erholungsgebiete an          zwei nebeneinanderliegenden spiegelgleichen Wohnun-
                                                                                                                                          der Limmat und am Käferberg, gut erreichbar von den          gen befinden und von deren Bewohnenden gemeinsam
                                                                                                                                          Unigebäuden am Campus Irchel und der ETH am Höng-            nutzbar sind. Der Backstein der Aussenhaut zieht sich
                                                                                                                                          gerberg. Ein unbestreitbares Plus, das allerdings von        hier ins Innere und formt mit Treppen, Feuerstellen
                                                                                                                                           einer enormen Belastung geschmälert wird: Täglich           und überhohen Kaminen eine bauliche Skulptur, die –
                                                                                                                                           passieren rund 56 000 Autos die Achse. Lärm und Ab-         auch im übertragenen Sinn – die Verbindungsstellen
                                                                                                                                          gase zwingen die Anwohnenden dazu, ihren Lebensraum          zwischen den Hausgemeinschaften markiert.
                                                                                                                                          von der Strasse abzuschotten. Eine weitere Schwierig-
                                                                                                                                           keit liegt im starken Gefälle des Terrains entlang der      Von der Grossform zum Detail
                                                                                                                                          Bucheggstrasse von rund 6 m von West nach Ost.
                                                                                                                                                    Das Grundstück gehört der Stadt; nach Stillle-     Assoziationen zu Handwerk, Erdverbundenheit und
                                                                                                                                          gung eines Trinkwasserreservoirs gab sie zwei Drittel        Authentizität, die Backsteinbauten im Allgemeinen
                                                                                                                                          der Fläche an die Stiftung für Studentisches Wohnen          ­wecken, verankern das Gebäude im urbanen Gefüge.
F oto s: K ar in G au ch , Fabie n S chw ar t z; A nn a-L e n a Wal t h e r ; Plan: G e oZ un d At e lie r S ch e id e g g e r Ke lle r

                                                                                                                                          ­Zürich (SSWZ) im Baurecht ab, um hier den dringend          Als prominente Wegmarke teilt es den Strassenlauf in
                                                                                                                                           benötigten Wohnraum für Studierende zu schaffen. Das
                                                                                                                                          Programm des Wettbewerbs, der dafür im Auftrag
                                                                                                                                          der SSWZ ausgeschrieben wurde, forderte zusätzlich
                                                                                                                                           einen öffentlich nutzbaren Quartierpark auf mindestens
                                                                                                                                           einem Drittel der Fläche.

                                                                                                                                          Bollwerk mit Aussenbezug

                                                                                                                                          Den ungünstigen Voraussetzungen widersetzt sich nun
                                                                                                                                           ein eigenwilliges Haus mit roter Klinkerfassade, das
                                                                                                                                           einen Hauch von Working-Class-Charme verströmt. Die
                                                                                                                                           Strassenfassade stellt dem Verkehr eine ordentliche
                                                                                                                                          ­Masse entgegen und schirmt den dahinter liegenden
                                                                                                                                          Quartierpark ab, der sich gen Süden öffnet. Der anstei-        Situation, Mst. 1 : 2000.
                                                                                                                                           genden Topografie folgend sind die einzelnen Wohn­
                                                                                                                                           häuser ablesbar und addieren sich zu einer Grossform.
                                                                                                                                           So nimmt das Gebäude sowohl auf die kleinmassstäb­
                                                                                                                                           liche Bebauung als auch auf die grossmassstäbliche
                                                                                                                                          Verkehrsachse Bezug.
                                                                                                                                                   Während sonst eher abgewandte Häuser die
                                                                                                                                           lärmige Strasse säumen, gewähren hier hohe Fenster
                                                                                                                                          Einblicke in die Wohnräume. Die Strassenfassade ist
                                                                                                                                           wie ein Bogen gespannt, und weil die Kastenfenster
                                                                                                                                           direkt hinter der äusseren Schale angeschlagen sind,
                                                                                                                                           weben sie sich in das textile Bild der Ziegel ein. Das,
                                                                                                                                           was zuerst als M­ auer erscheint, löst sich bei näherer
                                                                                                                                          Betrachtung in einzelne Körper mit Varianten am An-
                                                                                                                                           fang und Ende der Zeile auf.
