Africa Rising? Plädoyer für eine differenzierte Afrikapolitik

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Essay
        Manfred Öhm/Sergio Grassi
        Africa Rising? Plädoyer für eine
        differenzierte Afrikapolitik

      Kriege, Konflikte, Krankheiten und Korruption werden oftmals als die Hauptgründe da-
      für gesehen, dass sich Afrika nicht aus der Armutsfalle befreien kann. Bilder von Warlords,
      Kindersoldaten und hungernden Menschen wurden zum Synonym für die Hilf- und
      Hoffnungslosigkeit unseres Nachbarkontinents. Die politische Solidarität, die in den 80er
      Jahren noch auf eine Befreiung von Unterdrückten in Afrika abzielte, wandelte sich seit den
      90er Jahren zu einer vom Armuts-Narrativ gespeisten Notwendigkeit der Entwicklungs-
      zusammenarbeit. Ansätze zu einer erneuerten Entwicklungszusammenarbeit und einem
      politischeren Umgang mit dem Kontinent, beispielsweise im Rahmen einer globalen
      Strukturpolitik, wurden in den vergangenen Jahren von einem vermeintlich altruisti-
      schen, jedoch tatsächlich hoch paternalistischen Charity-Diskurs überdeckt, durch den
      das Armuts-Narrativ von prominenten »Samaritern« wie Bono oder Bob Geldof immer
      wieder ins kollektive Bewusstsein gerufen wurde.
          In den vergangenen Jahren haben die bisher verbreiteten, antiquierten Stereotypen
      aber von einer anderen Sichtweise Konkurrenz bekommen, die für eine viel positivere
      Wahrnehmung steht. So wird Afrika in den internationalen Medien zunehmend als ein
      Kontinent von aufstrebenden Märkten, Ressourcenreichtum und wirtschaftlichen Chan-
      cen beschrieben. Der Economist und das TIME Magazine veröffentlichten beide in den
      vergangenen zwei Jahren Titelgeschichten, in denen sie die Formel Africa Rising prägten,
      was man am ehesten mit »Afrika erwacht« übersetzen kann. Zur Beweisführung zeigte der
      Economist mit schön illustrierten Graphiken, dass sich sechs der zehn am schnellsten
      wachsenden Ökonomien der Welt in Afrika befinden und preist es seitdem als den zu-
      kunftsträchtigsten Investitionsstandort (»hottest frontier for investment«). Eine Beschrei-
      bung, die von Beratungsunternehmen wie McKinsey und KPMG wohlwollend bzw. eigen-
      nützig aufgegriffen wird. So könnte das von den Medien weich gezeichnete Bild von Afrika
      tatsächlich mehr Investitionen auf dem Kontinent befördern, wovon sich auch die
      Beratungsindustrie hohe Profite verspricht.
          Mit einem durchschnittlichen Wachstum von 5 - 6 % ist das subsaharische Afrika nach
      Asien tatsächlich die ökonomisch am zweitschnellsten wachsende Region der Welt. Neben
      den hohen Wachstumsraten wird die Herausbildung einer »Mittelschicht« von mehreren
                     hundert Millionen Menschen (hierbei stellt sich allerdings die Frage der
       Der neue Bemessungsgrundlage) als wichtigstes Anzeichen für die Trendwende he-
    Wachstums- rangezogen. Auf 1,4 Billionen US-Dollar schätzt das McKinsey Global
     kontinent? Institute die potenzielle Kaufkraft afrikanischer Konsumenten bis zum
                     Jahr 2020. Eine Mischung aus verbesserter Regierungsführung und makro-
      ökonomischem Management, die Adaption von Informations- und Telekommunikations-
      technologie, steigende Investitionen – insbesondere von anderen aufstrebenden Ländern
      des globalen Südens – sowie eine vorteilhafte demografische Entwicklung werden als
      Hauptfaktoren für diesen Wandel genannt.
