USt-Rechtsprechung Praxis-Hinweise zur aktuellen

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Praxis-Hinweise
                        zur aktuellen
                    USt-Rechtsprechung
                          des BFG

                (   siehe im Detail in der Findok anhand der angeführten GZ   )

Dr. Ansgar Unterberger                                                        BFG Tag 2018
Einheitlichkeit der Leistung
          Kurzwiederholung

• EuGH/VwGH: Grundsätze
     - Jede Leistung ist für sich zu beurteilen; In wirtschaftlicher Betrachtung kann
       aber eine Leistung aus mehreren Komponenten bestehen:
     - HL und NL: NL keinen eigenen Zweck, dient der optimalen Nutzung der HL
           -   Regeln der HL für die einheitliche Leistung
           -   Ausnahme: Gesetz (Wärme bei Vermietung); „Talacre Beach Judikatur“ (zB
               Garagierung bei Vermietung)
     - HL und HL: „komplexes Leistungsbündel mit eigener Qualität“: gleichwertige
       Leistungen, die so eng miteinander verbunden sind, sodass deren
       Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre, der Abnehmer will die „eigene Qualität“
       des Leistungsbündels: zB Silvesterfeier, Aquapark, EuGH Bastova,…
           -   Leistung sui generis: keine Ermäßigung/Begünstigung
           -   Ausnahme: begünstigte Leistung dominiert in einer Gesamtbetrachtung und
               Nichtanwendung der Begünstigung würde wettbewerbsverzerrend sein; „Talacre
               Beach Judikatur“

 Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   2
Einheitlichkeit der Leistung
             Aktuelle BFG-Erkenntnisse

• Keine einheitliche Leistung, getrennte Beurteilung
    - RV/3100442/2013: Wellness-Leistungen haben für den Verbraucher gegenüber
      der Beherbergung einen eigenständigen Zweck: getrennte Leistungen
      Alternativ: insgesamt nicht begünstigtes Leistungsbündel HL und HL
      VwGH Ra 2016/15/0075: Aufhebung wegen unrichtiger Aufteilung des
      Pauschalentgeltes, aber getrennte Beurteilung ist richtig (Zorn in RdW 2018, 530)
    - RV/4100321/2013 und RV/2100506/2013: Dem Käufer von See-Zulassungen und
      gebrauchten Booten sind die Zulassungen von derart dominanter Bedeutung:
      Keine Differenzbesteuerung auf das Paket, getrennte Beurteilung
      Alternativ: Zulassung wäre HL, Boot NL: insgesamt keine Differenzbesteuerung
      (anhängig beim VwGH Ra 2017/15/0035)
    - RV/2100445/2016: grenzüberschreitende Flussfahrt (befreit) und
      Eintrittsberechtigungen in Ö (10/20%);
      Alternativ: Talacre Beach: Befreiung aufgrund Beitrittsvertrag
                     (Beachte: VwGH 2012/15/0044: Schiffsreise und Verpflegung: HL und NL)
• HL und NL
    - RV/2100672/2015: Schulung und Verpflegung (20%)
    - RV/3100837/2015: Print-Zeitung und e-Paper (10%)
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Zuschuss, Subvention, Beihilfe
            Kurzwiederholung

• Bei Zahlungen, die als Zuschuss, Subvention, Beihilfe und dgl. bezeichnet
  werden, ist zu unterscheiden:
• Echter nicht stb Zuschuss:
    - Bloße Abdeckung des Geldbedarfs des ZE im öffentl Interesse
    - keine innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung, kein do ut des
    - Kein konkreter wirtschaftlicher Nutzen beim LE, im öffentlichen Interesse
      (Zahnarztfall, Museumsfall)
    - Zuschuss für Leistung an 3. ohne Auswirkung auf diesen LA

• Direktes Leistungsentgelt : dem ZG wird iSd „do ut des“ ein
   verbrauchsfähiger, wirtschaftlicher Nutzen zugewendet; zB Baumeisterinnungsfall
   (2010/15/0056): ZG bedient sich zur Erfüllung seiner Kompetenzaufgaben eines
   Unternehmers

• Entgelt von 3. Seite : wird bezahlt, damit ein LA zwischen anderen zustande
   kommt und sich dadurch für den LE ein feststellbarer Vorteil ergibt: Förderziel ist die
   Subvention des Preises zugunsten des LE
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Zuschuss, Subvention, Beihilfe
          Aktuelles Erkenntnis des BFG

• BFG vom 9.7.2018, RV/5101043/2013; gem. § 23 Abs. 3 BFGG
  intern; siehe aber ggfs BFGjournal 2018, 312
• GmbH erhält nach den Fördervereinbarungen von Land und Bund die
  Kosten der genau festgelegten Maßnahmen zur Eingliederung
  beeinträchtigter Personen in den Arbeitsmarkt ersetzt.
• Direktes Leistungsentgelt,
     - weil LA iSd „do ut des“ und
     - Land und Bund sind die identifizierbaren LE (nicht nur das öffentl Interesse),
       sie sind durch Gesetze zu derartigen Maßnahmen verpflichtet, wie beim
       Innungsfall des VwGH kommt ihnen durch die Erbringung der ausgelagerten
       Kompetenzaufgaben ein wirtschaftlicher Vorteil gegen Zahlung des Z zu.

     - Nach BEinstG gelten ab 1.1.2018 Zuwendungen aus den Mitteln des Ausgleichstax-
       fonds nicht als Entgelt iSd UStG. Lt EB nur „klarstellend, dass Förderungen nicht
       steuerbar sind; Lt BFG: klarere Gesetzeswortlaut und Inkrafttretensbestimmung: Echte
       Förderungen nicht steuerbar; Entgelte im LA bis Ende 2017 steuerbar

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Zuschuss, Subvention, Beihilfe
          Aktuelles Erkenntnis des BFG

• BFG vom 9.7.2018, RV/5101043/2013; gem. § 23 Abs. 3 BFGG
  intern; siehe aber ggfs BFGjournal 2018, 312

• Zahlungen bis Ende 2017 als direktes Leistungsentgelt steuerbar
• Lt FA mit 10% zu versteuern (gemeinnützig)
• BFG: Aber in unmittelbarer Anwendung des Art 132 Abs. 1 lit. g
  MwStSystRl unecht befreit: Die MS befreien eng mit der Sozialfürsorge
  und der sozialen Sicherheit verbundene DL …… durch Einrichtungen mit
  sozialem Charakter von der MwSt
     - Im UStG 1994 nicht umgesetzt
     - Im Detail und zur Erfüllung der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen für
       die Befreiung siehe ggfs BFGjournal 2018, 312
• Parteienrevision (gegen Steuerbarkeit) und Amtsrevision (gegen
  Anwendung der Rl-Befreiung) eingebracht

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Gesellschafter-Geschäftsführer:
Unternehmer ?

