TRANSFER VON FACHINHALTEN IN DAS PRAKTIKUM PROJEKTERGEBNISSE UND MATERIAL DES PROJEKTES POTENTIALE STUDENTISCHER PRAKTIKA
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TRANSFER VON FACHINHALTEN IN DAS PRAKTIKUM � PROJEKTERGEBNISSE UND MATERIAL DES PROJEKTES POTENTIALE STUDENTISCHER PRAKTIKA Gefördert durch die
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 4 1.1 Das Projekt Potentiale studentischer Praktika besser nutzen – ein bundesweites Desiderat in der Hochschulbildung 4 1.2 Aufbau der Broschüre 7 1.3 Zentrale Begriffe des Projekts 7 2 Empirische und erfahrungsbasierte Befunde zur Nutzung von fachlichem Transfer durch ein Praktikum 8 2.1 Studium und Praxis verbinden 8 2.1.1 Die Rolle von Studierenden im Praktikumsprozess 9 2.1.2 Ausgangslage zu Projektbeginn: Die Online-Befragung „Studentische Praktika 2018” 10 2.1.3 Abgeleitete Erkenntnisse und Maßnahmen: E-Learning-Einheit und Workshopkonzepte 14 2.2 Mehrwert aus der akademischen Lehre generieren 16 2.2.1 Die Rolle von Lehrenden im Praktikumsprozess 16 2.2.2 Ausgangslage zu Projektbeginn: Zusammenarbeit mit Lehrenden durch Gespräche 17 2.2.3 Abgeleitete Erkenntnisse und Maßnahmen: Zusammenarbeit in Lehrveranstaltungen 18 2.2.4 Abgeleitete Erkenntnisse und Maßnahmen: Gespräche mit aus Lehrveranstaltungen gewonnenen Studierenden 20 2.3 Wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis nutzen 21 2.3.1 Die Rolle von Arbeitgeber*innen im Praktikumsprozess 21 2.3.2 Ausgangslage zu Projektbeginn: Arbeitgeberstudie und -workshops 22 2.3.3 Abgeleitete Erkenntnisse und Maßnahmen: Leitfaden Praktikum für Arbeitgeber*innen 24 2.4 Zusammenführung der Erkenntnisse 27 2.4.1 Gemeinsamkeiten in Zielen und Meinungen 27 2.4.2 Bedeutung und Anwendung von Kompetenzen im Vergleich 28 2.4.3 Auslegung von Qualitätsmerkmalen eines Praktikums 29 2.4.4 Abgeleitete Erkenntnisse aus dem Zusammenspiel der Zielgruppen 30 3 Das Praktikum als Lehr-Lern-Instrument – Ein Modell zur Förderung der Transferkompetenz durch ein Praktikum 32 3.1 Transferkompetenz stärken – was heißt das eigentlich? 33 3.2 Lesarten des Modells – wie ist das Modell aufgebaut? 35 3.3 Übertragbarkeit und Anpassungsmöglichkeiten 39 4 Fazit 40 Literatur 42 Impressum 43 2 3
1 EINLEITUNG 1 Einleitung Projektverlauf Praktika sind aus dem Hochschulalltag nicht mehr wegzudenken, dennoch finden sie als Qualifikationsformat Zielgruppen Alle drei Zielgruppen wurden in den Projektverlauf wenig systematische Beachtung im Hochschulstudium. Die Erfahrungen in der Career-Service-Arbeit zeigen, gleichberechtigt integriert. Zu Projektbeginn wurde durch dass Fachstudium und Praktikum inhaltlich oft unverbunden nebeneinander stehen und es häufig dem Zufall Das Projekt berücksichtigte gleichermaßen die Pers- Literaturstudium eine wissenschaftliche Grundlage über bzw. allein den Studierenden überlassen ist, Verknüpfungen herzustellen. Eine stärkere inhaltliche Verbindung pektiven von Studierenden, Lehrenden und Arbeit- die Zielgruppen, über Praktika und Transfer geschaffen. zwischen Fachstudium und Praktikum kann jedoch zur Qualitätssteigerung sowohl des Studiums als auch des geber*innen, denn „[d]a die am Praktikum beteiligten Auf deren Basis wurden Befragungen von Studierenden, Praktikums beitragen. Akteursgruppen oftmals sehr unterschiedlich sind Lehrenden und Arbeitgeber*innen mithilfe von Online- und entsprechend differierenden Interessen und Fragebögen, Workshops und Gesprächen durchgeführt. Diese Erfahrungen stützt das Fachgutachten „Qualitätsstandards für Praktika. Bestandsaufnahme und Logiken folgen, gilt es auch dieses Spannungsfeld zu Auf der Auswertung der Befragungsergebnisse beruhend Empfehlungen“ von Schubarth et al. Demnach wünschten sich Studierende und Arbeitgeber*innen mehr beachten und zu gestalten“ (Männle, 2019, S.100). wurden explorative Maßnahmen abgeleitet, die für und Praxisbezüge im Studium, Lehrende hätten unterschiedliche Haltungen dazu. Praktika müssten jedoch als mit den Zielgruppen durchgeführt wurden. wichtiger, gleichberechtigter Lernort anerkannt sein, da es hier Potential für einen Theorie-Praxis-Transfer Studierende, Lehrende und Arbeitgeber*innen nehmen und Kompetenzerwerb gäbe. Praktika dürften nicht nur formal ein curricular integrierter Bestandteil von verschiedene Rollen im Praktikumsprozess ein. Im Die Erkenntnisse und Erfahrungen, die die Befragungen universitärem Studium sein, sondern müssten vor allem durch Betreuung und Begleitung gefördert werden universitären Praktikum sind Studierende Lernende – sowie die explorativen Maßnahmen hervorbrachten, (Ulbricht/Schubarth 2016). sowohl an der Universität sowie im Praktikum – und flossen in ein interaktives Modell ein, welches das nehmen eine Doppelfunktion als Student*in und als zentrale Ergebnis des Projekts ist. Das Modell zur Praktikant*in ein. Lehrende sind an vielen Universitäten Förderung der Transferkompetenz durch ein Praktikum 1.1 Das Projekt Potentiale studentischer Praktika bisher noch relativ wenig in den Praktikumsprozess stellt relevante Einflussfaktoren für einen bewussten involviert, können aber einen wichtigen Beitrag dazu und förderlichen Transfer im Praktikum systematisch besser nutzen – ein bundesweites Desiderat leisten, dass Studierende einen Transfer zwischen dar und gibt Anhaltspunkte, wie Studierende, Lehrende Fachstudium und Praktikum ziehen können. Arbeit- oder Arbeitgeber*innen einen Beitrag zur Verknüpfung in der Hochschulbildung geber*innen sind die inhaltlich und organisatorisch von Theorie und Praxis in einem Praktikum leisten Verantwortlichen eines Praktikums und sind für Studie- können. Das Modell stützt sich zum einen auf Theorien rende wichtige Ansprechpartner*innen aus der Praxis. über Transfer aus der Literatur, zum anderen auf Er- Die Erfahrungen der eigenen Career-Service- dazu zu leisten, das universitäre Praktikum zu einem Arbeit, das Fachgutachten von Schubarth und Lehr-Lern-Instrument zu entwickeln und somit die Quali- DER WEG ZUM MODELL der Wunsch das studentische Praktikum als tät von universitären Praktika insgesamt zu erhöhen. Lehr-Lern-Instrument zu etablieren, waren Das Projekt stellte das Thema Transfer – die intensivere Wissenschaftliche Grundlagen (Literaturrecherche) die Ausgangslage für das Projekt Potentiale Einbeziehung des Fachwissens von Studierenden in studentischer Praktika besser nutzen – ein Aufgaben im Praktikum – ins Zentrum seiner Arbeit. Befragungen und Gespräche bundesweites Desiderat in der Hochschul- Die erfolgten Projektaktivitäten zielten darauf ab, Er- 2018 bildung, das von 2018 – 2020 durch die kenntnisse über die Einstellungen der drei am Prakti- Stiftung Mercator gefördert und von kum beteiligten Gruppen – Studierende, Lehrende und Lehrende Studierende AG*innen den Career Services der Universitäten Arbeitgeber*innen – zu sammeln, Maßnahmen für Auswertung Auswertung Auswertung Hannover, Münster und Düsseldorf diese Zielgruppen zur Integration von Fach-Transfer in umgesetzt wurde. Praktika zu entwickeln und die Projektergebnisse ab- schließend in einem grafischen Modell übersichtlich dar- Das übergeordnete Ziel des Projekts zustellen. Zu guter Letzt beabsichtigte das Projekt eine war, die Verbindung von Theorie und Übertragbarkeit des Modells auf andere Universitäten, Erkenntnisse, 2019 Praxis zu stärken und einen Beitrag um eine nachhaltige Nutzung dessen zu ermöglichen. Explorative Maßnahmen, Beginn Modellentwicklung Modellentwicklung 2020 Tagung Abschlusspublikation Abb. 1: Projektverlauf 4 5
