TRUE BLUE GABRIELE LOCKSTAEDT

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TRUE BLUE GABRIELE LOCKSTAEDT
TRUE BLU E
GABRIELE LOCKSTAEDT
TRUE BLUE GABRIELE LOCKSTAEDT
TRUE BLUE
GA BR IE L E LO C KSTA E D
      Bilder 2019 - 2021
TRUE BLUE GABRIELE LOCKSTAEDT
TRUE BLUE

    D        ie Magie des tiefen Blaus ist grenzenlos, zu-
             mindest wie aus der Zeit gefallen. So auch bei
             True Blue, dessen einzigartiges Leuchten mü-
    helos alle anderen Farben überstrahlt. Keine Zwei-
    deutigkeit, kein Verblassen; True Blue ist und bleibt
                                                               weiß zentrierten Tableaus der „Teufelsküche“ eine
                                                               besondere Tiefe. Ähnliches gilt für die besondere
                                                               Farbwirkung von „Blue Moon“. „Ich habe die Natur
                                                               gedacht, lange bevor ich sie gemalt habe“ lautet ein
                                                               kryptisches Statement der Künstlerin. Erklärt dies
    stets die pure Abstraktion seiner selbst. Eine sinnliche   vielleicht die besondere Wirkung von True Blue? Eine
    Kraft, ein emotionales Fanal, falls es überhaupt der-      insoweit obsolete Frage, als miteinander verschmel-
    artiger Kategorisierung bedarf. Übertragen auf die         zende Farbschichtungen schon immer eine wichtige
    neuesten Arbeiten von Gabriele Lockstaedt steht True       Rolle in Lockstaedts Interpretation der Natur gespielt
    Blue für eine emotionale Signatur, die sich in bildbe-     haben. So gesehen trägt die Verbindung struktur-
    zogener Ausführung über fast alle der hier gezeigten       gebender Abdrücke von Tapes mit changierenden
    Leinwände erstreckt. Dies gilt im Besonderen für die       Farbschichten zwingend zu jener bedrohlichen Atmo-
    siebenteilige Bildreihe „Uranus“, die ihre geheimnis-      sphäre bei, die selbst durch sporadisch aufscheinen-
    volle Strahlkraft auch den ineinander verwobenen           de hellere Farbflächen – wie sie in „Spiegelung“ und
    Blautönen diesseits und jenseits angedeuteter Bruch-       „Heimat“ zu sehen – kaum gemildert wird. Konse-
    linien verdankt. Der imaginären Aufteilung in Oben         quent weitergedacht versteht sich somit auch der Titel
    und Unten folgend, mutiert „Uranus“ zu monochro-           eines anderen Bildes: „All The World Is Green“. Nur
    matischen Landkarten eines unbekannten, kaum               das in subtilen Grautönen ausgeführte „Next Way“
    zugänglichen Landes. Gerade in den unteren Bild-           hebt sich durch eine, an japanische Holzschnitte er-
    segmenten wird True Blue vollends zu verschlüsselten       innernde Eleganz deutlich von den grün dominierten
    Metaphern, die in der Abbildung ausgedünnten Wur-          Waldszenen ab. Abgesehen von motivischen Variatio-
    zelwerks und spärlicher Linien noch rätselhafter er-       nen inszeniert die Künstlerin die Waldareale und silb-
    scheinen. Im farblichen Kontrast zum dunkelschim-          rigen Gewässer nahe ihrer bayerischen Heimatstadt
    mernden Grün verwunschener Waldlandschaften                bewusst als visionäre Abbildung einer dramatischen
    und reflektierender Wasserflächen vereinigt True Blue      Natur. Aus anderer Perspektive gesehen scheint sich
    unzählige Schattierungen seiner ureigenen Chroma-          True Blue mühelos zwischen farblicher Eindeutigkeit
    tik; samtweiches Indigo und warmes Pariser Blau, for-      und dem kaum mehr Wahrnehmbaren zu bewegen.
    males Preussisch Blau, gelbgrün durchzogenes Türkis        Selbst wo sein faszinierendes Glühen verblasst, so
    und kaltes Kobalt bis hin zu Yve Kleins leuchtendem        wird es doch anderenorts aufscheinen um seine le-
    Ultramarin. Je nach Einsatz ist es jedoch weit mehr        bendige Strahlkraft erneut unter Beweis zu stellen.
    als nur eine kontrastreiche Farbe, sondern assoziiert      Verführerisch, Unübersehbar, Kryptisch: Das rätsel-
    vor allem auch unergründliche Tiefe oder grenzenlo-        hafte Leuchten von True Blue entzieht sich jeder Zuord-
    se Weite. Wo immer goldene Sprenkel das Dunkel des         nung und erschafft stattdessen immer neue Variatio-
    Waldes durchbrechen, kommt durch verhalten auf-            nen seiner selbst.
    scheinende Blautöne eine sinnliche Note hinzu. Damit
    gewinnen sowohl das düstere „Hakkonen“ als auch die                                        Harald von Wieckowski

