TODESURSACHEN IM ZUSAMMENHANG MIT INFEKTIONEN DURCH SARS-COV-2 - UKE
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Todesursachen und Infektionen durch SARS-CoV-2 | BLICKPUNKT CORONA Todesursachen im Zusammenhang mit Infektionen durch SARS-CoV-2 Alexandra Ron, Prof. Dr. med. Klaus Püschel Hintergrund den durch die Gesundheitsämter nach Mit der starken Zunahme der Infektio- dem § 25 (4) des Infektionsschutzgeset- nen durch das neuartige Corona-Virus zes angeordnet. Bei steigenden Zahlen (SARS-CoV-2) in Deutschland seit Ende von Infektionen und entsprechenden Februar 2020 und der Erklärung der Todesfällen konnte das bisherige Vor- WHO einer weltweiten Pandemie am gehen nicht im gleichen Umfang fort- 11.03.2020 wurden schnelle und weit- geführt werden. Auch wenn aktuell reichende Entscheidungen der Bundes- nicht mehr jeder Fall obduziert wird, regierung getroffen, um das Infektions- werden alle an Covid-19 Verstorbenen geschehen in Deutschland einzudäm- in enger Zusammenarbeit mit den Ge- men. Das Ziel war und bleibt es, eine sundheitsämtern, Krankenhäusern, Haus Überlastung des Gesundheitssystems zu ärzten und Pflegeeinrichtungen zentral verhindern. im Institut für Rechtsmedizin registriert und analysiert. Hamburgs Vorgehen im Hinblick Parallel wurde ein systematisches auf SARS-CoV-2 Screening mittels eines Nasen-Rachen- Mit den ersten Verstorbenen infolge ei- Abstrichs aller in das Institut für Rechts- ner SARS-CoV-2-Infektion Ende März medizin eingelieferten und in den Kre- in Hamburg sah sich das Institut für matorien zu begutachtenden Toten eta- Rechtsmedizin am Universitätsklinikum bliert. Dieses Screeningverfahren erwies Prof. Dr. med. Klaus Püschel im Sekti- Hamburg-Eppendorf in der Verantwor- sich als sehr aufschlussreich – es kam onssaal des Instituts für Rechtsmedi- tung, die Pathogenese dieser sich ra- zu „Zufallstreffern“, die sonst unent- zin in Hamburg. sant ausbreitenden Lungenerkrankung deckt geblieben wären. Es konnte somit zu ergründen. Dabei hielten wir uns postmortal systematisch ein potentiel- monie durch COVID-19 todesursächlich. bewusst nicht an die Empfehlungen des ler Bezug der Corona-Infektion mit dem Unter den COVID-19 Sterbefällen wa- Robert Koch-Instituts zum Umgang mit Tod hergestellt und weiter analysiert ren bislang 112 Männer und 88 Frauen SARS-CoV-2-infizierten Verstorbenen, werden. mit einem Durchschnittsalter von 79,4 eine innere Leichenschau zu vermeiden. Jahren (Spannweite 31–99 Jahre; Abb. In den ersten 4 Wochen seit dem ersten Die ersten Obduktionsergebnisse 1). Die meisten infizierten Personen ver- Todesfall durch SARS-CoV-2-Infektio- aus Hamburg starben im Krankenhaus oder in einer nen in Hamburg wurde jeder durch Ab- Am 11.05.2020 lagen dem Institut für stationären Pflegeeinrichtung (Abb. 2). strich bestätigte Covid-19-Fall seziert – Rechtsmedizin 207 Fälle mit bestätig- Die Infektion der Atemwege und der diesem Bericht liegen die ersten 200 ten SARS-CoV-2-Nachweisen vor. Da- Lunge als terminal führende Todesur- Fälle zugrunde. Die Obduktionen wur- bei war in 200 Fällen eine Viruspneu- sache wurde regelmäßig von schweren kardiopulmonalen, malignen und neu- rologischen/neurodegenerativen Grund erkrankungen begleitet, gefolgt von bakteriellen und nosokomialen Infekti- onen, die mit der intensivtherapeuti- schen Behandlung und Langzeitbeat- mung einhergingen (Abb. 3). Unge- wöhnlich war die Erkenntnis, dass eine Vielzahl der Verstorbenen tiefe Bein venenthrombosen und rezidivierende Lungenembolien zeigten – ein Umstand, den es weiter zu erforschen gilt. Dieser Befund hat bereits Eingang in die Leit- linien verschiedener medizinischer Fach- gesellschaften gefunden. Die im Rah- men der Obduktionen gewonnen Gewe beproben aus sämtlichen Organen und Abb 1 Alters- und Geschlechtsverteilung unter COVID-19 Sterbefällen. Körperflüssigkeiten liefern entscheide- Nur zum privaten Gebrauch. © mhp Verlag GmbH, 2020 WUNDmanagement | 14. Jahrgang | 3/2020 133