•     Die bloße Abstellung auf die Beteiligungsverhältnisse bei der Feststellung der
      Unternehmereigenschaft ist überholt.
•     RV/1100235/2012: Nach EuGH C-355/06, Van der Steen, ist nicht auf das
      Beteiligungsausmaß sondern auf den Grad der Selbständigkeit abzustellen
•     VwGH Ro 2016/15/0003: Grundsätzlich wie BFG, aber zu prüfen ist, ob
      Rechtsverhältnis besteht, das hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des
      Arbeitsentgelts sowie der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers ein Verhältnis der
      Unterordnung schafft.
•     BFG vom 18.2.2018, RV/1100084/2017: Die Höhe der Anteile des Gefü und eine
      allfällige Sperrminorität sind nicht ausschlaggebend, entscheidend ist vielmehr:
        - der Grad der Selbständigkeit.
        - kein Unternehmerrisiko und Unterordnungsverhältnis: keine Selbständigkeit
        - Hier: fixes gewinnunabhängiges Monatsgehalt x14, für unselbständige
            Tätigkeiten typische Arbeitszeitregelungen, Regelungen der zu erbringenden
            Leistungen, Übernahme der Reisekosten durch die GmbH, Abfuhr der
            Lohnabgaben, Haftung der GmbH für Schäden gegenüber Dritten, keinerlei
            Unternehmerrisiko des Gefü gegenüber Dritten, ..: keine selbständige
            wirtschaftliche Tätigkeit des Gefü
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§ 2 Abs. 3 BgA von KöR

• Mischbetrieb einer KöR:
     - KöR sind nur iR ihrer BgA und ihrer luf Betriebe unternehmerisch tätig. Nach
       KStG liegt ein BgA nur vor, wenn ausschließlich oder überwiegend eine
       privatwirtschaftliche Tätigkeit ausgeführt wird. Der BgA erfasst dann
       einheitlich betrachtet auch eine untergeordnete hoheitliche Tätigkeit.
     - Im Bereich der Umsatzsteuer kann diese Einheitsbetrachtung im
       Wiederspruch zur Neutralität der MwSt stehen. Je nach Überwiegen würde
       die Einheitsbetrachtung zu einer steuerlichen Entlastung des
       Hoheitsbereiches (bei Überwiegend er privatwirtschaftlichen Tätigkeit) oder
       umgekehrt (bei Überwiegen der hoheitlichen Tätigkeit) zu einer
       systemwidrigen Belastung der privatwirtschaftlichen Tätigkeit führen.
       Mischbetriebe sind daher zumindest nach Unionsrecht aufzuteilen
• RV/7100974/2012 (gem. § 23 Abs. 3 BFGG intern): Pressestelle einer
  Kammer gibt aus: Info-Blatt (wirtschaftl) mit Kundmachungsteil
  (hoheitlich) und Homepage (wirtschaftl): Lt FA alles hoheitlich, keine Vst
  Lt BFG: Aufteilung bei USt: Vst für privatwirtschaftl Tätigkeit

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§ 2 Abs. 3 BgA von KöR

• Als (fiktive) BgA gelten ua stets: VuV von Grundstücken durch die KöR

•     Hier ist nach ständiger Rspr des VwGH zu beachten, dass hier nicht der ur
      Vermietungsbegriff gilt, sondern der Vermietungsbegriff iSe Bestandvertrages
      nach ABGB. Dieser ist nur bei Leistung einer Mindestmiete (bloßer
      Anerkennungszins oder Kostenersatz nicht ausreichend) erfüllt.
•     Nach MwStSystRl dürfen die MS eine befreite Vermietung auch als hoheitlich
      behandeln. In Ö so umgesetzt, dass ein BgA nur bei Bestandverträgen nach
      ABGB vorliegt, andere Vermietungen sind hoheitlich (und damit kein
      Vorsteuerabzug)
•     Vielfach kritisiert (zB Bieber/Tratlehner in ÖStZ 2017, 297)
•     Aktuell wieder bestätigt: VwGH Ra 2017/15/0001, 0022 – 0024
•     So auch aktuell RV/7101290/2009 zur Gebrauchsüberlassung eines
      Sportplatzes bei Abdeckung der angefallenen Kosten des Vereines durch
      Subventionen der Gemeinde

    Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   9
§ 3a Abs. 1a Eigenverbrauch
          „Fillibeck-Problematik“

• Verköstigung von Dienstnehmern
• 1. gegen Entgelt bzw Lohnbestandteil: LA
• 2. unentgeltlich (oder nur symbolischer Preis)
     - A. im überwiegenden Interesse des Unternehmens (Telefonisten, Skilift-
       Wächter,…): nicht steuerbar
     - B. im Interesse des Dienstnehmers: § 3a Abs. 1a „für den Bedarf des
       Personals“

• Kostenlose Verpflegung von Zivildienern in einem Behindertenheim ohne
  unternehmerisch veranlasste Anwesenheit im Heim bei der
  Essensaufnahme
• RV/5100354/2018: Eigenverbrauch
• VwGH Ra 2016/15/0024: Abweisung der aoRev; Aber mit anderer
  Begründung: LA zwischen Heimträger und Bund: Heimträger erbringt
  die Verpflegungsleistung ua als Gegenleistung für die Überlassung des
  Zivi
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§ 3a Leistungsort Spielautomaten

• Leistung des Lokalbetreibers an den Spielanbieter im anderen MS
• 1. Fallkonstellation: Gastwirt stellt für ausl Spielbetreiber Automaten auf und
  erbringt Wartungen, Inkasso, Auszahlung, Aufzeichnungen usw
    - FA: Grundstücksleistung
    - BFG: Vermittlungsleistung
    - VwGH: zB Ra 2014/15/0056: Lt EuGH in Rs Sinclair Collis: Leistung sui generis:
      Generalklausel B2B seit 2010: Empfängerort: am Sitz des Automaten-Aufstellers
      So jetzt auch BFG und UStRl Rz 639f
• 2. Fallkonstellation: Gastwirt mietet/kauft Automaten selbst (VLT), auf diesen
  werden über einen zentralen Server im MS X von einem Unternehmen in
  diesem MS die Spiele angeboten; Gastwirt erbringt unterschiedliche
  Nebenleistungen
    - RV/1100208/2014; RV/7102033/2013, RV/6100330/2014: wie oben: Leistung sui
      generis: B2B Generalklausel Zurückweisung der ao(Amts)Rev durch VwGH Ra
      2017/13/0059

    Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   11
§ 4 Doppel- oder Überzahlungen

• Gehören versehentliche Doppel- oder Überzahlungen zur BMG ?
• Bf: nein, diese werden weder vereinbarungsgemäß noch freiwillig
  bezahlt, um die Leistung zu erhalten

• RV/6100054/2017 Letztlich ist auch bei Sollbesteuerung jene BMG zu
  besteuern, die zugeflossen ist. Entscheidend ist nicht der finale (Zahlung
  damit…) sondern der kausale Zusammenhang (Zahlung, weil…)
• Bei Rückzahlung: Minderung der BMG nach § 16

• Revision eingebracht Ro 2018/15/0015

 Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   12
§ 6 Abs. 1 Befreiung für
Sachwalterleistungen durch RA

• RV/7101127/2012, RV/5100604/2012: Sachwalterentschädigungen sind
  steuerbar und auch Rechtsanwälte fallen mit ihrer Tätigkeit als
  Sachwalter unter keine Befreiung des UStG 1994