1 EINLEITUNG 1.2 Aufbau der Broschüre Diese Broschüre stellt die zentralen Projektergebnisse Das dritte Kapitel widmet sich dem Kernstück des vor und folgt dabei dem bereits beschriebenen Projekt- Projekts: dem Modell zur Förderung der Transferkom- verlauf: Im zweiten Kapitel werden die Rollen von petenz durch ein Praktikum. Hier wird die Bedeutung Studierenden, Lehrenden und Arbeitgeber*innen im der Stärkung von Transferkompetenz beleuchtet und Praktikumsprozess geschildert sowie die Befragungen anschließend der Aufbau des Modells sowie dessen der Zielgruppen, deren Ergebnisse und Ableitungen Inhalte vorgestellt. Im letzten Schritt geht es um Über- fürdas Projekt vorgestellt. Ebenfalls werden die aus tragungsmöglichkeiten auf andere Universitäten und den Befragungsergebnissen abgeleiteten explorativen das Potential zur Weiterarbeit am Modell. Das Fazit Maßnahmen für Studierende, Lehrende und Arbeit- fasst den Verlauf des Projekts und seine wichtigsten geber*innen sowie in diesem Rahmen entstandene Ergebnisse zusammen. Materialien dargestellt. Das zweite Kapitel schließt mit der Konsolidierung der Befragungsergebnisse aller drei Zielgruppen. 1.3 Zentrale Begriffe des Projekts Das Projekt bezog sich auf Praktika, die Studierende bei unterscheiden bzgl. Transfer zwischen der „Inhalts- Arbeitgeber*innen absolvieren, jedoch nicht auf Prak- komponente“ und der „Kontextkomponente“: Es wird tika im Lehramtsstudium, vor Beginn des Studiums oder zwischen Inhalten („Was wird transferiert?“) und An- innerhalb von Lehrveranstaltungen (z.B. experimentelle lässen für eine Transfersituation („Wann und wo wird Übungen, Exkursionen o.ä.). Betrachtet wurden sowohl transferiert?“) differenziert (ebd., S. 145). freiwillige als auch Pflichtpraktika im Kontext eines uni- versitären Studiums. Das Projekt versteht das Praktikum Das Projekt entwickelte eigene Begriffe, um den Transfer als „eine Studienform, die im zeitlichen und konzep- innerhalb der Praktikumssituation während des univer- kenntnisse und Erfahrungen des Projekts Potentiale tionellen Bezug zum Studium steht, dessen Lernzielen sitären Studiums näher zu bezeichnen. Als Transfer- studentischer Praktika. Das Modell stellt vor, wie das und dessen Qualitätsansprüchen folgt. Es orientiert praktikum oder transferorientiertes Praktikum wird Praktikum zu einem Lehr-Lern-Instrument zur Entwick- sich aber an dem organisatorischen und räumlichen ein Praktikum verstanden, welches inhaltlich mit dem lung der Transferkompetenz von Studierenden werden Rahmen des Praktikumsortes (z.B. Betrieb, Organisa- Fachstudium verknüpft ist (Definition des Projekts). In kann, indem es Einflussfaktoren beschreibt, die diesen tion, etc.)“ (Weil/Tremp, 2010, S. 3). Das Praktikum Anlehnung an Hasselhorn und Gold werden die Aspekte Kompetenzerwerb fördern. Es wurde für die didaktische Alle Projektergebnisse wurden auf einer digitalen gehört also inhaltlich zum Fachstudium – zum univer- „Inhaltskomponente“ und „Kontextkomponente“ bezo- Hochschulpraxis und als Instrument für die Lehrent- Abschlusstagung im September 2020 vorgestellt und sitären Lehr- und Lernort – und wird organisational bei gen auf ein universitäres Praktikum wie folgt verstanden: wicklung konzipiert. Hauptzielgruppe für das Modell sind seitdem öffentlich zugänglich und nutzbar. Zudem Arbeitgeber*innen – an einem außeruniversitären sind Hochschulmitarbeiter*innen wie Lehrende, Prak- wurde im November 2020 ein Netzwerk initiiert, dessen Lernort – durchgeführt. Transferinhalt als Inhaltskomponente: tikumsbeauftragte und Career-Service-Mitarbeitende, Mitglieder zukünftig das Modell oder Aspekte dessen Als Transferinhalt werden (Fach)-Wissen, Theorien, die das Thema Transfer von Fachinhalten in studentische in ihre Arbeitsbereiche übertragen und gemeinsam das Kernthema des Projekts war der Transfer von Fachin- Methoden usw. aus dem Studium verstanden. Praktika in ihre eigene Arbeit integrieren möchten. Modell weiterentwickeln wollen. Durch die Veröffent- halten aus dem Studium in Aufgaben des Praktikums. Transferanlass als Kontextkomponente: Für die individuelle Arbeit sind im Modell Materialien lichung der Ergebnisse und das neu gegründete Netz- Transfer wird dabei lernpsychologisch definiert als Unter Transferanlass werden beispielhafte eingebunden, die als Inspiration für die eigene Arbeit werk strebte das Projekt zu seinem Abschluss hin die „[d]ie erfolgreiche Anwendung des zuvor angeeigneten Situationen (z. B. in einem Praktikum) verstanden, dienen können. Dies sind je ein Leitfaden für Lehrende, nachhaltige Nutzung und Wirkung der Projektergeb- Wissens bzw. der erworbenen Fertigkeiten im Rahmen in denen die Übertragung von Transferinhalten, also Praktikumsberatende und Arbeitgeber*innen, Konzepte nisse an. einer neuen, in der Situation der Wissens- bzw. Fertig- (Fach-)Wissen, Theorien, Methoden usw. aus dem für Trainer*innen von Studierendenworkshops und keitsaneignung noch nicht ersichtlichen Anforderung [...]” Studium auf neue Frage- und Aufgabenstellungen eine E-Learning-Einheit für Studierende. (Hasselhorn/Gold, 2017, S. 142). Hasselhorn und Gold eingeübt werden (vgl. Eimer et.al. 2019, S. 88f). www.zqs.uni-hannover.de/de/ sk/praxis/potentiale-praktika 6 7