          In Afrika gibt es ebenfalls das Interesse, diesen medialen sowie von global agierenden
      Finanzinstitutionen getragenen Diskurs zu nutzen. Gerade für PolitikerInnen bietet es
      sich an, ihre potenzielle Wählerschaft mit Verweis auf das Africa Rising-Narrativ vom
      Erfolg des eigenen Handelns zu überzeugen. Während dies bei denjenigen, die tatsächlich
      eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen wahrnehmen, zu einem größeren Selbst-

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bewusstsein führt, wachsen bei den Abgehängten jedoch die unerfüllten Erwartungen
und damit die Frustration. Wie gehen die politischen EntscheidungsträgerInnen in den
Ländern Subsahara-Afrikas mit der gestiegenen Erwartungshaltung (künftig) um?
     Auch PolitikerInnen aus dem globalen Norden greifen auf das neue Bild zurück. US-
Präsident Barack Obama sprach bei einer Veranstaltung in Kapstadt im Rahmen seiner
ersten längeren Afrikareise in die Länder Senegal, Tansania und Südafrika im August 2013
von einer neuen Energie, die auf dem Kontinent spürbar sei: Africa Rising.
     Westliche PolitkerInnen können so die Erschließung des Kontinents durch die eige-
nen Unternehmen befördern. So bezeichnete Außenminister Guido Westerwelle in einer
Rede auf dem diesjährigen Global Media Forum Ende Juni dieses Jahres in Bonn Afrika
als einen »Kontinent der Chancen«. Unter dem gleichen Motto hatte er zwei Monate zuvor
Südafrika, Ghana und Mosambik mit einer großen Wirtschaftsdelegation im Schlepptau
bereist. Beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag hieß es, dass Afrika nach
Asien als aussichtsreichster Markt weltweit gilt.Auch deutsche Unternehmen wollen mehr
und mehr davon profitieren.
     Ebenso wenig uneigennützig wird in Chinas staatlichen Medien – die zunehmend
auch im Ausland ihre Sicht auf die Welt vermitteln – die Idee vom Chancen- und Wachs-
tumskontinent weitergetragen und die in Kooperation mit China erzielten Entwicklungs-
erfolge in Afrika dargestellt. So wird beispielsweise in einem Afrika-Beitrag vom 7. Juni
2013 (»Africa Investing – The hottest frontier«) des China Central Television (CCTV) der
britische Economist wörtlich zitiert. Dabei wird Chinas Beitrag – dem größten Investor und
wichtigsten Handelspartner Afrikas – mit allerlei Zahlenwerk unterfüttert. Neben vielen
Nischen für den Aufkauf afrikanischer Ressourcen wurde in China nämlich viel früher als
im Westen die Milliarde potenzieller afrikanischer Konsumenten als große Chance für
den Absatz eigener Waren begriffen.
     Auch die African Development Bank (AfDB) stellt in einem ihrer aktuellen Berichte
fest, dass sich der Kontinent in seiner dynamischsten Wachstumsperiode befindet. Seine
Wirtschaft wächst; darin scheinen sich alle einig zu sein.
     Umstritten ist jedoch, ob damit auch strukturelle Veränderungen der Wirtschaft –
Industrialisierung und die Schaffung von genügend Arbeitsplätzen – einhergehen. So hat
der Anteil der verarbeitenden Industrie an der Gesamtwirtschaft des Kontinents seit den
80er Jahren abgenommen. Kritiker monieren daher, dass die Euphorie nur gerechtfertigt
wäre, wenn es Anzeichen für eine zunehmende und diversifizierte Industrialisierung gäbe.
Stattdessen bleibt der Rohstoffsektor die wichtigste Wachstumsbranche. Nach Angaben
des African Economic Outlook-Berichts 2013 ist er für 35 % des gesamten Wirtschafts-
wachstums in Afrika seit dem Jahr 2000 verantwortlich. Auch im aktuellen Bericht der
AfDB heißt es, dass das Wachstum bislang überwiegend auf dem Abbau und Verkauf von
Rohstoffen beruhe. So profitieren die rohstoffreichen Länder von einer wachsenden
Nachfrage der Schwellenländer, insbesondere Chinas. Unbestritten greifen Wachstums-
impulse auf die Länder Subsahara-Afrikas über, mit denen es Handel betreibt. Aber in-
wiefern profitieren die AfrikanerInnen – abgesehen von den Eliten – von dieser verstärk-
ten Süd-Süd-Kooperation und den zunehmenden Investitionen in den extraktiven
Sektor?
