Therapiequalität des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms in Deutschland

 
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Therapiequalität des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms in Deutschland
DIAGNOSTIK + THERAPIE
                        GYNÄKOLOGISCHE ONKOLOGIE

                        Therapiequalität des fortgeschrittenen
                        Ovarialkarzinoms in Deutschland
                        Daten der QS-OVAR der AGO Studiengruppe, unterstützt von AGO Kom-
                                                                                                           daten unabhängig monitoriert und
                        mission OVAR, Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO),                  überprüft. Jährlich wird eine Follow-
                        Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Deut-               up-Erhebung durchgeführt, in wel-
                        sche Krebsgesellschaft (DKG), Nordost-Deutsche Gesellschaft für Gyn.               cher der Rezidiv- und Überlebenssta-
                        Onkologie (NOGGO)                                                                  tus sowie ggf. die Rezidivtherapie er-
                                                                                                           fragt wird.
                        P. Harter1, J. Pfisterer2, F. Hilpert3, J. Sehouli4, C. Lamparter5,
                        M. Kerkmann5, A. du Bois1                                                          Die statistische Datenanalyse wurde
                                                                                                           mit dem Programm SPSS für Windows
                        Die Qualitätssicherung Ovar (QS-OVAR)als freiwillige Qualitäts-                    Version 21.0 (SPSS Inc., Chicago, IL,
                        sicherungsmaßnahme ist in Deutschland seit dem Jahr 2000 eta-                      USA) durchgeführt. Die Auswertung
                        bliert und wird alle 4 Jahre durchgeführt. Die Dokumentationsrate                  erfolgte deskriptiv, Häufigkeiten wur-
                        liegt bei >65 % aller Patientinnen mit Erstdiagnose Ovarialkarzi-                  den mit dem χ²-Test verglichen und
                        nom. Im Zeitraum 2004 bis 2016 konnte eine klinisch relevante                      das jeweilige Odds Ratio (OR) mit
                        Verbesserung im Progressionsfreien Überleben von 12,7 auf 20,5                     95%-Konfidenzintervall (95%-KI) an-
                        Monate gezeigt werden. Die möglichen Gründe hierfür sind vielfäl-                  gegeben. Zur Schätzung der progres-
                        tig. Im Folgenden werden diese diskutiert und weitere Detaildaten                  sionsfreien Überlebenszeiten wurde
                        aufgeführt. Weitere Analysen sind geplant, wenn die finalen Daten                  die Kaplan-Meier-Methode verwen-
                        zum Gesamtüberleben vorliegen.                                                     det, zur Überprüfung der Gleichheit
                                                                                                           der Überlebensverteilungen der Log-
                        Die Qualitätssicherung Ovar wird seit    der Erstdiagnose bereits im fortge-       rank-Test.
                        dem Jahr 2000 etwa alle 4 Jahre zur      schrittenen Stadium befindet, ist die
                        Evaluation der Versorgungsstruktur       Sterblichkeit nach wie vor hoch.          Die Interimsanalyse des progres-