2 EMPIRISCHE UND ERFAHRUNGSBASIERTE BEFUNDE ZUR NUTZUNG VON FACHLICHEM TRANSFER DURCH EIN PRAKTIKUM 2 Empirische und 2.1.1 Die Rolle von Studierenden im Praktikumsprozess erfahrungsbasierte Studierende sind die zentralen Akteur*innen in einem als auch weiterer Fähigkeiten wie persönlichen und Praktikum und üben eine Doppelfunktion als Student*in sozialen Kompetenzen. Für einen gelungenen Transfer und Praktikant*in aus. Das verbindende Element in von Fachinhalten in Praktikumsaufgaben ist es aus Befunde zur Nutzung dieser Doppelfunktion ist ihre Rolle als Lernende. Sie Projektsicht förderlich, wenn Studierende beschreiben verlassen den Lernort Universität, um für einen be- können, welche Fachinhalte aus dem Studium (Metho- stimmte Zeit Erfahrungen an einem außeruniversitären den, Theorien, Fachwissen) sie während eines Praktikums Lernort zu sammeln und kehren anschließend wieder anwenden können und wollen. Für die Identifikation, von fachlichem Transfer an die Universität zurück. Nach Weil und Tremp besteht Anwendung und Reflexion von Transferinhalten aus dem eine Herausforderung darin „die Vorteile des Praktikums Studium ist es förderlich, Studierende in der Prakti- (Realitätsnähe, Handlungsbezug oder Eigenverant- kumsvorbereitung, während des Praktikums und auch wortung) mit den Qualitätsansprüchen des Studiums bei der Reflexion nach Absolvieren eines Praktikums zu durch ein Praktikum (Wissenschaftlichkeit, Originalität und Eigenständig- begleiten. Hierzu wurden im Projekt Maßnahmen und keit) zu verbinden und dabei auch die Unterschiede Materialien für die Unterstützung von Studierenden in den Handlungslogiken zu berücksichtigen“ (Weil/ entwickelt. Tremp 2010, S.2). Männle versteht das studentische Praktikum „[a]ls Teil des Studiums, der sich explizit auf Um eine Ausgangsbasis für das Projekt zu schaffen, wurden Daten zu allen drei Zielgruppen – Studierende, das Verhältnis von berufspraktischem Handeln und Lehrende und Arbeitgeber*innen – gesammelt. Diese Daten basieren auf wissenschaftlicher Literatur sowie theoretischem Wissen bezieht“ (Männle 2019, S.90). darauf aufbauend auf eigenen Erhebungen. Die jeweilige methodische Vorgehensweise wurde an die Ziel- Das Praktikum sei ein Ort, an dem Studierende Heraus- setzungen, den bisherigen Kenntnisstand und die Reichweite der möglichen Zusammenarbeit angepasst. forderungen der Praxis erfahren, diese wissenschaft- lich einordnen und bewerten können und auch sollen Im Nachfolgenden werden die zielgruppenspezifischen Vorgehensweisen erläutert. Neben der Ergebnis- (ebd.). Es gelte, „Praktika als wichtigen, gleichberech- präsentation liegt ein wesentlicher Fokus in der prozessualen Darstellung, um die Erfahrungen aus dem Projekt tigten Lernort an[zu]erkennen“ (ebd., S. 91). für andere nutzbar zu machen und ein Verständnis für die jeweiligen (anderen) Zielgruppen zu ermöglichen. Gerade Transfer lässt sich in einer außeruniversitären Die Gesamtvorgehensweise des Projektes erfolgte prozessorientiert, um ein schrittweise auf den jeweils Lernsituation sinnvoll einüben, da ein Praktikum bereits gemachten Erfahrungen aufbauendes Arbeiten zu ermöglichen. Dieses agile Handeln führte zu andere Lernmöglichkeiten als universitäre Lehr- einem sehr dynamischen Prozess, der nicht immer gradlinig verlief, aber Ergebnisse aus den Erfahrungen formate bietet (vgl. Weil/Tremp 2010). An und Erkenntnissen pro Zielgruppe bestmöglich berücksichtigte. der Universität sind Studierende an erster Stelle mehrheitlich Empfänger*innen Die Ergebnisse aus der Zusammenarbeit mit den Zielgruppen werden nachfolgend jeweils in einem Drei- von Fachwissen, im Praktikum sind schritt erläutert: Zuerst wird die Rolle der Zielgruppe im Praktikumsprozess in Bezug zum Lernort Universität sie überwiegend Anwender*in- bzw. Praktikum erläutert, anschließend wird die Ausgangsbasis in Form erster Erhebungen oder Gespräche nen von sowohl Fachwissen dargelegt, um abschließend die Vorgehensweise und die Ableitungen aus diesen Erhebungen zu präsentieren. „Gerade Transfer Das Kapitel schließt mit einer Darstellung der Konsolidierung der Befragungsergebnisse sowie mit den Er- läuterungen, wie diese im weiteren Projektverlauf für die Materialienerstellung genutzt wurden. lässt sich in einer 2.1 Studium und Praxis verbinden außeruniversitären Lernsituation sinnvoll einüben, da ein Studierende haben die zentrale Rolle im Praktikums- Transfer im Praktikum zu erleben. Im Folgenden wird prozess. Beide Orte, Universität wie auch Praktikums- die Vorgehensweise des Projekts hinsichtlich der Ziel- Praktikum andere stelle, sind Lern- und Lehrorte und können über die gruppe Studierende vorgestellt. Die Ergebnisse der praktische Anwendung bereits erlernten (Fach-)Wissens Studierendenbefragung „Studentische Praktika 2018“ Lernmöglichkeiten inhaltlich miteinander verknüpft werden. Das Projekt und die daraus abgeleiteten Erkenntnisse werden Potentiale studentischer Praktika berücksichtigte die dargestellt sowie entwickelte Maßnahmen und An- als universitäre Perspektive der Studierenden und entwickelte Maß- gebote für Studierende beschrieben. nahmen und Angebote, die sie dabei unterstützen, Lehrformate bietet.“ (Weil/Tremp 2010) 8 9
2 EMPIRISCHE UND ERFAHRUNGSBASIERTE BEFUNDE ZUR NUTZUNG VON FACHLICHEM TRANSFER DURCH EIN PRAKTIKUM 2.1.2 Ausgangslage zu Projektbeginn: Die Online-Befragung „Studentische Praktika 2018” 1 2 3 4 5 Mit dem Ziel, die Einstellungen von Studierenden zu Qualitätskriterien sowie die Anwendung unterschied- Praktika und ihre Erfahrungen mit Praktika zu erfassen, licher Kompetenzen im Praktikum sind und beantwor- wichtige Ergänzung zum Studium 4,2 führte das Projekt 2018 die quantitative Befragung teten statistische Fragen zur eigenen Person. Darüber „Studentische Praktika 2018“ durch (Erhebungszeit- hinaus widmete sich ein Fragenblock den persönlichen bestimmtes Berufsfeld kennenlernen 4,1 raum: Oktober – Dezember 2018). Der Online-Frage- Erfahrungen mit dem zuletzt absolvierten Praktikum. 4,1 Berufserfahrung sammeln bogen richtete sich an alle Studierenden der Leibniz Diese wurden nur denjenigen Studierenden gestellt, Universität Hannover (LUH), unabhängig davon, ob die bereits über Praktikumserfahrungen verfügen. sinnvoll für Karriere 3,9 bereits ein Praktikum absolviert wurde oder nicht. berufliche Orientierung 3,8 Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse der Zur Vorbereitung des Fragebogens fanden Gespräche Studierendenbefragung vorgestellt (vgl. Waldermann Leistungspunkte 3,7 mit vier Praktikumsbeauftragten der LUH statt, um 2019). Insgesamt nahmen 1.260 Studierende an der wichtig für den Lebenslauf 3,6 einen Überblick zur aktuellen Lage von studentischen Befragung teil, wovon 114 Fragebögen in englischer Praktika in verschiedenen Fakultäten (Naturwissen- Sprache ausgefüllt wurden. Es nahmen etwas mehr Anwendung des Gelernten aus dem Studium 3,4 schaften, Wirtschaftswissenschaften, Maschinenbau, Frauen (54,6%) als Männer (44,9%) an der Befragung teil weiteres Studium an Praxiserfahrung ausrichten 3,3 Elektrotechnik und Informatik) zu erhalten. In diesen und der Großteil der Teilnehmenden war 18–25 Jahre Gesprächen wurde eruiert, inwiefern Transfer zwischen alt. Die Verteilung zwischen den neun Fakultäten der (bestimmten) Arbeitgeber kennenlernen 3,1 Studium und Praktikum innerhalb verschiedener Studien- LUH war recht ausgeglichen. 519 Teilnehmende (41,2%) gänge relevant ist. Laut Praktikumsbeauftragten spiele hatten bereits mindestens ein Praktikum absolviert. Geldverdienen 1,9 dies bisher kaum eine Rolle. Eine wichtige Erkenntnis aus den Gesprächen war, dass Studierende der Naturwissen- Die Befragungsergebnisse ergaben zur Einstellung zu Es werden Mittelwerte angezeigt. 