BLICKPUNKT CORONA | Todesursachen und Infektionen durch SARS-CoV-2 dende morphologische und virologische Befunde und können mit den Krank- heitsverläufen korreliert werden. Dar- aus entstanden bundesweite wissen- schaftliche Kooperationen mit diversen medizinischen Forschungseinrichtun- gen. Problemfeld: chronische Wunden Aufgrund des Alters, der zugrunde lie- genden Ko-Morbiditäten und der aku- ten Infektion mit SARS-CoV-2 sind diese Patienten stark gefährdet, unter chronischen Wunden zu leiden. Das Ri- siko steigt, wenn eine invasive Beat- Abb 2 Einordnung der Sterbefälle bezüglich des Sterbeortes. mung und eine Behandlung auf einer Intensivstation notwendig werden. Im- Diagnosen und Ko-‐Morbiditäten der COVID-‐19 Sterbefälle mobilität nimmt zu, ebenso die aus der Infektion resultierenden septischen 100% Komplikationen. Spezielle Risiken be- 90% stehen in Endothelschäden, Hyperkoa- 80% gulabilität, Thrombosen und Embolien. 70% In solchen Fällen sehen sich die Be- 60% handler und Pflegenden mit lagebe- 50% dingten Geschwüren, thromboembo 40% lischen Komplikationen in Form von 30% venös und/oder arteriell begründeten 20% Ulzerationen und unter Umständen mi- 10% kroembolischen (auch septischen) Nek- 0% rosen der Akren konfrontiert. Während sich das Spektrum der Wundinfektio- nen in den meisten Fällen auf Bakteri- en und eventuell Pilze konzentriert, spielen die Viren bei Wundinfektionen, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle. Unter den untersuchten Verstor- benen zeigten sich in 12 Fällen (etwa Abb 3 Diagnosen und Ko-Morbiditäten der COVID-19 Sterbefälle. 10 % aller Fälle) chronische Wunden in Form von leichtgradigem Dekubitus Grad Chronische Wunden bei Covid-‐19 Sterbefällen I und II (3 Fälle), Dekubitus Grad III und IV (5 Fälle), Ulcus cruris bei be- kannter Varikosis (1 Fall), einem Unter- schenkelgeschwür mit Knochenbetei ligung bei bekannter pAVK (1 Fall) sowie Gewebsnekrosen an Zehen und Dekubitus Grad I -‐ II Fingern (3 Fälle). In unserem Untersuchungskollektiv Dekubitus Grad III -‐ IV gab es bisher keine Hinweise, dass chronische Wunden in einem Zusam- Arteriell oder venös bedingte menhang mit dem tödlichen Gesche- Ulzerationen hen standen. Andererseits liegen uns Embolische Nekrosen keine Daten vor, wie viele dieser Wun- den erst seit dem Krankheitsbeginn aufgetreten sind oder sich danach ver- stärkt haben. Nach hiesiger Einschät- zung dürfte es sich bei den meisten Fäl- len um bereits vor dem Krankheitsaus- bruch mit dem Corona-Virus bestehen- Abb 4 Chronische Wunden bei COVID-19 Sterbefällen. de chronische Wunden handeln. 134 WUNDmanagement | 14. Jahrgang | 3/2020 Nur zum privaten Gebrauch. © mhp Verlag GmbH, 2020