                        und Qualität der Therapie beim Ova-                                                sionsfreien Überlebens beschränkt
                        rialkarzinom durchgeführt.               Ziel der hier gezeigten Untersuchung      sich auf das fortgeschrittene Ovarial-
                                                                 ist es, die Qualität der Primärtherapie   karzinom FIGO III/IV. Als Zielkrite-
                        In Deutschland erkranken jährlich et-    mit dem Endpunkt 2-Jahres-Progres-        rium wird das progressionsfreie Über-
                        wa 7.250 Frauen an Eierstockkrebs        sionsfreies Überleben (PFS) abzubil-      leben untersucht, definiert als erneu-
                        (1); ohne Berücksichtigung der nicht     den. Mature Daten zum Gesamtüber-         tes Auftreten oder Progression der
                        epithelialen Ovarialmalignome und        leben aller Kohorten werden in etwa       Erkrankung bzw. Tod. Da die Rezidiv-
                        Borderline-Tumoren liegt die Zahl in-    2 Jahren vorliegen.                       daten erst ab der Erhebung 2004
                        vasiver epithelialer Karzinome bei et-                                             systematisch erfasst werden, be-
                        wa 5.700 Neuerkrankungen pro Jahr                                                  schränkt sich die Analyse auf die Ko-
                                                                 Methoden
                        (2). Die Behandlung der primären                                                   horten mit Primärdiagnose in 2004,
                        Ovarialkarzinome dieses Typs hat in      Die sechste Erhebung der QS-OVAR          2008, 2012 und 2016.
                        den letzten Jahren deutliche Fort-       wurde methodisch weitgehend ana-
                        schritte erzielt. Da sich jedoch die     log zu den vorherigen fünf Erhebun-
                                                                                                           Ergebnisse
                        Mehrzahl der Frauen zum Zeitpunkt        gen durchgeführt, die bereits aus-
                                                                 führlich dargestellt und erläutert        Die Anzahl der von den teilnehmen-
                         1                                       wurden (3, 4, 5). Die Angaben zur         den Kliniken dokumentierten Patien-
                             Klinik für Gynäkologie & Gynäko-
                             logische Onkologie, Ev. Kliniken    Histologie und zur OP wurden anhand       tinnen stieg von 763 im Jahr 2004
                             Essen-Mitte, Essen                  von anonymisierten OP-Berichten           auf 928 in 2016. Dies entspricht etwa
                         2
                             Zentrum für Gynäkologische Onko-    und Histologiebefunden überprüft          65 % der in 2016 in Deutschland neu
                             logie, Kiel                         und durch Rückfragen validiert. Un-       diagnostizierten Patientinnen. Ins-
                         3
                             Jerusalem Krankenhaus, Hamburg      klare Fälle wurden anhand der Origi-      gesamt wurden somit 3.512 Patien-
                         4
                             Frauenklinik, Charité, Berlin       nalunterlagen überprüft. Als zusätz-      tinnen in die QS-OVAR eingeschlossen,
                         5
                             MMF, Dortmund                       liche Qualitätssicherung wurde eine       davon 2.522 Patientinnen (71,8 %)
                                                                 Zufallsauswahl von Patientinnen-          mit fortgeschrittenem Ovarialkarzi-