1 = gar nicht wichtig bis 5 = sehr wichtig schaftlichen Fakultät unter dem Begriff „Praktikum“ das Praktikum und Transfer, dass für 79,2% der Befragten Lehrformat der experimentellen Übung verstehen und das Praktikum persönlich wichtig bis sehr wichtig ist. Abb. 2: Gründe für ein Praktikum, n = 518, Frage nach Leistungspunkten n = 327 (Waldermann 2019) nicht in erster Linie an die Mitarbeit bei außeruniver- Unter denjenigen, die bereits ein Praktikum absolviert sitären Arbeitgeber*innen denken. Dies hatte einen haben, sind es sogar rund 84 %. In dieser Gruppe zeigt großen Einfluss auf die Auswahl der Begrifflichkeiten sich ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen Mit ihren Praktikumsaufgaben sind 75,7% der Befragten Den befragten Studierenden ist die An- im Fragebogen, da sich dieser nur auf Praktika bei Arbeit- Studierenden, die ein Pflichtpraktikum (Mittelwert = 4,2; zufrieden bis sehr zufrieden. Sie bewerteten, wie wichtig wendung von fachlichen, methodischen, geber*innen beziehen sollte. Im Fragebogen wurde 1 = gar nicht wichtig, 5 = sehr wichtig) und Studieren- ihnen die Anwendung verschiedener Kompetenzen im sozialen und persönlichen Kompetenzen daher deutlich nach Praktika bei Arbeitgeber*innen den, die ein freiwilliges Praktikum (M = 4,7) absolviert Praktikum ist und gaben an, wie stark sie im Praktikum gleich wichtig (M = 4,15/4,1). Sie gefragt, Erfahrungen mit Praktika im Lehramtsstudium, haben. Die meisten Studierenden stimmten der Aus- die Gelegenheit hatten, diese Kompetenzen anzuwen- gaben jedoch an, dass gerade innerhalb universitärer Lehrveranstaltungen (z. B. expe- sage (voll) zu, dass im Studium erworbene Kompeten- den. Die Kompetenzen wurden im Fragebogen mit Anwendungsmöglichkeiten für rimentelle Übungen, Laborpraktika, Exkursionen) oder zen im Praktikum angewandt werden sollten (78,2%) folgenden Beispielen (nach Kopf et al. 2010) versehen: fachliche Kompetenzen im vor Beginn des Studiums wurden nicht erhoben. und wünschen sich einen engeren Zusammenhang Praktikum im Vergleich zu zwischen Studium und Praktikum (68,5%). fachliche Kompetenzen: den Anwendungsmög- Zudem wurde der Fragebogen im Vorfeld sehr eng mit z. B. studienfachspezifisches Wissen lichkeiten anderer demjenigen für die Arbeitgeber*innen (Befragung Ein Teil des Fragebogens bezog sich auf die Erfahrungen methodische Kompetenzen: Kompetenzarten Universität Düsseldorf) abgestimmt, welcher zeitgleich mit dem letzten Praktikum und wurde von den 519 z. B. Problemlösungsfähigkeit; fehlten. im Projekt entwickelt und durchgeführt wurde. Somit Studierenden, die bereits ein Praktikum absolviert analytische Fähigkeiten wurde gewährleistet, dass beide Fragebögen dieselben hatten, beantwortet. Die drei meistgenannten Gründe soziale Kompetenzen: Definitionen und Begrifflichkeiten sowie stellenweise für ein Praktikum sind demnach (5er-Skala: 1 = trifft z. B. Kommunikationsfähigkeit; gleiche Fragestellungen verwendeten, um die Befra- gar nicht zu; 5 = trifft voll zu): a) das Praktikum als Konfliktmanagement; Teamfähigkeit gungsergebnisse vergleichbar zu machen. bedeutsame Ergänzung zum Fachstudium (M = 4,2), persönliche Kompetenzen: b) das Kennenlernen bestimmter Berufsfelder (M = 4,1) z. B. Fähigkeit, sich auf veränderte Der Fragebogen für Studierende wurde in deutscher sowie c) das Sammeln von Berufserfahrung (M = 4,1). Umstände einzustellen; Reflexionsfähigkeit; und englischer Sprache formuliert und war so aufgebaut, Selbstmanagement/-organisation dass alle Teilnehmenden – ob mit oder ohne Praktikums- Der Transfer, also die Anwendung des Gelernten aus erfahrung – zunächst Fragen zu ihren Einstellungen zu dem Studium, stellt nicht den wesentlichsten Grund für Praktikum und Transfer beantworteten. Beide Gruppen ein Praktikum dar, doch ist er für Studierende dennoch bewerteten zudem, wie wichtig ihnen bestimmte ein wichtiger Aspekt im Rahmen ihrer Praktika (M = 3,4). 10 11
2 EMPIRISCHE UND ERFAHRUNGSBASIERTE BEFUNDE ZUR NUTZUNG VON FACHLICHEM TRANSFER DURCH EIN PRAKTIKUM fachliche Kompetenzen 4,15 3,3 Bisher können eher wenige Studierende der LUH von inhaltliche Schwerpunkte und entwickeln Kompetenzen, den vielfältigen Einflussmöglichkeiten eines Praktikums um den universitären Alltag besser bestreiten zu können. auf das weitere Studium profitieren: 43% schöpfen Manche Studierende profitieren in Bezug auf die Wahl persönliche methodische durch das Praktikum neue Motivation für ihr Studium des Master-Studiums (17%) oder auch in Bezug auf das 4,15 4,1 3,6 4,15 und über 20 % setzen mithilfe des Praktikums neue Thema der Abschlussarbeit (13%) von ihrem Praktikum. Kompetenzen Kompetenzen 0% 20 % 40% 60% 3,9 Perspektiven für meine berufliche Zukunft gewonnen 54,9 4,1 Neue Motivation für das Studium 43,0 Wichtigkeit Studierende Klarheit, was ich beruflich nicht machen möchte 32,6 soziale Anwendung Klarheit, was ich beruflich machen möchte 27,9 Kompetenzen Studierende Neue inhaltliche Schwerpunktsetzung 22,7 Es werden Mittelwerte angezeigt. 1 = gar nicht wichtig/sehr wenig Anwendungsmöglichkeit bis 5 = sehr wichtig/sehr hohe Anwendungsmöglichkeit 21,4 Neue Kompetenzen für Umgang mit Uni-Alltag Abb. 3: Wichtigkeit (n = 517) und Anwendungsmöglichkeit (n = 505) verschiedener Kompetenzarten aus Sicht Studierender (Waldermann 2019) Neuer Sinn im Studium 21,0 Praktikum hatte Einfluss auf Wahl des Masters 17,3 Nach dem Praktikum können Studierende im Praktikum die Erfahrung, dass nach ihrem Praktikum eine Reflexion 12,9 Thema Abschlussarbeit mit Hilfe Praktikum gefunden erworbene Kompetenzen in ihrem Studium mäßig an- oder Thematisierung von Seiten der Lehrenden statt- wenden (M = 3,4). Studierende sehen Lehrende nur findet (M = 1,9). Hierbei gab es keinen signifikanten Entscheidung geg. weiteres Studium, sondern Berufseinstieg 5,6 mittelmäßig in der Verantwortung, Praktikumserfah- Unterschied zwischen den neun Fakultäten der LUH. sonstiges 4,8 rungen in Lehrveranstaltungen oder Sprechstunden Auch zwischen Studierenden, die ein freiwilliges oder aufzugreifen und mit den Studierenden zu reflektieren ein Pflichtpraktikum absolvierten, ließen sich keine Mehrfachauswahl möglich (M = 3,4). Und wenige Studierende machen tatsächlich signifikanten Unterschiede ausmachen. Abb. 5: Einfluss Praktikum auf weiteren Studienverlauf, n = 519 (Waldermann 2019) 1 2 3 4 5 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Praktikum wie andere Kompetenzen im Praktikum angewandt für die befragten Studierenden der LUH einen hohen werden. Ein Rücktransfer der im Praktikum erworbenen persönlichen Stellenwert genießt und es als wichtige Kompetenzen ins Fachstudium findet wenig statt. Wunsch nach Reflexion in Ergänzung zum Studium gesehen wird. Der Transfer Studierende erwarten nur teilweise eine Thematisie- 3,5 zwischen Studium und Praktikum bzw. die Anwendung rung oder Reflexion der Praktikumserfahrungen von Lehrveranstaltung oder Sprechstunde von Fachkompetenzen ins Praktikum ist für Studieren- Seiten der Lehrenden und die wenigsten machen de zwar nicht die Hauptmotivation ein Praktikum zu tatsächlich die Erfahrung, dass das Praktikum durch Möglichkeit nach Reflexion in absolvieren, doch Transfer ist auch kein unwichtiger Lehrende mit dem Fachstudium verknüpft wird. 1,9 Lehrveranstaltung oder Sprechstunde Aspekt. Gerade Fachkompetenzen können nicht so stark Es werden Mittelwerte angezeigt. 1 = Wunsch/Möglichkeit gar nicht vorhanden bis 5 = Wunsch/Möglichkeint in sehr hohem Maße vorhanden Abb. 4: Wunsch und Möglichkeit zur Reflexion in Lehrveranstaltungen oder Sprechstunden; n = 516 (Waldermann 2019) 12 13
