Tipps für die Formulierung von Items mit Antwortskala - SEP ...
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Jutta Wolff jutta.wolff@ifbq.hamburg.de Tipps für die Formulierung von Items mit Antwortskala Telefon 428 851-344 01.09.2021 Vorbemerkung .................................................................................................................................................................................................................................... 2 Tipps, die das Verstehen der Items unterstützen .............................................................................................................................................................................. 3 Tipps, um aussagekräftigere Daten zu erhalten ................................................................................................................................................................................. 4 Tipps bei der Formulierung von mehreren Items .............................................................................................................................................................................. 8 Ausgewählte Quellen.......................................................................................................................................................................................................................... 8 Seite 1 von 8
Vorbemerkung Die hier formulierten Tipps beziehen sich ausschließlich auf die Formulierung von Items (hier: Aussagen), bei denen eine Antwortskala vorgege- ben wird – so wie es im Hamburger Selbstevaluationsportal (www.sep-hamburg.de) der Fall ist.1 Wie sollten solche Aussagen formuliert werden, damit sie von den jeweiligen Adressatinnen und Adressaten in der intendierten Form verstanden werden und aussagekräftige Ergebnisse resultie- ren? Die Beispiele stammen aus Befragungen von Schülerinnen und Schülern – die Prinzipien können jedoch vielfach auf andere Befragte über- tragen werden. Exkurs: Einheitliche Formulierung der im SEP vom IfBQ bereitgestellten Items zur einfachen Interpretation der Ergebnisse Alle Items, die im Selbstevaluationsportal durch das IfBQ vorgegeben sind, sind inhaltlich und sprachlich positiv formuliert (s. Tipps 12 und 13). Ein höherer Mittelwert eines Items oder eines Bausteins bedeutet immer eine höhere Zustimmung zu einem wünschenswerten Zustand. Beispiel: Ich kann mich im Unterricht gut konzentrieren. Antwortskalen im SEP: Ein höherer Mittelwert bedeutet eine höhere Zustimmung. „Kann ich nicht beurteilen“ geht nicht in die Berechnung des Mittelwerts ein. Name Wert 1 Wert 2 Wert 3 Wert 4 Wert 0 kann ich nicht beurtei- Zutreffend trifft überhaupt nicht zu trifft eher nicht zu trifft eher zu trifft voll und ganz zu len kann ich nicht beurtei- Zustimmung stimmt gar nicht stimmt eher nicht stimmt eher stimmt genau len kann ich nicht beurtei- Häufigkeit allgemein nie selten oft immer len kann ich nicht beurtei- Häufigkeit Stunden nie in einigen Stunden in den meisten Stunden in jeder Stunde len Rückmeldungen, Nachfragen und Ergänzungen gerne an jutta.wolff@ifbq.hamburg.de 1 Nicht behandelt werden weitere Frage- und Antwortformate, Themen rund um die Konstruktion eines eigenen Fragebogens (z.B. Generierung eines Itempools, Wahl der passenden Antwortskala, Aufbau des Fragebogens) und zur Durchführung einer Fragebogenerhebung. Seite 2 von 8
Tipps, die das Verstehen der Items unterstützen TIPP So lieber nicht Besser so Anmerkung 1 Aktiv statt Passiv Ich werde von meiner Lehrerin Meine Lehrerin unterstützt mich, Sätze im Aktiv sind leichter zu bei der Bearbeitung schwieriger wenn ich schwierige Aufgaben verstehen als im Passiv. Aufgaben unterstützt. bearbeite. 2 Überflüssiges weglassen Ich habe den Eindruck, dass ich Ich habe die Unterrichtsinhalte Die einleitende Phrase „Ich habe die Unterrichtsinhalte zum Thema zum Thema Evolution verstan- den Eindruck“ ist überflüssig, da Evolution verstanden habe. den. die Zustimmung über die Antwort- skala erfragt wird. 3 Verständliche Begriffe Im Unterricht kann ich zwischen Im Unterricht kann ich zwischen Probleme mit dem semantischen nutzen (adressatengerecht) Aufgaben auf unterschiedlichen leichten und schweren Aufgaben Verständnis (was soll ein Begriff Niveaustufen wählen. wählen. in einer Frage bedeuten) können auftreten, wenn ein Begriff unbe- kannt ist (das muss nicht immer