182                     FRAUENARZT $ 61 (2020) $ Nr. 3
nom FIGO III/IV. Das mediane Alter              Die Rate der makroskopischen Kom-
lag insgesamt bei 67 Jahren und bei             plettresektionen stieg von 33,3 %
23,6 % der Patientinnen mit fortge-             in 2004 auf 50,7 % in 2016 (OR
schrittenem Ovarialkarzinom lag ein             1,89; 95%-KI 1,47–2,35; p1 cm ging im gleichen Zeit-

 Charakteristika der Patientinnen nach QS-OVAR-Kohorten
 Faktor n (%)                     2004        2008         2012        2016    Gesamt
 Alter (Jahre)
 Median (Range)                     65          68          67          67        67
                                 (30−90)     (19−91)     (31−96)     (29−91)   (19−96)
 Stadium
 FIGO III                          392         505         515         516      1928
                                  (74,1)      (80,4)      (75,3)      (75,8)   (76,4)
 FIGO IV                           137         123         169         165      594
                                  (25,9)      (19,6)      (24,7)      (24,2)   (23,6)
 Allgemeinzustand
 ECOG 0/1                          371         454         503         522     1.850
                                  (70,1)      (72,3)      (73,5)      (76,7)   (73,4)
 ECOG >1 oder unbekannt            158         174         181         159      672
                                  (29,1)      (27,7)      (26,5)      (23,3)   (26,6)
 Zweitkarzinom
 ja                                 67          61         102          90      320
                                  (12,7)       (9,7)      (14,9)      (13,2)   (12,7)
 Therapierelevante Komorbidität
 ja                                143         223         246         205      817
                                  (27,0)      (35,5)      (36,0)      (30,1)   (32,4)
 Histologie
 HG serös                          349         471         550         590     1.960
                                  (66,0)      (75,0)      (80,4)      (86,6)   (77,7)
 LG serös                          14           18          18           7       57
                                  (2,6)        (2,9)       (2,6)       (1,0)    (2,3)
 HG endometrioid                   36           32          26          15       109
                                  (6,8)        (5,1)       (3,8)       (2,2)    (4,3)
 LG endometrioid                    2            1           2           1        6
                                  (0,4)        (0,2)       (0,3)       (0,1)    (0,2)
 klarzellig                        14           12          18          16       60
                                  (2,6)        (1,9)       (2,6)       (2,3)    (2,4)
 muzinös                           25           20          15          18       78
                                  (4,7)        (3,2)       (2,2)       (2,6)    (3,1)
 andere                             89          74          55          34      252
                                  (16,8)      (11,8)       (8,0)       (5,0)   (10,0)
 ECOG = Eastern Cooperative Oncology Group, HG = high-grade, LG = low-grade

Tab. 1
DIAGNOSTIK + THERAPIE
                        raum von 42,1 % auf 28,8 % zurück
                        (Abb. 1).                                  OP-Qualität in den QS-OVAR-Kohorten 2004, 2008, 2012
                                                                   und 2016
                        Die Applikation der Kombinations-
                                                                                       Kein Tumorrest 2004 (33,3 %) vs. 2016 (50,7 %)
                        chemotherapie aus Platin und Taxan
                                                                                            OR 1,89 (95 %-KI 1,47−2,35); p1 cm bei 10,8
                        Monaten (p1 cm mit einer Verbesserung
                                                                       70
                        von einem medianen PFS von 8,6 auf
                        13,4 Monate (p
DIAGNOSTIK + THERAPIE
in Deutschland ein national etablier-
tes Instrument zur Qualitätssiche-        Progressionsfreies Überleben −
rung.                                     Gesamtkollektiv über alle Kohorten

In den letzten Jahren konnte bereits
gezeigt werden, dass sowohl wichtige                            1
Aspekte wie die Qualität des operati-                                                                                    2004
ven Stagings bei frühem Ovarialkarzi-                                                                                    2008
nom als auch die operativen Ergeb-                             0,8
                                                                                                                         2012
nisse verbessert werden konnten (6).