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TRUE BLUE GABRIELE LOCKSTAEDT
TRUE BLUE

    A         glowing beacon beyond a sea of colors, True
              Blue represents the actual heart of the matter.
              No conceptional ambiguity, no pictorial ridd-
    les, just pure imagination. True Blue is a sensual force,
    a precious token, if any. Regardless of structure and
                                                                lighter shades of blue and white do not soften the si-
                                                                nister atmosphere in pieces like „Spiegelung“ or „Hei-
                                                                mat“ exude. So consequently one of her canvasses be-
                                                                ars the most fitting title „All The World Is Green“. Only
                                                                the greyish complexions in „Next Way“ are different
    composition, its distinctive effects provide depth and      since they remind of the sheer elegance of Japanese
    meaning, rhyme and reason. In that respect True Blue        woodcarvings. Apart from structural or formal variati-
    is a colorful autograph signed way across a recent set      ons, Gabriele Lockstaedt portrays many of the farmed
    of paintings by Gabriele Lockstaedt. Especially the se-     woodlands and silvery creeks close to her picturesque
    ven-piece-series „Uranus“ relies on a variety of shades     Bavarian hometown as dramatic backdrops to modern
    of blue to create an impressionistic experience above       fairytales. After all, her artistic perception of nature is
    and below dividing baselines. Moreover, „Uranus“ be-        based on a rather visionary state of mind. Changing
    comes a monochromatic travel log into a foreign land        perspective once more, True Blue floats seamlessly from
    with impregnable allure. That applies especially to the     the apparent to the untraceable. It`s glowing attrac-
    lower sections where encoded ciphers of True Blue fiz-      tion may fade, but only to disperse even more of its
    zle out to become thinning roots and sketchy outlines.      vibrant glows someplace else. Seductive. Inexplicable.
    Contrasting the darkish, fairytale green of another         Cryptic; the intangible nature of True Blue eludes any
    convolute of her works True Blue incorporates an abun-      such foolish restraints by dissolving elegantly into yet
    dance of shadings. From velvet Indigo and Pariser Blau      another colorful variation of itself.
    to formal Prussian Blue, streaks of blunt Torquoise and
    steely Cobalt Blue all the way to the mesmerizing glow                                          Harald von Wieckowski
    of Yve Klein`s Ultramarin. Wherever freckles of gold
    disperse through aligned forest landscapes, True Blue
    molds, supports and heightens the sensual impact of
    her depictions of nature. „Blue Moon“ is actual proof
    of the overpowering effects of True Blue. The same ap-
    plies to the reserved appeal of „Hakkonen“ and the
    white centered presentation of „Teufelsküche“. “I have
    already painted nature in my mind, before displaying
    my artistic anticipation on canvas” the artist states.
    Does that illuminate the special appeal of True Blue any
    further? Regardless, since multi layered coloring has
    always been paramount to Lockstaedt`s singular inter-
    pretations of nature. Interacting with imprints of tapes
    and layered pigment, a wide array of laminated colors
    generates a sporadically menacing atmosphere. Even

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TRUE BLUE GABRIELE LOCKSTAEDT
Hakkonen
    Pigmente und Acryl auf Leinwand
    100 x 120 cm

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TRUE BLUE GABRIELE LOCKSTAEDT
Uranus I                                              Uranus II
     Pigmente und Acryl auf Leinwand   Pigmente und Acryl auf Leinwand
     180 x 80 cm                                           180 x 80 cm

10                                                                       11
TRUE BLUE GABRIELE LOCKSTAEDT
„Natur überwacht alles.
Ein unendliches Feld der Zeit,
das allem widersteht.“

                                                  Blue Moon
                                 Pigmente und Acryl auf Leinwand
                                                     100 x 120 cm