2 EMPIRISCHE UND ERFAHRUNGSBASIERTE BEFUNDE ZUR NUTZUNG VON FACHLICHEM TRANSFER DURCH EIN PRAKTIKUM 2.1.3 Abgeleitete Erkenntnisse und Maßnahmen: E-Learning-Einheit und Workshopkonzepte Die Ergebnisse der Studierendenbefragung an der LUH tikums (vor, während, nach) zieht. Die E-Learning- zeigen, dass Studium und Praktikum aktuell relativ Einheit unterstützt Studierende mit Arbeitsblättern, unverbunden sind und die Potentiale studentischer Checklisten, Videos, animierten Grafiken und einem Praktika noch nicht ausgeschöpft sind. Studierende Reflexionstagebuch bei der Vorbereitung, Durchführung haben den Wunsch nach Anwendung von im Studium und Reflexion des eigenen Praktikums. Sie ist individuell erworbenen Kompetenzen, doch können sie gerade nutzbar, das heißt jede Person kann an der Stelle des ihre fachlichen Kompetenzen bisher am wenigsten in Praktikumsprozesses in die Selbstlerneinheit einsteigen, einem Praktikum anwenden. Das Projekt Potentiale an der sie sich persönlich befindet. Zudem ist sie frei studentischer Praktika leitete daraus eine Notwendig- zugänglich, also ohne Log-In nutzbar und kann somit anstehendes Praktikum inhaltlich, unter Berücksich- keit für Unterstützungsangebote für Studierende ab, von Studierenden aller Universitäten genutzt werden. tigung von Transfer, vorzubereiten. Der Workshop damit diese die Gelegenheit erhalten, Transfer im Prak- Bei der Präsentation der E-Learning-Einheit vor Prak- „Den richtigen Praktikumsplatz finden ” richtet sich tikum zu erfahren. Ebenso wurde das Ermöglichen ver- tikumsbeauftragen wurde von diesen der Mehrwert an Studierende, die am Anfang ihrer Praktikumssuche Mein Praktikum: schiedener Reflexionsanlässe über Transfer als wichtiger hervorgehoben, der die Selbstlerneinheit bietet: stehen und zielt darauf ab, die Teilnehmenden bei https://ilias.uni-hannover.de/ goto.php?target=crs_ Aspekt gesehen, da Studierenden – den Befragungs- der Entwicklung von konkreten, nächsten Planungs- 39242&client_id=ilias ergebnissen nach – Reflexionsmöglichkeiten fehlen. Die Schärfung der Eigenverantwortlichkeit schritten – auch bzgl. der Vorbereitung auf Transfer – der Studierenden, zu unterstützen. Um das Projektziel, die Förderung des Transfers von die gebündelte Bereitstellung von Informationen Es erscheint demnach sinnvoll, Transfer nicht als geson- Fachinhalten in das Praktikum, zu erreichen, entwickelte rund um den Praktikumsprozess und Die Maßnahmen boten die Gelegenheit, im Gespräch dertes Thema zu betrachten, sondern als roten Faden das Projekt neue Angebote und Maßnahmen für Studie- die Möglichkeit der Integration in die eigene mit Studierenden, weiteres über ihre Einstellungen zu in der Praktikumsplanung zu verstehen, welcher an rende. Aus einer Vielzahl an Ideen wurden zwei Maß- Beratung. Transfer und persönlichen Erfahrungen mit transfer- verschiedenen Stellen des Praktikumsprozesses aufge- nahmen umgesetzt. Beide Maßnahmen unterstützen orientierten Praktika zu erfahren. Studierende bestä- griffen werden kann. Gerade Studierenden niedrigerer Studierende bei ihrer Entscheidung und Planung, ob Zum anderen wurden mehrere Workshops mit dem tigten – wie bereits in der Online-Befragung – sowohl Semester fiel die Bestimmung von Transferinhalten und wie sie Transfer zwischen Studium und Praktikum Ziel, Praktika unter Berücksichtigung von Transfer in Workshops als auch in Beratungsgesprächen zur schwer. Einigen von ihnen fehlte die Selbstwirksamkeits- herstellen können. vorzubereiten, mit Studierenden durchgeführt. In Planung eines Transferpraktikums die aktuelle Unver- überzeugung, dass sie bereits Fachinhalte im Studium diesem Rahmen sind Workshopkonzepte entstanden, bundenheit von Fachstudium und Praktikum. Sie er- gelernt hätten, die sie im Praktikum anwenden könnten. Zum einen wurde die frei zugängliche E-Learning- die als Projektergebnis für interessierte Dozierende kannten die Sinnhaftigkeit von Transfer im Praktikum. Unter Umständen sind Transferpraktika also erst ab dem Einheit „Mein Praktikum” entwickelt, die Studierende bzw. Trainer*innen zur Verfügung stehen. Der Work- In Gesprächen zwischen Projektmitarbeiterin und dritten Semester empfehlenswert. Die Bestimmung in Form eines Selbststudiums durch den gesamten shop „Mein erfolgreiches Praktikum“ richtet sich an Studierenden zeigte sich, dass manche Studierende im eines Transferinhalts fiel zudem denjenigen schwer, Praktikumsprozess begleitet. Transfer ist hierbei ein Studierende, die bereits einen festen Praktikums- Praktikum etwas ganz anderes als im Studium machen die noch keine Vorstellung von einem möglichen Den richtigen Mein erfolgreiches Praktikum: roter Faden, der sich durch alle drei Phasen des Prak- platz haben und zielt darauf ab, Studierende auf ihr möchten und somit nicht das Ziel eines Transferprak- Praktikumsalltag hatten. Gegebenenfalls gelingt diesen Praktikumsplatz finden: www.zqs.uni-hannover.de/ www.zqs.uni-hannover.de/ fileadmin/zqs/PDF/ tikums verfolgen. Studierenden die Bestimmung des Transferthemas fileadmin/zqs/PDF/ Schluesselkompetenzen/ Schluesselkompetenzen/ nach ein bis zwei Praktikumswochen leichter, wobei Workshopkonzept_ Workshopkonzept_ Erfolgreiches-Praktikum.pdf Zwar kann in Workshops und Beratungen ein Transfer- die E-Learning-Einheit „Mein Praktikum” dabei unter- Richtiger-Praktikumsplatz.pdf praktikum erklärt und auf die möglichen Vorteile hin- stützen kann. Durch die Thematisierung von Transfer gewiesen werden, doch sollten Studierende bewusst an unterschiedlichen Stellen in der Selbstlerneinheit eine andere Zielsetzung für ihr Praktikum anstreben, können Studierende das Thema Transfer dort auf- gilt es dies zu akzeptieren. Die Projekterfahrung zeigte greifen, wo sie selbst bereit sind, Transferinhalte und hier, dass eine gewisse „Transferbereitschaft“ seitens -anlässe zu bestimmen, also auch beispielsweise in der Studierenden für ein Transferpraktikum förderlich einem bereits begonnenen Praktikum. ist. Bei vielen Studierenden stehen zudem organisato- rische Fragen der Praktikumsplanung im Vordergrund. Die Erkenntnisse aus den Maßnahmen für Studierende Die Projekterfahrung zeigt, dass diesen Fragen der Prakti- wurden ebenso wie die quantitativen Studienergebnisse kumsorganisation in Workshops und Beratungen Raum in das Modell zur Förderung der Transferkompetenz gegeben werden muss. durch ein Praktikum integriert. Abb. 6: Startseite der E-Learning- Einheit „Mein Praktikum“ 14 15