                                          Wahrscheinlichkeit
                                                                                                                         2016
Ziel der hier vorliegenden Untersu-
                                                               0,6
chung war nun weniger die Fokussie-
rung auf einzelne Prozeduren als viel-
mehr die Untersuchung zum Outcome                              0,4
unserer Patientinnen bei Erstdiagno-
se eines fortgeschrittenen Ovarial-
karzinoms. Da die Daten zum Gesamt-                            0,2
überleben der QS-OVAR 2016er-Ko-
horte noch unreif sind, wurde hier das
2-Jahres-PFS als Zielkriterium analy-                           0
siert.                                                               0    10        20         30         40           50
                                                                         Progressionsfreies Überleben (PFS) in Monaten
Das mediane Alter lag bei 67 Jahren
und ist somit vergleichbar mit dem
mittleren Alter von 70 Jahren, das       Abb. 3
vom Robert Koch-Institut (RKI) für
Deutschland anhand der Krebsregis-       tinnen nach erfolgreich abgeschlos-                 in 2012 wurde diese bei 54 % aller
ter angegeben wird. Bisher nicht flä-    sener Primärtherapie teilnehmen                     Patientinnen eingesetzt und in 2016
chendeckend berichtet ist der Allge-     konnten, lag diese bei 47 %. Einzelne               bei 67 % aller Patientinnen. Wenn
meinzustand, welcher in der QS-OVAR      Zentren haben Komplettresektions-                   man nur die Patientinnen berücksich-
bei 73 % der Patientinnen mit gut bis    raten von 70–75 % berichtet (7). Für                tigt, bei denen auch die Grund-
sehr gut angegeben wird, und auch        eine Zertifizierung durch die Euro-                 voraussetzung für die Bevacizumab-
die Rate an Zweitkarzinomen, die et-     pean Society of Gynecologic Oncolo-                 Gabe, die Durchführung der Kombina-
wa bei 12 % liegt. Interessanterwei-     gy als Zentrum für die Behandlung des               tions-Chemotherapie vorlag, liegt die
se liegt bei etwa einem Drittel eine     Ovarialkarzinoms wird eine Komplett-                Rate sogar bei 75 %. Somit ist die
therapierelevante Komorbidität vor.      resektionsrate von mindestens 50 %                  Qualität der optimalen Systemthera-
Bezüglich der histologischen Klassi-     gefordert. Insofern ist die operative               pie in Deutschland unter Berücksich-
fizierung zeigt sich im Verlauf eine     Qualität der an der QS-OVAR teilneh-                tigung von Faktoren wie Alter, Fragi-
Zunahme der Diagnose high-grade          menden Kliniken als gut einzustufen.                lität, Kontraindikationen für Bevaci-
seröses Karzinom bei gleichzeitiger                                                          zumab (z. B. frische Lungenembolie,
Abnahme anderer histologischer Sub-      Bezüglich der Wahl der primären Sys-                Wundheilungsstörung) und anderem
typen, was sicherlich als Zeichen der    temtherapie erhielten in 2016 etwa                  sehr hoch sowohl für die Kombina-
zunehmenden pathologischen Exper-        90 % der Patientinnen die empfoh-                   tions-Chemotherapie als auch für die
tise gewertet werden kann.               lene Standardtherapie mit Carbo-                    Addition von Bevacizumab.
                                         platin/Paclitaxel. Da diese Kombina-
Erfreulicherweise zeigt sich im zeit-    tionschemotherapie jedoch wegen                     Bezüglich des PFS zeigte sich eine
lichen Verlauf eine Zunahme der Rate     der Verträglichkeit nicht allen Pa-                 Verbesserung seit 2004 über jede QS-
an makroskopischen Komplettresek-        tientinnen gegeben werden kann                      OVAR-Kohorte. Während in den Ko-
tion auf zuletzt 50 % bei mit 85 % ho-   (höheres Alter, Komorbidität), ist                  horten 2004, 2008 und 2012 die Ver-
hem Anteil an primären Operationen.      dann eine entsprechende platinba-                   besserung in einer Aufspaltung der
Diese Daten sind im internationalen      sierte Monotherapie indiziert, die zu-              Kurven erst nach einem halben Jahr
Vergleich als sehr gut zu bewerten. In   letzt dann auch etwa 10 % erhielten.                sichtbar wird, bei gleichbleibenden
der CHORUS-Studie (Großbritannien)       Seit 2011 in Deutschland neu zuge-                  etwa 10 % Risiko für Rezidiv bzw. Tod
mit einer operativen Fragestellung       lassen ist die Addition von Bevacizu-               frühzeitig nach der Diagnosestel-
lag diese bei 17 %, in der SOLO-1-Stu-   mab zur Kombinationschemotherapie                   lung, zeigte sich in 2016 erstmals
die (überwiegend USA), in der Patien-    mit Carboplatin/Paclitaxel. Bereits                 auch in den frühen Monaten ein ver-