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TRUE BLUE GABRIELE LOCKSTAEDT
Cool Place
     Pigmente und Acryl auf Leinwand
                        je 40 x 40 cm

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TRUE BLUE GABRIELE LOCKSTAEDT
16   17
TRUE BLUE GABRIELE LOCKSTAEDT
Uranus IV                                            Uranus V
     Pigmente und Acryl auf Leinwand   Pigmente und Acryl auf Leinwand
     180 x 80 cm                                           180 x 80 cm

18                                                                       19
Kind of Blue
     Pigmente und Acryl auf Leinwand
     180 x 140 cm

                                            Uranus VI
                       Pigmente und Acryl auf Leinwand
                                           180 x 80 cm

20                                                       21
Uncharted Waters
     Pigmente und Acryl auf Leinwand
     150 x 200 cm

22                                     23
Cool Place                                        Cool Place
Pigmente und Acryl auf Leinwand   Pigmente und Acryl auf Leinwand
je 40 x 40 cm                                          80 x 80 cm

24                                                            25
„Ich bin nicht allein während des Malens,
                                                            obwohl niemand bei mir ist.
                                       Alles fügt sich, sobald ich mich in Baumkronen
                                                            oder das Blattwerk vertiefe.“

     Fluidum
     Pigmente und Acryl auf Leinwand
     120 x 100 cm

26                                                                                     27
Twilight
     Pigmente und Acryl auf Leinwand
                         100 x 120 cm

28                                      29
Teufelsküche                                Looking Behind
     Pigmente und Acryl auf Leinwand   Pigmente und Acryl auf Leinwand
     180 x 90 cm                                           180 x 80 cm

30                                                                       31
As Time Goes By                         Unknown Territory
Pigmente und Acryl auf Leinwand   Pigmente und Acryl auf Leinwand
120 x 100 cm                                          180 x 140 cm

32                                                             33
All The World Is Green
Pigmente und Acryl auf Leinwand
60 x120 cm

34                                35
Verehrte Optimissima ...
     von Stefan Lindl                                    E      in Fluss bedeutet langes Leben. Ein See hingegen
                                                                schwindet und siecht schnell dahin. Auch wenn
                                                                wir diese Asymmetrie der zwei Leben von Fluss
                                                         und See als Menschen nicht mitbekommen, am Maßstab
                                                         des Erdzeitalters gemessen sind Flüsse die Schildkröten
                                                                                                                        nach seinen Regeln und nach seinem Willen bedingt,
                                                                                                                        um ihn auszubeuten.