• In einem weiteren Fall stützte sich der RA nicht auf das UStG sondern
  unmittelbar auf Art 132 Abs. 1 lit g (unter verweis auf BFH V R 7/11):
  eng mit der Sozialfürsorge verbundene Leistungen….. durch eine als
  sozial anerkannte Einrichtung
• RV/7103768/2017: keine unmittelbare Anwendbarkeit, da Anwälte keine
  als sozial anerkannte Einrichtungen sind. Die Neutralität der MwSt steht
  der Nichtbefreiung dieser RA-Leistungen nicht entgegen, da die
  unterschiedlichen Rahmenbedingungen von gemeinnützigen SW-Vereinen
  und gewinnorientierten RA eine differenzierte Behandlung rechtfertigen.
• So auch RV/7102233/2017 VfGH Beschwerde E 2512/2018
• Siehe auch oben zur unmittelbaren Anwendung des Art 132 Abs. 1 lit g
  bei einer gemeinnützigen GmbH
  Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   13
§ 6 Abs. 1 Zi 14 Sportvereine

•   Nach dieser Bestimmung sind Umsätze gemeinnütziger Sportvereine befreit.
    Ausgenommen sind Leistungen iRe LuF, GW oder eines wirtschaftl Geschäftsbetriebes
    iSd § 45 Abs. 3 BAO
•   RV/5101102/2015: Ob ein Vereinsfest ein schädlicher wirtschaftl Geschäftsbetrieb
    (großes Fest) oder ein unschädlicher entbehrlicher Hilfsbetrieb (kleines Fest) ist,
    richtet sich danach, ob die Mittelbeschaffung oder das gesellige vereinsleben im
    Vordergrund steht. Bei hohem Planungs- und Organisationsaufwand, teuren
    Musikgruppen: Mittelbeschaffung im Vordergrund: schädliches großes Vereinsfest
•   Anmerkung: da die VereinsRl „großzügiger“ sind als die gesetzlichen Grundlagen,
    kommen solche Fälle idR nicht zum BFG; siehe auch BFGjournal 2018, 319
•   RV/2100412/2011: Nach der MwStSystRl sind nur die eng mit der
    Sportausübung verbundenen Umsätze befreit. Werbeleistungen eines
    Sportvereines sind steuerpflichtig und berechtigen zum Vorsteuerabzug (hier
    Aufteilung nach Umsatzschlüssel)
    Amtsrevision zu Ra 2017/15/0096

•   Siehe ggfs auch Vorabentscheidungsersuchen des BFH vom 11.6.2018, V R 20/17

     Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   14
§ 6 Abs. 1 Zi 19 Heilbehandlung

• BFG 18.4.2018, RV/7101547/2017
•   Waffenrechtliche Verlässlichkeitsprüfungen zur Erlangung einer Waffenbesitzkarte
    oder eines Waffenpasses und die Erstellung entsprechender Gutachten fallen unter
    die Befreiung (betrifft 2010 bis 2014).
•   Nach Ansicht des BFG liegt hier in jedem Fall eine Heilbehandlung vor (also auch ab
    AbgÄG 2012 befreit), weil durch die Untersuchung ausgeschlossen werden soll, dass
    jemand, der mit einer Waffe unvorsichtig umgeht, eine Waffe besitzen darf.
    Zweifellos dienen die Untersuchungen in erster Linie der Krankheitserkennung und
    dem Schutz der Gesundheit des Betroffenen und der Allgemeinheit.
•   Dass sich die Ergebnisse der Untersuchung auch als Entscheidungsgrundlage der
    ausstellenden Behörde darstellt, muss als bloßer Nebenaspekt in den Hintergrund
    treten (Anm: Würde dies im Vordergrund stehen würde nach dem Erkenntnis und
    nach EuGH 20.11.2003, C-307/01, Peter dÀmbrumenil, keine Heilbehandlung wohl
    aber bis zum AbgÄG 2012 ein Umsatz eines Psychotherapeuten vorliegen.)
•   Revision wegen „eindeutiger“ Rechtsprechung des EuGH nicht zugelassen.
•   Amtsrevision eingebracht Ra 2018/13/0055

     Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   15
§ 6 Abs. 1 Zi 27 Kleinunternehmer

• Neben den betraglichen Voraussetzungen war bis Ende 2016 Voraussetzung,
  dass der Unternehmer seinen Sitz/Wohnsitz im Inland hatte.
• Seit AbgÄG 2016 (ab 2017): Unternehmer, der im Inland sein Unternehmen
  betreibt (EB: entspricht Art 281ff MwStSystRl)
• EuGH C-97/09, Schmelz: MS dürfen zur Vermeidung von Abgabenverkürzungen
  auf die Ansässigkeit abstellen

• Literaturstreit zur Frage: Unternehmer mit Wohnsitz in D vermietet in
  Ö ? Wo wird die Vermietung betrieben ?
•   BMF: an dem Ort, an dem die wesentlichen Entscheidungen getroffen werden: am
    Wohnsitz in D
•   aM: primär: Sitz der wirtschaftl. Tätigkeit und feste Niederlassung, von der aus die
    Umsätze bewirkt werden; sekundär: falls 1. nicht feststellbar: Wohnsitz oder Aufenthalt
•   BMF: feste NL, von der aus die Umsätze bewirkt werden, ist lt EuGH am Ort der zentralen
    Verwaltung, die wesentlichen Entscheidungen, Unterlagen,…
•   Unt: Lt EuGH ist auf Kontrollmöglichkeit abzustellen: wohl eher wie BMF
      Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   16
§ 6 Abs. 1 Zi 27 Kleinunternehmer

•   Für Rechtslage vor AbgÄG 2016
•   RV/3100689/2014: Vermietung im Inland: Vermieter im Inland nicht ansässig
•   RV/6100542/2015: Nebenwohnsitz eines Geser einer Persges im Inland: keine Ansässigkeit
    der Persges im Inland
•   RV/6100680/2016: Wohnsitz ab Okt 2014 im Inland: Befreiung gilt für gesamtes Jahr, weil
    auch bei der Umsatzhöhe auf den Jahresumsatz abgestellt wird; Ra 2017/15/0034
•   RV/5101435/2014
•   Bf mit Wohnsitz in D betreibt in 2012 in Ö in einem angemieteten Raum eine „Massage-
    Tätigkeit“
•   Hinsichtlich des Vorliegens der Ansässigkeit im Inland als Voraussetzung für die
    Kleinunternehmerbefreiung ist in unmittelbarer Anwendung der MwStSystRl oder auch in
    richtlinienkonformer Interpretation des Begriffes "Sitz" in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 auch in Zeiten vor
    Inkrafttreten des AbgÄG 2016 anstatt auf den Wohnsitz des Unternehmers auf dessen Ansässigkeit im
    Sinn eines Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit oder einer festen Niederlassung, von der aus das
    Unternehmen betrieben wird, abzustellen.
•   Nach UR (EuGH und Art 10 DVO): Sitz: an dem Ort, an dem die wesentlichen
    unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden: bei aktivem Tun: in Ö
•   Bf beruft sich auf UR
•   Für Rechtslage ab AbgÄG 2016: noch keine Judikatur
       Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018       17
§ 6 Abs. 1 Zi 27 Kleinunternehmer