                                                                                                                                                   Vor der Kreuzung mit der namensgebenden Ro-
                                                                                                                                           sengartenstrasse biegt die Fassade mit einem weichen
                                                                                                                                          Radius um die Ecke. Geometrisch ergibt sich aus dem
                                                                                                                                           Zylinder mit kegelförmigem Dach ein Gebäudekopf, der
                                                                                                                                           eine heitere Geborgenheit ausstrahlt. An dieser dem
                                                                                                                                          Verkehrslärm besonders exponierten Stelle ist im Erd-
                                                                                                                                           geschoss eine Gewerbeeinheit vorgesehen.
                                                                                                                                                   Die anschliessende kürzere Front lässt den Bau-
                                                                                                                                           körper kompakt und trutzig erscheinen. Geht man an
                                                                                                                                           ihr entlang, öffnet sich der Blick auf die durchlässigere
                                                                                                                                                                                                         Die überhohe, offene Wohnhalle können die Studierenden je
                                                                                                                                          Rückseite und den 2000 m² grossen öffentlichen Park,           nach Bedarf als Atelier, Esszimmer oder Partyraum nutzen.
                                                                                                                                           in dem die Transitachse kaum mehr hörbar ist.                 Am Boden ist die Kunst am Bau zu sehen (vgl. Link S. 25).
Starke Form mit haptischen Reizen - Dr. Deuring + Oehninger AG
22      Rohe Schönheiten                                                        TEC21 23–24/2021

 einen oberen und einen unteren Teil. Obwohl es in Zürich        Fassadenschnitt strassenseitig,
                                                                 Mst. 1: 50.
 zahlreiche historische Backsteinbauten gibt (vgl. Buch-
 tipp «Backsteinstadt Zürich», S. 14), fügt sich der Bau         An der zurückversetzten Traufe
                                                                 knickt der Baukörper ohne
  nicht in diese Tradition. Die monochrome Erscheinung
                                                                 sichtbare Unterbrechung von der
 ist ungewohnt. Mit den Ziegeln und dem ebenso roten             Vertikalen in die Schräge des
Dach, das mit flachen Biberschwänzen gedeckt ist, de-            Satteldachs.
                                                                 Hochkant gesetzte Vollziegel
 finiert sich das Volumen zuerst über Kubatur und Far-
                                                                 bilden die Fensterbänke. Ihre
 be und erst auf den zweiten Blick über die Materialität.        tiefe Wasseraufnahmekapazität
Vor der grünen Wiese des Quartierparks und neben den             erlaubt es, sie der Feuchtigkeit
                                                                 auszusetzen. Die Stürze sind auf
 zurückhaltenden Nachbarhäusern wirkt das Rot fast
                                                                 einen Flachstahl aufgesetzt,
 poppig und erinnert an die postmodernen Bauten von              sodass die Fassade in der Ansicht
Aldo Rossi. Im Gegensatz zu dessen Heransgehenswei-              über den Fenstern ungebrochen
                                                                 ist und die Steine immer als
 se ­gelangten die Planenden hier aber nicht von aussen
                                                                 Ganzes vermauert werden
 an die archetypische Form, sondern entwickelten sie             konnten.
 aus den Grundrissen und Schnitten heraus.