nur ein Fremdwort sein!), er un- klar definiert ist (z.B. Nachbar- schaft, Familie) oder individuell interpretiert werden kann (z.B. Glück, Stress). Auch bei Nutzung von Abkürzungen wird ein Item möglicherweise nicht korrekt ver- standen. (Porst, S. 18ff.) 4 Quantifizierung vermeiden Im Unterricht kann ich oft zwi- Im Unterricht kann ich zwischen Quantifizierungen im Item vermei- schen leichten und schwierigen leichten und schweren Aufgaben den, da diese über die Antwort- Aufgaben wählen. wählen. skala erfolgt (Begriffe wie sehr, (Antwortskala: „nie“ bis „immer“ oder viel, nie, kaum, oft, meistens, ein „trifft gar nicht zu“ bis „trifft voll und bisschen, immer, alle, jederzeit) ganz zu“) 5 Nominalisierungen/Sub- Das Verstehen von Textaufgaben Es fällt mir leicht, Textaufgaben Die Studie von Göllner et al. stantivierung vermeiden im Mathematikunterricht fällt mir im Mathematikunterricht zu ver- ergab, dass sich Nominalisierun- und lieber Verben nutzen leicht. stehen. gen negativ auf das Itemver- Oder noch kürzer: ständnis von Schülerinnen und Ich verstehe die Textaufgaben im Schülern auswirken. Mathematikunterricht. Seite 3 von 8
TIPP So lieber nicht Besser so Anmerkung 6 Kurze Sätze, Hier ist mir kein Negativbeispiel Die Studie von Göllner et al. wenig Nebensätze untergekommen! Deshalb hier ergab, dass sich die Anzahl von ohne Beispiel… Nebensätzen negativ auf das Itemverständnis von Schülerinnen und Schülern auswirkt. Allerdings: Nebensätze lassen sich nicht komplett vermeiden! Tipps, um aussagekräftigere Daten zu erhalten TIPP So lieber nicht Besser so Anmerkung 7 Keine Sachverhalte Meine Nachhilfe erklärt mir Aufga- Wenn Sachverhalte erfragt wer- unterstellen ben so, dass ich sie verstehe. den sollen, die nicht für alle Be- fragten zutreffen (im Beispiel: Wenn meine Nachhilfe mir eine nicht alle Befragten haben eine Aufgabe stellt, verstehe ich, was Nachhilfe), muss es mindestens ich tun soll. die Möglichkeit geben, die Frage zu überspringen oder „kann ich nicht beurteilen“ zu wählen. Da- rauf sollten die Befragten hinge- wiesen werden. Konditionalver- knüpfung „Wenn…“ eher vermei- den. Lösen lässt sich die Proble- matik auch durch sogenannte Fil- terfragen – die im SEP jedoch nicht angeboten werden. 8 Ein Sachverhalt pro Item Meine Lehrerin erklärt Inhalte gut 1. Meine Lehrerin erklärt Inhalte Bei mehr als einem Sachverhalt und stellt sie interessant dar. gut. pro Item, ist nicht klar, auf wel- 2. Meine Lehrerin stellt Inhalte in- chen Sachverhalt sich die Ant- teressant dar. worten beziehen. Und-Verknüp- fungen sollten vermieden werden. Seite 4 von 8
TIPP So lieber nicht Besser so Anmerkung 9 Beobachtbares Verhalten Meine Lehrerin weiß, welche Meine Lehrerin gibt Hausaufga- Entscheidend ist in diesem Bei- erfragen, sofern möglich Hausaufgaben zu geben sind, da- ben, die mir helfen, den Inhalt der spiel, was die Lehrerin tut und mit ich den Inhalt der Stunde rich- Stunde richtig zu verstehen. nicht, was sie weiß. Und: Be- tig verstehe. obachtbares Verhalten lässt sich besser einschätzen als vermutete Verhaltenstendenzen. Es kann je- doch auch Situationen geben, in denen man, Nicht-Beobachtbares erfragen möchte. 10 Zeitbezug angeben Ich habe die Unterrichtsinhalte Ich habe die Unterrichtsinhalte Den Befragten muss klar sein, verstanden. der letzten Woche verstanden. auf welchen Zeitraum sich ihre Einschätzung beziehen soll (vgl. Göllner et al.). 11 Abwägen, ob die Ich-Per- Im Unterricht können wir uns gut Im Unterricht kann ich mich gut Oft ist die Ich-Perspektive aussa- spektive oder die Wir-Per- konzentrieren. konzentrieren. (Ich-Perspektive) gekräftiger, weil die Befragten nur spektive erfragt werden soll für sich selbst antworten. In der Wir-Perspektive müssen die Be- fragten die Erfahrungen ihrer Mit- schülerinnen und Mitschüler in ihr Urteil integrieren, was die Güte der Beurteilung einschränkt (vgl. Göllner et al.). Im Unterricht gehen wir respekt- Bei Sachverhalten, die sich auf voll miteinander um. (Wir-Per- eine Gruppe beziehen, kann die spektive) Wir-Perspektive sinnvoller sein. Seite 5 von 8