2 EMPIRISCHE UND ERFAHRUNGSBASIERTE BEFUNDE ZUR NUTZUNG VON FACHLICHEM TRANSFER DURCH EIN PRAKTIKUM 2.2 Mehrwert aus der akademischen Lehre generieren Spätestens seit dem Fachgutachten von Schubarth et.al. in 2016 beschäftigen sich gerade auch Lehrende 2.2.2 Ausgangslage zu Projektbeginn: und/oder Studiengangskoordinator*innen von Universitäten auf vielfältige Weise mit dem universitären Praktikum. Der Standort Münster hat im Rahmen des Projekts Potentiale studentischer Praktika einen Zusammenarbeit mit Lehrenden durch Gespräche besonderen Blick auf die Lehrenden geworfen und eng mit ihnen zusammengearbeitet. Im Folgenden wird zunächst die Ausgangslage, anschließend die Herangehensweise an die Zusammenarbeit mit den Lehrenden Die enge Zusammenarbeit mit den Lehrenden an der In allen Gesprächen wurde als inhaltlich-methodi- beschrieben. Welche Rollen und welche Bedeutung Lehrende (zukünftig) übernehmen können, wenn es WWU Münster wurde zum einen durch Gespräche, scher Ansatzpunkt die Erarbeitung von Transferinhalt um die Verzahnung von Theorie und Praxis geht, sowie der Einblick in die Erfahrungen der Zusammenarbeit zum anderen durch Begleitung von Lehrveranstaltungen und Transferanlass thematisiert, um mit diesen Ele- mit dieser Zielgruppe runden das Kapitel ab. gestaltet. Aufgrund langjähriger Erfahrung in der menten in den Lehrveranstaltungen weiterarbeiten Zusammenarbeit mit Lehrenden in verschiedenen zu können. Für die Gespräche mit den Lehrenden Arbeitsbereichen des Career Services wurde die lässt sich festhalten: 2.2.1 Die Rolle von Lehrenden im Praktikumsprozess Strategie gewählt, direkt über persönliche Gespräche einzusteigen. Ziel dieser Gespräche war es, Lehrende Bei allen Lehrenden ist die Thematik „Transfer für die Integration des Themas Transfer in ihre Lehr- im Praktikum“, die Darlegung des aktuellen Die Rolle und Funktion von Lehrenden an Universitäten Zusammen mit Forderungen nach einer Theorie-Praxis- veranstaltungen in den kommenden Semestern zu Forschungsstandes und die Nennung erster vor, während und nach einem Praktikum war lange Zeit Verzahnung von Organisationen wie beispielsweise dem gewinnen. An diesem Punkt der aktiveren Einbindung Ideen zur inhaltlichen Zusammenarbeit offen in der Literatur vor allem fokussiert auf die (curriculare) Wissenschaftsrat aus dem Jahr 2015 rückte die Rolle von Lehrenden setzten die Gespräche an. Dafür wurden aufgenommen und mit großem Interesse in Einbindung und Betreuung der Praktika auf eher formal- von Lehrenden in Bezug auf ein Praktikum insgesamt zwischen Oktober 2018 und Oktober 2019 insgesamt den Gesprächen verfolgt worden. Bis auf organisatorischer Ebene (vgl. die Empfehlungen zu aktuell stärker in den Vordergrund als jemals zuvor. 20 Gespräche mit Lehrenden aus 14 Fächern geführt, einige wenige Ausnahmen hat sich aus allen Qualitätsstandards für Praktika im Fachgutachten von Eine Annahme des Projekts war es, dass Lehrende u.a. aus den Wirtschaftswissenschaften, der Biologie, Gesprächen heraus eine Kooperation gebildet. Schubarth et. al aus dem Jahr 2016, welches formale, einen aktiven Beitrag zur Transferleistung von Studie- Psychologie, Geschichtswissenschaft, Philologie, Die Idee der Verknüpfung von Transferinhalt strukturelle und inhaltliche Empfehlungen nennt: renden zwischen Theorie und Praxis leisten können. In Kommunikationswissenschaft oder Geowissenschaft. mit einem Transferanlass im Praktikum war für Schubarth et. al. 2016, S.69ff). Was großflächig fehlte, der Literatur zum Thema Transfer in der beruflichen Dabei waren teilweise mehrere Lehrende in einem alle Gesprächspartner*innen eine neuartige und war eine inhaltliche Verknüpfung zwischen Fachstudium Weiterbildung findet sich u.a. der Hinweis, dass die Gespräch anwesend – neben Professor*innen vor allem zugleich begrüßenswerte Herangehensweise an auf der einen und Anwendung von Fachinhalten in der Unterstützung durch die Organisation bzw. durch Vor- hauptamtliche Lehrkräfte und/oder Studiengangs- das universitäre Praktikum. Praxis auf der anderen Seite. gesetzte einen Einfluss auf den Erwerb von Transfer- koordinator*innen. Im gleichen Zeitraum erfolgten In den Gesprächen mit den Lehrenden wurde kompetenz hat. So sagt Lemke beispielsweise, dass weitere Gespräche, zum Teil mehrfach, zur Vor- und intensiv mit den Begriffen Transferinhalt und Das Fachgutachten nennt in seinen abschließenden „die Wahrnehmung einer hohen Unterstützung durch Nachbereitung der Lehrveranstaltungen mit den Transferanlass gearbeitet: Insbesondere wurde „Thesen zur Qualität von Praktika“ unter anderem die die Vorgesetzten als Vertreter des Führungssystems einer beteiligten Lehrkräften. Ziele dieses Kommunikations- von Seiten der Lehrenden erkannt, dass durch „didaktisch-curriculare Konzeptualisierung von Praktika Organisation lern- und transfermotivierend sein“ kann prozesses waren hauptsächlich folgende: die direkte Verknüpfung beider Elemente als Herausforderung“ und hält fest, dass „die Debatte (Lemke 1995, S. 11). Übertragen auf den Lernort Hoch- Studierende eine neue, positive Sichtweise um Qualität von Praktika eng mit Lernzielen, d.h. be- schule bedeutet dies, dass Lehrende z.B. eine aktive(re) Die Erfassung des Status quo bereits auf das Studium erhalten können. Hierhinter stimmten Kompetenzen, die es im Studium und Praktika Rolle bei der Anwendung von Studieninhalten auf Auf- bestehender Maßnahmen zum Praktikum steckt die Annahme, dass durch die Benennung zu erwerben gilt, verbunden“ ist (Schubarth et.al. 2016, gaben im Praktikum einnehmen können und sollten. Wie Die Vorstellung der Projektidee, und Anwendung von Transfer die Studierenden S. 66). Das heißt, mehr als bisher sollen die beiden diese Rolle aussehen und definiert werden kann, war Transferkompetenz durch ein Praktikum die Gelegenheit haben, „den Anwendungsnutzen Lernorte Hochschule und Praxis miteinander verknüpft der Ausgangspunkt für die Arbeit mit den Lehrenden. zu stärken und die berufliche Relevanz der Inhalte ihres werden: Das Gutachten fordert „Praktika als wichtigen, Abfrage der Bereitschaft, in Kooperation Studiums besser als bisher einschätzen zu gleichberechtigten Lernort“ zu sehen und „die Wechsel- mit dem Career Service didaktisch-methodische lernen“ (Eimer et.al. 2019, S. 85). Die Gespräche beziehungen von Lernorten innerhalb und außerhalb Konzepte zu entwickeln mit den am Projekt beteiligten Lehrenden wurden der Hochschule zu berücksichtigen“ (Schubarth et.al. Die gemeinsame Entwicklung didaktisch- insgesamt über drei Semester fortgeführt und 2016, S.70). methodischer Konzepte, um die Verknüpfung dienten nach dem Einstiegsgespräch vor allem zwischen Lehre und Praktikum zu initiieren und der konkreten Planung der in Frage kommenden zu verstärken. Der Fokus lag hier auf der Unter- Lehrveranstaltung. stützung der Lehrenden in diesem Prozess. 16 17