                                                                 Die Kastenfenster sind hinter der
          Bei näherer Betrachtung offenbart sich eine            äusseren Schicht angeschlagen.
 lebendige Körnigkeit des Materials. Die matte und               Das innere Fenster wirkt ther-
                                                                 misch, das aussen liegende als
 unregelmässige Oberfläche der Ziegelsteine ändert
                                                                 Schallschutz.
 im Licht und Schattenwurf fortlaufend Farbe und
 ­Strukturbild. Dafür haben die Architekten einen roten
­Wasserstrichstein im Normformat gewählt. Auch der               Dach
 Mörtel trägt mit seiner grobkörnigen Beschaffenheit             1 Biberschwanzziegel, Tasche,
                                                                 Naturrot, Geradschnitt, Ecken
 zur handwerklichen Erscheinung der Fassaden bei. Da-
                                                                 scharfkantig
 bei ist bemerkenswert, dass die horizontalen Fugen              2 Ziegellattung
 durchlaufen, einzig unterbrochen von den Öffnungen              3 Konterlattung/Hinterlüftung
 und den unvermeidlichen vertikalen Dilatationsfugen             4 Unterdachfolie
 zwischen den Hausabschnitten.                                   5 Wärmedämmung/Ausholzung
          Die kritische Auseinandersetzung mit den Bau-          6 Dampfsperre
 stoffen führt zu einer einfachen Bauweise und rückt             7 Sichtbeton
 Material und Handwerk in Vordergrund. Ziel war es,              8 Einlegerinne Kupfer
 die Baustoffe möglichst unverändert einzusetzen und
 verunklärende Systeme – wie zum Beispiel mit Riem-              Fassade
 chen versehene Fertigteile als Fenstersturz – zu hinter-        10 Betonriegel, geschlämmt
  fragen. Entsprechend ist die Sichtmauerwerkfassade             11 Wasserstrichklinker NF
 konsequent mit ganzen Steinen gemauert.                         12 Vormauermörtel VR
                                                                 13 Luftschicht
Gemeinsam und jeder für sich                                     14 Windpapier
                                                                 15 Wärmedämmung/
Das «Studentenwohnhaus Rosengarten» bietet Platz                 Unterkonstruktion
für 130 Studierende ansässiger Hochschulen; bis zu               16 Dampfbremse
zehn Personen nutzen eine der insgesamt 18 Gemein-               17 Backstein schalldämmend,
                                                                 nichttragend, geschlämmt
schaftswohnungen. Jeweils zwei der doppelgeschos­
                                                                 19 Sturz LNP-Prol, feuerverzinkt
sigen Einheiten liegen übereinander und teilen sich
                                                                 20 Ortbetonstütze
den Hauseingang. Die zentrale zweigeschossige Wohn-
                                                                 22 Belüftungsschlitze
und Aufenthaltshalle mit offener Küche ist der Dreh-
                                                                 23 Feuchtigkeitssperre
und Angelpunkt des WG-Lebens jeder Maisonette und
                                                                 24 Abdichtung (FLK)
hat sich in den vergangenen Monaten bereits als Co­
                                                                 25 Fussentwässerung
working-Space für die Studierenden bewährt. Sie ist
                                                                 26 Noppenbahn
über die hohen Fenster zur Strasse belichtet und lässt
                                                                 27 Abstellbasis Betonträger
sich nach hinten über die Loggia ins Freie erweitern
und durchlüften. Mit dem hohen Anteil an gemein-
                                                                 Fenster
schaftlich genutzten Flächen innerhalb der WGs, aber
                                                                 9 Absturzsicherung T-Prol,
auch hausübergreifend gelingt eine unerwartete räum-             feuerverzinkt
liche Grosszügigkeit innerhalb der Wohnungen.1 An-               18 Rafflamellenstoren, Oxidrot
stelle der dem kantonalen Durchschnitt entsprechenden            21 Kastenfenster, Aussenfenster
45 m² Wohnflächenbedarf der Zürcher Wohnbevölke-                 Holz-Metall, Reinweiss-Oxidrot,
rung pro Kopf 2 reichen hier 25 m². Raumhöhen bis                Innenfenster Holz, Reinweiss

zu 9 m, die besonders in den Wohnungen unterm Dach
zur Geltung kommen, unterstreichen den Werkstatt-
charakter der Gemeinschaftshallen. Auch die robusten
                                         Fortsetzung Seite 25
Starke Form mit haptischen Reizen - Dr. Deuring + Oehninger AG
TEC21 23–24/2021                                                                                 Rohe Schönheiten            23

                                                                                                                                             Links: Die Kamine liegen parkseitig an der   Unten: An der massiven Aussenhaut zur
                                                                                                                                             niedrigsten Stelle des Dachs und erinnern    Bucheggstrasse liegen die Erschliessun-
                                                                                                                                             an englische Backsteinsiedlungen.            gen und die Gemeinschaftsräume der 18
                                                                                                                                             Ihre Breite erklärt sich durch die darin     Maisonettewohnungen, die im Grundriss
                                                                                                                                             nebeneinander verlaufenden Abzugsrohre       jeweils gespiegelt aneinandergereiht sind.