                                                                                                                        Der Lech
     Natur ist Optimissima.                              unter den Wasseransammlungen und die Seen eher die
                                                                                                                           Lange Zeit war der Lech ein kräftiger wilder gebirgs-
                                                                                                                        bürtiger Fluss. Der Augsburger Augustusbrunnen zeigt
     Wo kein Weg scheint, wird sie immer einen finden.   Kaulquappen. Dass die Seen äußerst schnell vergehen,           ihn als bärtigen wilden nackten sehnigen Mann, ein
                                                         liegt nicht zuletzt an den lebensfrohen sprudelnden            Herrscher mit einem bekrönenden Kranz geflochten aus
                                                         Flüssen. Was ist überhaupt ein Fluss? – Eine Ansamm-           Tannenzweigen und -zapfen, dessen linker Arm sich auf
                                                         lung von Wassertropfen, die von der Gravitationskraft          sein Herrschaftszeichen, ein Ruder, stützt. Er scheint der
                                                         und den verschiedenen Uferbedingungen ständig „im              wilde Augustus zu sein, der natürliche Herrscher über
                                                         Fluss gehalten werden“ im Gegensatz zu den Wassertrop-         Land und Stadt. Der Kranz des Wilden wiederholt sich
                                                         fen im See, deren Tropfenverbände stabiler sind. Wenn          auf Augustus’ Kopf im Lorbeer, das Ruder im Schwert.
                                                         sich ein Fluss wild durch und aus dem Gebirge stürzt,          Augustus steht beherrschend über dem wilden Lech.
                                                         besteht er aber nicht allein aus einer quirlenden Menge        Doch nur auf dem Brunnen steht er über ihm, denn der
                                                         Wassertropfen. Sie sind nur das hinreißende Transport-         Lech überdauerte auch den großen Augustus zumindest
                                                         mittel für das, was einen Fluss weiterhin ausmacht: Bro-       bis ins 20. Jahrhundert. Dann kam keine Eiszeit, kein
                                                         cken, Steine, Steinchen, Sande, Sedimente, Tiere, Pflan-       Bergsturz, keine Trockenperiode. Es kam der Mensch
                                                         zen, Samen. Ein Gebirgsfluss mahlt, spaltet und schleift       und dressierte den wilden Gebirgler. Hinter Füssen be-
                                                         scharfkantige Steine, die als Erosionsmaterial aus             zwingt seit Beginn der 1950er Jahren ein Kraftwerk den
                                                         dem Gebirge vom Wasser mitgenommen werden. Mit                 wilden Lech und hindert ihn am ungestümen fließen.
                                                         dem Wasser gehen sie auf Reise. Ein Fluss schwemmt,            Kurz dahinter wird dem Lech gestattet, seine Wasser im
                                                         schleppt, rollt, schiebt Gebirgsbrösel, um sich jung zu        Forggensee zu verteilen. Sein Reisegepäck, die Steine aus
                                                         halten. Mit den Steinen verjüngt er immer wieder auf’s         dem Gebirge, die er über Jahrhunderte Richtung Donau
                                                         Neue sein Flussbett. Gäbe es nicht genug Steine im Fluss,      gerollt, gerissen und geschoben hatte, musste der Wil-
                                                         es entstünde ein Canyon. Mit Steinen füllt er die Vertie-      de in Tirol abgeben. Nicht in einem Schließfach oder in
                                                         fungen wieder auf, die er selbst seinem Flussbett zufügt.      der Gepäckaufbewahrung, sondern in einem banalen
                                                         So einfach ist das Prinzip eines wilden Flusses und das        Kies- und Quetschwerk. Nach Bayern darf er nichts mit-
                                                         Prinzip seines langen Lebens. Ein Fluss verbreitet Pflan-      nehmen. Zu gefährdet sind die wertvollen Turbinen der
                                                         zen- und Tierarten entlang seines Laufs und irgendwann         Laufwasserkraftwerke und ebenso wertvoll sind die Was-
                                                         ergießt er sich in einen See. Langsam füllt sich der See       serspeicher, die künstlichen Seen, die sich nicht mit Kies
                                                         mit der Schlepplast des Flusses. Er selbst putzt und be-       aus den Bergen füllen sollten, sondern nur mit Wasser,
                                                         reitet weiter sein Bett und hält sich jugendlich. Es dauert,   dem Energieträger des Lands am Lech. Auf das Kraft-
                                                         bis der See verlandet ist. Kein Mensch wird diesen kaum        werk Horn folgt der Forggensee und das Kraftwerk bei
                                                         spürbaren Vorgang überblicken können. Für Menschen             Roßhaupten, dort wo ehemals der Heilige Mang mit sei-
                                                         sind beide, Fluss und See, Naturwesen, die nicht dem Al-       nem Stab einen Drachen besiegt haben soll, ist kein Fluss
                                                         tern unterliegen, zu wenig Wandel, zu unmerklich sicht-        mehr, sondern ein idyllischer See, zumindest im Som-
                                                         bar verändernde Unterschiede, deswegen bleibt für sie          mer. Auf den Forggensee folgt der Premer Lechsee, dann
                                                         der Fluss der Fluss, der See der See. Doch irgendwann,         die Staustufe Lechbruck, darauf der Urspring Lechsee. So
                                                         wenn der See gefüllt ist, währt der Fluss und der See ver-     reiht sich See an See an See an See, schön gestaut, schön
                                                         wandelt sich in sumpfiges Land.                                gebaut. Es sind jugendliche Seen die ein Wasser aus dem
                                                                                                                        Gebirge speist. Vorbei ist die Zeit, als der Lech herrsch-
                                                            So verliefe das Schicksal der Flüsse und der Seen auf       te und aus dem Land, das er durchfloss, machte, was er
                                                         lange Dauer, wenn nicht Ereignisse einträten, die alles        wollte mit dem Material, das seine Hochwasser gerade
                                                         veränderten: Ein Bergsturz im Gebirge, der den Fluss           mit sich führten. Der Lech war ein breites Kiesfeld ge-
                                                         umleitet und den See austrocknet. Ein Klimawandel, der         wesen, das sich manchmal zu Schluchten verjüngte oder
                                                         den Fluss zu Gletschereis erstarren oder die Hitze einer       sich manchmal schon im Mittelalter domestizieren las-
                                                         Wärmeperiode ihn versiegen lässt. Oder ganz banal: Der         sen musste wie in Landsberg durch das Karolinenwehr.
                                                         Mensch, der den Fluss, nur weil es ihm so sehr gefällt,        Aber sonst war er breit und weit eine Schotterwüstung,