Todesursachen und Infektionen durcht SARS-CoV-2 | BLICKPUNKT CORONA Hingewiesen wird auf das in Hamburg der notwendigen Hygienemaßnahmen 3. P uelles V, Lütgehetmann M, Linden- seit mehr als 20 Jahren bewährte De- und mit der angemessenen Schutzbe- meyer M, Sperhake et al.: Multi-organ kubitus-Monitoring, das im Zuge der kleidung stattfinden können und sol- and renal tropism of SARS-CoV-2, New England Journal of Medicine 2020. zweiten Leichenschau vor Einäscherung len. Es ist noch zu früh, eine Bilanz zu 4. P üschel K, Aepfelbacher M: Obduktio- nach einem standardisierten Protokoll ziehen – die Krise wird die Schwächen nen sind keinesfalls obsolet, Deutsches durchgeführt wird. Wir konnten bislang in der ambulanten und stationären Pa- Ärtzeblatt 2020. keinen Anstieg der schweren Durchlie- tientenversorgung verdeutlichen und gegeschwüre in der ersten Jahreshälfte hoffentlich zielgerichtete, pragmatische Alexandra Ron im Vergleich zum Vorjahr feststellen. und evidenzbasierte Innovationen för- Prof. Dr. med. Klaus Püschel dern. Universitätsklinikum Hamburg- Fazit Eppendorf (UKE) Das Management chronischer Wunden Quellen und weiterführende Institut für Rechtsmedizin stellt zu Zeiten der Pandemie die Pfle- Literatur: Butenfeld 34 ger und Pflegerinnen vor neue Heraus- 1. Sielaff M, Püschel K: Mit Druck umge- 22529 Hamburg forderungen, die auch darin liegen, den hen. 20 Jahre Dekubitus-Monitoring für E-Mail: a.ron@uke.de Spagat zu schaffen, eine weiterhin opti- die Pflege in Hamburg. Hamburgische male Wundversorgung zu leisten, ohne Pflegegesellschaft e.V. Hamburg 2017. 2. W ichmann D, Sperhake JP et al.: Au- sich selbst und andere zu gefährden. topsy findings and venous thromboembo- Wir vertreten den Standpunkt, dass lism in patients with COVID-19: a pros- pflegerische, physiotherapeutische und pective cohort study, Annals of Internal ärztliche Maßnahmen unter Einhaltung Medicine 2020. Aktualisieren oder erstellen Sie Ihr Qualität in der Hygiene Basiswissen Hygienekonzept, das jeder Überprü- Hygiene Andreas Schwarzkopf fung standhält und positionieren Sie Zielgruppe: Die Hygiene einer Arztpraxis wird heute sich auch gegenüber Ihren Patienten Hygiene ng. erfahrungsgesmäß in die Hände von medizinischen Fachangestellten gelegt, die als Hygienebeauftragte den Hygieneplan erstellen und aktuell halten sollen. Diese Berufsgruppe ist daher die primäre Zielgruppe des Themenhefts, aber auch Praxisinhaber und als eine Arztpraxis, die verantwor- in der hygienebeauftrage Ärzte finden hier einen guten tungsbewusst handelt und die alle Überblick. e Autor: Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Schwarzkopf ist Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie HYGIENE in der Arztpraxis hygienischen Standards erfüllt. Arztpraxis nd mit langjähriger Lehrtätigkeit in verschiedenen Einrichtungen. Er ist Krankenhaushygieneberater und Basiswissen Hygiene: HYGIENE in der Arztpraxis Fachleiter der Hygieneakademie Bad Kissingen. Grundlagen für die Erstellung 4., vollständig überarbeitete Auflage 2019 eines Hygienekonzepts Fachlich exzellent aufbereitet be- 4., vollständig überarbeitete Auflage handelt jedes einzelne Kapitel einen Themenbereich in verständlicher Sprache; zusätzliche praktische Hinweise und Abbildungen an den Seitenrändern erleichtern die Orientierung und helfen beim schnel- len Nachschlagen. 4., vollständig überarbeitete Auflage 2019 mhp Verlag GmbH Wiesbaden mhp Verlag GmbH Wiesbaden von Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Schwarzkopf 128 Seiten, DIN A4, Broschur, 28 farbige Abbildungen Checklisten online, ISBN 978-3-88681-158-8 28,60 € inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten Weitere Informationen unter http://shop.mhp-verlag.de/ Nur zum privaten Gebrauch. © mhp Verlag GmbH, 2020 WUNDmanagement | 14. Jahrgang | 3/2020 135
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