                                                                                                       FRAUENARZT  61 (2020)  Nr. 3   185
DIAGNOSTIK + THERAPIE
                        ringertes Risiko. Dieser Effekt hielt                               gezeigt (8, 9). Für die in 2016 gerin-                           Systemtherapie und auch ein ent-
                        auch weiterhin an und resultiert ak-                                gere Rate an frühen Ereignissen                                  sprechendes optimiertes Komplika-
                        tuell in einem medianen PFS von                                     scheint nicht nur eine bessere opera-                            tionsmanagement könnten ebenfalls
                        24,1 Monaten verglichen mit 12,7                                    tive Radikalität ursächlich zu sein,                             mitverantwortlich sein. Neu hinzuge-
                        Monaten in 2004. Insbesondere er-                                   sondern auch ein verbessertes post-                              kommen ist die Option der Gabe von
                        freulich ist, dass der Effekt einer Ver-                            operatives Management. Zu erwäh-                                 Bevacizumab in 2011 (11, 12), wel-
                        besserung der Prognose sich unab-                                   nen sind hier die neuen Ansätze im                               ches auch sehr kurz nach Einführung
                        hängig vom postoperativen Tumor-                                    „Routinemanagement“ (Stichwort                                   den meisten Patientinnen angeboten
                        rest zeigt. Welche Effekte bzw.                                     ERAS (10)) wie auch eine Verbesse-                               wurde. Dieses kann sehr wohl dazu
                        Maßnahmen können dafür verant-                                      rung im Komplikationsmanagement.                                 beigetragen haben, die PFS-Ergeb-
                        wortlich sein?                                                                                                                       nisse zu verbessern.
                                                                                             Verbesserte Systemtherapie
                          Verbesserte OP                                                   Platin/Taxan war bereits in 2004 flä-                             Studienteilnahme
                        Die Rate an operativen Komplettre-                                  chendeckend etabliert. Die hier be-                              Bereits in vergangenen Arbeiten zur
                        sektionen hat sich im Beobachtungs-                                 obachtete Steigerung von 6 % kann                                QS-OVAR konnte gezeigt werden,
                        zeitraum erhöht, damit verbunden ist                                einen Effekt zeigen, dieser wird je-                             dass die Therapie in Studienkliniken
                        eine Verbesserung der Prognose. Die-                                doch „überschaubar“ sein. Schwer zu                              mit einem besseren Outcome verbun-
                        ser Effekt wurde bereits in mehreren                                erfassende Faktoren wie verbessertes                             den ist (13). Die Rate an in teilneh-
                        Publikationen für einzelne Zentren                                  Management bei der Applikation der                               menden Studienzentren behandelten

                         Progressionsfreies Überleben in Subgruppen

                                                        In Abhängigkeit vom postoperativen Tumorrest                                              Bei Tumorrest >1 cm in Abhängigkeit
                                                        im Gesamtkollektiv                                                                        von Jahreskohorte

                                               1                                             >1 cm                                       1                                                    2004
                                                                                             1–10 mm                                                                                          2008
                         Wahrscheinlichkeit

                                                                                                                   Wahrscheinlichkeit

                                              0,8                                                                                       0,8                                                   2012
                                                                                             kein Tumorrest
                                                                                                                                                                                              2016
                                              0,6                                                                                       0,6
                                              0,4                                                                                       0,4
                                              0,2                                                                                       0,2
                                               0                                                                                         0
                                                    0                 20               40                     60                              0                 20               40                  60
                                                          Progressionsfreies Überleben (PFS) in Monaten                                             Progressionsfreies Überleben (PFS) in Monaten

                                                        Bei Tumorrest 1−10 mm in Abhängigkeit                                                     Bei Komplettresektion in Abhängigkeit
                                                        von Jahreskohorte                                                                         von Jahreskohorte
                                               1                                                       2004                              1                                                    2004
                                                                                                       2008                                                                                   2008
                         Wahrscheinlichkeit

                                                                                                                   Wahrscheinlichkeit

                                              0,8                                                                                       0,8
                                                                                                       2012                                                                                   2012
                                                                                                       2016                                                                                   2016
                                              0,6                                                                                       0,6
                                              0,4                                                                                       0,4
                                              0,2                                                                                       0,2
                                               0                                                                                         0
                                                    0                 20               40                     60                              0                 20               40                  60
                                                          Progressionsfreies Überleben (PFS) in Monaten                                             Progressionsfreies Überleben (PFS) in Monaten