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die allein seinem wilden Gestaltungsdrang unterlag. Ein-       munter ohne sich zu bekümmern. Aus allen Menschen-
mal lief er hier, ein andermal riss er sich sein Hauptbett     werken holt sie das Beste für sich heraus. Sie ist stärker
dort, lagerte ab, nahm mit, reicherte an. Aber nun, seit       als das, was sie zurückdrängen soll. Sie vereinnahmt. Sie
der Lech eine Seenkette geworden war, führt er kein Ge-        beklagt Verluste nicht, sondern macht immer das Mach-
päck mehr mit sich. Während er sich zuvor noch selbst          bare.
sein Bett immer wieder auffüllte, kann er an den weni-
gen freien Stellen, an denen er ein eingezwängter Fluss           Aus diesem Blickwinkel ist die Natur der pure Optimis-
ist, sein Bett nicht mehr regenerieren. Er gräbt sich tiefer   mus. Sie macht gangbar. Gleichgültig in welcher Umge-
und tiefer. Der Fluss stirbt und ist vielleicht bereits ge-    bung, sie macht möglich, was auch immer möglich sein
storben – nicht seine Lech-Stauseen, sie leben als künst-      mag. Immer wieder gebiert sie neues Leben, andere Ar-
liche gebaute Welten.                                          ten, ohne Rücksicht, ob in der „unberührten“ Natur oder
                                                               in der von Menschen geschaffenen Kultur. Sie macht, was
    Der Mensch hat diesen neuen Lech gestaltet. Die Re-        geht.
gel vom Fluss mit dem langen Leben gilt nicht mehr für
ihn. Die Seen sind nun Pflicht. Der Fluss ist Vergangen-          Es ist dieser Optimismus der Natur, die Gewissheit,
heit mit ihm eine ganze Reihe von Tieren, die sich spezia-     dass die Naturprinzipien überall und immer walten, die
lisiert hatten auf die Zonen seiner Wildnis, des Wandels       uns ein Spaziergang in der Natur als Gefühl meist unbe-
der Flussläufe, der Verlagerungszonen, auf die Auen-           wusst vermittelt. Sie schert sich nicht darum, was ver-
wälder und die von den Hochwassern zurückgelassenen            loren gegangen ist oder geht, sie macht aus allen Um-
Tümpeln, die immer wieder vom Wasser rasierten und             ständen lediglich das Beste. Nichts scheint so kraftvoll zu
abgeschwemmten Heiden. All das gibt es nicht mehr, weil        sein, wie dieser Drang zum Leben. Das machte die Natur
der wilden Lech ein Hamster der Zivilisation geworden ist      auch mit dem Lech. Seine ursprüngliche Wildheit war
und für sie an ihren Rädern dreht. Der Strom stillt nun        verloren, als der Mensch in großem Stil seine Kraft nutz-
den Durst nach Elektrizität. Die Vielfalt der ehemals ver-     te. Der Fluss wurde zum See. Diese Katastrophe für die
breiteten Arten vermindert sich, verschwindet, ist Ver-        Artenvielfalt, wandelte die Natur um, mit ihrer Notwen-
gangenheit. Ein Verlust, von Menschen bedingt. Aber            digkeit Leben zu generieren. So kritisch die Eingriffe am
Verlust stimmt nur traurig, wer Verlust und Wert des Ver-      Lech gesehen werden können, so erhaben ist dort wahr-
lorenen kennt. Der Natur ist der Verlust völlig gleichgül-     zunehmen, das alles gebändigt werden kann, aber nicht
tig, sie kennt ihre Werte nicht; Werte sind Menschwerk.        das Leben. Das geht weiter und immer weiter und immer
Sie richtet sich immer neu ein, gibt Raum für immer neu-       weiter. Kraftvollerer Optimismus lässt sich nirgendwo
es Leben. Keinen Unterschied machen da die von Men-            schöpfen als im Kontakt mit den Prozessen der Natur. –
schen gebauten Umwelten. Arten verschwinden in ihr,            Verehrte Optimissima ...
die besonders waren. Gleichzeitig bevölkert sie die neu-
en räumlichen Bedingungen mit Pflanzen und Tieren. So
sind die größten Populationen von Schlingnattern nicht in
der Abgeschiedenheit fern der Wander- und Radwege zu
finden, sondern auf den betonierten Querverbauungen
der Solstufen des Lechs, die in den letzten Flussstrecken
des Lechs liegen, um ihm die Kraft zu nehmen. Sie sind
die Symbole der Naturfeindlichkeit, des hemmungslosen
                                                                                                                                             Spiegelung
Nutznießens der Natur durch den Menschen. Aber die                                                                           Pigmente und Acryl auf Leinwand
Schlingnattern sehen das anders. Auf den Betonplatten                                                                                            100 x 120 cm
und -mauern fühlen sich die hoch geschützten Nattern
wohler als in den kaum frequentierten „Natur“ zwanzig
Meter von dem Betonguss entfernt. Wer würde denken,
dass eine Betonwüstung, das ästhetisch offensichtliche
Gegenteil von Natur, ein wertvolles Habitat ist? Die Natur
ist eigenwillig, sie macht, was sie will und über die Bau-
werke der Menschen ist sie auch erhaben, sie bevölkert