•   Welche Umsätze sind bei der Ermittlung des Überschreitens der Umsatzgrenze nicht
    einzubeziehen ?
•   Bis Ende 2016: außer Ansatz bleiben: Umsätze aus Hilfsgeschäften inkl.
    Geschäftsveräußerung
•   Änderung durch das AbgÄG 2016: zusätzlich bleiben ab 2017 die im Gesetz aufgezählten
    unecht befreiten Umsätze außer Ansatz: ZB: Umsätze nach § 6/1/19 Heilbehandlung
     - Zweck: 1. Erleichterung für Unternehmer, die vorwiegend unecht befreite Umsätze ausführen
       und daneben noch weitere geringfügige steuerpflichtige Umsätze ausführen
       2. Anpassung an Art 288 MwSt-Rl
     - Bsp: Arzt mit unecht befreiter Heilbehandlung iHv 200.000 und 6.000 Vermietung von
       Wohnraum: bis 2017: Umsatz 206.000: Grenze überschritten: Vermietung ist pflichtig
       ab 2017: unecht befreite Heilbehandlung bleibt außer Ansatz: Umsatz 6.000: 6/1/27 befreit

• RV/2100316/2018: Umsätze aus der Heilbehandlung sind in unmittelbarer
  Anwendung des Art 288 MwSt-Rl auch schon vor 2017 bei der Ermittlung der
  Kleinunternehmergrenze außer Ansatz zu lassen.
  Revision zugelassen, keine Revision eingegangen

      Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   18
§ 6 Abs. 1 Zi 27 Kleinunternehmer

•   RV/7101027/2017; Kleinunternehmerbefreiung geht echten Befreiungen vor
•   Grundsätzlich haben echte Befreiungen, die den Vorsteuerabzug ermöglichen, Vorrang
    vor den unechten Befreiungen, falls beide anwendbar sind. Eine Ausnahme bildet die
    unechte Befreiung für Kleinunternehmer. Will ein Kleinunternehmer eine echte Befreiung
    in Anspruch nehmen, muss er zur Regelbesteuerung optieren und verliert die Befreiung
    für die übrigen (nicht echt befreiten) Umsätze. Würde man echte Befreiungen von der
    Vereinfachungsregel der Kleinunternehmerregelung ausnehmen, würde dem
    Vereinfachungszweck der Norm widersprochen. Revision Ro 2018/13/0007
•   RV/5100572/2013 mit Verweis auf RV/5100868/2012 (maßgeblich für die
    Besteuerung von Anzahlungen ist der Zeitraum der Leistungserbringung): Leistung eines
    Kleinunternehmers (IST-Besteuerung) in einem befreitem VA-Zeitraum und
    Vereinnahmung des Entgeltes im Folge-VA-Zeitraum, in dem der Unternehmer zur
    Steuerpflicht optiert hatte.
•   Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung sind die Verhältnisse im Zeitraum
    der Leistungserbringung. Die Normierung der Entstehung der Steuerschuld ist nur
    eine technische Fälligkeitsregelung.
•   Anders: Rz 1000 UstRl
•   (Siehe dazu auch Kanduth-Kristen in taxlex 2018, 155 mit anderen Schlüssen)
      Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   19
§ 6 Abs. 1 Zi 27 Kleinunternehmer

•   RV/5100868/2012 (maßgeblich für die Besteuerung von Anzahlungen ist der
    Zeitraum der Leistungserbringung)
•   VwGH Ro 2015/15/0037 zu RV/5100868/2012: Amtsrevision wurde als unbegründet
    abgewiesen. Die Anwendung der Kleinunternehmerregelung auf Anzahlungen (Mindest-
    Ist-Besteuerung) richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitraum der
    Leistungserbringung. Da nur konkret leistungsbezogene Vorauszahlungen eine UStpflicht
    auslösen, hängt die rechtliche Beurteilung der Anzahlung am folgenden tatsächlich
    bewirkten Umsatz. Erging zu einem Fall mit Ist-Besteuerung
•   Exkurs zu § 22: RV/5100138/2015: Landwirt bekommt das Entgelt für
    Milchlieferungen eines regelbesteuerten Zeitraumes in einem pauschaliert besteuerten
    Zeitraum
•   FA: Besteuerung richtet sich nach Leistungszeitraum: gesonderte Abfuhr der Ust; analog
    § 17 Abs. 4
•   Bf: Entgelt ist pauschaliert besteuert
•   BFG: immer Ist-Besteuerung; bzgl der tatsächlichen Entrichtungsform ist auf den
    Fälligkeitszeitpunkt abzustellen: Ust wird pauschaliert entrichtet; § 17/4 soll bei Wechsel
    zwischen IST/SOLL Doppel- und Nichtbesteuerung verhindern. Hier wird besteuert
    (pauschaliert) Amtsrevision eingebracht
      Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   20
§ 7 Export Nachweisführung

• Frühere Ansicht zum ZA 58: Ausfuhrnachweis muss in Papierform und im
  Original vorliegen, weil sich die „fälschungssichere“ za Austrittsbestätigung
  (grüner Zollstempel mit Metallpartikeln) auf der Rückseite des Formulars
  befindet.

• Neuere Rechtsprechung des VwGH und BFG (dem EuGH folgend):
  Steuerfreiheit darf bei Nachweis der materiellrechtlichen Voraussetzungen nicht
  wegen Verletzung formaler Vorschriften verweigert werden

• RV/7101648/2014: zu optisch archivierten ZA 58
  Lt FA: Stichprobe (50 aus 9000) ergab, dass nur Vorderseite archiviert und
  Originale vernichtet wurden: keine Steuerfreiheit
  BFG: geringe Stichprobe nicht aussagekräftig, überdies genügt es, wenn
  anhand der Nachweise die erfolgte Ausfuhr nachgewiesen werden kann.
• Mayr in SWK 2018, 807: Hinweis auf VwGH 2011/13/0038: materielle
  Voraussetzungen für die Steuerfreiheit müssen zweifelsfrei nachgewiesen sein.
    Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   21
§ 11 iVm § 12 Folgen fehlender
   Rechnungsmerkmale

• Kurzüberblick aufgrund derzeitigem Diskussionsstand
• Wenn materiellrechtliche Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gegeben
  sind, kann dieser nur versagt werden,
    - Bei Vorliegen von Missbrauch oder einer eigenen Abgabenverkürzung
    - Wenn der LE von einer nachgewiesenen Abgabenverkürzung in der
      Leistungskette wusste oder wissen hätte müssen (hat die aufgrund der
      Verdachtslage zumutbaren Erhebungen nicht vorgenommen)
• Ansonsten reichen gelindere Mittel zur Ahndung formaler Fehler
• Materiellrechtliche Voraussetzungen: Vorleistung durch einen Unternehmer
  für besteuerte Umsätze eines Unternehmers (müssen laut VwGH
  2018/13/0001 geprüft werden)
• Formelle Mängel können nur dann zur Versagung des Vorsteuerabzuges
  führen, wenn diese so gravierend sind, dass das Vorliegen der mat.
  Voraussetzungen nicht geprüft werden kann
  Vermutlich Alternativnachweisführung möglich; arg. des EuGH: Art 219 Rl
• Daneben ist immer auch der Vertrauensschutz zu beachten siehe etwa
  RV/7103435/2012
    Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   22
§ 11 iVm § 12 Folgen fehlender
    Rechnungsmerkmale