                        Abb. 4

186                     FRAUENARZT  61 (2020)  Nr. 3
DIAGNOSTIK + THERAPIE
                        Patientinnen an der QS-OVAR lag in       Mehrere Zentren dokumentierten eine       2016er Kohorte reife Daten zum Ge-
                        2004 bei 56,0 % und in 2016 bei          Komplettresektionsrate von 100 %          samtüberleben als harten Endpunkt
                        66,2 %. Damit erscheint ein Effekt       und insgesamt hatten 25 % eine            vorliegen. Diese sind für das Jahr
                        durch eine deutlich höhere Rate an       Komplettresektionsrate von 83 %           2021 zu erwarten.
                        Patientinnen, die in Studienkliniken     oder höher. Die höchste bisher jemals
                        behandelt werden, als sehr gut mög-      von einem internationalen Expert-         Die Durchführung der QS-OVAR wurde
                        lich. Insgesamt ist die Teilnahme an     Center publizierte Rate lag bei 85 %      finanziell unterstützt von Roche, Am-
                        der QS -OVAR unter allen Kliniken in     in einer Serie von 163 Patientinnen,      gen, AstraZeneca, Boehringer Ingel-
                        Deutschland, die an Studien der AGO      die 1998 publiziert wurde. Eine Rate      heim und Essex.
                        Studiengruppe bzw. NOGGO teilneh-        über 80 % bei konsekutiven Patien-
                        men, erfreulich hoch. In 2016 haben      tinnen wurde seither von keiner an-
                                                                                                           Literatur
                        sich 90 % aller Studienkliniken be-      deren Klinik mehr berichtet (15). Da
                        teiligt, während die Rate bei Klini-     die im Rahmen der Zertifizierung do-      Bei den Autoren oder in der Online-
                        ken, die nicht an Studien teilnehmen,    kumentierten Daten hier doch Fragen       Version des Beitrags unter www.
                        bei 53 % lag.                            aufwerfen, erscheint es schwierig, eine   frauenarzt.de
                                                                 Prognoseverbesserung, die in der QS-
                        $  Zentralisierung/Zertifizierung        OVAR beobachtet wurde, mit den vor-       Interessenkonflikte
                                                                                                           P.H. gibt an, dass Interessenkonflikte in den
                        Eine Zentralisierung hat anhand der      liegenden Daten der DKG-Zentren zu        Bereichen wissenschaftliche Tätigkeiten, Fort-
                        QS-OVAR-Daten in Deutschland eben-       begründen.                                bildung und Kongresse sowie Verbindungen zu
                                                                                                           Unternehmen, Patente, Tantiemen vorliegen.
                        falls stattgefunden. In 2004 wurden                                                M.K. gibt an, dass Interessenkonflikte in den
                        35 % aller dokumentierten Patientin-     $  Selektion durch Teilnahme              Bereichen wissenschaftliche Tätigkeiten sowie
                        nen in Kliniken mit mehr als 24 Ova-        an QS-OVAR                             Fortbildung und Kongresse vorliegen.
                                                                                                           J.S. gibt an, dass Interessenkonflikte in den Be-
                        rialkarzinom-Operationen pro Jahr        Da die Teilnahme an der QS-OVAR eine      reichen wissenschaftliche Tätigkeiten, Fortbil-
                        behandelt und in 2016 dann 46 %.         freiwillige Maßnahme ist, kann man        dung und Kongresse sowie Verbindungen zu
                                                                                                           Unternehmen, Patente, Tantiemen vorliegen.
                        Zugenommen hat die Rate an „super-       nur spekulieren, wie die Daten in Kli-    F.H. gibt an, dass Interessenkonflikte in den
                        high volume“-Kliniken mit mehr als       niken sind, die nicht an der QS-OVAR      Bereichen Fortbildung und Kongresse sowie