38                                                                                                                                                        39
Water Under The Bridge                                  Heimat
Pigmente und Acryl auf Leinwand   Pigmente und Acryl auf Leinwand
100 x 120 cm                                          100 x 140 cm

40                                                              41
42   43
„Im Bild erschafft sich die Natur immer wieder selbst.“

                                                                                                    S. 43/44
     Next Way                                                                                      H.A.H.
     Pigmente und Acryl auf Leinwand                                        Pigmente und Acryl auf Leinwand
     120 x 100 cm                                                                               140 x 185 cm

44                                                                                                       45
Final                                             Borderland
Pigmente und Acryl auf Leinwand   Pigmente und Acryl auf Leinwand
140 x 180 cm                                          140 x 180 cm

46                                                             47
Gabriele Lockstaedt

                               1977-1982   Studium der Bildenden Kunst, München
                               1991        Debütantenpreis des Freistaates Bayern
                               1993        Kunstpreis der Stadt Ebersberg
                               1994        Förderpreis der Süddeutschen Zeitung
                               2006        Kunstpreis der Mohrvilla, München
                               2013        Trofeul ARTMUSEUM, Bienala Internationala
                                           de Pictura, Chisinau, Moldavien
                               2014        Sympozionul International de Pictura
                                           „Orheiul –Vecchi“
                               2017        National Art Symposium, Lepsa, 6th Edition,
                                           Rumania
                               2017        Art Price of Excellence,
                                           Vrancea Cultural Centre, Rumania
                               2018        Ellinor Holland Kunstpreis,
                                           Augsburger Allgemeinen Zeitung, Augsburg
                                                                                                                                                                                                               Kunstverein Schwabmünchen