     Obwohl das durchschnittliche Wirtschaftswachstum in den vergangenen Jahren bei
5 - 6 % lag, leben zwei Drittel der AfrikanerInnen von weniger als zwei US-Dollar pro Tag.
Laut Human Development Index (HDI 2012) des Entwicklungsprogramms der Vereinten
Nationen befinden sich 28 der weltweit 30 am wenigsten entwickelten Länder südlich der
Sahara. Die Länder mit dem weltweit höchsten prozentualen Anteil an von mehrdimen-

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    sionaler Armut Betroffenen finden sich in den Ländern Äthiopien, Liberia, Mosambik und
    Sierra Leone – bis auf Liberia laut Economist alles Wachstumswunderländer. Die durch-
    schnittliche Lebenserwartung liegt in Subsahara-Afrika laut dem UN-Bericht für mensch-
    liche Entwicklung 2013 bei lediglich 55 Jahren. Gleichzeitig sind die Arbeitsmärkte von
    hoher Arbeitslosigkeit sowie schlechten Arbeitsbedingungen und größtenteils vom in-
    formellen Sektor geprägt. Die Beschränkung des neuen Narrativs auf die Steigerung des
    BIP als wichtigstem Bewertungskriterium der Entwicklung eines Landes verleitet also
    offensichtlich zu falschen Schlussfolgerungen. Denn da es bislang keinen Trickle-down-
    Effekt gibt, hat sich die Lebensqualität des überwiegenden Teils der Bevölkerung nicht
    signifikant verbessert.
         So fließen die Gewinne aus den Rohstoffverkäufen vor dem Hintergrund in-
    transparenten Handelns von internationalen Konzernen auf der einen Seite und kor-
    rupten Regierungen auf der anderen in die Taschen einiger weniger und schaffen zu we-
    nige Arbeitsplätze und Investitionen, um große Bevölkerungsteile aus der Armut zu be-
    freien. Laut einer Studie, die von der AfDB gemeinsam mit Global Financial Integrity in
    diesem Jahr veröffentlicht wurde, sind von 1980 bis 2009 1,4 Billionen US-Dollar durch
    illegalen Finanzabfluss verloren gegangen, insbesondere in ressourcenreichen Ländern
    wie Angola oder Nigeria, die laut Economist zu den am schnellsten wachsenden Ökono-
    mien gehören.
         Bislang gibt es auch nur wenig Anzeichen, dass der vermeintliche Wirtschaftsboom
    zukünftig verstärkt für eine strukturelle Transformation der Wirtschaft und zur Ver-
    besserung der Lebensbedingungen genutzt wird. Besteht also die Gefahr, dass afrika-
    nische Länder durch asymmetrische Handelsbeziehungen sowie einseitig getätigte
    Investitionen langfristig die Chance verpassen, die Struktur ihrer Wirtschaft nachhaltig zu
    reformieren?
         Skeptiker, wie beispielsweise der von Kofi Annan geleitete Africa Progress Panel, hal-
    ten dem positiven Bild vom erwachenden Afrika entgegen, dass der Kontinent durch den
    derzeitigen Wachstumsschub mittel- bis langfristig nicht aufgewertet, sondern ausgebeu-
    tet wird und beurteilen diese Vorstellung als eine von der Finanzwelt und international
    agierenden Rohstoffunternehmen getragene und eigennützig gestrickte Fiktion. Ihrer
    Ansicht nach wurden die Stereotypen des Pessimismus und Fatalismus durch solche er-
    setzt, die sich gefährlich undifferenziert auf das vermeintlich Positive konzentrieren.
    Denn sollten die beschriebene Fragilität und die Herausforderungen des Wachstums nicht
    klar erkannt oder sogar bewusst verschleiert werden, kann sich die Vorstellung von Africa
    Rising nach ihrer Einschätzung sogar als sehr schädlich für den Kontinent erweisen.