•    Kurzüberblick aufgrund derzeitigem Diskussionsstand
•    Wenn materiellrechtliche Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gegeben sind, kann dieser nur
     versagt werden,
       -   Bei Vorliegen von Missbrauch oder einer eigenen Abgabenverkürzung
       -   Wenn der LE von einer nachgewiesenen Abgabenverkürzung in der Leistungskette wusste oder wissen hätte
           müssen (hat die aufgrund der Verdachtslage zumutbaren Erhebungen nicht vorgenommen)
•    Ansonsten reichen gelindere Mittel zur Ahndung formaler Fehler
•    Materiellrechtliche Voraussetzungen: Vorleistung durch einen Unternehmer für besteuerte Umsätze eines
     Unternehmers
•    Formelle Mängel können nur dann zur Versagung des Vorsteuerabzuges führen, wenn diese so
     gravierend sind, dass das Vorliegen der mat. Voraussetzungen nicht geprüft werden kann
     Vermutlich Alternativnachweisführung möglich; arg. des EuGH: Art 219 Rl

• Muss eine Rechnung vorliegen: strittig
•    EuGH Senatex: VStAbzug ex tunc, nur wenn Re mit Mindestangaben zu den mat
     Voraussetzungen ursprünglich vorlag; dann Ergänzungen und Berichtigungen
     möglich
•    mE müsste aber VStAbzug ex nunc immer möglich sein, wenn mat
     Voraussetzungen nachgewiesen sind, evtl auch ohne Rechnung; strittig

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§ 11 iVm § 12 Folgen fehlender
    Rechnungsmerkmale

•   RV/7101049/2010: Verweis auf EuGH Barlis und Senatex: wer wann an wen was
    gegen welches Entgelt geleistet hat, muss nachgewiesen sein. Nach Art 219 MwStSystRl
    ist jedes Dokument und jede Mitteilung (somit jeder Nachweis !!) einer Rechnung
    gleichgestellt, wenn dieses die ursprüngliche Re ändert und spezifisch und eindeutig auf
    diese bezogen ist.
•   Lt BMF soll das nur für Leistung und Leistungszeitraum gelten: Rz 1508, 1511 VStAbzug
    ist trotz unzureichender Leistungsbeschreibung bzw Angabe des Leistungszeitraumes
    möglich, wenn aus weiteren vom LE vorgelegten Unterlagen nachgewiesen ist, dass die
    materiellen Voraussetzungen für den VStAbzug gegeben sind (Verweis auf EuGH Barlis)
•   RV/7103864/2015 (intern) Kein Vorsteuerabzug aus Rechnungen mit mangelhafter
    Leistungsbezeichnung (so auch RV/7100079/2011, öffentlich)
•   Der VStAbzug steht auch dann zu, wenn Rechnungsmerkmale mangelhaft sind (oder
    fehlen), die Steuerverwaltung aber über gesicherte Angaben verfügt, die für das
    Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für den VstAbzug erforderlich sind. Dabei
    sind sämtliche verfügbaren Informationen heranzuziehen.
•   Fehlen aber wesentliche Angaben über Art und Umfang der Leistung, kann das
    Vorliegen der mat. Voraussetzungen des VStAbzuges nicht kontrolliert werden und der
    VstAbzug steht nicht zu.
•   aoRevision dagegen: Ra 2017/13/0026 zurückgewiesen.
      Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   24
§ 11 iVm § 12 Folgen fehlender
    Rechnungsmerkmale

•   Zur „Domizilgesellschaft“, „Sitzgesellschaften“: ein wirtschaftlich tätiges
    Unternehmen mit den erforderlichen Personal und Sachmitteln, das aber an seinem Sitz
    laut Firmenbuch, Statuten oder Angabe an der Rechnung keine Tätigkeit ausübt
•   Anders: Scheinunternehmer, „Briefkasten“: übt tatsächlich keine wirtschaftliche
    Tätigkeit aus, dient nur der Durchschleusung von Post oder missbräuchlicher
    Gestaltungen
•   Siehe dazu insbes.: Gurtner/Kanduth-Kristen in taxlex 2014, 256
•   Nach EuGH in Rs PPUH (C-277/14), Geissel (C-374/16) und Butin (C-375/16) und VwGH
    2010/13/0185, 2012/13/0007, 2018/13/0001: Die auf der Rechnung angeführte
    Anschrift muss in einem Zusammenhang mit dem leistenden Unternehmer sein und
    dieser muss im Zeitpunkt der Leistungserbringung bzw Rechnungsausstellung an dieser
    Anschrift greifbar sein, seine wirtschaftliche Tätigkeit muss er dort nicht ausüben. Die
    Anschrift soll zur Identifikation des leistenden Unternehmers beitragen und an dieser
    Anschrift müssen Kontrollmaßnahmen in zeitlicher Nähe zum Leistungszeitraum
    zumindest eingeleitet werden können (mE. Bedeutung des „Greifbar Sein“ des VwGH
    und des „Erreichbar Sein“ des EuGH).
•   Siehe ggfs auch BFH V R 25/15 und V R 28/16 (Folge-Urteile zu EuGH Geissel/Butin)

      Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   25
§ 11 iVm § 12 Folgen fehlender
    Rechnungsmerkmale

• Zur „Domizilgesellschaft“, „Sitzgesellschaften“: in diesem Sinn auch
  BFG: zB:

•   RV/2100131/2017 zu Domizilges in Honkong (intern)
•   RV/2100388/2012 zu Domizilges in der CH
•   RV/7103035/2010 (intern)

      Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   26
§ 11 Abs. 12 und 14 Steuerschuld
    kraft Rechnung

• Gefährdungshaftung ?
• Frühere Ansicht: wenn Vorsteuerabzug nur aus einer dem § 11 entsprechenden
  Rechnung möglich ist, dann auch nur Steuerschuld kraft Rechnung, wenn diese
  (zumindest formal) vollständig dem § 11 entspricht (zB VwGH 2005/15/0150)
    - So grundsätzlich auch noch RV/4100492/2008: hier allerdings Leistungszeitraum länger
      als ein Monat bei Dauerleistungen zulässig: Steuerschuld kraft Re
    - anders aber, wenn formal vollständig aber zB unrichtige UID UFS RV/0551-S/10:
      Steuerschuld kraft Re
• AA: BFH V R 39/09: Gefährdungshaftung: schon die bloße Möglichkeit des
  Vorsteuerabzuges (auch aus einer unvollständigen Re) führt zur Steuerschuld
  kraft Re
• RV/7102924/2008: wenn bei einem ergänzungs- oder berichtigungsfähigen Beleg
  die abstrakte Gefahr eines Vorsteuerabzuges besteht: Gefährdungshaftung und
  Steuerschuld kraft Re; so auch schon UFS RV/0152-G/09 !!
• Anm Unt: Weder Abs 12 noch Abs 14 verweisen auf § 11

     Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   27
§ 12 Vorsteuerabzug

• Verteidigerkosten
• UFS RV/0372-G/10, VwGH 2013/15/0182 zu RA-Kosten iZm Krida-
  Verfahren: Kosten der Lebensführung aufgrund eigenem schuldhaften
  Verhalten: § 12 /2/2/a: VSt nicht abzugsfähig
• RV/5100764/2015 zu RA Kosten iZm EU-Wettbewerbsstreit iRe
  Kartellbildung: auch verbotene Handlungen wie Preisabsprachen zählen
  zur Betriebs- und nicht zur Lebensführung; Der Vorsteuerabzug aus
  Verteidigungskosten betreffend EU-Bußgelder ist zulässig, da bei
  Wettbewerbsverstößen weder eine "klassische Privatnutzung" gegeben
  ist, noch eine "nichtwirtschaftliche Zweckverwendung" vorliegt.: VSt
  abzugsfähig (Laudacher in SWK 2016, 1240 mwN und SWK 2018, 567;
  Marschner/Renner in BFGjournal 2017,7)

• Amtsrevision mit Erk. Ro 2017/15/0001 und 0002 als unbegründet
  abgewiesen.
 Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   28
§ 12 Vorsteuerabzug

• Aus Depotgebühren
•     RV/5101071/2013 (intern)
•     RV/5100336/2014
•     RV/5100337/2014 (intern)
•     VSt sind abzugsfähig: Die Gebühren stehen in Zusammenhang mit der
      wirtschaftlichen Gesamttätigkeit (Veranlagung von
      Liquiditätsüberschüssen, Besicherung von Krediten,….) und nicht mit dem
      An- oder Verkauf von Wertpapieren. Die Depotgebühren standen auch
      nicht iZm einem unecht befreiten Wertpapierhandel, da die Bf keinen
      derartigen Handel betrieb. Die bloßen Umschichtungen durch die Bank
      stellen keinen Wertpapierhandel der Bf dar.

    Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   29
§ 12 Vorsteuerabzug

• Vorsteuerabzug iVm Beteiligungsveräußerungen
• RV/2101348/2015 Wenn die Vorleistungen direkt und unmittelbar mit
  einer geplanten (aber nicht erfolgten) unecht befreiten
  Beteiligungsveräußerung zusammenhängen, kann aus den Vorleistungen
  kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden.
• Bei einem direkten Zusammenhang mit einer steuerfreien
  Ausgangsleistung (Beratung für den steuerfreien Verkauf) kann die
  Vorleistung nicht der besteuerten Gesamttätigkeit zugeordnet werden.
  Insbesondere wird verwiesen auf EuGH C-29/08 „AB SKF“, C-4/94 „BLP“
  und BFH 27.1.2011, V R 38/09.
• Die durch den Beteiligungsverkauf geplante Kapitalbeschaffung für die
  besteuerte Gesamttätigkeit schafft nur einen mittelbaren für den
  Vorsteuerabzug nicht ausreichenden Zusammenhang. Dass es letztlich
  gar nicht zu dem Verkauf kam, ist ohne Bedeutung.
• Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2017/15/0016
 Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   30
§ 12 Vorsteuerabzug

• Vorsteuerabzug iVm Beteiligungsveräußerungen
• VwGH Ro 2015/15/0014 Wenn von einem Steuerpflichtigen bezogene
  Vorleistungen mit steuerfreien Umsätzen zusammenhängen oder nicht vom
  Anwendungsbereich der MwSt erfasst werden, kann es weder zur Erhebung
  der MwSt auf der folgenden Stufe noch zum Abzug der Vorsteuer kommen.
• RV/5100118/2012 das bloße Halten einer Beteiligung gehört in den
  nichtwirtschaftlichen bzw nichtunternehmerischen Bereich eines Unternehmers.
  Die Veräußerung der Beteiligung ist nur der letzte Akt des Haltens und ist somit
  auch nicht unternehmerisch. Aus Vorleistungen für diese nicht dem MwSt-
  Recht unterliegenden Tätigkeiten kann keine Vorsteuer abgezogen werden.
• Wenn es im unternehmerischen Bereich zu einer Anteilsveräußerung kommt,
  ist diese unecht befreit und Vorleistungen dafür berechtigen auch nicht zum
  Vorsteuerabzug, Verweis auf VwGH Ro 2015/15/0014.
• Kritisch zu diesen Erkenntnissen: Schefzig in taxlex 2018, 47: Es
  müssten, falls die Beratungskosten nicht in den Anteilspreis eingepreist
  (weiterverrechnet) wurden, nach EuGH der VStAbzug zustehen
      Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   31
§ 12 Vorsteuerabzug

• Vorsteuerabzug iZm Vermietungen an Geser oder Stifter
• „Kurz-Einstieg“ in das Thema: VwGH 2013/15/0284 u.a.
•   Bei Vermietung eines sowohl unternehmerisch vermietbaren als auch privat nutzbaren
    Gebäudes kann der VStAbzug ggfs aus zwei Gründen verweigert werden:
•   1. „Ausschüttungs-Schiene“: Vorgang ist eine vA: VStAusschluss nach § 12/2/2/a:
    Angemessenheit der Miete ist entscheidend: Vergleichsgröße:bei funktionierendem
    Mietenmarkt für eine derartige Immobilie: Marktmiete; sonst: die Renditemiete;
•   Ist vermietbar: Gebäude im BV: VST; ansonsten: vA: keine VSt
•   zB Ro 2016/13/0033, Ro 2016/13/0050

•   2. „Enkler-Schiene“: Vorgang ist eine bloße nicht-unternehmerische
    Gebrauchsüberlassung: das Gesamtbild der Verhältnisse nach EuGH Enkler ist
    entscheidend
•   Eines der zu berücksichtigenden Kriterien (neben Fremdüblichkeit der
    Vertragsgestaltung, tatsächliche Durchführung) ist die Mietenhöhe; auch hier gilt:
    Vergleichsgröße: bei funktionierendem Mietenmarkt für eine derartige Immobilie:
    Marktmiete; sonst: die Renditemiete Siehe hier insbes: , 2013/15/0284, 2007/15/0255,
    2013/15/0087,
     Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG – BFG-Tag 2018 32
§ 12 Vorsteuerabzug

• Vorsteuerabzug iZm Vermietungen an Geser oder Stifter
• Zum „funktionierenden Mietenmarkt“ nach VwGH (2013/15/0256): zu prüfen
  ist, ob es diesen für Gebäude vergleichbarer Ausstattung, Bauart und
  Baukostenhöhe gibt.
• Dies wäre der Fall, wenn ein wirtschaftlich agierender Investor, der nur am
  Mietertrag (mögliche Wertsteigerungen bleiben außer Betracht) interessiert ist,
  derartige Objekte errichten und gewinnbringend am jeweiligen Mietenmarkt
  vermieten könnte.
• Die Existenz dieses Mietenmarktes ist von Steuerpflichtigen nachzuweisen

    Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   33
§ 12 Vorsteuerabzug

• Vorsteuerabzug iZm Vermietungen an Geser oder Stifter
• Beispielhafte aktuelle Ausführungen BFG und VwGH
• VwGH 2013/15/0256: Aufhebung, weil UFS nicht auf den funktionierenden
  Mietenmarkt abgestellt hat
• BFG Folge RV/6100603/2016: Für Einfamilienhäuser dieser Exklusivität gibt es
  den Mietenmarkt nicht, durch bloße Verkaufsinserate ist dieser nicht beweisbar.
  Wer ungewöhnliches behauptet (und auch nach VwGH) ist der Vermieter
  hinsichtlich des Mietenmarktes beweispflichtig. Mietenmarkt wurde nicht
  nachgeweisen. Es ist daher als Vergleichsgröße die Renditemiete (lt VwGH 3-5%;
  zur genauen Ermittlung siehe Erkenntnis) heranzuziehen. Diese wurde nicht
  bezahlt, daher verdeckte Zuwendung (Erkenntnis erging zur KEST, fiktives
  Ergebnis für Ust: kein VStAbzug)
• Revision: bestritten wurde insbes. die Beweislastverteilung
• VwGH: einem wirtschaftlich agierenden Investor ist es zumutbar, jene Unterlagen
  vorzulegen, die ihn zur Errichtung des Objektes bewogen haben: dies ist in Folge
  der Offenlegungspflicht auch geboten
• Zorn in RdW 2018, 331, Pröll in BFGjournal 2018, 190
     Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   34
§ 12 Abs. 10 Vorsteuerkorrektur
               Ein Hinweis

• UFS und BFG haben mehrmals (dem BFH folgend) entschieden, dass wenn man
  einen vorgenommenen Vorsteuerabzug aus verfahrensrechtlichen Gründen im
  Zeitraum des Abzugs nicht rückgängig machen kann, im ersten möglichen
  Zeitraum eine Vorsteuerkorrektur gemäß § 12 Abs. 10 vorzunehmen ist

• RV/3100939/2016 Hier hat das BFG aber die Korrektur verweigert: Amtsrevision

• VwGH Ra 2016/15/0084: Abweisung der Amtsrevision: § 12 Abs. 10
  dient nicht der Fehlerkorrektur
• Die für eine Korrektur der VSt erforderliche Änderung der Verhältnisse muss darin
  bestehen, dass sich die rechtliche Eigenschaft der Ausgangsleistungen, für die die
  fragliche Vorleistung bezogen wurde, als befreit bzw besteuert ändert (durch die
  tatsächliche Nutzung oder aufgrund einer Gesetzesänderung). Eine nur geänderte
  rechtliche Beurteilung eines unveränderten Sachverhaltes nach einer zunächst
  getätigten Fehlbeurteilung stellt keine geforderte Änderung der Verhältnisse dar.
• So nun auch aktuell: RV/7101290/2009
      Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   35
§ 12 Abs. 14 Missbrauchsverbot
              Kurzüberblick

•   (14) Das Recht auf Vorsteuerabzug entfällt, wenn der Unternehmer wusste oder
    wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit
    Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden
    Finanzvergehen steht. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches
    Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.
•   Dieses für alle Vorteile des MwSt-Rechtes geltende Verbot gilt lt EuGH seit dem
    Beitritt und unabhängig von einer nationalen Normierung (ur Primärrecht) und
    unabhängig davon, in welchem MS hinterzogen wurde
•   So auch grundsätzlich VwGH Ra 2014/13/0023, 2009/13/0172
•   Wenn der LE von einer nachgewiesenen Abgabenverkürzung Kenntnis hatte oder
    verschuldet nicht hatte: er bei Durchführung der nach der jeweiligen Verdachtslage
    vernünftigerweise und zumutbaren Nachforschungen die Verkürzung erkannt hätte
•   Vom LE dürfen keine Nachforschungen verlangt werden, die der FinVerw obliegen
•   Die stattgefundene Abgabenverkürzung ist nach allg Beweisregeln von der FinVerw
    nachzuweisen und es bedarf keiner strafrechtlichen Verurteilung
•   RV/6100463/2015 (intern): auch wenn im Strafverfahren Vorsatz nicht
    nachweisbar war, genügt eine auf einer Sorgfaltsverletzung beruhende,
    verschuldete Unkenntnis (VfGH Beschwerde E 3091/2018 anhängig)
     Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   36
§ 12 Abs. 14 Missbrauchsverbot
                Kurzüberblick

•   Verhältnismäßigkeitsgebot: Gab es keine nachgewiesene Abgabenverkürzung oder
    hätte der LE auch bei Aufbringung der gebotenen Sorgfalt diese Verkürzung nicht
    erkennen können, muss der Abzug der (dem leistenden Unternehmer) entrichteten
    Vorsteuer ermöglicht werden. Vom LE kann in einem solchen Fall, wenn er keine Kenntnis
    haben konnte, nicht verlangt werden, dass er für die Steuerschuld eines anderen
    einzustehen hat. Für die Ahndung seiner Aufzeichnungsmängel und dergleichen genügen
    gelindere Mittel

•   Zur „Doppelsanktion“ EuGH Schönimport Italmoda: ggfs sind VStAbzug und Befreiung
    für igL zu streichen. Ist lt EuGH keine Sanktion sondern Folge der Nichterfüllung der
    begünstigenden Tatbestände
    RV/2100469/2013: Revision anhängig Ra 2017/15/0012; VfGH-Beschwerde E 112/2017
    anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 11.6.2018 abgelehnt.
    RV/7103357/2012: VfGH Beschwerde E 3040/2017

•   Begriff „Hinterziehung, Verkürzung, Betrug,..“: die Erlangung eines nicht berechtigten
    Abgabenvorteiles bzw lt Zorn ÖStZB 2018, 131: wenn in betrügerischer Weise Pflichten
    verletzt werden, um dadurch der Entrichtung der Ust zu entkommen

       Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   37
§ 12 Abs. 14 Missbrauchsverbot

•   (14) Das Recht auf Vorsteuerabzug entfällt, wenn der Unternehmer wusste oder
    wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit
    Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden
    Finanzvergehen steht. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches
    Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.

•   RV/5100237/2014: Kein Verlust des Vorsteuerabzuges bei Vorliegen der
    materiellrechtl Voraussetzungen und keiner nachgewiesenen Abgabenhinterziehung
•   Die Streichung des Vorsteuerabzuges kann nicht mit bloßen Aufzeichnungsmängel
    oder Mängel in der Rechnungslegung begründet werden. Abs. 14 ist insoweit nicht
    vom Unionsrecht gedeckt und somit nicht anwendbar als er auch bei der Kenntnis
    oder verschuldeten Unkenntnis von einem bloßen Finanzvergehen (ohne dass es zu
    einem ungerechtfertigten Abgabenvorteil kommt) den Vorsteuerabzug versagt. Hier
    sind gelindere Mittel ausreichend, diese Vergehen rechtfertigen nicht die Versagung
    des Abzuges und damit die Verletzung des Neutralitätsgebotes
•   Siehe dazu Streicher in ecolex 2018, 858

     Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   38
§ 12 Abs. 14 Missbrauchsverbot