„Welch Schauspiel!             Der Wald als metaphorischer Sehnsuchtsort                               Ausstellungen / Auswahl
                                                                                                       → 2019 Erosionen, mit Franz F. Wörle, Kunstverein Schwabmünchen / Projektraum Landsberg am Lech / Anima Mundi, Pa-
Aber ach ein Schauspiel nur!   Malen als reflektierender Prozeß. Beim Wandern und Suchen in
                               der Natur finde ich Form und Ausschnitt, den ich meinem Bild
                                                                                                       lazzo Ca Zanardi, International Art Festival during the 58th Venice Biennale Italy / What´s Going on, Galerie Sandkasten
                                                                                                       München / Heinrich kehrt zurück, Galerie Jaeschke, Braunschweig → 2018 Nature – Crash, Installation und Malerei im Alt-
                                                                                                       stadtsaal Landsberg, Lech / 10+1, Arta Contemporana, Vrancea Cultural Centre, Rumania → 2016 SCOPE, Art Basel, Tran-
Wo faß ich dich,               geben will. Wobei die Malerei selbst ein ebenso beinahe natur-
                               hafter, teils „zufälliger“ Prozess ist – also selbst Natur ist.         ter-Sinnigallery, Miami, USA / 3 Farben Rot Kunstraum Stoffen / Market – ART Palm-Beach, Miami, USA → 2017 Reflecting
                                                                                                       Nature, Galerie Sophisticated Art, München / Haus der Kunst, Graz, Österreich → 2015 Taragaon-Museum Kathmandu,
unendliche Natur ?             Es geht um einen Blick auf die Welt, die Realität, die Natur, den
                               Wald, Wasser. Aus diesen „Kopien“ versuche ich ein Stück Wirk-
                                                                                                       Nepal (Schirmherrschaft der Deutschen Botschaft in Nepal) / ART Boca Raton, USA / ART MAG, Montreux, Schweiz
                                                                                                       → 2014 Orheiul Vecchi 2014, Simposiunul International de Pictura, National Museum of Chisinau, Moldavien (Romani-
                               lichkeit und authentische Erfahrung zu destillieren um somit            sches Institut) / Schrott, Galerie Sophisticated Art, München / Across The Boards, Galerie Jaeschke, Braunschweig / Muzeul
(Goethe, Faust 1)              mein Staunen vor der Großartigkeit und Vielfältigkeit der Natur         Metropolita, Bukarest, Rumänien / Tiraspol Joint Museum, Tiraspol, Transnistrien (Einladung des Aussenministerium der
                               Ausdruck zu geben. Man kann sagen, ich weiß, wo ich hin will,           UDSSR) → 2013 Berliner Liste, Artweek Berlin / Intre Durere Si Speranta, Nationalmuseum Chisinau, Moldavien (Goetheins-
                               aber nicht wie, sondern ich lasse spontan Farb- und Formver-            titut Moldavien) / Nemesis Galerie der Erzabtei St. Ottilien, Eresing / Kunst hoch 3, Stadtmuseum Landsberg / Galerie Loeffel,
                               änderung im Malprozess zu.                                              Basel, Schweiz / Budapest Art Fair mit Lazlo Feher, Budapest, Ungarn → 2012 Mystery Of Transformation, Museum of Nonkonfor-
                                                                                                       mist Art, St. Petersburg, Russland / Gallery Nest301, Washington, USA / Gallery Bulevardi 7, Helsinki, Finnland / Galerie Lendl
                               Natur dient als unerlässliche Inspirationsquelle für meine              Graz, Österreich / Stiglitz Academy of Art and Design St Petersburg, Russland / Central House of Art, Moskau, Russland →
                               Malerei, in der die Grenzen zwischen Abstraktion und Wirklich-          2011 Instinct And Solution, Üblackerhaus, München / Sun Of The Righteous Martin-Luther-Kirche Dresden / Jenseits Des Sichtbaren,
                               keit fließend sind. Eins der häufigsten Motive ist die Waldkiefer,      Kunstraum Schwifting / Parallel Worlds – International Artforum, St Petersburg / In Ulysses Wake, Galerie Loeffel Basel, CH /
                                                                                                       Christian Hohmann Gallery Palm Desert, USA / Los Angeles Art Fair, Los Angeles, USA / Gallery Doswell, Roscaberry, Irland ...
                               die mit ihren asymmetrisch verteilten kugeligen Baumkronen-
                               elementen ganze ­Landschaftszüge am Lech bilden, wobei die              Arbeiten im Öffentlichen Raum / Institutionelle Sammlungen
                               meist vertikalen, aber auch je nach Standpunkt des Betrachters
                                                                                                       Museum of Nonkonformist Art, St . Petersburg / National Museum Of Art, Chisinau, Moldavia / Rathaus Ebersberg, BRD /
                               diagonal verteilten Stammlinien die Architektur der Landschaft          Tiraspol Joint Museum, Tansnistrien / Kloster St Ottilien , BRD / Staatsgemäldesammlung München, BRD / Dresdner Bank,
                               prägen.                                                                 München/ Volks-und Raiffeisenbanken München / Volksbank Braunschweig / Botschaft der BRD in Moldavien
                                                                                 Gabriele Lockstaedt   Medienpräsenz / elektronische Medien
                                                                                                       2012 – ORF2, Österreich Kultursender / CultureTV, St Petersburg, Russland / STIRI- TV Moldavia / TRM- TV Moldavia / Jurnal-
                                                                                                       TV Moldavia / Publica TV – CNN Moldavia

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Impressum
Gabriele Lockstaedt
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Autoren:
Harald von Wieckowski – fineartsvisible – Art-In-Motion
Dr. phil. Stefan Lindl

© Copyright 2021 / Gabriele Lockstaedt

Fotos: Saskia Pavek, Gabriele Lockstaedt
Layout: Teamdesign Landsberg, Ute Fiedler
Druck: Druckerei Wagner, Mindelheim
Auflage: 600

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