TIPP So lieber nicht Besser so Anmerkung 12 Inhaltlich positive Formu- An unserer Schule gehen die An unserer Schule gehen die Zustimmung bedeutet: es ist gut. lierung – und dies durch- Schüler und Schülerinnen un- Schüler und Schülerinnen freund- Im Falle von selbst erstellten Be- gängig freundlich miteinander um. lich miteinander um. fragungen zur Qualität eines Ge- genstandes ist es empfehlens- wert, die Items durchgängig in- haltlich positiv zu formulieren. Es erleichtert die Auswertung und In- terpretation der Ergebnisse, wenn ein hoher Mittelwert einheitlich eine positive Einschätzung be- deutet. Im Gegensatz dazu: In professionellen Diagnoseinstru- menten wird häufig die Antwort- richtung gewechselt. Damit soll der Gefahr begegnet werden, dass Befragte sozial erwünscht antworten und nach dem immer gleichen Muster antworten. 13 Sprachlich positive Formu- Im Unterricht etwas falsch zu ma- Ich traue mich, im Unterricht Feh- Negationen (nicht, keine, ohne) lierung (keine Verneinung) chen, ist nicht schlimm. ler zu machen. sind in der kognitiven Verarbei- tung anspruchsvoller. Es kommt Der Unterricht verläuft ohne Un- Der Unterricht verläuft störungs- häufiger zu Fehlantworten. terbrechungen. frei. 14 Konkret statt abstrakt Mein Lehrer unterrichtet individu- 1. Mein Lehrer gibt mir Hinweise, Die Frage nach konkretem Ver- alisiert. wie ich mich verbessern kann. halten lässt weniger Interpretati- 2. Mein Lehrer lässt mich zwi- onsspielraum als unklar definierte schen Aufgaben unterschiedli- Konstrukte (wie z.B. „schülerori- cher Schwierigkeit wählen. entiert“, „individualisiert“, „Mob- bing“…). Manchmal kann es sich anbieten, das Gemeinte durch Digitale Medien helfen mir, ver- Beispiele zu verdeutlichen (siehe schiedene Meinungen kennen zu auch 3. verständliche Begriffe). Seite 6 von 8
TIPP So lieber nicht Besser so Anmerkung Digitale Medien helfen mir, ver- lernen (z.B. durch Blogs und Fo- schiedene Meinungen kennen zu ren). lernen. 15 Lesbar und gendersensi- In meiner Klasse gehen die Schü- In meiner Klasse gehen die Schü- Zwischen Lesbarkeit und Gender- bel? ler*innen freundlich miteinander ler und Schülerinnen freundlich sensibilität muss abgewogen wer- um. (Schüler:innen, Schüler_in- miteinander um. den. Das Netzwerk Leichte Spra- nen, SchülerInnen, Schüler/-in- che empfiehlt für wenig lesekom- nen) petente Personen, die männliche Form zuerst zu nennen, da diese leichter lesbar ist. Seite 7 von 8
Tipps bei der Formulierung von mehreren Items TIPP So lieber nicht Besser so Anmerkung 16 Identischer Satzaufbau Angstfreie Atmosphäre Angstfreie Atmosphäre Ein identischer Satzaufbau er- Ich traue mich, mich im Unter- Ich traue mich, mich im Unter- leichtert das Erfassen des In- richt zu melden. richt zu melden. halts. Hier wird zusätzlich die Ne- Ich traue mich, im Unterricht Ich traue mich, im Unterricht gation („nicht schlimm“) vermie- etwas nachzufragen. etwas nachzufragen. den. Im Unterricht etwas falsch zu Ich traue mich, im Unterricht machen, ist nicht schlimm. Fehler zu machen. 17 Konsistente Wortwahl: ein- Meine Lehrerin zeigt uns, Meine Lehrerin zeigt uns, Für das Gleiche sollten identische heitliche Begriffe für Glei- wie wir unterschiedliche ma- wie wir unterschiedliche ma- Begriffe verwendet werden. ches. thematische Darstellungsfor- thematische Darstellungen men verwenden können (z. B. verwenden können (z. B. Ta- Tabelle, Formel, Graph). belle, Formel, Graph). wie wir unterschiedliche ma- wie wir unterschiedliche ma- thematische Darstellungen je thematische Darstellungen je nach Zweck passend auswäh- nach Zweck passend auswäh- len. len. wie wir Zusammenhänge zwi- wie wir Zusammenhänge zwi- schen unterschiedlichen ma- schen unterschiedlichen ma- thematischen Darstellungs- thematischen Darstellungen arten herstellen. herstellen. Ausgewählte Quellen Hense, J. & Rädiker, S. (2012). Dos & Don‘ts der Fragebogengestaltung. (liegt der Autorin vor) Göllner, R.; Wagner, W.; Klieme, E.; Lüdtke, O.; Nagengast, B.; Trautwein, U.: Erfassung der Unterrichtsqualität mithilfe von Schülerurteilen: Chancen, Grenzen und Forschungsperspektiven - In: Bundesministerium für Bildung und Forschung [Hrsg.]: Forschungsvorhaben in Ankopplung an Large-Scale-Assessments. Berlin : Bundesministerium für Bildung und Forschung 2016, S. 63-82. Verfügbar unter: https://www.pedocs.de/volltexte/2017/12674/pdf/Goellner_et_al_Er- fassung_der_Unterrichtsqualitaet_mithilfe_von_Schuelerurteilen.pdf Porst, R. (2011). Fragebogen. Ein Arbeitsbuch. VS Verlag für Sozialwissenschaften: Wiesbaden. https://de.wikipedia.org/wiki/Einfache_Sprache https://einfachesprachebonn.de/grundregeln_einfache_sprache.html Seite 8 von 8
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