                                                                                                                                             der beiden Feuerstellen in den Loggien.      Die Loggien an der Seite zum Quartiers­
                                                                                                                                             Damit der Abschluss vorschriftsmässig        park versorgen die vordere Raumschicht
                                                                                                                                             70 cm über First liegt, kragt der Kamin      mit frischer Luft. Zwischen ihnen bilden
                                                                                                                                             7 m aus und entfaltet eine gestalterische    die Privatzimmer einen klaren Rhythmus.
                                                                                                                                             Kraft. Vertikalschnitt Mst. 1: 300.          Grundriss EG Mst. 1: 600.
Plän e: At e lie r S ch e id e g g e r Ke lle r ; F oto s: K ar in G au ch , Fabie n S chw ar t z

                                                                                                    Statt einer Trennung durch den Höhenversprung wirken die        Die Türen aus klarlackierten HDF-Platten und die
                                                                                                    Loggien als Bindeglieder zwischen den angrenzenden Wohn­        Innentreppen aus verzinktem Stahl fügen sich in die
                                                                                                    gemeinschaften. Durch die übergreifende Nutzung verdoppelt      industrielle Materialsprache.
                                                                                                    sich das Raumangebot.
Starke Form mit haptischen Reizen - Dr. Deuring + Oehninger AG
24       Rohe Schönheiten                                                                                 TEC21 23–24/2021

                                                                                                                                F oto s: A nn a-L e n a Wal t h e r ; H e lla S chin d e l; K ar in G au ch , Fabie n S chw ar t z; Ju di t S o l t
Auf der niedrigeren Hofseite erscheint das ganze EG als         Beim Dachabschluss und im Sockelbereich stehen die Ziegel
Sockelzone, das sich mit dem Gelände abstuft. Die geschütz-     15 mm hervor und definieren eine Höhenlinie. Die überbreiten
ten Spielbereiche der Kinderbetreuungen grenzen an den          Fugen fangen nicht nur die handwerkliche Unregelmässigkeit
öffentlich nutzbaren Quartierpark, der sich in eine Wiese mit   der Ziegel auf, sondern erleichtern auch das Fügen der Steine
Büschen und Bäumen und einen eigenen Spielplatz gliedert.       in die Rundung.

Die Wandfläche, die den Gemeinschaftsraum zum niedrigeren       Blickbeziehungen zwischen den Wohneinheiten über die
Küchenbereich abgrenzt, ist zusätzlich mit Akustikklinkern      Loggia hinweg. Das innenräumliche Mauerwerk ist weiss
versehen, um schalltechnisch eine angenehme Aufenthalts-        geschlämmt.
qualität zu gewährleisten.