                                                                                                           Verbindungen zu Unternehmen, Patente, Tan-
                        48 OPs/Jahr.                             teilnehmen. Da eine Teilnahme an der      tiemen vorliegen.
                                                                 QS-OVAR für die Kliniken auch Inte-       A.d.B. gibt an, dass Interessenkonflikte in den
                        Hier stieg die Rate an behandelten       resse an der Gynäkologischen Onko-        Bereichen Fortbildung und Kongresse sowie
                                                                                                           Verbindungen zu Unternehmen, Patente, Tan-
                        Patientinnen von 10 % auf 22 %. Die      logie bzw. auch an der Behandlung         tiemen vorliegen.
                        Zertifizierung als Gynäkologisches       von Patientinnen mit Ovarialkarzi-        J.P. gibt an, dass Interessenkonflikte in den Be-
                                                                                                           reichen wissenschaftliche Tätigkeiten, Fortbil-
                        Krebszentrum durch die Deutsche          nom voraussetzt, ist eher nicht davon     dung und Kongresse sowie Verbindungen zu
                        Krebsgesellschaft ist seit der 2012er-   auszugehen, dass in nicht teilneh-        Unternehmen, Patente, Tantiemen vorliegen.
                        Kohorte flächendeckend etabliert.        menden Kliniken die Daten besser          C.L. gibt an, dass Interessenkonflikte in den
                                                                                                           Bereichen Unternehmen, Patente, Tantiemen
                        Insofern können die hier geforderten     sind. Die Rate an Krankenhäusern,         sowie wissenschaftliche Tätigkeiten vorliegen.
                        Strukturen wie Tumorkonferenzen,         die sich an der Phase II der QS-OVAR
                        Morbiditätskonferenzen und vieles        beteiligt haben, lag in 2004 bei 245
                        mehr sehr wohl einen positiven Ein-      (22,1 %) aller angefragten und war
                        fluss gehabt haben, erklären aber        in 2016 bei 244 (30,7 %).
                        kaum den ersten Anstieg zwischen
                        2004 und 2008. Insgesamt ist die         Zusammenfassend konnte für die Be-
                        Teilnahmerate an der QS-OVAR durch       handlung von Patientinnen mit fort-
                        die zertifizierten Gynäkologischen       geschrittenem Ovarialkarzinom in
                        Krebszentren mit 89 % optimierbar,       den an der QS-OVAR teilnehmenden
                        insbesondere, da diese zusätzliche       Zentren eine klinisch relevante Ver-        Für die Autoren
                        Einladungsmails erhalten hatten im       besserung des PFS gezeigt werden.
                        Vergleich zu den nicht zertifizierten    Somit sollte allen Patientinnen gera-
                        Kliniken. Nach dem aktuellen Audit-      ten werden, die richtige Klinik über        PD Dr. med.
                        bericht der DKG (14) lag in den zerti-   www.eierstock-krebs.de zu identifi-         Philipp Harter
                        fizierten Zentren in 2017 die Kom-       zieren. Hier ist eine Suchmaschine          Klinik für Gynäkologie und
                        plettresektionsrate bei 70,6 % bei       verfügbar zur Identifikation aller Kli-     Gynäkologische Onkologie
                        einer medianen Anzahl von 12(!) Fäl-     niken in Deutschland, die an der QS-        Ev. Kliniken Essen-Mitte
                        len pro Jahr mit fortgeschrittenem       OVAR teilnehmen. Des Weiteren sind          Henricistraße 92
                        Ovarialkarzinom. Für die Zertifizie-     hier Infos zu Studienteilnahme und          45136 Essen
                        rung durch die ESGO wird eine abso-      Zertifizierung verfügbar. Weitere Ana-      p.harter@kem-med.com
                        lute Minimalzahl von 20 gefordert.       lysen sind geplant, wenn für die

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