    Afrika als das neue China zu bezeichnen, halten sie für komplett realitätsfern.
         Bei der Diskussion über die Wachstumspotenziale Afrikas geht es nicht allein um die
    Richtigkeit der Fakten und eine bessere Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung
                     des Kontinents. Es geht auch um das Afrikabild, ja eine neue Erzählung
Ein vielfältiges von und über Afrika, die die Beziehungen und die Politik zu der Region
  Afrikabild ... mitprägt. Denn erfahrungsgemäß kann solch eine Wahrnehmung in Eu-
                     ropa stärker politikbestimmend sein als eine rational geleitete Interessen-
    politik. Die bisherigen Afrikabilder vom »Armuts-«und »Krisenkontinent« verlieren
    durch das Bild vom erwachenden Afrika dabei allerdings nicht an Gültigkeit, sondern
    bleiben je nach Bedarf Referenz für den afrikapolitischen Diskurs in Deutschland und
    Europa. Denn Afrika wird ein Krisenkontinent bleiben, da die Regionen Zentralafrikas,
    der Zentralsahara und des Horns nicht kurzfristig stabilisiert werden können und es im-
    mer wieder zu Aufmerksamkeit erregenden Krisen kommen wird. Die Basis bisheriger

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Afrika-Perzeptionen bleibt also bestehen, das Bild des erwachenden Afrika gesellt sich
hinzu. Dabei wäre es ein wichtiger und notwendiger Schritt, als Grundlage für politisches
Handeln ein differenziertes und ausgewogenes Bild Afrikas zu zeichnen.
    Doch kaum ein anderer Kontinent scheint offensichtlich so dafür prädestiniert zu
sein, seine sehr komplexen Wirklichkeiten in knapp konstruierte Weltbilder projiziert
zu sehen. Dazu trägt sicherlich auch bei, dass westliche Medien nur noch wenige Korres-
pondenten vor Ort beschäftigen. Der Vorwurf »Fallschirm-Journalismus« zu betreiben,
also nur in Krisensituationen über Afrika zu berichten, wird sich bei dieser Entwicklung
weiter verstärken. Demgegenüber verengen die präsenter werdenden chinesischen Me-
dien die Berichterstattung bislang auf »positive reporting« und »developmental journa-
lism«.
    So gibt es neben der Wirtschaft auch in anderen Bereichen relevante Entwicklungen,
die in der Berichterstattung vom wirtschaftsfokussierten »Africa Rising« überlagert oder
eventuell sogar von ihm mit beeinflusst werden:
    Afrikas Staaten sind mittlerweile eigenständige Akteure auf dem internationalen Par-
kett, eine afrikanische Stimme findet in der Welt mehr Gehör. So sind mit der Schaffung
der Afrikanischen Union (AU) und den regionalen Wirtschaftsgemeinschaften neue
Möglichkeiten für eine abgestimmte Politik Afrikas im Bereich der Sicherheitspolitik und
der Konfliktlösung, in der internationalen Handelspolitik oder etwa in der Entwicklungs-
zusammenarbeit entstanden.
    Die Interdependenzen mit anderen Weltregionen haben zugenommen, doch vor allem
innerhalb des Kontinents hat sich die zwischenstaatliche Kooperation dynamisch ent-
wickelt. Die politischen Eliten haben dabei – nicht nur, aber auch getragen von der Welle
des Wirtschaftswachstums – an Selbstbewusstsein gewonnen.
    Die westliche Entwicklungszusammenarbeit in ihrer heutigen Form wird dabei grund-
sätzlich in Frage gestellt. Geber-Nehmer-Beziehungen, die Konditionierung der Zusam-
menarbeit sowie die Kakophonie internationaler Hilfsorganisationen, die für Afrika
sprechen, sind ein Anachronismus, der schon in wenigen Jahren in dieser Form kaum
mehr existieren wird. Die verbleibende Entwicklungszusammenarbeit wird stattdessen
zunehmend von explizit formulierten afrikanischen Interessen des Solidaritätsgedankens
geprägt.