Starke Form mit haptischen Reizen - Dr. Deuring + Oehninger AG
TEC21 23–24/2021                                                                              Rohe Schönheiten            25

Oberflächen spiegeln diese Atmosphäre: Die Trag­
struktur und Decke in Sichtbeton, der Bodenbelag              Architektur als Schallschutz
aus Hartbeton und die Wände in weiss geschlämm-                Für einmal haben besondere Herausforderungen eine Bau-
tem einfachem H ­ ohlziegelmauerwerk vertragen die            aufgabe nicht zusätzlich strapaziert – im Gegenteil: In die-
                                                               sem Fall bilden sie die Grundlage für eine architektonische
zu erwartende inten­sive Nutzung.
                                                               Idee, aus der sich spannende, über den Schnitt konzipierte
        Im oberen Bereich folgt, erschlossen durch             Grundrisse und damit der Baukörper entwickelt haben.
eine freie Treppe, ein Galeriegeschoss mit jeweils 14                 Besonders auf der Strassenseite prägten Schallschutz­
                                                              ­a nforderungen die Konstruktion und den Entwurf. Nicht
bis 18 m² grossen Studierendenzimmern, die fast alle
                                                               allein die Klin­ker­fassade schützt vor dem Verkehrslärm:
an der hinteren Gebäudehälfte liegen. Der Flur als             Die dahinter liegende Schicht ist ein ebenso massives Kon-
Pufferzone zwischen den gemeinschaftlichen und                 strukt aus einem schalldämmenden Backstein mit erhöhter
                                                               Trockenrohdichte und geringem Lochflächenanteil – so
privaten Räumen sowie besonders schalldichte Türen
                                                              gelingt es, das Wohnen zur Strasse hin auszurichten. Im
ermöglichen den Studierenden, sich bei Bedarf zu-              Gegensatz zur üblichen Methode, bei der die Nebenräume
rückzuziehen. Dach­gauben sorgen dafür, dass auch              zur lärmbelasteten Strasse orientiert sind und als Puffer
                                                               vor den Aufenthaltsräumen dienen, l­ iegen hier zwischen
das Mansardengeschoss bis in den letzten Winkel
                                                              den vertikalen ­E rschliessungen auch die Wohnhallen und
nutzbar ist.                                                   einige Privaträume an der Strasse. Eine lebendige Reihe
                                                               von dreifach verglasten Kastenfenstern in drei verschiede-
Städtebaulicher Glücksfall                                     nen Formaten, darunter die überhohen Fenster der Hallen,
                                                              durchbrechen die Hülle und stellen eine Verbindung zwi-
                                                               schen dem Leben in den WGs und der Strasse her.
Die SSWZ konnte ihr Angebot mit dem Standort Ro-                      Über die Loggien an der Parkseite, «die Lungen der
                                                               Wohnungen», wie die Architekten sie nennen, strömt direkt
sengarten um mehr als 10 % auf insgesamt 1500 Zim-
                                                               frische Luft ein, ohne dass man die Fenster zur Strasse hin
mer erweitern. Die übrigen 14 Liegenschaften sind              öffnen müsste. Weitere nach vorn orientierte Privatzimmer
ebenso in hochschulnahen Stadtquartieren verteilt.             liegen im Dachgeschoss. Um sie den Lärmschutzregeln ent-
                                                               sprechend zu beruhigen, haben sie zusätzlich zur Gaube
Das jüngste Projekt darf aber als städtebaulicher
                                                               jeweils ein rückwärtiges Dachflächenfenster, das auf nicht
Glücksfall gelten, weil es unterschiedliche Ansprüche         greifbarer Höhe in die Dachschräge integriert ist und sich
erfüllen kann. Die Zimmermiete beträgt inklusive               elektrisch öffnen lässt.