•   RV/7101475/2017: Eine Wiederaufnahme setzt eine im Spruch andere
    Entscheidung voraus. Daher bedarf es Feststellungen hinsichtlich des Wissens von
    der nachweislich begangenen Hinterziehung. Die bloße Unrichtigkeit eines
    Rechnungsmerkmales kann zu keiner Versagung des Vorsteuerabzuges und zu
    einem im Spruch anderen Bescheid führen
•   RV/5101299/2017: Kein Verlust des Vorsteuerabzuges beim LE bei
    ertragsteuerlichen Malversationen des Leistenden bei RCS Schrottlieferungen. Beim
    RCS kann es zu keiner Abgabenhinterziehung kommen, weshalb gelindere Mittel als
    die Versagung des Abzuges der RCS Steuer ausreichen
•   Die Kenntnis oder das "Hätte Erkennen Müssen" einer Finanzordnungswidrigkeit
    (wegen Verletzung von Melde- und Erklärungspflichten) kann nicht zur
    Durchbrechung des Neutralitätsgebotes führen. Der mit Abgabensicherungsgesetz
    2007 eingefügte Satz in § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 (jetzt § 12 Abs. 14) findet
    insoweit im Unionsrecht keine Deckung

     Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   39
§ 23 Reiseleistungen

• Aufgrund des Wortlautes des § 23 gilt die Margenbesteuerung nur, wenn
  mehrere Vorleistungen besorgt werden

• In einem aktuellen Fall meinte ein Bf, die Margenbesteuerung sei
  aufgrund der Bestimmung der Reisebüroversicherungs-VO, nach der eine
  Reiseleistung ua nur dann vorliegt, wenn die besorgte Reise länger als 24
  Stunden dauert, nicht anzuwenden. Das BFG verneinte diese Ansicht, da
  diese „24 Stunden-Voraussetzung“ dem § 23 UStG 1994 nicht zu
  entnehmen ist. Somit kein Vorsteuerabzug und Besteuerung der Marge.

• Hinweis: die Gesetzesänderungen im § 23 treten erst mit 1.5.2020 in
  Kraft (wenn nicht schon wieder ur-widrig)

 Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   40
Art 3 Abs. 8 BMR Erster und
Zweiter Ort des igErwerb

• (8) Der innergemeinschaftliche Erwerb wird in dem Gebiet des
  Mitgliedstaates (MS 1) bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der
  Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber
  gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen (Anm Unt: nicht
  des MS 1) Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so
  gilt der Erwerb solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt,
  bis der Erwerber nachweist, daß der Erwerb durch den im ersten Satz
  bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist. Im Falle des Nachweises
  gilt § 16 sinngemäß.

• Strittig ist in vielen Fällen, wie vorzugehen ist, wenn der Abnehmer mit
  der UID des AbgangsMS auftritt
  BMF: Zweiter igE im Abgangs MS UStRl Rz 3777
  Unt: Lieferant wird keine steuerfreie igL fakturieren, weil der LE mit der
  Angabe der UID bekannt gibt, dass er in dem UID Staat einen igE
  versteuern wird. Eine igL/igE von Ö nach Ö gibt es aber nicht

 Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   41
Art 3 Abs. 8 BMR Erster und
Zweiter Ort des igErwerb

RV/2101353/2014: im Abgangsland kann kein igE stattfinden
SV: Öst. A(ATU) verkauft an dt. B(ATU) und dieser an It(It). Ware gelangt
von Ö direkt nach It. A fakturierte mit öst Ust an B und B fakturierte igL an
It.
BFG: keine zweite igE in Ö
Unt: nach letzten EuGH (Toridas und Kreuzmaier): B gibt mit der
Verwendung der ATU dem A bekannt, dass ihm mit öst Ust zu fakturieren
ist, weil er die Ware schon weiterverkauft hat, dem C am Abgangsort
verfügungsmacht verschafft hat und somit die bewegte Lieferung und igL
jene zwischen B und C ist.
So auch RV/2100470/2018: Amtsrevision anhängig
So auch im Wesentlichen: RV/2101122/2016 Amtsrevision anhängig

 Dr. Ansgar Unterberger– Hinweise zur aktuellen USt-Rechtsprechung BFG   – BFG-Tag 2018   42
Art. 7 BMR Nachweise für igL

• VwGH 2009/15/0146, 2012/15/0069: in freier Beweiswürdigung ist festzustellen,
  ob die mat Voraussetzungen für eine steuerfreie igL vorliegen:
    - Verschaffung der Verfügungsmacht
    - Ware gelangt von einem MS in einen anderen MS, hat UrsprungsMS verlassen

• RV/7100321/2010: es ist erwiesen, dass Waren in anderen MS verbracht
  wurden
  Amtsrevision Ra 2014/13/0012: Zurückweisungsbeschluss: mit allen
  Beweismitteln und nicht nur mit den Nachweisen nach VO 401/96 kann
  nachgewiesen werden.

• RV/5101157/2010 (intern): Wenn Nachweise derart mangelhaft sind, dass
  das Vorliegen der mat Voraussetzungen nicht nachgewiesen ist, keine
  Steuerfreiheit und auch kein Vertrauensschutz (so auch im Wesentlichen
  RV/7100298/2017, intern, VfGH Beschwerde E 3358/2018 anhängig)

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Art. 7 BMR Nachweise für igL

• RV/7105804/2015 (intern): auch nachträgliche Nachweisführung ist
  möglich, Verweis auf VwGH 2012/13/0089

• RV/7102097/2012 (intern) : gleichwertige Alternativnachweise können auch
  nachträglich erbracht werden Amtsrevision eingebracht

• RV/5100856/2013: Gleichwertige Alternativnachweise können auch
  nachträglich erbracht werden. Die nachträgliche Erstellung von Nachweisen
  kann aber deren Beweiskraft in Frage stellen.
  Hier: Nachweis des Vorliegens der materiellen Voraussetzung des Gelangens der
  Ware in einen anderen MS nicht gelungen.
  Vertrauensschutz nach Art 7 Abs. 4 BMR zum UStG kommt nicht zur Anwendung,
  weil bei fehlenden Nachweisen die dafür gebotene Sorgfalt nicht eingehalten
  wurde.

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Art 7 Abs. 4 BMR Vertrauensschutz

• Lieferung kann steuerfrei belassen werden, wenn Inanspruchnahme der
  Steuerfreiheit auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der
  Unternehmer dies mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht
  erkennen konnte.
• In Abholfällen ist die Identität des Abholenden festzuhalten.
• RV/2100643/2015: Keine Sorgfalt, wenn Nachweise nicht bei Lieferung
  vorliegen: kein Vertrauensschutz bei nachträglich beigeschafften Nachweisen
• RV/2101017/2015: Keine Sorgfalt wenn sich U ausschließlich auf
  Aussagen Dritter verlässt
• RV/2100523/2017: : nach der unionsrechtlich gedeckten Bestimmung des
  Art 7 Abs. 4 ist dem Abnehmer die USt vorzuschreiben, wenn der Lieferant
  nicht erkennen konnte, dass die Voraussetzungen einer steuerfreien ig
  Lieferungen tatsächlich nicht vorliegen. Hier hatte eine dt GmbH KFZ in Ö
  gekauft und gegenüber den Lieferanten angegeben, diese würden nach D
  befördert werden. Tatsächlich wurden sie in Ö vermietet, die KFZ waren
  somit von vornherein für Ö bestimmt. Revision Ra 2018/15/0013

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