    Nicht zuletzt die demografische Entwicklung Afrikas ist von enormer Bedeutung:
Afrikas Bevölkerung wird immer jünger und nimmt vor allem rapide zu. Bis ins Jahr 2050
wird sich die Bevölkerung Afrikas vermutlich auf über 2 Milliarden Menschen mehr als
verdoppeln und das weltweit größte Arbeitskräftepotenzial entstehen lassen. Angesicht
des immer älter werdenden Europa und der hier teilweise sinkenden
Bevölkerungszahlen rückt fast zwingend der mögliche Nutzen der Migra- ... als Grundlage
tion von Afrika nach Europa ins Blickfeld.                                  einer politischen
    Wie sollte die EU, wie sollte Deutschland auf diese Veränderungen Betrachtung
reagieren? Angesichts des politischen Bedeutungsgewinns Afrikas und des Kontinents
der rasanten Verbreitung des Diskurses über seinen wirtschaftlichen Auf-
stieg scheint eine gesamtpolitische Betrachtung Afrikas – quer durch alle Politikfelder –
die richtige Grundlage für zeitgemäße Beziehungen zu sein. Ein verengter Blick auf die
ökonomischen Beziehungen wird dieser Situation ebenso wenig gerecht wie ein verengter
Blick allein auf die gegenwärtigen Interessen in den afrikanisch-europäischen Bezie-
hungen. Die beiderseitige Beziehung ist von der Geschichte geprägt, und es wird nicht
möglich sein eine auf gegenseitigem Respekt basierende Beziehung oder womöglich eine
Partnerschaft zu erreichen, wenn man sich nicht auf eine erneute Auseinandersetzung,

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insbesondere mit der Phase des Kolonialismus, ebenso aber auch auf eine kritische
Auseinandersetzung mit der Phase der Entwicklungszusammenarbeit einlässt. Selbst-
bewusste afrikanische Eliten werden sich jedenfalls nicht von Europa vorgeben lassen,
ihre Beziehung zu Europa nur über die Gegenwart zu bestimmen.
    Gleichzeitig werden sie immer geschickter die Möglichkeiten für ihre Interessen nut-
zen, die das verstärkte Engagement neuer Gestaltungsmächte wie China, Indien, Brasilien
und der Türkei bietet. Die Entwicklungsparadigmen des Westens verlieren somit zwangs-
läufig an Bedeutung. Die Minderung – nicht der Verlust – der Rolle Europas in Afrika
muss anerkannt werden.
    Das Bild des Wachstumskontinents ist also zu differenzieren. Deutsche und europä-
ische Afrikapolitik dürfen sich nicht an einem primär ökonomischen Bild Afrikas orien-
tieren und sich ebenso wenig auf humanitäre und entwicklungspolitische Fragen verengen.
Stattdessen sollten die neuen politischen, ökonomischen wie sozialen Ausgangsbe-
dingungen in einer Gesamtbetrachtung Ansatzpunkt für eine Neubestimmung der Politik
gegenüber Afrika sein. Letztlich geht es um eine Normalisierung der europäisch-afrikani-
schen Beziehungen, in der Afrika so behandelt wird wie andere Kontinente: »normal«, res-
pektvoll und auf Basis klar formulierter Interessen und gegenseitiger Erwartungs-
haltungen. Das Bild eines erwachenden Afrikas verschleiert dagegen die Notwendigkeit
einer differenzierten Afrikapolitik. Zugleich bleibt es paternalistisch, indem es die vielfäl-
tigen Realitäten Afrikas ignoriert und das Bild des dunklen und »schlafenden Kontinents«
verfestigt.

           Manfred Öhm                                       Sergio Grassi
           ist Leiter des Referates Subsahara Afrika der     ist als Referent im Afrika-Referat der FES für
           Friedrich-Ebert-Stiftung.Er war zuvor als Lan-    die Gewerkschafts- und Medienarbeit zustän-
           desvertreter in Sudan und Mosambik.               dig und Mitglied im Willy-Brandt-Kreis.
           manfred.oehm@fes.de                               sergio.grassi@fes.de

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