                                                                      Durch die fehlenden Überschneidungen der Nutzun-
Nebenkosten, Mobiliar und Glasfaseranschluss mo-
                                                              gen sind an den Gebäudeenden Sonderlösungen gefragt.
natlich 580 Fr. Wohl nur an dieser suboptimalen Lage           Der Erker am oberen Zeilenkopf ermöglicht ein lärmabge-
liess sich bezahlbarer Wohnraum schaffen, wobei                wandtes Lüften der Privatzimmer, die den Bau strassensei-
                                                               tig abschliessen. Ein auf der Parkseite vorgehängter Bal-
der Neubau selbst nun sehr viel zur Standortaktivie-
                                                               kon aus Beton, der sich nicht in die Grossform einfügt (vgl.
rung beiträgt. Derweil hat sich die Stadt mit einem            Foto S. 26 oben links), ersetzt die Loggia. Um ihn in seiner
Grosskindergarten eingemietet. Dieser hilft wieder-            Bedeutung zurückzunehmen, hat man ihn orange gestri-
                                                               chen und damit gegen das Konzept der aufrichtigen Mate-
um der Stiftung, diejenige Gebäudeecke gewerblich
                                                               rialsprache verfahren – ein Wermuts­t ropfen. Am unteren
zu nutzen, die für weitere WGs zu laut gewesen wäre.           Zeilenkopf lösen die Architekten das Problem, indem sie
         In den Wohnungen ist jede Wohnform denk-              hier eine gewerbliche Nutzung vorsehen.
                                                                      Mit diesen zumeist architektonischen Kniffen ge-
bar – Familienwohnungen ebenso wie Alterswohnen.
                                                               lingt es, dass alle Wohnungen ohne mechanische Belüftung
Aufgrund der Lage und des Bedarfs eignen sie sich              auskommen. • (pk/hs)
im Moment besonders für Studierende. Durch die
Nähe zur ETH, die verhältnismässig günstigen Mie-
ten und die durch die Grundrisse propagierte ge-
meinschaftliche Lebensform ist zu erwarten, dass                      Areal Rosengarten, Zürich
sich das Haus als feste Grösse im Stadtplan der Stu-
dierenden, insbesondere denen der Architektur, eta-
                                                              Bauherrschaft Siedlung           Daten
blieren wird. •                                               Stiftung für Studentisches
                                                              Wohnen Zürich (SSWZ)             Einstufiger Projektwett­
Hella Schindel, Redaktorin Architektur/Innenarchitektur;                                       bewerb im selektiven
                                                              Bauherrschaft Öffentlicher
Paul Knüsel, stv. Chefredaktor, Redaktor Umwelt/Energie                                        Verfahren: 2014
                                                              Freiraum
                                                                                               Ausführung: 2018–2021
                                                              Grün Stadt Zürich
                                                                                               Gesamtfläche
     Anmerkungen                                              Architektur
                                                                                               4990 m 2
                                                              Atelier Scheidegger Keller,
     1 Vgl. Wohnhaus Zwyssigstrasse von Atelier Scheid­       Zürich                           BGF
     egger Keller: «Durchlässige Kammern» TEC21 37/2019,                                       6610 m 2
                                                              Landschaftsarchitektur
     espazium.ch/de/aktuelles/mfh-bern Wieser
                                                              Kolb, Zürich                     Wohnfläche
     2 Statistisches Amt Kanton Zürich, www.web.statistik.                                     3570 m 2
                                                              Tragwerksplanung
     zh.ch/data/KTZH_278_si_2017_04_Wohnflaeche.pdf           Dr. Deuring + Oehninger,         Nutzung
                                                              Winterthur                       Studentisches Wohnen,
                                                                                               städtischer Kindergarten
                                                              Baumanagement
                                                                                               und Kinderbetreuung,
             Nicolas Feldmeyer erläutert seine Kunst am Bau   BGS, Rapperswil
                                                                                               private Kinderkrippe,
             «Into the Rose Garden» im Video
                                                              Fassadenplanung                  Gewerbe
             www.sswz.ethz.ch/de/news/19-08-2020
                                                              Monotti Ingegneri
                                                                                               Kosten Hochbau
                                                              Cosulenti, Locarno
                                                                                               28 Mio. Fr.
             Weitere Pläne und Ansichten                      Bauphysik
             auf bit.ly/starke-form                           Bakus, Zürich
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