2 EMPIRISCHE UND ERFAHRUNGSBASIERTE BEFUNDE ZUR NUTZUNG VON FACHLICHEM TRANSFER DURCH EIN PRAKTIKUM 2.2.3 Abgeleitete Erkenntnisse und Maßnahmen: Zusammenarbeit in Lehrveranstaltungen Im Sommersemester 2019 und im Wintersemester Im Rahmen der Veranstaltungsbesuche hat die Projekt- Die Lehrenden haben im Anschluss die Diskussionen im Praktikum befragt (n = 13), geantwortet haben 2019/2020 wurden 16 Lehrveranstaltungen aus ins- mitarbeiterin gemeinsam mit der jeweiligen Lehrperson und Gespräche in den Lehrveranstaltungen sehr positiv sieben Lehrende (sechs haben sich nicht zurückge- gesamt 14 Fächern besucht, zum Teil mehrfach im und den Studierenden den Transfer zwischen Studium hervorgehoben: Im Sommersemester 2020 wurden die meldet), u. a. mit diesen Fragen/Ergebnissen: Semester. Darüber hinaus wurde in sechs Studien- und Praktikum thematisiert, diskutiert und mit Beispielen am Projekt beteiligten Lehrenden zum Thema Transfer gängendie Transferthematik in bereits bestehende für mögliche Transferinhalte und -anlässe gefüllt. Die Blended-Learning-Einheiten der WWU Münster mit Dauer der Teilnahme an der Lehrveranstaltung variierte dem jeweiligen Titel „Das Praktikum in zehn Schritten“ zwischen 30–90 Minuten. In den Fächern Biologie, integriert. In Zusammenarbeit mit den Lehrenden Psychologie und Geschichte fanden mehrere Besuche Grundsätzlich kann ich mir vorstellen, Auch zukünftig plane ich, das Thema Transfer an wurden hier nicht nur die Inhalte der Lerneinheit mit im Laufe eines Semesters statt, um kontinuierlich das das Thema Transfer in einer zukünftigen geeigneten Stellen (z.B. in einer Lehrveranstaltung Hinweisen und Beispielen zum Transfer angereichert, Thema aufzugreifen. In den Veranstaltungen selbst Lehrveranstaltung zu thematisieren. oder in einem Sprechstundengespräch) aufzugreifen. sondern die dazugehörige Prüfungsleistung der Lehr- wurden auch die Praktikumsmöglichkeiten vorgestellt, 7 7 veranstaltung wurde jeweils um eine Frage zum Transfer die die Projektmitarbeiterin mit den Arbeitgeber*innen erweitert. im Vorfeld besprochen hatte. 6 6 5 5 In der Zusammenarbeit zwischen Lehrenden und Für die Veranstaltungsbesuche lässt sich festhalten, dass 4 4 Career-Service-Mitarbeiterin zur Vorbereitung der 3 3 Begleitung von Lehrveranstaltungen ging es konkret die Lehrenden Zeit zur Verfügung stellen, um den 2 2 um die Bestimmung geeigneter Inhalte der Lehrver- Transfer in die eigene Thematik zu integrieren, 1 1 anstaltung (sog. Transferinhalte) und über potentielle und mit Beispielen in der aktuellen Veranstaltung Anwendungsmöglichkeiten im Praktikum (sog. Transfer- arbeiten. Die positive Einstellung der Lehrenden 0 0 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 anlässe). Außerdem wurde die didaktische Herange- gegenüber der neuen Herangehensweise an das hensweise für die Lehrveranstaltung mit den Lehrenden universitäre Praktikum (Verknüpfung von Theorie ich stimme ich stimme ich stimme ich stimme abgestimmt (zum Beispiel die Einbindung von Gruppen- und Anlass), die bereits in den Gesprächen im gar nicht zu total zu gar nicht zu total zu oder Einzelarbeit im Rahmen des Seminars oder die Vorfeld präsent war, hat sich in den Veranstaltungen n=7 n=7 Vorstellung der Thematik mit anschließender Diskussion). widergespiegelt. Abb. 7: Rückmeldungen der Lehrenden zu zukünftigen Integration des Themas „Transfer“ in Lehrveranstaltungen; n = 7 Viele Lehrende identifizierten in diesen Gesprächen die teilnehmenden Studierenden angeleitet in dabei sowohl eigene Transferinhalte als auch -anlässe der Lage sind, eigenständig Transferinhalte und für ihre Lehrveranstaltung. Einige wenige haben dies im häufig auch -anlässe nicht nur aus der jeweiligen Diese beiden Ergebnisse zeigen an, dass gut die Hälfte erarbeitet. Zudem haben sich die Lehrenden unterein- gemeinsamen Austausch mit der Projektmitarbeiterin Veranstaltung, sondern auch aus ihrem bisherigen der beteiligten Lehrenden bereit sind, bzw. planen, das ander zum Transfer und zum Praktikum ausgetauscht. gemacht oder haben sich nach einer kurzen „Bedenk- Studium zu benennen. Beispielsweise füllten in Thema Transfer in den eigenen Arbeitsalltag zu inte- Es zeigte sich, dass Lehrende dem Thema Transfer zeit“ mit Vorschlägen zurückgemeldet. den Veranstaltungsbesuchen der Psychologie, grieren. Dies spiegelt sich bereits in weiteren Koopera- gegenüber nicht nur offen sind, sondern es auch un- Politikwissenschaft und Geowissenschaften die tionsanfragen aus den Fächern für das Wintersemester kompliziert und schnell in ihrer Lehre anwenden. Parallel dazu wurde mit 15 Arbeitgeber*innen Kontakt Studierenden eigenständig sowohl Transferinhalte 2020/2021 wider. aufgenommen (persönlich oder telefonisch), um mög- als auch -anlässe auf Moderationskarten aus. Aus diesen Maßnahmen und Erfahrungen sind Erkennt- liche Praktikumsplätze zu eruieren. So wie die Lehrenden Dies bildete die weitere Diskussionsgrundlage Im Projektverlauf fand außerdem ein sogenannter nisse für die Integration von Transfer in Lehrveran- zeigten sich auch die meisten Arbeitgeber*innen bei zwischen Lehrenden, Studierenden und Projekt- „Runder Tisch mit Lehrenden“ im Oktober 2019 statt. staltungen abgeleitet worden, die in einem Leitfaden der Kontaktaufnahme offen gegenüber der Transfer- mitarbeiterin. An dieser Veranstaltung nahmen zehn Lehrende aus für Lehrende abrufbar sind. Lehrende finden hier thematik und waren bereit, bei passender Eignung dem WWU-weiten Netzwerk Employability teil. Im Anregungen, mit welchen Methoden und Wegen sich Studierende für ein Praktikum aufzunehmen, dass die Rahmen der Veranstaltung wurde das Projekt kurz vor- Transfer in eigene Lehrveranstaltungen einbetten Gelegenheit bietet, Transferprojekte zu integrieren. gestellt und danach gemeinsam mit den Lehrenden lassen. Zwei Arbeitgeber*innen haben explizit eine Praktikums- Transferbeispiele für die eigenen Lehrveranstaltungen ausschreibung verfasst, die nur an die Studierenden der entsprechend beteiligten Fächer gerichtet war. Auch die meisten Arbeitgeber*innen konnten mögliche Transferanlässe im Rahmen eines Praktikums nennen. Leitfaden für Lehrende: www.zqs.uni-hannover. de/fileadmin/zqs/PDF/ Schluesselkompetenzen/ Leitfaden_Lehrende_ Integration_Transfer_in_ Lehrveranstaltungen.pdf 18 19
2 EMPIRISCHE UND ERFAHRUNGSBASIERTE BEFUNDE ZUR NUTZUNG VON FACHLICHEM TRANSFER DURCH EIN PRAKTIKUM 2.3 Wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis nutzen 2.2.4 Abgeleitete Erkenntnisse und Maßnahmen: Gespräche Obwohl im Praktikumsprozess zentral, sind Arbeitgeber*innen für Universitäten schwer greifbar. Arbeit- geber*innen sind von der Universität unabhängig agierende Akteur*innen und mit diesen nur durch Praktika mit aus Lehrveranstaltungen gewonnenen Studierenden und als Ausbildungsinstitution verbunden. Trotzdem sind sie zentrale Akteur*innen für die berufspraktischen Möglichkeiten der Studierenden. Neben der Interaktion mit Lehrenden und Arbeitge- Die Ergebnisse und Erfahrungen mit den Studierenden Diese Ausgangslage wurde im Projekt genutzt, um zum einen wissenschaftliche Erkenntnisse zur Haltung ber*innen wurden zwischen Sommer 2019 und Frühjahr aus der Einzelberatung sind in einem Leitfaden für ein von Arbeitgeber*innen in Bezug auf Transfer und die Praktikumsgestaltung zu erheben, zum anderen aber 2020 auch Einzelberatungsgespräche mit Studierenden Beratungsgespräch zum Praktikum zusammengeführt auch zur Gestaltung von Dialogstrukturen und zur Auslotung einer möglichen Zusammenarbeit für und mit geführt. Ein Großteil der Ratsuchenden hatte zuvor an worden. Personen, die Studierende hinsichtlich Praktika Arbeitgeber*innen. Im Nachfolgenden werden die Ergebnisse einer quantitativen Erhebung dargestellt, die einer Lehrveranstaltung teilgenommen, in der das beraten, finden hier Anregungen, damit Studierende durch Fokusgruppeninterviews in Form von Workshops validiert wurden. Des Weiteren wird die Kooperation Thema Transfer behandelt wurde. Einige andere wurden den Aspekt Transfer von Anfang an für ihr Praktikum zum Thema Transfer mit Arbeitgeber*innen dargestellt und Ableitungen für die zukünftige Zusammenarbeit durch eine E-Mail auf das Thema Transfer im Praktikum einplanen können. präsentiert. aufmerksam. Alle Studierenden planten zu dem Zeit- punkt des Gesprächs ein Praktikum, einige hatten be- Die zentralen Akteur*innen eines universitären Prakti- reits eine Praktikumsplatzzusage. In den Gesprächen kums sind und bleiben Studierende und Arbeitgeber*in- 2.3.1 Die Rolle von Arbeitgeber*innen im Praktikumsprozess ging es vor allem um die Identifikation möglicher nen. Lehrende können aber durch die Integration von Transferinhalte für die Anwendung als Transferanlass Transfer in ihren Lehrveranstaltungen dazu beitragen, Leitfaden für ein Beratungsgespräch: im Praktikum. Drei zentrale Erkenntnisse können aus dass Studierende nicht nur sensibilisiert sind für das Arbeitgeber*innen kommt eine zentrale Rolle im Prak- von Studierenden trägt dazu bei, hier zielgerichtet zu www.zqs.uni-hannover. de/fileadmin/zqs/PDF/ diesen Gesprächen festgehalten werden: Thema Transfer, sondern dieses auch aktiv bei der tikumsprozess zu. Diese Rolle ist dreigeteilt: Arbeitge- agieren und die Anleitung an den Transferprozess anzu- Schluesselkompetenzen/ Praktikumsplanung mitdenken. Die Erfahrungen zeigen, ber*innen bieten den Studierenden den Zugang zur gleichen. Dies bedeutet, dass organisationales Wissen, Leitfaden_Beratung_ Integration_Transfer_ In nahezu allen Gesprächen hat sich gezeigt, dass dass sowohl Lehrende als auch Studierende sehr schnell Arbeitswelt, sie vermitteln zwischen wissenschaftlichem das zur Bewältigung der Transferaufgabe wichtig ist, in_Beratung.pdf Studierende schnell in der Lage waren, nicht nur eigenständig mit dem Thema umgehen konnten. Die Studium und beruflicher Anwendung der im Studium in der Vermittlung im Vordergrund steht, etwa ein im mögliche Transferinhalte aus dem Studium zu nen- Erkenntnisse sind in das Modell zur Förderung von erworbenen Kompetenzen und begleiten die Studieren- Unternehmen bereits etablierter Ablauf, der durch das nen, sondern auch, mögliche Anwendungsszena- Transferkompetenz durch ein Praktikum eingeflossen. den durch das Praktikum. Ihre Rolle lässt sich somit Fachwissen der Studierenden optimiert werden soll. rien in einem Praktikum oder in einem Tätigkeits- Für die Phase der Reflexion, also die Zeit nach dem durch türöffnende, anleitende und begleitende Funk- feld zu benennen. Dies war insbesondere immer Praktikum, gibt es bisher wenige Erkenntnisse. Hier tionen beschreiben. Im Transferprozess selbst ist die Rolle der Arbeitgeber*in- dann der Fall, wenn Studierende im Gespräch werden bei der weiteren Erprobung des Modells gerade nen eine Begleitende. Durch interessiertes Rückfragen gezeigt hatten, dass sie den Studieninhalt sehr gut in der Rückkoppelung in das Studium die Lehrenden Damit die Anwendung von Fachinhalten aus dem Stu- und Strukturieren kann der Prozess gestützt und er- verstanden hatten und ihn als wichtig empfanden. weitere Unterstützung leisten können. dium in Aufgaben des Praktikums erfolgreich gelingt, ist folgreich absolviert werden. Hierfür ist es wichtig, das Die genannten Transferinhalte und -anlässe ent- eine vorherige Planung und Gestaltung der Praktikums- Praktikum als Lernort zu begreifen. Die Studierenden sprachen allerdings nicht den in der Lehrveran- inhalte erforderlich. Dies setzt voraus, die Aufgaben im verlassen ihren eigentlichen Lernort Universität, um staltung genannten Beispielen. Die Studierenden Praktikum so zu gestalten, dass Studierende die im außeruniversitär etwas Neues zu lernen. Außerschuli- haben immer eigenständig Beispiele generiert – Studium erworbenen Kompetenzen im Praktikum an- sche (und damit auch außeruniversitäre) Lernorte sind entweder aus der besuchten Lehrveranstaltung wenden können. Da in vielen Fällen die konkreten „Orte außerhalb des Schulhauses, an denen Personen oder aus dem bisher absolvierten Studium. Lehrinhalte, die die Studierenden bereits mitbringen, jeglichen Alters im Rahmen formaler, non-formaler Weder die vorhandenen Praktikumsplätze noch nicht bekannt sind, erfordert dies von Anleiter*innen oder informeller Bildung lernen können. Konstitutiv für die Kontakte zu möglichen Praktikumsgeber*innen eine hohe Sensitivität und Offenheit. Die Gestaltung diese Lernorte ist die Möglichkeit der unmittelbaren wurden von den Studierenden genutzt. Die des Transfers von Fachinhalten kann daher aus Sicht Begegnung mit einem Lerngegenstand und/oder Sach- Studierenden scheinen also das Konzept Transfer von Arbeitgeber*innen erst mit Beginn des Praktikums verhalt. Außerschulisches Lernen findet statt, wenn im Praktikum verinnerlicht zu haben und gehen geplant werden. Arbeitgeber*innen können hierfür aber solche Begegnungen – bewusst oder unbewusst – in den eigenständig an die Suche und Umsetzung heran. Offenheit signalisieren und somit ihrer türöffnenden Lernprozess integriert sind und zu einem Kompetenz- Im Modell spiegelt sich diese Erkenntnis im Cluster Funktion gerecht werden. erwerb beitragen“ (Messmer 2011, S. 7). In diesem Sinne „Ownership stärken” wider. lässt sich das Praktikum als außeruniversitärer Lernort Das organisationale Wissen über inhaltliche Abläufe und begreifen und daraus folgernd ist eine Aufgabe von Prozesse kann nur von den jeweiligen Arbeitgeber*in- Arbeitgeber*innen, diesen außeruniversitären Lernort nen angeleitet werden. Die Erfahrung in der Anleitung als solchen begreifbar und somit bewusst zu machen. 20 21
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